Hormontherapie in der Frauenheilkunde

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Hormontherapie in der Frauenheilkunde
Hormontherapie in der Frauenheilkunde
Prim. Dr. Wolfgang Stummvoll
Abteilungsvorstand für Gynäkologie
Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz
Was sind Hormone?
Welche Wirkung haben die typischen weiblichen Hormone?
Hormonstörungen der geschlechtsreifen Frau
Hormonelle Veränderungen im Wechsel
Nebenwirkungen und unerwünschte Wirkungen von Hormonen
Praktische Ratschläge
Was sind Hormone:
Hormone sind generell Botenstoffe, die vielfältige Vorgänge im Körper steuern. Jeder
dieser Botenstoffe braucht aber auch einen Empfänger, der die enthaltene Nachricht
aufnehmen kann und dann entsprechende Vorgänge auslöst. Wir nennen diese
Empfänger lateinisch Rezeptoren. Solche Rezeptoren finden sich in praktisch allen
Organen des Körpers. Damit aber nicht ein komplettes Durcheinander entsteht, kann
jeder Rezeptor dabei nur auf ein ganz bestimmtes Hormon reagieren. Wenn man als
Frau allgemein von Hormonen spricht, meint man jedoch nur die weiblichen
Geschlechtshormone. Medizinisch sind diese eine Untergruppe der sogenannten
Steroidhormone, das heißt sie leiten sich letztlich vom Cholesterin ab und werden
über einige Vorstufen besonders in den Eierstöcken, aber auch im Fettgewebe
gebildet. Gesteuert wird diese Hormonbildung von der Hirnanhangdrüse oder
Hypophyse, einer etwa 1 cm großen Drüse die im Bereich der Schädelbasis in der
Mitte hinter den Augäpfeln gut geschützt liegt. Diese Drüse wiederum empfängt ihre
Befehle vom Zwischenhirn und reagiert auch auf die peripheren Hormonspiegel im
Blut (sog. feedback). Die Hirnanhangdrüse regelt somit über die Steuerung der
Eierstöcke die Funktionen der weiblichen Geschlechtsorgane.
Welche Wirkung haben die typischen weiblichen Hormone?
Das Östrogen oder Eibläschenhormon wird im Eibläschen des Eierstocks gebildet
und bewirkt vorrangig das Wachstum der Schleimhaut im Inneren der Gebärmutter.
Es wirkt aber in vielen anderen Geweben, die östrogenempfänglich sind - also
Östrogenrezeptoren enthalten - im Sinne von Zellwachstum und vermehrter
Zellteilung. Solche Organe sind besonders die Brust, die Haut, Schleimhäute, die
Knochen. Fehlt Östrogen, erschlaffen diese Organe und die Knochen beginnen sich
abzubauen. In geringerem Maße wird Östrogen auch im Fettgewebe gebildet.
Das Progesteron oder Gelbkörperhormon wird im Gelbkörper des Eierstocks
gebildet. Dieser entsteht nach dem Eisprung aus dem Eibläschen und hat eine gelbe
Farbe, daher der Name. Das Gelbkörperhormon ist der Gegenspieler des Östrogens
und bewirkt dass die Schleimhaut in der Gebärmutter nicht weiter wächst sondern
sich für die Aufnahme einer befruchteten Eizelle vorbereitet. Der Gelbkörper fällt
nach etwa 2 Wochen in sich zusammen und damit wird auch kein Hormon mehr
gebildet. Dies hat zur Folge , dass die Schleimhaut sozusagen abbricht und als
Regelblutung abgeht. Das Gelbkörperhormon wirkt somit wachstumshemmend auf
die Gebärmutterschleimhaut, aber wie das Östrogen wachstumsfördernd auf die
Brust. Dies erklärt das häufige Brustspannen vor der Regel.
Hormonstörungen der geschlechtsreifen Frau
Diese können von leichten Unregelmäßigkeiten des Zyklus bis zum Ausbleiben des
Zyklus reichen. Normal ist ein Zyklus zwischen 24 und 32 Tagen. Liegt ein kürzerer
Zyklus vor, spricht man von zu häufiger Regelblutung (Polymenorrhoe für griechisch
poly = häufig und menorrhoe = Regelblutung). Der Grund kann sowohl eine verkürzte
Eibläschenphase (Follikelphase) als auch eine verkürzte Gelbkörperphase sein. Liegt
ein verlängerter Zyklus vor spricht man von zu seltener Regelblutung
(Oligomenorrhoe für griechisch oligo = selten). Der Grund ist meist eine verlängerte
Eibläschenphase oder das Ausbleiben des Eisprungs und damit die fehlende
Umwandlung in einen Gelbkörper. Bleibt die Regelblutung ganz aus und besteht
keine Schwangerschaft, spricht man von Amenorrhoe ( Vorsilbe a- für griech.
fehlend, nicht vorhanden). Die Ursache hierfür ist meist eine stärkere Hormonstörung
bei der die Eierstockfunktion selbst oder auch die Steuerung durch die
Hirnanhangdrüse gestört ist. Selten liegt die Ursache in der Gebärmutter selbst.
Alle diese Hormonstörungen der geschlechtsreifen Frau sind mit einer
Beeinträchtigung der Fähigkeit Kinder zu bekommen verbunden, in schweren Fällen
ist auch auf Behandlung keine Schwangerschaft möglich. Wichtig ist deshalb, dass
alle, also auch leichtere Störungen immer abgeklärt werden müssen. Dies gelingt
durch Hormonbestimmungen an bestimmten Tagen des Zyklus, wozu auch eine
Überprüfung der Schilddrüsenfunktion und der Funktion der Hirnanhangdrüse
gehören. Nur so ist eine gezielte und sinnvolle Behandlung möglich.
Hormonelle Veränderungen im Wechsel
Etwa ab dem 40. Lebensjahr lassen die Eierstöcke in ihrer Funktion nach, die
Hormonspiegel sinken langsam ab. Die Eisprünge bleiben immer öfter aus. Die
Chance schwanger zu werden beträgt mit 40 und darüber nur mehr ein Zehntel
gegenüber dem Lebensalter bis etwa 35 Jahren. Durchschnittlich mit 52 Jahren sind
die Hormonspiegel dann so weit abgesunken, dass auch die Regelblutung ausbleibt.
Dies ist der Zeitpunkt der Menopause. Die Jahre kurz davor und danach werden als
Wechseljahre bezeichnet. Dieses Absinken der Hormone hat etwa bei jeder dritten
Frau auch unangenehme Begleiterscheinungen zur Folge. Meist kommt es zuerst zu
einem Mangel an Gelbkörperhormon, während das Eibläschenhormon Östrogen
weiter produziert wird. Dies bewirkt, dass die Schleimhaut durch den Überschuss an
Östrogen unkontrolliert anschwellen kann: Die Regel verspätet sich und wird stark
mit Abgang von Blutstöcken und auch unregelmäßig. Dies ist ein häufiger Grund für
eine Curettage, also eine operative Ausschabung und Entfernung der geschwollenen
Schleimhaut. Medikamentös kann man diesen Zustand durch die Gabe von
Gelbkörperhormon vom 12.- 26. Zyklustag gut behandeln: Das Gleichgewicht der
Hormone wird wieder hergestellt und der Zyklus normalisiert sich. Weil aber auch
bösartige Tumore unregelmäßige Blutungen verursachen können, ist vor einer
medikamentösen
Behandlung
immer
eine
genaue
Abklärung
der
Gebärmutterschelimhaut zB
durch
eine
Curettage mit Untersuchung des
gewonnenen Gewebes erforderlich. Etwa 5 Jahre später beginnt auch das
Eibläschenhormon Östrogen abzusinken und es kommt zu immer längeren Pausen
zwischen den Regelblutungen bis die Blutung ganz aufhört. Das Absinken des
Östrogenspiegels führt bei vielen Frauen zu den klassischen bekannten
Wechselbeschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Nachtschweiß, aber
auch Depressionen, Müdigkeit, trockener Haut. Später dann kann es durch
Gewebserschlaffung im Genitalbereich zu unfreiwilligem Harnverlust und vermehrten
Scheidenentzündungen kommen. Noch später kann es besonders bei gefährdeten
Personen
(Vererbung, einseitige milcharme Ernährung, wenig Bewegung,
Schilddrüsenerkrankungen, langjährige Cortisonbehandlung) zu vermehrtem
Knochenabbau und damit zum Knochenschwund (Osteoporose) kommen. Diese
Beschwerden können nach einem Beurteilungsschema ( Abb. ) genau erfasst
werden.
Natürliche Maßnahmen gegen Wechselbeschwerden
Grundsätzlich ist der Wechsel ein natürlicher Vorgang und die meisten Beschwerden
klingen nach einiger Zeit von selbst ab. Linderung bringt auf jeden Fall eine
ausgewogene Ernährung mit reichlich Obst und Gemüse, aber auch Milch und
Milchprodukten. Aber Vorsicht bei erhöhtem Cholesterinspiegel, hier sind Vollmilch
und viele Käsesorten problematisch. Sehr wichtig ist regelmäßige Bewegung. Sport
wie Laufen, Schwimmen, Radfahren, aber auch jede andere Sportart mit
besonderem Gewicht auf Ausdauer ist geeignet. Als Faustregel gilt: Man sollte 23mal in der Woche schön zum Schwitzen kommen. Zusätzlich können aus Pflanzen
gewonnene hormonähnliche Substanzen, sogenannte Phytohormone (griechisch
phyton = Pflanze) Wechselbeschwerden lindern. Man kann diese heute in
praktischer Tabletten- oder Kapselform und damit auch schon in richtiger Dosierung
kaufen.
Hormonbehandlung im Wechsel
Nützt das alles nichts und die Beschwerden beeinträchtigen sehr, können Hormone
eingesetzt werden. Diese sollen nur ärztlich und nach einer eingehenden
Untersuchung verschrieben werden. Meist wird eine Kombination von Östrogen und
Gelbkörperhormon gegeben. Das Östrogen lindert bzw. beseitigt die Beschwerden,
das Gelbkörperhormon verhindert unerwünschte Schleimhautschwellungen in der
Gebärmutter. Ist die Gebärmutter bereits entfernt, genügt die Behandlung mit
Östrogen alleine. Die Hormone kann man heute als Tabletten einnehmen oder als
Pflaster auf die Haut kleben, es gibt auch ein Gel zum Einreiben sowie Cremen und
Zäpfchen für die Scheide. Der Vorteil von Hormonen ist vor allem die sichere
Beseitigung der Beschwerden, dann auch die Wirkung auf die Haut (Falten werden
geringer, die Haut wird glatter) und Schleimhäute (weniger Entzündungsneigung, oft
Beseitigung des Harnverlustes) und die Verhinderung einer Osteoporose.
Nebenwirkungen und unerwünschte Wirkungen einer Hormonbehandlung
Allerdings müssen Hormone sehr genau dosiert werden. Am Beginn der Behandlung
sind Kontrollen des Befindens und auch des Hormonspiegels ratsam, damit es nicht
durch Überdosierung zu Nebenwirkungen wie Brustspannen oder Gewichtszunahme
kommen kann. Treten diese Symptome trotzdem auf, kann auch ein Wechsel des
Präparates helfen. Blutungsstörungen oder Blutungen länger als 6 Monate nach der
Menopause (= Zeitpunkt der letzten Regel) müssen abgeklärt werden.
Krebsrisiko durch Hormonbehandlung im Wechsel
Ist die Gebärmutter noch vorhanden, dürfen keine Präparate gegeben werden, die
nur Östrogen enthalten. Das Östrogen alleine, also ohne Gelbkörperhormon, führt ja
zu einer Schleimhautschwellung und damit zu unerwünschten Blutungen. In den
USA wurden Östrogene jahrelang ohne Verschreibung einfach in der Drogerie
verkauft und auch eingenommen, was dann
durch die langdauernde
ununterbrochene
Stimulierung
der
Zellteilung
auch
Krebs
der
Gebärmutterschleimhaut ausgelöst hat. Seit etwa 5 Jahren haben weltweite Studien
gezeigt, dass eine mehr als 5 - 10jährige Hormoneinnahme auch das Risiko für
Brustkrebs erhöhen kann. Dies scheint unabhängig davon zu sein, ob auch ein
Gelbkörperhormon zum Östrogen dazugegeben wird oder nicht. Jüngste Studien
zeigen, dass eine Behandlung mit Östrogen alleine ein geringeres Risiko aufweist als
eine Kombination mit Gelbkörperhormon. Allerdings handelte es sich meist um gut
behandelbare Tumore mit sehr guten Heilungschancen. Trotzdem ist dies heute der
Hauptgrund, warum eine Hormonbehandlung gut überlegt sein will. Der Arzt wird vor
jeder neuen Verschreibung die Risikofaktoren für Brustkrebs (Siehe Tabelle 1)
erheben und dann mit Ihnen das Für und Wider besprechen. Jedenfalls ist
spätestens nach 5 Jahren zu überlegen, ob die Hormone weiter genommen werden
müssen. Selbstverständlich sind regelmäßige Gynäkologische Untersuchungen
einschließlich Brustuntersuchung und eine jährliche Vorsorge - Mammographie.
Eine weiter unerwünschte Nebenwirkung sind Venenthrombosen. Hiervon sind
besonders Frauen betroffen, die schon frühre Thrombosen hatten. Oft ist eine
angeborene Anomalie in der Blutgerinnung die Ursache. Auch hiernach muß vor der
Erstverordnung gefragt werden und wenn eine Thromboseneigung vorhanden ist
dürfen Hormone nicht verabreicht
werden. Da auch das Rauchen die
Thromboseneigung verstärkt, ist eine Hormonbehandlung ebenso wie auch die
Einnahme der Pille für Raucherinnen dringendst abzuraten.
Risikofaktoren für Brustkrebs:
• Familiäre Belastung
• Übergewicht
• Alkoholkonsum
• Alter über 35 beim 1. Kind
• Kinderlosigkeit
• Hormonersatztherapie
Praktische Ratschläge
• Beobachten Sie Ihren Monatszyklus
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Führen Sie einen Regelkalender (in der Gyn. Amb. erhältlich)
Lassen Sie Unregelmäßigkeiten die länger als 3 Monate dauern abklären
Suchen Sie sich einen Gynäkologen, der sich mit Hormonen auskennt
Wenn Sie Hormone nehmen (auch die Pille): Kontrollen alle 6-12 Monate
Rauchen und Hormone vertragen sich nicht (Thrombosen)
Bei Wechselbeschwerden: Sprechen Sie nichthormonale Behandlungen an
und bestehen Sie auf einen ausführlichen Gespräch mit Ihrem Arzt
Achten Sie auf eine Überprüfung des Brustkrebsrisikos
Versäumen Sie nicht die jährliche Mammographie
Bei Ersteinnahme im Wechsel: Vereinbaren Sie einen ersten Kontrolltermin in
3 Monaten einschließlich Hormonstatus
Wenn Sie Hormone länger als 5 Jahre nehmen: Lassen Sie die Notwendigkeit
der Einnahme überprüfen.