PDF - buch am platz, winterthur

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PDF - buch am platz, winterthur
atropa
BUCHZEITUNG
WINTER/FRÜHLING 06/07
Liebe Leute
Was macht meine Wohnung, wenn ich nicht
zuhause bin? – Haben Sie sich diese Frage im
Sinne von Fischli/Weiss auch schon einmal
gestellt? Sicher freut sich Ihre Wohnung, wenn
Sie es sich in der kalten Jahreszeit zuhause öfters
mal gemütlich machen.Was gibt es Schöneres,
als einen wohlriechenden Filterkaffee zu trinken,
feine Mortadella zu essen und ein richtig gutes
Buch (aus der atropa) zu lesen?!
Wir wünschen viel Vergnügen mit der neuen
atropa-Buchzeitung!
neues von
FISCHLI/WEISS
LUISA FRANCIA
ZADIE SMITH
THOMAS
HÜRLIMANN
IRENE DISCHE
WIGLAF DROSTE
P I E T R A R I VO L I
Wir danken den MitschreiberInnen Christoph,
Ernesto und Katharina.
Das Ladenkollektiv Esther, Evelyn, Sulamith
Die Verwaltung Tobias, Urs
buchhandlung
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8400 winterthur
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BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
SCHWEIZER
RUNDGÄNGE
S T E FA N I N E I C H E N /
M E I N R A D L I E N E RT ( H R S G. )
✱ Sagen und Legenden
der Schweiz
Mit Bildern von Hannes Binder
Nagel & Kimche, geb., 213 S., 32.50
Der Schmied von Göschenen, der Stier von
Uri, das Neunuhrglöcklein von Schaffhausen –
gruselig und wunderbar, diese Geschichten von
helvetischen Gebräuchen und Abenteuern, von
urtümlichen Kräften, Berggeistern und Schlachtenhelden. Im Alltag begleiten uns viel mehr, als
uns häufig bewusst ist, Figuren und Gestalten aus
✻ Frauenblicke
Vier Stadtrundgänge durch Winterthur
Stiftung Edition Winterthur, brosch., 237 S.,
28.50
Dieser vorliegende Winterthurer Frauenstadtführer ist Resultat jahrelanger Recherchen von fünf Historikerinnen.
Bis 1998 waren Frauen in der Geschichtsschreibung der Stadt Winterthur
mehr oder weniger ein blinder Fleck. Das
war Motivation genug, die Geschichte der
Winterthurerinnen zu erforschen. Sie recherchierten in Archiven, lasen sich durch Familienchroniken, durchforschten Tausende von
Briefen, Eheverträgen, Heirats- und Trauerreden. 1998 hat dann die Erfolgsgeschichte
der Frauenstadtrundgänge ihren Anfang genommen. Seither werden Jahr für Jahr unzählige öffentliche und private Rundgänge angeboten. (Es ist übrigens noch immer ratsam,
sich die Billette frühzeitig zu besorgen, um
überhaupt eine Chance zu haben, an einem
der Rundgänge dabei sein zu können.)
Acht Jahre später nun, gibt es die Frauenstadtrundgänge in Buchform. Wir gewinnen Einblick in den Alltag von Frauen, die in
der Zeit zwischen dem Mittelalter und dem
20. Jahrhundert gelebt haben. Einen grossen
Dank an alle Herausgeberinnen dieses Buches für ihre geleistete Arbeit!
✻
✱
unserem Sagen- und Geschichtenschatz. Aber wie
war das noch mal genau? Wie wurde der Rittter
von La Sarraz bestraft? Wo gingen die Stadtheiligen Felix und Regula entlang, mit ihren Köpfen
unterm Arm? Endlich lässt es sich in der legendären Sammlung von Meinrad Lienert wieder nachlesen. Die von Stefan Ineichen bearbeiteten Sagen
und Legenden der Schweiz sind so zeitgemäss wie
Schweizer Schokolade und so schön schaurig wie
Schabziger. Behutsam hat er sie dem heutigen
Sprachgebrauch angepasst. Die Bilder von Hannes
Binder vervollständigen das schöne Werk.
B A R B A R A H U T Z L - RO N G E
✴ Magisches Zürich
Wanderungen zu Orten der Kraft
Stadt und Kanton
AT, geb., 355 S., 39.90
Die Autorin weiss viel zu erzählen über die
Natur und die Kult- und Alltagsgeschichte der
Menschen, zudem kennt sie die örtlichen Legenden und Sagen. So wird unsere nächste Umge-
✴
bung lebendig, im vorliegenden Buch liegen alle
beschriebenen Touren im Kanton Zürich. Die
Wanderungen führen durch geheimnisvolle Wälder, zu uralten Bäumen, zu Chindlisteinen, Menhiren und verborgenen Steinreihen, vorbei an
Quellgöttinnen und Drachenlöchern, Gratwanderungen belohnen mit einer fantastischen Aussicht, der kühle Schluck aus dem Pilgerbrunnen
erfrischt. Es ist beeindruckend, wie viel Geschichte und Geschichten vor unserer Haustüre
liegen und Vertrautes zu sprechen beginnt. Vergangenheit findet nicht nur in den Katakomben
Roms oder in Pompeji statt. Naturdenkmäler
und archäologische Funde verweisen aufeinan-
der. Die Autorin hat aber auch viel »vor Ort« erfahren, etwa, wenn sie auf ihren Wanderungen mit
ansässigen Leuten ins Gespräch kam und die ihr
erzählten, was es über gewisse Plätze zu sagen gibt.
Das Wort »magisch« im Titel sollte niemanden von
diesem Wanderbuch abschrecken, es ist kein Buch
für Eingeweihte, es sind keine Riten vorgegeben
und es besteht kein Zwang, Formeln aufzusagen.
Auch die »Orte der Kraft« verlangen keinen besonderen Umgang. Mit den Kraftorten ist lediglich gemeint, dass es Orte besonderer Ausstrahlung
gibt und dass festzustellen ist, dass diese Plätze über
die Zeit von den Menschen immer wieder für ihre
Kulte und Zeremonien benutzt wurden. Die Autorin empfiehlt lediglich ab und zu, an solchen
Orten innezuhalten, ein bisschen zu schauen und
zu horchen. Schliesslich – was für unsere Vorderen
gut war, braucht uns nicht zu schaden.
Fast alle Ausgangspunkte der Wanderungen
sind mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar,
manchmal sind es Rundwanderungen, manchmal
ist es eine Strecke. Für die einzelnen Streckenabschnitte sind Zeitangaben gemacht, sodass nach
eigenem Gusto kalkuliert werden kann.
atropa
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
IRMA HILDEBRANDT
❁ Mutige Schweizerinnen
18 Porträts von Johanna Spyri bis Liselotte Pulver
Diederichs, geb., 247 S., 24.90
18 Lebensentwürfe eigenwilliger Schweizerinnen aus Vergangenheit und Gegenwart –
Frauen, die mit ihrem sozialen, politischen oder
kulturellen Engagement prägend wirkten und
wirken.
Nicht um Heldenmut geht es bei diesen
Frauenporträts, sondern um Mut im Alltag, in der
persönlichen Lebensgestaltung. Diesen Mut zeigten viele aussergewöhnliche Schweizerinnen,
angefangen von den Pionierinnen des Frauenstudiums im 19. Jahrhundert – Marie Heim-Vögtlin
zum Beispiel – bis hin zu den Frauen von heute
wie unsere Bundesrätin Micheline Calmy-Rey,
die UN-Chefanklägerin Carla del Ponte, die
Unternehmerin Heliane Canepa, die Leiterin der
Schweizerischen Landesbibliothek Marie-Christine Doffey. Nicht immer, aber oft waren die
Frauen die ersten in ihrer Disziplin und mussten
sich ihren eigenen Weg bahnen. Die individuellen
Lebensgeschichten stehen im Vordergrund, allerdings spiegeln diese immer ein Stück Schweizer
Geschichte und den Stand der Frauenbewegung.
EINHEIMISCH
alten Orten, aber auch zu einer Jugendliebe, die er
nicht vergessen kann.
Peter Stamm nimmt uns mit auf diese Reise
mit dem 2CV, zurück in die Vergangenheit und
durch die Seele von Andreas, die so wenig
Abgründe hat, aber auch keine ekstatischen
Momente.
Mit seinem melancholischen Stil lullt der Autor die Leserin ein und schafft eine bittersüsse
Atmosphäre voller Sehnsucht und einem letzten
Funken Hoffnung.Wie alle Romane Peter Stamms
endet auch dieser ungewiss, aber hoffnungsvoll.
P E T E R S TA M M
❄ An einem Tag wie diesem
Roman
S.Fischer, geb., 205 S., 31.70
Ungebundene Figuren, die ihrer Umwelt und
bisweilen sich selbst scheinbar gleichgültig gegenüberstehen sind das Grundpersonal von Peter
Stamm. So auch Andreas aus dem neuen Roman.
Er hat das Kaff irgendwo im Schweizer Rheintal
verlassen und lebt seit Jahren in Paris. Er unterrichtet Deutsch an einem Gymnasium, schläft alle
zwei Wochen mit Nadja und zwischendurch mit
Sylvie. Beide bleiben ihm fremd. Sein Leben ist
leer, diese Leere gibt ihm aber Halt.
Sein gleichförmiger Alltag ändert sich »an
einem Tag wie diesem«.Als er erfahren soll, dass er
krank ist, möchte er den genauen Befund nicht
wissen und läuft davon.
Er flieht mit seiner Geliebten in die Schweiz,
an den Ort seiner Kindheit zu seinem Bruder, zu
A N G E L I K A WA L D I S
✥ Verschwinden
Zwei Geschichten
Kein & Aber, geb., 272 S., 29.80
In die Lektüre dieses Buches vertieft, übersah
ich im Zug sitzend meinen Zielbahnhof und
merkte das Versäumnis erst zwei Stationen später.
Grund der Panne war die Geschichte von Ivan:
Der von seiner Grossmutter den Eltern in der
Schweiz gewissermassen »entführte« fünfjährige
Enkel war spurlos verschwunden. In Venedig!!!
Du lieber Himmel, in diesem Labyrinth! Da ist
allein der Gedanke an ein solches Malheur schon
unerträglich.
KATRIN ECKERT / FRANZISKA SCHLÄPFER
✵ Das Buch der Schweiz
Die klügsten Köpfe. Die besten Ideen.
Pendo, geb., 420 S., 46.00
Die Herausgeberinnen schreiben: »Wenn dieses Buch überhaupt einen Anlass braucht, liegt er im neu erwachten Bedürfnis, sich angesichts der Globalisierung wieder stärker mit dem
eigenen Land auseinanderzusetzen – jenseits aller Heimattümelei. Er liegt in der Freude an der Schweiz, an »Swissness« – vom
rotweissen T-Shirt bis zum Schweizer Film. Aber auch in der
etwas wackeligen Verfassung des Landes, dem Patt zwischen Beharrern und Reformern, zwischen Globalisierungsverängstigten
und Modernisierungsbeschleunigern.« – In diesem unentschlossenen Hin und Her will dieses Buch ein Zeichen setzen und von
der Stärke der Schweizerinnen und Schweizer künden: von
ihrem innovativen Geiste, von ihrem kreativen Potenzial.
Über sechzig glänzende Geister von der Gegenwart bis ins
Mittelalter sind in diesem Buch versammelt, von denen die Herausgeberinnen und Autorinnen befinden, sie haben die Schweiz
weiter gebracht und mögen als Vorbild dienen. Denn das wünschen sie sich, dass nämlich etwas von dem Feuer, welches in
unseren erfolgreichen Landsleuten gebrannt hat, dass also ein
Funke auf uns Leserinnen und Leser herüberspringt und wir uns
3
möglichst ans Werk machen, was immer es auch sein mag.
Ein hehrer Anspruch, aber braucht es wirklich diesen pädagogischen Impetus? Nein, und auch die Herausgeberinnen
korrigieren sich, ihnen ist nicht das Werk und der Erfolg das
Wichtigste, sondern die Kraft, die aus den Taten spricht, die
»Haltung des Erneuerns«, wie sie es nennen, diese sehen sie als
unser grösstes Potenzial.
Die vorgestellten Leute werden anhand ganz unterschiedlicher Textsorten porträtiert, Frauen und Männer aus der Politik
und Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst, manche im gesellschaftlichen und sozialen Bereich tätig. Ja, wir Schweizerinnen
und Schweizer sind gar nicht so uninteressant!
✵
atropa
4
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
Auf einem Bänkli eines Zürcher Vorortbahnhofs auf den Gegenzug wartend, las ich in Angelika Waldis’ Buch gebannt von weiteren Möglichkeiten des Abhauens. Da war die Rede vom
plötzlichen Verschwinden eines rundum ungeliebten Teilnehmers, des (obligatorischen) Ekels
einer organisierten Schweizer Wandergruppe im
keltischen Ausland. Sein Fehlen bedauert
niemand, und trotzdem ist der Vermisste jetzt erst
recht präsent: Als Katalysator von aller Art
menschlicher Reaktionen.Trotz erheblicher Dramatik einiger Situationen ist in diesem Buch vergnüglich zu lesen, was Menschen passieren kann,
wenn sie zu oft alleine sind oder wenn ihre
Lebenserwartungen nicht in Erfüllung gehen.
»Verschwinden« lädt ein zum Eintauchen,
Mitdenken und Mitfühlen. Es hat richtig Spass
gemacht!
✥
✰
THOMAS HÜRLIMANN
THOMAS HÜRLIMANN
✰ Vierzig Rosen
Ammann, geb., 368 S., 34.90
✰
Der Duft der »Vierzig Rosen« ist betörend!
Sie sind für Marie. Seit Jahren bekommt sie von
Max, ihrem Gatten, 40 Rosen zum Geburtstag.
Max ist Politiker, und da will er ganz hinauf! Der
Megastrauss ist ein Zeichen seiner Dankbarkeit
für Maries nie erlahmende Schützenhilfe auf seinem steinigen Weg nach oben. Aber die immer
gleiche Anzahl Rosen ist wohl auch eine stille
Ermahnung an seine Frau, keinesfalls älter zu werden. Eine alternde Partnerin könnte Max’
Karriere schaden, denn er wird ja immer jünger...
Der Autor erzählt mit Maries Biografie wohl
die Lebensgeschichte seiner Mutter. Ihre Geschichte ist zugleich eine Abrechnung mit seiner
Familie.Vor allem mit seinem Vater, dem ehemaligen Bundesrat. Ein wenig auch mit seiner Mama,
die er weitgehend liebevoll schildert, der er aber
vorwirft, ihr Leben ganz in den Dienst ihres Mannes gestellt und damit zugelassen zu haben, dass
dabei in der Familie viel zerstört wurde oder gar
nicht erst entstanden ist.
Hürlimann nimmt seine Familiengeschichte
auch zum Anlass, sich mit der Schweiz der
Kriegs- und Nachkriegsjahre auseinanderzusetzen. Er lässt Flecken unter der weissen Weste unseres Landes durchschimmern. Und nur weil das
schon eine ganze Weile her ist, soll es nicht vergessen gehen: Die Auseinandersetzung mit dem,
was gewesen ist, ist der beste Schutz vor Wiederholung.
Die »Vierzig Rosen« werden nie verblühen,
denn: Schein muss sein...
S I LV I O H U O N D E R
✮ Valentinsnacht
Roman
Nagel & Kimche, geb., 189 S., 32.50
Katarina ist schwanger geworden, von einer
Zufallsbekanntschaft, sie haben sich im Kinofoyer
kennen gelernt. Und jetzt? Noch nicht mal verliebt und jetzt sollen sie Eltern werden, sie und
Fedo Paulmann?! Das passt ihr jetzt alles gar nicht,
so hat sie es sich nicht vorgestellt! Hmm, aber ein
Kind sollte schon sein, war in ihrem Lebensentwurf vorgesehen, soll ja eine einmalig bereichernde Lebenserfahrung sein, ausserdem ist sie
schon 36 vorbei! – Es ist also keine leidenschaftliche Entscheidung für das Kind, mehr eine nüchterne Abwägung der Umstände. Der Umgang mit
dem Kindsvater, der als Liebhaber eigentlich ausgedient hatte, muss neu überdacht werden. Fedo
Paulmann, der eigentliche Held der Geschichte,
ein bedächtiger und überlegter Meteorologe,
kann sich gut mit der Situation anfreunden. Aber
auch er ist kein Mann der Leidenschaft und grossen Worte. Stoisch erträgt er die Launen seiner
Kindsmutter. Ob das gut gehen kann? Überfordert von der Situation, versuchen sie, sich gegenseitig zu ertragen. – Die ewig Zaudernden, sie
leben nicht nur in Berlin, sondern auch unter uns.
Ein Roman, der den Zeitgeist aufspürt.
✮
atropa
✹
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
Wer in den sechziger Jahren aufgewachsen ist,
auf Popmusik steht und ausserdem Freude hat am
Grotesken und derben Witz, wird diese Lektüre
lieben!
Die Geschichte spielt sich im hohen Norden
Schwedens ab in der Nähe der finnischen Grenze,
fernab von der wirklichen Welt. Die Protagonisten sind die heranwachsenden Jungs Matti und
sein schweigsamer Freund Niila. Es sind die wilden sechziger Jahre, doch davon bekommen sie
nur einen Hauch zu spüren. In dieser unwirtlichen Landschaft sind die Bewohner geprägt von
der religiösen Bewegung des Laestadianismus, der
Strenge und Lustfeindlichkeit. Kein Wunder also,
dass sich die beiden Jungs von diesem Ort wegträumen.Als dann aber der Rock’n’ Roll wie eine
Bombe Einzug hält, ist ihre Zeit gekommen... Die
Schilderung eben dieses kargen Lebens macht das
Lesen zu einem wahren Genuss.
Mit diesem Buch hat der Autor in Schweden
sämtliche Rekorde gebrochen, weil er offensichtlich den Nerv des schwedischen Volks getroffen hat.
AMELIE FRIED
WANN
BITTE
FINDET
DAS LEBEN
STATT?
erhoffen?«
In diesem Buch finden sich ganz unterschiedliche Geschichten von ganz unterschiedlichen Autorinnen, die, jede auf ihre Art, eine
Antwort suchen auf die Frage: Wann bitte findet
das Leben statt?
Vielleicht ist alles ganz einfach: »Immer dann,
wenn wir ihm die Chance dazu geben. Wer jetzt
nicht loslegt, ist selber schuld.«
Es gibt in diesem Buch unbekannte Autorinnen zu entdecken, aber auch »alte Bekannte« wie
Virginie Despentes, Doris Dörrie, Zoë Jenny.
Und in der einen oder anderen Erzählung erkennt frau sich vielleicht wieder…
A M E L I E F R I E D ( H R S G. )
✹ Wann bitte findet das
Leben statt?
Erzählungen
rororo,Tb, 214 S., 14.60
»Ich war nicht unglücklich, kein bisschen. Ich
war zufrieden, manchmal sogar ein bisschen stolz.
Aber irgendwo tief in mir schlummerte weiter
diese Ahnung, dass das eigentliche, das wirkliche
Leben noch vor mir lag. Ich wunderte mich nur
manchmal, wie lange es auf sich warten liess.
Liegt’s am Leben, diesem widerspenstigen Ding,
das uns einfach nicht geben will, was wir von ihm
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✹
MIKAEL NIEMI
❉ Populärmusik aus Vittula
btb,Tb, 305 S., 16.60
❉
IRENE DISCHE
✱ Grossmama packt aus
Hoffmann & Campe, geb., 366 S., 39.90
»Die Grossmama packt aus«, und zwar hemmungslos! Auch wenn es um ihre Familie geht, sie
kennt keine Tabus. Ob Jude oder Katholik, ob
Amerikaner oder Deutscher, ob Frau oder Mann,
sie räumt auf!
Sie selber, eine strenge Katholikin aus gutem
Hause, heiratet Carl, einen Arzt mit jüdischen
Wurzeln. Die Weltgeschichte nimmt ihren Lauf.
Der Nationalsozialismus macht sich breit. Carl
flieht nach Amerika, zwei Jahre später reisen seine
Frau und Tochter Renate nach. In der »neuen
Welt« heiratet Renate den Dr. Dische, eine Katastrophe findet die Erzählerin. Dann kommt Irene
zur Welt, die unmögliche Enkeltochter! Und
genau diese Enkeltochter schreibt aus der Sicht
ihrer Grossmutter die Familiengeschichte auf!
Es gelingt der Autorin ausgezeichnet, in die
Denkweise ihrer Grossmutter zu schlüpfen. Und
dies mit viel Humor und Dreistigkeit. Man bekommt diese Grossmama richtig lieb, trotz oder
genau wegen ihrer Unverschämtheit, die Dinge
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✿
atropa
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
YA S M I N A K H A D R A
W I G L A F D RO S T E
✿ Die Attentäterin
Roman
Nagel & Kimche, geb., 269 S., 36.00
✿
unverblümt auszusprechen.
Eine amüsante und ergreifende Familiengeschichte, herrlich zum Lesen!
W I G L A F D RO S T E
✿ Kafkas Affe stampft den Blues
Texte
Edition Tiamat, geb., 240 S., 28.60
»Das Grauen ist immer dort, wo es als Normalität ausgeschenkt wird.« Beispiele dazu bringt
er in seinen Texten. »Wenn Männer zu sehr flennen« – oder weshalb es den internationalen
Männertag nun wirklich nicht braucht. Über den
aussterbenden beschaulichen Spazierschlenderer
und die Pulks von StöckeschwingerInnen, die an
seiner Stelle nun durch die Restnatur torkeln
✿
(»Take a Nordic Walk on the Wild Side«). In
»Ende eines Brülllebens« würdigt er Marcel
Reich-Ranickis Einfluss im literarischen Betrieb.
Schlag auf Schlag und gut gezielt, und doch zeigt
er auf, wofür wir Reich-Ranicki wirklich dankbar sein müssen. Wie schön es ist, nie wieder
Sport zu machen und trotzdem zu Zeiten der
Olympia in Athen einen langen Sporttag beim
griechischen Lebensmittelhändler zu verbringen.
Weshalb besser Kinky Friedmann, (ja, genau
jener, der zur Zeit mit Cowboyhut und Zigarre
seinen Wahlkampf in Texas führt), und nicht der
Schmieren- und Kitschaggressor Wolf Biermann
am Jahrestag zur Befreiung von Auschwitz aufgetreten wäre. Einige pointierte persönliche Gedanken zu Konzerten von Tom Waits (»Kafkas Affe
stampft den Blues«), von Van Morrison (»Glücksbringer und irisches Mufflon«) und Bruce
Springsteen (»Vom Abgrund zur Kanzel«). Eine
Hommage an Woody Allen zum 70. Geburtstag:
»Take the Rabbi und Mum«. Immer wieder
Kalauer, wie Droste sie liebt: Fiskuswerfen, Herzstrittmatter, Gatte macchiato, Usama Bin Baden...
Wiglaf Droste – ein brillanter – wenn auch
politisch wenig korrekter – Jongleur mit Sprache
und Inhalten. Frech und fies. Schnell, schlagkräftig und schräg. Zauberhaft zielgenau. Bissigböse.
Auf- und anregend.
Amin Jaafari, Sohn eines arabischen Beduinen, hat geschafft, was nur wenigen mit seiner
Herkunft gelingt: Als erfolgreicher Chirurg
gehört er zum erlesenen Kreis der akademischen
Elite von Tel Aviv. Sein Bestes hat er gegeben und
die Animositäten der reichen jüdischen Mitstudenten klaglos ertragen, um das zu werden, was er
nun ist: Ein angesehener Mann in einer wichtigen
Position, zwar noch nicht wohlhabend, aber doch
gut situiert und verheiratet mit einer schönen,
bezaubernden Frau – Sihem, das Glück seines
Lebens.
Diese Welt bricht mit einem Schlag zusammen, als er eines Nachts von der Polizei aufgefordert wird, in der Leichenkammer des Krankenhauses eine schwer verstümmelte Tote zu
identifizieren – seine Frau Sihem. Sie ist bei
einem Attentat auf ein gut besuchtes FastfoodRestaurant umgekommen und...
... und alle Indizien weisen darauf hin, dass sie
die Selbstmordattentäterin war, die dieses
schreckliche Massaker verübt hat. Amin Jaafari
steht unter Schock. Er kann es nicht glauben. Die
Frau, mit der er fünfzehn Jahre zusammen gelebt
hat, seine aufgeschlossene, kluge und liebevolle
Frau eine Terroristin? Tagelang wird er verhört,
kann nur immer wiederholen, dass er nichts weiss
und all dies nicht glauben kann, wird von der
Polizei entlassen und schliesst sich zuhause ein,
um stundenlang nachzugrübeln, wo es in der Vergangenheit Anzeichen, Spuren von einem solchen
Plan gegeben haben könnte.Verzweifelt versucht
er in den Trümmern seines Lebens einen Sinn zu
finden, wird zermalmt von Zweifeln und Selbstvorwürfen, unerreichbar für seine letzten FreundInnen. Doch dann beschliesst er, sich aufzumachen, um nach Sihems letzten Spuren zu suchen.
Die lebensgefährliche Reise führt ihn zurück
nach Bethlehem, nach Dschenin, in die Hochburgen des palästinensischen Widerstandes, aber auch
an die Orte seiner Kindheit. Eines will er um
jeden Preis: mit jenen sprechen, die seine Frau zur
Attentäterin machten. Und: verstehen.
atropa
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
B E R N D S C H RO E D E R
✫ Hau
Drama, detailliert und genau den Prozessverlauf.
Doch eine Frage bleibt offen: War die Verurteilung von Karl Hau ein Justizirrtum?
Roman
Hanser, geb., 364 S., 38.70
TO M M Y W I E R I N G A
Ajaccio, Korsika, Frühling 1901: Ein junger
Mann, weltgewandt, intelligent und mit exquisiten Manieren, zieht alle Augen auf sich. Ein Charmeur, der die Herzen aller Damen, gleich
welchen Alters, höher schlagen lässt. Karl Hau,
sein Name. Ein Name, der sechs Jahre später in
den Schlagzeilen der Weltpresse zu finden sein
wird. In diesem Frühling jedoch knüpft er die
ersten zarten Bande zu Lina Molitor, einer Tochter aus gutem deutschen Hause. Eigentlich ist sie
einem Offizierskollegen ihres Bruders versprochen... Doch wo die Liebe hinfällt, da nützen
auch die Einwände der anderen nichts. Denn für
viele hat sein grenzenloses Selbstvertrauen etwas
Arrogantes. Seine farbigen Erzählungen über
Herkunft, Beziehungen, Geschäfte und Perspektiven weisen oft haarsträubende Ungereimtheiten
auf. Ein Hochstapler. Und was so gemunkelt wird
über seinen losen Lebenswandel! Lina, glühend
verliebt, ist bereit mit ihm durchzubrennen. Eine
erste gemeinsame Nacht, ein Schuss, der am
Morgen fällt. Lina leicht verletzt. Sie wollte sich
umbringen, sagt sie ihrer Mutter, weil sie ihn
nicht lieben dürfe. Nun wird halt doch geheiratet,
mit dem erzwungenen Segen der Familien. Hau
sieht seine Zukunft in Amerika. Man zieht dorthin. Bald kommt ein Kind zur Welt.
✫
Ein zweiter, diesmal tödlicher Schuss trifft am
6. November 1906 Linas Mutter, Josefine Molitor.
Karl wird beschuldigt, seine Schwiegermutter aus
reiner Geldgier ermordet zu haben. Vor Gericht
bekennt er sich als unschuldig. Er, der eloquente
Redner, bleibt aber merkwürdig stumm und
verweigert die Aussagen. Lina bringt sich um.
Bernd Schroeder erzählt Geschichten rund
um einen der grössten Sensationsprozesse des
letzten Jahrhunderts. Die schillernde Figur des
Karl Haus mit all seinen Widersprüchen – liebevoller Familienvater und Geldrauswerfer. Die
beiden Schwestern Molitor, Lina und Olga, und
ihr stummer Kampf um Karl. Die grausamen
Haftbedingungen jener Zeit. Behutsam und dicht
beschreibt er die Menschen und ihre Rolle im
✤ Joe Speedboat
Keine Zeit für Helden
Roman
Hanser, geb., 297 S., 36.00
7
wind Joe ist einiges los in diesem langweiligen
Kaff. Philosophiert wird und über Technik debattiert. Ein Flugzeug wird gebaut, um die nackte
Frau Eilander beim Sonnenbaden von oben zu
sehen. Und vor allem: Joe entdeckt ihn als Armdrückertalent und macht einen Superstar aus ihm:
Frans, der Arm. Das Leben jedoch hat noch anderes vor mit den Jungs und später den Mädchen
um Joe herum...
MARGRIET DE MOOR
Sturmflut
Roman
Hanser, geb., 349 S., 38.70
✤
Fransje, 13 Jahre alt, ist unter den Traktor geraten. Sein Brustkorb zertrümmert, Wirbelsäule
gebrochen, er liegt wochenlang im Koma. Dann
taucht er langsam wieder auf und stellt fest, dass er
nicht mehr sprechen kann und fast vollständig
gelähmt ist. Nur sein rechter Arm, den kann er
noch in all seinen Funktionen einsetzen. Kein
ausreichender Grund für ihn, um weiterleben zu
wollen, zu können. Nur eine Sache interessiert
ihn: Bei Besuchen von Bekannten und Verwandten wird immer wieder von einem Jungen
namens Joe Speedboat gesprochen. Spektakulär
war dessen Ankunft im kleinen Dorf: Der Umzugswagen mit seinem Vater am Steuer geriet von
der Strasse ab und zerstörte die gute Stube des
Besitzers der Asphaltwerke. Seither ist Joe Halbwaise. Spektakulär sind aber auch Joes Bombenexperimente. Jedenfalls wird vermutet, hinter den
Explosionen könne nur er stecken, denn vorher
gab‘s so was im Dorf nie.
Aus dem Krankenhaus entlassen, ist er völlig
auf andere angewiesen. Zum Beispiel auf seine
zwei Brüder, die ihn auf den Jahrmarkt mitnehmen sollten, ihn jedoch in einer unbewohnten
Bruchbude wie ein Möbelstück abstellen und
stehen lassen. Da lernt er endlich Joe Speedboat
persönlich kennen. Der hat dort nämlich seine
Bombenwerkstatt und lässt als Zeichen der Solidarität mit Fransje gleich abends ein Elektrizitätshäuschen in die Luft gehen, und Jahrmarkt plus
die Häuser der Umgebung versinken im Dunkeln. Joe ist ein Samurai, das sieht Fransje gleich,
denn darin kennt er sich aus, ein Draufgänger,
dessen Genialität ihn aus seiner Lethargie reisst.
So kehrt Fransje zurück ins Leben. Er beginnt
endlos Tagebücher zu schreiben, um das Leben
hier akribisch festzuhalten. Denn dank Wirbel-
Eine von Amandas vielen Erinnerungen:
Lidy, die Schwester, singt beim Putzen das Schifferkindlied. »O verreckt, oh verreckt, jetzt ist
meine Schwester weg.« Sie sind sich ähnlich, sehr
ähnlich. »Wir werden immer alles teilen.«, beteuern sie einander und schauen sich in die smaragdgrünen Augen, mit jenem tiefen Blick, der verspricht: »Gemeinsam, bis der Tod uns scheidet.«
Erwachsen geworden, verbindet sie immer
noch viel, auch wenn Lidy Sjoerd geheiratet hat
und bereits Mutter einer süssen Tochter geworden
ist.
Erinnerungen an Lidy...
Montag, 31. Januar 1953: Armanda bittet
Lidy, an ihrer Stelle ihr Patenkind in Zeeland zu
besuchen. Eine kleine Auszeit, ein kleiner Rollenwechsel tue ihr sicher gut. Sie werde inzwischen
nach Lidys kleinen Tochter Nadja und ihrem
Mann Sjoerd schauen.Auch an die Party, die Lidy
ja sowieso eher langweilen würde, gehe sie mit
Sjoerd. Lidy sagt zu – aus einer plötzlichen
Regung heraus. Was als kleine Scharade unter
Schwestern gedacht war, entwickelt sich zur
Katastrophe. Denn genau in dieser Nacht zieht
eine extrem hohe Sturmflut herauf, die zweitausend Menschen das Leben kostet und grosse
Landstriche im Südwesten der Niederlande auf
Nimmerwiedersehen verschwinden lässt. Auch
Lidy kehrt nicht mehr zurück.
Margriet de Moor verwebt zwei Erzählstränge dicht ineinander: Die dramatischen Ereignisse der letzten Stunden in Lidys Leben und
Sterben und Amandas »Über«leben, ihre Erinnerungen und ihr Versuch, Lidys Leben an ihrer
Stelle fortzusetzen. So heiratet sie Sjoerd, übernimmt die Rolle der Mutter in Nadjas Leben,
baut mit Sjoerd ein Haus, das Lidy entsprochen
hätte... Bis sie irgendwann feststellt: Nein, sie kann
und will das nicht.
Eine Wahrheit bleibt beiden Schwestern:
»Gemeinsam, bis der Tod uns scheidet.«
8
atropa
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
ZADIE SMITH ❉ Von der Schönheit
Roman
Kiepenheuer & Witsch, geb., 516 S., 40.00
Lange nicht mehr habe ich so ein dichtes intelligentes süffiges Buch gelesen! Es ist ein Buch der Konfrontation: Amerika
trifft auf England, Schwarz auf Weiss, Familie auf Individualismus, Eltern auf Kinder, Alteingesessene auf die Zugewanderten, Establishment auf Aufstrebertum, Midlifecrisis auf Jugend,
Treue auf die Verführung, Konservatismus auf Liberalismus – in
all diesen Spannungsfeldern situiert sich der neue Roman von
Zadie Smith. Zwei Familien stehen sich gegenüber und sie
könnten verschiedener nicht sein.Trotzdem sind sie auf das Vielfältigste miteinander verknüpft. Die Väter, die sich als Lehrstuhlinhaber um den Vorrang befehden, die betrogene Ehefrau,
die sich mit der andern Ehefrau befreundet, deren Krankheit
von der eigenen Familie tabuisiert wird, die Kinder, denen die
Familie als höchster Wert vermittelt wird und die doch zunehmend auf sich selbst gestellt bleiben. Die lang gehegte Geborgenheit löst sich auf, keine Weisheit der Welt verspricht mehr
Hilfe und jede und jeder ist auf sich allein gestellt.
Zadie Smith versteht es, aktuelle
gesellschaftliche Themen sowie elementare Fragen des Seins lebhaft und klug
ins Geschehen einfliessen zu lassen.
Bravourös!
❉
JOHN HASKELL
✳ Amerikanisches Fegefeuer
Roman
Tropen, geb., 263 S., 33.90
Jack ist ein zufriedener, glücklicher Mensch,
lebt mit seiner Frau Anne in New York.Von sich
selbst sagt er, er sei ein Spezialist, sich den Umständen anzupassen und auf dieses Talent sei er
mächtig stolz. Da geschieht etwas: Als er einen
Tankstellenshop verlässt – er hat Snacks für sie
beide eingekauft – entdeckt er weder sein braunes Auto noch seine Frau Anne. Beide sind verschwunden. Nichts war geschehen. Nur, beide
waren sie weg. Er wartet. Bald würde sich alles
aufklären. Sie war tanken, hatte ein Problem mit
dem Wagen, ging schnell Shushi besorgen...
Nachdenken will er nicht. Er will sie einfach
zurück haben. Denn er liebt sie. Er wartet. Angst
stellt sich ein, und Zorn. Nach Stunden trottet er
nach Hause. Befremdlich erscheint ihm die Welt.
In der Wohnung kein Licht, keine Anne. Er versucht das Leben weiterzuleben.Vielleicht kommt
sie plötzlich zur Tür herein. Doch dann weiss er,
der immer weiter gewusst hat, nicht mehr weiter.
Am liebsten hätte er sich aus der Welt herausgeschnitten. Etwas muss er unternehmen, unbedingt. Er durchsucht ihr Zimmer und findet eine
Landkarte. Städte sind darauf eingekreist, das
ergibt eine Route. Er macht sich auf, im Auto
quer durch Amerika, trifft Menschen und Land-
schaften. Ein Gefühl wird je länger desto stärker:
Immer durchsichtiger zu werden und dieser Welt
abhanden zu kommen.
Bis er Anne wieder begegnet, muss er durchs
Fegefeuer (in der amerikanischen Version) gehen.
Eine Roadstory, die LeserInnen seltsam irritierend in der Schwebe hält.
I L I J A T RO J A N OW
✸ Der Weltensammler
Roman
Hanser, geb., 473 S., 44.50
✳
Den britischen Offizier Sir Richard Francis
Burton gab es wirklich – von 1821 bis 1890.
Der Autor schreibt zur Einführung seines Romans: »... Jeder Mensch ist ein Geheimnis; dies gilt
um so mehr für einen Menschen, dem man nie
begegnet ist. Dieser Roman ist eine persönliche
atropa
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
✸
Annäherung an ein Geheimnis, ohne es lüften zu
wollen.«
Eine hochspannende Annäherung an einen
geheimnisvollen Menschen.An einen, der auszog,
um neue Welten zu entdecken – um sich, aber
auch in sich. Ein Exzentriker, der statt den englischen Kolonialstil in der Ferne gepflegt zu pflegen, wie ein Chamäleon sich der jeweiligen Umgebung anpasst. Einer, der keinen Aufwand
scheute, um in die Gastkulturen einzutauchen,
sich die Sprachen möglichst schnell und perfekt
einzuverleiben, sich Sitten und Gebräuche möglichst authentisch anzueignen und dabei sein
Äusseres so zu verändern, dass niemand mehr in
ihm einen englischen Offizier vermutete und
auch Einheimische ihn als einen der ihren ansahen. Anonym bereist er verschiedene Länder, von
Indien über Arabien bis ins Herz von Afrika. Die
Behörden, ob britisch oder einheimisch, betrachteten die wenigen Spuren, die er hinterliess, mit
Argwohn. Er jedoch unternahm alles, um die
Tiefen der Kulturen auszuloten. In Indien lernte
er die heiligen Schriften in Sanskrit auswendig
und lebte mit einer kultivierten Kurtisane zusammen. Er konvertierte zum Islam, begab sich auf
Pilgerfahrt nach Mekka. Später versuchte er auf
einer strapaziösen Reise, die ihn beinahe umbringt, die Quellen des Nils zu entdecken.
Die Geschichte eines aussergewöhnlichen
Mannes, dem das Suchen – und das tat er ein
Leben lang – wichtig war, nicht aber das Finden
und Gefundenwerden.
OT TO D E K AT
✲ Sehnsucht nach Kapstadt
kämpft gegen die japanischen Invasoren in Indonesien. Im Gefangenenlager lernt er Guus kennen, Guus, sein Seelenverwandter. Als sie nach
Nagasaki verschifft werden, wird das Schiff torpediert, sie springen und – Guus taucht nie mehr
auf.
Guus verloren zu haben, ist schlimmer als all
die Schuldgefühle den eigenen Eltern gegenüber.
Guus, ein Abenteurer wie Rob, aber kein flüchtiger, Guus ist aufgebrochen und nicht weggelaufen
wie er. Guus Vater verrät Rob Guus’ letztes Geheimnis: Guus konnte gar nicht schwimmen. Die
Gedanken schwirren in Robs Kopf, und zum ersten Mal weiss er etwas ganz genau: er muss weg,
und er weiss auch, wohin: er muss heim, heim
nach Kapstadt!
✲
KÜCHENGESCHICHTEN
TRISH DESEINE
❊ Verrückt nach Karamell
100 sinnlich-süsse Verführungen
AT, geb., 159 S., 34.00
TRISH DESEINE
❁ Marcellas Geheimnisse
✧ Verrückt nach Schokolade
Meine italienische Kochschule
Mit 120 Originalrezepten
Collection Rolf Heyne, geb., 400 S., 52.20
100 sinnlich-süsse Verführungen
AT, geb, 159 S., 34.00
MARCELLA HAZAN
Ein Schleier von Melancholie liegt über der
Geschichte von Rob. Rob ist ein Ruheloser, ein
Heimatloser, ein Getriebener. Demonstrativ zerreisst er all die Adressen und Empfehlungsschreiben, die ihm sein Vater mitgegeben hat, lässt die
Zettelchen über die Reling flattern, wo unten an
der Hafenmauer seine Eltern stehen. Er will frei
sein, seinen eigenen Weg machen. Er arbeitet in
den Minen in Südafrika, er meldet sich als Freiwilliger bei der niederländischen Armee und
Grossmutter
geht hier der
italienischen
Küche auf den
❁
Grund. Neben
der schmackhaften
Auswahl von Antipasti, Pastasaucen und Pasta-, Fisch-, Fleisch- und
Gemüsegerichten, gibt sie uns Antworten zu
Grundfragen, wie »Wann ist Gemüse gar (ein
Stückchen Spargel, grüne Bohnen oder Lauch am
Ende festhalten. Biegt es sich leicht nach unten, ist
es gar, wenn es noch steif ist, wieder ab in den
Topf)?«. Im Kapitel Insaporire liefert sie uns den
Universalschlüssel zum Geschmack. (Wie lange
wird eigentlich eine Zwiebel gegart, wie entfaltet
sich der Geschmack von Gemüse überhaupt am
besten?)
Die Spitzenköchin gibt Tipps, wie aus allen
Zutaten das Beste herausgeholt werden kann.
Solche Kochbücher machen einfach Spass!
MARCELLA HAZAN
Roman
Suhrkamp, geb., 156 S., 32.30
✪ Die klassische italienische Küche
450 Rezepte
Collection Rolf Heyne, geb., 688 S., 59.00
Marcellas Hazans »Die klassische italienische
Küche« gilt als DAS Standardwerk der italienischen Küche. Sicher hat es bei allen, die gerne kochen, einen festen Platz im Küchengestell. Wir
lieben ihre Küche! Die heute achtzigjährige
9
Ein Augenschmaus, dieses Kochbuch! Einige
atropa-KundInnen haben sich schon von »Verrückt nach Schokolade« von derselben Autorin
verführen lassen. Zu Recht, denn es gibt kein
schöneres Schoggibuch als dieses!!! Im gleichen
Hochformat ist nun dieses zuckersüsse KaramellBuch erhältlich. Im Klappentext steht treffend
beschrieben: »Karamell ist, wie Schokolade, eng
mit unseren Kindheitserinnerungen verbunden.
Ob in seiner festen Form als Bonbons, die zwischen den Zähnen knacken, oder in Form zart
schmelzender Toffees aus Butter und Rahm, ob als
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atropa
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
KRISTINA MÖLLER ❆ Küchengeschichten
Die wunderbaren Rezepte meiner Freunde
Gerstenberg, brosch., 191 S., 34.80
❆
Das gefällt mir sehr; nachdem im Gerstenberg Verlag »La nonna, la cucina, la vita«
erschienen ist (Wir haben dieses Buch in der
letzten Zeitung vorgestellt – aufmerksame
LeserInnen unserer Buchzeitung erinnern
sich.), hat der Verlag nun ein ähnlich persönliches, spezielles und schönes Kochbuch aufgelegt.
In diesem Buch verraten die FreundInnen von Kristina Möller ihre Lieblingsrezepte. Und weil jedes Gericht eine eigene
Geschichte hat und eng mit der Persönlichkeit seiner Köchin, seines Kochs verbunden
ist, stellt sie ihre kochenden FreundInnen
auch allesamt vor. Sie hat sie aus Pappmaché
nachgebaut und bunt angemalt.Wer sie sind,
was sie ausmacht und ihre Verbindung zu den
Rezepten erzählen Texte und Bilder.
So unterschiedlich wie die Personen, so
verschieden sind auch ihre Rezepte.
Da gibt es Speisen, die von Reisen in
ferne Länder erzählen oder Gerichte, die Erinnerungen an wohlige Kindheitstage wecken.
Für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Schön, kurzweilig und fein obendrein!
Creme, Sauce, Eis oder kombiniert mit Schokolade – Karamell ist immer Sinnlichkeit pur und
erfüllt uns bis in die letzte Faser mit Genuss und
wohliger Zufriedenheit.«
❊
100 Rezepte für den Karamell-Genuss sind
hier zu finden. Unbedingt mal reinschauen, auch
ins Schokoladebuch!
atropa
B U C H Z E I T U N G W I N T E R / F R Ü H L I N G 0 6 / 0 7 11
FRAGEN &
BLUMEN
✣
P E T E R F I S C H L I / DAV I D W E I S S
✱ Fragen & Blumen
WA LT E R K Ä L I N / L A R S M Ü L L E R /
J U D I T H W Y T T E N B AC H ( H R S G. )
Eine Retrospektive
JRP Ringier, geb., 352 S., 48.00
✾ Das Bild der Menschenrechte
Bildband
Lars Müller Publishers, geb., 720 S., 68.00
✱
Seit 1979 arbeiten die beiden Künstler Peter
Fischli und David Weiss gemeinsam an einem
Werk, welches sein Augenmerk immer mit viel
Humor auf das Alltägliche, das unscheinbar
Banale richtet. Sie haben in ihren Videoinstellationen, Plastiken, Dia-Shows und fotografischen
Arbeiten in den letzten dreissig Jahren einen staunenswerten Reichtum an Bildern entfaltet.
Dieses Buch mit dem schönen Titel »Fragen
& Blumen« entstand nun in enger Zusammenarbeit mit den Künstlern anlässlich der grossen Retrospektiven ihres Werks in London (zur Zeit zu
sehen bis am 14. Januar 2007 in der Tate
Modern in London), Zürich (im Kunsthaus vom
8. Juni – 9. September 2007) und Hamburg (in
den Deichtorhallen vom 16. November 2007 –
3. Februar 2008) und bietet den bisher umfassendsten Überblick über ihr vielfältiges Werk.
Kritiker, Kuratorinnen, Philosophen, Künstlerinnen, Cineasten und Poeten beleuchten in ihren
Texten aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln
eine einzigartige Künstlerkarriere, die Grenzen so
leicht überschreitet wie sie sich einer simplen
Klassifikation entzieht.
Freuen wir uns auch auf die Ausstellung im
Kunsthaus Zürich!
K L AU S L A N Z / L A R S M Ü L L E R U. A .
( H R S G. )
✣ Wem gehört das Wasser?
Bildband
Lars Müller Publishers, geb., 534 S., 69.90
Dieses meisterhafte Werk zu einem der wichtigsten Themen der Welt sollte auf jedem Stubentisch liegen, ein Buch für die ganze Familie! Lars
Müller Publishers, bekannt als Verlag für GrafikBücher, hat auch schon mit »Das Bild der
Menschenrechte« ein sehr eindrückliches Buch
gemacht. Nun ist im gleichen Format dieses
Wasser-Buch erschienen.
Nur dank dem Wasser und vielen seiner
rätselhaften Eigenschaften ist das Leben auf dieser
Erde überhaupt möglich.Wem gehört das Wasser?
Das Buch diskutiert die wichtigsten Fragen zur
Trinkwasserversorgung und Nahrungsmittelproduktion. Und weist auf Risiken einer ungehemmten Privatisierung des Wassers hin und
dokumentiert, wie die Abhängigkeit vom Wasser
politisch ausgenutzt wird. Ausführliche Texte
erläutern, wieso das Wasser niemandem gehören
kann und dass seine freie Verfügbarkeit ein Menschenrecht ist.
Nicht nur ein spannendes Lesebuch, sondern
ein herausragendes Bilderbuch zum Thema
Wasser und alles, was mit Wasser zu tun hat.
CORINNA MILBORN
mit grosser Gastfreundschaft aufgenommen. Sei
das in Nordafrika, in den Banlieues in Frankreich
oder in islamischen Vierteln in London, wo die
Anschläge auf die U-Bahn geplant wurden.
Die Situation ist hochexplosiv!
In Nordafrika werden die Mauern höher gezogen, raffinierte Überwachungssysteme und
Zäune mit automatischen Tränengasanlagen werden installiert. Die Meere zwischen Afrika und
Europa werden von der Marine, Grenzpolizei und
elektrischen Systemen überwacht. 2,5 Millionen
Menschen warten auf eine Gelegenheit, in Booten das Meer nach Europa zu überqueren. Das
Rote Kreuz schätzt, dass in den letzten zwölf Jahren 20'000 Menschen gestorben sind beim Versuch, nach Europa zu gelangen.
❇
Im Inneren Europas sind es zunehmend vor
allem die Jugendlichen, die sich gegen die unsichtbaren Barrieren auflehnen. Sie sind in Europa
geboren und kennen das europäische Versprechen
von Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit, erleben jedoch Tag für Tag, dass es für sie nicht gilt.
Wie soll das weitergehen? Lösungen bietet
Corinne Milborn uns keine, dieses Buch ist
vielmehr eine Anklage und Aufforderung, endlich
die Probleme von Einwanderung und Ghettoisierung anzusprechen.
Denn die Zündschnur dieses Pulverfasses
brennt!
Ein sehr kluges und gut lesbares Sachbuch,
das wir sehr empfehlen.
❇ Gestürmte Festung Europa
Einwanderung zwischen Stacheldraht
und Ghetto
Das Schwarzbuch
Styria, geb., 248 S., 34.90
Die in Wien lebende Journalistin und Politikwissenschafterin setzt sich seit Jahren mit den
Themen Migration, Integration, Globalisierung
und Menschenrechte auseinander.
Sie hat die Brennpunkte der Einwanderungsgesellschaft besucht. Da hat sie zahlreiche Interviews gemacht mit Leuten, vor denen sie gewarnt
wurde (»Mit denen redet man nicht!«) So lässt sie
die Menschen oft selber sprechen. Sie wurde
übrigens nach anfänglichem Misstrauen immer
A R M A N D M AT T E L A RT
✵ Kultur und Globalisierung
Marktmacht gegen Vielfalt
Rotpunktverlag, brosch., 152 S., 32.00
»Globale Vielfalt« war so lange selbstverständlich, wie sich nur eine Weltminderheit dafür interessierte. Seitdem sie thematisiert wird, ist sie in
Gefahr.
Von der Kultur zur Kommunikation, vom
Volk zur »Öffentlichkeit«, vom Bürger zum
Konsumenten: in den vergangenen 200 Jahren
ging es immer um die Spannungen zwischen dem
im Zeichen des Freihandels stehenden Projekt der
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atropa
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
PIETRA RIVOLI ❈ Reisebericht eines T-Shirts
Ein Alltagsprodukt erklärt die Weltwirtschaft
Econ, brosch., 317 S., 28.50
Pietra Rivoli ist Professorin der Wirtschaftswissenschaften
und lehrt an der Georgetown Universität in Washington D.C. Ihr
Arbeitsschwerpunkt liegt im Bereich der internationalen Wirtschaft und Finanzen. Daneben setzt sie sich mit Fragen der Ethik
im Spannungsfeld Ökonomie auseinander. Die Proteste der
Studentinnen und Studenten an ihrer Uni zur Zeit der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) 1999 in Seattle
regten sie an, sich selber ein paar Gedanken zum Thema, das ja
eigentlich genau ihres ist, zu machen. Anscheinend hatte sie sich
bislang nur theoretisch mit dem Thema befasst. In den folgenden Jahren ging sie mittels Recherche und Reisen der Frage
nach, wer denn ihr T-Shirt gemacht hat. Anhand eines konkreten
Gegenstands die Zusammenhänge der Weltwirtschaft und des
Welthandels zu erklären, scheint ihr fassbarer. Ein Fazit von ihr
ist: »Kurz gesagt, die Geschichte meines T-Shirts hat am Ende
weniger mit Fragen des Markts zu tun, als ich es selbst erwartet
hätte, und dafür mehr mit dem historischen und politischen Geflecht von Intrigen, die sich um die Märkte ranken.Wenn ich die
Lebensgeschichte meines T-Shirts Schicht um Schicht freilege –
und gerade dort, wo es um aktuelle Diskussionen geht–, stosse
ich immer wieder auf Geschichte und Politik.« Der Vergleich
zeigt, dass die Verhältnisse in den Ländern sehr unterschiedlich
sind, obwohl sie ja nach den gleichen Gesetzmässigkeiten funktionieren und sich entwickeln müssten. Rivolis zweite These ist:
»universellen Warenrepublik« und dem Universalitätsanspruch der von der Aufklärung verkündeten Werte. Es ging um die Spannungen zwischen
Bildungsbürgerkultur und Alltagskultur, zwischen
dem Ethnozentrismus des Kulturkolonialismus
und den Kämpfen um die Bewahrung der eigenen Identität, zwischen dem geschlossenen Raum
des Nationalen und den grenzüberschreitenden
Tendenzen. Heute besteht eine Frontstellung zwischen zwei unterschiedlichen Kulturauffassungen:
hier eine auf dem Global Democratic Marketplace angebotene »Dienstleistung«, dort ein
»öffentliches Gemeingut«, ohne das eine Demokratie nicht möglich wäre. Innerhalb eines Globalisierungsprojekts, in dem der Markt allein den
Takt vorgibt, wird »globale kulturelle Vielfalt«
immer mehr zur Leerformel. Andererseits hat
✵
»Die Globalisierungskritiker brauchen die Konzerne, die
Konzerne brauchen die Globalisierungskritiker – und die asiatischen Fabrikarbeiter und die afrikanischen Baumwollfarmer
brauchen sie alle beide.« Die GlobalisierungskritikerInnen tragen
zur Verbesserung der Bedingungen im Verhältnis ArbeiterIn –
Konzern bei, da die ArbeiterInnen dringend auf die Möglichkeit
zur Arbeit angewiesen und den Konzernen ausgeliefert sind.
Was anfangs etwas naiv getönt hat, entwickelte sich zur spannenden Lektüre, die den Welthandel anschaulich darstellt.
Kultur immer auch globale Dimensionen. Die
Frage stellt sich auch hier:Welche Art von Globalisierung wollen wir?
B E R N D F R E Y TAG VO N
L O R I N G H OV E N
❀ Mit Hitler im Bunker
Die letzten Monate im Führerhauptquartier
Juli 1944 bis April 1945
WJS-Verlag, geb., 191 S., 31.90
Nach der packenden Lektüre legt man die
Erinnerungen des letzten noch lebenden Zeugen
von Hitlers Endzeit etwas ratlos und verunsichert
aus der Hand. Der 1914 geborene Deutsch-Balte,
Sprössling einer adligen Familie, sah nach dem
Machtantritt der Nationalsozialisten als junger
Jurist keine andere Möglichkeit, der Mitgliedschaft
der Nazipartei auszuweichen, als eine Militärlaufbahn einzuschlagen. Als Offizier marschierte er in
Polen, Frankreich und Russland ein. 1943 konnte
er als einer der Letzten aus dem Kessel von Stalingrad fliehen – und 1945, mit dem ausdrücklichen
Einverständnis Hitlers, auch aus dem Berliner
»Führerbunker«, dessen letzte Bewohner sich
❈
angesichts des drohenden Untergangs der Verzweiflung, dem Wahn oder dem Alkohol hingaben.
Neun Monate lang hatte der Autor als Adjutant täglich an den Lagebesprechungen mit dem
von ihm angeblich verachteten Diktator und den
ebenfalls abstossend geschilderten Nazi-Grössen
teilgenommen. Aber von der »Endlösung der Judenfrage« und dem von der Wehrmacht an der
osteuropäischen Bevölkerung ausgeübten Terror
hatte Loringhoven nach eigenem Bekunden »keinerlei Ahnung«. Und von den Vernichtungslagern,
welche die Alliierten bereits Ende 1942 entdeckt
und diese Erkenntnis auch im Feindesland publik
gemacht hatten, will er erst nach dem Krieg erfahren haben. Das alles zu glauben, fällt dem kritischen Leser nicht leicht.
❀
atropa
✼
B U C H Z E I T U N G W I N T E R / F R Ü H L I N G 0 6 / 0 7 13
misten, der religiösen Sondergruppen und Scharlatane. Alles Akteure in Theorien, die von verschiedenen, angeblich erfolgreichen VoynichCode-Entzifferern ins Spiel gebracht wurden.
Ganz nebenbei führen die beiden Autoren auch
die Leserschaft in die Geheimnisse der Kryptologie ein. Sie erklären, wie Chiffren und Codes
funktionieren und geben so den Anstoss zum
Mitraten und -tüfteln. Ich selber habe es leider
trotzdem nicht geschafft, den Voynich-Code zu
knacken – vielleicht bringen Sie es fertig?
LUISA FRANCIA
KNALLHART
WORTWECHSEL
Schriftstellerin, Journalistin, Mutter, Dichterin,
Sängerin, Drehbuchautorin, Fotografin…
L O U I S S AC H A R
G E R RY K E N N E DY /
RO B C H U R C H I L L
✫ Der Voynich-Code
LUISA FRANCIA
✼ Wortwechsel
Frauenoffensive, brosch., 140 S., 25.10
In diesem Buch beschäftigt sich Luisa Francia
mit der Sprache, ihrer Bedeutung im Alltag und in
der Magie. Sie lenkt dabei unseren Blick auf die
Verwendung der Worte und regt unser Gehirn an,
»sprachlustig« zu werden.
Es geht um Worthülsen und leere Sätze, um
Machtworte und Schlüsselworte, um Lügen,
Wortgewalt, Mantras, Schlagworte, Schweigen
und Wortspielereien.
»Worte informieren, lehren, manipulieren,
schockieren. Wer Macht über Worte hat, hat
Macht über Menschen.«
Der zweite Teil des Buches beinhaltet Wortbilder, Körperübungen, Hirnübungen, Rituale
und Wortzauber. »In der Magie der weisen Frauen
bewirken Worte Veränderung von Wirklichkeit.«
Luisa Francia führt uns praktisch und lustvoll in
das Handwerk der Magie ein. Sie schreibt angenehm undogmatisch. Ein Ritual kann nach einer
bestimmten Form ablaufen, muss aber nicht.
Luisa Francia ist laut SPIEGEL die einzig
ernst zu nehmende Magierin und ausserdem
Das Buch das niemand lesen kann
Rogner & Bernhard, geb., 309 S., 60.00
Seit einigen Jahren schwappt eine riesige
Modewelle von Büchern auf den Markt, welche
die Aufdeckung eines geheimen, weltverändernden Codes versprechen. War es früher beispielsweise der Bibel-Code, ist heute der Da-VinciCode (mit diversen Ablegern) omnipräsent. Beim
Buch über den Voynich-Code verblüfft jedoch
der Untertitel, denn demnach handelt es sich hier
um »das Buch, das niemand lesen kann«. Der aus
Litauen stammende Antiquar Wilfrid Voynich entdeckte 1912 in einem südeuropäischen Schloss
ein seltsames Manuskript: 246 Pergamentseiten,
vollgekritzelt mit einer rätselhaften Geheimschrift
und mysteriösen Zeichnungen. Neben fremden
Pflanzen sind nackte badende Frauen, eigenartige
Röhrensysteme und Sternzeichen abgebildet.
Kennedy und Churchill entführen uns in die
Welt der mittelalterlichen Gelehrten und Alchi-
✫
✺ Kleine Schritte
Jugendroman
Bloomsbury, geb., 255 S., 26.80
L O U I S S AC H A R
❂ Löcher
Beltz & Gelberg,Tb, 296 S., 14.70
Erinnerst du dich? Löcher graben im Camp
Green Lake, Jugendstrafanstalt für schwere Jungs?
Höhlenmensch, X-Ray,Torpedo, Zickzack, Magnet, Zero, Deo?
Falls ja: Freu dich. Eine aller möglichen
Geschichten spinnt nun Louis Sachar weiter.
Falls nein: Zeit, um einzusteigen in die skurrile Welt dieses Autors, dessen letztes Buch
»Löcher« ein Welterfolg war.
Wieder buddelt Deo mit der Schaufel. Doch
nun nicht mehr als Strafe, sondern für Lohn.
Sieben Dollar fünfundsiebzig pro Stunde verdient
er als Angestellter einer Gartenbaufirma. Die
Zeiten der Strafanstalt sind vorbei. Kämpfen will
er – in kleinen Schritten, damit er nicht zu den 73
% schwarzer Jugendlichen gehört, die vor ihrem
achtzehnten Lebensjahr rückfällig werden und
wieder im Knast landen. Bis jetzt läuft‘s gut. Einen Job hat er gefunden, Geld bereits auf die hohe
Kante gelegt, den Highschool-Abschluss ist er am
Nachholen, und vor allem hat er sich aus Situationen herausgehalten, die aus dem Ruder laufen
könnten. Doch dann taucht X-Ray auf, sein ehemaliger Kumpan aus dem Strafcamp. Der schlägt
14
atropa
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
✺
ihm ein todsicheres Geschäft vor und beteuert, es
sei völlig legal, aber man müsste natürlich Geld
investieren, erhalte aber innert kürzester Zeit das
Doppelte zurück. Die Idee ist simpel: Kaira
De-Leon, die mit siebzehn Jahren bereits Kultstatus im Rockbusiness erlangt hat, wird ein Konzert
in der Stadt geben – erst kurzfristig angesagt. Karten im Aktionsvorverkauf beziehen, später im
Schwarzhandel um ein Vielfaches teurer verkaufen… So einfach ist das. X-Ray hat die Idee, wird
den Handel besorgen, und Deo müsse einzig sein
(hart erarbeitetes) Geld investieren. Deo lässt sich
trotz besseren Wissens überzeugen. Erstens, weil
Kaira die Frau seiner Träume ist, zweitens, weil er
sich von X-Ray schon immer überschwatzen
liess.
Der Kartenhandel wird zum Alptraum.
(X-Ray träumt vom grossen Geld und beginnt
Karten zu fälschen). Deos Traum mit Kaira hingegen…
Unter Null, nur noch negativ. Böse und schlecht.
Findet er selbst und möchte tot sein. Endlich
nicht mehr nachdenken und keine Energie mehr
aufwenden müssen, um die Risse im Gehirn zu
stopfen, durch die sich die Blitze herein drängen.
Bilder. Gerüche. Vergangenes. Die cracksüchtige
Mutter, Brooklyn, sein brutaler Bruder, das dunkle gemeinsame Geheimnis mit Browning,
seinem Vaterersatz, der Brandanschlag, die Zeiten
im Zentralpark, die Zeiten in den Heimen...
Dr. B., sein Therapeut in der Jugendklinik, wo
er nach einem Suizidversuch gelandet ist, möchte
wissen, was er sich vorstellt, was in ihm vorgeht
und stellt dauernd Fragen, dass ihm schwindelig
wird.Amerika schweigt zumeist, reagiert aber mit
Wut, wenn er merkt, dass die Risse in der inneren
Schutzmauer immer grösser, die Blitze immer
heftiger werden. Manchmal hilft nur noch eines:
Sich innerlich abzusetzen auf den Mount Everest,
davon zu fliegen in jene eiserstarrte, gleissende
Helle, dort, wo ewige Ruhe herrscht. Dr. B. hat
zwar die selben Fragen drauf wie viele Therapeuten, die Amerika schon erlebt hat; doch er hat
Ausdauer und Geduld, über Wochen. Und langsam beginnt Amerika seine Geschichte zu erzählen, zuerst sich selbst, dann auch Dr. B.
Irgendwann – er weiss zwar immer noch
nicht, was damals alles passiert ist – denkt er: «Verdammt, ich bin hier, ich lebe.Wie geht‘s weiter?«
A M O N B A RT H
E. R. FRANK
✪ Ich bin Amerika
Jugendroman
Beltz & Gelberg,Tb, 247 S., 27.20
»Ich bin in Amerika und Amerika bin ich.«
Wie gefiel es dem kleinen Jungen Amerika, diese
Wörter klingen zu lassen. Damals, als er ein fröhliches Kind war, sich in der Wohnung versteckte,
bis Mrs. Harper sagte: »Wo ist Amerika?« Dann
kam er hervor und sie sagte: »Da ist Amerika!«
Und er kreischte vor Vergnügen, weil es eben so
schön war, gefunden zu werden.
Nun ist er 15 und sich selbst und der Welt
abhanden gekommen. Verloren gegangen unterwegs, und es lohnt sich nicht die Mühe, ihn wieder zu finden. Er ist nichts. Weniger als nichts.
✪
✩ Mein Leben als Kiffer
Jugendbuch
Rowohlt,Tb, 187 S., 14.60
Amon ist ein Labersack. Er kann stundenlang
reden, mit seinen Freunden, in der Schule, aber
auch mit seiner Mutter. Die ist als Redaktorin
zwar oft unterwegs, das gemeinsame Abendessen
aber schätzen beide. Dann sprechen sie miteinander über alles. So bleibt es aber nicht. Amon
schliesst sich in der Schule anderen Jungs an und
zwar nicht den Strebern, sondern den coolen Hip
Hoppern und zwar den echten und nicht den
Möchtegerns. Spass und Lachen ist angesagt, in
der Schule beim gegenseitigen Verarschen, bei den
anonymen Telefonanrufen an Wildfremde, beim
Velos in den Fluss werfen, beim Autos beschädigen, beim Rauchen und Saufen, Gamen und
Videos reinziehen. Sie stacheln sich gegenseitig
an, lachen sich kaputt, meist auf Kosten von anderen. Doch das ist ihnen egal. Hauptsache, man
gehört dazu und die Kumpels finden einen geil.
Halt dann lieber auch über ein Mädchen herziehen, als von den anderen runtergemacht zu werden, weil man sie eigentlich sehr mag.
Schon bald ist es soweit: der erste gemeinsame Joint. Es lacht sich noch besser. So geil. Man
trifft sich nun regelmässig, um Gras, harte Musik
und harte Gewalt- oder Sexstreifen reinzuziehen,
Rumhängen und chillen, häufig in der grossen
Wohnung von Amon und seiner Mutter. Die ist ja
auch nicht wie andere Eltern und schmeisst sie
raus, wenn sie merkt, dass gekifft wird. Amon
weiss, dass er nachher stundenlang ihr Gelaber
anhören muss. Mit ein wenig Reue, Zerknirschung und Versprechungen, sich zu bessern, lässt
sie sich aber schnell wieder beruhigen.
Irgendwann ist es nicht mehr nur lustig. Die
mühsame Suche nach Geld und Stoff, die gegenseitigen Linkereien, der Stress in der Schule und
zu Hause, diese dumpfe Gleichgültigkeit und antriebslose Trägheit – eine Endlosschleife. In den
wenigen lichten Momenten in seinem Kifferleben merkt Amon, was er verloren hat. Ein Grund
mehr, um sich erst recht zu benebeln. »Um etwas
zu gewinnen, muss man erst alles verlieren«,
meinte eines seiner Idole. Tönt cool, ist es aber
nicht. Die Zeit des grossen Lachens und des sanften Fliegens ist vorbei, und der Absturz beginnt.
M AT S WA H L
✤ Schwedisch für Idioten
Jugendroman
dtv,Tb, 400 S., 14.30
Neu in der Oberstufe, 9. Klasse, doch das
Schuljahr beginnt für Henke nicht wirklich gut.
Zum einen scheint die Klasse 1F eine echte
Müllklasse zu sein – wenig SchülerInnen, dafür
um so krassere. Emma, die sofort ausrastet, schreit
und rausrennt – Louise gleich hinterher. Kosken,
der grosse Obermacker (ausser zu Hause, da
schlägt nicht er, sondern der Vater drein). Der
schöne Dragan und Gustav, stiernackiger
Lulatsch. Allan, den man von weitem kommen
hört, weil er in jeden Spind reinkicken muss und
zuallerletzt die schüchterne Saida mit ihrem weissen Kopftuch. Und eben er, Henke, bis in die
7. Klasse ein guter Schüler und dann ging‘s
bergab, damals, als das mit der Schwester passierte.
Nun ist er in dieser Klasse mit dem schlechtesten
Ruf, in der Klasse, in die niemand gehen will. Ihre
Schwedischlehrerin, die junge Johanna Persson,
gibt ihr Bestes, doch was man allgemein unter
Schule versteht, findet hier nicht mehr statt.
✤
atropa
B U C H Z E I T U N G W I N T E R / F R Ü H L I N G 0 6 / 0 7 15
Zum anderen wird Henke in der Kantine
von drei älteren Rüpeln in die Zange genommen.
Es artet in eine Keilerei aus. Am Schluss landet
Henke vor dem Schulleiter und sein Messer wird
beschlagnahmt. Dies alles am ersten Schultag!
Immerhin liegt die Mutter weder im Bett noch
hat sie die Wohnung angezündet. Zudem hat er
ein wildfremdes Mädchen gefragt, ob sie mit ihm
am Boogie-Marathon mitmache. Und sie hat ja
gesagt. Ausgerechnet Elin, diese Topschülerin.
Johanna Persson will mit ihnen ein Buch
schreiben. Emma schlägt den Titel »Schwedisch
für Idioten« vor. Das findet der Schulleiter keine
gute Idee und er verbietet der jungen Lehrerin,
damit weiterzufahren. Henke aber beginnt zu
Hause sein persönliches Buch zu schreiben – über
all das Ungesagte, Ungedachte, Ungefühlte und
was damals geschehen ist. Doch auch das Leben
jetzt geht weiter. Ihre Lehrerin verunfallt, jemand
hat ihr Velobremskabel durchgeschnitten. Die
Spirale der Gewalt beginnt sich zu drehen...
Henke, du bist doch wirklich kein Idiot!
eines Campingplatzes. Das bedeutet, dass auch für
Hunter immer wieder Arbeit abfällt, vor allem seit
sein Dad verschwunden ist. Zum Bespiel den
MWR (= Männerwaschraum) putzen, diesen
verpi..., verwi... Ort. (Mum: »Hunter, ich will
diese Worte nie mehr hören!« Und das meint sie
auch so.)
Um einen Mulloway zu fischen, dazu braucht
es mehr als Glück. Da braucht es erstens einen
Mulloway (und die brauchen sauberes Wasser und
keine dreckigen Zuflüsse von den Küstenorten),
zweitens eine/n Angler/in mit viel Erfahrung, mit
einer super Ausrüstung und einer ausgefeilten
Technik und mit ... einer guten Nase. Wirklich!
Hunter bleibt dran.
EINE KISTE
ERBSEN
PHILLIP GWYNNE
❁ Ein fetter Fang im
langweiligsten Kaff der Welt
Jugendroman
Sauerländer, geb., 279 S., 29.90
Als grösstes Ziel im Leben – oder zumindest
in nächster Zeit – einen Fisch zu fangen? Das
gibt‘s. Nicht irgendeinen Fisch, das kann ja jede/r,
sondern einen »Mulloway«. In der Sprache der
Aboriginees bedeutet Mulloway »der Grösste«. Er
kann bis 50 Kilogramm schwer werden, dieser
Traumfisch aller Sportangler. Der ist am schwierigsten zu fangen. Doch Hunter, erst 13 und noch
kein Profi, will genau den, und irgendwo in seinem Innern weiss er, dass er es schaffen wird. Sein
Vater war der beste Fischer in diesem Kaff am
Hintern von Australien, bis er eines Tages nicht
mehr heimkehrte. Spurlos verschwunden. Etwas
hat er ihm aber hinterlassen: eine Bibel. »Der Perfekte Angler«. Hunter kennt diese Bibel auswendig und doch liest er täglich darin. Er ist kein
»Leinennässer« oder »Fischmäster« wie die Angeltouristen herablassend von den Einheimischen
genannt werden. Er und die anderen Molenratten
(Mole rauf und runter, Leine auswerfen, reinholen, eben: Fischen) wissen, worauf es ankommt.
Da sind noch die beiden eineiigen Zwillingsschwestern (Fotokopien genannt) und Miracle
mit seinem Aktenkoffer voller Fischerei-Utensilien, stets bereit, einen Handel (zu seinem Vorteil)
vorzuschlagen.
Leider kann Hunter nicht immer seiner Leidenschaft nachgehen. Seine Mum ist die Leiterin
A N T J E VO N S T E M M
✻ Unser Haus!
Ein wunderbares Klappbilderbuch mit Suchspiel!
Cbj, 26.80
Schon beim ersten Durchblättern lassen
einem die lustigen Bilder von Jutta Bauer das
Herz höher schlagen. Und dann dieses Thema:
Aller Anfang, also wie hat die Welt angefangen.
Die beiden bekannten Dichter erzählen und mutmassen in 34 Hin- und Hergeschichten von der
Schöpfung und zwar abwechselnd: Jürg Schubiger fängt an und Franz Hohler hört damit auf.
Wie alles anfing, als der grosse schwarze Vogel die
Tür zum Nichts öffnete. Woher die Namen
kommen. Oder die Nase. Wer die Sterne an den
Himmel zauberte. Was Gott mit der Kiste voller
Erbsen machte, die er eines Tages bekam.
Schubiger und Hohler stellen Fragen und
finden Antworten – voller Philosophie und Poesie und mit viel Humor gewürzt.
„Unser Haus“ ist ein Mehrfamilienhaus mit
sechs Wohnungen. Da leben ganz verschiedene
Menschen.Wie sie genau wohnen und was sie tun
den lieben langen Tag, lässt sich Seite um Seite in
jeder Wohnung aufklappen. Sehr originell, was die
Operndiva mit ihren drei Hündchen erlebt und
wie sich die Hippie-WG eingerichtet hat oder
wer alles an die Kindergeburtstagsparty eingeladen ist. Oder was da in diesem Paket steckt, das
der Kapitän heute bekommen hat.
Ein sehr originelles Kinderbuch!
✯
ISABEL PIN
❈ Ein Regentag im Zoo
Pappbilderbuch
Bajazzo, 22 S., 25.00
✻
FRANZ HOHLER/
JÜRG SCHUBIGER
✯ Aller Anfang
Bilder von Jutta Bauer
Beltz & Gelberg, geb., 128 S., 30.80
Ein ganz besonderes Aufklappbuch sei hier
vorgestellt.Anna geht heute mit Papa in den Zoo.
Leider regnet es aber heute ganz fest, da möchte
kein Zootier draussen blöd rumstehen. Und so
haben sich denn alle in ihr eigens für sie gebautes
Haus verkrochen. Wenn die Kinder genau hinschauen, können sie einfach erraten, welches Tier
im jeweiligen Haus wohnt. Dann aufklappen und
gucken, ob das Kind richtig geraten hat. Am
besten gefallen der Schreiberin das Nashornoder Flamingohaus. Ein kleines Kunstwerk hat
Isabel Pin da geschaffen!
16
atropa
BUCHZEITUNG WINTER/FRÜHLING 06/07
Magda ist die Stärkere und Lisa ist die Mutigere.
Lisa ist tapfer und Magda ist schneller. Beide sind
sauschlau.Waaaau! So ein gefährlicher Heimweg.
Alleine nicht zu machen. Magda und Lisa
sind dicke Freundinnen.
Gefährlich ist‘s, von der Schule gut nach
Hause zu kommen. Doch zu zweit und als dicke
Freundinnen kann da kommen, was wolle. Die
schaffen das, die zwei kleinen sauschlauen
Schweine. (Dasselbe gilt natürlich auch für
sauschlaue kleine Mädchen und Jungs.)
Ein saustarkes Bilderbuch mit ausdrucksstarken Illustrationen. Schwein hat, wer‘s bekommt.
✣
E VA M U S Z Y N S K I /
KARSTEN TEICH
A N T J E VO N S T E M M
✣ Hat das Nilpferd Streifen?
Extrembasteln mit Krimskramuri
Bilderbuch
Boje, geb., 40 S., 23.50
✹
Dort trifft sie einen kleinen Affen, der wie sie oft
alleine spielt. Zusammen gehen sie nun einen
Schatz suchen und erleben, wie schön es ist, eine
Freundin, einen Freund zu haben.
Traumhafte, magische, üppige, zauberhafte
Bilder in warmen, herbstlichen Farben.
Für dieses Buch ist die St. Galler Illustratorin
und Autorin Lika Nüssli mit dem Schweizer
Bilderbuchpreis 2006 ausgezeichnet worden.Völlig zu Recht – denn Nüsslis Welt ist so lebendig,
dass es Gross und Klein immer wieder freut, die
Geschichte anzuschauen!
K AT H R I N S C H Ä R E R
❀ Zwei dicke Freundinnen
Kinderbilderbuch
Sauerländer, geb., 27 S., 23.50
LIKA NÜSSLI
✹ Unterm Bett ein Wunderstein
Bilderbuch
Ab 5 Jahren
Atlantis, geb., 32 S., 24.80
Elsa spielt gerne allein. Auf einem Ausflug
treibt sie sich lieber zwischen Bäumen und
Gestrüpp herum, als mit den anderen Kindern an
der Feuerstelle zu sitzen.
So findet Elsa ein Ei… oder ist es nicht doch
ein Stein? Er fühlt sich glatt und warm an, und als
Elsa ihn in ihre Hosentasche gleiten lässt, spürt sie
wie ein leichtes Zittern durch das Ding geht.
Zu Hause versteckt sie den Stein unterm Bett
und in der Nacht bricht er auf und ein Wald
wächst heraus. Ein Vogel holt Elsa ab und trägt sie
auf seinem Rücken in den wundersamen Wald.
Magda und Lisa sind dicke Freundinnen.
Nichts bringt sie auseinander. Fast gar nichts kann
sie erschrecken. Gar nichts kann sie aufhalten.
Nochmals ein Buch von Antje Von Stemm;
witzig, originell und schön. Diesmal ein Bastelbuch, natürlich anders als die gängigen. Mit den
vielfach einsetzbaren Basteleien verführt die
Autorin vom Bastel-Muffel bis zum Bastel-Profi
jedes Kind. Ob Weltraum-Mobile, selbstgebundenes Notizbuch, Visitenkarten oder ein Set Wutkegel zum Abreagieren – alles ist leicht nachzubasteln, nichts ist teuer. Zusätzlich zu den Ideen
gibt es Basisanleitungen für verschiedene Handwerkstechniken und der Clou: alles ist eingebettet
in eine tolle Geschichte!
✷ One Red Dot
A Pop-Up Book for Children of All Ages
By David A. Carter
Little Simon, geb.,10 S., 34.70
Nur so viel sei verraten: ein solch wunderbar
verspieltes Pop-Up-Buch, wo sich Seite für Seite
die unglaublichsten Gebilde auftun und beim Zusammenklappen wieder verschwinden, hat noch
niemand gesehen! Eine Sensation! Unbedingt
reinschauen!
✷
ruediwidmer:grafik
Dies ist die Geschichte eines zum Spass wild
entschlossenen Vaters und einer skeptischen Frau
Mama, und es ist auch die Geschichte ihres Sohns
Jakob und des Nilpferds in seinem Kopf.
Die Geschichte spielt im Zoo. Papa macht
dort gute Miene (»Was für ein Glückstag! Noch
nicht ganz im Zoo und schon die erste
Schlange!«)
Jakob aber stellt sich das abgetauchte Nilpferd
vor. Hat es eine Mähne? Streifen? Einen Rüssel
gar? Ist am Nilpferd wirklich nichts dran wie alle
Erwachsenen behaupten?
Natürlich erfahren wir und auch Jakob am
Ende, wie ein Nilpferd wirklich aussieht und wo
es sich herumtreibt, wenn es nicht in seinem
Gehege ist.
Ein charmantes, fantasievolles Bilderbuch mit
tollen, witzigen Zeichnungen, bei denen es viel
zu entdecken gibt.
Gerstenberg, geb., 96 S., 26.80