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SEMINAR Antidiabetika Kennen Sie die relevanten Interaktionen? Nina Griese-Mammen und Andrea Gerdemann In den letzten Jahrzehnten hat die Komplexität der Diabetestherapie stark zugenommen. Zur Behandlung des Typ-2-Diabetes ist häufig eine Kombination verschiedener Antidiabetika erforderlich. Da viele Diabetiker zusätzlich unter Begleiterkrankungen wie Hypercholesterinämie oder Hypertonie leiden, sollten mögliche Interaktionen unter den verordneten Wirkstoffen beachtet werden. Glukokortikoide Glukokortikoide erhöhen dosisabhängig die Blutglukose-Konzentration über mehrere Mechanismen. Sie stimulieren die Glukoneogenese und vermindern die Insulin-Empfindlichkeit der Gewebe sowie die Glukosetoleranz. Sie können aufgrund dieser Wirkung einen latenten Diabetes in einen manifesten Diabetes überführen bzw. einen Steroiddiabetes auslösen [2]. Die blutzuckererhöhende Wirkung der einzelnen Glukokortikoide ist unterschiedlich ausgeprägt. Bei Prednison/ Prednisolon sowie bei Methylprednisolon scheint sie am stärksten, bei Deflazacort am schwächsten zu sein. Allerdings können alle Glukokortikoide bei längerer Einnahme die Blutglukose-Konzentration erhöhen. Häufigkeitsangaben zur diabetogenen Wirkung der Kortikoide zeigen eine große Variabilität. Bei bis zu 14% der Pa- Dr. Nina GrieseMammen ABDA – Bundesver einigung Deutscher Apothekerverbände, Geschäftsbereich Arzneimittel, Berlin _ Für Antidiabetika sind eine Vielzahl von Interaktionen mit unterschiedlichen Interaktionsmechanismen beschrieben. Die häufigsten Interaktionsmeldungen in Apotheken in Bayern geben einen Hinweis, welche interagierenden Kombinationen oft verordnet werden (Tab. 1) [1]. Den Interaktionen können sowohl pharmakokinetische als auch pharmakodynamische Mechanismen zugrundeliegen (Abb. 1). Vor allem Arzneistoffe, die den Blutzuckerspiegel beeinflussen, sowie Arzneistoffe, die das CytochromP450-System induzieren oder hemmen, können zu relevanten Wechselwirkun gen führen. MMW-Fortschr. Med. Nr. 17 / 2012 (154. Jg.) Regelmäßiger Sonderteil der MMW-Fortschritte der Medizin Herausgeber: Fachkommission Diabetes in Bayern – Landesverband der Deutschen DiabetesGesellschaft, Dr. med. Andreas Liebl (1. Vorsitzender) m&i-Fachklinik Bad Heilbrunn Wörnerweg 30, D-83670 Bad Heilbrunn Redaktion: Priv.-Doz. Dr. M. Hummel, Rosenheim (Koor dination); Prof. Dr. L. Schaaf, München (wissenschaftliche Leitung). tienten, die systemische Glukokortikoide über mehrere Wochen einnehmen, ist mit einem hyperglykämischen Effekt zu rechnen [3]. Die Inzidenz ist erhöht, je länger Glukokortikoide eingenommen werden. Bei intraartikulärer Gabe sind Blutzuckerentgleisungen ab dem zweiten Tag bei etwa 10% der Patienten möglich. Sie halten bis zu drei Tage an [4]. In einer Fall-Kontroll-Studie war die chronische Anwendung von inhalativen Glukokortikoiden mit einer um 34% erhöhten Diabetes-Progression – definiert als Erstverordnung eines Insulins bei Patienten, die bisher nur orale Antidiabetika einnahmen – assoziiert [5]. Bei Diabetespatienten müssen die Blutzuckerspiegel zu Beginn und bei Beendigung einer Therapie mit sys temischen Glukokortikoiden über mehrere Wochen besonders sorgfältig überwacht werden. Auch bei intraartikulärer Gabe kann ein Monitoring und die Pati- – Tabelle 1 Häufige Interaktionsmeldungen mit Antidiabetika in Apotheken Nach [1] Pharmakodynamische Interaktionen Interaktionen mit Arzneistoffen, die den Blutzuckerspiegel direkt beeinflussen, zählen zu den pharmakodynamischen Wechselwirkungen. Zu unterscheiden sind Wechselwirkungen, die zu Hyperbzw. Hypoglykämien führen können. MMW-Fortbildungsinitiative: Diabetologie für den Hausarzt Interaktionspartner A Interaktionspartner B Insuline Kardioselektive Betablocker Antidiabetika Glukokortikoide Insuline Nicht kardioselektive Betablocker Orale Antidiabetika Nicht kardioselektive Betablocker 65 SEMINAR – FORTBILDUNG Pharmakodynamische Interaktionen © Gerdemann A, Griese N. Govi-Verlag, Eschborn Pharmakokinetische Interaktionen – Abbildung 1 Freisetzung Resorption Verteilung Metabolisierung Elimination Konzentration am Wirkort Pharmakologischer Effekt Klinische Wirkung Toxische Wirkung Abb. 1 Pharmakokinetische und pharmakodynamische Interaktionen [24]. enteninformation notwendig sein. Bei kurzfristiger Gabe von Glukokorti koiden ist zu klären, ob ein Monitoring und eine Dosisanpassung notwendig sind. Nach dem Absetzen der Glukokortikoide ist der Effekt auf den Blutzuckerspiegel in der Regel reversibel [6]. Thiazide Thiazid-Diuretika können dosisabhängig im Verlauf einer mehrmonatigen bis mehrjährigen Behandlung zu erhöhten Blutzuckerspiegeln führen und somit die Wirkung von Antidiabetika verringern [7]. Möglicherweise steht die verminderte Glukosetoleranz mit der Hypokaliämie durch die kaliuretischen Diuretika in Zusammenhang. Bei einer Hypokaliämie sind die Glukoseutilisa tion, die Insulinsekretion sowie die Wirksamkeit des Insulins vermindert. Eine Veränderung der Insulinmetabolisierung bzw. -wirkung könnte ebenfalls eine Rolle spielen [8, 9]. Bei Dosierungen von 12,5–25 mg/d, wie in der Hypertoniebehandlung üblich, ist mit erhöhten Blutzuckerspiegeln selten zu rechnen [10]. In seltenen Fällen kann allerdings eine Dosiserhöhung der Antidiabetika notwendig werden. Betablocker Eine physiologische Reaktion auf niedrige Blutglukose-Konzentrationen ist die Mobilisation von Glukose aus der Leber 66 durch Freisetzung von Adrenalin. Diese Freisetzung wird v. a. durch nicht kardio selektive Betablocker verhindert, wodurch der Wiederanstieg der Blutzuckerspiegel verzögert wird (Tab. 2). Auch eine Verstärkung der Hypoglykämie ist möglich. V. a. nicht kardioselektive Betablocker können daher eine durch Insulin oder orale Antidiabetika wie Sulfonylharnstoffe und Glinide ausgelöste Hypoglykämie verstärken und verlängern [11]. Normalerweise löst die Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin Warn sympt ome einer Hypoglykämie aus. Durch Blockade der Betarezeptoren werden allerdings die adrenerg katecholaminvermittelten Symptome wie Zittern, Herzklopfen, Unruhe sowie Kopfschmerzen maskiert; das cholinerge acetylcholinvermittelte Symptom Schwitzen tritt dagegen meist verstärkt auf. Das Interaktionsrisiko ist bei Propranolol und möglicherweise bei anderen nicht kardioselektiven Betablockern am höchsten, am niedrigsten bei kardioselektiven Betablockern. Interaktionen mit Betablockern scheinen bei Insulinen stärker ausgeprägt zu sein als bei Sulfonylharnstoffen [8]. Bei nicht kardioselektiven Betablockern kann darüber hinaus eine Erhöhung des Blutdrucks auftreten, da der stimulierende Effekt von Adrenalin auf die β2-Rezeptoren (Vasodilatation) blockiert ist, nicht aber der Effekt auf die α2-Rezeptoren, der zu einer Vasokon- striktion führt [3, 8]. Auch eine Bradykardie wurde beobachtet. Die Wechselwirkungen zwischen Insulin bzw. Antidiabetika und Betablockern sind sehr gut untersucht. Die gleichzeitige Anwendung dieser Substanzen kann ohne Folgen bleiben, ist aber nicht risikolos. Schwere Hypoglykämien sind selten. Bei Diabetikern sollten aufgrund der Gefahr einer verstärkten und verlängerten Hypoglykämie kardioselektive Betablocker bevorzugt werden [10]. Werden kardioselektive oder nicht kar dioselektive Betablocker in Kombination mit insulinotropen Antidiabetika oder Insulinen eingesetzt, sollten die Patienten auf jeden Fall auf die mögliche Veränderung der Hypoglykämie-Warnsymptome hingewiesen werden. ACE-Hemmer ACE-Hemmer haben eine spezielle Indikation bei Diabetikern mit Herzinsuffizienz und Mikroalbuminurie aufgrund ihrer kardio- und renoprotektiven Wirkung [10]. ACE-Hemmer können dabei den blutzuckersenkenden Effekt der Antidiabetika insbesondere zu Beginn der gleichzeitigen Behandlung verstärken [8, 12–14]. Als Mechanismus wird eine erhöhte Insulinempfindlichkeit unter ACE-Hemmern diskutiert. Das Risiko für eine Hypoglykämie ist als sehr gering einzustufen, daher überwiegt der Nutzen der ACE-Hemmer. Der Patient sollte über Warnsymptome einer Hypoglykämie informiert werden. – Tabelle 2 Betablocker und β1-Selektivität Betablocker β1-Selektivität Acebutolol (+) Atenolol + Betaxolol + Bisoprolol + Carvedilol – Celiprolol (+) Metoprolol + Nebivolol + Pindolol – Propranolol – Timolol – MMW-Fortschr. Med. Nr. 17 / 2012 (154. Jg.) SEMINAR – FORTBILDUNG Salicylate Der Einfluss der Salicylate auf den Kohlenhydratstoffwechsel ist sehr komplex. Die Blutzuckersenkung kommt wahrscheinlich durch eine direkte Hemmung der Lipolyse sowie eine erhöhte Glukosetoleranz und eine verstärkte Freisetzung von Insulin zustande. Bei Typ-1Diabetikern scheint der Blutzuckerspiegel durch Salicylate kaum beeinflusst zu werden. Eine klinisch relevante Blutzuckersenkung kann nach Dosen von 2–3 g/d auftreten. Daher ist die Einnahme von Acetylsalicylsäure zur Thrombozytenaggregationshemmung bei Diabetespatienten unproblematisch [8, 9]. Pharmakokinetische Interaktionen Metformin Metformin als wichtige Schlüsselsubs tanz in der oralen Diabetestherapie wird nicht metabolisiert und tritt deshalb auch nicht mit anderen Substanzen um die abbauenden Enzymsysteme in der Leber in Interaktion [7]. Für Metformin sind kaum klinisch relevante Interak tionen beschrieben. Jodierte Röntgenkontrastmittel sind unter einer Therapie mit Metformin kontraindiziert. Durch Beeinflussung der Nierenfunktion wird die Metforminausscheidung reduziert. Die dadurch deutlich erhöhten Metforminspiegel begünstigen das Risiko für eine Laktatazidose. Metformin muss daher vor, während und bis 48 Stunden nach intravaskulärer Gabe dieser Kontrastmittel abgesetzt werden [9]. Die Therapie darf erst fortgesetzt werden, wenn sich die Nierenfunktion nachweislich normalisiert hat. Sulfonylharnstoffe Neue Untersuchungen zeigen, dass die meisten Interaktionen, die bei Sulfonylharnstoffen beobachtet wurden, durch eine Hemmung metabolisierender Enzyme oder durch eine Interaktion mit Arzneistoffen, die den Blutzuckerspiegel beeinflussen, erklärt werden können. Im Gegensatz zu Metformin, das unverändert ausgeschieden wird, erfolgt der Metabolismus von Sulfonylharnstoffen über das Cytochrom P450 (CYP)-System, vorwiegend in der Leber. Wirkstoffe, die die- MMW-Fortschr. Med. Nr. 17 / 2012 (154. Jg.) – Tabelle 3 Abbau von Sulfonylharnstoffen, Gliniden und Pioglitazon über das CYP-System CYP1A2 CYP2C8 CYP2C9 Glibenclamid ++ Glimepirid ++ Nateglinid ++ Repaglinid Pioglitazon ++ + ++ sen Stoffwechselweg hemmen oder induzieren, können daher zu einer Wirkungsverstärkung oder -abschwächung der betroffenen Antidiabetika führen. Die am häufigsten verordneten Sulfonylharnstoffe Glibenclamid und Glimepirid werden hauptsächlich über CYP2C9 metabolisiert (Tab. 3) [7, 16]. Phenylbutazon und Fibrate wie Fenofibrat können anscheinend über mehrere Mechanismen die Wirkung von Sulfonylharnstoffen verstärken. Dabei wird die Hemmung des oxidativen Metabolismus und der renalen Ausscheidung der Sulfonylharnstoffe sowie die Verdrängung aus der Plasmaproteinbindung diskutiert [8, 17, 18]. Da die Interaktion gut dokumentiert ist, aber nur in seltenen Fällen akute Hypoglykämien aufgetreten sind, sollte zu Beginn der Therapie der Blutglukosespiegel besonders überwacht und die Patienten über das seltene Auftreten und die Symptome einer Hypoglykämie informiert werden. Auch die Azol-Antimykotika Fluconazol, Miconazol und Voriconazol sind Hemmstoffe von CYP2C9. Diese AzolAntimykotika scheinen bei oraler, buccaler oder vaginaler Anwendung den Blutzuckerspiegel selten relevant zu beeinflussen [8]. Bei dermaler Applikation spielt diese Interaktion keine Rolle. Bei der Interaktion zwischen Gyrasehemmern und Antidiabetika ist der Mechanismus unbekannt. Bei Glibenclamid wird eine Hemmung der Metabolisierung diskutiert. Des Weiteren wird vermutet, dass Gyrasehemmer die Insu linsekretion beeinflussen. Es liegen einzelne Fallberichte zu Hypoglykämien bei Diabetespatienten vor, die Ciprofloxacin, Levofloxacin und Norfloxacin eingenommen haben. Die klinische Re- CYP2D6 (+) CYP3A4 + ++ + + levanz ist zwar nicht vollständig geklärt, aber wahrscheinlich sehr gering. Sowohl diese Kombinationen als auch die Kombination mit Azol-Antimykotika muss nicht vermieden werden. Die Patienten sollten aber über hypoglykämische Symptome informiert werden. Glinide Repaglinid wird über CYP2C8 und CYP3A4, Nateglinid überwiegend über CYP2C9, in geringerem Ausmaß über CYP3A4 und CYP2D6 metabolisiert (Tab. 3) [8, 19]. Kontraindiziert ist die gleichzeitige Gabe von Repaglinid und dem Fibrat Gemfibrozil, einem CYP2C8-Inhibitor. Gemfibrozil führt zu erhöhten Plasmaspiegeln und verlängerten Halbwertzeiten von Repaglinid und somit zu einem Risiko für Hypoglykämien [7]. Nateg linid interagiert nicht mit Gemfibrozil, sodass Nateglinid auf der Seite der Glinide als Alternative bei gleichzeitiger Behandlung mit Gemfibrozil eingesetzt werden kann. Zwischen Repaglinid und Bezafibrat bzw. Fenofibrat wurde keine pharmakokinetische Wechselwirkung gefunden, sodass diese als Alternative bei einer Therapie mit Repaglinid infrage kommen. Bei gleichzeitiger Anwendung von Repaglinid und dem CYP2C8-Induktor Rifampicin kann es zu einer Senkung der AUC von Repaglinid kommen, die eine Erhöhung der Dosierung erforderlich macht. Repaglinid ist ein Substrat des Transportproteins OATP1B1 [8, 19]. Sowohl OATP1B1 als auch das Isoe nyzym CYP3A4 werden durch Ciclosporin gehemmt, wodurch höhere Plasmakonzentrationen von Repaglinid resultieren können. Nach Angaben des Repaglinid- 67 SEMINAR – FORTBILDUNG © GorillaPhoto/fotolia.com Ist hier eine Dosisanpassung notwendig? Herstellers ist die gleichzeitige Behandlung mit Ciclosporin zu vermeiden. Ist sie dennoch erforderlich, soll die Blutglukose-Konzentration sorgfältig überwacht und die Repag linid-Dosierung nach Bedarf niedriger gewählt werden. Auch andere CYP3A4-Inhibitoren wie Clarithromycin, Itraconazol und Trimethoprim können die Plasmakonzentrationen von Gliniden möglicherweise erhöhen. Das erhöhte Risiko für Hypoglykämien sollte bei gleichzeitiger Behandlung bedacht werden [8, 19]. Glitazone Pioglitazon wird nur teilweise über CYP2C8/9 und CYP3A4 sowie CYP1A2 abgebaut (Tab. 3). Es besitzt ein geringes Interaktionspotenzial [20]. Die gleichzeitige Anwendung von Pioglitazon mit dem CYP2C8-Inhibitor Gemfibrozil resultierte in einer Erhöhung der AUC von Pioglitazon um das Dreifache. Die Fachinformation empfiehlt eine engmaschige Blutzuckerkontrolle bei gleichzeitiger Gabe dieser Substanzen. Auch bei Pioglitazon kann die gleichzeitige Anwendung mit dem CYP2C8-Induktor Rifampicin in einer Senkung der AUC von Pioglitazon resultieren und eine Erhöhung der Pioglitazon-Dosierung erforderlich machen. Alpha-Glukosidase-Hemmer Bei den Alpha-Glukosidase-Hemmern ist nur eine evtl. relevante Interaktion zwischen Acarbose und Digoxin bzw. Digoxin-Derivaten beschrieben. Möglicherweise hemmen Alpha-GlukosidaseHemmer die Absorption von Digoxin. 68 Einige, aber nicht alle Studien, fanden bei gleichzeitiger Einnahme verminderte Digoxin-Plasmaspiegel [8]. Miglitol führte zu niedrigeren Digoxin-Plasmakonzentrationen bei gesunden Probanden, bei Diabetikern hingegen nicht. Bei gleichzeitiger Behandlung soll vorsichtshalber auf verminderte Wirkungen von Digoxin bzw. seinen Derivaten geachtet werden. Inkretinmimetika Exenatid und Liraglutid sind nach bisherigen Daten bzgl. Interaktionen als eher unproblematisch einzustufen. Ein möglicher Interaktionsmechanismus beruht auf der verlangsamten Magenentleerung [21]. Hierdurch kann mög licherweise das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Absorption oral angewendeter Arzneimittel verringert werden [8]. Zwar wurde die Bioverfügbarkeit bei Gabe von Warfarin 30 Min. nach Exenatid bei gesunden Probanden nicht klinisch relevant verändert [22]; nach Markteinführung wurden hingegen Fälle von erhöhter Thromboplastinzeit bei gleichzeitiger Anwendung berichtet. Daher empfiehlt der Hersteller von Exenatid bei gleichzeitiger Behandlung mit oralen Antikoagulanzien zu Beginn der Therapie mit GLP-1-Agonisten sowie nach Dosisänderungen die Thromboplastinzeit engmaschig zu kontrollieren und die Dosierung des Antikoagulanz nach Bedarf anzupassen. Der Hersteller von Exenatid empfiehlt zudem, Patienten, die Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite einnehmen, sorgfältig zu kontrollieren. Bei oralen Arzneimitteln, deren Wirkung im besonderen Maß von einer Mindestkonzentration abhängt, z. B. Antibiotika, sollen Patienten angewiesen werden, diese mindestens eine Stunde vor der Exenatid-Injektion einzunehmen. DPP-4-Inhibitoren Auch die Dipeptidyl-Peptidase-4(DPP-4-)Inhibitoren Saxa-, Sita- und Vildagliptin sind nach bisherigen Daten bzgl. ihres Interaktionspotenzials eher als unproblematisch einzustufen [23]. Es wurden, wenn überhaupt, nur Interak tionen berichtet, die geringe klinische Relevanz besitzen. DPP-4-Inhibitoren beeinflussten weder die Kinetik von anderen getesteten Arzneistoffen, noch wurde ihre Bioverfügbarkeit von anderen Arzneistoffen beeinflusst. Eine Ausnahme stellt Saxagliptin dar. Saxagliptin wird über CYP3A4/5 zu einem aktiven Metaboliten verstoffwechselt. Die Anwendung von CYP3A4-Induktoren wie Carbamazepin, Dexamethason, Phenobarbital, Phenytoin und Rifampicin kann die blutzuckersenkende Wirkung von Saxagliptin reduzieren. Bei gleichzeitiger Verordnung wird in der Fachinformation empfohlen, die Blutzuckerkontrolle sorgfältig zu bewerten. Bei gleichzeitiger Anwendung mit starken CYP3A4/5-Inhibitoren wie Clarithromycin, Indinavir oder Itraconazol kann die Bioverfügbarkeit von Saxagliptin merklich erhöht sein. In den USA empfiehlt der Hersteller bei der Anwendung von starken CYP3A4/5-Inhibitoren die Dosis von 2,5 mg Saxagliptin nicht zu überschreiten. Diese Empfehlung findet sich jedoch nicht in der deutschen Fachinformation [8]. Literatur unter mmw.de Für die Verfasser: Dr. Nina Griese-Mammen, ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Geschäftsbereich Arzneimittel, Jägerstraße 49/50, D-10117 Berlin, E-Mail: arzneimittel@ abda.aponet.de Koautorin: Dr. Andrea Gerdemann, Ebersberg – Fazit für die Praxis Zahlreiche in der Literatur beschriebene Interaktionen mit Antidiabetika sind entweder nicht klinisch relevant oder können durch ein engmaschiges Monitoring des Blutzuckerspiegels beobachtet werden [24]. Hierdurch kann frühzeitig erkannt werden, ob eine Dosisanpassung notwendig ist oder nicht. Bei Interaktionen mit einem Risiko für Hypoglykämien ist es besonders relevant, dass die Patienten die Symptome einer Hypoglykämie kennen und wissen, wie sie bei einer Hypoglykämie reagieren müssen. Keywords Antidiabetic drugs and drug interactions Drug interactions – diabetes mellitus – antidiabetic drugs MMW-Fortschr. Med. Nr. 17 / 2012 (154. Jg.) SEMINAR – FORTBILDUNG Literatur ((nur im Internet)) 1. 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