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Gleichbehandlung schafft auch künftig keine Gleichbehandlung Gesetzlich normierte Diskriminierung von Flüchtlingen Vortragsmanuskript von Martin Link u. Astid Willer, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. für die Ringvorlesung am 17.10.2007 in der FHS Kiel. Das auch aus den Kreisen der Flüchtlingssolidarität sehnlichst erwartete Antidiskriminierungsgesetz – jetzt heißt es Gleichbehandlungsgesetz – ist seit über einem Jahr in Kraft. Hinsichtlich der Ausgrenzung der bleiberechtsungesicherten Flüchtlinge sorgte ein breiter Konsens zwischen EU-Kommission, Bundesregierung und Teilen der Opposition dafür, dass das neue Gesetz bestehende normierte Ungleichbehandlungen von bleiberechtsungesicherten, politisch, aufenthaltsrechtlich wie gesellschaftlich nur geduldeten Menschen, nicht beseitigen kann. Wer also hoffte, das Gleichbehandlungsgesetz würde insbesondere die gegen Flüchtlinge intendierten „gesetzlich normierte Diskriminierungstatbestände" beseitigen, wurde erwartungsgemäß enttäuscht. Flüchtlingspolitik ist Ausgrenzungspolitik [FOLIE Globale Migration] Schon heute leben 10 Mio. Kriegsflüchtlinge im Exil und 25 Mio. Binnenvertriebene fern ihrer Heimat. Außerdem werden ca. 190 Mio. Menschen, die anderen Orts eine Überlebenschance suchen, von Statistikern und interessierter Politik als „ArbeitsmigrantInnen“ oder „WanderarbeiterInnen“ diskreditiert. Bis 2025 kalkulieren Fachleute allein in Afrika noch weitere 135 Mio., die sich in Folge fortschreitender Globalisierung ruinierter heimischer Märkte auf den Fluchtweg begeben. Greenpeace und renommierte Umweltwissenschaftler rechnen darüber hinaus bis 2050 mit weltweit 150 Mio. Klimaflüchtlingen. Doch anstatt seine Möglichkeiten der Flüchtlingsaufnahme weiter zu entwickeln, reagiert Europa auf diese Entwicklung durch filigrane Abschottungsmaßnahmen. Deren Kennzeichen sind: [FOLIE Foto Mittelmeer] • • • • • • Prozesse gegen Schiffsbesatzungen, die Flüchtlinge aus Seenot retten, bezahlte exteritoriale Internierungen in EU-Anrainerstaaten, rechtswidrige Deportationen durch EU-Mitgliedstaaten, schußwaffenbewährte Aufrüstung der EU-Grenzanlagen, eine jährlich zunehmende Zahl von Menschen, die ihre enttäuschten Hoffnungen auf unseren Schutz mit dem Leben bezahlen (2006: geschätz bis zu 30.000) und nicht zuletzt ein konzertiertes Bemühen um die weitergehende Entkernung des Asylrechts und des Flüchtlingsschutzes in Europa. Das kommentiert Reinhard Marx, renommierter Staatsrechtler aus Frankfurt/Main wie folgt: Die erforderliche Legitimation für diesen aus menschenrechtlicher Sicht höchst fragwürdigen europäischen Abwehrprozess verschafften und verschaffen sich die Mitgliedstaaten weiterhin durch eine gezielte Stigmatisierung Schutz suchender Flüchtlinge als illegale Einwanderer. Das gesellschaftliche Bewusstsein für die Notwendigkeit, nach den Einreisemotiven irregulär einreisender Personen zu forschen und schutzbedürftigen Personen internationalen Schutz zu gewähren, ist...nahezu erstickt worden. Heute ist Asylrecht und Flüchtlingsschutz in den politischen Konzeptionen der Regierungen in Europa und insbesondere in Deutschland ohne Bedeutung. Dass Menschen vor politischer Unterdrückung, bürgerkriegsartigen Bedrohungen und wahllos ausgeübter Gewalt weiterhin ihre Herkunftsländer verlassen müssen und unverändert auf den Schutz der Aufnahmeländer angewiesen sind, ist angesichts dieser offensiv hervor gebrachten internationalen, politischen Rahmenbedingungen aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein verschwunden. [FOLIE Schutz & Asyl in Zahlen] Kein Wunder also, dass trotz weltweit eskalierender Fluchtgründe die Zahl der Asylanträge stark rückläufig ist. Im Jahr 2006 wurden europaweit nur 190.000, in Deutschland 21.029 Erstanträge erfasst. Allein im Vergleich zum Vorjahr (28.914) bedeutet dies einen Rückgang um 27,3 %. Das hinterlässt auch in Schleswig-Holstein Spuren. Hinter den Deichen leben derzeit weniger als 3.000 geduldete Flüchtlinge. Nur 792 Asylerst- und Asylfolgeanträge wurden 2006 gestellt – nicht einmal 5% werden anerkannt. Was die Zahlen verschweigen: Nicht wenige bleiben aus Angst heimlich in der sog. Illegalität. Bundesweit zig-Tausenden von der Asylstatistik unbeachteten Flüchtlingen, die sich in Schleswig-Holstein schon heimisch wähnten, wird derweil von Amts wegen qua Widerrufverfahren die Rechtssicherheit wieder entzogen. Flüchtlinge gehören angesichts einer behördlichen Asylanerkennungsquote von inzwischen 0,8% und einer gerichtlichen von noch einmal ca. 4% offensichtlich nicht zu denen, die als dauerhaft Einwandernde verstanden werden. Sie sind keine integrationspolitische Zielgruppe. Mehr noch: Ihre Integration ist nicht nur unerwünscht, sondern soll unbedingt verhindert werden. [FOLIE Zitat IM Stegner] Flüchtlinge sind eben wie Innenminister Dr. Ralf Stegner es pauschal feststellt, keine Menschen, „die dauerhaft zu uns kommen“. Seines Erachtens heißt Integrationsförderung „denen, die dauerhaft hier bleiben“ klare Regelungen und Perspektiven zu geben. Gleichzeitig müssten „ebenso klare Verfahren für diejenigen gelten, die hier nicht auf Dauer leben werden. Denn letztlich ist es humaner, Menschen ohne Bleibeperspektive schnellstmöglich dazu zu bewegen, freiwillig nach Hause zu reisen, als ihnen jahrelang falsche Hoffnungen zu machen“ (Dr. Ralf Stegner, Neumünster, 19.4.2006). Dass die Politik den Menschen gute statt falscher Hoffnungen machen könnte, kommt dem Minister indes nicht in den Sinn. Der Minister liefert damit den Begründungshintergrund dafür, dass für Flüchtlinge im Asylverfahren vom Gesetzgeber ausdrücklich keine Integrationsmaßnahmen vorgesehen sind. Dies hat sich auch mit der der neuen Zuwanderungs- und Integrationsdiskussion nicht geändert. So ist es auch nicht verwunderlich, dass zum vieldiskutierten Integrationsgipfel im Sommer 2006 keine Flüchtlingslobbyorganisationen eingeladen waren. [FOLIE Aufenthaltserlaubnis] Dass Asylsuchende nur vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland erhalten, ist mit Blick auf die Asylanerkennungszahlen offensichtlich. Dennoch erhalten außerhalb des Asyls nicht wenige Personen eine Aufenthaltserlaubnis durch subsidiären Schutz z.B. aus humanitären Gründen, wegen Nichtbehandelbarkeit einer Krankheit, Foltergefahr, Staatenlosigkeit, Bürgerkriegssituation im Herkunftsland etc. oder durch seltene humanitär begründete amtliche Ermessensentscheidungen bzw. durch eine Härtefallkommission. [FOLIE Duldung] Ein weiterer Personenkreis erhält einen Abschiebeschutz in Form einer Duldung, die allerdings kein Aufenthaltsrecht sondern nur die „Aussetzung der Abschiebung“ z.B. nach abgelehntem Asylverfahren bedeutet. Gleichwohl lebt ein Großteil viele Jahre lang mit einer solchen Duldung in Deutschland, da eine Abschiebung oder Ausreise faktisch nicht möglich ist: z.B. wird die Behörde sie als Staatenlose nicht los, es fehlen Reisedokumente, die Rückkehr ist allenfalls freiwillig zumutbar, der (unterstellte) Herkunftsstaat verweigert die Einreise oder kein Pilot traut sich, dorthin zu fliegen. Ein Zustand, der jahrelang daueren kann. Bundesweit gibt es über 200 000 Geduldete, in Schleswig-Holstein knapp 3.000. Ein Großteil lebt länger als 5 Jahre in Deutschland. Und schließlich ist zu bedenken, dass auch die Asylverfahren z.T. viele Jahre dauern. 5-10 Jahre Aufenthalt im laufenden noch nicht rechtskräftig entschiedenen Verfahren sind nach unseren Erfahrungen keine Seltenheit. In den Jahren des ungesicherten Aufenthalts im Zustand der Integrationsverweigerung findet dennoch Verwurzelung statt, werden trotz allem Kontakte geknüpft, Kinder geboren oder sie wachsen hier auf und kennen ihre sogenannte „Heimat“ nur von Fotos. Normierte Diskriminierungen sind Instrumente der Flüchtlingsabwehr Die Jahre des Asylverfahrens oder der Duldung sind wertvolle Zeit, die angesichts zahlreicher ausgrenzender Sondergesetze für die gesellschaftliche Integration und die persönliche Weiterentwicklung der betroffenen Flüchtlinge ungenutzt bleibt. Diese im weiteren näher ausgeführten normierten Diskriminierungen werden auch durch das AGG nicht angetastet. Sie stehen aber selbst einer nachhaltigen Reintegration und Existenzsicherung im Falle einer unvermeidlichen oder gewollten Rückkehr oder Weiterwanderung entgegen. Insbesondere für Kinder und Jugendliche, die hier aufwachsen oder gar geboren werden und denen allenfalls ein Schulbesuch bis zur Ende der Schulpflicht möglich ist, bedeutet diese Form der Desintegrationspolitik die Unmöglichkeit eine Zukunftsperspektive zu entwickeln Die Produkte legislativer Fantasie und administrativen Engagements behindern die Bewegungsfreiheit, unterlaufen den nachhaltigen Arbeitsmarktzugang, speisen mit Sachleistungen ab oder verteilen Chancen auf Bleiberecht unberechenbar willkürlich. Was heißt das konkret? Diskriminierung der Bewegungsfreiheit [FOLIE Residenzpflicht] Neu einreisende Flüchtlinge werden zunächst einer sog. Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) zugeführt. Gem. AsylverfG sind sie hier bis zu drei Monate in der anschließenden „Zentralen Gemeinschaftsunterkunft“ des jeweiligen Bundeslandes weitere mindestens 6 Monate „wohnverpflichtet“. Sie unterliegen der Residenzpflicht: Das Stadtgebiet zu verlassen ist ihnen nur auf einen bewilligten Antrag hin erlaubt. Verstöße werden bestraft. Die Landesunterkünfte für Flüchtlinge in Schleswig-Holstein befinden sich in der Vorwerker-Kaserne in Lübeck und in der Scholz-Kaserne in Neumünster. Im Frühjahr 2006 verfügte der Kieler Innenminister, dass Flüchtlinge aus 10 Herkunftsländern, bei denen mit Blick auf die Anerkennungsquoten keine Aussicht auf ein erfolgreiches Asylverfahren bestünden, nicht mehr wie vordem in die Kreise und kreisfreien Städte umverteilt werden. Das trifft seitdem regelmäßig Flüchtlinge aus der Türkei, Pakistan, Sri Lanka, Georgien, Algerien, Armenien, aus der Russischen Föderation (inkl. Tschetschenien!), Serbien, Montenegro und Indien. Die Betroffenen bleiben unbefristet über die i.d.R. gesetzlich vorgesehenen neun Monate in den Kasernen „wohnverpflichtet“. Die psychische Belastung, interne Spannungen und die soziale Ausgrenzung in den Kasernenlagern sind hoch. Die sog. Betreuungsverbände in den Lagern haben die Aufgabe, die Leute sauber und satt zu halten und die Einhaltung der Hausordnung durchzusetzen. Eine auf soziale Kontakte mit Einheimischen oder auf Förderung der Integration orientierte Begleitung ist vertraglich nicht vorgesehen. In den Lagern unterliegen AsylbewerberInnen einem Arbeitsverbot. Gleichzeitig sind sie nach dem AsylbLG lediglich Sachleistungs-berechtigt: d.h. sie erhalten Kost & Logi, Gesundheitsnotversorgung und 10 EUR Taschengeld/Woche. Von diesen Barmitteln müssen sie ihren Bedarf an ÖPNV, Rechtshilfe, kulturspezifischen Lebensmitteln, ggf. Rauchwaren, Porto, Telefon, Schulmaterial etc finanzieren. Asylbewerber unterliegen während der zentralen Lagerunterbringung einer täglichen Meldepflicht und werden bei Verstoß mit Entzug des Taschengeldes bestraft. Die Kinder werden jahrgangsübergreifend in einer Mini-Lagerschule unterrichtet = alphabetisiert. Eine Einschulung in Regelschulen geschieht nur im Ausnahmefall. Die BewohnerInnen dürfen nicht selbst kochen, sondern werden von einer Großküche zwangsversorgt, die wenig Rücksicht auf individuelle oder kulturelle Essgewohnheiten nimmt. Arbeitsgelegenheiten in Küche und Reinigung gibt es nur manchmal und nur auf 1-Euro-Basis. Regelmäßig werden die BewohnerInnen zu sog. „Gesprächen“ mit dem Landesamt für Ausländerangelegenheiten vorgeladen, die dazu dienen, ihnen die freiwillige Rückkehr nahezulegen bzw. sie im Falle „fehlender Mitwirkung“ mit Sanktionen zu bedrohen. [FOLIE Foto Kaserne NMS] Protestaktionen der BewohnerInnen der Scholz-Kaserne im Frühjahr 2007 – insbesondere mit z.T. jahrelangen Verweilzeiten begründet – kamen nicht überraschend. Das Innenministerium gab inzwischen bekannt, dass die Kaserne in Lübeck geschlossen werden soll. Doch anstatt die Menschen verstärkt in die Obhut der Kreise und Gemeinden umzuverteilen, hat das Innenministerium im September 2007 angekündigt, mittelfristig sämtliche Flüchtlinge in die Scholz-Kaserne in Neumünster – die zu einem „Kompetenzzentrum für Rückkehr“ mutieren soll – zuzuweisen. Diese Fortführung der Unterbringung in zentralen Lagern wird von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen entschieden abgelehnt. Allerdings unterliegen auch dezentral umverteilte und noch bleiberechtsungesicherte Flüchtlinge der Residenzpflicht in dem ihnen zugewiesenen Aufenthaltsbereich des Kreises bzw. der kreisfreien Stadt. Wer Glück hat, kommt nach Kiel oder Flensburg, wer Pech hat, kommt z.B. in eine Unterkunft wie Stohl im Kreis Rendsburg-Eckernförde oder Köhn im Kreis Plön. Dort leben sie hinter den Knicks weit ab von Infrastruktur wie Geschäften, Kindergarten, Schulen, Sportvereinen etc. und mit schlechter Verkehrsanbindung. Gerade im ländlichen Raum kommt es bei dezenral Untergebrachten regelmäßig zu Situation tatsächlicher und selbst empfundener Isolation. Zum Beispiel James. Der afrikanische Flüchtling ist einem Dorf im Kreis Segeberg zugewiesen. Er besucht von Zeit zu Zeit den Gottesdienst einer afrikanischen Gemeinde in Hamburg. Hier nimmt er am muttersprachlichen Gottesdienst teil, trifft Landsleute und versucht Nachrichten über die Situation in seiner Heimat zu recherchieren. James nutzt die Besuche in der Großstadt zum Einkauf kulturspezifischer Lebensmittel, die er in dem ihm zugewiesenen Aufenthaltsbereich nicht erhalten kann. James darf den ihm gem. AsylVfG zugewiesenen Aufenthaltsbereich, das Kreisgebiet nicht ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde verlassen. Für jeden Gottesdienstbesuch müsste er dort eine Reisegenehmigung beantragen. Die Behörde hat diese Genehmigung mehrfach abgelehnt, weil am Besuch des Gottesdienstes der afrikanischen Gemeinde in Hamburg kein dringendes öffentliches Interesse besteht, keine zwingenden Gründe es erfordern und - mit Verweis auf Gottesdienstangebote lokaler Kirchengemeinden - die Versagung der Erlaubnis keine unbillige Härte bedeute. (vgl. § 58.1 AsylVfG). Bei Verstoß wird James wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt. Im Wiederholungsfall macht er sich einer Straftat schuldig. Verurteilungen werden kumuliert gerechnet und stehen ggf. einer Bleiberechtsverfestigung entgegen. Diskriminierungstatbestand: James A. und alle anderen Flüchtlinge, die noch über kein endgültiges Bleiberecht verfügen, unterliegt mit der sog. Residenzpflicht einer rechtlichen Norm mit dem Ziel nachhaltiger Marginalisierung per Einschränkung und Kontrolle der Bewegungsfreiheit. Die Residenzpflicht erfüllt keinerlei materiell rechtlichen Zweck im Interesse Dritter oder der Bundesrepublik Deutschland. Im Gegenteil ist festzustellen, dass die Residenzpflicht infolge ihrer integrationsbehindernden Wirkung die Abhängigkeit Betroffener von Leistungen der öffentlichen Hand verstärkt und somit der Gesetzgeber vermeidbare Kosten verantwortet. Die im Zuge der Sanktionierung von Verstößen einher gehende Kriminalisierung wird dabei vom Staat billigend in Kauf genommen. Gegen die Residenzpflicht kann außer aufenthaltsbeschränkten Nichtdeutschen kein anderer hierzulande aufhältiger Mensch verstoßen. Die Gruppe der Betroffenen ist administrativ determiniert. Inzwischen werden durch ausländerbehördliche Entscheidungen auch immer mehr GFKFlüchtlinge mit einer Residenzpflicht in Bundesländern, Kreisen oder Gemeinden belegt. [FOLIE Zitat UNHCR] „Nach Auffassung von UNHCR ist die Praxis der Einschränkungen der Wohnsitzfreiheit sowohl bei Flüchtlingen als auch bei subsidiär geschützten Personen mit dem Völker- und Europarecht nicht vereinbar.“ sagt dazu im Juli dieses Jahres der Berliner Vertreter des Hochkommissars für Flüchtlinge der Vereinten Nationen und verweist u.a. auf die Freizügigkeitsgebote der Genfer Flüchtlingskonvention oder der EU-Qualifikationsrichtlinie sowie auf das Diskriminierungsverbot der EMRK. Diskriminierung durch Ausbildungs- und Arbeitsverbot [FOLIE Ausbildung & Arbeit] In Kapitel 3 des Zuwanderungsgesetzes ist erstmalig die Förderung von Integration gesetzlich festgeschrieben. Inhaltlich beschränken sich die vorgesehenen Maßnahmen auf Integrationssprachkurse, einen 30stündigen Orientierungskurs und die Migrationserstberatung (MEB). Außerdem ist der Personenkreis beschränkt auf diejenigen, die eine Aufenthaltserlaubnis haben und deren Aufenthalt auf Dauer angelegt ist. Damit sind nicht nur AsylbwerberInnen und Geduldete von der Teilnahme ausgeschlossen, sondern auch Flüchtlinge mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25,5 AufenthG die meist nur für 6 Monate erteilt wird. Für AsylbewerberInnen und Geduldete hat sich in Schleswig-Holstein die Situation in Hinblick auf Sprachkurse seit In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes noch verschlechtert. Bis dahin hat das Land Schleswig-Holstein auch Mittel für die Förderung von Sprachkursen für AsylbewerberInnen zur Verfügung gestellt. Diese wurden anlässlich der neu eingeführten Bundesförderung für die Integrationskurse gestrichen. Damit fallen AsylbewerberInnen ganz aus der Sprachförderung raus. Einigen privaten Initiativen ist es zu verdanken, dass es überhaupt noch kostenlose Angebote für sie gibt. Für junge ggf hier aufgewachsene AsylbewerberInnen und Geduldete bedeutet dies auch, dass nach dem Besuch und erfolgreichem Abschluss der Regelschule keine Ausbildung im dualen System möglich ist, da auch hier eine Arbeitserlaubnis nach dem Nachrangigkeitsprinzip erforderlich ist. Ebenso hatten sämtliche EmpfängerInnen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungs-gesetz ausdrücklich keinen Anspruch auf die nach SGB II vorgesehenen beruflichen Fördermaßnahmen. (z.B. SGBII §7,1 Nr. 4). Das hat sich mit dem Inkrafttreten des 2. Änderungsgesetzes zum ZuwG allerdings zugunsten von über vier Jahre Geduldeten jetzt geändert. Das Asylverfahrensgesetz legt in § 61 für AsylbewerberInnen im ersten Jahr nach Antragstellung ein generelles Arbeitsverbot fest. Danach unterliegen Flüchtlinge entsprechend §§ 39 – 42 Aufenthaltsgesetz und der Beschäftigungsverfahrensverordnung ebenso wie Geduldete aber auch Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25,4 und 25,5 AufenthG dem Nachrangigkeitsprinzip beim Zugang zum Arbeitsmarkt. D.h. anhand von einem konkret vorliegenden Arbeitsangebot wird bei der Ausländerbehörde ein Antrag auf Arbeitserlaubnis gestellt. Von der Agentur für Arbeit wird dann geprüft, ob Deutsche oder andere Bevorrechtigte für den Arbeitsplatz zur Verfügung stehen. Ist dies der Fall gibt sie keine Zustimmung und die Ausländerbehörde darf keine Erlaubnis erteilen. Es reicht dabei auch die allgemeine Prüfung der Arbeitsmarktlage. Auch der Wunsch des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin ausdrücklich den/die AntragstellerIn einstellen zu wollen hilft hier nicht, es sei denn besondere für den Arbeitsplatz relevante Kenntnisse unterscheiden den/die BetreffendeN von anderen Arbeitssuchenden. Verschärft wirkt sich dieses Nachrangigkeitsprinzip seit In-Kraft-Treten der HartzReformen aus, da nunmehr jede Tätigkeit für alle Arbeitssuchenden zumutbar ist und damit auch für Hilfstätigkeiten rein rechnerisch ausreichend deutsche und andere Bevorrechigte zur Verfügung stehen. Selbst wenn sich konkret niemand für die Stelle findet wird einer Arbeitsaufnahme nicht zugestimmt. Dies kommt im Ergebnis einem faktischen Arbeitsverbot gleich Zudem dauert durch die Antragstellung über die Ausländerbehörde und das der Bescheidung vorausgehende Konsultationsverfahren mit der Agentur für Arbeit die Bearbeitung teilweise Monate, so dass der/die ArbeitgeberIn sich dann von selbst anderweitig umsieht. Durch die rechtliche Ausgrenzung von Bildung und Arbeit wird das Klischee der „Arbeitscheuen Asylanten“, die „dem Steuerzahler auf der Tasche liegen“ gepflegt, und damit kalkuliert zur gesellschaftlichen Diskriminierung beigetragen. Tatsächlich sind Flüchtlinge hochmotiviert und bringen zahlreiche Kompetenzen mit, die allerdings durch die erzwungene Untätigkeit zu verkümmern drohen. Dies möchte ich an den Erfahrungen verdeutlichen, die an den Maßnahmen zur Qualifizierung von Flüchtlingen mit ungesichertem Aufenthalt im Rahmen des EU-Programmes EQUAL in Schleswig-Holstein teilnahmen (www.frsh.de/perspective/): 65% der KursteilnehmerInnen haben eine mehr als 10jährige Schulausbildung mitgebracht. 55% haben eine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen. 60% verfügen über im Herkunftsland erworbene berufliche Erfahrungen. 80% sprechen mehr als eine andere Sprache. Das heißt, dass hier Ressourcen vorhanden sind, die ungenutzt bleiben und vor dem Hintergrund der Rechtslage Menschen in Abhängigkeit von öffentlichen Leistungen halten, während gleichzeitig mit halbherzigen Greencard- und Ausnahmeregelungen ausländische Fachkräfte angeworben werden. Die fehlende Teilhabe führt zu Segregation, Kriminalität, Ghettobildung und gesellschaftlichen Konflikten. Sie führt auch zu unnötigen Kosten und ist besonders in Hinblick auf hier aufgewachsene Kinder und Jugendliche zutiefst inhuman. Zum Beispiel Ahmed A. Er ist Flüchtling aus der Türkei. Er lebt seit fast 4 Jahren in Deutschland und ist gem. §60a AufenthG wegen tatsächlicher Abschiebungshindernisse geduldet. Seit zwei Jahren ist er bei einem Gastronomiebetrieb als fahrender Verkäufer von Lebensmittelfertigprodukten beschäftigt. Die Arbeitserlaubnis hat er bekommen, weil das Arbeitsamt keinen deutschen oder aus anderen Gründen Bevorrechtigten auf die zu besetzende Arbeitsstelle vermitteln konnte. Vor zwei Jahren ist zum Unwillen der deutschen Behörden seine Ehefrau mit einem Sohn aus der Türkei eigenständig nachgereist. Die Frau ist inzwischen schwanger. Ahmed A. beantragt bei Inkrafttreten des ZuwGes eine Aufenthaltserlaubnis. Die Ausländerbehörde versagt die Verlängerung der Zustimmung zur Erteilung einer weiteren Arbeitserlaubnis (§§39, 42 AufenthG). Weiterhin lehnt sie die beantragte Aufenthaltserlaubnis mit Verweis auf nunmehr nicht mehr bestehende Unabhängigkeit der Familie von Leistungen der öffentlichen Hand ab und droht der Familie - ohne diese durchsetzen zu können - die Abschiebung an. Die Anrufung der Härtefallkommission (§ 23a AufenthG) bleibt erfolglos, obwohl der Arbeitgeber eine umgehende Wiedereinstellung bei unbefristetem 100% Arbeitsvertrag zugesagt hat. Die Arbeitsverwaltung war nicht in der Lage, dem Arbeitgeber einen anderen Arbeitssuchenden für die durch Ausländeramtshandeln vakant gewordene Arbeitsstelle zu vermitteln. Diskriminierungstatbestand: Ahmed A. ist Opfer einer gesetzlich und ermessensamtlich betriebenen sozialen Marginalisierung. Ziel des Versagens der Arbeitserlaubnis ist die Verhinderung der Aufenthaltsverfestigung. Die in Ausübung des Ermessens geschehene Verweigerung der Arbeitserlaubnis durch die Bundesagentur für Arbeit entspricht nicht den Bedarfen des Arbeitsmarktes und macht die Familie versorgungsbedürftig. Die Verweigerung der Arbeitserlaubnis trifft inzwischen ohne Berücksichtigung von Arbeitsmarktbedarfen regelmäßig Personen, die eine Aufenthaltsverfestigung betreiben. Die Anwendung dieses Arbeitsmarktinstrumentes gegenüber Betroffenen geschieht durch die unheilige Allianz von Gesetz und im Ergebnis diskriminierend wirkendem Verwaltungsermessen. [FOLIE Ausnahmen 2. ZuwGÄG] Das 2. ZuwGÄG schafft nun allerdings im Zuge einer seit August geltenden „Gesetzlichen Altfallregelung“ für solche Personen, die am 1. Juli 2007 - als Familie seit 6 und als Erwachsene seit 8 Jahren - in Deutschland leben, die Möglichkeit eines bis Ende 2009 befristeten freien Arbeitsmarktzugangs. Diese Regelung ist allerdings mit so vielen Ausschlussklauseln beschwert, dass nur eine Minderheit – geschätzt werden 15 bis 25% der Geduldeten damit eine Zukunftschance erhalten. Die von Verbänden, Kirchen, Teilen der Politik sowie Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen geforderten kürzeren Aufenthaltsfristen, eine Entschlackung der Ausschlusskriterien und eine rondierende Gesetzesregelung statt der Stichtagsbindung wurde vom Bundestag abgelehnt. Eine Verlängerung des Unzustands von massenweise im Marginalisierungszustand der „Kettenduldung“ Lebenden damit festgeschrieben. Diskriminierung durch sozialrechtliche Sachleistungen Im Asylbewerberleistungsgesetz (§3 und §4) ist ausdrücklich festgelegt, dass AsylbewerberInnen und Geduldete mindestens 4 Jahre lang geringere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bekommen als Deutsche. Das heißt sie erhalten weniger als für eine/einen Deutschen als notwendig für ein menschenwürdiges Leben erachtet wird. Zur Zeit sind das 224 Euro zzgl. Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft gegenüber den bei Sozialhilfeberechtigten üblichen 345 Euro zzgl. Wohnungsmiete. [FOLIE Asylbewerberleistungsgesetz] Diese um z. Zt. 35% (nach altem Sozialhilferecht waren es 20%) geringeren Leistungen sollen darüber hinaus vorrangig als Sachleistungen erbracht werden. Das bedeutet: Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und in einigen Kreisen und Gemeinden nach wie vor Einkaufsgutscheine oder Essenspakete. Die Folge sind alltägliche Diskriminierungserfahrungen. Dennoch wird die Sachleistungspraxis in einigen Kreisen und insbesondere (wie o.g.) in den landeszentralen Lagern nach wie vor als Sanktionsmittel eingesetzt, wenn den Betroffenen z.B. unterstellt wird, dass sie nicht ausreichend an der Passbeschaffung zur freiwilligen oder erzwungenen Ausreise mitwirken. Wobei es keine Definition gibt, wann denn die gesetzliche Mitwirkungspflicht erfüllt ist. Den Behörden steht auch die Möglichkeit der Kürzung der ohnehin schon reduzierten Leistungen frei, in manchen Fällen werden die Leistungen bis auf Null gestrichen, um die Betroffenen zur Mitwirkung zu zwingen. Die Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz beinhalten auch eingeschänkte medizinische Versorgung. Gezahlt wird nur bei akuten Beschwerden, Behandlung chronischer Erkrankungen gehört nicht dazu, auch nicht Zahnersatz. Hierdurch werden nachhaltige gesundheitliche Schäden der Betroffenen und für die öffentliche Hand unnötige Folgekosten in Kauf genommen. Der Grundsatz der Prävention gilt für Asylsuchende nicht. Zum Beispiel Caya C.. Sie ist Asylantragstellerin und erhält keine Arbeitserlaubnis. Sie erhält Unterhaltsleistungen nach dem AsylbLG in Form von Sachleistungen. Zur Versorgung mit Lebensmitteln des täglichen Bedarfs bekommt Caya C. kein Geld ausgezahlt, sondern muss sich wöchentlich einer Gruppe von Flüchtlingen anschließen, die durch eine kommunale Angestellte in einen lokalen Supermarkt zum "betreuten Einkaufen" begleitet wird. Diese "Betreuung" umfasst die Bezahlung, aber auch eine Überwachung der Auswahl der zu erwerbenden Produkte in Qualität und Quantität. In der Öffentlichkeit werden die Flüchtlinge durch diese auffällige und regelmäßige Praxis als aufwändig durch die öffentliche Hand zu alimentierende Gruppe wahrgenommen. Nicht transparent wird den Beobachtern dabei, dass der Sachleistungsbezug ermessensrechtlich durch die Verwaltung erzwungen und der dabei betriebene besondere finanzielle und administrative Mehraufwand hier politisch gewollt ist. Landesweit haben fast alle Kreise die Leistungspraxis bei dezentraler Unterbringung (gem. §3 (2) AsylbLG) auf Erteilung unbarer Leistungen in Form von Schecks oder ganz auf Bargeldleistungen umgestellt. Diskriminierungstatbestand: Regelmäßiges Verwaltungshandeln betreibt hier bewusst eine öffentliche Stigmatisierung von Flüchtlingen als Sozialschmarotzer und Verwaltungskostenverursacher. Dieses Verwaltungshandeln ist vom Gesetz gedeckt. Neben dem Tatbestand der öffentlichen Diskriminierung einer festen Minderheit agiert die Verwaltung auf diesem Wege regelmäßig gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bei der Verwendung öffentlicher Mittel. Diskriminierung durch die Härtefallkommission [FOLIE Härtefallkommission] Für „Ausreisepflichtige“, die sich seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen mit einem legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland aufgehalten haben, gibt es ein „Gnadenrecht“. Die „Härtefallkommission“ kann, wenn sie von Betroffenen angerufen wird, beim Innenminister einen Antrag auf Bleiberecht für einzelne Personen oder Familien stellen. Die Bedingung ist, dass alle sonstigen ausländerrechtlichen Verfahren (zum Beispiel ein Asylverfahren) erfolglos beendet sind und die Betroffenen die Länge des Asylverfahrens nicht selbst verschuldet haben. Die höchsten Chancen haben Flüchtlinge, die sog. „Integrationsleistungen“ nachweisen können, wie das Bemühen um Arbeit, Leistungen in der Schule oder das Erlernen der deutschen Sprache. Volljährige Kinder müssen einen eigenen Antrag stellen, wodurch Familien getrennt werden können. Der Innenminister ist allerdings nicht an die positive Empfehlung der Kommission gebunden und entscheidet bisweilen auch trotzdem negativ. 2006 haben bei insgesamt 26 Herkunftsländern 21 Personen aus Serbien-Montenegro die HFK angerufen, 17 aus der Türkei, 13 aus Pakistan, 11 aus Afghanistan. 55% wurden abgelehnt, 19% erledigten sich anders oder waren am Jahresende noch nicht entschieden und 26% endeten positiv. „Positiv“ bedeutet allerdings nicht in allen Fällen ein Bleiberecht, sondern kann auch nur einen mittelfristigen Aufschub meinen. Der §23a AufenthG ist die gesetzliche Grundlage für die Länder, die eine Härtefallkommission einrichten wollen. Dort können zur Ausreise Verpflichtete die Prüfung aus ihrer Sicht bestehender humanitärer Härten erwirken, die gegen die Ausreise bzw. Abschiebung sprechen. Die oberste Landesbehörde – d.h. der Innenminister - darf gem. §23a eine Aufenthaltserlaubnis allerdings nur erteilen, „wenn eine von der Landesregierung durch Rechtsverordnung eingerichtete Härtefallkommission darum ersucht.“ Die Einrichtung solcher HFKn wie auch deren qualitative Ausgestaltung ist den Ländern allerdings freigestellt. Im Ergebnis dessen herrscht rechtspolitischer Wildwuchs. Während in Schleswig-Holstein auch VertreterInnen von NGOn, selbst des Flüchtlingsrates, in der HFK vertreten sind, regeln das in Bayern und Hamburg Abgeordnete auf Grundlage der Fraktionsdisziplin. Betroffene humanitäre Härtefälle unterliegen im Ergebnis der willkürlich heterogenen Länderpraxis. Dies und die auch vollständig unterschiedliche Qualität der Härtefallkommissionen, ihrer Verfahrenskriterien und Entscheidungspraktiken beseitigt für die Betroffenen im Ergebnis des Verteilungsschlüssels in die Länder vollständig die Chancengleichheit. Unterschiedliche Mitglieder ein und derselben Familie mit den gleichen Fluchtgründen oder Rückkehrgefährdungen können über die HFK im einen Bundesland eine Aufenthaltserlaubnis erhalten und im anderen eine Ausweisungsverfügung. Diskrindunierungstatbestand: Die rechtliche Diskriminierung besteht in diesem Falle, weil nicht für alle Betroffenen in jedem Bundesland ein gleichqualifizierter Zugang zur Rechtsanwendung besteht. Das in §23a AufenthG angelegte „Gnadenrecht“ wird damit nur nach dem Zufallsprinzip des EASY-Computer-Verteilprogramms bzw. nach dem politischen Willen der Einrichtung und qualitativen Ausgestaltung einer Härtefallkommission in den Ländern zugänglich oder nicht zugänglich sein. Diskriminierung durch Widerruf und Einbürgerungsverweigerung [FOLIE Widerruf] Zu den Voraussetzungen für eine diskriminierungsfreie gesellschaftliche Teilhabe und damit Integration gehört ganz wesentlich Rechtssicherheit. Die haben AsylbwerberInnen und Geduldete nicht, aber auch Flüchtlinge mit noch nicht verfestigten Aufenthaltserlaubnissen bangen jedes Mal zum Ablauf der Frist um die Verlängerung. Nun sollte man meinen, anerkannte Flüchtlinge wären endlich der Rechtsunsicherheit entkommen und könnten sich auf ihren Alltag und ihre Zukunft in der deutschen Gesellschaft einrichten und einlassen. Die aktuelle Verwaltungspraxis steht dem allerdings entgegen und kann sich auch dabei auf gesetzliche Regeln berufen: Seit einiger Zeit werden Asylberechtigte aus Afghanistan, Irak und der Türkei mit Widerrufsverfahren überzogen. § 73 des Asylverfahrensgesetzes sieht vor, dass der Flüchtlingsstatus widerrufen werden kann, wenn die Situation, die die Flucht begründet hat, nicht mehr existiert. Also – die Taliban sind in Afghanistan nicht mehr an der Macht, d.h. die Flucht vor ihrem Regime ist nicht mehr relevant, Saddam Hussein ist gestürzt, also verfolgt er auch niemanden mehr, die Türkei passt sich den Anforderungen Europas an, also gibt es auch für KurdInnen keine Fluchtgründe mehr. Ein solches Widerrufverfahren führt nicht in jedem Fall zur Aufenthaltsbeendigung, da sich häufig bei einem langjährigen Aufenthalt noch andere aufenthaltsbegründende Aspekte ergeben. Außerdem halten diese Verfahren nicht immer der gerichtlichen Prüfung stand. Im Fall der rechtskräftigkeit liegt die Aufenthaltserlaubnisverlängerung jedoch im Ermessen der Ausländerbehörde. Allein 40.000 Widerrufverfahren sind seit 2004 gegen Iraker betrieben worden. Sie tragen zur massiven Verunsicherung derjenigen bei, die glaubten hier eine neue Heimat gefunden zu haben und sich aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligten, Unternehmen gründeten, Arbeitsplätze schufen und Steuern zahlen. Gleichzeitig geht die Zahl der Einbürgerungen zurück. Sprachtests und von den betroffenen als Gesinnungstests verstandene Überprüfungen ihrer Motivation signalisieren Misstrauen und schrecken ab. Darüber hinaus werden zur Zeit zunehmend Einbürgerungsanträge von Flüchtlingen abgelehnt, die sich im Herkunftsland und ggf noch im Exil bezogen auf ihr Herkunftsland politisch betätigt haben, was ja der Grund für ihre Asylberechtigung war. Die Anerkennung als politischer Flüchtling kehrt sich nun unerwartet gegen sie. Für die Betroffenen ist das häufig ein Schock und er wirft sie zurück in die Rolle des ungebetenen Gastes, der eigentlich nicht erwünscht ist, von dem aber dennoch Integrationsleistungen erwartet werden. Fazit: [FOLIE Forderungen] Das Gleichbehandlungsgesetz wird offenbar bestehende, in Intension und Wirkung diskriminierende Gesetze auch künftig nicht infrage stellen. Bleibt es also auch künftiger Rechtsunkulturstandard in Deutschland, dass insbesondere Flüchtlinge hierzulande auf Grundlage normierter Ungleichbehandlungstatbestände in Chancenlosigkeit und psychischem Elend gehalten werden? Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein begrüßt die in der Öffentlichkeit und auch bei Legislative und Teilen der Exekutive zunehmende Erkenntnis, dass Deutschland etwas für die Teilhabe an und das Zusammenleben in der deutschen Gesellschaft tun muss. Langsam setzt sich offenbar auch die Erkenntnis durch, dass Integration und Teilhabe nicht nur auf den Bereich Sprache und Bildung einzuengen sind. Soziale und rechtliche Gleichbehandlung gehören untrennbar dazu. Ein tatsächlicher Paradigmenwechsel muss das berücksichtigen und sich auf alle hier lebenden Menschen beziehen unabhängig davon, wie lange ihr Aufenthalt hier voraussichtlich dauert. Flüchtlinge dürfen davon nicht ausgeschlossen sein. Voraussetzung für die Forderung von Integrationsleistungen an MigrantInnen und Flüchtlinge sind Rechte und Rechtssicherheit. Deshalb gehört zu einer ernstgemeinten Integrationspolitik u.a. • die Abschaffung diskriminierender und segregierender Sondergesetze für Flüchtlinge wie das Asylbewerberleistungsgesetz, die Residenzpflicht, die Lagerunterbringung. • der Zugang zu Integrationsmaßnahmen auch für Flüchtlinge während ihres gesamten Aufenthalts. • Rechtssicherheit durch ein regelmäßiges Bleiberecht für langjährig Geduldete. • Verzicht auf Widerrufverfahren für anerkannte Flüchtlinge. • Erleichterung der Einbürgerung • die Aufrechterhaltung eines kompetenten Beratungsangebots und die öffentliche Förderung von Integrationsfördermaßnahmen für Asylsuchende und Geduldete. Vielen Dank