Praktikum bei der Vancouver Animal Emergency Clinic
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Praktikum bei der Vancouver Animal Emergency Clinic
Abschlussbericht „Praktikum bei der Vancouver Animal Emergency Clinic“ Ich habe dieses Praktikum begonnen zu planen, da ich im Rahmen meines Studiums ein Praktikum in einer Klinik absolvieren muss. Man darf dieses Praktikum machen wo immer man will, solange es sich um eine praktische Tierklinik handelt und so kam mir die Idee ins Ausland zu gehen. Eine Zeit im Ausland zu verbringen ist ein unbezahlbares Erlebnis und das mit meinem zukünftigen Beruf zu kombinieren erschien mir als eine gute Idee. Die Wahl des Landes und der Region fiel mir sehr leicht, da es schon immer ein Traum von mir war nach Kanada zu fahren und da ich nicht besonders gut Französisch spreche und die Westküste Kanadas eine besonders schöne Landschaft haben soll. Besonders Vancouver erschien mir reizvoll da die Stadt im fünften Jahr zu der lebenswertesten Stadt der Welt gewählt wurde. Meinen Praktikumsplatz habe ich per Internet gesucht, da es mir zunächst als das beste erschien mir einen Überblick zu verschaffen was das Angebot an Kleintierkliniken in Vancouver angeht und es mir so leichter viel für mich selbst zu definieren welche Ziele ich für mich während dieses Praktikums verfolgen will. Die Wahl fiel somit auf die Animal Emergency Clinic, da der Internetauftritt sehr überzeugend war, die Kontaktaufnahme und der weitere Schriftverkehr sehr leicht fiel, das Geschäftkonzept sehr ansprechend war und die Klinik sehr zentral gelegen ist. Außerdem arbeiten die Klinik sehr eng mit der SPCA (Society for the Prevention of Cruelty to Animals of British Columbia) und der Wildlife Care Association zusammen. Dadurch konnte ich während meines Praktikums viele Wildtiere aus unmittelbarer Nähe erkunden. Meine Erwartungen an das Praktikum waren zunächst mein Englisch zu verbessern und sowohl die fachbezogene Sprache als auch die Umgangssprache zu trainieren. Zudem hatte ich mich in meinem Studium vermehrt auf die Großtiermedizin konzentriert und mit diesem Praktikum wollte ich einen besseren Einstieg in die Medizin der Kleintiere bekommen. Die Notfallmedizin stellt außerdem einen besonders wichtigen Teil meiner zukünftigen Tätigkeit dar und man muss dieses Teilgebiet besonders intensiv trainieren, da man in diesem Feld viele Fehler machen kann. Natürlich wollte ich meine praktischen Fähigkeiten verbessern, also Blutnehmen, Katheter legen und Operationen üben. Ich habe mich auch darauf gefreut neue Kontakte zu knüpfen und the Canadian Way of Life kennenzulernen. Vancouver versprach zudem eine Fülle an OutdoorAktivitäten und eine reiche Kunstkultur, die ich erkunden wollte. Diese Erwartungen, mit denen ich das Praktikum angetreten habe, wurden zu 100% erfüllt. Mein Englisch ist nun fließend in Wort und Schrift und ich kann ohne Probleme mich fachbezogen mit einem englisch sprechenden Veterinär unterhalten. Ich habe zudem Aufgaben im Bereich der Literaturrecherche übernommen so dass ich dadurch meine Lese- und Schreibfähigkeit, vor allem fachbezogen, sehr stark verbessern konnte. Durch Gespräche mit Patientenbesitzern und neugewonnen Freunden konnte ich zudem auch die Umgangssprache üben und perfektionieren. Da die Klinik sich nur auf Notfälle spezialisiert hat und 24 Stunden die Woche geöffnet hat, konnte ich besonders diesen Bereich der Tiermedizin studieren und trainieren und hatte die Möglichkeit schwierigen und stressigen Situationen beizuwohnen. Ich habe wundervolle neue Freundschaften geschlossen und Vancouver erkunden können. Ich konnte, ich hatte aufgrund meiner Nachtschichten tagsüber viel Zeit, viel in der Natur um Vancouver herum erleben und auch die Stadt an sich kennen lernen. Die praktischen Fähigkeiten meines Berufes konnte ich trainieren, da das kanadische System sich etwas von dem deutsche unterscheidet. Hier übernimmt der Tierarzt hauptsächlich organisatorische Aufgaben, er spricht mit dem Patientenbesitzer, er erstellt einen Diagnostikplan, ermittelt die Differentialdiagnosen und macht einen Behandlungsplan. Er führt nur besondere Untersuchung und Operationen selbst aus, die „kleineren“ Tätigkeiten übernimmt hier ein sogenannter Veterinarian-Technician, der für die Arbeit speziell ausgebildet wurde. In Deutschland übernimmt der Tierarzt fast alle Tätigkeiten alleine. Ich konnte die technischen Details durch intensive Zusammenarbeit mit den Technicians trainieren und verbessern. Die Aufgaben die ich in meinem Praktikum bekommen habe waren sehr vielfältig. Begonnen habe ich zunächst damit, mich mit der Routine der Klinik auseinander zu setzen, mich mit allen Teammitgliedern und der Einrichtung vertraut zu machen und vor allem habe ich etwas Zeit benötigt mich in die Englische Sprache hinein zu hören. Mit der Zeit habe ich mich immer schwierigere Aufgaben übernommen, besonders die der Tierärzte haben mich gefordert. Ich habe die Anamnese von neuen Patienten aufgenommen, sowie die Eingangsuntersuchung ausgeführt. Ich habe bei realen Fällen und auch bei theoretischen Fällen den Diagnostikplan ausgearbeitet, die verschiedenen Rule-outs ermittelt und einen Diagnostikplan erstellt. Besonders mit den Wildlife-Fällen (Patienten die der Klinik von der Wildlife-Rescue Organisation von Vancouver gebracht werden) habe ich mit intensiv auseinander gesetzt und einige dieser Fälle auch alleine bearbeitet. Eine besonders schwierige Aufgabe war die Fallaufarbeitung von Differentialdiagnosen, über verschiedene Diagnostikmöglichkeiten bis hin zum Plan zur Behandlung der möglichen Krankheiten. Mit dieser Tätigkeit habe ich mit besonders beschäftigt. Außerdem konnte immer Hilfe gebraucht werden, wenn ein instabiler Patient zur Klinik gebracht wurde und schnelles Handeln angebracht war. Zudem hatte ich die Möglichkeit bei Notfalloperationen zu assistieren. Ich konnte die verschiedenen Möglichkeiten der Anästhesie trainieren sowie kleinere Tätigkeiten während der Operation übernehmen (Nähte, Ligaturen usw.). Ich konnte während dieser Zeit viele meiner theoretische erlernten Fähigkeiten umsetzen, ich würde sogar so weit gehen, dass mir während dieses Praktikums zum ersten Mal klar geworden ist, dass die vielen theoretischen Dinge, die ich mir während meines Studiums aneignen musste wirklich ALLE sehr wichtig sind. Dies war der Hauptgrund warum ich manchmal in meinem Studium ein paar Verständnisprobleme hatte, aber dieses Praktikum konnte mir aufzeigen, dass wirklich jedes kleine Detail was ich gelernt habe irgendwann sehr wichtig ist. Somit kann ich als eine Erfahrung für mich festhalten, dass das theoretische Studium ein unersetzbarere Teil ist und dass ich über jedes Detail was ich mir merken kann, wahnsinnig froh sein darf. Ich konnte jederzeit auf das umfassende Archiv und Computersystem der Klinik zurückgreifen, so dass ich mich über jeden Fall, ob vergangen oder aktuell, informieren konnte und bestimmte Fälle auch über einen längeren Zeitraum verfolgen konnte. Das hat meinen Lernerfolg zudem maximiert. Eine weitere Erfahrung war, mich in ein schon bestehendes Team zu integrieren, neue Leute einer anderen Kultur kennen zu lernen und zu beweisen, dass ich ein wertvoller Teil des Teams bin auch wenn ich noch nicht voll ausgebildet bin. Die Auslastung in diesem Praktikum war 100%. Ich hab meist Nachtschichten übernommen, da das die geschäftigsten Schichten sind und ich da die größte Chance habe die interessantesten Dinge zu sehen. Somit habe ich meist von 16 Uhr bis 00 Uhr gearbeitet und musste anschließend noch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren. Zudem ist die Arbeit in einer Emergency Klinik sehr stressig und erfordert über die gesamte Schicht eine sehr große Konzentration. Für mich war es, vor allem am Anfang, besonders anstrengend, da zu der Tätigkeit noch die Sprachbarriere dazu gekommen ist. Ich habe sehr viel Neues gelernt und das besonders durch aktives Mitarbeiten. Ich habe viele Fragen gestellt und versucht mich in das Team einzugliedern um nach einer gewissen Zeit selbstständig mitarbeiten zu können. Anschließend wurden mir immer mehr Aufgaben übertragen oder ich habe bestimmte Tätigkeiten selbstständig übernommen. Die wahrscheinlich wichtigste Erkenntnis war Vertrauen in mich selbst und meine Fähigkeiten zu haben und auch anderen zu zeigen dass sie mir etwas zutrauen können. Nur so werden einem neue und schwierigere Aufgaben übertragen und nur so kann man seine Fähigkeiten ausbauen. Die Kontaktaufnahme am Arbeitsplatz gestaltete sich zunächst schleppend. Das Team ist sehr eingespielt und wenn es sehr stressig wird übernehmen die erfahrenen Teammitglieder die Aufgaben damit es schneller geht. Als Anfänger steht man da schnell man daneben oder muss darum „kämpfen“ eine Aufgabe zu übernehmen. Zudem war da zumeist ein gewisser Altersunterschied zwischen mir und den meisten Anderen. Die meisten sind älter und haben ihr eigenes Leben, ihre Familie oder Hobbys denen sie nachgehen. Die wenigsten haben Zeit sich um einen Gast zu kümmern und es ist definitiv leichter Kontakt zu anderen Gleichaltrigen aufzubauen wenn man im Rahmen eines Studienprogrammes ins Ausland geht. Aber nach einer gewissen Weile konnte ich Freundschaften aufbauen und auch außerhalb der Arbeit mit bestimmten Leuten etwas unternehmen. Die Fettnäpfchen in die man am Anfang tritt entstehen meist durch die Sprachbarriere. Besonders Sarkasmus ist schwer zu verstehen wenn man zunächst in seinem Kopf noch übersetzen muss. Das endet manchmal darin, dass man sich selbst ziemlich dumm vorkommt, da man etwas offensichtlich Sarkastisches für bare Münze genommen hat und es erst danach realisiert hat. Kontakt außerhalb der Arbeit habe ich meist über Bekannte, die schon einmal in Vancouver waren, hergestellt oder durch Hobbys. Ich bin ein begeisterter Kletterer und so ging ich oft in die örtlichen Kletterhallen, wo man natürlich auch auf andere Sportbegeisterte trifft. Während meines Praktikums konnte ich bei der Inhaberin der Klinik wohnen, aber wenn ich in Vancouver eine Wohnung suchen müsste würde ich die Internetseite www.craiglist.com zu Hilfe nehmen und vor allem die Einheimischen fragen. Mein Eindruck über Kanadier, zumindest hier in Vancouver, ist der, dass sie ein entspanntes Volk sind. Es scheint fast so, dass jeder hier arbeitet um zu leben und sich die eigene Vorstellung vom Leben zu erfüllen. Sie sind sehr sportlich und lieben Outdoor-Aktivitäten. Wenn man Wandern, Klettern, Kanufahren, Fischen usw. mag ist das ein Land der Wahl. Während meines Aufenthaltes in Vancouver fanden die Eishockey-PlayOffs statt und die Menschen in Vancouver lieben ihre „Canucks“ so sehr, dass die Stadt bei jedem Sieg eine einzige große Feier wurde. Also kann ich definitiv sagen, dass Kanadier patriotisch und sportbegeistert sind. Das Praktikum war für mich eine unschätzbare Erfahrung und hat meine Einstellung zu meinem Studium und somit mein Studienverhalten stark verändert. Ich habe gelernt, dass jedes noch so kleine, zunächst unwichtig erscheinende Detail, in meines Studium später wert ist zu wissen. Auch wenn es mir während des Studium eher als eine Strafe erschienen ist, ist es wirklich wichtig zu wissen wo genau die einzelnen Muskeln des Armes verlaufen oder wie man genau die Tagesration eines Deutschen Schäferhundes der Größe x errechnet. Ich war während meines Praktikums dankbar dafür, dass ich mein Studium bis jetzt ernst genommen habe, auch wenn es mir manchmal unnötig erschienen ist. Die Theorie ist wirklich wichtig, die praktischen Erfahrung kommt mit der Zeit. Zudem kann ich mir nun vorstellen im Ausland zu arbeiten und durfte lernen, dass die Arbeitsbedingungen für einen Studienabgänger auch gut sein können. Die englischsprachigen Länder sind Deutschland voraus, was Arbeitsbedingungen im Sozialbereich angeht und ich habe jetzt die Freiheit auch im Ausland zu arbeiten, wenn sich in Deutschland die Bedingungen nicht ändern. Zumindest Angst vor dem Unbekannten werde ich, was das angeht, nicht mehr haben. Die Klinik ist erfahren was den Umgang mit Praktikanten angeht. Sie hat schon viele Praktikanten aus der ganzen Welt aufgenommen, inklusive vieler deutscher Studenten. Ich kann dieses Praktikum auch nur jedem empfehlen, die Stadt ist wunderschön und die Klinik ist ein besonderes Beispiel dafür, dass auch stressige Jobs mit Freude zu bewältigen sind .