Haltung und Zucht von Ziervögeln - Hobby

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Haltung und Zucht von Ziervögeln - Hobby
Schule:
Schuljahr:
Marie-Curie-Gymnasium, Wittenberge
2007/08
Facharbeit
Name des Schülers:
David Otto
Thema:
Haltung und Zucht von Ziervögeln
Unterrichtsfach:
Biologie
Bearbeitungszeitraum:
3 Monate
Inhaltsverzeichnis
0.
Vorwort
1.
Einführung
1.1
Die Bedeutung der Zucht und Haltung von Vögeln
1.2
Meine Vögel und Volieren – Übersicht zu meinen gezüchteten Arten
2.
Haltung und Pflege auf Grundlage des Tierschutzgesetzes
2.1
Ausgewählte Abschnitte des Tierschutzgesetzes
2.2
Anwendung auf die allgemeine Ernährung
2.2
Anwendung auf die tägliche Arbeiten
3.
Der Wellensittich und der Kanarienvogel – zwei der beliebtesten Ziervögel
weltweit
3.1
Natürliches Verbreitungsgebiet
3.2
Beschreibung des äußeren Erscheinungsbildes
3.3
Typische Verhaltensweisen
4.
Selektive Zucht bei Ziervögeln
4.1
Zuchtgrundlagen
4.1.1 Mendelsche Gesetze (1. -3.)
4.1.2 Modifikation und Mutation
4.2
Anwendung der Zuchtgrundlagen bei der Ziervögelzucht
4.2.1 Selektive Zucht von Wellensittichen auf Grundlage der Mendelschen Gesetze
4.2.2 Ausnutzung positiver Merkmale der Mutation und Modifikation bei der
Kanarienzucht
5.
Spezifische Verhaltensweisen der Ziervögel
5.1
Wichtige Verhaltensweisen von Ziervögeln
5.1.1 Angeborenes und erlerntes Verhalten
5.1.2 Sozialverhalten
5.1.3 Kommunikation
5.1.4 Aggressionsverhalten
-1-
5.2
Die Bedeutung der Verhaltensweisen bei Haltung von Ziervögeln
5.2.1 Nutzung positiver Verhaltensmerkmale bei der Zähmung von Ziervögeln
5.2.2 Die gegensätzlichen Verhaltensweisen des Wellensittichs und Königssittichs im
Vergleich.
5.3
Biologische Brutvoraussetzungen, Auswirkungen der Schlüsselreize auf das
Brutverhalten von Ziervögeln
5.4
Brut und Aufzucht von Jungvögeln am Beispiel des Wellensittichs
5.4.1 Schaffung der Brutreize in Menschenobhut
5.4.2 Auswahl der Zuchttiere nach bestimmten Kriterien
5.4.3 Balz, Paarung und Brut
5.4.4 Jungenaufzucht
5.4.5 Zuchtprotokoll
6.
Typische Infektionskrankungen bei Ziervögeln, Vorbeugung und Bekämpfung
6.1
Papageienkrankheit
6.2
Vogelgrippe
Anhang
Fotos
Quellenangabe
Selbstständigkeitserklärung
-2-
0.
Vorwort
Vögel gehören schon seit Jahrhunderten mit zu den weltweit beliebtesten Haustieren. Sie
befinden sich zu Millionen mitten unter uns. Gerade Wellensittiche und Kanarienvögel
erfreuen sich nach wie vor größter Beliebtheit. Immer mehr Menschen sehen ihren Vogel als
eine Art Partnerersatz oder als guten Freund an und hegen und pflegen ihn. Darum ist es auch
wichtig, die genauen Bedürfnisse des Tieres zu kennen. Leider werden heutzutage oftmals
immer noch große Fehler bei der Haltung von Vögeln gemacht, einerseits aus Unwissenheit
andererseits wegen falschen Informationen. Dennoch geht es den Großteil der Stubenvögel
bei ihren Besitzern sehr gut, wobei sie ihren Haltern eine Menge Freude bereiten.
Auch mir macht die Vogelhaltung viel Spaß. Schon seit mehr als 5 Jahren halte ich Sittiche
und Kanarienvögeln, wobei ich seit 3 Jahren auch aktiv züchte. Um die staatlich anerkannte
Zuchtgenehmigung zum Halten, Züchten und Handeln zu bekommen, legte ich extra eine
Prüfung ab. Mich fasziniert besonders das unterschiedliche Sozialverhalten und Brutverhalten
der einzelnen Arten. Genau aus diesen Gründen habe ich mich auch dazu entschlossen, meine
Facharbeit über das Thema „Haltung und Zucht von Ziervögeln“ zu schreiben. Zu der
Vogelzucht bin ich durch einen guten Bekannten unserer Familie gekommnen, der selbst mit
über 100 Sittichen und Papageien züchtet. Er war es auch, der mir die ersten Vögel schenkte
und mir in der Anfangsphase mit Rat und Tat zur Seite stand.
Auf den folgenden Seiten werde ich mich nun mit der artgerechten Haltung von Ziervögeln
genauer befassen. Darüber hinaus möchte ich einen kleinen Einblick in die professionelle
Zucht bieten und auf verschiedene Verhaltensweisen genauer eingehen.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen meiner Facharbeit.
-3-
1.
Einführung
1.1
Die Bedeutung der Zucht und Haltung von Ziervögeln
Die intensive landwirtschaftliche Nutzung und die zunehmende Erderwärmung sind mit an
der Dezimierung der natürlichen Lebensräume von Ziervögeln schuld. Der Mensch hat durch
die Einschleppung von fremden Arten wie Ratten, Katzen und Hunden das natürliche
Gleichgewicht schon nachhaltig gestört. So gibt es den Bergsittich zum Beispiel in
Menschenobhut häufiger als in der Natur, wo hingegen die Population schon auf weniger als
1000 Exemplare gesunken ist. Es ist mittlerweile Aufgabe der Menschheit die genetische
Vielfalt der natürlichen Populationen von stark bedrohten Tierarten, mit Nachzuchten aus
menschlicher Obhut so groß zu halten, dass eine überlebensfähige Population mit einem
ausreichend großem Spektrum an Individuen erhalten bleibt. Um dies zu erreichen, laufen
weltweit Nachzuchtprojekte in Zoos und Zuchtstationen, in denen gefährdete Arten, wie z.B.
der Hyazinthara, der größte Papagei der Welt, erfolgreich nachgezüchtet und die Jungen
wieder in die natürlichen Verbreitungsgebiete integriert werden.
Ein anderer Aspekt der Zucht ist es, den Bedarf an so genannten Stubenvögeln durch
Nachzuchten zu decken. Dadurch wird der illegale Import von Wildvögeln eingeschränkt.
1.2
Meine Vögel und Volieren – Übersicht zu meinen gezüchteten Arten
Nach langen Umbaumaßnahmen an den Volieren und vielen Experimenten in der Besetzung,
habe ich endlich den optimalen Vogelbesatz gefunden. Bei der Auswahl der Vögel musste ich
stark auf die Nachbarn Rücksicht nehmen, weil ich mitten in der Altstadt von Wittenberge
wohne. Aufgrund dessen, dass ich die Vögel nach ihrer Lautstärke aussuchen musste, blieb
mir die Papageienhaltung verwehrt, da sie zu laut wäre. Aus diesem Grund habe ich mich
hauptsächlich auf die Sittichhaltung spezialisiert.
Übersicht meiner gezüchteten Arten:
-
Bergsittiche
-
Königssittiche
-
Rotflügelsittiche
-4-
-
Wellensittiche
-
Chinesische Zwergwachteln
-
Kanarienvögel
.
Meine Zuchtanlage besteht aus einer Doppelvoliere mit zwei identischen Abteilen von je 4,5
m x 2m x 1,65m (Länge x Höhe x Breite) und je einem beheizten Schutzhaus von 2m x 2m x
1m (Länge x Höhe x Breite). In einem Abteil halte ein Bergsittichpaar zusammen mit 4
Wellensittichen und im anderen Abteil mein Königsittichpaar mit drei Chinesischen
Zwergwachteln.
Des Weiteren halte ich in einer separaten Einzelvoliere ein Paar Rotflügelsittiche. Diese
Voliere von 3,5m x 2m x 1,7m (Länge x Höhe x Breite) ist mit einem beheizten Schutzhaus
(1,7m x 1m x 0,7m) ausgestattet.
Meine Kanarienvögel werden in zwei Zuchtboxen von je 1m x 0,60 m x 0,50 m (Länge x
Höhe x Breite) gehalten, wobei eine momentan als Verkaufsvoliere dient.
(Bilder der Vögel und Volieren im Anhang unter 1.2)
-5-
2.
Haltung und Pflege auf Grundlage des Tierschutzgesetzes
2.1
Ausgewählte Abschnitte des Tierschutzgesetzes
Jeder der Ziervögel halten oder züchten möchte, muss sich im Vorfeld mit den spezifischen
Bedürfnissen dieser Tiere auseinander setzen, um eine artgerechte Haltung auf Grundlage des
Tierschutzgesetzes zu gewährleisten. An dieser Stelle möchte einige ausgewählte Auszüge
des Tierschutzgesetzes mit einbringen, die mir bei der allgemeinen Haltung und Zucht
besonders wichtig erscheinen.
Tierschutzgesetz (Bund) i. d. F. der Bek. vom 25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1105)
Erster Abschnitt
Grundsatz
§1
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als
Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne
vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Zweiter Abschnitt
Tierhaltung
§2
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen
ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken,
dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte
Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.
(2a) Die Erlaubnis kann, soweit es zum Schutze der Tiere erforderlich ist, unter Befristung,
Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Insbesondere kann angeordnet werden
-6-
1. die Verpflichtung zur Kennzeichnung der Tiere sowie zur Führung eines
Tierbestandbuches
2. Beschränkung der Tiere nach Art, Gattung oder Zahl,
3. die regelmäßige Fort- und Weiterbildung,
4. das Verbot, Tiere zum Betteln zu verwenden,
5. Die Einrichtungen mit wechselnden Standorten, die unverzügliche Meldung bei der
für den Tätigkeitsort zuständigen Behörde,
6. die Fortpflanzung der Tiere zu verhindern.
Achter Abschnitt
Zucht, Halten von Tieren, Handel mit Tieren
§ 11
(1) Wer Wirbeltiere
[…] züchten oder halten, […] will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde.
[…]
(2) Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
1. [..]die für die Tätigkeit verantwortliche Person auf Grund ihrer Ausbildung oder
ihres bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren die für die Tätigkeit
erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hat; der Nachweis hierüber ist
auf Verlangen in einem Fachgespräch bei der zuständigen Behörde zu führen,
2. die für die Tätigkeit verantwortliche Person die erforderliche Zuverlässigkeit hat,
3. die der Tätigkeit dienenden Räume und Einrichtungen eine den Anforderungen des
§ 2 entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere ermöglichen, […]
-7-
§ 11a
(1) Wer Wirbeltiere
[…]züchtet oder hält oder mit solchen Wirbeltieren handelt, hat über die Herkunft und den
Verbleib der Tiere Aufzeichnungen zu machen und die Aufzeichnungen drei
Jahre lang aufzubewahren.
[…].
2.2
Anwendung auf die allgemeine Ernährung
Die Ernährung wird im Tierschutzgesetz nicht näher beschrieben. Es wird aber gesagt, dass
der Halter über die nötigen Kenntnisse zur angemessenen Ernährung verfügen müsse. Durch
diese Aussage wird viel mehr auf das Verantwortungsbewusstsein des Halters gegenüber
seinen Vögeln gesetzt. Bei der Ernährung der gehaltenen Ziervögel muss darauf geachtet
werden, dass die Vögel möglichst gesund und abwechslungsreich ernährt werden. Hierzu
werden im Fachhandel für jede Art spezielle Samenmischungen angeboten. Des Weiteren
sollte man täglich frisches Obst und Gemüse reichen, um den Vögeln die Aufnahme von
Vitaminen zu ermöglichen. Genauso wichtig ist es,
den Ziervögeln lebenswichtige
Mineralien zur Verfügung zu stellen. Dies kann in Form von Grit- und Kalksteinen
geschehen.
Natürlich gibt es auch unter den Ziervögeln Arten mit besonderen Ernährungsbedürfnissen
(Loris), auf die ich aber nicht weiter eingehen möchte. Auf jeden Fall soll bei der Ernährung
der Vögel die Qualität des Futters an der erster Stelle stehen.
2.2
Anwendung auf die tägliche Arbeiten
Zu den alltäglichen Arbeiten eines jeden Ziervogelbesitzers gehören vielerlei Dinge.
Als erstes muss man seinen Vögeln täglich frisches Futter und Wasser geben. Dabei sollte
man gleichzeitig kontrollieren, ob die Vögel gesund sind. Eine andere wichtige Aufgabe ist
das tägliche Putzen der Behausung, um die mögliche Ausbreitung von Krankheitserregern zu
unterbinden. Im Großen und Ganzen sind die täglichen Pflegearbeiten durch das
Tierschutzgesetz nur sehr locker diktiert.
-8-
Die einzigen konkreten Auflagen des Tierschutzgesetzes, bezogen auf die täglichen Arbeiten,
beziehen sich auf die Zucht. So muss jeder Züchter der Papageienartige züchtet, nach dem
Tierschutzgesetzes § (2a) Punkt 1, seine Jungvögel beringen und genau Buch führen über
den Erwerb und Verbleib seiner Vögel.
-9-
3.
Der Wellensittich und der Kanarienvogel – zwei der beliebtesten Ziervögel
weltweit
3.1
Natürliches Verbreitungsgebiet
Wellensittich (Melopsittacus undulatus)
Der Wellensittich zählt zur Ordnung der Papageien (Psittaciformes) und nimmt eine eigene
Gattung ein - Melopsittacus undulatus. Das natürliche Verbreitungsgebiet des Wellensittichs
ist Australien. Er ist in fast ganz Australien zu finden, überwiegend aber in Zentralaustralien.
Dabei meidet er aber die Küstenregionen. Er lebt als Nomade und zieht in Schwärmen von
üblicherweise 20 - 60 Exemplaren von Wasserstelle zu Wasserstelle. Der Wellensittich
bevorzugt vor allem Steppen mit angrenzendem Baumbestand zum Brüten. Ihr Leben lang
müssen die Wellensittiche extremen Umweltbedingungen trotzen, denn in ihrer Heimat
herrschen oft monatelang Dürreperioden und Temperaturen von über 40°C mittags und
Temperaturen um den Gefrierpunkt nachts. Auf der Suche nach Wasser und Nahrung legen
wilde Wellensittiche oft mehrere 100 Kilometer pro Tag zurück. Die Hauptnahrung des
Wellensittichs besteht überwiegend aus Sämereien. Sobald das Nahrungsangebot ausreichend
ist, fängt er sofort an zu brüten. Dazu nimmt er vorzugsweise kleine Höhlen in
Eukalyptusbäumen.
Kanarienvogel (Serinus canaria forma domestica)
Der heutige Kanarienvogel gehört zur Familie der Finken (Fringillidae) und stammt von dem
Kanarengirlitz (Serinus canaria) ab. Er bewohnt die Kanarischen Inseln (daher der Name)
und Azoren sowie die Insel Madeira. Dort findet man ihn von der Meeresküste bis zu einer
Höhe von 2000 m. Der Kanarengirlitz bevorzugt offene Landschaften und meidet die dichten
Lorbeerwälder. Er besiedelt aber die von der Baumheide (Erica arborea) dominierte
Randzone, da dieser Baum mit seinen kurzen dichten Nadelblättern, der bevorzugte Brutbaum
vom Kanarengirlitz ist.
Er lebt in Schwärmen von 20 bis 30 Tieren, außer in der
Paarungszeit. In dieser Zeit leben sie paarweise in einem streng vom Hahn verteidigten
Revier.
3.2
Beschreibung des äußeren Erscheinungsbildes
Wellensittich
Der wilde Wellensittich ist 16 bis 18 cm groß, weist eine grüne Grundfarbe auf, mit einer
-10-
gelben Maske und einer schwarz-gelben Wellenzeichnung auf den Flügeln, Oberrücken und
dem Hinterkopf. Wie alle Papapeinartigen besitzt auch der Wellensittich einen nach unten
gebogenen Schnabel.
Zwischen Hahn und Henne gibt es keinerlei Farbunterschiede, bis auf die Färbung der
Nasenwachshaut, die beim Hahn blau und bei der Henne braun ist. Nach der Ersteinfuhr des
Wellensittichs 1840 durch John Gould in Europa, wurde mit dem Wellensittich über 150
Jahre, durch Anwendung der Mendelschen Gesetze, Mutationszucht betrieben. So entstanden
über 100 Farbschläge: Lutino, Albino, graue, hellblaue, hellgrüne und Schecken - um nur
einige zu erwähnen. Parallel zur Farbzucht wurde auch auf Position gezüchtet (Gestalt).
Dadurch
gibt
es
heutzutage
wahre
Monsterwellensittiche,
die
so
genannten
Standardwellensittiche, die eine Größe von bis zu 24 cm erreichen. Natürlich gibt es die
Standardwellensittiche auch in verschiedenen Farbformen. Des Weiteren wurde auch auf
Form und Anordnung des Gefieders gezüchtet.
Kanarienvogel
Die Wildform des Kanarienvogels, der Kanariengirlitz, ist etwa 12,5 bis 13,5 Zentimeter groß
und hat einen keilförmig zulaufenden Schnabel. Seine Grundfarbe ist gelb-grün, welche zum
Bauch hin weiß ausläuft. Die Flügeldecken sowie das Großgefieder sind schwarzbraun
gesäumt. Den heutigen Kanarienvogel gibt es in einer Vielzahl von Farbvariationen. Durch
die intensiven Mutationszuchten über mehr als 500 Generationen hinweg, wurden weiße, rote,
orange, gelbe und mehrfarbige Kanarienvögel herausgezüchtet, die so genannten Gesangsund Farbkanarien. Sie weisen ein überwiegend gleiches Erscheinungsbild auf, werden etwa
13,5 cm bis 14,5 cm groß und haben farblich keine Geschlechtsunterschiede. Nicht zu
vergessen sind die Gestalt- oder Positurkanarien. Sie unterscheiden sich im Gefieder, Form
und Größe von Farb- und Gesangskanarien. So werden sie je nach Rasse zwischen 11 bis 23
cm groß. Das bekannteste Beispiel für Positurkanarien sind die Haubenkanarienvögel. Leider
hat der Gesang bei den meisten Farb- und Positurkanarien, im Gegensatz zu den
Gesangskanarien, unter der langen Zucht stark gelitten.
3.3
Typische Verhaltensweisen
Die Verhaltenweisen beider Vogelarten sind sich sehr ähnlich. So sind beide Arten tagaktiv
-11-
und leben am liebsten gesellig im Schwarm. Zumindest in der Paarungszeit und während der
Jungvogelaufzucht verhalten sich die Wellensittiche sowie die Kanarien monogam, wobei bei
den Wellensittichen das Weibchen dominiert. Zudem sind Kanarienvögel revierbildend. Bei
den Wellensittichen ist dieses Verhalten weniger ausgeprägt, da sie ursprünglich als Nomaden
lebten. Im Gegensatz zum Kanarienvogel sind Wellensittiche sehr neugierig und zeigen
außerdem menschenähnliches stänkerisches und selbstüberschätzerisches Verhalten, z. B.
konnte ich beobachten, dass meine Wellensittichhähne versuchten, dem wesentlich größeren
Bergsittichhahn zu imponieren und zu verscheuchen.
Viele Menschen glauben das Wellensittiche und Kanarienvögel nur nachts schlafen. Das
stimmt so aber nicht ganz, man kann sie nämlich auch am Tage oftmals bei einer kürzeren
oder längeren Schlafpause beobachten. Meistens findet diese zur Mittagszeit statt. Während
des Schlafens ziehen sie ein Bein an den Körper unters Bauchgefieder und sitzen leicht
aufgeplustert da. Ihren Kopf drehen sie nach hinten ca. 180°, stecken dann den Schnabel ins
Gefieder und schließen die Augen. Oftmals sitzen sie aber auch nur so da und dösen. Noch
erwähnenswert wäre, dass Wellensittiche und Kanarienvögel – wie alle Vögel - perfekte
Schauspieler sind. Auch wenn es ihnen nicht gut geht, z.B. durch Krankheit, täuschen sie vor,
gesund zu sein. Durch dieses Verhalten wollen sie in der freien Natur keinen potenziellen
Jäger auf sich aufmerksam machen. Erst bei einer sehr schweren Verletzung oder Krankheit
gelingt ihnen das Schauspielern nicht mehr. Sie sitzen dann stark aufgeplustert da und ziehen
sich meist an einen dunklen und ruhigen Ort zurück, um zu sterben. Aufgrund dieser
Verhaltensweise ist es sehr schwer, bei einem nur leicht erkrankten Vogel, die Krankheit
frühzeitig zu diagnostizieren.
-12-
4.
Selektive Zucht bei Ziervögeln
4.1
Zuchtgrundlagen
4.1.1 Mendelsche Gesetze (1.-3.)
Jeder Züchter der Rassezucht betreibt und nach bestimmten Zuchtzielen strebt, wird sich
früher oder später mit der Vererbungslehre befassen müssen. Die Grundlagen für die
Vererbungslehre wurden schon
im Jahre 1865 durch den Naturforscher Gregor Johann
Mendel geschaffen. Die von ihm entdeckten Regeln der Vererbung sind in den Mendelschen
Gesetzen (1. – 3.) beschrieben und gelten nach wie vor.
1.)
Uniformitätsgesetz:
Kreuzt man zwei reinerbige Rassen, die sich aber in der Ausbildung eines Merkmals, z.B. in
der Farbe unterscheiden, so werden die Nachkommen der l. Tochtergeneration, der so
genannten F1-Generation, stets untereinander gleich aussehen. Das äußere Erscheinungsbild
der F1-Generation hängt nun davon ab, welches Elternteil dominant (vorherrschend) bei der
Vererbung seiner Erbanlagen ist. Dominiert ein Elternteil so wird die Vererbung als
dominant-rezessiv bezeichnet.
Es kann aber auch sein, dass sich beide elterlichen Erbanlagen gleich stark auf die Ausbildung
des Genotyps (Erbausstattung) und somit auch des Phänotyps (äußeres Erscheinungsbild)
auswirken. Bei dieser Form der Vererbung handelt es sich um die so genannte intermediäre
Vererbung.
1. Beispiel – dominant-rezessive Vererbung
Kreuzung:
weiß x rot
(beide sind reinerbig, rot ist dominant und weiß
rezessiv)
F1- Generation:
100%ig sind alle rot
(bildhaftes Beispiel im Anhang unter 4.1.1-1)
In diesem Fall sind alle Nachkommen der F1-Generation aus der Kreuzung rein weiß
mit rein rot = rot, da rot in diesem Fall über weiß dominiert.
-13-
2. Beispiel - intermediäre Vererbung
Kreuzung:
weiß x rot
(beide sind reinerbig, beide dominant)
F1- Generation:
Mischform aus rot und weiß = rosa
(bildhaftes Beispiel im Anhang unter 4.1.1-1)
Für den Fall, dass sich beide elterlichen Erbanlagen gleich stark vererben, entsteht in
der F1-Generation eine Mischform der Merkmale beider Elternteile. So wäre die F1Generation aus der Kreuzung rot x weiß unter der Voraussetzung, dass beide
Elternteile dominant sind, also rosa.
2.)
Spaltungsgesetz:
Das Gesetz trifft für die Kreuzung gleicher heterozygoter (mischerbiger) Individuen zu, zum
Beispiel bei der Kreuzung innerhalb einer F1-Generation. Die so entstehende Generation wird
als F2-Generation bezeichnet. Sie spalten sich bezüglich der Merkmalsausprägung wieder
auf, wobei die Merkmale der Elterngeneration wieder zum Vorschein kommen. Das Aussehen
der entstandenen F2-Generation hängt nun wiederum von der Vererbungsart ab.
Bei einer dominant-rezessiven Vererbung wird, bezogen auf die Nachkommen der F1Generation des ersten Beispiels (z. B. bei 4 Nachkommen), ein Viertel der F2-Individuen
reinerbig rezessiv weiß = ein Nachkomme. Die restlichen drei Nachkommen sehen wie
reinerbige rote Individuen aus, wobei ein Viertel aller Nachkommen reinerbig dominant rot ist
= ein Nachkomme und zwei Viertel aller Nachkommen der F2-Generation rot aussieht und
spalt in weiß ist = 2 Nachkommen. Das Spaltverhältnis liegt bei eins zu drei.
Bei intermediärer Vererbung werden, bezogen auf die Nachkommen der F1-Generation des
zweiten Beispiels (z. B. bei 4 Nachkommen), je 25% der Nachkommen die
Merkmalsausprägung der beiden reinerbigen Varianten der Elterngeneration aufweisen (= ein
Nachkomme rein rezessiv-weiß und ein Nachkomme dominant rein rot) und die andere Hälfte
der Nachkommen Mischform der Elterngeneration (= zwei Nachkommen rosa). Es besteht ein
Spaltverhältnis von 1:2:1. (Beispiel im Anhang unter 4.1.1.-1)
3.)
Das Gesetz der freien Kombination der Gene und der Erbanlagen
-14-
Das Gesetz besagt, dass die Gene zur Ausbildung zweier oder mehrerer Merkmale, z.B.
Größe und Farbe, getrennt von einander vererbt werden, sofern die Gene auf verschiedenen
Chromosomen liegen oder im Chromosom dementsprechend weit auseinander liegen, dass sie
im Zuge der Meiose durch das Crossing over regelmäßig wiederkehrend getrennt voneinander
vererbt werden (Crossing over = Stückaustausch der zwischen homologen Chromosomen
während der Prophase der Meiose stattfindet). Wenn die Gene zu Merkmalsausbildung jedoch
auf einem Chromosom sehr dicht zusammen liegen, werden sie in Kopplungsgruppen
zusammenhängend vererbt. Die Vererbung der einzelnen Gene erfolgt jedoch nach dem
Uniformitäts- und dem Spaltungsgesetz. So können die Merkmale der reinerbigen
Elterngeneration in der F2-Generation außer in den Formen der Eltern
auch in anderen
Kombinationen auftreten. (Beispiel im Anhang unter 4.2.1-1 )
4.1.2
Modifikation und Mutation
Eine Mutation ist eine sprunghafte Veränderung des Erbgutes des Genotyps. Bei einer
Mutation werden die in der DNA gespeicherten Informationen sprunghaft verändert. Dadurch
können sich auch die Merkmale des Phänotyps verändern. Sie setzen dabei die Mendelschen
Gesetze außer Kraft. In den meisten Fällen sind die mutierten Gene jedoch schwächer als die
Gene der Wildformen und daher werden sie frei rezessiv vererbt. Mutationen können auch
durch verschiedene Umweltfaktoren ausgelöst werden, so kann starke UV-Strahlung oder
Atomstrahlung
Krebs verursachen. Eine schwache Strahlung kann eine Modifikation
auslösen (UV-Strahlung – Bräunung der Haut und Atomstrahlung – Verbrennung der Haut).
Unter einer Modifikation versteht man eine nicht erbliche Veränderung des Phänotyps durch
unterschiedliche Umweltfaktoren. Solche Faktoren können z. B. Ernährung, Chemikalien und
Temperatur. Jedoch beeinflussen solche Faktoren den Genotyp nicht.
4.2
Anwendung der Zuchtgrundlagen bei der Ziervögelzucht
4.2.1 Selektive Zucht von Wellensittichen auf Grundlage der Mendelschen Gesetze
Der Wellensittich ist wohl einer der bekanntesten Beispiele der selektiven Zucht. Schon seit
mehr als hundert Jahren wird er selektiv gezüchtet. Das A und O ist die Auswahl der
Zuchttiere. Bei der Zucht werden Männchen mit 1.0 und Weibchen mit 0.1 abgekürzt. Jeder
Züchter der Rassen- oder Neuzucht betreiben will, sollte vorab reinerbige Zuchttiere
-15-
aussuchen, die dem ausgesuchten Zuchtziel, z.B. groß und dunkelblau, ziemlich ähnlich
sehen. Außerdem sollten sie eine gute Haltung und Statur aufweisen. Bei diesen Tieren sind
die Gene für diese beiden Merkmale dunkelblau/groß besonders ausgeprägt. Auf jeden Fall
sollte man nur mit gesunden und ausreichend alten Vögeln züchten. Beim Wellensittich
beginnt die Zucht nicht vor dem 9. Monat, da zu junge Vögel noch nicht über eine
ausreichende Kondition verfügen. Züchtet man nun mit den ausgesuchten Tieren, werden nur
noch die Jungen zur weiteren Zucht eingesetzt, die eine besonders starke Ausprägung der
gewünschten Eigenschaften besitzen, die wie in unserem Beispiel besonders groß und
dunkelblau sind. Führt man diese Auslese nun über viele Generationen hinweg durch,
manifestieren sich die Eigenschaften groß/dunkelblau in der DNA des Wellensittichs. Diese
Art der Zucht ist eigentlich nichts anderes als die durch Menschenhand gesteuerte Evolution
durch Selektion der Zuchttiere.
Um nun jedoch diesen langen Weg der Zucht zu beschleunigen, nutzt man neben der
Selektion auch die Mendelschen Gesetze. Dazu sollte man wissen, dass es neben der
dominanten, der intermediären und der rezessiven Vererbung auch die geschlechtsgebundene
Vererbung gibt. Bei der geschlechtsgebundenen Vererbung liegt das Gen zur Ausbildung des
Merkmals mit auf dem Geschlechtschromosom X, so z.B. bei den Mutationen Opalin, Zimt,
Ino (Lutino und Albino), Texas Clearbody und Schiefer sowie ihren Kombinationen. Dem
hinzuzufügen wäre noch, dass bei Vögeln die Geschlechtschromosomen bei Männchen zwei
X-Chromosomen und beim Weibchen ein X- und ein Y- Chromosom sind. Demzufolge gibt
es keine spalterbigen Weibchen in den zuvor genannten Mutationen. Möchte man nun zwei
Mutationen miteinander verbinden, dann kommt das 3. Mendelsche Gesetz zum Einsatz - das
Gesetz der freien Kombination der Gene und der Erbanlagen.
Nun zu einem einfachen Beispiel. Das Zuchtziel ist ein hellblauer Haubenwellensittich. Um
dieses Ziel zu erreichen, kreuzt man einen reinerbigen 1.0 grünen Normalwellensittich mit
Haube (spezielle Anordnung der Kopffedern), bei dem beide Eigenschaften dominant sind,
mit einem reinerbigen 0.1 hellblauen Wellensittich (hellblau vererbt rezessiv) - Beispiel im
Anhang unter 4.2.1-1. Anhand dieses Beispiels kann man sehr schön erkennen, wie bei der
Wellensittichzucht zwei Erbeigenschaften unabhängig voneinander vererbt werden und sich
so auch miteinander vereinen lassen. So entstanden in der F1-Generation nur Jungvögel mit
der Merkmalsausprägung des Hahnes.
-16-
Erst in der F2-Generation kann man das Zuchtziel hellblauer Haubenwellensittich drei Mal
züchten, wobei es auch zu einer zweiten Neuzüchtung kommt, drei grünen Wellensittichen
ohne Haube
Nun noch ein Beispiel aus meiner eigenen Zucht. Ich kreuzte einen reinen australischen
Scheckenhahn (dominant) mit einem reinen blauen Hellflügelwellensittichweibchen (rezessiv)
und erhielt in der F1-Generation vier Junge in der Farbe und Zeichnung des Hahns (siehe
Zeichnung Rücken). Aufgrund des Uniformitätsgesetzes sind alle Jungen gleich im
Erscheinungsbild. In ca. 4 Monaten werde ich mit ihnen weiter züchten, um wieder reinerbige
Vögel in der F2-Generation zu erhalten, also reinerbige australische Schecken und reinerbige
blaue Hellflügelwellensittiche. Es handelt sich hierbei um einen dihybriden Erbgang.
(Bilder im Anhang unter 4.2.1-2)
Schon seit geraumer Zeit versuchen einige Züchter aus der ganzen Welt einen roten
Wellensittich zu züchten, dies jedoch ohne Erfolg. Aber warum ist das so? Schauen wir uns
zuerst einmal die Erbanlagen des Wellensittichs an. Man weiß heutzutage, dass der
Wellensittich Erbanlagen für blau, schwarz und gelb besitzt (grün nicht, da dies eine
Mischung aus blau und gelb ist). Daher ist es auch nicht möglich, einen roten Wellensittich zu
züchten, da er keine Erbanlagen für die rote Gefiederfarbe besitzt. Auch Versuche das Rot
einzukreuzen blieben erfolglos. Es müsste eine Mutation der Gene erfolgen, um die Farbe Rot
zu erhalten.
4.2.2 Ausnutzung positiver Merkmale der Mutation und Modifikation bei der
Kanarienzucht
Bis zum des 17. Jahrhunderts wurde der Kanarienvogel hauptsächlich wegen seinem Gesang
gehalten. Durch das Auftreten der ersten grün-gelb gescheckten Vögel in Deutschland wurde
neben dem Gesang auch die Farbe immer mehr zum Zuchtziel. Durch lange selektive Zucht
gelang es den Züchtern, Mutationen wie gelb, schwarz, braun, weiß und Hauben als positives
Rassemerkmal mit in die Kanarienstämme zu integrieren. Eins schafften die Züchter jedoch
nicht, einen roten Kanarienvogel zu züchten, da der Kanarienvogel - genauso wie der
Wellensittich - keine Erbanlagen für eine rote Gefiederfarbe besitzt. Daher kreuzte man den
Kapuzen-Zeisig mit Kanarien, um so die rote Farbe zu erhalten. Jedoch gelang dies nur mit
mittelmäßigem Erfolg. Die Kanarien wurden maximal orange-rot. Um nun ein leuchtendes
Rot zu erhalten, muss man eine Modifikation des Gefieders durchführen.
-17-
Die leuchtend rote Farbe des Gefieders wird durch die Zugabe von Beta-Karotin im
Trinkwasser erreicht. Man gibt den Farbstoff überwiegend während der Mauser, da sich nur in
dieser Zeit das Beta-Karotin in den Federn einlagern kann. Verabreicht man es ihnen nicht
während der Mauser, dann werden die Kanarien rot-orange. Beta-Karotin wird je nach der
genetischen Voraussetzung des Vogels in körpereigene Carotinoide (den Lipochromen)
umgewandelt oder direkt in die Federn eingelagert. Eine andere Möglichkeit Beta-Karotin zu
verabreichen ist es, über das Futter z.B. Möhren oder roten Paprika zu reichen. Allerdings ist
diese Gabe von Beta-Karotin nicht ausreichend, um die Kanarien kräftig rot zu färben.
Aufgrund dieser Tatsache wundern sich manche Leute, dass ihr rot gekaufter Kanarienvogel
auf einmal nur noch orange ist.
(Bilder im Anhand unter 4.2.2-2)
-18-
5.
Spezifische Verhaltensweisen der Ziervögel
5.1
Wichtige Verhaltensweisen von Ziervögeln
5.1.1 Angeborenes und erlerntes Verhalten
Unter angeborenem Verhalten versteht man spezifische Verhaltensweisen, die durch die
Erbanlagen vorgegeben werden. Angeborene Verhaltensweisen müssen nicht erlernt werden.
Sie können auch durch bestimmte Reize ausgelöst werden. Zu solchen Reizen, die z. B. den
Fortpflanzungstrieb auslösen, gehören die Tageslichtstunden, Nahrungsangebot, Temperatur.
Nun zu einigen Beispielen: Am wichtigsten erscheint mir das Balz-, Paarungs- und
Brutverhalten. Der ganze Ablauf der Fortpflanzung ist bei den Vögeln instinktiv vorgegeben.
Diese Erfahrung konnte ich auch selbst machen. Bei einer separaten Zucht mit einem Paar
einjähriger Vögel beobachtete ich, dass sich die beiden Vögel erfolgreich paarten, brüteten
und ihre Jungen großzogen, obwohl sie keinerlei Erfahrungen mit der Fortpflanzung und
Aufzucht hatten. Ein weiteres instinktives Verhalten ist das Betteln nach Futter nach dem
Schlumpf. Sobald die Jungen geschlüpft sind, fangen sie instinktiv an, die Alttiere um Futter
anzubetteln. Es geht sogar soweit, dass sich die Jungen bei manchen Arten gegenseitig
füttern. Dieses Verhalten erfüllt den Zweck, eine möglichst hohe Überlebensquote unter den
Jungvögeln zu sichern. Der Sinn angeborener Verhaltensweisen ist es immer, das eigene
Überleben und den Fortbestand der Art zu sichern.
Nun zu den erlernten Verhaltensweisen: Eigentlich lernt der Vogel wie alle Tiere nur aus
einem Grund, nämlich, um sich einer neuen Situation bestmöglich anpassen zu können. Denn
nur seine Anpassung sichert ihm das Überleben und somit die Fortpflanzung und den Bestand
seiner Art. Hierbei können die Vögel eventuell entstandene Nachteile, z. B. Wasserknappheit,
durch Einsetzen von erlernten Verhaltensweisen, wie z. B. Aufsuchen von durch
Menschenhand geschaffenen Wasserquellen in städtischen Siedlungen, wieder ausgleichen.
Ein anderes Beispiel ist die frei lebende Population von Halsbandsittichen in Deutschland. Ab
Mitte des letzten Jahrhunderts entkamen in Köln, Ludwigshafen, Mannheim, Wiesbaden und
Mainz mehrere Exemplare der ca. 40 cm großen Halsbandsittiche. Sie passten sich den
Umweltbedingungen in Deutschland an und bildeten eine stabile Population. Heutzutage gibt
es mehrere tausend frei lebende Exemplare in Deutschland. Vor einigen Jahren beobachtete
man zum ersten Mal, dass einige Halsbandsittiche nicht mehr in Baumhöhlen brüteten,
-19-
obwohl genügend vorhanden waren, sondern in der Styroporfassade modern isolierter Häuser.
Diese Verhaltensweise erlernten sie wahrscheinlich vom Specht, der auch für das
Fassadenbrüten negativ bekannt ist und deren Höhlen die Halsbandsittiche mit Vorliebe
benutzen. Die Tiere lernten sogar, sich mit dem Schnabel durch den dünnen Putz zu picken
und soweit das Dämmmaterial herauszulösen, bis sie sich selbst eine Bruthöhle geschaffen
hatten. Solch geschaffene Bruthöhlen sind für den Halsbandsittich von Vorteil, da das
Brutklima optimal für eine erfolgreiche Jungvogelaufzucht ist. (Bilder vom Halsbandsittich
und Fassadenhöhlen im Anhang unter 5.1.1)
An dieser Stelle möchte ich das Erlernen von Verhaltensweisen anhand meiner Bergsittiche
nochmals näher erläutern. Im Juni letzten Jahres beschloss ich, meine Bergsittiche über Nacht
im Schutzhaus einzusperren, weil sie in den Sommermonaten, sobald es hell wurde, laute
Schreie von sich gaben und ich ein wenig Rücksicht auf die Nachbarn nehmen wollte. In der
ersten Zeit lief alles reibungslos (ca. 4 Wochen). Ich sperrte sie abends ein und ließ sie
morgens wieder raus und alles war herrlich ruhig. Aber nun geschah Folgendes. Ich öffnete
den Volierenschieber immer gegen neun Uhr, weil sie ab diesem Zeitraum langsam anfingen
lauter und unruhiger zu werden. Kurz darauf bemerkte ich, dass allein schon meine
Anwesenheit in Hörweite der Voliere, die Bergsittiche veranlasste, laut zu werden.
Mittlerweile ist es sogar schon soweit, dass sie ab 6.30 Uhr (Zeit zu der ich sie werktags
rauslasse) anfangen zu schreien, sobald sie nur das Haustürschließen hören. Wenn ich sie
dann nicht rauslasse, schreien sie ununterbrochen weiter. Die Schreie sind, trotzdem sie im
Schutzhaus sind, immer noch sehr laut. Erst nach dem Rauslassen kehrt Ruhe ein. Anhand
dieses Beispieles lässt sich erkennen, dass die Bergsittiche gelernt haben, dass sie mich durch
permanentes Schreien dazu zwingen können, ihnen das Schutzhaus zur Außenvoliere zu
öffnen.
Dass wohl bekannteste Beispiel für erlerntes Verhalten ist das Sprechen eines Papageis. In
den meisten Fällen sieht der Vogel den Besitzer als Partner an und probiert, durch das
Nachahmen der menschlichen Sprache mit dem Menschen Kontakt aufzunehmen.
5.1.2
Sozialverhalten
Die meisten Ziervögel in freier Natur leben in Schwärmen bzw. Familienverbänden oder
größeren Gruppen zusammen. In so einem Schwarm herrschen bestimmte Verhaltensweisen,
die jeder Vogel einhalten muss, um ein friedliches Zusammenleben mit den Artgenossen zu
-20-
gewährleisten. Der Hauptgrund, warum sich Vögel im Schwarm zusammen finden, ist der
höhere Schutz vor Fressfeinden. An dieser Stelle sollte man jedoch die Ziervögel in zwei
Gruppen teilen. Zu einem in die Gruppe der ständig im Schwarm lebenden Ziervögel und in
die Ziervogelgruppe, die nur außerhalb der Brutzeit in Schwärmen lebt. Auf jeden Fall sind
Ziervögel meist sehr soziale Tiere, die man nicht einzeln halten sollte. Die meisten dauerhaft
im Schwarm lebenden Vögel besitzen kein ausgeprägtes Revier- und Aggressionsverhalten.
Ein typisches Beispiel für das Schwarmverhalten kann man sogar noch bei den in Volieren
gehaltenen Ziervögeln deutlich erkennen. Sobald eine Gefahrensituation vorliegt, z.B. wenn
plötzlich eine Katze auftaucht, sieht man, dass, wenn ein Vogel auffliegt, 100%ig alle anderen
auch fluchtartig davonfliegen. Manchmal reicht es sogar schon aus, dass ein Vogel einen
Alarmschrei abgibt, um den ganzen Schwarm in helle Aufregung zu versetzen. Bei einem
Schwarmvogel wird man feststellen, dass sie alles gemeinsam machen - sei es Trinken,
Putzen oder Brüten. Dabei kann man oft beobachten, dass ein bestimmtes Tier die Vorhut
übernimmt. Auf jeden Fall sollte man wissen, dass es neben dem Schwarmleben auch noch
das Leben als festes Paar gibt. Jedoch gibt es hin und wieder auch unter den
Schwarmmitgliedern kleine Streitigkeiten. Aber das gehört zum sozialen Miteinander des
Schwarms dazu.
Im Gegensatz zu den festen Schwarmvögeln ist die Ziervogelgruppe, die nur außerhalb der
Brutzeit in Schwärmen lebt, untereinander um einiges aggressiver. Sobald die Paarungszeit
beginnt, verstreuen sich die Brutpaare und nehmen Reviere ein. In der Paarungszeit sind diese
Vögel, speziell manche Großsitticharten, sehr aggressiv. Das äußert sich zum Beispiel darin,
dass Artgenossen, die in das Revier eindringen, sofort attackiert und vertrieben werden. Ein
soziales Verhalten, dass man relativ häufig sehen kann, ist das Partnerfüttern und die
gegenseitige Gefiederpflege. Diese beiden Tätigkeiten sollen die soziale Bindung des Paares
stärken.
5.1.3
Kommunikation
Auf Grund der Tatsache, dass die Ziervögel ursprünglich überwiegend Schwarmvögel waren,
ist die Kommunikation sehr stark ausgeprägt. Man kann die Bedeutung der Kommunikation
schon daran erkennen, dass bestimmte Kontaktlaute nicht erlernt werden müssen. Gerade bei
der Handaufzucht zeigt sich, dass die Jungtiere die Kommunikationsrufe beherrschen, ohne
sie zuvor schon einmal gehört zu haben.
-21-
Der Wellensittich ist einer der kommunikativsten Ziervögel überhaupt. Gerade bei der
Einzelhaltung hat er, das natürliche Bedürfnis zu kommunizieren. In so einem Fall probiert er,
mit dem Menschen Kontakt aufzunehmen. Es geht sogar so weit, dass manche Wellensittiche
die menschliche Sprache nachahmen.
5.1.4 Aggressionsverhalten
Aggressionsverhalten dient dazu, während der Brutzeit Rivalen und somit potentielle
Futterkonkurrenten aus dem Revier zu verjagen. Neben dieser natürlichen Aggression tritt
sie auch bei der Einzelhaltung mancher Papageien auf. Wird sich nämlich zu wenig mit dem
Vogel beschäftigt, so artet der entstehende Frust oftmals neben Federrupfen in Aggression
aus. Aggression ist demzufolge die Auswirkung von nichtartgerechter Haltung.
Ebenso kann Aggression auch Folge einer schlechten Erfahrung eines Vogels sein. Der
Ziervogel einer Bekannten reagierte auf Männer mit schrillem Geschrei, während ihn die
Anwesenheit von Frauen nicht störte. Wahrscheinlich war eine unliebsame Erfahrung mit
einem Mann für den Vögel dermaßen einprägend, dass er nun immer so aggressiv auf die
Anwesenheit von Männern reagierte.
5.2
Die Bedeutung der Verhaltensweisen bei Haltung von Ziervögeln
5.2.1
Nutzung positiver Verhaltensmerkmale bei der Zähmung von Ziervögeln
Bei der Zähmung werden überwiegend das Kommunikationsbedürfnis, das Schwarmbedürfnis
und die natürliche Neugier der Vögel ausgenutzt. Jeder einzeln gehaltene Vogel wird bestrebt
sein, sich einem Schwarm anzuschließen. So fungiert der Menschen oft, sobald er sich das
Vertrauen erarbeitet hat, als eine Art Schwarm- oder Partnerersatz. Trotzdem ist die Zähmung
ein langwieriger Prozess, der mit viel Geduld verbunden ist. Denn nur so kann man sich das
Vertrauen des Vogels erarbeiten.
Will man einen Vogel richtig zähmen, dann sollte man sich täglich mindestens eine halbe
Stunde lang mit ihm beschäftigen, um als Schwarmmitglied akzeptiert zu werden. Natürlich
kann man das Vertrauen von Vögeln auch durch Futter erlangen. Kolbenhirse ist bestens
geeignet, um den Vogel an die Hand zu gewöhnen. Hält man die Hirse in der Hand wird die
-22-
Neugierde schon nach kurzer Zeit stärker als die Angst sein. Der Vogel wird schon bald keine
Gefahr mehr mit der Hand verbinden. Auch wenn man keinen zahmen Wellensittich
bekommen möchte, sollte man sich trotzdem mit dem Vogel täglich beschäftigen, da sie
ansonsten vereinsamen und so schwere psychische Schäden davon tragen können. Ansonsten
wäre es, aus Sicht einer artgerechten Haltung, ratsam einen Zweitvogel zu kaufen.
5.2.2 Die gegensätzlichen Verhaltensweisen des Wellensittichs und Königssittichs im
Vergleich
Die wohl größten Unterschiede dieser beiden Arten sind, neben dem enormen
Größenunterschied, das soziale Zusammenleben. Wie alle Ziervögel sind auch diese beiden
Arten tagaktiv. Der Wellensittich ist ein ausgesprochener Schwarmvogel, der auch
verhältnismäßig wenig Aggressionsverhalten zeigt und sich zusammen mit vielen
Artgenossen am wohlsten fühlt. Außerdem kann man ihn meist sehr gut mit anderen
friedlichen Sittichen vergesellschaften. Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass man den
Wellensittich sogar während der Brutzeit durchaus mit auch anderen Sittichen zusammen in
einer Voliere halten kann. Genau gegenteilig verhält sich der Königssittich. Man sollte bei der
Haltung dieser stattlichen Vögel beachten, sie nur als Einzelpaar zu halten. Des Weiteren
dürfen auch keine weiteren Königssittiche in den Nachbarvolieren gehalten werden. Dieser
imposante Sittich ist auch außerhalb der Brutzeit gegenüber anderen Sittichen unverträglich.
Ab Ende April kommen die Königsittiche in Brutstimmung. Nun wird der Hahn extrem
aggressiv. Ich konnte anhand meines Pärchens beobachten, dass der Hahn sogar versucht, die
Vögel der Nachbarvoliere zu attackieren. So wurden 3 Junge Wellensittiche durch den
Königssittich verletzt, weil sie zu nahe ans Gitter kamen. Selbst gegenüber seinem Weibchen
äußert sich der Hahn oft aggressiv (beißt sie weg), obwohl er sie regelmäßig aufs stärkste
bebalzt und sich mit ihr paart. Im Großen und Ganzen verläuft die ganze Fortpflanzung bei
den Königsittichen viel länger und intensiver als beim Wellesittich. Das liegt darin begründet,
dass der Wellensittich mehrere Bruten im Jahr zieht und der Königssittich nur eine. Zu guter
Letzt kann man sagen, dass der Wellesittich überwiegend friedlich ist, also das genaue
Gegenteil vom Königssittich, der aufgrund seines durchweg aggressiven Verhaltens zu den
unverträglichsten Ziervögeln überhaupt gehört. Trotzdem ist jeder Vogel ein Unikum. Das
heißt, es kommen bei beiden Arten sowohl sehr friedlich als auch extrem aggressive
Exemplare vor.
-23-
5.3
Biologische Brutvoraussetzungen, Auswirkungen auf das Brutverhalten von
Ziervögeln
Damit Ziervögel in Brutstimmung kommen, müssen mehrere Schlüsselreize zusammenwirken
einwirken. Als erstes muss das Nahrungsangebot üppig sein. Meistens brüten die Vögel in der
Natur nach den Regenfällen, weil danach ausreichend Nahrung zur Jungenaufzucht zur
Verfügung steht. Ein anderer Reiz ist die Tageslichtdauer. In vielen Fällen setzt der Bruttrieb
mit der Zunahme der Lichtstunden im Frühling ein. Außerdem müssen die Temperaturen in
einem bestimmten Bereich liegen. Die meisten Ziervögel, die ursprünglich von der
Südhalbkugel stammen, haben mittlerweile ihre biologische Uhr nach den europäischen
Jahreszeiten angepasst. Um den Bruttrieb auszulösen, ist es erforderlich, dass ein geeigneter
Nistplatz vorhanden ist bzw. Material, um ihn zu bauen. Im Falle der Papageien muss eine
geeignete Höhle zur Verfügung stehen, da erst mit dem Aufenthalt der Henne, in der
Dunkelheit der Höhle, ein Hormon freigesetzt wird, das den Eisprung auslöst. Wirken alle
Reize zusammen auf den Vogel ein, dann kommt es zur Brut. Nicht zu vergessen ist, dass sich
Stress sehr negativ auf das Fortpflanzungsverhalten auswirken kann.
5.4
Brut und Aufzucht von Jungvögeln am Beispiel des Wellensittichs
5.4.1 Schaffung der Brutreize in Menschenobhut
Um den Bruttrieb des Wellensittichs zu wecken, ist nicht viel nötig. Als erstes füttert man
zwei Wochen vor Zuchtbeginn Keimfutter (drei Tage gekeimtes Wellensittichfutter). So spielt
man den Wellesittich Nahrungsüberfluss vor, da das Keimfutter viel nahrhafter als normales
Wellensittichfutter ist. Nach ca. 14 Tagen kann man die Nistkästen reinhängen und die Zucht
beginnen. Der Nistkasten ist ca. 25 cm lang, 15 cm hoch und 15 cm tief und der Durchmesser
vom Einflugsloch sollte 5 cm betragen. Einstreuen muss man den Nistkasten nicht, da dieser
sofort wieder vom Vogel entfernt wird.
Der
in
Deutschland
lebende
Wellensittich
brütet
mittlerweile
temperatur-
und
jahreszeitenunabhängig. Sobald man ihnen ein Nistkasten zur Verfügung stellt und sie mit
Keimfutter füttert, brüten sie – sogar wenn es Winter wäre.
-24-
5.4.2
Auswahl der Zuchttiere nach bestimmten Kriterien
Um möglichst qualitative hochwertige Nachkommen zu züchten, sollten die Elterntiere
allgemein folgende Kriterien erfüllen (Standardwellensittiche lasse ich außen vor):
1. Die Vögel müssen gesund sein.
2. Sie sollten möglichst nicht miteinander verwandt sein.
3. Sie müssen ein Mindestalter von einem halben Jahr haben.
4. Die Federn sollten möglicht glatt anliegen.
5. Die Zuchttiere sollten symmetrisch sein und eine gute Haltung aufweisen.
6. Bei Schecken sollten die Farben klar abgegrenzt von einander sein.
7. Die Zuchttiere sollten keine Missbildungen oder Erbkrankheiten besitzen.
8. Sie sollten keine negativen Verhaltensauffälligkeiten, wie Aggression, aufweisen.
5.4.3 Balz, Paarung und Brut
Bei dem folgenden Balz-, Paarung- und Brutablauf gehe ich von einer Außenvolierenzucht
aus, wobei normale Wellensittiche gezüchtet werden. Sobald die Nistkästen angeboten
werden, fangen Wellensittiche in der Regel sofort mit der Balz und Paarung an, da sich die
Paare schon vorher gefunden haben. Das Balzverhalten geht immer vom Wellensittichhahn
aus und lässt kein Schema erkennen. Jeder Hahn ist ein Individualist. Während der Balz wird
der Hahn bei jeder Gelegenheit versuchen, der Henne auf den Schwanz zu treten, um sie zu
begatten. In der Anfangszeit wird sie das nicht zulassen. Während der gesamten Balzzeit
sieht man den Hahn wie er sich mit trippelnden Schritten und eifrigem Kopfnicken der Henne
nähert und am Ende dem Weibchen unter hektischen Kopfbewegungen gegen den Schnabel
stupst, um ihr zu imponieren. Nun werden seine Pupillen vor Erregung zu kleinen schwarzen
Pünktchen. In den meisten Fällen wird der Hahn versuchen, jeden anderen Wellensittich, der
seiner Henne zu nahe kommt, zu verscheuchen. Nun wird man die Henne oft im Nistkasten
verschwinden sehen, da sie durch ein Hormon zum Aufsuchen einer Höhle animiert wird.
Durch die Dunkelheit wird nun ein zweites Hormon freigesetzt, welches den Eisprung auslöst.
Der Hahn wird während der ganzen Balz sein Spektakel mit lautem Gezwitscher untermauern
und das Weibchen mehrmals am Tag füttern. Nach ca. 4 – 5-tägiger Balz wird die Henne die
-25-
Paarung zulassen. Bei der Paarung wird der Hahn seine Henne besteigen und seine Kloake
an die des Weibchens pressen, um so seinen Samen zu übertragen. Oftmals kann man auch
erkennen, dass der Hahn bei der Kopulation einen Flügel zur Seite herunter hängen lässt. Falls
der Hahn die Henne nach der Paarung füttert, kann man dies als ein sicheres Zeichen für den
Erfolg der Paarung betrachten. Ca. acht bis zehn Tage nach der ersten Kopulation wird die
Henne das erste Ei legen. Die Eier werden in einem Legabstand von zwei Tagen gelegt. Ein
durchschnittliches Wellensittichgelege umfasst ungefähr 4 - 6 Eier und wird ab dem 3. Ei fest
bebrütet. Der Sinn, warum die Eier erst ab dem 3. Ei bebrütet werden, ist ganz simpel. Die
Jungen sollen keinen so großen Entwicklungsunterschied nach dem Schlupf aufweisen.
In der Brutzeit von 18 Tagen wird die Henne vom Hahn durchgängig mit Futter versorgt.
Während die Henne brütet, wendet sie ungeschlüpfte Eier in regelmäßigen Abständen. Die
Henne verlässt den Nistkasten nur sehr selten, meistens nur zum Kotabsetzen, aber dann in
riesigen „Kotbomben“. Wenn das Brüten erfolgreich verlaufen ist, schlüpfen die Jungen nach
18-tägiger Brut.
5.4.3
Jungenaufzucht
Nach etwa 3 Wochen schlüpfen die Küken im gleichen Abstand wie die Eier gelegt worden
sind (sofern sie befruchtet wurden).
Nach dem Schlüpfen der Küken wärmt und füttert die Henne die Jungen alleine. Da für das
Betteln um Nahrung den Küken noch die Kraft fehlt, werden sie von der Henne auf dem
Rücken liegend gefüttert. Die Henne füttert ihre Küken alle 2 Stunden bis sie etwa eine
Woche alt sind, danach werden die Abstände langsam größer. Nach etwa 12-15 Tagen
übernimmt der Hahn teilweise die Fütterung der Küken. Es kommt sogar vor, dass die älteren
Küken ab dem 18. - 20. Tag teilweise die Fütterung ihrer jüngeren Geschwister übernehmen,
um das Futter gerecht zu verteilen. Die Henne wird nun immer länger aus dem Nistkasten
gehen. Mit etwa 20 - 22 Tagen werden die Küken das erste Mal aus dem Schlupfloch des
Nistkastens schauen. Nun kommt die Henne nur noch zum Füttern der Küken zum Kasten.
Ab dem 26. - 28. Tag fängt jeweils ein Jungtier an, die Flügel intensiv zu trainieren, im
Nistkasten kann man nun „Hubschraubergeräusche“ hören. Mit etwa viereinhalb bis fünf
Wochen werden die Küken den Nistkasten verlassen. Sobald sie draußen sind, wird sich nur
noch der Hahn um sie kümmern. Er zeigt ihnen alles, z.B. was man fressen kann und wo man
das Trinken und Fressen findet. Das Lernverhalten setzt ein.
-26-
Die Henne wird sich sobald die Jungen den Kasten verlassen haben, nicht mehr um sie
kümmern.
5.4.5 Zuchtprotokoll
Die Jungvogelaufzucht des Wellensittichs möchte ich gern anhand des von mir geführten
Zuchtprotokolls näher erläutern. Ich wählte mir hierzu ein spezielles Wellensittichpaar aus,
welches schon mehrmals erfolgreich Junge gezogen hatte. In einem Zuchtprotokoll hielt ich
die Beobachtungen ab Schlupfbeginn täglich fest und protokollierte sie. Zusätzlich verfolgte
ich die Entwicklungsfortschritte fotografisch. Sie finden das Zuchtprotokoll im Anhang unter
5.4.5.
-27-
6.
Typische Infektionskrankungen bei Ziervögeln, Vorbeugung und Bekämpfung
6.1
Papageienkrankheit
Leidet ein Vogel an einer beginnenden Erkrankung und einer allgemeinen Schwächung, wird
er versuchen, seine Erkrankung so lang wie möglich durch perfektes "Schauspielern" zu
verbergen. Dieses Verhalten ist den Vögeln angeboren und wird ihnen durch ihren
Überlebensinstinkt diktiert. In freier Wildbahn erbeuten Fressfeinde wie Greifvögel vor allem
die schwachen und kranken Individuen eines Schwarms. Weitere Zeichen für eine Krankheit
sind plötzliches Zutrauen, Aufplustern, Durchfall, Niesen, Nasen- und Augenausfluss, mattes
Gefieder und eine auffällige Körperhaltung. Für Vogelhalter ist die Papageienkrankheit eine
ernste Angelegenheit. Vor allem bei Jungvögeln bricht diese hochgradig ansteckende
Infektionskrankheit sichtbar aus und oft ist dann bereits der gesamte Vogelbestand infiziert.
Sehr leicht kann es geschehen, dass sich auch der Tierhalter ansteckt, denn die
Papageienkrankheit gehört zu den so genannten Zoonosen, also zu den Krankheiten, die vom
Tier auf den Menschen überspringen können. Zum Glück gibt es aber auch schon ein
wirksames Medikament, was nicht nur dem Halter hilft, sondern auch die Vögel rettet.
Außerdem gibt es auch schon Impfmittel für die Vögel gegen diese Krankheit.
6.2
Vogelgrippe
Vogelgrippe ist die umgangssprachliche Bezeichnung für eine Viruserkrankung der Vögel.
Wie alle anderen durch Influenzaviren verursachten Geflügelkrankheiten ist die Vogelgrippe
eine anzeigepflichtige Tierseuche. In Einzelfällen sind die Viren in den vergangenen Jahren
auch auf Säugetiere und auf Menschen übertragen worden, die Erkrankung ist also eine
Zoonose. Überträger ist der H5N1-Virus. Der Erhalt der Infektionsfähigkeit des Erregers ist in
der Außenwelt nicht sehr hoch und kann durch die handelsüblichen Desinfektionsmittel
unschädlich gemacht werden. Jedoch kann das Virus im organischen Material wie Kot und
Ähnliches in Volieren und insbesondere bei niedrigen Temperaturen einige Wochen
überstehen. Wichtig ist hierbei vor allem die Vorbeugung. Die Anzeichen der Vogelgrippe
ähneln denen der Papageienkrankheit - Aufplustern, Durchfall, Niesen, Nasen- und
Augenausfluss, mattes Gefieder und eine auffällige Körperhaltung. Amtstierärztliche
Anweisungen sind unbedingt zu befolgen und der Vogelbestand ist sehr genau auf eventuelle
Krankheitsanzeichen zu überprüfen. Angeordnete Schutzmaßnahmen sind z. B. das Dach der
Voliere sicher abzudecken, um Koteindringen von Wildvögeln zu verhindern.
-28-
Anhang:
Bilder:
1.2
Volieren
Hier sieht man die Doppelvoliere mit den
Schutzhäusern, rechts die Voliere der
Bergsittiche und Wellensittiche und
links die der Königssittiche und der
Chinesische Zwergwachteln.
Das ist die Voliere der Rotflügelsittiche.
Das sind die Zucht/ Verkaufsboxen.
[
Vogelbestand:
Bergsittich
-29-
Königssittich
Wellensittich
Rotflügelsittich
(Hahn rechts ist noch nicht ausgefärbt)
Chinesische Zwergwachtel
Kanarienvögel
-30-
4.1.1-1
1- Elterngeneration
2- F1 Generation
3- F2 Generation
( Bild1 )
-31-
4.2.1-1
(Bild 2- 7)
Praxisbezogene Ergebnisse: Der Letalfaktor bei Haubenwellensittichen ist ca. 47%.
Das heißt, ca. die Hälfte aller Nachkommen von rein- und mischerbigen
Haubenwellsittichen stirbt schon im Ei ab.
-32-
4.2.1-2
australischer Scheckenhahn
x
Hellflügelwellensittichweibchen
F1- Generation:
(Bild 8-13)
4.2.2-2
Kanariengirlitz -
( Bild 14)
roter Lipochrom-Kanarienvogel in intensiv
( Bild 15 )
-33-
gelber Kanarienvogel
)
( Bild 16 )
Schwarz-gelb-mosaik Typ 1- Kanarienvogel
( Bild 17 )
Weiß rezessiv Kanarienvogel
( Bild 18 )
achat opal gelb schimmel mit Haube
( Bild 19 )
Kapuzen-Zeisig
-34-
( Bild 20)
5.1.1
(Bild 21)
( Bild 22)
(Bild 23-24)
-35-
5.4.5 Zuchtprotokoll:
Tag nach Schlupf
Foto
Beobachtung
Auswertung
1. Tag Zeit: 18.29
- zwei Küken sind
Wellensittichküken sind
01. März 2008
geschlüpft
Nesthocker und sind auf
Uhrzeit der
Beobachtung
die Eltern angewiesen.
- Küken sind nackt,
Die Küken können z.B.
blind und können den
nicht allein fressen und
Kopf nicht heben
müssen gewärmt werden.
- der Kropf ist mit einer
gelben Masse gefüllt
Die Küken werden
gefüttert.
- Henne bebrütet die
restlichen Eier weiter
.
fest
2. Tag Zeit: 18.22
- drittes Küken ist am
Die Küken entwickeln
3. Tag Zeit: 18.30
3. Tag geschlüpft
sich aufgrund optimaler
- deutlicher Größen-
Futterversorgung sehr
unterschied zu den
schnell.
Geschwistern
erkennbar
- alle Kröpfe sind prall
gefüllt
4.Tag Zeit: 18.44
- viertes Küken ist am
Die Küken wärmen sich
5.Tag Zeit: 18.49
5. Tag geschlüpft
gegenseitig, um Energie
-Küken liegen als
zu sparen. Die Jungen
Traube dicht
geben Bettellaute von
zusammen
sich, um die Alttiere zum
-guter
Füttern zu animieren.
Gesundheitszustand der
Jungvögel
- erste Bettellaute
6. Tag Zeit: 18.27
- fünftes Küken ist am
Die Küken entwickeln
7 .Tag Zeit: 18.11
7. Tag geschlüpft
sich planmäßig.
- extremer Entwicklungsunterschied
.
des fünften Kükens zu
den übrigen Küken
- Handschwingen
beginnen zu wachsen
8. Tag Zeit: 19.06
- die ersten 4 Küken
Die Küken können sich
9. Tag Zeit: 17.47
sind fast gleich groß
nun schon sehr gut
- die Henne verlässt
gegenseitig wärmen,
den Kasten immer
daher verlässt die Henne
länger
den Kasten für öfters.
- das Gefieder beginnt
beim Erstgeschlüpften
zu wachsen
10.Tag Zeit: 18.13
- Augen öffnen sich
11.Tag Zeit: 18.00
12.Tag Zeit: 17.45
Die letztgeschlüpfte
Küken holen den Ent-
- letztgeschlüpfte
wicklungsunterschied
Küken betteln mehr um
langsam auf, vermutlich
Futter
weil sich durch das
vermehrte Betteln mehr
Futter bekommen und so
schneller wachsen
können.
13.Tag Zeit: 18.14
- Federn wachsen
Die Küken entwickeln
14.Tag Zeit: 18.22
stärker
sich optimal. Durch die
15.Tag Zeit: 18.39
- der Körper ist
zusätzliche
komplett mit Daunen
Futterversorgung des
bedeckt
Hahnes können die Küken
- Hahn füttert die
schneller wachsen.
Jungen ab jetzt mit
16.Tag Zeit: 18.44
- Entwicklungsunter-
Jungen werden
17.Tag Zeit: 18.15
schiede sind kaum noch selbstständiger und
18.Tag Zeit: 18.15
sichtbar
müssen nicht mehr
- Federn wachsen
gewärmt werden
weiter stark, stecken
aber noch in den
Hülsen
19.Tag Zeit: 18.00
-Federn wachsen weiter Die gegenseitige
20.Tag Zeit: 19.30
stark und brechen
Fütterung hat den Zweck,
21.Tag Zeit: 18.01
durch die Hülsen
die Nahrung gerecht zu
:
- Fütterung der
verteilen. Sie erkunden
jüngeren Geschwister
nun langsam ihre Umwelt.
durch ältere
Geschwister
- Jungen beginnen im
Nistkasten zu laufen
22.Tag Zeit: 18.00
-Henne schläft nachts
Die Jungen sind soweit
23.Tag Zeit: 18.05
außerhalb des Kastens
entwickelt, dass sie nicht
24.Tag Zeit: 18.11
25.Tag Zeit: 18.02
mehr gewärmt werden
-erstes Junge steckt
müssen. Interesse der
Kopf aus dem Kasten
Küken an der Umwelt
außerhalb des Kastens
beginnt, die Lernphase
beginnt.
26.Tag Zeit: 18.00
- sie sind in der
Das Flattern soll die
27.Tag Zeit: 18.52
Entwicklung auf einem
Muskeln stärken, da sie
28.Tag Zeit: 19.04
Niveau
bald ausfliegen werden.
29.Tag Zeit: 18.32
- die Jungvögel flattern
Das herausstrecken des
30.Tag Zeit: 18.48
im Kasten
Kopfes aus dem Kasten
- immer öfter
dient der
Herausstrecken des
Umweltorientierung.
Kopfes aus dem Kasten
-Gefieder fast
vollständig
31.Tag Zeit: 17.12
- die Jungen sind voll
Die Jungen lernen vom
32.Tag Zeit: 18.56
befiedert
Hahn selbstständig zu
33.Tag Zeit: 18.22
- das erste Junge ist am
werden.
34.Tag Zeit: 18.00
35. Tag ausgeflogen
35-50.Tag
die anderen bis zum 40.
Tag.
- Hahn füttert sie
außerhalb des Kastens
Ab den 50. Tag sind die
und zeigt ihnen das
Jungen in der Lage sich
Futter
selbst zu versorgen.
- Jungen sind ab dem
50. Tag vollkommen
selbstständig
Quellennachweis:
Internetseite:
http://www.lerntippsammlung.de/Verhaltenweise-von-Tieren--k1- Konrad-Lorenz-k2-.html
http://www.biologie online.eu/verhaltensbiologie/verhaltensontogenie.php
http://de.wikipedia.org/wiki/Kanarienvogel#Farbkanarien
http://www.vogelforen.de/showthread.php?t=155601
http://www.umwelt-online.de/regelwerk/natursch/laender/bbg/jagd1.htm
http://www.kleintier-forum.de/ftopic640.html
http://www.birds-online.de/zucht/kuekengefiederstoerungen.htm
http://otti.ot.funpic.de/Welliforum/thread.php?threadid=5
http://www.sittich-info.de/?/sittiche.html
http://vogelzucht.turboweb.de/seite-kanarienvogel.php
http://www.standardwellensittichzucht-lenk.de/artikel16.html
http://www.vogelliebhaberbocholt.de/php_main/index.php?page=vo_10_01&KONTENTSID=99c80725ad35434540117
78e7a03a548
http://www.vogelliebhaber-bocholt.de/php_main/index.php?page=vo_23_01
http://www.vogelliebhaber-bocholt.de/php_main/index.php?page=vo_20_01
-39-
http://www.elke-tilgner.de/tier/wzuchttipps.htm
http://www.elke-tilgner.de/tier/sittallgemein.htm
Bildnachweis:
Bild 1
http://de.wikipedia.org/wiki/Mendelsche_Regeln
Bild 2- 7
http://www.vogelforen.de/showthread.php?t=86279
http://www.alfred-funk.de/bild_f07_03_small.jpg
http://www.vogelforen.de/showthread.php?t=82588
Bild 8-13
eigene Bilder
Bild 14
http://www.natur-server.de/Bilder/HWG/003/hwg00233-KanarenGirlitz.jpg
Bild 15
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Serinus_canaria_Rosso_Intenso.jpg
Bild 16
http://www.chemie-im-alltag.de/articles/0081/Fridolin.jpg
Bild 17
http://www.farbenkanarien.homepage.tonline.de/fk/pictures_birds_big/schwarz_gelb_mosaik_typ1.jpg
Bild 18
http://www.vogelfreunde-muenchsmuenster.de
/internet/bilder/bausteine/0/0/26?display=extern
Bild 19
http://www.kanarienzuchtgrimme.de/17080.html?*session *
id*key*=*session*id*val*
Bild 20
http://www.24-sys.de/wysiwyg/user/Carduliden/upload/104_0402_1.jpg
Bild 21
http://www.birdnet.de/fotos/2003/03-0506/Halsbandsittich01-kl.jpg
Bild 22
http://www.birdnet.de/fotos/2003/03-0506/Halsbandsittich02.JPG
Bild 23-24
http://www.papageien.org/df/Df_loch_in_wand.html
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Selbstständigkeitserklärung:
„ Ich versichere, dass ich die Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen Quellen und
Hilfsmittel als die angegebenen benutzt habe. Mir, ist bekannt, dass nicht gekennzeichnete
Entlehnungen aus andern Werken als Täuschung gewertet werden.“
Wittenberge, 22.05.2008
Unterschrift des Schülers:
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