Näher als du denkst

Transcription

Näher als du denkst
Predigtscript
6.3.2011 / Bethel
Näher als du denkst
DIMENSIONEN
DIM ENSIONEN
Anmerkung: Im Gottesdienst wurde hier vieles
gezeichnet und grafisch dargestellt. Wenn der
erste Teil von diesem Skript relativ schwierig zu
verstehen ist, dann mag das daran liegen, dass
diese Grafiken hier nicht eingebaut werden
konnten.
Das hier ist ein Kreis: Ο - und das ist ein Rechteck: Das Blatt auf dem ich schreibe hat zwei Dimensionen: Eine Höhe und eine Breite. Auf einer
zweidimensionalen Ebene wird der Kreis niemals ein Rechteck sein und das Rechteck wird
niemals ein Kreis sein. Es ist entweder oder.
Entweder ein Kreis oder ein Rechteck.
Wenn wir jetzt von zwei Dimensionen zu drei
Dimensionen gehen. Wenn wir also nur eine
Dimension hinzufügen, dann ändert sich alles.
Seht diesen Stift mit dem ich schreibe. Wenn
wir ihn von der Seite betrachten, ist das ein
Rechteck. Wenn wir ihn von vorne betrachten,
dann ist er ein Kreis. Plötzlich ist beides möglich. Ein Kreis kann auch ein Rechteck sein und
umgekehrt.
Wie viel Schweiss wurde aufgewend, wie viel
Blut wurde vergossen für die Diskussionen und
Kämpfe ob etwas das oder dieses ist. Und so
oft wäre die Antwort gewesen: Es ist wie dieser
Stift: Es ist beides. Nehmen wir die Religion.
Wie oft wurde behauptet: Es ist Glaube. Und
andere haben behauptet: Es ist Wissenschaft.
Und vielleicht wäre die Antwort so einfach
gewesen: Es ist beides.
Oder eine Gruppe behauptet: Es ist alles freier
Wille. Wir können entscheiden. Die andere
Gruppe sagt: Nein, es ist Prädestination. Die
eine Partei nimmt ihre Liste mit Bibelversen
hervor und die andere Partei nimmt ihre Liste
mit Bibelversen hervor. Und dann beginnt der
Bibelvers-Kung Fu. Und vielleicht sagt Gott: Es
ist wie der Stift. Es ist beides.
Oder die Kreis-Gruppe meint: Es ist die Liebe.
Kommt, wie haben uns alle gern. Wir lieben
uns. Um das geht es. Die Rechteck-Gruppe
hingegen sagt: Es geht um Richtig oder Falsch.
Wir haben Recht. Wir haben den rechten Glauben. Und vielleicht sagt der gute Gott, der alles
erschaffen hat: Es ist wie der Stift. Es ist beides.
Im 18. Jahrhundert hat ein britischer Rektor
eine Ebene gezeichnet mit Strichmännchen
darauf. Diese Männchen sind gefangen in ihrer
zweidimensionalen Welt. Diese nannte er das
Flatland (flaches Land). Wir hier leben in einer
dreidimensionalen Welt. Wir können die Menschen in diesem Flatland beobachten.
Jetzt mache ich mal ein Experiment. Ich nehme
meinen Ehering und stosse ihn direkt durch
dieses Flatland hindurch. Was werden die beiden Männchen im Flatland sehen? Zuerst sehen
sie nur einen Punkt. Der wird zu einem Strich.
Aus dem Strich werden zwei Striche, weil der
Ring auseinandergeht. Später wird er wieder
zu einem Strich und dann ein Punkt, bevor er
verschwindet. Das sieht dann so aus:
.
-
-
-
-
.
Jetzt: Was denken die zwei Männchen darüber?
Beobachten wir ihre Konversation:
A: Hast du das gesehen? Was war das?
B: Ich weiss nicht. Was denkst du?
A: Also zuerst war da ein Punkt. Der wurde zu
einer Linie. Daraus wurden zwei Linien, die
zuerst weiter auseinander gingen und dann
wieder zusammen kamen, bis sie wieder zu
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einer Linie verschmolzen. Dann wurde wieder
ein Punkt daraus.
B: Ich weiss. Aber ich glaube das war mehr. Ich
denke da an einen Ring.
A: Was meinst du? Ein Ring?
B: Ja. Ich meine ein Punkt, dann eine Linie,
zwei Linien, eine Linie, ein Punkt. Das war
mehr.
A: Hast du schon mal einen Ring gesehen? Oder
zumindest ein Bild davon? Oder hast du einen
in den Händen gehalten?
B: Nein.
A: Okay. Das war einfach was wir kennen.
Punkte und Linien.
B: Ja, ich weiss. Aber…
A: Hast du Beweise, Fotos, wissenschaftliche
Erklärungen, Tests?
B: Nein.
Die Person B wird am Ende sagen: Ich habe
einfach nur ein Gefühl. Ein Vertrauen. Ich habe… Glauben.
Dieser Vorfall zeigt zwei Weltanschauungen.
Die eine wäre: Wir haben Flatland und das ist
alles was wir haben. Wir können es beweisen.
Wir kennen es. Wir können es dokumentieren.
Die Person erklärt mit Bekanntem. Sie erklärt
es rational, wissenschaftlich und logisch.
Die andere Person erscheint weniger rational
und weniger logisch. Sie kann nur sprechen
von Gefühlen, von Zeichen und von Andeutungen. Und vielleicht kommt das Wort „Glaube“
auf.
Jetzt könnte ich noch ein wenig weiter mit
denen spielen. Ich strecke meine Hand aus und
halte sie parallel zu Flatland über diese Menschen, ohne sie zu berühren.
Person B wird sagen: Spürst du das?
A: Nein. Warum?
B: Hey. Christian ist nahe! Ich spüre die Gegenwart von Christian.
A: Du spinnst ja. Hör mir auf mit all dem mystischen Zeug.
B: Nein, nein. Christian ist wirklich da.
Oder ich stecke meine Finger durch diese Ebene
namens Flatland. Meine Finger sind verschie-
den dick und verschieden lang. Mein längster
Finger wird also zuerst die Ebene durchbrechen. Es entstehen fünf Löcher. Sie entstehen
zu verschiedenen Zeiten und haben verschiedene Durchmesser. Wie meine Finger.
B: Siehst du das?
A: Ja.
B: Ich glaube, die fünf Kreise gehören zusammen.
A: Was? Die sind doch verschieden gross und
kamen zu verschiedenen Zeiten. Warum sollen
die zusammen gehören?
B: Nein. Ich glaube das war die Hand von
Christian.
Und einmal mehr: Die Person die rational erklärt, mit beiden Füssen auf dem Boden steht
liegt falsch. Und die Person, die scheint als
hätte sie den Verstand verloren, ist todrichtig.
Das sind zwei Weltanschauungen. Die rationalere, logischere Person verpasst eine ganz neue
Realität.
Denn Gott ist nicht weit weg. Wie diese Hand,
ist er ganz nahe. Doch oft erkennen wir es
nicht. Er ist genau hier.
Wir sind auch gefangen. Nicht in einer zweidimensionalen Ebene, aber in unser dreidimensionalen Welt. Was, wenn es noch weitere Dimensionen gäbe? Dann wären wir genau wie
diese Menschen auf Flatland: Wir können uns
überhaupt nicht vorstellen, was auch noch
möglich ist. Und übersehen das, was so real
ist. Sogar Wissenschaftler sprechen heute davon, dass es mindestens elf Dimensionen geben muss.
Das Risiko in unserer dreidimensionalen Welt
liegt darin, dass wir nur sie kennen und sie als
absolute Grenzen betrachten. Wir sind darin
gebunden. Es gibt keine andere Welt. Es gibt
keine höheren Gesetze. Es gibt keinen höheren
Sinn. Wir haben nur unsere Welt.
Und dann kommen andere und sagen: Es gibt
mehr. Da gibt es etwas über uns. Da gibt es
noch etwas anderes.
Die Geschichte ist ein Kampf zwischen diesen
zwei Meinungen.
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Die Kreuzigung von Jesus ist ein Beispiel dafür.
Die Mächtigen sagten: Es gibt nur das römische
Imperium. Verneige dich vor dem König, er ist
Gott. Das ist das Königreich. Es gibt nichts
mehr und es gibt nichts Höheres. Da kommt
ein jüdischer Rabbi und predigt das Königreich
Gottes.
Das ist der grosse Konflikt in der Geschichte
von Jesus. Er sieht das Imperium, das Flatland
und sagt: „Es gibt mehr! Es gibt mehr!“ Und er
predigt das Reich Gottes. Es ist bereits hier.
Aber die meisten sehen es nicht.
So nahe ist Gott. Wie meine Hand diesen Menschen auf Flatland. Oder wie meine Finger, die
durch das Flatland hindurchstossen. Gott ist
nicht dort oder dort. Er ist genau hier. So nahe
ist Gott!
ATEM
Wir nehmen jeden Tag ca. 26‘000 Atemzüge.
Das entspricht 14'000 Liter Luft. Pro Minute
sind das 16-20 Atemzüge. Aber mit all dem,
was wir täglich zu tun haben, wer denkt da
über das Atmen nach?
Es gibt eine Geschichte über einen Schafhirten.
Dieser hiess Mose und lebte im Land Midian.
Diesem Mose erscheint Gott und spricht zu ihm
im brennenden Busch. Gott sagt: „Mose, zieh
deine Schuhe aus. Denn der Boden auf dem du
stehst ist heilig.“1 Mose war schon 40 Jahre
lang auf diesem Land herumgelaufen. Der Boden ist wohl nicht plötzlich heilig geworden.
Der Boden hat sich nicht gerade verändert.
Doch Mose hat das nicht gesehen. Weshalb sich
für uns die Frage stellt: „Stehen wir die ganze
Zeit auf heiligem Boden?“ Gehen wir dauernd
links und rechts an brennenden Büschen vorbei? Aber weil wir zu sehr in Eile sind, weil wir
abgelenkt sind, entgehen sie uns? Gott sagt zu
Mose: „Geh nach Ägypten und befreie mein
Volk.“ Da meint Mose: „Wenn ich jetzt zu diesen Leuten gehe und sage: ‚Gott möchte euch
1
Exodus 3,5
befreien‘ dann werden sie fragen: ‚Ja und wie
heisst dieser Gott?‘“ Also sagt Mose zu Gott:
„Wie heisst du?“ Gott antwortet: „Mose, sag
ihnen, der HERR hat mich geschickt.“ Dieser
Name HERR, wenn du das in der deutschen
Bibel liest, buchstabierst du es mit H, E, R, R.
Dieser Name kommt in der Bibel über 6000mal vor. Aber das Alte Testament wurde ursprünglich nicht in Deutsch geschrieben, sondern in Hebräisch.
Im Hebräisch besteht der Name auch aus vier
Buchstaben
. Wir würden sagen: Y, H, V,
H. Aber im Hebräisch sagt man diesen vier
Buchstaben: Yud, Heh, Waw, Heh. Man sagt
dann: „Yahweh“ oder „Yehovah“. Aber in vielen Traditionen wird der Name überhaupt nicht
ausgesprochen. Weil er so sakral, so geheimnisvoll und so heilig ist. Die alten Rabbis
glaubten, dass die vier Buchstaben in Wirklichkeit Atemgeräusche sind und dass der Name
einfach unaussprechbar ist. Die Kombination
der vier Buchstaben hört sich wirklich wie das
Atmen an. Yud, Heh, Waw, Heh. Ist der Name
von Gott das Geräusch vom Atmen?
Im Buch Genesis steht: Als Gott den erste Menschen schuf, da nahm er Staub und Dreck vom
Boden. Er gestaltete ihn. Er formte ihn. Dann
hauchte er hinein und dadurch wurde er lebendig. Das hebräische Wort für „Boden“ ist
„adamah“. Der Name vom ersten Mensch ist
„Adam“. Der Name Adam stammt wirklich von
adamah ab. Aus dem „Boden“ bekommen wir
einen „Bodenmann“.
Das ist das Paradoxe am Mensch sein. Wir sind
zerbrechlich und verletzbar. Wir sind aus
Staub. Wie in den Psalmen steht: Wir entstehen aus dem Staub. Wir sterben und werden
wieder zu Staub. Es steht auch: „Das Leben
eines Menschen ist nur ein Atemzug, sogar von
denen, die so sicher wirken.“ Wenn du durch
die Gänge vom Spital gegangen bist, wenn du
je vor einem Sarg gestanden hast, wenn du an
einem schweren Autounfall vorbei gefahren
bist, dann weisst du genau, wovon ich spreche.
Das Leben ist zerbrechlich. Doch andererseits
hat der Schöpfer des Universums in uns hin-
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eingeatmet. Dieser göttliche Atem steckt in
jedem einzelnen Menschen.
Seit tausenden von Jahren wissen Menschen,
dass dieser Atem in Wirklichkeit ein Abbild
einer tieferen Realität ist. In der Bibel ist das
Wort für „Atem“ das gleiche Wort wie das Wort
für Geist. Im Hebräisch ist es das Wort „ruah“.
Im Griechischen das Wort „pneuma“. Die Bibel
sagt: Wenn Gott das ruah wegnimmt, den Atem
aller Lebewesen, dann sterben sie und werden
wieder zu Staub. Aber wenn Gott das „ruah“
schickt, den Geist, dann werden sie erschaffen.
Atem. Geist. Das gleiche Wort. Die ersten Christen gingen noch viel weiter damit. Sie glaubten wirklich, dass der Geist Gottes in einer
Person wohnen kann. In Römer 8 heisst es,
wenn der „pneuma“, der Geist Gottes in dir
lebt. Dann wird Gott dir Leben geben.2
Epheser 4 sagt: Es gibt einen Gott und Vater
von allem, der über allem, durch alles und in
allem ist.3 Hebräer 2 sagt: Es gibt einen Gott,
wegen dem und durch den alles existiert. Oder
wie es Jesus sagte: Gott ist Geist. Und du! Du
bist eine heilige Kreation Gottes. Der göttliche
Atem fliesst durch dich und er fliesst durch die
Person neben dir und er fliesst durch die Person daneben. Du stehst auf heiligem Boden.
Und die Menschen um uns herum haben etwas
Heiliges. Wie du sie behandelst ist nicht egal.
Jesus sagte: Was du auch immer für sie tust,
das hast du mir getan. Gott ist dort, denn Gott
ist hier. Eine Person muss dem nicht zustimmen und trotzdem ist es wahr. Gott hat uns
das Leben schon gegeben. Und den Atemzug,
den wir gerade genommen haben und den
zuvor. Und den Atemzug, den wir nehmen
werden und den danach.
Wenn ein Baby auf die Welt kommt. Was ist die
erste Sache, die es tun muss, damit es überlebt? Muss dieses Baby nicht einen Atemzug
nehmen? Muss es nicht den Namen Gottes aussprechen?
2
3
Römer 8,11
Epheser 4,6
Und was ist das Letzte, das du tun wirst, bevor
du stirbst? Ist die letzte Sache, dass wir einen
letzten Atemzug nehmen? Sterben wir, weil wir
nicht mehr länger den Namen von Gott aussprechen können?
Stell dir mal vor: Du sitzt an einem Tisch. Dir
gegenüber ein guter Freund und ihr esst miteinander. Der Freund sagt: „Es - gibt - keinen
- Gott.“ Und was du hörst sind seine Atemgeräusche: „Yud, Heh, Waw, Heh.“ Ich hoffe,
dass du heute Morgen erkennst, dass Gott hier
ist. Gerade jetzt und die ganze Zeit. Ich hoffe,
dass du erkennst, dass der Boden auf dem du
stehst heilig ist. Gehörst du zu denen, die alles
erklären können, rational sind, wissenschaftlich abgeklärt, aber nur das sehen was vor
Augen ist und damit aber völlig falsch liegen?
Oder gehörst du zu denen, die manchmal ein
wenig verrückt erscheinen, Dinge wahrnehmen, die man nicht erklären kann, einfach
Dinge fühlen? Zu dene, die vertrauen, die
glauben?
2 Korinther sagt: „denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen.“4 Wir vertrauen
nicht auf das, was wir sehen. Wir vertrauen auf
das, was wir glauben. Dafür musst du deine
Fühler ausgestreckt haben. Denn all das ist im
Alltag verborgen. Du gehst an brennenden
Dornbüschen vorbei. Denn Gott ist so nahe. Mit
jedem Atemzug. Mit jedem „Yud, Heh, Waw,
Heh“ sagst du: Gott ist da! Ganz nahe.
Chrischona Zürich – Kirche die bewegt
Wilfriedstrasse 5
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© Chrischona Zürich, 2011
Predigt: Christian Defila, 6.3.2011
Kontakt: [email protected]
4
2 Korinther 5,7