Supply Chain Monitoring - Fachbereich Wirtschaftswissenschaften

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Supply Chain Monitoring - Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
Supply Chain Monitoring: Aufgaben,
Methoden und Instrumente
Thema C5
Seminararbeit
eingereicht bei
Prof. Dr. Heinz Isermann
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre,
insb. Logistik und Verkehr
Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
Johann Wolfgang Goethe-Universität
Frankfurt am Main
Betreuer:
Dr. Richard Pibernik
von
cand. rer. pol. Manuel Zieger
[email protected]
Studienrichtung: BWL
Supply Chain Monitoring
- II -
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis ..................................................................................................................III
Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................................IV
1 Problemstellung.....................................................................................................................1
2 Die Messung der betrieblichen Leistungserstellung ..........................................................1
2.1 Die Bedeutung von Leistungsdaten für Unternehmen....................................................1
2.2 Besonderheiten im Hinblick auf die Supply Chain.........................................................2
3 Supply Chain Monitoring.....................................................................................................3
3.1 Einordnung in die Supply Chain.....................................................................................3
3.2 Aufgaben des Supply Chain Monitoring ........................................................................4
3.3 Instrumente des Supply Chain Monitoring .....................................................................4
3.4 Die Überwachung operativer Prozesse ...........................................................................5
3.4.1 Beschaffung und Lagermanagement.....................................................................6
3.4.2 Produktion.............................................................................................................7
3.4.3 Distribution ...........................................................................................................8
3.5 Die Messung der Supply Chain Performance .................................................................9
3.5.1 Kennzahlen der Supply Chain Performance .........................................................9
3.5.2 Der Einfluss der Supply Chain Configuration....................................................10
4 Diskussion der Anwendbarkeit..........................................................................................11
4.1 Informationstechnologische Anforderungen ................................................................11
4.2 Informationsökonomische Aspekte...............................................................................12
4.2.1 Der Anreiz zum Datenmissbrauch ......................................................................13
4.2.2 Der Anreiz zu Falschaussagen............................................................................13
4.3 Fazit der Arbeit .............................................................................................................15
5 Zusammenfassung...............................................................................................................15
Literaturverzeichnis ...............................................................................................................17
Supply Chain Monitoring
- III -
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Spieltheoretische Darstellung des Informationsproblems in der Supply Chain ......14
Supply Chain Monitoring
- IV -
Abkürzungsverzeichnis
APS:
Advanced Planning System
EPC:
Electronic Product Code
ERP:
Enterprise Resource Planning
JIT:
Just-In-Time
MRP:
Material Requirements Planning
MRP II:
Material Resource Planning
SCM:
Supply Chain Management
PPS:
Produktionsplanung und -steuerung
RFID:
Radio Frequency Identification
Supply Chain Monitoring
1
-1-
Problemstellung
Die Entwicklung und Aufrechterhaltung einer leistungsfähigen Supply Chain
erfordert von allen beteiligten Akteuren eine weitgehende Integration ihrer
Geschäftsprozesse. Die unternehmensübergreifende Planung und Durchführung der
Wertschöpfungsaktivitäten erfordern entsprechende Instrumente, um deren Ablauf
kontrollieren und steuern zu können. Mit dem Supply Chain Monitoring hat sich ein
Konzept entwickelt, das eine Überwachung der Geschäftsprozesse sowie eine
Bewertung der Leistung der Supply Chain ermöglichen soll. Dabei stellt sich die
Frage, welchen Beitrag das Supply Chain Monitoring in Bezug auf die Optimierung
der Supply Chain zu leisten vermag.
Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung der Aufgaben, Ziele und Instrumente des
Supply Chain Monitoring sowie die Diskussion der Anwendbarkeit. Die Arbeit ist
wie folgend strukturiert: in Kapitel 2 wird einleitend die Bedeutung der Messung
betrieblicher Leistungen, vor allem in Bezug auf die Supply Chain, erläutert. Kapitel
3 umfasst die Darstellung der Aufgaben und Ziele des Supply Chain Monitoring.
Eine Diskussion der Probleme, die sich aus dem Einsatz von Supply Chain
Monitoring ergeben, folgt in Kapitel 4. Kapitel 5 schließt die Arbeit mit einer
Zusammenfassung der Ergebnisse ab.
2
Die Messung der betrieblichen
Leistungserstellung
2.1 Die Bedeutung von Leistungsdaten für Unternehmen
Für Unternehmen ist es von essenzieller Wichtigkeit, Informationen über den Ablauf
der betrieblichen Leistungserstellung zu gewinnen. Verbesserungen betrieblicher
Prozesse sind ohne die Existenz von Daten, die deren Leistung in irgendeiner Form
gemessen haben, höchstens zufällig möglich. Da aber das Ziel eines jeden
Unternehmens (im Sinne eines rational handelnden ökonomischen Akteurs) in der
Maximierung seines Gewinns besteht, sind auch kontinuierliche Verbesserungen
nötig, um mit Mitbewerbern Schritt halten bzw. sich von diesen differenzieren zu
Supply Chain Monitoring
-2-
können1. Somit müssen Unternehmen, um ihre Wettbewerbsposition halten oder
verbessern zu können, entsprechende Kontrollmechanismen einführen. Vor diesem
Hintergrund erfüllt die Messung der Leistung betrieblicher Prozesse zwei
wesentliche Funktionen: zum einen ermöglicht sie eine Darstellung und
Überwachung der aktuellen Leistung der betrachteten Geschäftsprozesse, zum
anderen dient sie der Festlegung von Unternehmenszielen, die zukünftig erreicht
werden sollen (vgl. Meyr et al 2002, S. 29).
2.2 Besonderheiten im Hinblick auf die Supply Chain
Die Supply Chain umschließt, einer Definition des Supply Chain Councils folgend,
jegliche Aktivität, die mit der Produktion und Lieferung eines Endproduktes oder
einer Dienstleistung verbunden ist. Dabei wird ein sogenanntes „extended
enterprise“ gebildet, das vom Lieferanten des Lieferanten bis zum Kunden des
Kunden alle beteiligten Partner umfasst (vgl. Supply Chain Council 2002). Die vom
Endkunden wahrgenommene Leistung ist nicht mehr auf ein Unternehmen allein
zurückzuführen, sondern stellt vielmehr das Ergebnis aller Leistungen der an der
Supply Chain beteiligten Partner dar (vgl. Pibernik 2001, S. 162). Neben der
Kontrolle
und
Steuerung
innerbetrieblicher
Abläufe
müssen
somit
auch
unternehmensübergreifende Prozesse in die Betrachtung miteinbezogen werden. Die
vorhandene Abhängigkeit der Partner voneinander erfordert die Einführung
spezifischer Kontrollmechanismen, um Fehlentwicklungen rechtzeitig erkennen und
ggf. korrigierende Maßnahmen ergreifen zu können. Dabei sollten effektive
Kontrollmechanismen an den Zielen der Supply Chain ausgerichtet sein, um deren
Erreichung zu fördern.
Aus strategischer Sicht besteht das Ziel einer Supply Chain bzw. des Supply Chain
Managements in der Schaffung wettbewerbsfähiger Wertschöpfungsketten, während
das operative Ziel in der Sicherstellung effizienter Wertschöpfungsprozesse liegt.
Wichtig ist hierbei, dass die einzelnen Geschäftsprozesse nicht isoliert, sondern in
ihrer Wirkung auf die gesamte Supply Chain betrachtet werden (vgl. Zäpfel 2000, S.
1
Wettbewerbsvorteile (z.B. eine effiziente Produktion) sind in der Regel nicht von Dauer, da
sie von Konkurrenzunternehmen kopiert werden können. Daraus ergibt sich, dass
Unternehmen kontinuierlich auf das Erlangen weiterer bzw. den Ausbau vorhandener
Wettbewerbsvorteile hinarbeiten müssen.
Supply Chain Monitoring
-3-
4f.). Diese ganzheitliche Betrachtung verlangt von den beteiligten Unternehmen,
dass Abläufe nicht mehr im Hinblick auf lokale Optima gestaltet werden, sondern
der Erreichung des Gesamtziels untergeordnet werden. Aufgrund der mit wachsender
Größe der Supply Chain ansteigenden Komplexität stellt die Überwachung von
Geschäftsprozessen hohe Anforderungen sowohl an die Methodik der Bewertung als
auch an die organisatorische und technologische Infrastruktur.
3
Supply Chain Monitoring
3.1 Einordnung in die Supply Chain
Die Supply Chain lässt sich in eine strategische, eine taktische und eine operative
Ebene einteilen. Auf der strategischen Ebene erfolgt die Planung und Konfiguration
der eigentlichen Supply Chain, wobei über Anzahl, Lage und Leistungsumfang von
Beschaffungs-,
Produktions-,
Lager-
und
Distributionsstandorten
sowie
Transportverbindungen zwischen diesen Standorten entschieden wird. Diese sind auf
Basis ökonomischer Zielfunktionen zu bewerten, um dadurch zu einer möglichst
optimalen Konfiguration zu gelangen (vgl. Zäpfel 2000, S. 14). Aufgabe der
taktischen Ebene ist die Nachfrage- bzw. Lieferkettenplanung, wobei die Nachfrage
entlang der Supply Chain auf Basis von Prognosen geschätzt und unter
ökonomischen Gesichtspunkten, z.B. hinsichtlich des Ressourceneinsatzes, optimiert
wird. Auf der operativen Ebene werden dann, basierend auf den Planungen der
übergeordneten Ebenen, konkrete Entscheidungen über Produktionspläne für die
einzelnen Knoten des Supply Chain-Netzwerks getroffen. Bei der Konzeption dieser
Pläne
werden
Ressourcen
wie
Personal-
und
Maschinenkapazitäten,
Materialverfügbarkeit, Lagerbestände und Kundenaufträge berücksichtigt, man kann
daher von einer restriktionsorientierten Planungskonzeption sprechen (vgl. Zäpfel
2000, S. 18).
Das Supply Chain Monitoring dient der Steuerung und Kontrolle der operativen
Aktivitäten der Supply Chain. Unter dem Begriff Monitoring lässt sich die
Aufbereitung und Auswertung von Stamm- und Prozessdaten subsumieren, wobei
eine Darstellung der Ergebnisse anhand von Kennzahlen und Schaubildern erfolgt
(vgl. Werner 2000, S.102f.). Dabei besteht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den
Begriffen Supply Chain Monitoring und Supply Chain Controlling. Eine Möglichkeit
der Abgrenzung ergibt sich aus dem Zweck und dem Zeithorizont der
Supply Chain Monitoring
-4-
Datenerhebung. Währenddem die Ergebnisse des Controllings vor allem für die
mittel- und langfristige Steuerung der Supply Chain von Bedeutung sind, besteht das
Ziel des Monitoring stattdessen in einer Echtzeitüberwachung der beobachteten
Prozesse, so dass Abweichungen oder Fehlentwicklungen unverzüglich erkannt
werden können.
3.2 Aufgaben des Supply Chain Monitoring
Eine integrierte Logistikkonzeption, wie sie die Supply Chain darstellt, verhilft
Unternehmen
nicht
automatisch
zu
einer
verbesserten
(und
dadurch
kostengünstigeren und/oder qualitätssteigernden) Abwicklung ihrer Prozesse. Durch
die größere Anzahl an zu berücksichtigenden Partnern steigen die Anforderungen,
die
mit
der
Planung,
Durchführung
und
Überwachung
der
einzelnen
Geschäftsprozesse verbunden sind. Vor allem moderne Logistikkonzepte wie die
Just-In-Time-Produktion (JIT) erfordern eine entsprechende Ausrichtung vieler
informations- und materialflusstechnischer Prozesse (vgl. Beckmann 2002, S. B 221). Eine manuelle Überwachung ist vor diesem Hintergrund nicht mehr realisierbar,
vor allem wenn sich die zu beobachtenden Prozesse über Unternehmensgrenzen
hinweg erstrecken. Gleichzeitig stellt die genaue Kenntnis der jeweiligen
Prozessleistung jedoch eine wichtige Information dar, um Schwachstellen und
mögliche Engpässe erkennen zu können. An eben dieser Stelle setzt das Supply
Chain Monitoring an. Durch eine kontinuierliche Überwachung operativer Prozesse
sollen Fehlplanungen, Engpässe oder strukturelle Probleme rechtzeitig erkannt und,
sofern möglich, vermieden werden. Somit lassen sich die Aufgaben des Supply
Chain Monitoring in zwei Teilbereiche aufteilen: zum einen die Überwachung von
Prozessen im Sinne der Aufrechterhaltung des Betriebes, zum anderen die
Leistungsmessung, um so Anhaltspunkte zur Leistungssteigerung der Supply Chain
zu gewinnen.
3.3 Instrumente des Supply Chain Monitoring
Hinter der kontinuierlichen Überwachung der Prozessdaten steht der Gedanke des
„management by exception“. Dabei wird unterstellt, dass die beobachteten Prozesse
in der Regel plangemäß ablaufen und keinerlei eingreifender Aktivitäten bedürfen.
Eine „exception“, also ein Ausnahmefall liegt dann vor, wenn die Leistungsmessung
eines Prozesses eine Abweichung des Messergebnisses um mehr als einen
Supply Chain Monitoring
-5-
vorgegebenen Toleranzbereich ergibt (vgl. Stadtler/Kilger 2000, S. 192). Die
Vorgabe eines Toleranzbereiches für den Wert einer Prozessleistung setzt jedoch
zumindest voraus, dass der Anwender über eine Vorstellung darüber verfügt, in
welchem Bereich sich das Ergebnis maximal bewegen darf. In Abhängigkeit der Art
sowie des Ausmaßes des Ausnahmefalls können dann verschiedene Maßnahmen wie
z.B. die Benachrichtigung eines Entscheidungsträgers durch das System veranlasst
werden. Dies setzt voraus, dass im Vorfeld entsprechende Regeln definiert wurden,
die bei Auftreten eines bestimmten Ausnahmefalles ausgeführt werden.
Ein Beispiel für die praktische Umsetzung eines Supply Chain Monitoring-Konzepts
ist das Supply Chain Cockpit2 von SAP. Der darin enthaltene, sogenannte Alert
Monitor informiert Entscheidungsträger in Echtzeit, sobald ungewöhnliche
Ereignisse oder Zustände eintreten. Als Beispiel für eine Ausnahmemeldung sei hier
die unzulässige Überlappung von Arbeitsgängen genannt (vgl. Buxmann/König
2000, S. 102f.). Voraussetzung dafür ist die Definition von entsprechenden
Ausnahmebedingungen, die die zu beobachtenden Prozesse sowie die jeweiligen
Toleranzbereiche beinhalten. Besonders erwähnenswert ist dabei eine „Drill-Down“Funktion, die nach dem Eintreffen einer Warnung eine Ursachenforschung
ermöglicht
sowie
aufgedeckte
Zusammenhänge
visualisieren
kann
(vgl.
Knolmayer/Mertens/Zeier 2000, S. 109).
3.4 Die Überwachung operativer Prozesse
Um der Komplexität der betrieblichen Leistungserstellung gerecht zu werden, muss
sich
das
Supply
Chain
Monitoring
über
die
wesentlichen
operativen
Wertschöpfungsaktivitäten erstrecken. Dazu sind neben der Produktion auch die
Beschaffung, die Distribution sowie der Vertrieb zu zählen. Bei der Überwachung
geht es primär um die Einhaltung der auf der taktischen Ebene erstellten Pläne, deren
reibungslose Durchführung von großer Bedeutung für den Erfolg einer Supply Chain
ist.. Folgend werden die einzelnen Bereiche sowie die jeweiligen Aufgaben des
Supply Chain Monitoring innerhalb dieser Bereiche getrennt voneinander aufgeführt,
um die Darstellung zu strukturieren. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass die
2
Das Supply Chain Cockpit ist ein modularer Bestandteil des Advanced Planner and
Optimizer (APO), der wiederum Bestandteil der SCM-Initiative von SAP ist (vgl.
Knolmayer/Mertens/Zeier 2000, S. 105)
Supply Chain Monitoring
-6-
Planung sowie auch die Überwachung aller Bereiche interdependent sind und daher
ineinander greifen.
3.4.1 Beschaffung und Lagermanagement
Per Definition umfasst die Beschaffung „sämtliche unternehmens- und/oder
marktbezogenen Tätigkeiten, die darauf ausgerichtet sind, einem Unternehmen die
benötigten, aber nicht selbst hergestellten Objekte verfügbar zu machen“ (Schmitz
2002, S. B 2-1). Die Beschaffung stellt somit die Verbindung zwischen Lieferanten
und Herstellern dar. Dabei erfolgt die Auswahl der einzelnen Lieferanten aufgrund
von Kriterien wie dem Preis oder der Qualität sowie die Entscheidung über den
Aufbau von Lagern auf der strategischen Ebene des Supply Chain Managements. Die
Bestandssteuerung und -überwachung sind hingegen unmittelbar mit der operativen
Ebene verbunden, da die Menge an verfügbaren Produktionsfaktoren unmittelbaren
Einfluss auf die Durchführbarkeit von Produktionsprogrammen nimmt.
Die Aufgabe des Supply Chain Monitoring besteht dabei im wesentlichen im
Abgleich zwischen vorhandenen Lagerbeständen und den (realen und/oder
prognostizierten) Bedarfsmengen der einzelnen Produktionsstufen. Dabei werden
neben den Lagerbeständen, die bereits bei Hersteller vorhanden sind, auch die
Kapazitäten der Lieferanten in die Betrachtung miteinbezogen. Sofern die
Lagerbestände für die Erfüllung der Produktionsprogramme nicht ausreichen bzw.
einen kritischen Bestand unterschreiten, tritt eine Ausnahmesituation (vgl. Kap. 3.3)
ein. Anschließend kann eine Bestellung der benötigten Produktionsfaktoren
automatisiert oder auf Veranlassung eines Entscheidungsträgers erfolgen. Im
Vergleich zu einem internen Bestandskontroll- und Bestellsystem können durch
Supply Chain Monitoring die Bedarfsmengen und Vorgänge innerhalb der gesamten
Supply Chain berücksichtigt werden, um die Versorgung jedes Partners zu
optimieren. Dabei gilt es Änderungen, die sich im Zeitablauf ergeben, umgehend zu
berücksichtigen. So muss die plötzliche Stornierung eines Kundenauftrages auch in
der Beschaffung aller Partner berücksichtigt werden.
Durch
die
kontinuierliche
Überwachung
der
realen
und
prognostizierten
Bedarfsmengen können sowohl die Lagerbestände als auch die Bestellmengen und häufigkeiten im Hinblick auf die Gesamtkosten entlang der Supply Chain besser
gestaltet werden. Sicherheitsbestände lassen sich reduzieren und somit eine geringere
Supply Chain Monitoring
-7-
Kapitalbindung erreichen, eine besser angepasste Bestellpolitik kann die
Bestellkosten senken. Für die konkrete Ausgestaltung der Lagerdisposition stehen in
Abhängigkeit der Konfiguration der jeweiligen Supply Chain unterschiedliche
Konzepte zur Verfügung, die sich im Hinblick auf den Zentralisationsgrad, die
Vorgehensweise sowie den Umfang der vorhandenen Planungsinformationen
unterscheiden (vgl. Inderfurth/Jensen 2002, S. A 3-71).
3.4.2 Produktion
Wesentliche Aufgabe der Produktion ist die betriebliche Erstellung von Gütern unter
Einsatz von Produktionsfaktoren. Die Gütererstellung erfolgt wie oben beschrieben
auf der Basis von Produktionsprogrammen, die unter Berücksichtigung allgemeiner
und lokaler Restriktionen erstellt wurden. Diese Produktionsprogramme enthalten
zum einen Informationen über kundengetriebene Aufträge, die auf realen
Bestellungen basieren, zum anderen über Vorratsaufträge, die aufgrund von
Prognosen und übergeordneten Unternehmenszielen definiert werden (vgl. Windt et
al 2002, S. B 3-27). Konkretisiert werden diese Informationen durch die Angabe von
Art
und
Menge
der
herzustellenden
Teile,
Losgrößen,
Kapazitäts-
und
Durchlaufterminierung, Belastungen der Kapazitätseinheiten sowie der Reihenfolge
der abzuarbeitenden Aufträge (vgl. Nebl 2001, S. 442).
In der Produktion besteht die vorrangige Aufgabe des Supply Chain Monitoring
darin, die Durchführbarkeit der erstellten Produktionsprogramme zu überprüfen und
deren Fortschritt zu überwachen (vgl. Stevens/Krüger 2002, S 182f.). So werden
kontinuierlich die Kapazitäten der eingesetzten Maschinen sowie die Verfügbarkeit
von Materialien und Arbeitskräften beobachtet. Eintretende Ereignisse wie der
Ausfall einer Produktionsmaschine oder ein Mangel an benötigten Werkstoffen
erfordern nicht nur die Benachrichtigung von Entscheidungsträgern, sondern
ebenfalls eine Neuplanung aller von dem jeweiligen Ereignis betroffenen, bereits
erstellten Pläne. Dabei kann es sich um weitere Produktionspläne, Distributions- und
Transportplanungen sowie Beschaffungsmaßnahmen handeln. Die Rückmeldung
derartiger Informationen ist ein entscheidender Vorteil des Supply Chain Monitoring
im Vergleich zu bisherigen Überwachungsinstrumenten, sofern diese im Rahmen
betrieblicher ERP-Systeme überhaupt gegeben waren (vgl. Kuhn/Hellingrath 2002,
S. 130). Dadurch wird den beteiligten Unternehme eine zeitnahe Reaktion auf
Supply Chain Monitoring
-8-
unvorhergesehene Ereignisse und eine gleichzeitige simultane Neuplanung unter
Berücksichtigung der geänderten Umweltzustände ermöglicht.
3.4.3 Distribution
In den Bereich der Distribution sind alle Aktivitäten einzuordnen, die mit der
Belieferung der Kunden mit Halb- und Fertigprodukten sowie Handelsware in
Verbindung stehen. Somit verbindet die Distribution die Produktion der Hersteller
mit den Kunden, die das jeweilige Produkt beziehen (vgl. Vastag/Schürholz 2002, S.
B 5-1). Die wesentlichen Planungsaufgaben im Bereich der Distribution beinhalten
zum einen die eigentliche Distributionsplanung, bei der darüber entschieden wird,
welche Mengen auf welchen Routen zu welchem Lagerstandort transportiert werden
sollen. Zum anderen ist die Transportplanung zu nennen, bei der Transportmengen
zusammengefasst und an die vorhandenen Transportkapazitäten angepasst werden
(vgl. Stevens/Krüger 2002, S. 182). Analog zur Beschaffung erfolgt die Planung der
Distribution auf der taktischen Ebene der Supply Chain, wobei wiederum reale
Bestellungen sowie Prognosen der Kundennachfrage die Basis dieser Planungen
darstellen. Ziel dieser Planungen ist es, eine optimalen Ausgleich der
Kundennachfrage und der Höhe der Bestände zu erreichen. Die Aufgabe des Supply
Chain Monitoring besteht in diesem Fall in der Überprüfung der erstellten
Distributions- und Transportpläne, inwiefern diese auf Basis aktueller Daten
realisierbar
sind.
Distributionsstandorte
Dabei
ebenso
werden
in
die
die
Bestandsdaten
Betrachtung
der
miteinbezogen
einzelnen
wie
die
Transportkapazitäten der vorhandenen Fahrzeuge. Auch die Kenntnis über die
aktuelle Position von Gütern, die im Rahmen der Distribution transportiert und
gelagert werden, spielt eine wichtige Rolle. Das sogenannte Tracking&Tracing von
Gütern, also die Möglichkeit der kontinuierlichen Positionsverfolgung, hat sich
insbesondere bei Logistikdienstleistern als wichtiges Element der Logistikleistung
etabliert. Durch die Einführung von sogenannten RFID-Labels (Radio Frequency
Identification), die auf Basis von Radiowellen kontinuierlich Information zu Inhalt
und Art des jeweiligen Objekts aussenden, wird sich dieser Trend in Zukunft
voraussichtlich noch verstärken3.
3
Nach aktuellen Studien von Accenture lassen sich durch den Einsatz von RFID und
Electronic Product Codes (EPC) sowohl geringe Umsatzsteigerungen als auch
Supply Chain Monitoring
-9-
3.5 Die Messung der Supply Chain Performance
Neben der reinen Überwachungsfunktion hinsichtlich der Durchführbarkeit erstellter
Planprogramme eröffnet das Supply Chain Monitoring auch die Möglichkeit der
Performance-Messung einzelner Prozesse, Teilbereiche oder der gesamten Supply
Chain. Nur durch die Verfügbarkeit von Daten über die Leistung beobachteter
Prozesse lassen sich auch Anhaltspunkte für deren Verbesserung finden. Eine
Leistungsmessung setzt die Existenz und Anwendung von Kennzahlen voraus, die
einen Überblick über die Leistung des beobachteten Objektes geben.
3.5.1 Kennzahlen der Supply Chain Performance
Eine Leistungsmessung lässt sich nach diversen Kriterien durchführen. Als Beispiel
kann die Leistung eines Produktionsprozesses mengenmäßig (z.B. Output pro Tag),
wertmäßig (z.B. im Prozessdurchlauf geschaffener Mehrwert), zeitlich (z.B.
durchschnittliche Durchlaufzeit) oder qualitativ (z.B. Anteil fehlerhafter Teile)
bewertet werden. Eine isolierte Betrachtung einzelner Kennzahlen sagt jedoch in der
Regel nur wenig aus, ihr eigentlicher Nutzen als Steuerungsinstrument erschließt
sich erst aus der Zusammenfassung zu Kennzahlensystemen (vgl. Wiendahl 2002, S.
A 1-23). Aufgrund der Vielzahl möglicher Kennzahlen entstehen in der Praxis häufig
umfangreiche Kennzahlensysteme, die nur schwer zu durchschauen sind. Dadurch
geht oft der Überblick über die Beziehungen der Kennzahlen untereinander sowie
deren Bezug zu den strategischen Unternehmenszielen verloren. Gerade die Kenntnis
über diese Zusammenhänge stellt jedoch einen wesentlichen Erfolgsfaktor eines
Kennzahlensystems dar. Der Grund dafür liegt auf der Hand: sofern die
Interdependenzen der Kennzahlen untereinander sowie deren Einfluss auf die
Gesamtleistung nicht bekannt sind, lässt sich auch keine Aussage darüber treffen,
welchen Einfluss eine Veränderung von Leistungsparametern letztlich ausübt. Vor
diesem Hintergrund sind Kennzahlensysteme vor der Einführung gründlich auf ihre
Eignung zu prüfen4. Im Hinblick auf die Messung der Supply Chain Performance
existieren in der akademischen Literatur eine Vielzahl unterschiedlicher Vorschläge,
Kosteneinsparungen im
Internetweek.com 2003)
4
Lagermanagement
und
Ressourceneinsatz
erzielen
(vgl.
Ein Überblick der Anforderungen, die ein Kennzahlensystem im Hinblick auf die
Anwendung als Analyse- und Steuerinstrument erfüllen sollte, findet sich bei Kuhlmann
2002, S. B 1-17
Supply Chain Monitoring
- 10 -
wobei vor allem Ansätze auf Basis der Balanced Scorecard5 Erwähnung finden (vgl.
Brewer/Speh 2000, Mayer 2001). Im Rahmen einer Balanced Scorecard werden
neben finanzorientierten Kennzahlen auch nichtfinanzielle Aspekte wie die
Kundenorientierung
sowie
innovations-
und
geschäftsprozessbezogene
Einflussgrößen berücksichtigt. Die Einführung einer Balanced Scorecard macht
jedoch nur Sinn, sofern diese auch an der Strategie des Unternehmens ausgerichtet
ist. Somit erfordert die Entwicklung einer „Supply Chain Balanced Scorecard“ die
Existenz einer entsprechenden Supply Chain-Strategie, andernfalls fehlt das
strategische Fundament und damit die Rechtfertigung für den Einsatz eines
derartigen Instruments (vgl. Kaufmann/Germer 2001, S. 191).
3.5.2 Der Einfluss der Supply Chain Configuration
Die obigen Ausführungen verleiten zu der Frage, ob es ein allgemein einsetzbares
Kennzahlensystem für die Messung der Supply Chain Performance gibt6. Ein
Vergleich zwischen unterschiedlichen Planungskonzeptionen von Supply Chains
unterstützt die Verneinung dieser Frage. In Abhängigkeit von der Lage des
Kundenauftragsentkoppelungspunktes kann zwischen effizienten und agilen Supply
Chains unterschieden werden (vgl. Zäpfel 2000, S. 22ff.). Als Beispiel seien hier
zwei
unterschiedliche
Supply
Chains
genannt:
während
erstere
ein
hochstandardisiertes Massenprodukt (z.B. Waschmittel) produziert, liegt der Fokus
der zweiten Supply Chain auf der kundenindividuellen Produktion von Gütern (z.B.
Spezialmaschinenbau für Produktionsanlagen). Dementsprechend verfolgen die
Supply Chains auch unterschiedliche Ziele. In der Massenproduktion zählt vor allem
die effiziente und kostengünstige Abwicklung der Prozesse (effiziente Supply
Chain). Das Ziel der kundenindividuellen Produktion liegt eher in der Flexibilität
und Reagibilität (agile Supply Chain). Folglich müssen für die Erfassung der
relevanten Performance auch unterschiedliche, an die Ziele der jeweiligen Supply
Chain angepasste Kennzahlensysteme eingesetzt werden.
Auf diesem Gebiet besteht offensichtlich noch Forschungsbedarf, um die relevanten
Werttreiber innerhalb Supply Chains zu identifizieren und entsprechende
5
für eine Übersicht über das Konzept der Balanced Scorecard vgl. Kaplan/Norton 1992
6
Lambert/Pohlen formulieren dazu: “However, there is no evidence that meaningful performance measures that span the supply chain actually exist.” (Lambert/Pohlen 2001, S. 1)
Supply Chain Monitoring
- 11 -
Kennzahlen zu formulieren. Die unreflektierte Verwendung ungeeigneter Kenzahlen
kann dazu führen, dass die Leistung eines Unternehmens auf Kosten anderer
Unternehmen zu optimieren versucht wird. Daraus ergibt sich im schlimmsten Fall
eine Verminderung des Wertes der gesamten Supply Chain (vgl. Lambert/Pohlen
2001, S. 15).
4
Diskussion der Anwendbarkeit
4.1 Informationstechnologische Anforderungen
Die Einführung eines Supply Chain Monitoring stellt hohe Anforderungen an den
Austausch von Informationen zwischen den einzelnen Supply Chain-Partnern. Die
Echtzeitüberwachung von Geschäftsprozessen ist nur durch die Unterstützung
moderner Informationstechnologie denkbar. Eine Integration der verschiedenen ITSysteme der beteiligten
Unternehmen ist somit Voraussetzung für eine
kontinuierliche Weitergabe der relevanten Daten. Im Idealfall verbindet sich ein
durchgängiger Materialfluss mit einem ebenso durchgängigen Informationsfluss (vgl.
Steven/Krüger 2002, S. 172). Traditionelle PPS- und ERP-Systeme, deren
Schwerpunkt auf der unternehmensinternen Integration von Prozessen liegt, können
diesen Anforderungen nicht gerecht werden. Systeme diesen Typs sind
transaktionsorientiert ausgerichtet und leisten nur unzureichende Beiträge zur
Steuerung und Kontrolle7. In der Regel basieren die heutigen ERP-Systeme noch auf
dem MRP- bzw. MRP II-Ansatz, die keinerlei restriktionsbasierte Planung
ermöglichen. So werden begrenzte Kapazitäten oder beschränkt verfügbare
Materialien im Rahmen eines Planungsablaufes nicht berücksichtigt (vgl. Netskill
AG o. D., S. 3). Die Zielsetzung bei der Erstellung von Produktionsplänen im
Rahmen dieser Systeme besteht nicht in der Erstellung optimaler, sondern an der
Erstellung durchführbarer Pläne. Eine Steuerung unter Kosten- oder Zeitaspekten ist
somit kaum möglich. Zum anderen werden die Interdependenzen zwischen
Planungsebenen, Produktionsstufen und Aufträgen nicht ausreichend berücksichtigt
7
Stadtler/Kilger merken hierzu an: „While ERP systems are supporting the standard business workflows, the biggest impact on business performance is created by exceptions and
variability, […].” (Stadtler/Kilger 2002, S. 1)
Supply Chain Monitoring
- 12 -
(vgl. Steven/Krüger 2002, S. 172). Ein Supply Chain Monitoring auf Basis von ERPSystemen allein ist somit nicht möglich.
Der Einsatz von Advanced Planning Systems (APS) ergänzt bestehende ERPSysteme und ermöglicht durch eine auf unternehmensübergreifende Zusammenarbeit
ausgerichtete Konzeption eine Ausdehnung der Integrationsreichweite. Somit lassen
sich Planungsprobleme unter Einbezug der Daten aller Supply Chain-Partner lösen
und deren Ausführung anhand entsprechender Werkzeuge (z.B. dem oben
beschriebenen Supply Chain Cockpit von SAP) überwachen. Für die Einführung
eines Supply Chain Monitoring ist die Nutzung derartiger Systeme Voraussetzung.
Diese
sind,
zumindest
zum
gegebenen
Zeitpunkt,
mit
relativ
hohen
Implementierungskosten verbunden und somit primär für Großunternehmen
interessant (vgl. Steven/Krüger 2002, S. 185). Obwohl die Entwicklung von APS
einen Fortschritt im Vergleich zu den Planungskapazitäten von ERP-Systemen
darstellt, sind auch diese nicht in der Lage, optimale Gesamtlösungen zu erstellen.
Sie basieren auf einem hierarchischen Ansatz, bei dem das Gesamtproblem in
mehrere Teilprobleme aufgespalten und anschließend sukzessive gelöst wird. Dabei
lassen sich zwar die Teilprobleme optimal lösen, jedoch ergibt die optimale Lösung
aller
Teilprobleme
nicht
automatisch
eine
optimale
Gesamtlösung
(vgl.
Stevens/Krüger 2002, S. 184). Weiterhin erfordern heutige APS tendenziell eine
hierarchisch organisierte Supply Chain mit einer zentralen Entscheidungsinstanz, da
sie einheitliche Entscheidungsstrukturen und die bedingungslose Offenlegung
sämtlicher relevanten Informationen voraussetzen. Für heterarchische Supply Chains
scheinen APS und somit auch der Einsatz von Supply Chain Monitoring daher
zumindest momentan weniger geeignet.
4.2 Informationsökonomische Aspekte
Der Einsatz von Informationstechnologie sollte innerhalb der Supply Chain nicht nur
physische Aspekte wie den Materialfluss automatisieren und verbessern, sondern
ebenfalls die strukturellen Verbindungen zwischen den einzelnen Aktivitäten
entwickeln und optimieren (vgl. Narasimhan/Kim 2001, S. 53). Der dazu nötige
Informationsaustausch
schließt
neben
transaktionsorientierten
Daten
auch
vertrauliche Unternehmensinformationen wie z.B. Lager- und Auftragsbestände der
Supply Chain Monitoring
- 13 -
einzelnen Partner ein. Daraus ergeben sich zwei Problemfelder, die wesentlichen
Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Supply Chain ausüben können.
4.2.1 Der Anreiz zum Datenmissbrauch
Zum einen sind nicht alle Unternehmen dazu bereit, vertrauliche Daten Partnern in
der Supply Chain zur Verfügung zu stellen, da ein Missbrauch durch konkurrierende
Unternehmen nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Haltung wird vor allem vor
dem Hintergrund verständlich, dass viele Unternehmen parallel in mehreren Supply
Chains agieren. Dementsprechend besteht durchaus ein Anreiz dazu, Informationen
über die Leistungsfähigkeit konkurrierender Unternehmen zum eigenen Vorteil
auszunutzen. Als Beispiel sei ein Hersteller genannt, der seine Kenntnis über die
hohen Lagerbestände eines Lieferanten im Rahmen von Preisverhandlungen nutzen
könnte, um einen höheren Rabatt zu erzielen. Eine fehlende Vertrauensbasis
innerhalb der Supply Chain kann so zu einem unzureichenden Informationsfluss
zwischen den beteiligten Partnern führen. Eine geringere Informationsdichte nimmt
direkten Einfluss auf die Qualität der Planung bzw. die Überwachung der
Durchführung erstellter Pläne.
4.2.2 Der Anreiz zu Falschaussagen
Das andere Problem liegt in der Qualität der Daten, die von den einzelnen
Unternehmen bereitgestellt werden. Unterstellt man, dass sich alle Unternehmen
primär an den übergeordneten Zielen der Supply Chain (vgl. Kap. 2.2) orientieren, so
besteht aus dieser Sicht kein Anreiz für fehlerhafte Angaben. Wahrscheinlicher
dürfte es jedoch sein, dass sich Unternehmen primär an eigenen Zielen und erst
danach an den Zielen der Supply Chain orientieren8. Dementsprechend besteht in
einigen Aspekten eine Gegenläufigkeit zwischen den Zielen der einzelnen Mitglieder
einer
Supply
Chain.
So
sind
Hersteller
an
der
Maximierung
der
Versorgungssicherheit sowie der Minimierung der Beschaffungskosten interessiert,
während Lieferanten möglichst hohe Preise für die von ihnen gelieferten Produkte
erzielen möchten. Es lässt sich auch hier ein Anreiz erkennen, Supply Chain-
8
Diese Annahme ergibt sich aus der Tatsache, dass eine Optimierung der Supply Chain nicht
zwangsläufig auch eine Optimierung für jedes in der Supply Chain befindliche
Unternehmen darstellt. Vor allem in hierarchisch organisierten Supply Chains besteht die
Gefahr, dass einflussreichere Unternehmen die Supply Chain einseitig zu ihrem Vorteil
ausrichten (vgl. Kaufmann/Germer 2001, S. 194).
Supply Chain Monitoring
- 14 -
Partnern durch Angabe fehlerhafter Daten in gewisser Weise zu manipulieren. Als
einfaches Beispiel mag in diesem Fall eine Supply Chain mit zwei Lieferanten und
einem Hersteller dienen. Dabei liefern beide Lieferanten ein identisches Produkt,
wobei jeder im Falle einer Bestellung die Hälfte der bestellten Menge liefert9. Kann
ein Lieferant aufgrund eines zu geringen Lagerbestandes nicht liefern, so geht der
Auftrag an den zweiten Lieferanten. Verfügt keiner der beiden Lieferanten über
einen ausreichenden Bestand, so wird die Bestellung über einen externen Lieferanten
abgewickelt. Ferner sei angenommen, dass beide Lieferanten im Moment aufgrund
zeitlicher Verzögerungen nur äußerst geringe Lagerbestände ausweisen, diese sich
jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit in Kürze wieder normalisieren wird. Sofern die
Lieferanten ihren Bestand richtig angeben, würde eine Lagerbestandsabfrage seitens
des Herstellers jedoch nur den niedrigen Bestand anzeigen. Durch eine falsche
Angabe können sie aber einen höheren Lagerbestand „simulieren“. In Tabelle 1 ist
das Informationsproblem auf spieltheoretische Weise dargestellt, wobei die Ziffern
innerhalb der Tabelle den Absatz der Lieferanten kennzeichnen.
Lieferant A ⇒
Lieferant B ⇓
Richtige Aussage
Falsche Aussage
Richtige Aussage
0/0
0/10
Falsche Aussage
10/0
5/5
5/5
Tabelle 1: Spieltheoretische Darstellung des Informationsproblems in der Supply Chain (Quelle:
Eigene Darstellung)
Es zeigt sich, dass die dominante Strategie10 für beide Lieferanten in der
Falschaussage, also der Angabe eines höheren Lagerbestandes liegt. Auch dieses
Ergebnis verdeutlicht, dass der Nutzen des Supply Chain Monitoring wesentlich von
der Vertrauensbasis innerhalb der Supply Chain abhängt. Eine wichtige Aufgabe bei
der Gestaltung einer leistungsfähigen Supply Chain liegt daher in der Entwicklung
eines umfassenden Beziehungsmanagements zwischen den einzelnen Partnern, um
9
Die genaue Höhe der gelieferten Menge ist für das Beispiel irrelevant, sofern sie größer als
null ist.
10
Eine Strategie im Sinne einer Handlungsalternative wird als dominant bezeichnet, wenn
sie unter allen Umständen (unabhängig von der Strategie des Gegenspielers) vorteilhafter
als alle anderen Strategien ist. Eine Übersicht über spieltheoretischen Grundlagen findet
sich z.B. bei Feess (2000), S. 42ff.
Supply Chain Monitoring
- 15 -
auf diesem Wege eine Vertrauensbasis zu schaffen und den Anreiz zu
missbräuchlicher Nutzung zu reduzieren (vgl. Zäpfel 2000, S. 7f.). Eine weitere
Möglichkeit besteht in der Berufung eines neutralen „Informationstreuhänders“, bei
dem die relevanten Daten aller Mitglieder der Supply Chain zusammenlaufen (vgl.
Kaufmann/Germer 2001, S. 190). Auf diese Weise ließe sich ein Missbrauch seitens
anderer Unternehmen eher ausschließen.
4.3 Fazit der Arbeit
Das Supply Chain Monitoring stellt sicherlich einen Fortschritt in Bezug auf die
Kontrolle und Steuerung der Supply Chain dar. Neben der schnelleren Information
und erhöhten Reaktionsfähigkeit bei entstehenden Ausnahmesituationen verhilft vor
allem die mögliche Visualisierung der gesamten Supply Chain zu einer verbesserten
Informations- und Entscheidungsgrundlage. Gleichzeitig ergeben sich mit der
Einführung eines derartigen Monitoring jedoch sowohl technische als auch
informationsökonomische Probleme, die einer Optimierung der Supply Chain
entgegenstehen. Somit ist es mit der alleinigen Einführung eines Supply Chain
Monitoring-Systems nicht getan – die Leistungsfähigkeit dieses Instruments basiert
vor allem auf dem Willen zur Kooperation zwischen den einzelnen Mitgliedern der
Supply Chain.
5
Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit erfolgte eine Darstellung der Ziele und Aufgaben des
Supply Chain Monitoring. Die Komplexität von Supply Chains sowie deren
unternehmensübergreifender
unternehmensinternen
Charakter
Abläufen
erfordern
spezifische
im
Vergleich
Kontrollmechanismen,
um
zu
den
planmäßigen Betrieb zu gewährleisten sowie die Leistungsfähigkeit von Prozessen
zu bestimmen. Die Hauptaufgabe des Supply Chain Monitoring liegt zum einen in
der Überprüfung der Durchführbarkeit von Planprogrammen, die auf Basis der
Planungen der taktischen und operativen Ebene der Supply Chain erstellt wurden.
Zum anderen dient es der Feststellung der Leistung von Teilprozessen oder der
gesamten Supply Chain. Dafür ist jedoch die Einführung eines auf die jeweilige
Supply Chain-Strategie ausgerichteten Kennzahlensystems nötig, da unterschiedliche
Strategien unterschiedliche Zielvorstellungen bedingen. Obwohl das Konzept des
Supply Chain Monitoring schlüssig und sinnvoll erscheint, ergeben sich bei der
Supply Chain Monitoring
- 16 -
Umsetzung Schwierigkeiten im technischen sowie im informationsökonomischen
Bereich. So ist die Einführung einer entsprechenden APS-Software mit hohen
Kosten verbunden und eher für hierarchische Supply Chains geeignet, die
Anforderungen einer heterarchischen Supply Chain werden nicht ausreichend
berücksichtigt. Weiterhin bestehen für die einzelnen Partner innerhalb der Supply
Chain durchaus Anreize, vertrauliche Daten anderer Unternehmen zum eigenen
Vorteil zu verwenden bzw. falsche Angaben eigener Daten zu machen. Diese
Aspekte behindern die Überwachung und Optimierung der Supply Chain und müssen
entsprechend berücksichtig werden. Mögliche Lösungsansätze liegen in einem
umfassenden Beziehungsmanagement sowie der Einschaltung eines neutralen
Informationstreuhänders.
Supply Chain Monitoring
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