BESTEUERUNG VON IMMOBILIENMÄKLER

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BESTEUERUNG VON IMMOBILIENMÄKLER
BESTEUERUNG VON IMMOBILIENMÄKLER-PROVISIONEN
insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Doppelbesteuerungsrecht
von Wolfgang Maute, Dr.iur.HSG, dipl. Steuerexperte, first.advisory.ag, Frauenfeld
Verwaltungsrat Weibel Hess & Partner AG, Stans
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AUSGANGSLAGE
GESETZLICHE GRUNDLAGEN
BEMESSUNGSRAGEN
VERFAHRENSFRAGEN
GESTALTUNGSHINWEISE
SCHLUSSFOLGERUNG UND WEITERES VORGEHEN
ANLAGE: BUNDESGERICHTSENTSCHEID VOM 8.1.2002
1. AUSGANGSLAGE
1.1. Bundesgerichtsentscheid vom 8. Januar 2002 i.S. X SA c. Verwaltungsgericht des
Kantons Waadt und kantonale Steuerverwaltung des Kantons Genf (2P.289/2000)
Das Bundesgericht hat im erwähnten Entscheid (Pra 2002 Nr. 106, S. 610 ff.) entschieden, dass im interkantonalen Verhältnis Provisionen einer Immobilienmäklerin (Aktiengesellschaft) am Liegenschaftsort und nicht am Geschäftsort zu versteuern sind.
Zur Begründung wird im wesentlichen festgehalten, dass der Eigentümer auf einen Teil
des Wertes der Liegenschaft verzichte zugunsten des Mäklers. In diesem Sinne erziele
der Mäkler in engem Zusammenhang mit der Liegenschaft einen Gewinn, auch wenn er
nur über ein persönliches, auf einem Mäklervertrag beruhendes Recht verfüge und es sich
– wie beim Immobilienhändler – zum Teil auch um Entgelt für seine persönliche Tätigkeit handle. Er sei an der Veräusserung beteiligt und verfüge zumindest teilweise wirtschaftlich darüber.
Im weiteren sei nicht einzusehen, wieso eine gleichartige Tätigkeit einmal am Belegenheitsort des Grundstücks und einmal am Sitz des Steuerpflichtigen besteuert werden sollte, je nachdem ob sie von einem Immobilienhändler oder von einem Immobilienmäkler
ausgeführt werde. In einem alten Entscheid vom 18.7.1935 hätte das Bundesgericht bereits erwogen, Mäkler und Händler gleichzustellen.
Zudem sei es überflüssig und sehr schwierig, allfällig eine Unterscheidung für den Anteil
– selbst den üblichen – der Vergütung, die auf der berufsmässigen Tätigkeit des Mäklers
beruhe, vom Anteil, der von einer sich aus äusseren Umständen ergebenden Wertsteigerung des Grundstücks herrühre, auseinanderzuhalten. Ein Splitting komme deshalb nicht
in Frage.
Auch aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 2 StHG lasse sich nichts herleiten. Da sich der
Sachverhalt vor dem 1. Januar 2001 verwirklicht habe, seien diese Bestimmungen nicht
anwendbar, müssten jedoch auch berücksichtigt werden, um für die Zukunft gültige Lösungen zu finden. Das Bundesgericht verweist auf die Kritik an der Konzeption, wonach
bei natürlichen Personen der Immobilienhandel und die Immobilienmäkelei im internati1
onalen und interkantonalen Verhältniss eine wirtschaftliche Zugehörigkeit vorliege; bei
juristischen Personen hingegen gelte dies nur im internationalen Verhältnis.
Abschliessend folgen noch Ausführungen betreffend Übernahme der Aufwendungen der
Liegenschaftenvermittler, insbesondere deren Gewinnungskosten und einer allfälligen
Pauschalierung dieses Aufwandes.
1.2. Erste Kritik
Das Bundesgericht hat unter der Prämisse entschieden, dass es ausdrückliche Kollisionsvorschriften betreffend Mäklerprovisionen bei Immobilien aufstellen wolle. Kollisionsnormen sind jedoch nicht direkt anwendbar, es braucht zusätzlich eine gesetzliche (kantonale) Bestimmung. Betreffend heutiger Gesetzeslage – nach Inkrafttreten des StHG –
wäre jedoch auch die Frage zu prüfen gewesen, ob die Bestimmungen betreffend Immobilenvermittlung direkt anwendbar wären (vgl. Ziff. 2 nachfolgend).
Das Bundesgericht hat ausdrücklich eine persönliche Komponente betreffend wirtschaftlicher Handänderung aufgeführt und somit den Tatbestand der wirtschaftlichen Anknüpfung erweitert. Gemäss Art. 12 Abs. 2 lit. a StHG sind den Veräusserungen die Rechtsgeschäfte gleichgestellt, die in Bezug auf die Verfügungsgewalt über ein Grundstück
wirtschaftlich wie eine Veräusserung wirken. Neben den Hauptarten von wirtschaftlichen
Veräusserungen (Veräusserung einer Mehrheitsbeteiligung an einer Immobiliengesellschaft, Kettenhandel) werden in der Praxis beispielsweise die entgeltliche Begründung,
die Übertragung oder der Verzicht bei Kaufsrechten, Vorkaufsrechten oder Rückkaufsrechten erwähnt. In der Lehre ist unbestritten bei der wirtschaftlichen Handänderung
massgebend
- die rechtsgeschäftliche Übertragung der wesentlichen Teile der Verfügungsgewalt über Grundeigentum;
- fehlende grundbuchliche Mutation.
Es stellt sich somit die Frage, ob ein solcher Sachverhalt ohne ausdrückliche gesetzliche
Grundlage im Grundstückgewinnsteuerrecht mit einer solchen Steuer erfasst werden
könnte (vgl. Ziff. 3 nachfolgend).
1.3. Zwischenergebnis
Bei juristischen Personen kann eine wirtschaftliche Zugehörigkeit beim Vermitteln von
Grundstücken nur im internationalen Verhältnis angenommen werden.
Bei natürlichen Personen besteht aufgrund des eingangs erwähnten Bundesgerichtsentscheids und der gesetzlichen Grundlagen auf Bundesebene (StHG) und den kantonalen,
gesetzlichen Ausführungsbestimmungen eine Rechtsunsicherheit. Die nachfolgenden
Ausführungen wenden sich zunächst den gesetzlichen Grundlagen zu (Ziff. 2), um sich
dann den Bemessungs- und Verfahrensfragen bei natürlichen Personen zuzuwenden.
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2. GESETZLICHE GRUNDLAGEN
2.1. Steuerharmonisierungsgesetz (StHG)
Ausschlaggebend für die nachfolgenden Ausführungen sind Art. 4 Abs. 1 und 21 Abs. 2
StHG:
Art. 4 Abs. 1 StHG (Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit)
„Natürliche Personen ohne steuerlichen Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton sind aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie im Kanton (...) Grundstücke (....) vermitteln oder damit handeln.“
Art. 21 Abs. 2 StHG (Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit)
„Juristische Personen mit Sitz und tatsächlicher Verwaltung im Ausland sind ausserdem
steuerpflichtig, wenn sie:
(...)
b. im Kanton gelegene Grundstücke vermitteln oder damit handeln.“
Der Handel mit im Kanton gelegenen Grundstücken war bereits früher Anknüpfungstatbestand für die beschränkte Steuerpflicht. Dagegen stellt das Vermitteln von im Kanton
gelegenen Grundstücken einen neuen Anknüpfungstatbestand des StHG dar.
Nach einhelliger Auffassung der Lehre (vgl. die Hinweise in Erw. 4 c. bb. des erwähnten Bundesgerichtsentscheids) handelt es sich bei der Einordnung der Vermittlung von
Grundstücken unter Art. 4 Abs. 1, also unter die Anknüpfungstatbestände mit internationaler und interkantonaler Bedeutung, um ein gesetzgeberisches Versehen, da kaum anzunehmen war, dass damit eine Neuerung in das interkantonale Steuerrecht eingeführt werden sollte. Zudem hat der Gesetzgeber die natürlichen und juristischen Personen kaum
unterschiedlich behandeln wollen; bei letzteren gilt das Vermitteln von Immobilien nur
im internationalen Verhältnis als Anknüpfungspunkt.
Das Bundesgericht hält lediglich dagegen, dass dies nur teilweise begründet sei. Es sei
wohl beizupflichten, dass keine unterschiedliche Regelung gewollt sei, es fände sich jedoch kein Hinweis in den Materialien, dass die für juristische Personen gewählte Lösung
die gewollte sei. Zudem dürfe nicht davon ausgegangen werden, dass damit die ganze
Rechtsprechung zur Besteuerung des interkantonalen Liegenschaftenhandels in Frage gestellt werde.
M.E. ist somit die Frage nach der „richtigen“ Lösung vom Bundesgericht noch nicht beantwortet worden.
2.2. Kantonale Regelungen
Wird auf die einhellige Lehre abgestützt, dass es sich BEI Art. 4 Abs. 1 StHG um eine
redaktionelle Ungenauigkeit handle, ist zu fragen, wie die Kantone diese Bestimmung
umgesetzt haben. Stellvertretend die Regelung des Kantons Zürich:
§ 4 des Steuergesetzes des Kantons Zürich (wirtschaftliche Zugehörigkeit)
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„Natürliche Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton sind
aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie
(...)
b) an Grundstücken im Kanton Eigentum, dingliche Rechte oder diesen wirtschaftlich
gleichkommende, persönliche Nutzungsrechte haben.
Natürliche Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz
sind aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie
(...)
d) im Kanton gelegene Grundstücke vermitteln oder damit handeln;
(...)“
Vergleicht man die kantonalen Gesetzestexte, ist festzustellen, dass diese ähnliche Wortlaute aufweisen , so AG, AI, AR, BE, BL, BS, FR, GL, GR, NE, NW, SG, SH, SO, SZ,
TG, UR und ZG: Ein entsprechender Anknüpfungspunkt wird explizit nur im internationalen Verhältnis erwähnt..
In den Kantonen FR, GE, JU, LU, OW, TI und VS besteht jedoch eine hanezu wörtliche
Wiedergabe der StHG-Regelung..
Es scheint somit, dass die kantonalen Gesetzgeber bereits das redaktionelle Versehen
stillschweigend korrigiert hätten. Der Kommentar zum Zürcher Steuergesetz (N. 44 zu §
4) geht denn auch sinngemäss davon aus, dass der Zürcher Gesetzgeber dieses Versehen
korrigieren durfte. Andere kantonale Verlautbarungen sind nicht zu finden, erst recht
nicht offizielle Stellungsnahmen.
Dennoch stellt sich die Frage der direkten Anwendbarkeit von Art. 4 StHG. Dieses legt
die wirtschaftlichen Anknüpfungspunkte für eine wirtschaftliche Zugehörigkeit und damit
einer beschränkten Steuerpflicht im Kanton abschliessend fest. Die Kantone sind deshalb
verpflichtet, diese Tatbestände zu übernehmen und können nicht zusätzliche Anknüpfungspunkte festlegen. Die Gesetzesbestimmungen finden sich wiederum im StHG:
Art. 72 Abs. 2 und 3 StHG (Anpassung der kantonalen Gesetzgebung)
„(...)
Nach Ablauf dieser Frist findet das Bundesrecht direkt Anwendung, wenn ihm das kantonale Steuerrecht widerspricht.
Die Kantonsregierung erlässt die erforderlichen vorläufigen Vorschriften.“
Das StHG ist ein Rahmengesetz und die Bestimmungen richten sich an den kantonalen
Gesetzgeber. Einzelne Bestimmungen sind jedoch so ausgestaltet, dass diese ohne Weiterungen unmittelbar umgesetzt werden können. Art. 4 StHG betreffend wirtschaftlicher
Zugehörigkeit kann durchaus eine solche Norm darstellen.
Der direkten Anwendung sind jedoch auch Grenzen gesetzt. Bei Unklarheiten wird die
Kantonsregierung ermächtigt, die erforderlichen vorläufigen Vorschriften zu erlassen.
Vorliegendenfalls besteht, wie in Ziff. 3 nachfolgend aufgezeigt wird, neben der grundsätzlichen Anwendung des Tatbestandes der wirtschaftlichen Zugehörigkeit im interkantonalen Verhältnis bei Vermitteln von Immobilien, eine Regelung, welche Steuerart anzuwenden ist.
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2.3. Zwischenergebnis
Das Bundesgericht hat sich nicht intensiv über die Frage der „richtigen“ Lösung auseinandergesetzt. Der Entscheid basiert auf kollisonsrechtlichen Fragestellungen, und nicht
etwa auf der Frage nach der direkten Anwendbarkeit von Art. 4 StHG.
Nachdem die kantonalen Gesetzgeber anscheinendend stillschweigend das Versehen korrigierten, ist der Wille zur Anwendung des wirtschaftlichen Tatbestandes des „Vermittelns von Immobilien“ im interkantonalen Verhältnis äusserst zurückhaltend ausgefallen.
Dies bestätigen auch die mündlichen Aussagen von mehreren Angehörigen kantonaler
Steuerverwaltungen aus verschiedenen Kantonen.
In der Arbeitsgruppe der Schweizerischen Steuerkonferenz betreffend Steuerharmonisierung scheint auch keine einheitliche Meinung vorzuherrschen. Nur durch eine Gesetzesrevision könnte Klarheit verschafft werden.
Es wäre auch zu prüfen, ob die Kantonsregierungen als Adressat von Art. 72 Abs. 3 StHG
nicht Rechtssicherheit schaffen sollten durch entsprechende Verlautbarungen zur Anwendung des Vermittlungstatbestandes von Immobilien im interkantonalen Verhältnis.
3. BEMESSUNGSFRAGEN
3.1. Ausgangslage
Wird unterstellt, dass der Tatbestand des Vermittelns von Immobilien im interkantonalen
Verhältnis eine wirtschaftliche Zugehörigkeit auslöst, stellt sich die Frage nach der Anwendung der Besteuerungsart: ordentliche Besteuerung aufgrund einer (selbständigen)
Erwerbstätigkeit bzw. Anwendung der Grundstückgewinnsteuer.
Dabei ist allenfalls auf die kantonalen Grundstückgewinnsteuersysteme abzustellen.
3.2. Art der Besteuerung
Insbesondere bei der Regelung der Grundstückgewinnsteuer im StHG kann man erkennen, dass sich der Bund als Rahmengesetzgeber betätigt hat. Für die Erfassung mit der
Grundstückgewinnsteuer sind drei Voraussetzungen ausschlaggebend: Vorliegen eines
Grundstückgewinns, ein Grundstück, eine Handänderung.
Diese Voraussetzungen sind bei einer Vermittlung nicht erfüllt, liegt doch keine Einräumung einer wirtschaftlichen Eigentümerstellung oder eine Verbesserung vor. Eine weitergehende Auslegung des wirtschaftlichen Eigentums ist abzulehnen. Eine dingliche
Rechtstelllung des Mäklers an der Liegenschaft kann nicht begründet werden. Die Besteuerung richtet sich m.E. somit bei der Vermittlungstätigkeit nach der ordentlichen Einkommensbesteuerung. Dies ist für die Vermittlungstätigkeit im internationalen Verhältnis
auch anerkannt (vgl. N. 49 zu § 4 des Zürcher Kommentars).
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3.3. Steuerausscheidung
Unterstellt man eine Steuerpflicht der Vermittlungstätigkeit aufgrund wirtschaftlicher
Zugehörigkeit im interkantonalen Verhältnis , stellt sich die Frage nach der Zuscheidung
des Steuersubstrats.
Das Bundesgericht hält fest, dass der Liegenschaftsvermittler sowie der Liegenschaftshändler den gleichen Ausscheidungsregeln unterstehen sollen.
Bei der Steuerausscheidung in Nichtbetriebsstättekantonen gelten folgende Grundsätze:
Für die Vermögensbesteuerung gelten die allgemeinen Grundsätze der objektmässigen
Zuweisung der Aktiven und der proportionalen Schuldenverlegung nach Lage der Aktiven. Ein Vermögenswert dürfte allerdings bei der reinen Vermittlung in einem Nichtbetriebsstättekanton kaum vorliegen.
Für die Einkommenssteuer werden die laufenden Erträge inkl. Verwaltungskostenanteil
der Liegenschaften objektmässig auf die Belegenheitskantone verlegt. Der Sitzkanton
bzw. andere Belegenheitskantone haben allfällige Aufwandüberschüsse zufolge Überwiegens der Gewinnungskosten über den laufenden Ertrag nicht zu übernehmen. Diese
wären mit künftigen Gewinne zu verrechnen.
Auf der anderen Seite hat der Belegenheitskanton mit Ausnahme eines Verwaltungskostenanteils keine allgemeinen Geschäftsunkosten zu übernehmen und daher auch keinen
Anteil an einem allfälligen Geschäftsverlust zu tragen, der am Hauptsteuerdomizil entstanden ist. Der Unkostenanteil wird in der Regel mit einem pauschalen Prozentsatz festgelegt: bei Liegenschaftenhändlern mit 5 % des Verkaufspreises und bei Generalbauunternehmern mit 8 % der Bausumme. Es wurde im erwähnten Entscheid festgehalten, dass
5 % des Verkaufspreises bei Liegenschaftsvermittlungen zu hoch angesetzt sei. Das Bundesgericht hat diesen Punkt zur Neubeurteilung zurückgewiesen.
Bei der Steuerausscheidung in Betriebsstättekantonen gelten folgende Grundsätze:
Sofern der Immobilenmäkler in einem vom Hauptsteuerdomizil abweichenden Kanton
ständige körperliche Einrichtungen unterhält, denen Betriebsstättequalität zukommt (z.B.
Zweigniederlassungen), erfolgt die Steuerausscheidung quotenmässig.
Das Vermögen ist regelmässig im Verhältnis der Bruttoaktiven der Betriebsstätte(n) zu
den Gesamtbruttoaktiven des Unternehmens auf die einzelnen Steuerdomizile aufzuteilen. Jeder Kanton besteuert seinen Anteil zur Gesamtprogression nach den eigenen kantonalen Regeln.
Betreffend Einkommensausscheidung wird bei Führung von Betriebsstättebuchhaltungen
gestützt darauf ausgeschieden, sog. direkte Methode. Muss auf Hilfsfaktoren abgestellt
werden, sog. indirekte Methode, kommen Aktiven oder die Umsätze als Ausscheidungskriterien in Betracht.
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3.4. Zwischenergebnis
Nach der hier vertretenen Auffassung unterliegen Mäklerprovisionen der Einkommensbesteuerung und nicht einer Spezialeinkomenssteuer (Grundstückgewinnsteuer).
Aus diesem Hintergrund wären bei Annahme der wirtschaftlichen Zugehörigkeit die entsprechenden Ausscheidungsregeln zu beachten.
4. VERFAHRENSFRAGEN
4.1. Veranlagungsverfahren
Die Veranlagung, welche der Steuerhoheit mehrerer Kantone unterstehen, erfolgt in jedem Kanton nach den Vorschriften des betreffenden Kantons über das Veranlagungsverfahren.
Übergeordnet bestimmt das StHG und insbesondere Art. 2 der VO zum StHG, dass auch
bei wirtschaftlicher Zugehörigkeit dort ein Veranlagungsverfahren durchgeführt wird.
Die Steuererklärungspflicht kann dann durch Einreichung einer Kopie der Steuererklärung des Wohnsitz- oder Sitzkantons erfüllt werden. Zudem hat die Steuerbehörde des
Hauptsteuerdomizils die Pflicht, den Steuerbehörden von Nebensteuerdomizilen anderer
Kantone ihre Steuerveranlagung einschliesslich der interkantonalen Steuerausscheidung
kostenlos mitzuteilen.
4.2. Rechtsmittelverfahren
Die im Veranlagungsverfahren getroffenen Entscheide können vom Steuerpflichtigen
nach Massgabe des kantonalen Rechts mit den kantonalen Rechtsmitteln wegen Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots angefochten werden.
Zudem kann auch eine staatsrechtliche Beschwerde in Doppelbesteuerungsangelegenheiten ohne Ausnutzung des kantonalen Rechtsmittelweges eingereicht werden, beispielsweise eine Kompetenzbeschwerde. Das Beschwerderecht verwirkt bei Anerkennung
der Steuerpflicht trotz Kenntnis des kollidierenden Steueranspruchs, bei vorbehaltloser
Zahlung oder Verletzung der Mitwirkungspflicht.
4.3. Verwirkung des Besteuerungsrechts
Die Verwirkungseinrede kann nur von einem Kanton erhoben werden, nicht aber von der
steuerpflichtigen Person, sofern mit der Erhebung des Steueranspruchs ungebührlich lange zugewartet wird (bei periodischen Steuern später als ein Jahr nach Ablauf der Steuerperiode) und ein anderer Kanton sonst zur Rückerstattung von Steuern verpflichtet werden müsste, die er formell ordnungsgemäss und in guten Treuen sowie entschuldbarer
Unkenntnis des kollidierenden Steueranspruchs bezogen hatte.
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4.4. Zwischenergebnis
Fraglich ist, ob bei Annahme einer wirtschaftlicher Zugehörigkeit die Steuererklärungspflicht wahrgenommen werden müsste und dadurch eine Kopie der Steuererklärung des
Wohnsitzkantons im Kanton des Nebensteuerdomizils eingereicht werden müsste.
Problematisch erscheint diese Pflicht aus der Sicht, dass die kantonalen Gesetzgebungen
keine eigenständige kantonale Norm aufweisen. Kann die kantonale Steuerbehörde aufgrund des Art. 4 Abs. 1 StHG eine direkte Steuererklärungspflicht ableiten und ist bei deren Verletzung eine Ordnungswidrigkeit mit Bussensanktionen anzunehmen. M.E. geht
insbesondere die steuerstrafrechtliche Sanktionierung zu weit; selbst die unaufgeforderte
Einreichungspflicht kann einem Steuerpflichtigen nicht zugemutet, wenn aus der
kantonalen Gesetzgebung keine Steuerpflicht ersichtlich ist.
5. GESTALTUNGSHINWEISE
5.1. Mäkelei durch juristische Personen
Unbestritten ist, dass bei der Mäkelei von juristischen Personen im interkantonalen Verhältnis keine wirtschaftliche Zugehörigkeit gegeben ist.
Deshalb würde beispielsweise die Gründung einer GmbH die steuerliche Zugehörigkeit
klar ordnen. Es gilt jedoch zu beachten, dass diese mit entsprechender Infrastruktur ausgestattet sein muss.
Dies bedingt jedoch einen erhöhten administrativen Aufwand.
5.2. Ausnutzung fehlender Besteuerungsgrundlage?
Nachdem die Kantone keine Anknüpfung ins innerkantonale Recht aufgenommen haben,
fehlt diesen somit die interne Besteuerungsgrundlage. Würden also solche Kommissionen
für die Vermittlung ausserkantonaler Liegenschaften unbesteuert bleiben? Wird diese
Frage bejaht – der Widerstand der kantonalen Veranlagungsbehörden ist wohl denkbar -,
müsste demnach die Firmenstruktur bei Vermittlung von Liegenschaften überdacht werden.
5.3. Abrechnungsmodus
Es stellt sich die Frage, ob Abrechnungsmethoden nach Zeitaufwand, welche den persönlichen Einsatz und deren Kosten (Spesen) dokumentieren, eine Änderung der Betrachtung
aufdrängt. Das StHG bestimmt die wirtschaftliche Anknüpfung und nicht die Art der Verrechnung. M.E. ändert sich an der wirtschaftlichen Anknüpfung nichts.
Im weitern kann man sich die Frage stellen, wenn die Zahlung der Vermittlungsprovision
durch den Käufer erfolgt, sich eine andere Betrachtungsweise aufdrängt. Auch hier festzuhalten, dass die Anknüpfung die Vermittlungsprovision ist und nicht der Zahlende ist.
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5.4. Veranlagungsverfahren/ Vorbescheid
Es steht den Steuerpflichtigen offen, bei konkreten Sachverhalten bei den zuständigen
kantonalen Veranlagungsbehörden einen Vorbescheid über die Steuerpflicht einzuholen.
Auf alle Fälle drängt sich auf, in der entsprechenden Steuererklärung einen Hinweis auf
den Sachverhalt, d.h. das Vorliegen ausserkantonaler Vermittlungsprovisionen, anzubringen.
5.5. Generelle Stellungsnahmen von den Steuerverwaltungen
Für eine Meinungsübersicht kann sich eine kantonale Umfrage mit entsprechenden Stellungsnahmen aufdrängen. Auf diese könnte man sich allerdings in einem Rechtsmittelverfahren nicht beziehen , da nur generelle Aussagen gemacht werden.
Allenfalls drängt sich eine offizielle Kontaktnahme des Branchenverbandes mit der
Schweizerischen Steuerkonferenz auf bzw. mit deren Arbeitsgruppe „Gesetzgebung“.
5.6. Parlamentarische Vorstösse auf kantonaler Ebene
Nachdem die Kantone gefordert waren, das StHG umzusetzen, könnte auf kantonaler
Ebene versucht werden, parlamentarische Vorstösse zu lancieren.
5.7. Vorstoss Gesetzesänderung betreffend StHG
Um eindeutige Rechtsicherheit zu erlangen, müsste versucht werden, das StHG zu ändern.
5.8. Erneute gerichtliche Beurteilung
Bei Vorliegen eines entsprechenden Sachverhalts (z.B. Geltendmachung des Fehlens einer internen Besteuerungsgrundlage) könnte erneut der Rechtsweg bestritten werden.
Dies dürfte allerdings bis zur Rechtskraft eine längere Zeitperiode in Anspruch nehmen.
6. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND WEITERES VORGEHEN
Das Bundesgericht hat nicht entschieden, welches die „richtige“ Lösung ist, d.h. ob im interkantonalen Verhältnis die natürlichen Personen aufgrund der wirtschaftlichen Zugehörigkeit ein Nebensteuerdomizil begründen. Deshalb ist vorerst auf den Gesetzestext abzustellen, auf den sich sowohl Veranlagungsbehörde als auch Steuerpflichtige berufen können.
Die kantonalen Behörden haben die Bestimmung mehrheitlich nicht ins kantonale Recht
überführt.
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Dadurch entsteht eine Rechtsunsicherheit, die nicht hingenommen werden kann. Deshalb
ist zu prüfen, welche Schritte betreffend Klärung im Gesetzgebungsverfahren in Angriff
genommen werden sollen.
In der Zwischenzeit stehen die vorbeugenden Möglichkeiten offen, die Abwicklung der
Vermittlungsprovisionen über eine juristische Person vorzunehmen oder in jedem Einzelfall einen Vorbescheid zu erwirken.
Frauenfeld, 10. Januar 2003
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