Begeisternde rote Blüten

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Begeisternde rote Blüten
PFLANZEN + SORTIMENTE
Clematis texensis
Begeisternde
rote Blüten
Die Blüten von Clematis texensis sind
nur 2 cm groß. Doch die Art und ihre
Hybriden sind dennoch sehr eindrucksvoll, weil sie leuchtend und intensiv
rot blühen. Experte Andreas Bärtels
stellt die Gruppe vor.
Clematis-Texensis-Gruppe ‘Gravety Beauty’
D
ie Texas-Waldrebe (Clematis texensis) ist nach
ihrem sehr kleinem Verbreitungsgebiet Texas benannt.
In diesem Gebiet kommt sie
ausschließlich vor. Sie gedeiht
dort auf feuchten, humosen Böden in Wäldern und an Flußufern und lässt ihre Sprosse
nicht selten über Felsen ranken. Die mittlere Januartemperatur in Texas beträgt etwa
10 °C und die mittlere Julitemperatur etwa 28 °C. Die Wärme
liebende und sonnenverträgliche Art ist in Mitteleuropa
trotzdem ausreichend frosthart,
auch wenn ihre oberirdischen,
nur halb verholzenden Sprosse
regelmäßig unter der Winterkälte leiden. Man schneidet sie
deshalb im Frühjahr bis zum
Boden zurück.
C. texensis ist ein bis 2 m hoher, kletternder Halbstrauch.
Seine braunroten, nahezu kahlen Sprossen tragen vier bis
acht langgestielte, derbe 3 bis
8 cm lange, meist ganzrandige,
gelegentlich 2- bis 3-lappige,
grüne, unterseits blaugrüne gefiederte Blätter. Das Endblätt-
LITERATUR
Bärtels, A., und Kaiser, K.: Clematis. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart,
2004
Matthes, V.: The International Clematis Register & Checklist. The Royal
Horticultural Society, London, 2002
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chen des Sprosses ist zu einer
Ranke umgewandelt.
Am natürlichen Standort
blüht C.texensis von März bis
Juni, in Mitteleuropa von Juni
bis Oktober. Die kleinen, 1,5
bis 2 cm langen, nickenden,
krugförmigen Blüten stehen
meist einzeln auf 15 bis 17 cm
langen Stielen in den Blattachseln. Die vier dicken, fleischigen, schmal eiförmigen Tepalen
laufen vorn spitz zu. Sie sind
außen karmin- bis scharlachrot
gefärbt, sie öffnen sich vorne
nur wenig, gerade so weit, dass
die cremweiße Farbe der Blütenblattränder und der Innenseite sichtbar werden. Die
weißen Filamente und die gelben Staubblätter sind kaum
sichtbar. Die kugeligen Nüsschen tragen einen 4 bis 5 cm
langen, gelblich braun behaarten Griffel.
Die Texas-Waldrebe
mag es sonnig
Mit ihrer ungewöhnlichen Blütenfarbe ist die zierliche TexasWaldrebe eine überaus reizvolle Art. Im Garten benötigt
sie einen warmen, sonnigen
Platz auf einem gepflegten,
durchlässigen Boden. In strengen Wintern sollte man den
Wurzelbereich durch eine
trockene Laubabdeckung schützen. Man zieht die Art am besten an kleinen Klettergerüsten
und schneidet die Sprosse jährlich bis zum Boden zurück.
C. texensis ist 1868 von Max
Clematis-Texensis-Gruppe ‘Duchess of Albany’
Leichtlin, einem Pflanzensammler aus Baden-Baden mit
eigenem botanischem Garten,
dem Hortus Aureus, eingeführt
worden. Leichtlin bemühte
sich um großblumige Auslesen
unter seinen Sämlingen und
berichtete im August 1903 in
„The Garden“ von Selektionen,
deren Blüten dreimal so groß
seien wie die der Wildpflanzen.
Durch Leichtlin kam C. texensis 1880 nach England.
Dort belegte A. G. Jackson die
großblumige Sorte ‘Star of India’ mit Pollen von C. texensis
und erzielte 1890 schöne Hybriden mit glockigen Blüten,
und zwar die Sorten ‘Countess
of Onslow’, ‘Duchess of Albany’, ‘Duchess of York’, ‘Grace
Darling’, ‘Sir Trevor Lawrence’
und ‘Admiratons’. Von diesen
„Wokingensis hybrids“ sind
heute noch einige in Kultur.
Weitere C.-texensis-Hybriden (früher auch als C. × pseudococcinea bezeichnet) entstanden Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Bei Morel,
Frankreich, entstand die Sorte
‘Gravety Beauty’, die von Lemoine mit Erbgut von C. texensis gezüchtete ‘Etoile Rose’
wird heute zur C.-ViticellaGruppe gestellt. Das gilt auch
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Clematis texensis
Clematis-Texensis-Gruppe ‘Sir Trevor Lawrence’
für andere glockenblütige Sorten mit Erbgut von C. texensis,
wie für die Sorte ‘Pagode’. Die
gelegentlich zur C.-TexensisGruppe gestellte, weißblütige
Sorte ‘Kaiu’ gehört zur C.-Viorna-Gruppe. Auch in der Schweizer Gärtnerei Froebel wurden
Anfang des vergangenen Jahrhunderts Kreuzungen mit C.
pitcheri × C. texensis vorgenommen. Von den dort erzielten,
kleinblumigen Sorten ist keine
erhalten geblieben. Bei den heute kultivierten Sorten handelt es
sich ausnahmslos um Kreuzungen zwischen großblumigen Hybriden und C. texensis.
über dem Boden zurückgeschnitten werden. Auch sie bevorzugen sommerwarme, sonnige bis lichtschattige Lagen
und gepflegte, lockere, durchlässige Böden. Leider bleiben
auch die Sorten der C.-TexensisGruppe nicht von der ClematisWelke verschont.
Stärkerer Wuchs
bei aktuellen Sorten
Später wurden weitere Sorten
gezüchtet, sodass es heute eine
Reihe von Sorten gibt. Alle haben mehr oder weniger glockige, langgestreckte, an Kaufmanniana-Tulpen erinnernde
Blüten. Sie sind deutlich größer
als die von C. texensis, öffnen
sich weiter und stehen, im Gegensatz zu den nickenden Blüten von C. texensis, mehr oder
weniger aufrecht. Die vier bis
sechs Tepalen sind mehr oder
weniger fleischig. Die Blütezeit
reicht von Juni/Juli bis Oktober.
Alle wachsen deutlich stärker
als C. texensis und erreichen eine Höhe von etwa 2 bis 4 m.
Obwohl ihre Sprosse stärker
verholzen als die von C. texensis, sollten sie jährlich bis knapp
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Einige schöne Sorten
➜ ‘Duchess of Albany’ (‘Star
Of India’ × C. texensis). Die 5
bis 8 cm breiten, tulpenförmigen Blüten sind am Saum sehr
hellrosa, der Mittelstreifen ist
dunkelrosa, zum Saum hin sind
die Tepalen silbrigrosa gefärbt.
Die Blüten stehen aufrecht
oder nach außen hin ab. Ihre
vier bis sechs dicken, schmal
eiförmigen Tepalen sind zuletzt
weit nach außen umgebogen,
Filamente und Antheren sind
cremefarben. ‘Duches of Albany’ ist von A. G. Jackman gezüchtet und 1890 eingeführt
worden.
Auszeichnungen:
Award of Merit 1897, Award of
Garden Merit der Royal Horticultural Society (RHS) 1993.
➜ ‘Gravety Beauty’ (‘Gipsy
Queen’ oder ‘Comtesse de
Bouchard’ oder ‘Ville de Lyon’ × C. texensis) hat schmal
glockige, kirschrot oder rubinrot gefärbte und tiefrot schattierte Blüten, die im Verblühen
heller werden. Die 5 bis 9 cm
breiten Blüten stehen anfangs
aufrecht, später leicht nickend,
sie haben dicke, 6 bis 7 cm lan-
ge, schmal verkehrt eiförmige,
fein zugespitzte Tepalen, cremefarbene Filamente und rote
oder purpurrote Antheren.
‘Gravety Beauty’ ist etwa um
1900 bei F. Morel, Frankreich
entstanden.
Auszeichnung:
Award of Merit der RHS 1935.
➜ ‘Ladybird Johnson’ (‘Bees
Jubilee’ × C. texensis). Tief purpurrot und karminrot gestreift
sind die aufrecht oder abstehenden Blüten mit den vier
dicken, tief gefurchten, etwa
4 cm langen, an der Spitze
zurückgebogenen Tepalen und
den cremefarbenen oder hellgelben Staubblättern. Die Züchtung von B. Fretwell ist 1984
eingeführt worden.
➜ ‘Princess Diana’ (‘Bees Jubilee’ × C. texensis). Die schlank
trompetenförmigen, 5 bis 7 cm
breiten, aufrechten oder abstehenden Blüten sind leuchtend
tief malvenrosa, tiefrosa gestreift
und weiß gesäumt. Die 5 bis
6 cm langen Tepalen sind an der
Spitze elegant auswärts gebogen, die Staubblätter sind creme- bis hellgelb gefärbt. ‘Princess Diana’ (früher als ‘The Princess of Wales’ bezeichnet) ist si-
Clematis-Texensis-Gruppe ‘Princess Diana’
cher die attraktivste Sorte dieser
Gruppe. Auch sie stammt von B.
Fretwell und ist ebenfalls 1984
eingeführt worden. Auszeichnung: Award of Garden Merit
der RHS 2002.
➜ ‘Sir Trevor Lawrence’ (‘Star
of India’ × C. texensis). Breit
glockig sind die 5 bis 8 cm breiten, innen tief karminrot bis
karmesinrot gefärbten Blüten,
sie sind am Saum anfangs hell
violett, später hellblau schattiert, außen sind die Blüten cremefarben grün mit einem rötlichen Oberton. Auch hier sind
die verkehrt eiförmigen Tepalen an der Spitze zurückgebogen. ‘Sir Trevor Lawrence’ ist
schon 1890 von A. G. Jackmann erzielt worden.
Text und Bilder:
Andreas Bärtels, Waake
W W W. D E G A . D E
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mithilfe der webcodes
Clematis (Alpina-Gr.) dega705
Clematis-Artenliste dega700
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