Analyse und Vergleich der Großstadtgedichte Trakls und von

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Analyse und Vergleich der Großstadtgedichte Trakls und von
Analyse und Vergleich der Großstadtgedichte Trakls und von
Hofmansthals
1. Das Gedicht “Siehst du die Stadt?” von Hugo von Hofmansthal ist ein in
einer sehr gedämpften, ruhigen Stimmung gehaltenes Gedicht. Das Gedicht
schreibt der Stadt etwas Mystisches zu, etwas unerklärlich Schönes und die
Faszination des lyrischen Ichs dafür.
Es besteht aus drei Strophen zu je vier Versen und ist im Kreuzreim
verfasst. Es ist sehr stark mit “leichten” Adjektiven “schmeichelnd;
geisterhaft; flüsternd; verlockend” gespickt und vermittelt dadurch einen
Eindruck der Unbeschwertheit.
Die erste Zeile ist ein Beispiel dafür: Die Stadt “ruht” ohne Hektik, sie wird
personifiziert. Die zweite Zeile macht so weiter, der Autor zieht der Stadt
ein Kleid an, die Nacht umwebt die Stadt. Das Adjektiv “flüsternd” ist eine
Wortmalerei, es schreibt der eigentlich lautlosen Nacht einen leisen Klang
zu. In Zeile drei wird der Mond personifiziert, er ist das einzige Licht am
Himmel, welches die Stadt erhellt, der Mondschein wird als “der Silberseide
Flut” bezeichnet.
Die zweite Strophe setzt die Personifikation der Stadt fort, sie wird zum
atmenden Wesen, dessen Atem der Nachtwind ist. Ihr wird in der zweiten
Zeile ein Geist zugeschrieben, eine Seele, die schläft und träumt bei Nacht.
Die Stadt atmet in diesem Traum schwer, sie weint gar. Das weist auf
negative Ereignisse des Tages hin, wird aber nicht weiter ausgedehnt. Der
Autor möchte vielleicht den Eindruck eines schlafenden Babys erwecken, so
wie er schreibt. Dieses “Baby” lispelt im Schlaf, wie von der Stadt bei Nacht
ein leises Lispeln zu vernehmen ist. Dieses wird als rästelhaft beschrieben;
das ist ein weiteres Beispiel für die Mystik in diesem Gedicht.
In der dritten Strophe bringt das lyrische Ich eine Verbundenheit zur Stadt
zum Ausdruck, die der Liebe gleicht. Das Symbol des Herzens, in dessen die
Stadt schläft macht diese Liebe oder Verehrung deutlich. Das Symbol der
Glut macht die Kraft der Stadt bei Tage deutlich, wenn die Glut auflodert
und ihre Energie preisgibt. Ihre “Glut” sind die aus der Ferne sichtbaren
Lichter der Häuser und Straßenlaternen. Diese Glut reicht aus, um bei
Dunkelheit trotzdem einen Widerschein zu produzieren. Dieser schmeichelt
und schwebt, ist gedämpft und flüstert; mit dieser Wortmalerei glorifiziert
der Autor die Stadt, er gibt ihr einen mystisch-lebendigen Schleier.
Die Stadt wird zu einem lebenden Wesen – ja fast total vermenschlicht.
Durch die Verwendung vieler ruhiger, ästhetischer Adjektive und Phrasen
wird sie zu einer Kolonie der Harmonie, die sanft in der Nacht ruht.
Das lyrische Ich verneint die Schattenseiten der Stadt nicht, beschäftigt
sich aber auch nicht weiter damit. Es ist ihm einzig daran gelegen, die
Ästhetik der Stadt bei Nacht darzustellen, was allerdings auch darauf
hinweisen könnte, dass die Stadt nur bei Nacht ruhig, schön und romantisch
ist, am Tage jedoch stressig, laut und dreckig, weil die Menschen dann dort
aktiv sind.
Das zweite Gedicht “An die Verstummten” von Georg Trakl ist ein Gedicht,
was den Leser dazu auffordert, zu handeln und das klarmacht, welche
Missstände es in der Stadt gibt.
Es besteht aus drei Strophen ohne erkennbares Reimschema. Die erste
Strophe hat fünf Verse, die zweite vier und die dritte zwei Verse. Es werden
freie Rhytmen benutzt.
Die Verwendung von Adjektiven ist hier auf eine sehr dunkle und
progressive Art geschehen, so z.B. “schwarz”, “eisig”, “versunken”,
“rasend”, “steinern”, “verkrüppelt” oder “gräßlich”. Auch die Verben
schrecken auf so unter anderem “verdrängt”, “peitscht”, “zerbricht”,
“blutet”.
Die erste Verszeile beginnt mit dem Wahnsinn der Großstadt, mit der
Widernatürlichkeit des Lebens für Mensch, Tier und Pflanzen in der Stadt.
So wird durch die Gebäude in der Stadt (“schwarze Mauern”) den Bäumen
das Licht zum Leben entzogen, sie können nicht richtig wachsen.
Die Stadt trägt eine schillernde Maske, sie gibt vor schön zu sein. Doch in
Wirklichkeit hat sie eine Seele, eine häßliche und böse Seele, die sich hinter
der glänzenden Fassade versteckt, wie man aus Vers zwei entnehmen kann.
Die Stadt wird durch diese Seelenzuweisung ebenfalls personifiziert.
Zeile drei verurteilt das Licht der Stadt, welches die Naturgewalt der Nacht
zu umgehen versucht. Die Nacht ist unumgänglich (“steinern”), die Stadt
jedoch greift in die gottgewollte Ordnung ein und leht sicht gegen Gott und
die Natur auf. Zeile fünf trägt ebenfalls dazu bei, indem es das Untergehen
der Abendglocken einer Kirche, also des Hauses Gottes, durch den Lärm der
Stadt beschreibt.
Die zweite Strophe bezeichnet die Stadt gar als Hure, also als falsch,
untreu, etwas vorspielend und ihre Kinder vernachlässigend oder gar
tötend. Damit will der Autor auf den schlechten Zustand der Kinder in den
Städten aufmerksam machen, denn viele sind verlassen, verwahrlost und
keinesfalls lebensfroh. Sie sind vielmehr zum Tode verurteilt, weil es keine
Arbeit und kein Brot für sie gibt. Darauf weist insbesondere Vers drei noch
einmal hin, welcher auch die Hoffnungslosigkeit der Bewohner zum
Ausdruck bringt, indem das lyrische Ich sagt, dass das grüne Auge - grün
als die Farbe der Hoffnung – zerbricht.
Vers zwei bringt die Wut Gottes über den Eingriff der Menschen in seine
Gesetzte, in seine Ordnung zum Ausdruck. Gott, ein weises Wesen bedient
sich infolge seiner Hilfslosigkeit gegenüber der Hure der Stadt und der
Menschen, die diese Stadt geschaffen haben, der puren Gewalt. Er “peitscht
die Stirn” der Erbauer.
Die Letzte Zeile bestätigt genau das noch einmal, indem das lyrische Ich die
Begründung für Hunger und Seuche und den Verlust aller Hoffnung mit dem
Lachen des Goldes, der Profitsucht der Erbauer und Nutznießer der
Großstadt nennt.
Die letzte Strophe ist ein Aufruf an die von der Stadt geknechteten und
ausgenutzten Menschen (“in dunkler Höhle stummere Menschheit”) und
gleichzeitig eine Warnung an die Erbauer und Nutznießer der Großstadt
davor, dass diese Menschen zurückschlagen werden, dass sie sich nicht
unterjochen lassen, denn, wie Vers vier verrät, stellen diese Menschen
bereits Waffen (“fügt aus harten Metallen”) gegen die Erbauer her.
Sie warnen auch vor einem Anführer, der siegreich sein wird (“erlösende
Haupt”) und mit den geschmiedeten Waffen die Revolution der
Stadtbevölkerung leiten wird.
Beide Gedichte personifizieren die Stadt sehr stark. Das erste Gedicht
jedoch eindeutig zum positiven, zum ästhetischen hin. Die Stadt wird
glorifiziert als Lebendes Wesen, gefühlvoll, zart und sanft, welche in
Harmonie mit ihrer Umwelt und der Natur zu sein scheint. Im krassen
Gegensatz dazu wird die Stadt in Trakl's Gedicht zu einem wahren Monster
personifiziert. Die Stadt ist ein den Naturgewalten entgegen strebendes,
Gottes Ordnung trotzendes Ödem, welches den Pflanzen und Tieren die Luft
zum Atmen nimmt und die Menschen knechtet und unterjocht. Die
Menschen leben nicht mehr in ihrem vorbestimmten Habitat, sie leben in
einer Geschwulst, einem Gschwür. Hofmansthal's Gedicht hingegen macht
aus der Stadt eine “Kolonie der Harmonie” für Mensch, Tier und Natur.
Beide Gedichte geben der Stadt eine Seele, Hofmansthal die Seele eines
Babys oder eines beschützenden Geistes, Trakl jedoch des absolut Bösen
und Falschen. Er hasst die Seele der Stadt, die von den Erbauern bewohnt
wird, sie ist der Ursprung des Übels, der für Hunger, Elend und Tod
verantwortlich ist. Hofmansthal hingegen liebt die Seele der Stadt als
schmeichelndes Wesen, er verehrt ihre Schönheit.
Schlussendlich kann man sagen, dass beide Gedichte die Großstadt aus
einem völlig unterschiedlichem Licht betrachten. Trakl hasst die Stadt, weil
sie in Gottes Ordnung eingreift und die Menschen knechtet, Hofmansthal's
lyrisches Ich hingegen liebt sie, weil sie eine lebendige Seele hat, die in
Harmonie mit ihrer Umwelt lebt.
2. Das erste Gedicht “Siehst du die Stadt” ist meiner Meinung nach ein
Gedicht des Symbolismus. Es benutzt eine sehr bildhafte Sprache, es ist
sehr mystisch und geheimnisvoll, enthält sehr viele Symbole wie z.B. “das
Kleid der Nacht” für die Dunkelheit, “geisterhaft” für eine Seele und die
Sprache selbst wird zur Lautmalerei wie bei “sich flüsternd schmiegt in das
Kleid der Nacht”. Der Inhalt tritt in den Hintergrund, die reine Ästhetik der
Sprache und der Darstellung dieser am Beispiel der Stadt kommt zum
Ausdruck.
Das zweite Gedicht ist sehr expressiv und ausdrucksstark, gespickt von
Gefühlen wie 'Schauer', 'Rasen', 'gräßliches Lachen' oder 'blutet stummere
Menschheit' und damit eindeutig ein Werk des Expressionismus. Es hat ein
Aufrütteln der Stadtbevölkerung zum Ziel, diese sollen sich nicht mit ihrer
elenden Situation zufrieden geben sondern kämpfen und die häßliche Fratze
der Stadt, die sich hinter der Silbermaske versteckt, vernichten und eine
bessere Welt zu schaffen. Das Gedicht arbeitet gegen das Besitzbürgertum,
welches Fabriken und Konzerne besitzt, weil diese die Stadtbevölkerung
knechten und verelenden lassen.