Frankfurter Allgemeine Magazin
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JUNI 2016 OUTDOOR UNSERE SPIELER IN MODE DER CHANEL MOMENT www.chanel.com CHANEL-Kundenservice - Tel. 01801-24 26 35 (3,9 Ct/Min. aus dem Festnetz, max. 42 Ct/Min. aus Mobilfunknetzen). EDITORIAL FOTO DIETER RÜCHEL GEHT’S RAUS UND SPIELT’S etzt ist es schon so weit. Die Europameisterschaft fängt an, und wir sind noch gar nicht fit. Aber wir haben ja die alten Weisheiten im Kopf. „Geht’s raus und spielt’s“, von einem bayerischen Philosophen geäußert, ist immer ein guter Leitspruch gewesen. Der Weise aus Giesing, ein Lehrer der Ästhetik eher als der Ethik, übersetzte das „Hic Rhodus, hic salta“ der alten Griechen in unsere Zeit. Wer’s nicht versteht: Just do it! Und weil es in dieser Ausgabe nicht nur um Fußball gehen soll, muss die Sentenz auch für den Rest des sommerlichen Lebens herhalten. Draußen ist ja so viel los! Es beginnt auf der Terrasse und endet nicht bei Christos neuem Projekt in Italien. Ohne seinen Garten wäre der Augustinermönch Gregor Mendel vor 150 Jahren womöglich gar nicht auf die Idee mit der Vererbungslehre gekommen. Man kann sich draußen von hinten fotografieren lassen wie heute die Leute auf Instagram, man kann sich in einem wunderbaren Wald in Portugal selbst fotografieren in neuer Mode, man kann sogar seinen Hund mit aufs Brett nehmen, wenn man vor Biarritz surft. Wie ich auf solche Ideen komme? Na, ich habe sie redigiert. In diesem Heft ist alles nachzulesen. Und weil der philosophische Witz natürlich die Contradictio braucht, kann ich für alles, was ich hier sage, trockenen Auges das Gegenteil behaupten. Wenn also das Wetter nicht will, dann gibt es immer noch die Europameisterschaft, zu Hause, vor dem grün leuchtenden Fernseher, oder man spielt Tischkicker, liest dieses Magazin und befolgt die gute alte Weisheit: Bleibt’s drinnen und spielt’s! Das hat zwar nicht der Weise von Giesing erfunden. Aber nur weil Franz Beckenbauer es nicht gesagt hat, muss es ja nicht gleich falsch sein. Alfons Kaiser Verantwortlicher Redakteur: Dr. Alfons Kaiser E-Mail Redaktion: [email protected] Redaktionelle Mitarbeit: Holger Appel, Julia Bähr, Christian Eichler, Dr. Christoph Hein, Violet Kiani, Freddy Langer, Eva-Maria Lopez, Anja Martin, Dr. Reinhard Müller, Kerstin Papon, Celina Plag, Friedrich Schmidt, Peter-Philipp Schmitt, Florian Siebeck, Dr. Tilman Spreckelsen, Bernd Steinle, Julia Stelzner, Emmy Urban, Dr. Lukas Weber, Axel Wermelskirchen, Jennifer Wiebking, Maria Wiesner, Walter Wille Alle Artikel werden exklusiv für das „Frankfurter Allgemeine Magazin“ geschrieben. Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main. Bildredaktion: Christian Matthias Pohlert Art-Direction: Peter Breul Eine Verwertung dieser urheberrechtlich geschützten Redaktionsbeilage sowie der in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, besonders durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist – mit Ausnahme der gesetzlich zulässigen Fälle – ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Besonders ist eine Einspeicherung oder Verbreitung von Inhalten aus dem Frankfurter Allgemeine Magazin in Datenbanksystemen, zum Beispiel als elektronischer Pressespiegel oder Archiv, ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Sofern Sie Artikel dieses Magazins nachdrucken, in Ihr Internet-Angebot oder in Ihr Intranet übernehmen, speichern oder per E-Mail versenden wollen, können Sie die erforderlichen Rechte bei der F.A.Z. GmbH erwerben unter www.faz-rechte.de. Auskunft erhalten Sie unter [email protected] oder telefonisch unter (069) 75 91-29 85. Redaktion und Verlag: (zugleich ladungsfähige Anschrift für die im Impressum genannten Verantwortlichen und Vertretungsberechtigten) Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Hellerhofstraße 2-4 60327 Frankfurt am Main Geschäftsführung: Thomas Lindner (Vorsitzender) Burkhard Petzold Verantwortlich für Anzeigen: Ingo Müller Leitung Anzeigenverkauf Frankfurter Allgemeine Magazin: Kerry O’Donoghue, E-Mail: [email protected] Produktionsleitung: Andreas Gierth Layout: Verena Lindner, Anja Tschulena Einzelhefte können zum Preis von € 5,– bei [email protected] bezogen werden. Druck: Prinovis Ltd. & Co. KG – Betrieb Nürnberg Breslauer Straße 300, 90471 Nürnberg 5 MITARBEITER Thomas Müller, Manuel Neuer und den anderen Stars des deutschen Nationalteams eines voraus: Er ist schon jetzt für das Finale der Europameisterschaft am 10. Juli in Paris gesetzt. Von Eröffnungs- bis Endspiel wird der Fußballreporter dieser Zeitung 18 Partien besuchen und beschreiben. Auch bei der WM 2014 war er im Finale, wie unser Bild aus dem Maracanã-Stadion zeigt. Den deutschen Sieg gegen Brasilien im Halbfinale zeichnete Eichler in dem Buch „7:1 – Das Jahrhundertspiel“ nach, das zum Bestseller wurde. Für dieses Heft beobachtete er die Weltmeister in ihrer Rolle als Models beim Mode-Shooting (Seite 28). Klar, dass er auch darüber schrieb. FOTOS FRANK RÖTH, CHRISTIAN KAMP, FLORIAN SCHUH, PRIVAT KERSTIN PAPON liebt die tNatur und alles, was sich fortd bewegt: Flugzeuge, Autos und auch Motorräder, obwohl sie hein dafür (noch) keinen Führerschein ht hat. Deswegen konnte sie nicht Nein sagen, als eine Gruppe rkAmerikaner sie auf einem Parkains platz in den San Juan Mountains nes einlud, sich zumindest auf eines ihrer Motorräder zu setzen. Das Angebot mitzufahren schlug die Redakteurin im Wirtschaftsngs ressort dieser Zeitung allerdings aus – sie setzte sich wieder in p ihren Jeep, um ihren Roadtrip durch Colorado fortzusetzen und Fotos zu machen (Seite 54). MITARBEITER CHRISTIAN EICHLER hat ANJA MARTIN lebte vier Jahre an der französischen Atlantikküste, unter anderem in Biarritz. Vom Surfen an der Côte des Basques kannte sie Bastien Desvergnes, der auf seiner Wohnungseinweihungsparty erzählte, er wolle sich mal mit seinem kleinen Hund in die Wellen wagen. Klang abwegig, sie schrieb es dem Alkohol zu. Als sie zurück in Deutschland war, schickte eine Freundin einen Link: „Schau mal, er hat es wirklich gemacht!“ Grund genug für die freie Journalistin, von Berlin nach Biarritz zu fahren und mit einer Reportage über das ungewöhnliche Surf-Duo (Seite 52) zurückzukehren. REINHARD MÜLLER durfte nicht im Verein Fußball spielen – aus Sorge vor Verletzungen. Also schlug er sich als Schüler das Knie beim Kicken auf einer Klassenfahrt auf. Der Redakteur dieser Zeitung, der die Seiten „Zeitgeschehen“ sowie „Staat und Recht“ verantwortet, bleibt auch als Erwachsener am Ball. Er gehörte der ressortübergreifenden F.A.Z.-Mannschaft an („die goldene Generation“), die sich packende Duelle mit der Europäischen Zentralbank, der UniKlinik und der Frankfurter Müllabfuhr lieferte. Und er freut sich über die deutsche Nationalmannschaft, die im BekenntnisPatriotismus am besten zu ihrem Spiel findet (Seite 36). Ansonsten sieht Müller Fußball mitfühlend im Fernsehen – und verletzt damit allenfalls den Familienfrieden. 7 INHALT Frei-Stil: Der Sommer kann jetzt langsam kommen. Denn diese Outdoor-Entwürfe (Seite 22) für Balkon, Terrasse, Garten sitzen. W W W.C E L I N E .C O M Selfie-Mode: Emmy Urban hat sich für uns in neuen Entwürfen abgelichtet (Seite 48). Auf diesem Foto trägt sie eine Streifenhose von S.Oliver, ein Blouson von Hien Le und einen Hut von Rhythm. 13 KARL LAGERFELD 18 FLORENCE WELCH 24 WOLFGANG VOLZ 28 THOMAS MÜLLER 58 THOMAS HITZLSPERGER ZUM TITEL Der Fußball-Nationalspieler Leroy Sané wurde von Nacho Alegre in München fotografiert. GUTE SICHT Auch bei der GUTE SEITEN Diese sechs EM ist im Wohnzimmer alles im grünen Bereich. Seite 37 Outdoor-Bücher wecken Lust auf Abenteuer. Seite 44 GUTER GEIST In diesem Garten GUTE NACHT Wurfzelte kam Gregor Mendel den Regeln der Genetik auf die Spur. Seite 38 machen Campingfreunden das Leben leichter. Seite 55 GUTER BLICK Auf Instagram eröffnen sich neue alte Perspektiven. Seite 40 GUTE IDEE Sonnencreme für Männer: Braucht Mann das wirklich? Seite 56 FOTOS EMMY URBAN, FLORIAN SCHUH, HERSTELLER, ARCHIV (5) Die nächste Ausgabe des Magazins liegt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 9. Juli bei. See-Hund: Der Terrier Al hat beim Surfen seinen Spaß (Seite 52). Denn sein Besitzer Bastien Desvergnes macht mit ihm die Welle. ebe: Computer-Liebe: Google setzt künstliche uf die Intelligenz auf Liebes-Poetikk an. Das Ergebnis (Seite 46): h. sehr prosaisch. 9 BILDER AUS DER ZEITUNG Aus der F.A.Z. vom 3. Juli 1996: Demonstrantin mit Stalin-Porträt in Moskau Vor zwanzig Jahren uni 1996, Wahlkampf in Russland. Boris Jelzin gegen Gennadij Sjuganow, den Vorsitzenden der Kommunistischen Partei – was Sjuganow heute, mit Anfang 70, immer noch ist. Und noch immer sieht man in Russland mitunter Leute mit Porträts des Sowjetdiktators Stalin; vor kurzem war es wieder soweit, zum „Tag des Sieges“ am 9. Mai. Aber doch war damals, vor 20 Jahren, vieles ganz anders. F.A.Z.-Fotograf Frank Röth nahm diese Szene – gleichsam im Vorbeigehen, wie er sich erinnert – auf dem Theaterplatz im Zentrum Moskaus auf, während einer kommunistischen Demonstration. In ihren Händen trägt die Frau zum Stalin-Porträt einen Lindenzweig, als wollte sie ihren Helden, der es vom georgischen Priesterschüler zum obersten Atheisten der Sowjetunion gebracht hatte, weihen, denn um den Lindenbaum ranken sich heidnische wie christliche Legenden. Ein Foto der Frau aus dieser Serie erschien am 3. Juli 1996 in dieser Zeitung, am Tag der Stichwahl zwischen Jelzin und Sjuganow. „Vorwärts zu einem ‚neuen Russland‘ oder zurück in die kommunistische Zukunft – das, so will die Wahlkampagne Jelzins glauben machen, ist die Wahl, vor der Russland steht“, schrieb dazu die damalige Korrespondentin Christiane Hoffmann. Jelzin gegen Sjuganow, das ist bis heute die einzige Stichwahl um das russische Präsidentenamt geblieben. Jelzin, obschon siech und nur noch begrenzt belastbar, gewann die Wahl deutlich, was seinerzeit im Westen große Erleichterung hervorrief. Ein Grund für den Erfolg: Jelzin und seine Berater hatten Angst vor „roten Wirren“ geschürt, mit Bildern von Erschießungen, hungernden Kindern, Kirchenzerstörungen. Sjuganow, schrieb Christiane Hoffmann, konnte demgegenüber „auf eine Stammwählerschaft von Verlierern der neuen Zeit und Ewiggestrigen“ setzen, habe „Bewunderung für Stalin mit dem Werben um die orthodoxe Kirche“ vereint. Auch fand der Kommunist nationalistische Töne, wie in seinem Appell, ein „starkes und mächtiges Russland“ statt einer „kolonialen Verwaltung“ unter Jelzin zu wählen. Heute, unter Präsident Wladimir Putin – den Jelzin dreieinhalb Jahre nach seinem Wahlsieg als Nachfolger vorstellte –, verschmelzen derlei Gegensätze in einem umfas- Foto Frank Röth senden Kult eines starken Staates unter starkem Führer. Die neunziger Jahre gelten als Zeit des Chaos, Jelzin als Trinker und Schwächling. Putin wird dagegen als Garant von Stabilität inszeniert; Präsident und Staatsfernsehen bieten eine Synthese aus Erneuerung auf der Grundlage von orthodoxer Tradition, Sowjet-Nostalgie und Beschwörung von Feinden im In- und Ausland. Selbst Sjuganows Schmähung der Jelzin-Regierung als „kolonialer Verwaltung“ ist längst von Kräften in der Machtpartei „Einiges Russland“ gekapert worden: Die „Nationale Befreiungsbewegung“ des Abgeordneten Jewgenij Fjodorow strebt ein Referendum an, um die angeblich auf amerikanische Bestellung verabschiedete russische Verfassung von 1993 zu ändern, und ruft Putin auf, seine Regierung von liberalen Verrätern zu „säubern“. Der Historiker Arsenij Roginskij von der Menschenrechtsorganisation Memorial sagt über die allgegenwärtigen Freund-Feind-Mechanismen, Putins Logik sei „wie Stalinismus ohne Stalin“. Der Präsident selbst kritisiert zwar einerseits Stalins Terror, die „Repressionen“, denen Millionen Menschen zum Opfer fielen. Andererseits hat Putin aber Stalin als „effektiven Manager“ bezeichnet und selbst den Hitler-Stalin-Pakt von 1939 zur Aufteilung Osteuropas zur friedenssichernden Maßnahme verklärt. Der Sieg im Zweiten Weltkrieg und die Industrialisierung sollen Stalins Verbrechen an Russen und vielen anderen Völkern der Sowjetunion relativieren, der Zweck die Mittel heiligen wie der Lindenzweig auf dem Foto das Stalinporträt. Der Kult um Staat und Führer hat einen Nebeneffekt: Stalin wird für viele Russen wieder hoffähig. Laut LewadaMeinungsforschungsinstitut denken schon seit März 2014 mehr Russen positiv über Stalin als negativ; im vergangenen März sagten 54 Prozent der Befragten, Stalin habe eine positive Rolle in der Geschichte des Landes gespielt. Mancherorts werden dem Diktator wieder Denkmäler errichtet. Dieser Tage haben Sjuganows Kommunisten, die längst in Putins System eingebunden sind, angekündigt, vor den Duma-Wahlen im September gezielt mit dem Porträt Stalins zu werben. Man erhoffe sich davon, so hieß es aus dem Zentralkomitee der Partei, „zusätzliche Stimmen außerhalb unserer Kernwählerschaft“. Friedrich Schmidt 11 KARLIKATUR The Other Conversation KARL LAGERFELDS BÖSE ZEICHNUNG Karl Lagerfeld hat einen hellseherischen Blick für politische Zusammenhänge. Die Österreicher wählen fast den FPÖ-Politiker Norbert Hofer zu ihrem Präsidenten? Das kann den Modeschöpfer im fernen Paris nicht kalt lassen. Und so zieht unser Zeichner die Verbindung zwischen der rechtspopulistischen Partei und der nationalsozialistischen Vergangenheit. „Eine böse Zeichnung“, das sagt er selbst. Aber er konnte nicht anders. Denn der Modeschöpfer liebt Österreich seit seiner Kindheit und hat dem Land erst vor anderthalb Jahren eine Chanel-Kollektion gewidmet. Da ist die Enttäu- 8 sofa designed by Piero Lissoni at Shore House by Mount Fuji Architects, Japan — cassina.com München Nymphenburger Strasse 5 schung groß, dass eine einst geächtete Partei nun 49,7 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigt. Karl Lagerfeld musste als Kind die Nazis noch erleben und erkennt radikales politisches Denken schon dann, wenn es nur zu ahnen ist. Aber nicht einmal in dieser scharfen satirischen Zuspitzung verliert der Zeichner seinen Humor: Hofer hat „den Anschluss verpasst“; der Bundesadler auf seiner Krawatte wird von den österreichischen Farben geradezu erwürgt; und in der zum Gruß erhobenen Hand findet der Greifvogel ein seltsames Spiegelbild. (kai.) 13 PRÊT-À-PARLER PRÊT-À-PARLER RIMOWA ELECTRONIC TAG DIE ERSTE DIGITALE CHECK-IN-LÖSUNG FÜR IHR GEPÄCK. 2 1 3 6 5 4 AUF DICKEN SOHLEN GEHT’S BERGAUF Google-Trends ist ein spannendes Tool, um das Interesse an bestimmten Themen zu ermessen. Es ist zuverlässiger als jedes Trendbüro und jedes Magazin, oder sagen wir: fast jedes. Das Tool zeigt mit Kurvendiagrammen die Konjunkturen der vergangenen Jahre. Dass BirkenstockSandalen die Menschheit jetzt besonders bewegen, stützt sich also nicht nur auf Beobachtungen in einzelnen Vierteln – Google-Trends behält den Überblick auf der ganzen Welt. Die Kurve für Birkenstock gleicht seit 2004 einem Gebirge, wie es der liebe Gott in den Alpen nicht schöner hätte zeichnen können. Jedes Jahr im Frühjahr geht es bergauf, der Gipfel ist im Juni erreicht. Seit zwei Jahren aber geht es sommers besonders steil nach oben. So gefragt wie im vergangenen Jahr waren Birkenstock-Sandalen noch nie. Ein weiterer Beleg für den Trend sind all die dalen in diesem Sommer, die di sich mit ihrem anderen Sandalen m Birkenstock-Niveau Birkenstock-Niv dicken Profil am zu orientieren scheinen. Sie sind soo praktisch praktisch, dass man sich mit ihnen an og ins Gebirge abmelden könnte, und warmen Tagen sogar nicht nur in das virtuelle. Bestes Beispiel ist das Sophia-Webster-Modell (4), erhältlich im Online-Shop Net-a-porter. Es gleicht der Birkenstock-Arizona bis ins zweite Riemen-Detail, nur ist es zusätzlich mit Modeschmuck besetzt. Mehr Halt, wenn es mal holprig wird, dürften dagegen die robusten JesusSandalen von Stella McCartney (6) mit Nieten und Fesselriemen und gezackter orangefarbener Gummisohle bieten (ebenfalls erhältlich bei Net-a-porter) sowie das Modell von Michael Kors (1) mit praktischer großer Schließe. Selbst in den Sandalen von Giorgio Armani (3) in Rot- Weiß kann man es sich draußen gut gehen lassen – wenn auch nicht beim Gewaltmarsch, sondern an der nächsten Bude, bei Pommes rot-weiß. Santoni (2) interpretiert den Abenteuerschuh auf seine Weise: Zählt ein Lunch auf der Terrasse eines Sternerestaurants als Outdoor-Experience? Die Marke hätte da jedenfalls schon mal die passenden Sandalen. In diesem Sinne: Darf die Outdoor-Sandale auch mit Pelz gefüttert sein, den eigentlich der Fuchs im Gehölz trägt, siehe Brunello Cucinelli (5)? Darauf würde vermutlich nicht einmal Birkenstock mit Nein antworten. Schließlich lieferte die erste Hommage an Birkenstock vor knapp drei Jahren Phoebe Philo für Céline, inklusive pelzgefütterter Sohle. Anschließend ging es für die deutsche Sandalen-Marke steil bergauf – nicht nur auf Google-Trends. (jwi.) Die Zukunft komfortablen Reisens: RIMOWA Electronic Tag. Checken Sie Ihr Gepäck per Smartphone von überall aus ein und geben Sie es in Sekundenschnelle auf. 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Glaubst du das auch, hatte ich die Buchhändlerin gefragt, aber sie hatte nur geseufzt und gesagt, dass Ullrich schon ein Spiel für den Abend bei uns ausgesucht hatte. „El Grande Big Box“ stand auf dem Karton, den Ullrich auf dem Arm trug, weil er zu groß für alle Tüten und Taschen war. Mein nordhessischer Cousin, der wieder bei uns wohnte, weil das Haus der WG, in der er untergekommen war, plötzlich grundsaniert werden musste, sagte, dass er das Spiel noch von früher kenne. Kann sein, sagte Ullrich, ist ein Klassiker. Aber so groß wie hier hast du das noch nie gesehen, da sind alle Erweiterungen dabei, auch der Großinquisitor und die Kolonien! Beim Essen fragte unser Sohn, was ein Großinquisitor sei, und Ullrich sagte, dass man dem besser aus dem Weg gehe, wenn man nicht im Kerker verschimmeln wolle. Hättet ihr was dagegen, wenn wir erst mal die Originalversion spielen, sagte meine Frau, wenn ich mich richtig erinnere, ist die kompliziert genug. Also legten wir das Spielbrett mit der Spanienkarte aus, jeder zog eine Karte, um seine Heimatprovinz zu bestimmen, und spielte seine Machtkarte aus. Wer dran war, nahm sich eine der Aktionskarten und konnte dann eigene Figuren in die Provinzen schicken oder fremde Caballeros versetzen. Mein nordhessischer Cousin steckte immer wieder ein paar Figuren in den großen Pappturm am Rande des Spielfelds. Ullrichs Heimatprovinz war Aragon, und die meisten seiner Caballeros landeten auch dort. Was sagt ihr jetzt, sagte er, man muss sich immer eine Basis schaffen, von der aus man das Feld aufrollt. Was nützt dir das, Ullrich, fragte die Buchhändlerin, so weit ich sehe, will dich niemand vertreiben. Das sagen sie alle, sagte Ullrich, und nahm eine Karte in die Hand, auf der „Intrigant“ stand. Er durfte zwei zusätzliche Caballeros in eine Provinz seiner Wahl setzen, schaute grimmig in die Runde und setzte sie nach Aragon. Bei der ersten Zwischenwertung bekam er die wenigsten Punkte. Das macht ihr extra, sagte er, aber deshalb heißt das Spiel „El Grande“: weil ihr euch alle zusammen tun müsst, um mich zu stoppen. Ullrich, sagte mein nordhessischer Cousin, vielleicht würdest du mehr Punkte kriegen, wenn du in den anderen Provinzen Zweiter oder Dritter wärst, das ist nämlich auch etwas wert. Klar, sagte Ullrich, und wenn meine Caballeros dann erst mal über das Brett verteilt sind, kommt ihr und erobert Aragon. Bei der nächsten Zwischenwertung zog unser Sohn allen davon. Bei der übernächsten kamen die Caballeros meines Cousins in einem Schwung aus dem Turm und nahmen die Provinz Sevilla ein. In der darauf folgenden Wertung bekam unser Sohn so viele Punkte, dass er das Spiel gewann. Mein Cousin wurde Zweiter. Ihr seid echt hinterlistig, sagte Ullrich, aber das bin ich ja gewohnt. Sollen wir jetzt die Erweiterung mit dem Großinquisitor holen, Ullrich, fragte die Buchhändlerin. Und ich brachte unseren Sohn ins Bett. Tilman Spreckelsen Modell „Black Swan“? Bestimmt sind Chris Pine, Colin Firth, Mads Mikkelsen, Justin Timberlake und Baptiste Giabiconi (von links nach rechts) im Mai nicht ohne Schleife nach Cannes gereist. Falls doch, haben sie sicher den Last-Minute-Service genutzt. DIE UBER-FLIEGE FÜR DEN ROTEN TEPPICH Es ist ein ungeschriebenes Gesetz in Cannes: Als Mann muss man Schleife tragen, als Frau High Heels, sonst darf man nicht auf den roten Teppich. Das mit den High Heels wurde vergangenes Jahr zum großen Thema, als die Fashion-Wächter am Eingang zum Gala-Teppich einer Prothesen-Trägerin den Zugang in flachen Schuhen verwehrten. Stichwort: #flatgate. Männer haben es da etwas leichter, sogar wenn sie ihre Fliege vergessen haben. Entlang der Croisette blüht nämlich während der zwei Wochen des Filmfestivals das Geschäft mit den Last-Minute-Fliegen. Da jeden Abend gleich mehrere Filmpremieren stattfinden, haben Läden für Herren-Accessoires sogar 14 Tage lang spezielle Hemdenund Fliegenkollektionen im Angebot – so mancher deutsche Filmkritiker nahm sie nach früheren Ausgaben des Festivals schon mit nach Hause. In diesem Jahr sprang nun das Taxi-Unternehmen Uber den Herren in Schleifen-Not zur Seite. Das Versprechen: Innerhalb von fünf Minuten liefert ein Fahrradkurier eine Schleife zum roten Teppich. Bestellt wurde per Uber-App, wo der Service unter dem Namen „UberPapillon“ zu finden war. In Frankreich bindet man sich schließlich nicht einfach eine profane Fliege um den Hals, sondern einen hübschen Schmetterling (Papillon). Auswählen konnte der Last-Minute-Premierengast zwischen drei Modellen: dem „Black Swan“ aus schwarzem Seidensatin, dem „Blade Runner“, einem gewagten Modell in Schwarz und Rot, und einer wirklich mutigen Variante mit pinkfarbenem Flamingo-Print. Der Spaß kostete 85 Euro. Das Design stammt übrigens von dem Label Cinabre, das sich auf Herren-Accessoires spezialisiert hat und seine Schleifen in französischen Ateliers von Hand fertigen lässt. Und bevor jemand fragt: Die Flamingo-Schleife war eine limitierte Sonderedition für das Festival, gewissermaßen also Cannes-Merchandising. „Wir wollten mit der Aktion die Glamour-Seite des Festivals betonen“, sagt Manon Guignard, die Sprecherin von Uber France. Seit dem vergangenen Jahr schon habe man einen Hubschrauber via Uber für kurze Flüge während des Festivals mieten können. Was man eben kurzfristig so braucht in Cannes. Die Schleifen-Lieferungen, die im Vergleich geradezu bescheiden anmuteten, seien aber „ein großer Erfolg“ gewesen. Ein Blick auf die App an einem Abend des Festivals bestätigte das sogar. Dort stand: „Es sind gerade alle Fahrradkuriere im Einsatz.“ Den Fashion-Wächtern dürfte fürs Festival im nächsten Jahr also nur noch der Service „UberStiletto“ fehlen. Maria Wiesner PRÊT-À-PARLER KATZENTYPEN Modeleute muss man nicht fragen, ob sie Hunde- oder Katzentypen sind. Karl Lagerfelds Choupette mit ihren mehr als 82.000 Followern auf Instagram ist eigentlich schon Beweis genug, dass Freunde der Mode auch Freunde der Katzen sind. Dann wären da noch die Cat-Eye-Sunglasses, die im Zweifel jedes Gesicht schöner machen. Oder die Katzengesicht-Brustbeutel, die zur Schau von Loewe in Paris im März an den Hälsen der Models wie dicke Colliers hingen. Oder Robert Dallets Zeichnungen von Wildkatzen, die von Sonntag an in München zu sehen sein werden. Organisiert wird die Ausstellung von der WildkatzenSchutzorganisation Panthera und, klar, einem Modehaus, in diesem Fall Hermès. (jwi.) „Stark und verletzlich – Wildkatzen gezeichnet“, Schloss Nymphenburg, 12. bis 22. Juni, Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr. TAUSEND FLASCHEN Ziemlich laut für leise Pfoten: der Leopard in Roger Dallets Zeichnung und auf dem Teller von Hermès. Es ist vermutlich einer der schönsten Journalistenpreise der Welt – jedenfalls der am schönsten dotierte. Die Ausgabe unseres Magazins vom April 2015 (siehe Foto), die sich um die Weltausstellung und die Möbelmesse in Mailand sowie um zahlreiche weitere italienische Themen drehte, ist im Mai mit dem Preis „L’Arte di Vivere Italiana – Articolo dell’Anno“ des für seinen Spumante berühmten Trienter Weinguts Ferrari ausgezeichnet worden. Der Preis, der einmal im Jahr für die beste Darstellung italienischer Lebenskunst in der ausländischen Presse vergeben wird und von Ferrari-Präsident Matteo Lunelli überreicht wurde, ist mit 1000 Flaschen Schaumwein dotiert. Zur Verleihung in der Triennale in Mailand kamen zahlreiche Gäste aus Wirtschaft, Design und Politik wie Luca di Montezemolo, Rosita Missoni, Giovanni Malagò, Michele Valensise und Matteo Marzotto. Unter www.faz.net/magazin ist die ausgezeichnete Ausgabe nachzulesen. (F.A.Z.) 17 PRÊT-À-PARLER „WER MINIMALISMUS MAG, WIRD MICH NICHT MÖGEN“ London, Somerset House. Florence Welch sitzt auf einem dunkelroten Sofa, ihre roten Haare leuchten in einem helleren Ton, und das Rosa ihres Gucci-Anzugs aus Samt gesellt sich zum lustigen Farbenspiel. Selbst unter diesen übertriebenen Voraussetzungen schafft sie es, cool auszusehen, nicht wie ein verkleidetes Kitsch-Opfer. Als Gesicht für die Uhren- und Schmuckkollektion von Gucci hätte sich Kreativ-Direktor Alessandro Michele niemand Besseren als die Sängerin wünschen können. Den Siebziger-Vibe des Labels verkörpert die Britin ohnehin. Die Frontfrau von Florence + The Machine präsentiert sich heute also als Gucci-Gesicht und als glaubwürdige Fusion von Style und Musik. Für ihre Welttournee „How Beautiful“ wird die Neunundzwanzigjährige von Gucci ausgestattet. Sie reisen viel, wo auf der Welt shoppen Sie denn am liebsten? Ich liebe Vintage-Mode, deswegen brauche ich gar nicht weit zu reisen. In London gibt es die besten VintageGeschäfte, zum Beispiel Merchant Archive in Notting Hill. Ich kaufe auch gern in New York ein, bei What Goes Around Comes Around oder Melet Mercantile. AGAVENSCHNAPS FÜR DISTINKTIONSTRINKER Mezcal ist in aller Munde. Bis vor kurzem war der mexikanische Agavenschnaps in Deutschland kaum bekannt. Als Neuentdeckung des trendbewussten Trinkers erheitert der Tropfen nun auch hier die Genießer. In Berlin steht Mezcal auf der Getränkekarte vieler Barkeeper. Vorbei die Zeiten, in denen Mezcal als billige Alternative zum Tequila galt. Geschmacklich hat er erstaunlich viel zu bieten. Joven, also jung, kann er locker mit einem fruchtigwürzigen, feurigen Klaren mithalten. Reposado, ein halbes Jahr in Holzfässern gereift, verspricht die bernsteinfarbene Flüssigkeit ein milderes, rauchiges, holziges Aroma. So wie die länger gealterten añejos beeindrucken diese Mezcals vor allem Freunde guten Whiskys. Den Distinktionstrinker wird es aber stören, dass die authentische Mezcal-Erfahrung hier gar nicht zu bekommen ist. Der beste Agavenschnaps findet sich in seiner Heimat, dem mexikanischen Bundesstaat Oaxaca. 2000 bis 3000 Palenques gibt es hier: familienbetriebene Destillen wie die von „Maestro Mezcalero“ Agustín Güendulaín (unser Bild), einem Mezcalero in fünfter Generation. Sie gewinnen ihren Mezcal aus verschiedenen Agavenpflanzen und geben die geheimen Rezepturen von Generation zu Generation weiter. Deshalb ist hier die Geschmacksvielfalt so reich und die Qualität so hoch. Nur wenige der vielen Mezcal-Kleinsthersteller sind offiziell zum Verkauf und Export zertifiziert. Man muss also schon nach Oaxaca reisen, um in den wahren Genuss zu kommen. Auf der Suche nach der authentischen Erfahrung schließt sich der Alkoholtourist dort einer der vielen Entdecker-Touren an oder mietet sich ein Auto und fährt selbst. Kurz vor der Stadt und in den Bergdörfern der Umgebung reihen sich die Palenques dicht an dicht. Die ruralen Produktionsstätten mit angeschlossener Bar kann man nicht verfehlen. Man hält einfach, wo es einem gefällt. Die Palenques sind auch olfaktorisch ein Genuss. Wie es dort duftet! Schwer und süßlich, fruchtig und rauchig steigt es von den natürlichen Öfen empor. In ausgebuddelten Erdgruben liegen die Herzen der Agaven wie vor 200 Jahren auf glühenden Steinen und werden erst mal geräuchert. Ein wenig müffelt es immer auch nach Bauernhof, denn in den Palenques zerkleinern von Eseln angetriebene Mühlsteine die warmen Piñas vor dem Fermentieren und der Destillation. Früchte, Gewürze oder sogar Hühnerbrust können hinzugegeben werden – Letzteres, Pechuga genannt, ist eine echte Spezialität. Der Kenner-Trinker hält sich fern von Sorten, auf deren Grund ein toter Wurm treibt (Das ist ein MarketingGag!). Er genehmigt sich lieber regionale Produkte aus Oaxaca, die teils bio sind. Spitzensorten wie Los Danzantes, Los Amantes oder Alipús San Andrés gibt es mittlerweile auch bei uns. Allerdings zu Preisen, die man am besten genussvoll mit einem Gläschen herunterspült. Natürlich pur. Obwohl: Eine Prise Salz und ein Stückchen Orange passen durchaus ins Konzept. Celina Plag Sie sammeln Ringe und Schmuck. Was ist Ihr teuerstes Schmuckstück? Der Verlobungsring meiner Mutter. Meine Eltern sind geschieden, deswegen hat meine Mutter mir den Ring geliehen. Danke noch mal, Mama! Sie werden auf Ihrer Tournee nur Gucci tragen. Was passiert, wenn Sie etwas bei der Performance zerreißen? Bei geliehenen Sachen habe ich immer ein ungutes Gefühl. Aber man weiß ja, worauf man sich einlässt. Ich habe von allen Looks mehrere Versionen bekommen und kann mich auf der Bühne ganz entspannt bewegen. Sie wurden vor einigen Jahren auch von der ehemaligen Gucci-Kreativ-Direktorin Frida Giannini ausgestattet. Warum haben Sie so einen engen Bezug zu dem Haus? Der Austausch mit Frida Giannini war für beide Seiten sehr ergiebig. Ich hatte zum Beispiel ein paar Shorts und eine fließende Jacke, die sie zu einer Kollektion inspiriert haben. Gucci bedeutet für mich Glamour, Exzentrik und Vintage-Spirit, und das alles liebe ich. Die Sachen sind sehr gut gemacht, mit viel Liebe zum Detail. Wie schaffen Sie es, auf dem roten Teppich Ihren Stil so gut zu transportieren? Viele Prominente sind Kleiderständer, die einfach anziehen, was ein Stylist ihnen sagt. Ich arbeite seit 2009 mit der Stylistin Aldene Johnson zusammen. Sie kennt mich so gut, dass sie nur das aus den Showrooms mitbringt, was mir auch wirklich gefällt. Ich muss dann meistens noch zu zwei, drei Fittings, um ein paar Rüschen abzuschärfen oder ein Kleid kleiner zu machen. Aber dank Aldene muss ich nicht lange nach dem perfekten Kleid suchen. INSPIRIERT DURCH HIMMEL UND ERDE Lesen Sie nach Events auf Blogs oder in Modeheften, wie man Ihren Look beurteilt? Das mache ich nie, denn das ist reine Geschmackssache. Je älter ich werde, desto genauer weiß ich, was ich auf Events wie den Oscars oder den Grammys anziehen möchte, was ich bin und worin ich mich wohl fühle. Wenn jemand minimalistische Kleider liebt, wird er mich ansehen und sagen: Das ist ja schrecklich! Die Sängerin Florence Welch stammt aus London. Ihr Vater Nick ist Werbemanager, ihre Mutter Evelyn Professorin für Kunstgeschichte am King’s College. Bis Juli ist Florence Welch mit ihrer Band „Florence + the Machine“ auf Welttournee. Am 28. August wird sie 30 Jahre alt. PRÊT-À-PARLER Was tragen Sie heimlich zu Hause, wenn keiner Sie sieht? Einen riesigen blauen Pullover, den ich an einer Tankstelle in den Vereinigten Staaten für zehn Dollar gekauft habe. Mein Kleiderschrank ist riesig, und trotzdem greife ich immer wieder zu diesem alten Ding. Die Videos Ihres aktuellen Albums „How Big How Blue How Beautiful“ wurden in Los Angeles gedreht. Warum? London kann so zynisch sein, L.A. fühlt sich freier an, begeisterungsfähiger, mehr hippie. Es ist schön, wenn nicht immer alle so skeptisch sind. Auf welches Konzert freuen Sie sich besonders? Unser Abschlusskonzert im Hyde Park. Da werden wir uns für die Show etwas ganz Besonderes ausdenken. Und die Outfits werden auch eine Überraschung sein. Die Fragen stellte Violet Kiani. FOTOS GETTY, PHILIPP LICHTERBECK 18 TERREDHERMES.COM 20 MOOD/MUT MOOD Am linken Bildrand ist die Alte Schönhauser Straße in Berlin zu sehen. Im echten Leben eröffnet Sunspel, die Instanz für Basics, vor diesem Hintergrund nun ihren ersten deutschen Store. Ein Nagellackflaschen-Ring dürfte in die Kategorie der Dinge fallen, die man im Leben nicht braucht. Und die spätestens dann Sinn haben, wenn man unterwegs ist. MEHR SIRTAKI Fast so einen schlechten Ruf wie Sprüche-T-Shirts haben Sprüche-Postkarten aus der letzten Ecke des Cafés. Die „Literarischen Ansichts-Karten“ mit Weisheiten von Paul Maar über Juli Zeh bis Ernst Jandl rehabilitieren das Genre mit Witz. Das geht auf Schloss Dundas, eine halbe Autostunde von Edinburgh entfernt. Dort kann man nicht nur standesgemäß heiraten, sondern auch in das Leben der gnädigen Lordschaft eintauchen. Die Tätigkeit als Hausdame oder Butler soll besonders beliebt sein – obwohl der Spaß pro Gruppe umgerechnet mehr als 3000 Euro kosten kann. Auch schon wieder viel zu lange nicht an Farbedelsteine gedacht? Constantin Wild gibt ihnen in Idar-Oberstein den letzten, entscheidenden Schliff. 036 EINMAL DIENER SEIN WIE IN „DOWNTON ABBEY“ Ferien in Griechenland sind gerade nicht sonderlich beliebt. Auf vielen Inseln gehen die Buchungen im Vergleich zum Vorjahr stark zurück. Wissenschaftler der Universität Thessaloniki haben nun aber ein gutes Argument für mehr Griechenland im Leben gefunden: Sirtaki tanzen macht fit. Probanden der Studie waren im Durchschnitt 73 Jahre alt. Nach drei Monaten war die Gruppe, die Sirtaki tanzte, sechs Prozent schneller und konnte zehn Prozent höher springen. Also: Auf nach Griechenland! Bedeutende Dinge, Menschen, Ideen, Orte und weitere Kuriositäten, zusammengestellt von Jennifer Wiebking www.porsche.de Ideen alleine verändern nichts. Sondern der Mut, sie umzusetzen. Der neue Panamera kommt. Im Vergleich zu Kokosöl soll ja sogar Olivenöl ungesund sein. Foodspring macht aus Superfood Fitnessfood. Auf dem Einstecktuch von Turnbull & Asser ist ein Hund zu sehen. Muss ja nicht gleich jeder Tierfreund wissen. Alle Welt trägt jetzt Fedora-Hut. Kate Moss ist, selbstredend, schon weiter: mit ihrem Modell Quaker, das nicht eingekniffen und größer ist. Diesen Sommer dort unter unterwegs, wo es keinen Strom, aber viel Sonne Son gibt? Olafur Eliassons Little Sun Charg Charger lädt in solchen Momenten das Handy und bringt Licht ins Dunkle. Ist also ein echtes Geschenk des Himmels. Gegen diese Sonnenbrille (Preen by Thornton Bregazzi) sehen alle verspiegelten Gläser der vergangenen Sommersaisons zusammen alt aus. MUT FOTOS GETTY, HERSTELLER (14) Die Jeans von Off-White können sogar dem legendären Vetements-Modell Konkurrenz machen. Gibt es von Juli an im Online-Shop Stylebop zu kaufen. Erfahren Sie mehr unter www.porsche.de/Panamera DESIGN DESIGN JUJU Klein und verspielt sollen die bunten Hocker und Beistelltische des Kanadiers Garth Roberts sein, deren Name nach einem Kinderspielzeug klingt, auch wenn sie eigentlich nach einem Schmuckstück benannt sind. Die genau einen halben Meter hohen Polyethylen-Pilze hat der Designer, der seit einigen Jahren zwischen seinen Studios in Mailand und Berlin hin und her pendelt, für den italienischen Hersteller Serralunga entworfen. Farblich sind den Hohlkörpern kaum Grenzen gesetzt. Dank LEDs im Inneren können sie auch Leuchtskulpturen im Garten werden. INTRIGO Ein Stuhl mal nicht aus Kunststoff, tstoff, ng sondern aus Aluminium. Seine Herstellung mittels Druckgussverfahren ist technisch exen aufwendig, doch so sind auch die komplexen öglich, Formen von Arm- und Rückenlehnen möglich, die an die Bugholztechnik denken lassen. Das Sitzmöbel (für Pedrali), das vom Studio Archirivolto Design von Claudio Dondoli und Marco Pocci in Colle in der Toskana stammt, ist dadurch besonders standfest und zudem stapelbar. CONTOUR Die Rückenlehne TRIO Dieser Dreibein lässt sich ganz einfach verstauen, die Tischplatte ist mit einem Klappmechanismus ausgestattet. Drei mögliche Tischhöhen (45, 73 und 110 Zentimeter) bietet das in Oberbayern beheimatete Unternehmen Weishäupl an – als Beistell-, Bistro- und Stehtisch. Auch die Platten sind in ihrer Größe und Form (rund oder eckig) variabel. Die Platte ist aus massivem Teakholz oder HPL (High Pressure Laminat), einem Verbundwerkstoff aus Papier und Harz. Hinter dem Entwurf steckt Thomas Albrecht, der als Designer in Kassel lebt und arbeitet. scheint zu schweben, weil sie nur an zwei Stellen am Rahmen befestigt ist. Dadurch gibt sie leicht nach. Der Rücken selbst greift altes Handwerk auf, ist aber aus dem High-Tech-Faden Tricord geflochten – einer wetterfesten und doch natürlich wirkenden Kunstfaser aus Polyolefin und Polyester. Der Rahmen besteht aus pulverbeschichteten Inox-Rohrprofilen, die in ununterbrochener Linie gebogen sind und Beine, Sitz und Lehne ergeben. So erklärt sich auch der Name des Entwurfs, den Piergiorgio Cazzaniga, der als Sohn eines Schreiners in der Lombardei geboren wurde und dort noch immer lebt, für Tribù gestaltet hat. TWEED Der Name weist auf ein Gewebe mit zwei Fäden hin. Marco Paolelli und Sandro Meneghello verknüpfen für ihr Sofa (Unopiù) ebenfalls zwei Materialien, aber auf noch viel gröbere Art als bei jedem Zwillich. Sie flechten einen Korb aus Teakholz und Edelstahl. Dabei ist das Endlich Sommer. Aber woher kommen die passenden Tische und Stühle für Balkon, Terrasse und Garten? Wir zeigen 14 der schönsten neuen Outdoor-Entwürfe. Von Peter-Philipp Schmitt XENÍA Der Mensch ist heute ständig auf Reisen, immer unterwegs von einem Ort zum nächsten. Dabei will der Globetrotter nicht auf den gewohnten Komfort verzichten. Mit diesen Hintergedanken hat sich das Designer-Ehepaar Ludovica und Roberto Palomba an die neue Kollektion für den Mailänder Hersteller Eumenes gemacht. Herausgekommen ist ein Klappstuhl mit X-Beinen (so erklärt sich auch der Name des Produkts), der dem modernen Nomaden viele Freiheiten lässt. 600 verschiedene Stoffe und Farben sind für die Auflagen der Rücken- und Armlehnen möglich. In den Lehnen verbergen sich zudem großzügige Taschen. FENICE Er steht nur auf einem Bein – vor 80 Jahren war das etwas nie Dagewesenes. Drei Versionen des Tisches hat Piero Bottoni (1903 bis 1973) entworfen, jeweils mit anderen Proportionen und aus anderen Materialien. Besonders beeindruckend war die Ausführung von 1951, die auf der Metall der Kettfaden, auf den mit zwei verschiedenen Schichten das Holz als Schussfaden geflochten wird. Damit wollen die beiden Italiener zugleich Tradition und Moderne miteinander verbinden, symbolisiert durch das warme natürliche Material Holz und den kalten Industriestahl. OPEN AIR BRETAGNE Schon die alten Chinesen sollen rückenschonend gegärtnert haben, indem sie Gemüse und Kräuter in „Hügelbeete“ pflanzten. Nach demselben Prinzip funktioniert das Hochbeet von Garpa. Hinter der Teakholz-Verkleidung verbirgt sich ein Pflanzenkasten aus schwarzem pulverbeschichtetem Aluminium. Überschüssiges Wasser tropft nicht einfach nach unten, sondern wird über einen Auslauf und durch das Gestell zum Boden geleitet. Eine zusätzliche Rückwand eignet sich für Pflanzen, die nach oben streben, aber nicht zu tief wurzeln. IX. Triennale in Mailand gezeigt wurde. Der Tisch war vier Meter lang und bestand komplett aus Beton. Das Schwergewicht ist verschollen, doch eine leichte Variante hat Zanotta nun neu aufgelegt. Das Innere aus einem Kunststoff ist mit Zement-Kunstharz überzogen – für die Beton-Optik. WALL STREET Der Katalane Eugeni Quitllet, 1972 auf Ibiza geboren, ist ein Kunststoff-Spezialist. Für Unternehmen wie Kartell und Alias entwarf er bereits etliche Plastikmöbel, die drinnen und draußen stehen können. Auch für den spanischen Hersteller Vondom hat der Designer schon mehrfach gearbeitet. Dabei liebt er es durchaus ein wenig verrückt, wie seine Kollektion „Bum Bum“ beweist: röhrenförmige Sessel und Sofas, die von innen auch noch beleuchtet werden können. Geradezu schlicht dagegen ist dieser Barhocker, der aus Polypropylen und Glasfaser besteht und mit einem Gasinjektionsverfahren in Form gebracht wird. COCCI Marella Ferrera ist Sizilianerin und Modedesignerin. Schon in den neunziger Jahren hat sie aber nicht nur mit Textilien, sondern auch mit anderen Materialien wie Lavastein, Terrakotta und Keramik experimentiert. Daraus wurden Kleider-Skulpturen, die in ihrem „Museum & Fashion“ in der sizilianischen Küstenstadt Catania ausgestellt werden. Für das Unternehmen Paola Lenti in Meda in der Lombardei hat die Künstlerin nun eine Serie von Tischen gestaltet, die aus Stahl bestehen. Die Platten sind aus Fayencen zusammengesetzt, die mit Wasserfarben bemalt sind. Oder sie bestehen, wie beim Tisch „Sciara“, aus Lavastein-Fliesen. MBRACE Die Kunststofffaser von Dedon ist weich und wetterfest – beste Voraussetzungen für Outdoor-Möbel. Der deutsche Designer Sebastian Herkner hat aus der Faser eine Sitzmöbelkollektion flechten lassen, in deren extrabreiten Lehnen man sich so geborgen fühlen soll wie bei einer Umarmung (engl. „embrace“). Die Sitzschale ruht auf Teakholzbeinen, die Kufen haben können. Das dreiachsig-sternförmige Geflecht besteht aus jeweils drei unterschiedlichen Fasern, die es vom Hersteller aus Lüneburg in drei Farbvarianten gibt: Spice, Pepper, Atlantic. Sie spielen auf Reise, Handel und Abenteuer an. DREAM LINE Die Kissen dieses TERRAMARE Die geschwungenen Arm- und Rückenlehnen des Sofas aus Kunstleder sind nicht das einzige interessante Detail. Auch die Verbindung der Aluminiumrohre ist ungewöhnlich und erinnert an eine Zeit, als man für seine Möbel einfach ein paar Stöcke zusammenband. Der Entwurf (für Emu) stammt vom venezianischen Studio Chiaramonte-Marin. Alfredo Chiaramonte und Marco Marin haben die Kissen mit Polyurethanschaum und Polyesterflocken (fürs Volumen) füllen lassen. Der Schaum hat selbstmodellierende Eigenschaften und passt sich dem Körpergewicht des Benutzers an. FOTOS HERSTELLER 22 Sessels sind garantiert wasserdicht und atmungsaktiv, dafür sorgt das Material Batyline, das zum Beispiel bei Sonnenverdecken oder Relingsverkleidungen zum Einsatz kommt. Der niedrige Lounger, den der Italiener Marco Acerbis für den Mailänder Hersteller Slide entworfen hat, besteht aus Polyurethan, das Gestell ist auf Wunsch lackiert, die Kissen sind sehr elastisch. Der Sessel, zu dem die Ottomane „Feet-Up“ von Acerbis passt, ist das ganze Jahr über wetterfest, aber auch fürs Wohnzimmer geeignet. PARROT Die Füße erinnern zumindest India Mahdavi an die Zehen von Papageien. Doch ob es nun vier wie bei den Vögeln oder sechs wie bei ihrem Entwurf sind, ist der Pariser Designerin, deren Mutter aus Ägypten und deren Vater aus Iran stammt, bei ihren Tischen (für Petite Friture) nicht so wichtig. Für sie zählt der farbige Kontrast zwischen den emaillierten Tischplatten in hellem Gelb, Pink, Grün oder auch Türkis und den jeweils knalligen Beinen in RotOrange – das sei so wie bei den tropischen Vögeln auf ihren exotischen Inseln. 23 KUNST KUNST „Surrounded Islands“: Am 7. Mai 1983 hatten die Christos elf Inseln der Biscayne Bay vor Miami mit pinkfarbenem Polypropylengewebe umfasst. Das Kunstwerk war zwei Wochen lang zu sehen. In Christos Mission „The Floating Piers“: Vom 18. Juni bis 3. Juli führt Christos neues Projekt über den Lago d’Iseo in Oberitalien. Schwimmende Stege verbinden den Uferort Sulzano mit der Insel Monte Isola und einer kleineren Insel, der Isola di San Paolo. Insgesamt ziehen sich die 16 Meter breiten Stege, die mit schweren Ankern befestigt sind, über eine Länge von drei Kilometern. Die Bewegungen des Wassers, das leise Schaukeln bei leichtem Wellengang, sollen beim Spazieren über den See spürbar sein. Christo verspricht den Flaneuren ein Gefühl „wie auf dem Wasserbett“. Wer lieber auf dem Trockenen bleibt, kann sich aus der Vogelperspektive anschauen, wie die Menschen übers Wasser wackeln – indem er auf die Berge rings um den See steigt. Der Lago d’Iseo, bis zu 250 Meter tief, liegt etwa 100 Kilometer östlich von Mailand. Touristisch stand er bisher im Schatten seiner berühmteren Nachbarn, des Gardasees im Osten und des Comer Sees im Westen. Vom kommenden Samstag an dürfte sich das fürs Erste ändern. Nach den 16 Tagen, in denen die „Floating Piers“ zugänglich sind, werden Christos Stege wieder abgebaut und vollständig recycelt. (F.A.Z.) FOTOS WOLFGANG VOLZ/LAIF (3), WOLFGANG VOLZ/GASOMETER OBERHAUSEN (2), CHRISTO UND JEANNE-CLAUDE, ANTONIO FERRERA 24 Seine Bilder geben den Werken des Verpackungskünstlers Dauer: Der Fotograf Wolfgang Volz ist das Auge Christos. Von Freddy Langer Denken groß: Wolfgang Volz (links) und Christo U rsprünglich dachte Wolfgang Volz, eines Tages Architekt zu werden. Oder Rockmusiker. In beiden Disziplinen hatte er schon einiges vorzuweisen, als er einen befreundeten Fotografen bat, Bilder von einem seiner Hausmodelle aufzunehmen. Damit wollte er sich probehalber an einer Hochschule bewerben. Doch als er den Freund in dessen Dunkelkammer begleitete, änderte sich sein Lebensentwurf in einem Augenblick. Zart schälten sich im roten Licht des Labors die ersten Schemen aus dem weißen Bogen des Fotopapiers, und Wolfgang Volz wusste: Das will ich fortan immer wieder erleben. Wer je in einer Dunkelkammer zugeschaut hat, wie in der Wanne des Entwicklerbads auf fast magische Weise ein Bild erscheint, wie es sich entwickelt, buchstäblich, allmählich kontrastreicher wird und Gestalt annimmt, vom ersten gespenstischen Hauch zur fertigen Fotografie, kann ihn gut verstehen. Wolfgang Volz schnappte sich einen Fotoapparat, kaufte zwei Schwarzweißfilme und zog los. Die Aufnahmen machte er mit Bedacht. Hier ein Bild, da ein Bild, die Motive waren ihm so wertvoll wie das Material. Dann brachte er die Aufnahmen zur Post. Ein Bündel schickte er an die staatliche Lehranstalt für Film und Fotografie in München, ein zweites an die Folkwangschule in Essen. Beide nahmen ihn an. Er entschied sich für Essen, belegte Kurse bei Otto Steinert und machte, nach einer „Uneinigkeit“ mit dem Meister, sein Examen bei Erich vom Endt. Das ist jetzt mehr als 45 Jahre her. Heute ist Wolfgang Volz ein berühmter Fotograf. Die Dunkelkammer betritt er kaum noch, dafür hat er sich einen Drucker ins Haus gestellt, mit dem er wandfüllende Abzüge herstellen kann. Bilder, in denen man als Betrachter spazieren geht, in denen man sich verliert und vor denen man alles um sich herum vergisst. Auf den meisten dieser Abzüge sind Arbeiten von Christo und JeanneClaude zu sehen: Tausende Schirme vor der Küste Kaliforniens, ein schier endlos langer Zaun aus Stoff, mitten durch eine Wüste gespannt, eine Schlucht, zugehängt mit einem Vorhang, Inselchen, um die herum rosa Gewebe im Wasser treibt, Tore in einem Park, ein goldener Gehweg in Kansas City und vorsichtig ummantelte Bäume. Wo immer, was immer, wann immer Christo und JeanneClaude einen ihrer Einfälle verwirklicht haben – Wolfgang Volz hat ihn in seinen Fotografien festgehalten und damit über dessen kurze Lebensdauer von zwei, drei Wochen gerettet. Länger hatte kaum eine der Verpackungen und Verfremdungen Bestand. An Christo zu denken heißt deshalb, Bilder von Wolfgang Volz wachzurufen. Dabei hat er sich nie als Hoffotograf von Christo und Jeanne-Claude verstanden. Er habe nie für sie, sondern stets mit ihnen gearbeitet, sagt Volz. Er ist Künstler in fremder Mission, so könnte man sagen, mit einer eigenen Vision. „Die Arbeit ist vielschichtig“, sagt er, und es wird nicht ganz deutlich, ob er die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten des Werks von Christo und Jeanne-Claude meint oder die vielen handwerklichen Ansprüche, die an ihn und seine Arbeit gestellt werden. Schon ein halbes Menschenleben lang sucht er mit Christo – und bis zu deren Tod auch dessen Frau – nach geeigneten Orten für deren Werke. Er hilft, die immensen Arbeiten der Vorbereitung und des Aufbaus zu koordinieren, besorgt Material, vergleicht Angebote von Bauunternehmen, wählt Mitarbeiter aus und regiert am Ende über das Geschehen. Mal erhält er dafür den Titel des Projektmanagers, mal des Projektdirektors. Vor allem jedoch fotografiert er – permanent, so muss man meinen. Er macht die Aufnahmen der in Frage kommenden Orte, die den Künstlern als Grundlage für ihre Skizzen und Entwürfe dienen. Er dokumentiert die Entstehung der Plastiken, von den ersten Verhandlungen mit Bürgern, Politikern und Grundstückseigentümern bis zum Festzurren des letzten Seils. Und er interpretiert die Kunstwerke. Aus allen Perspektiven. Zu allen Tages- und Nachtzeiten. In Farbe und in Schwarzweiß. Im klassischen Format und in den Proportionen des schier endlos weiten Panoramablicks. Zwei Schwarzweißfilme waren ihm genug, um das Material für seine Bewerbungsmappe zusammenzubekommen. Seine Bilder zu Christos Werk hingegen gehen mittlerweile in die Hunderttausende. Womöglich sind es mehr als eine Million. So genau weiß er es selbst nicht. Oder er will sich nicht festlegen. Sogar mit dem Handy macht er heute Aufnahmen, um bloß keinen Moment zu verpassen – wenn der Zufall irgendwas besonders schön 25 26 KUNST „5600 Cubicmeter Package“: 85 Meter hoher Ballon auf der Documenta 1968 arrangiert hat oder überraschend ein Besucher auf der Baustelle auftaucht, mit dem niemand gerechnet hat. „Wer zum Beispiel?“ Wolfgang Volz lächelt bloß und sagt kein Wort mehr. Wer ihn früher bei den Aufbauarbeiten der Installationen getroffen hat, konnte ihn leicht für wahnsinnig halten. Auf dem Kopf ein Schutzhelm, im Ohr ein Empfänger, an der Wange ein Mikrofon, um den Hals die Kamera – und unter dem Arm eine Leiter. Ein paar Stufen hinauf, schon fand er eine überraschende Perspektive etwa für den Reichstag oder den Pont Neuf, jeweils eingehüllt in glänzendes Material. Wurden die Arbeiten großflächiger, bestellte er eben einen Hubwagen. Und wenn auch der nicht genügte, einen Hubschrauber: „Think big!“ Und doch hat er nie die Bodenhaftung verloren. Vielleicht waren es seine anderen Arbeiten, die ihn gleichermaßen ernst und frei machten. Hier Auftragsarbeiten für die Industrie, dort Schnappschüsse beim Spazierengehen. Virtuos bewegt er sich zwischen den Genres der Fotografie, mit Bravour wechselt er die technischen Mittel und spielt ihre Möglichkeiten aus bis ins Extrem. Für jedes neue Thema, will es scheinen, findet er auch eine neue Bildsprache. Wer seine Zeitschriftenarbeiten sieht, in seinen Büchern blättert und seine Ausstellungen in Galerien und Museen besucht, fragt sich unweigerlich: Ein unverkennbares Volz-Bild, gibt es das überhaupt? Ohne Not taugt die Masse seiner Bilder längst als Lebenswerk gleich mehrerer Fotografen. Da sind zunächst Schwarzweißaufnahmen: gespenstische Einzelbilder manche, andere Teil kaum enden wollender Bildserien. Fast immer aber sind es Momente, in denen das Leben sich der Klarheit und Durchschaubarkeit entzieht, Augenblicke, in denen sich die Umrisse einer Geschichte erst vage herauszuformen beginnen. Es sind befremdende Motive, die dem Bildkatalog der Surrealisten näher sind als der Wirklichkeit. Szenen, in denen nachts auf einer leeren Straße zwei Limousinen aufeinanderlie- „The Gates“: Vom 18. bis 28. Februar 2005 hingen von 7503 Toren im New Yorker Central Park safrangelbe Stoffbahnen herab. „Big Air Package“: Von 16. März bis 30. Dezember 2013 war die 90 Meter hohe Skulptur im Gasometer Oberhausen zu sehen. In Christos Mission gen, als liebkosten sie sich, in denen ein riesiger Schaufelbagger wie ein gefräßiges Tier die Erde bis zum Horizont umwälzt, frisst und wieder auswirft, in denen Menschen erstarren vor einer Handvoll Reiskörner, die ihnen entgegenfliegt, nein: sie angreift, als handele es sich um einen Schwarm Moskitos. Diese Bilder sollen gefunden sein im wirklichen Leben? Eher glaubt man, sie seien Träumen entsprungen. Dann gibt es Technikaufnahmen, in denen Volz mit der Eleganz des Werbefotografen und der Akribie eines Wissenschaftlers Forschungsberichte über das Weltall, Untersuchungen der Photosynthese oder neue Erkenntnisse über monoklonale Antikörper nicht einfach nur illustriert, sondern erklärend unterstützt. Nie wurde die Bedeutung des Wortes Kollektor augenfälliger als in seiner Fotografie jener Hunderter Spiegel, die auf Sizilien das Tageslicht für ein Sonnenkraftwerk bündeln. Wann wurde uns je deutlicher, dass Glas zunächst einmal flüssig ist, als vor seinem Bild der Gussform einer viereinhalb Meter großen Linse? Uns schaudert vor den gigantischen Dimensionen der vier Beine einer Ölbohrinsel, und doch verlangt uns das Motiv zugleich höchsten Respekt vor der technischen Leistung der Ingenieure ab. Dazu kommt sein Hauptwerk: die Zusammenarbeit mit Christo und Jeanne-Claude. Hier also die Straßen der Großstädte mit ihren düsteren Nischen und seltsamen Geheimnissen, dort die Experimentierfelder in den Laboratorien der exakten Wissenschaft und dann die Welt der Kunst, nur den Gesetzen der Ästhetik folgend: Das sind die Orte, an denen Wolfgang Volz sich bewegt. Verrätseln, Erklären, Darstellen: Um diese Absichten kreist sein Werk. Er macht es einem deshalb leicht, Kategorien zu finden, Schubladen zu öffnen. Aber je länger man die Aufnahmen betrachtet, desto mehr verwischen die Grenzen. Verrätseln und Enträtseln, Verhüllen und Enthüllen: Sind das tatsächlich Gegensatzpaare, oder ist das nicht letztlich dasselbe? Öffnet sich unser Verständnis nicht gerade in dem Moment, da die Welt sich verschließt, sehen wir die Dinge nicht wirklich erst dann, wenn sie völlig verhüllt sind? Erkenntnisgewinn – selten lässt sich dieser Begriff mit mehr Recht auf das Werk eines Fotografen anwenden. Schauen, suchen, reagieren. Das ist das Prinzip, dem Wolfgang Volz folgt. Das ist nicht originell; es sollte das Prinzip jedes Fotografen sein. Aber bei ihm kommt etwas hinzu, das seine Arbeit seit Anbeginn prägt und das er bis heute nicht verlernt hat: sein Staunen – die größte aller Fotografen-Tugenden. Und so steht er jetzt in Norditalien, am Ufer des Lago d’Iseo, und man hat den Eindruck, dass er es selbst nach der elften oder zwölften Zusammenarbeit mit Christo noch immer nicht fassen kann, wie dieser Mann mit seinen Ideen die Welt verzaubert. Seit fast einem Jahr haben sich die beiden dort eingemietet, ihr Basislager bezogen und Platz für all das Material geschaffen, das tonnenweise angeliefert wird. Aus 220.000 Schwimmkörpern entstehen schwimmende Stege. Man kann über das Wasser gehen. Von Sulzano auf dem Festland aus zur Monte Isola und weiter zur winzigen Isola di San Paolo, dann über ein Gewirr von Wegen zurück. Den Plan für solch ein Werk hatten Christo und JeanneClaude schon Ende der sechziger Jahre, also zu der Zeit, als Volz sie gerade kennenlernte. Damals wollten sie die schwimmenden Stege im Delta des Rio de la Plata auslegen. Aber sie erhielten keine Genehmigung. Den Anfragen bei der Hafenbehörde von Tokio war ebenso wenig Fortune beschieden. So verschwand der Einfall für Jahrzehnte in einem Aktenordner. Bis sich die beiden auf einer Zugfahrt von Basel nach Stuttgart daran erinnerten. Vor zwei, drei Jahren. Ganz plötzlich. „Hier irgendwo sollten wir es machen“, sagten sie. Erzählt Wolfgang Volz. Und dann steckten sie die Köpfe über Landkarten zusammen, entschieden sich für Norditalien, unternahmen eine „ScoutingReise“, wie Volz es nennt – und entschieden sich augenblicklich für den Lago d’Iseo. Acht Monate dauerte es, bis alle Genehmigungen beieinander waren. Viel Stempelarbeit bei den Behörden sei dafür notwendig gewesen, und viel Franciacorta sei geflossen, italienischer Champagner, mit dem Bürgermeister und der Bürgermeisterin der beteiligten Gemeinden. Jetzt treiben Schwimmkörper aus Polyethylen auf dem Wasser, wie große Puzzleteile stecken sie ineinander. Ihren Zauber entfalten sie erst mit dem goldgelben Gewebe, mit dem die schwimmenden Stege am Ende überzogen werden. Und dann erzählt Wolfgang Volz von der Metamorphose, wie aus schnöden Bauteilen auf fast magische Weise ein wunderbares Werk entsteht, wie sich auf dem Wasser mit einem Mal alles ändert und dort ein ganz neuer Eindruck entsteht, der zunächst allmählich Gestalt annimmt – aber dann plötzlich da ist, als ein neues Bild. Wie von Zauberhand. Und es ist vermutlich gar nicht so abwegig zu denken, dass er sich dabei an den Moment in der Dunkelkammer seines Freundes vor mehr als 45 Jahren erinnert. Sein Erweckungserlebnis, wie er es nennt. Denn auch hier wird er sich sagen: Das will ich fortan immer wieder erleben. ERLEBEN SIE MEHR, VERMISSEN SIE WENIGER. Frühstück mit dem Vorstand in Brüssel. Lunch am Vierwaldstättersee in Luzern. Abendessen zu Hause mit der Familie. Unsere Flotte ist so groß wie die viertgrößte Airline-Flotte der Welt. 700 Flugzeuge für Sie. Only NetJets. NETJETSEUROPE.COM „Big Air Package“: Die Skulptur bestand aus 20.350 Quadratmeter lichtdurchlässigem Gewebe und 4500 Meter Polypropylenseil. +49 (0) 89 2323 7547 Alle von NetJets® Europe angebotenen Flugzeuge werden von NetJets Transportes Aéreos S.A., einer EU-Luftfahrtgesellschaft, betrieben. Ein verstohlener Seitenblick in den Spiegel, ein Mustern des Schnitts, der eigenen Wirkung, dann traut er sich vor die Linse. Mario Götze mag das schrill gemusterte Jackett, sogar mit Weste im identischen Dekor. Der Mann, dessen Siegtreffer im WM-Finale 2014 gegen Argentinien eines der bekanntesten Bilder der Welt wurde, mag das Spiel mit der Kamera. Mal Strahlemann, mal Pokerface, mal Hände in den Taschen oder Arme verschränkt, egal ob posieren und wichtig gucken oder ganz locker und jung nur rumstehen: „Was geht?“ Alles geht – wenigstens hier. Am Ball lief seit dem Traumtor in Rio weniger. Bei den Bayern verlor er den Platz im Rampenlicht. Bei der EM will er ihn sich zurückholen. ONYVA! MARIO GÖTZE Die Europameisterschaft beginnt. Der Weltmeister, jenseits des Rasens von Boss ausgestattet, gehört zu den Favoriten. N’est-ce pas? Fotos Nacho Alegre Styling Markus Ebner Texte Christian Eichler MANUEL NEUER Der beste Torwart der Welt hat jede rechtwinklige Fläche sofort im Griff. Er muss ihr dazu nur den Rücken zukehren. Sei es das Tor, sei es die aufgebaute blaue Leinwand beim Mode-Shooting in München, sei es die weiße Mauer des abgeteilten Hotel-Tagungsraums, in dem es stattfindet. Manuel Neuer, Pullover, Schal, noch ein Schal, stellt sich barfuß erst vor die blaue, dann vor die weiße Wand. Und steht dann da wie die menschliche Wand, die er ist, wenn ein Stürmer auf ihn zukommt. Selbst auf dem Boden, im Schneidersitz auf dem Teppich, dessen amöbenhaftes Muster aussieht, als sei es beim alten Schulhofspiel „Lange Nase“ entstanden, wirkt er wie immer: lässig, raumfüllend, unüberwindlich. BASTIAN SCHWEINSTEIGER Er kommt von einem anderen Shooting und muss gleich zum nächsten. Dunkler Anzug, schwarze Krawatte, ganz Businessman, knapper Zeitplan. Deshalb: StyleWechsel im Tempo eines Formel1-Boxenstopps. Pullover, Blouson; nur das hübsche Halstuch verweigert er. Auch durch den Hinweis „Sieht gut aus“ lässt sich Bastian Schweinsteiger nicht erweichen. Für einen Hosentausch reicht die Zeit nicht, der Kapitän ist gefragt. So darf nur die obere Hälfte ins Bild. Bitte die Hand zum Gesicht, fordert der Fotograf. Schweinsteiger gehorcht, nimmt das Kinn in die Faust, und heraus kommt die Fußballversion von Rodins „Denker“ – der ja in Wirklichkeit auch Sportler war. Modell für die berühmte Bronze stand übrigens der Preisboxer und Ringer Jean Baud. ONYVA! JULIAN DRAXLER Das Kapital eines Sportlers ist sein Körper – ein Spruch fürs Phrasenschwein. Das Schwein wird fetter, die Fußballer werden schlanker. Allenthalben verzehren sie keinen Weizen oder keine Kuhmilch mehr. Oder sie essen gar, der angeblich besseren Fettverbrennung wegen, den Nachtisch zuerst – wie es Robert Lewandowski tut und wir als Kinder es ja auch schon wollten. Julian Draxler beschäftigt mit 22 Jahren einen privaten Ernährungsexperten und Koch, der ihm täglich zwei Mahlzeiten zubereitet. Sein Körper ist entsprechend polsterfrei. Das erhöht Beschleunigung, Belastbarkeit und Bekleidungsoptionen. Foto mit Jacke, ohne Jacke, mit Pullover um die Hüften, ohne Pullover um die Hüften, mit Schal, ohne Schal. Guter Fußballspieler, gutes Modell: Ihm passt alles. LEROY SANÉ Als er strahlend, federnd, funkelnd um die Ecke biegt, vor dem Kleiderständer auftaucht, ist gleich klar: Der Kerl kriegt das Schrillste, das auf der Stange hängt. Leroy Sané liebt es, und man sieht ihm das an, wenn er es trägt. Markus Ebner, der das Shooting organisiert, hat schon oft mit Spielern als Models zu tun gehabt. „Es ist sehr schwer“, meint er, „eigentlich fast unmöglich, weil sie nichts so richtig versuchen wollen.“ Hier ist es anders. Ebner sagt zu Joachim Löw, der die Szene auf einem Stuhl verfolgt wie sonst das Spiel auf der Bank: „Dem steht alles gut. Euer Nummer-1-Dressman.“ Der Bundestrainer nickt. Es scheint ihn nicht zu wundern. Immer noch ist er dabei, etwas zu finden, was sein neuer Jungstar nicht kann. THOMAS MÜLLER Beim Umziehen entblößt sich ein magerer weißer Oberkörper mit braunen Armen. Thomas Müller könnte auch als Tour-de-FranceProfi durchgehen, doch hat er einen anderen Grund, im Sommer nach Frankreich zu fahren. Er ist der Glücksbringer des Nationalteams. Wann immer er ein Tor schoss bei einer WM oder in einem Qualifikationsspiel, gewann Deutschland. Nur bei einer EM traf er noch nie. Das soll sich nun ändern. Der Mann mit dem häufigsten deutschen Namen hat sich auch als Weltstar etwas herrlich Halbstarkes bewahrt. Heller Anzug, Arme verschränkt, herausfordernder Blick – auf ironische Weise halbseiden. Ein bisschen Monaco Franze. Dann, ohne Sakko und Socke, Hosenbein hochgeschoben, schiefes Grinsen: ein junger Belmondo in der Drehpause. Müller hat sie alle drauf. ONYVA! MATS HUMMELS Fußballspieler lernen zu tun, was der Trainer sagt. Und der Ausstatter. Vor dem Spiel liegen in der Kabine Trikot, Hose und Strümpfe vom Verein bereit und die Schuhe vom Ausrüster – der sich gern mal etwas farblich Auffälliges ausdenkt. Aber mancher hat seinen eigenen Kopf, reißt sich das Hemd dann mitten im Spiel vom Leib (was zur Gelben Karte führt). Oder zieht sich manches erst gar nicht an. Mats Hummels, Pullover, Blouson, die strubbeligen Haare für die Kamera ordnend, sieht das Accessoire, das der Stylist ihm bringt, und wehrt entschieden ab: „Nee, so ein Ding trage ich nicht.“ Später liegt er auf dem Rücken, lässt sich fotografieren und denkt vielleicht nach, welche Farbe ihm von Juli an am besten steht. Gelb-Schwarz ist es nicht mehr. Es ist ein weiter Weg vom sozialen Brennpunkt in Bremen-Huchting vor die Brennweite eines StarFotografen aus Barcelona in einem Luxushotel in München-Bogenhausen. Aber der Fußball bietet Abkürzungen, vielleicht die schnellsten. Karim Bellarabi brauchte im August 2015 in Dortmund nach dem Anpfiff nur neun Sekunden, um Bayer Leverkusen in Führung zu bringen. Das schnellste Tor der Bundesliga-Geschichte – und der Anfang einer Turbo-Karriere. So posiert Bellarabi, der eine deutsche Mutter, einen marokkanischen Vater und einen ghanaischen Stiefvater hat, nun mit Anzug und Krawatte für eine urdeutsche Institution, die Nationalmannschaft. Und hofft, dass er das in Frankreich auch mit Adler auf der Brust tun darf. Foto Michel Gibert. Foto unverbindlich. Dank an: TASCHEN / Skulptur: www.jacintomoros.com. KARIM BELLARABI ONYVA! SAMI KHEDIRA Sami Khedira und die Kunst, einen Anzug mit italienischer Lässigkeit zu tragen. Ist es die Übung in Turin? Das halbe Jahrzehnt bei den „Königlichen“ von Real Madrid? Oder die lange Liaison mit „Germany’s Next Topmodel“, der Siegerin der ersten Ausgabe der Casting-Show 2006? Während des ersten großen Export-Booms deutscher Weltmeister ans Mittelmeer, nach dem WM-Sieg 1990, bewegten Fußballer, die noch einen richtigen Beruf erlernt hatten, wie Raumausstatter Matthäus, Bäcker Klinsmann, Automechaniker Brehme oder Metzger Riedle, sich abseits des Spielfelds noch etwas unsicher. Die Weltmeister von 2014 sind gelernte Fußballstars – und machen auch in Italien und Spanien bella figura. Styling-Assistenz: Ramona Habermann Agnes Handfest Leonie Volk Die Kleidungsstücke wurden von Hugo Boss zur Verfügung gestellt, dem offiziellen Modeausstatter der deutschen Nationalmannschaft. DREIEINIG Bundestrainer Joachim Löw, Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff und Löws Assistenztrainer Thomas Schneider führen das deutsche Team bei der Europameisterschaft. Discours. Großes 5-Sitzer Sofa, Design Studio Roche Bobois. BERLIN - DÜSSELDORF - FRANKFURT - HAMBURG - MÜNCHEN - NÜRNBERG / ERLANGEN - STUTTGART www.roche-bobois.com 36 FUSSBALL FUSSBALL Von Reinhard Müller D ie Steinzeit liegt nicht weit zurück. Wer sich auf Youtube Wim Thoelke anschaut, wie er 1970 im „Aktuellen Sportstudio“ des Zweiten Deutschen Fernsehens über den Frauenfußball herzieht, der traut seinen Augen und Ohren nicht. Da geht es nicht darum, dass Frauen anders Fußball spielen. Nein, der Fernsehunterhalter verhöhnt die Fußballspielerinnen als „Mutter“ und „Erna“. Und das im öffentlich-rechtlichen Fernsehen: „Decken! Decken! Nicht Tisch decken!“ Doch womöglich traf der beliebte ZDF-Moderator den Zeitgeist. Auch wenn die damalige inoffizielle Nationalstürmerin Gerda Müller hieß – der Deutsche Fußball-Bund hatte im Jahr 1955 Frauenfußball ausdrücklich untersagt. Diese „Kampfsportart“ sei „der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd“. Das Verbot galt bis 1970. Wie hätten Wim Thoelke und die Fußballnation wohl reagiert, wenn ihnen ein Fußball-Weiser offenbart hätte, dass zum vorläufigen Kader der Nationalmannschaft des Jahres 2016 Jérôme Boateng, Shkodran Mustafi, Emre Can, Sami Khedira, Mesut Özil, Karim Bellarabi und Leroy Sané gehören? Wie hätte man darüber gesprochen? Die Nationalelf war nie ein Spiegelbild der Gesellschaft. Aber sie spiegelt natürlich als Kind der Zeit die Verhältnisse. So waren die Helden von Bern, die 1954 als krasser Außenseiter die seit Jahren ungeschlagenen Ungarn nach einem 0:2-Rückstand noch bezwangen, Kriegsveteranen eines noch immer am Boden liegenden Landes. Torwart Toni Turek war an der Ostfront durch einen Granatsplitter verletzt worden, der seinen Stahlhelm durchschlagen hatte. Ottmar Walter überlebte ein Seegefecht vor Brest nur knapp (und mit drei Granatsplittern im Knie). Der Bundestrainer und vormalige Reichstrainer Sepp Herberger hatte noch im Ersten Weltkrieg und dann einige Tage lang im Zweiten gedient. Die Stars, die noch nicht so hießen, spielten für ein Taschengeld und lauschten nach dem Sieg im Regen ergriffen dem Deutschland-Lied. Migrationshintergrund? Der Verteidiger Josef Posipal war der Sohn eines donauschwäbischen Bäckers und wuchs im rumänischen Banat auf. Er besuchte dort bis zum Jahr 1942 das deutsche Gymnasium. Am ersten Spiel der Nationalmannschaft nach dem Zweiten Weltkrieg, 1950 in Stuttgart gegen die Schweiz, konnte er wegen fehlender Personalpapiere und ungeklärter Staatsangehörigkeit noch nicht teilnehmen. Als die deutsche Nationalmannschaft 1974 den Titel gewann, standen die Zeichen im Ost-West-Konflikt auf Entspannung. Es war die Zeit der Aussöhnung und Normalisierung, auch mit der DDR. In der Bundesrepublik gehörten die „Gastarbeiter“ zur Normalität. Aber sie waren noch nicht lange im Land und gehörten rechtlich und oft wohl auch nach ihrem Empfinden (wie dem der Deutschen) nicht richtig dazu. Im WM-Siegerteam von damals sucht man sie vergebens. Das war sogar noch 1990 so. Der Gewinn der Weltmeisterschaft der Westdeutschen fiel in das Jahr der Wiedervereinigung – und verleitete Franz Beckenbauer zu der berühmt-berüchtigten Aussage, nun werde die Nationalmannschaft auf Jahre hinaus unschlagbar sein. Hier irrte der „Kaiser“. Doch das Sommermärchen 2006 führte zu einem anderen Sieg. Der WM-Dritte wurde Weltmeister der Herzen. Schwarz-rot-goldener Jubel als Party – von Nationalismus keine Spur. So empfand es auch das kritische Ausland. Zugleich war das die Zeit, in der die deutsche Nationalmannschaft ihr Gesicht veränderte. So war schon 2001 Gerald Asamoah als erster gebürtiger Afrikaner in eine DFB-Auswahl berufen worden. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea spielte er im Finale. 2006 stand er ebenfalls im Aufgebot und spielte im Vorrundenspiel gegen Ecuador. David Odonkor, Sohn eines Ghanaers und einer Deutschen, gab die Vorlage zum wichtigen 1:0 gegen Polen in der Vorrunde. Man sollte SCHWARZ ROT BUNT Die Nationalmannschaft spiegelt das neue Deutschland: Nicht auf die Herkunft kommt es an, sondern auf das Bekenntnis. sich aber nicht täuschen lassen. Werden Erfolge der eigenen Vereins- und Nationalmannschaft bejubelt, schließt das Rassismus gegen einzelne Spieler nicht aus. So standen hohe NPD-Funktionäre wegen eines rassistischen „WM-Planers“ für 2006 vor Gericht. Auf der Vorderseite des Terminplans wurde das Trikot eines Fußballers mit der Rückennummer des damals für Werder Bremen spielenden dunkelhäutigen Nationalspielers Patrick Owomoyela abgebildet. Der Text dazu lautete: „Weiß – nicht nur eine Trikot-Farbe! Für eine echte NATIONAL-Mannschaft!“ Die NPD-Leute mussten sich wegen gemeinschaftlicher Beleidigung und Volksverhetzung verantworten. Die neue Buntheit der Nationalelf spiegelt also ein neues Deutschland – das mittlerweile auch sein Staatsangehörigkeitsrecht geändert hat. Man hat die Wahl, auch für wen man spielen will. Und da geht es eben nicht nur um Vaterlandsliebe, sondern um Karriere-Chancen. So kritisierte der damalige Bayern-Spieler Hamit Altintop im Jahr 2010 seinen Kollegen Mesut Özil, der ebenfalls in Gelsenkirchen geboren wurde und aufwuchs, er habe sich gegen seine Herkunft und für seine Karriere entschieden, als er das Trikot mit dem Adler auf der Brust überstreifte. Özil dagegen pries die Nationalelf als „bestes Beispiel für erfolgreiche Integration in Deutschland“. Für ihn sei kein anderes Land in Frage gekommen. Ein klares Bekenntnis. Und genau darauf kommt es an, nicht auf die Herkunft. Das begreifen weder Neonazis noch Antifa: Die Nazis nannten sich zwar national, aber sie waren es nicht. Sie waren Rassisten. Die Nation fragt nicht nach dem ethnischen Hintergrund. Auch nach dem alten Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913, das lange galt, wurde man nicht nur durch Geburt (Herkunft), sondern auch durch Einbürgerung Deutscher. Heute ist die doppelte Staatsangehörigkeit anerkannt. Es gibt, wie auch für manche Fußballspieler, ein Optionsrecht. Dass kleine, reiche Länder Spieler einkaufen, ihnen also zügig die Staatsangehörigkeit verleihen, um die eigene Nationalelf zu stärken, ist jederzeit möglich, durch internationale Regeln allenfalls zu verzögern. Auch in Deutschland ist die Einbürgerung für Spitzensportler leichter als für den Durchschnittsmigranten. Aber von jedem muss etwas verlangt werden. Nur: was? Vor vier Jahren forderte der frühere DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder eine „Singpflicht“. Die Italiener hätten im EM-Halbfinale „mit Inbrunst mitgesungen – und auch mit der gleichen Leidenschaft für ihr Land gespielt. Und wir? Das sah fast schon beschämend aus.“ Damals hatten Sami Khedira und Mesut Özil ausrichten lassen, dass sie aus Respekt vor dem Heimatland ihrer Eltern nicht singen. Mayer-Vorfelder sagte damals der „Bild“-Zeitung: „Ich kann nicht für die DFB-Auswahl auflaufen und alle Vorteile einstreichen wollen, dann aber so tun, als wäre ich nur ein halber Deutscher.“ Und er empfahl: Wenn ein Spieler sich beharrlich weigere zu singen, „dann wird er eben nicht mehr eingeladen“. So weit ist es dann nicht gekommen. Man darf daran zweifeln, ob das Singen der Hymne einen Deutschen ausmacht. Aber ein Symbol ist die Hymne schon. Die Nationalelf ist überhaupt eine der wenigen Institutionen, die von Millionen fahnenschwenkenden Bürgern getragen werden. Insofern hat sie tatsächlich eine integrative Kraft. Der Einzelne muss zurücktreten, um der Mannschaft zum Erfolg zu verhelfen. Das brachte der eigentlich nicht zum Pathos neigende Bundestrainer Joachim Löw bei der Nominierung des vorläufigen EM-Kaders zum Ausdruck: Das Kollektiv sei wichtiger als der einzelne Spieler. „Es geht darum, eine Einheit zu bilden, ein bedingungsloses Miteinander zu finden. Dies hat uns immer stark gemacht.“ Die Spieler, meint er, sollten sich nicht nur auf dem Platz richtig verhalten. Nicht die Herkunft zählt, nicht mal die Leistung – sondern die Haltung. Das klingt fast schon nach Sepp Herberger. Los geht’s! Weltmeister im Fußballgucken: Wenn große Spiele anstehen wie in den nächsten Wochen, färben sich viele Fenster grün. DASSELBE IN GRÜN W enn wichtige Fußballspiele laufen, herrscht in den Straßen eine besondere Atmosphäre. Die Städte sind oft wie ausgestorben, Autos oder Fußgänger sind kaum zu sehen. Nur in der Pause passiert was: Man führt den Hund aus, holt Zigaretten, raucht auf dem Balkon. Ich mochte solche Abende schon immer: die einsame Stimmung in den Straßen oder auf der Autobahn, die eigenartige Komplizenschaft mit anderen Weggefährten. Bei einem Freundschaftsspiel vor der Fußball-Europameisterschaft 2012 ging ich abends durch die Straßen. In den Fenstern sah ich Grün. Die LED-Bildschirme lassen erkennen, ob die Menschen in ihren Häusern Fußball schauen, denn der Rasen leuchtet ihre Wohnzimmer aus. Bei anderen Fernsehsendungen sieht das ganz anders aus, sie schimmern blau oder blitzen rot. In der Nachkriegszeit herrschte lange grau vor. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland wurde zum ersten Mal das gesamte Turnier im Farbfernsehen übertragen. Beim Fußball sehe ich nur eine Farbe. Fotografiert man dramatische Spiele mit Abstand, wirken sie fast meditativ. Von Eva-Maria Lopez Während der Europameisterschaft des Jahres 2012 und der Weltmeisterschaft 2014 zog ich mit Kamera und Stativ durch die Straßen, meist zur zweiten Halbzeit, damit es dunkel genug war, und hielt nach grünen Fenstern Ausschau. Man muss schon ein bisschen suchen, denn helles Licht im Raum oder an der Fassade schluckt das Grün. In der Halbzeitpause oder wenn Zuschauerränge eingeblendet werden, erscheint nur das übliche bläuliche Fernsehlicht. In meiner künstlerischen Arbeit untersuche ich den urbanen Raum. Dabei will ich anhand von Gebäuden und Wohnräumen Spuren des Zeitgeschehens sichtbar machen. Meine Fußball-Serie habe ich „Wohnzimmergrün“ genannt, wegen der Doppeldeutigkeit der Zimmerpflanzen im Wohnzimmerfenster. Die Fotos entstanden überwiegend in Karlsruhe, außerdem in Landau, Freiburg und Berlin, in unterschiedlichen Stadtteilen. Es ist ein Querschnitt verschiedener Häuser und Gesellschaftsschichten. Beim Fußballschauen sind sie durch das Grün verbunden. Ich wollte das Thema Fußball anders beleuchten. Keine Spielszenen, keine begeisterten Fans, kein Public Viewing, nur der distanzierte Blick auf ein dramatisches Geschehen. Mich hat der Kontrast fasziniert zwischen der Farbe der Hoffnung auf den stillen Fassaden und möglichen Abgründen, die sich hinter den Wänden auftun. Von den Rissen in der Fassade des internationalen Fußballs einmal abgesehen. 37 GESCHICHTE GESCHICHTE Bis zur letzten Hülse Vor 150 Jahren veröffentlichte Gregor Mendel seine Vererbungsregeln. Ein Besuch im Klostergarten, in dem bis heute Erbsen blühen. Von Peter-Philipp Schmitt Unverkennbar Mendels Garten: Blick auf die Abtei St. Thomas in Alt Brünn, gegründet 1323 als Zisterzienserinnenkloster „Aula Sanctae Mariae“ von Königin Elisabeth, der Witwe Rudolfs von Habsburg Ein Porträt des Mönchs als junger Mann: Denkmal Gregor Mendels im Garten seiner Abtei D ie Invasoren in Gregor Mendels Garten sind längst keine Exoten mehr. Weder die amerikanischen Touristen, die vor dem „Café Mendel“ sitzen und Kaffee und Kuchen genießen, noch die Pflanzen, die im späten 19. Jahrhundert aus tropischen Gefilden nach Europa eingewandert sind. Sie wurden seither so oft gekreuzt und dadurch genetisch verändert, dass es inzwischen ungezählte Hybriden gibt. Was aber würde wohl Gregor Mendel dazu sagen, dass vor seiner Abtei nun einen Sommer lang die ihm damals noch unbekannten rot- und weißblühenden Eisbegonien in Reih und Glied stehen? Wenigstens säen die Gärtnerinnen an diesem warmen Tag im Mai ein paar Meter weiter auch einige Erbsen. Das scheint unvermeidbar, schließlich kommen die Besucher von weit her, um mehr über den Mann zu erfahren, der mit seinen Erkenntnissen, die er den Hülsenfrüchten und ihren Blüten verdankt, Generationen von Schülern quälte. Mit den knapp sechs Quadratmetern Beet, die man den Erbsen in diesem Jahr vor der Tür des Klosters einräumt, hätte Mendel wenig anfangen können. „Damals muss er fast den ganzen Garten genutzt haben“, ist sich Ondřej Dostál sicher. Der Direktor des Mendel-Museums hat versucht herauszufinden, wie viele der Nutzpflanzen der Naturforscher damals insgesamt bei seinen Feldversuchen verbrauchte. „Es müssen mindestens 13.000 im Laufe der acht Jahre gewesen sein.“ Wahrscheinlich waren es sogar 27.000 und mehr Zöglinge, um die sich der Augustinermönch täglich mehrere Stunden kümmerte. Ondřej Dostál ist eigentlich Geologe und Paläontologe sowie Vorsitzender des Vereins der Museen und Galerien in der Tschechischen Republik. Erst seit er auch noch zuständig für das Erbe Gregor Mendels in Brünn (Brno) ist, kann er seinen Besuchern die „Mendelschen Regeln“ bis ins Detail erklären. Vor 150 Jahren hatte Mendel die Ergebnisse seiner Erbsenstudien in der Schrift „Versuche über PflanzenHybriden“ zusammengefasst. Das wertvolle Dokument kann Direktor Dostál nur ausnahmsweise aus seinem Büro holen und im Original zeigen, weil sein Museum in der alten Abtei bis Ende Juli noch umgebaut wird und viele Exponate, darunter auch das kostbare Mikroskop Mendels, zur Zeit nicht in Vitrinen stehen. Noch als Abiturient hat Dostál sich um die komplizierte Materie herumgedrückt, im Fach Biologie eine Frage zu Mendel und seiner Genetik lieber ausgelassen und sich stattdessen der Systematik von Reptilien gewidmet. Ähnlich geht es bis heute seinen Gästen, die meist nach wenigen Sätzen genug vom dominant-rezessiven Erbgang haben, mit dem zum Beispiel erklärt werden kann, warum rot- und weißblühende Erbsen, wenn man sie kreuzt, in erster Generation nur rotblühende Töchter haben, „Versuche über Pflanzen-Hybriden“: Original der Mendelschen Regeln, veröffentlicht 1866 in der nächsten sich die rezessiven weißblühenden Enkel dann aber doch langsam durchsetzen. Spätestens wenn Magister Dostál bei seinem Rundgang dann über Homozygotie und Haplodie spricht, steigen die Freizeitgenetiker aus. Viel interessanter erscheinen den Touristen die politischen Verwicklungen, für die Mendel und seine Lehren im 20. Jahrhundert sorgten. In seiner Heimat, meint Dostál, sei Mendels Werk lange verleugnet worden und darum auch weniger bekannt. 85 Prozent der etwa 15.000 Museumsbesucher im Jahr kämen deshalb aus dem Ausland. Schuld daran ist vor allem Josef Stalin, der nach dem Zweiten Weltkrieg das Werk des lange schon verstorbenen Augustiners verbannte. „Mendel war Deutscher, Mönch und Genetiker“, sagt Dostál. „Das war für die Sowjets gleich ein dreifacher Grund, gegen ihn vorzugehen.“ Der führende Biologe der UdSSR, Trofim Denissowitsch Lyssenko, lehnte die Existenz von Genen ab und damit die Erkenntnisse von Genetikern wie Mendel, Charles Darwin, August Weismann und Thomas Hunt Morgan. Lyssenko glaubte, dass erworbene Eigenschaften vererbt würden. Die Mendelschen Regeln wurden verboten, selbst in Brünn sollte die Erinnerung an den berühmten Mann getilgt werden. Die Stalinisten verjagten daher 1950 nicht nur die Augustiner aus ihrem Kloster. (Erst 1989, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, bekamen sie die heruntergekommenen Gebäude zurück.) Auch ein Mendel zu Ehren gestiftetes Denkmal, das seit 1910 auf dem Platz vor dem Kloster gestanden hatte, wurde abgebaut und hinter den Mauern seiner Abtei verborgen. Dort, im Garten, steht es noch heute. Den Auftrag für das mehr als lebensgroße FOTOS PETER-PHILIPP SCHMITT (2), DIETER RÜCHEL, LAIF/BERTHOLD STEINHILBER, DPA 38 Werk hatte der Wiener Bildhauer Theodor Charlemont bekommen. Es zeigt den jungen Priester im einfachen Ordenshabit vor rankenden Erbsen. Am Sockel reichen sich zwei nackte Kniende, ein Junge und ein Mädchen, ihre rechten Hände. Der Reliefschmuck deute „in zarter Allegorie die große allgemeine, auch auf das menschliche Leben sich erstreckende Bedeutung der Mendelschen Vererbungsgesetze aus“, heißt es in einer 1924 in Prag veröffentlichten Biographie. Auf dem Sockel stand damals noch zu lesen: „Dem Naturforscher P. Gregor Mendel 1822 –1884. Errichtet 1910 von Freunden der Wissenschaft.“ Die Inschrift wurde später verkürzt, der Naturforscher, der Pater und die Freunde der Wissenschaft wurden gestrichen. Irgendwann verschwand selbst der schlichte Schriftzug „Gregor Mendel 1822 –1884“. Auch Mendels Garten erlebte einen Bildersturm – und das schon kurz nach seinem Tod. Anselm Rambousek, der ihm 1868 bei der Wahl zum Abt unterlegen war und ihm nun, 1884, als Souverän über die Abtei folgte, ließ das Gewächshaus abreißen. Nur eine Kiesfläche, auf der heute Kinder spielen, erinnert noch an den gläsernen Bau, in dem Mendel mit Messer und Pinsel die Blüten zu öffnen pflegte, um sie zu bestäuben. Mit Besuchern scherzte er: „Meine Aufgabe ist eben zu kopulieren.“ Rambousek vernichtete auch Briefe sowie persönliche und wissenschaftliche Aufzeichnungen seines einstigen Rivalen. Für die Mendel-Forschung ist das eine Katastrophe, und es ist auch eine Erklärung dafür, dass erst im frühen 20. Jahrhundert die „Mendelschen Gesetze“ und mit ihnen der „Vater der Genetik“ wieder entdeckt wurden. Unverstanden allerdings fühlte sich Mendel schon zu Lebzeiten. Seine „Versuche über Pflanzen-Hybriden“ stießen kaum auf Interesse. Von ihm ist der Satz überliefert: „Meine Zeit wird noch kommen!“ Nur 13 von ihm veröffentlichte Artikel sind erhalten, alleine neun beschäftigen sich mit Meteorologie. Mendel war, nachdem er seine Erbsenversuche zwischen 1856 und 1863 abgeschlossen hatte, ein begeisterter Atmosphärenforscher. Unter anderem gelang es ihm am 13. Oktober 1870, einen Tornado in Brünn zu beobachten. Drei Wochen später hielt er einen Vortrag über den Wirbelwind, lange bevor Alfred Wegener eine Luftwirbel-Definition zu Papier brachte, und veröffentlichte seine Erkenntnisse in den „Verhandlungen des naturforschenden Vereines in Brünn“. Heute findet sich im hinteren Teil des Klostergartens wieder eine kleine Wetterstation. Sie steht dort, wo einst die Orangerie, Mendels „Gartensalon“, an die Mauern der Klosterbrauerei stieß. In der Orangerie Das Mikroskop des Gregor Mendel: Ondřej Dostál, Direktor des Mendel-Museums in Brünn, mit der kostbaren Sehhilfe hielt sich der Abt besonders gerne auf und empfing Gäste. 1972 brannte sie nieder und wurde trotz vieler Bestrebungen wohlmeinender Brünner Bürger nicht wieder aufgebaut. Für 30 Kronen (1,20 Euro) lässt sich das Bienenhaus besichtigen, das Gregor Mendel weit abseits der eigentlichen Abtei 1871 errichten ließ. 15 Bienenstöcke fanden in ihm Platz. Es sei nicht auszuschließen, dass er an seinen Bienen auch die Ergebnisse seiner Pflanzenstudien erproben wollte, heißt es im Kloster. Tatsächlich widmete er sich auch hier „dem Kopulieren“, aber mit wenig Erfolg für den Honig-Ertrag. Ihm soll es auch gelungen sein, ein stachelloses Volk heranzuzüchten, das umgehend von einem Volk mit Stachel ausgerottet wurde. „Wichtig ist, dass jeder Bienenzüchter etwas ausprobiert, was mit der Bienenzucht in Verbindung steht, da man nur auf diesem Wege zu nützlichen Erkenntnissen gelangen kann“, schrieb Mendel 1875 in der Zeitschrift „Die Honigbiene von Brünn“, einem „Organ der Bienenfreunde in Mähren und Oester. Schlesien“. Mendel war nicht ohne Hintergedanken in die Augustinerabtei nach Brünn geholt worden. Er sollte dort genau solche Untersuchungen betreiben. Der mährische Ort war im 18. Jahrhundert zu Reichtum gelangt, da Kaiserin Maria Theresia in Brünn den Stoff für die Uniformen ihrer Soldaten herstellen ließ. Die Industriellen in „Österreichs Manchester“, wie Brünn wegen seiner Textilproduktion genannt wurde, investierten schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts viel in die Forschung, mit der sie den landwirtschaftlichen Ertrag auf ihren Gütern erhöhen wollten. Mit gewinnbringenden Ergebnissen, die die „Mährisch-Schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde“ regelmäßig veröffentlichte. Experimentiert wurde zum Beispiel mit den Samen verschiedener Kleearten, mit Frühkartoffeln, aber auch mit Bienen. Langjähriges Mitglied der Gesellschaft und ihr späterer Direktor war Franz Napp (1792 bis 1867), der als Augustiner den Ordensnamen Cyrill trug. Napp, seit 1824 Abt des Alt-Brünner Stiftes, war es auch, der den hochbegabten Johann Mendel 1843 als Novizen ins Kloster holte. Dort sollte der 1822 in Heinzendorf (Hynčice) geborene Bauernsohn landwirtschaftliche Untersuchungen anstellen. Es ist bis heute umstritten, warum Johann Mendel, der sich den Ordensnamen Gregor zulegte, Mönch und Priester geworden ist. Seine Eltern waren arm. Nur unter widrigsten Umständen und mit Unterstützung seiner Schwestern konnte der einzige Sohn den ihm vorgezeichneten Weg verlassen und studieren. Er selbst schrieb in seiner in der dritten Person verfassten Biographie: „Mit dem Aufwande aller seiner Kräfte gelang es demselben, die beiden Jahrgänge der Philosophie zu absolviren.“ Danach habe er sich gezwungen gesehen, „in einen Stand zu treten, der ihn von den bitteren Nahrungssorgen befreite. Seine Verhältnisse entschieden seine Standeswahl.“ Direktor Dostál bezweifelt, dass Mendel dem Kloster nur beitrat, um sich seiner materiellen Sorgen zu entledigen. „Mendel muss mit ganzem Herzen Ordensmann gewesen sein.“ Zudem ließ er sich 1868 sogar zum Abt wählen, was bedeutete, dass er viel weniger Zeit für seine Studien hatte. Dostál ist davon überzeugt, dass die große Verantwortung und nicht zuletzt der Streit mit den Behörden um eine Klostersteuer, die das reiche Stift arg beutelte, zum frühen Tod Mendels mit 61 Jahren beitrugen. 39 INSTAGRAM Anzeige InternetVideo verblüfft Vielreisende „Wer im Video sieht, was alles in den SkyHanger® passt, ist überzeugt“, freut sich sein Erfinder Frank Degeler Quelle: www.degeler.de/faz #sarah.niemann: Surfer am Strand der baskischen Stadt Zarautz Foto Sarah Niemann Ein Standbild aus dem Internet-Video Leichter Reisen ohne Knittern Diese minimalistische, leichte Anzugtasche (nur ca. 500 g) verblüfft mit zahlreichen Details. Wir erklären, was der SkyHanger® von DEGELER bietet #thismintymoment: Blick vom Glockenturm des Markusdoms auf Venedig Zurück zum Rücken Auf Instagram haben Landschaften plötzlich ganz neue Dimensionen. Und der Blick geht in romantische Weiten. Von Julia Stelzner Foto Minh T #daniellfaro: Frau mit Blick aufs offene Meer uf Instagram kommt man nicht mehr vorbei an den Männern und Frauen ohne Gesicht. Irgendwann begegnen sie jedem, die Rückenansichten vor türkisgrünen Bergseen, graubraunen Gebirgszügen und endlos langen Highways. Die Hauptfigur schaut geradeaus in die Ferne. Vom Betrachter hat sie sich abgewandt. Posen nicht nötig. Das Duckface ist ohnehin zu dämlich. Also verharren die Protagonisten statisch im Moment der Stille. Das ist in Anbetracht narzisstischer Selfies und aufgescheuchter Sprungfotos, die auf anderen Kanälen pausenlos zu imponieren versuchen, fast schon wieder angenehm. Der #naturelover spielt sich nicht in den Vordergrund, obwohl er rein kompositorisch vorne steht. Seine Intention ist #exploreeverything, ob Pfalz, Pyrenäen oder Portland. Sein Stilmittel ist die #vscocam, eine App, die für den entsättigten und nebulösen Look sorgt, den keine Postkarte hergibt – gewissermaßen das krasse Gegenteil eines Windows-XP-Bildschirmschoners. Der Trend zum Eskapismus hat seinen Ausdruck gefunden. Die Devise: back to the roots, hin zum Ursprünglichen, zum Echten, zum Handgemachten, raus in die Wildnis. Kein Schnickschnack wie eine Smartphone-Uhr oder ein Obstsalat zum Trinken. Hier geht es um Emailletassen und das leatherman tool. Die gibt es, gleich neben den Coffeetable Books über die schönsten Holzhütten, neuerdings auch im Concept Store zu kaufen, nicht mehr nur im Camping-Bedarf. In Holzfällerhemd und Timberlands kann man Holz in Kanada fällen und Kaffee in Kreuzberg aufbrühen, und sei es kalter. Die Landflucht hat sich zur Stadtflucht umgekehrt. Schlechte Metaphern dafür hat man ja genug: Man lädt den Akku auf oder lässt womöglich sogar die Seele baumeln. Auf Instagram sieht man’s: Jedes dieser hippen Von-hinten-vor-dem-HimmelMotive strahlt mehr Ruhe aus als ein Schweigekloster. Neu ist das Melancholie-Motiv nicht. Parallelen zu Caspar David Friedrich liegen in der Luft. Der Maler der deutschen Romantik porträtierte sich entweder selbst als Foto Daniel Faro #moners_: Straße im Wald in British Columbia. „Wanderer über dem Nebelmeer“ oder zeigte eine „Frau vor der untergehenden Sonne“. Auch Carl Spitzweg und Eduard Schleich lassen zuweilen Menschen in der Natur versinken. Der Betrachter wird in die gefühligen Weltfluchtphantasien geradezu hineingezogen, weil die Figur auf dem Bild geschickt den Blick in die Ferne lenkt. Da gilt das Mantra aus dem Leistungskurs Kunst: „Vordergrund macht Bild gesund.“ Vor allem in der Landschafts- oder Architekturfotografie. So reicht Minh T kein simples Foto vom Markusturm in Venedig herab, nein, eine Freundin schaut hinab, von hinten sieht man ihr wehendes Haar. „Die Situation ergab sich einfach, als ich sie beim Ausblick beobachtete“, sagt der kalifornische Designer und Fotograf. „Ich stelle oft Menschen in Architekturaufnahmen, wegen des Größenverhältnisses, als emotionales Element, um Geschichten zu erzählen.“ Dabei beruft sich Minh T auf die ehemalige Chefin der amerikanischen „Vogue“, Diana Vreeland, die einst postulierte: „Das Auge muss wandern.“ Für Minh T sind das Bilder, die emotional sind, in den Kontext eingebunden und graphisch spannend. Vor-Bild: Caspar David Friedrichs „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“ von 1819/20 (Staatliche Kunstsammlungen Dresden) FOTO STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEN DRESDEN, GALERIE NEUE MEISTER 40 Wie eine larmoyante Romantikerin navigiert die Hamburger Illustratorin und Fotografin Sarah Niemann den Betrachter mittels der Person in ihrem Bild: Ihr Surfer mit Board lenkt den Blick. „Damit ist das Foto nicht nur eine Abbildung eines interessanten Motivs, sondern eine Momentaufnahme von dem, was eine Person gerade sieht und erlebt. Für mich visualisiert das ein Gefühl von Fernweh.“ Auf Instagram, dem gerade einmal sechs Jahre alten Online-Fotodienst, sind solche Motive beliebt. So gibt es schon Tutorials, wie man die Hauptfigur am besten in die Landschaft setzt. Die iphonephotographyschool.com rät: „Ob man in einer faszinierenden offenen Landschaft fotografiert, auf einem kleinen Feld, in einem Wald oder im Park – eine Person auf dem Bild zu haben ist die beste Methode, das Foto aus der Masse herausstechen zu lassen.“ Ohne Menschen seien Fotos fad. Was Pressefotografen im Schlaf wissen – hier wird es im Online-Lehrbuch mit den passenden Bildbeispielen illustriert. Ein Mensch ist eben nicht nur ein Mensch, sondern auch ein Bildoptimierer. Größenverhältnisse lassen sich leichter ermessen, Symmetrie wird ganz easy hergestellt. Und das schöne Ebenmaß gehört zur Ästhetik des Hipsters wie das Bartpflegeöl. So greift Patrick Monatsberger aus Nürnberg regelmäßig auf die Person als Maßstabgeber zurück. Das Instagram-Feed des Industriekaufmanns verheißt Wanderlust. Gerade in Schottland, kurz davor noch in den Alpen. Auf einem seiner Bilder stellt sich der Fotograf selbst mittig auf eine Straße in der kanadischen Provinz British Columbia. Drumherum nichts als dichter, dunkler Wald. „Ich mag es, solche magischen Momente zu schaffen“, sagt Monatsberger. „So kann man aufzeigen, wie klein der Mensch doch eigentlich ist im Vergleich zu unserer schönen Natur.“ Vom Menschen selbst sieht man recht wenig. Eigentlich nur eine schwarze Silhouette, einen Schattenmann. Aber das ist schon wieder fortschrittlich. Der nächste Trend auf Instagram will es nämlich, dass man das Gesicht vollständig hinter Kapuze oder Kappe versteckt. Glatt reinlegen, glatt rausnehmen. Dank Titanbügel mit breiter Schulter und einzigartiger, zuverlässiger Rock- und Hosenbefestigung (nur ca. 200 g leicht) Foto Patrick Monatsberger Vordertaschen rechts und links zum schnellen Drankommen an Clear Bag und andere Accessoires. In der verschließbaren Tasche noch eine extra Innentasche mit Reißverschluss zur extra sicheren Aufbewahrung von Reisedokumenten oder Schmuck Zwei Innentaschen für Unterwäsche, Strümpfe und Accessoires Auf der Rückseite: XL-Tasche z.B. für A4-Folder und/oder Laptop bis 15 Zoll, von außen zu öffnen Mit Clear Bag für die Kosmetika (flexibler Klarsichtbehälter gemäß Kontrollvorschriften) Innen: Sehr große Hemdenund Blusen-Tasche (50 mal 40 cm) oder für ein Paar Halbschuhe Anzug- und Reisetasche in einem: SkyHanger ® DEGELER hat die Anzugtasche neu erfunden. Extrem leichtes, strapazierfähiges und wasserabweisendes Nylongewebe, hochklassig verarbeitet. Erhältlich in schwarz, blau und orange. Lassen Sie sich in unserem Web-Video vorführen, wie praktisch der SkyHanger® ist! Jetzt exklusiven Preisvorteil für FAZ-Leser von 10% und gratis Clear Bag sichern! (Promotion Code: FAZ eingeben) www.degeler.de/faz 10 % Preisvorteil 42 BADEMODE AM SEIDENEN FADEN Aus Europa mussten sie fliehen. In Australien fanden Peter und Yvonne Halas ihr Glück am Strand. Von Christoph Hein o, wenn nicht am Strand? Wo hätte Peter Halas, der geflohene Jude, der mittellos Australien erreichte, seine Yvonne treffen können, wenn nicht an diesem Strand? Bondi Beach am Pazifik, breit wie ein Fußballfeld, hellgelber Sand, türkisfarbene Wellen. Bondi Beach ist der Südseetraum der Surfer, die zu Sand gewordene Leichtigkeit des Seins. Hier beginnt im Jahr 1960 die Geschichte von Peter und Yvonne. Und von Seafolly, der Bikini-Marke, die nun von Australien aus die Welt erobert. Gerade 20 Jahre alt war Peter Halas damals. Geflohen erst vor den Nazis, die seine Mutter und die Großeltern umbrachten, dann vor den Kommunisten aus Ungarn. Der Vater hatte den Jungen auf ein Schiff der Vereinten Nationen gesetzt, das Kurs auf das andere Ende der Welt nahm. „Nach Nazis und Kommunisten hatte ich genug von Europa“, sagt Halas. „Ich wollte so weit weg sein wie nur eben möglich.“ An Bord verdiente er als Putzmann 90 Dollar Startkapital. In Sydney verdingte sich der junge Mann, der kein Wort Englisch sprach, im Bauch der Großstadt: in den Lagerschuppen. „Weil ich aus einem kommunistischen Land kam und davor unter den Nazis lebte, hatte ich immer Angst vor der Polizei, Angst davor, wer hinter der nächsten Ecke lauern könnte. Die plötzliche Freiheit war für mich unfassbar.“ Yvonne hatte ihren Vater unter den Nazis verloren und war schon als Kind nach Australien gekommen. Der Mann, den sie am Strand sah, war die Liebe ihres Lebens. Noch am selben Abend erzählte sie ihrer Mutter, sie wolle ihn heiraten. Peter war damals 21, Yvonne 18 Jahre alt. „Wir fühlten uns einsam“, sagt Peter Halas. Auch im Geschäftsleben fackelten die Flüchtlinge nicht lang. „Als Einwanderer hatte ich nie einen Mentor. Es gab niemanden, an den ich mich wenden konnte, und es war wohl Glück, dass ich am Ende Erfolg hatte“, erzählt Halas. „Zu Beginn waren 80 Prozent meiner Kunden Juden, die Mitleid mit mir als Neuankömmling hatten.“ Yvonne nahm einen Job als Moderedakteurin an und prüfte Strickmuster, er arbeitete als Vertreter für Bademoden. „Von dort habe ich mich hochgearbeitet. Manchmal haben wir fast rund um die Uhr geackert, nur drei Stunden geschlafen“, erzählt er. „Wenigstens kannte ich die Einkäufer der großen Häuser.“ So lag es nahe, eigene Marken zu fertigen und zu vertreiben. 1975 gründeten die beiden Seafolly. Das hört sich heute einfacher an, als es war. „Das Wichtigste war, dass wir zu essen und ein Dach über dem Kopf hatten.“ Schon der Name der Marke spricht Bände: Es begann damit, dass Freunde den Plan der eigenen Bikini-Marke für eine Verrücktheit hielten: „Peter’s Folly“. Das Paar machte daraus das Beste: Seafolly. Es war ein Auf und Ab. 1968 kauften sie sich ihr erstes Haus in Bondi; Yvonne liebte es. Leicht wie der Tag an Bondi Beach: Die Bikins der australischen Marke Seafolly reizen nun auch den Rest der Welt. Peter aber verkaufte es ein paar Monate später, um das Startkapital für das eigene Geschäft aufzubringen. Der Plan schien zunächst aufzugehen. Sie stellten Jeans her. Das Bangen aber endete nicht. „Wir haben erst eine Reihe verschiedener Linien produziert“, erinnert sich Halas. „Aber das lief nicht. Alles, was wir mit Seafolly verdienten, haben wir mit dem Rest wieder verloren.“ In den ersten Jahren sei es ihm nicht um Visionen gegangen – sondern darum, für einen gedeckten Tisch zu sorgen. Über sich selbst sagt er, er sei ein schlechter Angestellter: „Ständig weiß ich alles besser.“ Vater und Stiefmutter ließen sich davon nicht abschrecken. Auch sie siedelten in den siebziger Jahren nach Australien über und halfen beim Aufbau der Firma. Das wirkte ansteckend: Sohn Anthony, gelernter Steuerberater, hatte bei der Beratungsfirma Price Waterhouse schon einen Arbeitsvertrag unterschrieben. „Am Abend, bevor er seinen Job antrat, vollzog er die Kehrtwende“, erzählt der Vater und schmunzelt noch heute. Anthony gab den Beratern einen Korb und stieg bei Seafolly ein. „Es ging mir um das Geschäft, das Familiengeschäft, das uns alle zusammenhielt und uns ein Dach über dem Kopf sicherte“, sagt Anthony. „Ich habe mich immer dazugehörig gefühlt. Und so kam ich dann eines Tages hier als der Chef herein, ohne überhaupt so recht zu wissen, was ich eigentlich tue.“ Mit Blick aufs Opernhaus: Peter und Yvonne Halas haben sich ein Penthouse über der Bucht von Sydney zugelegt. Foto Christoph Hein Für einen Dollar übernahm er den Anteil eines früheren Investors. Doch es hielt ihn nicht lange. Erst wollte er sich noch als Schauspieler ausprobieren – der Höhepunkt war eine Rolle als Macbeth. Seit seiner Rückkehr in die Bikini-Welt steuert Anthony Halas das Unternehmen. 1998 zog die Familie die Reißleine: Sie kappte die Ränder, aus 40 Millionen Dollar Umsatz wurden nur noch sieben Millionen und schlaflose Nächte. „Wir haben mehr aus dem Gefühl heraus gehandelt. Aber es war richtig. Innerhalb von eineinhalb Jahren steigerten wir den Umsatz dann allein mit Seafolly auf 25 Millionen Dollar.“ Zugleich erhöhte Seafolly den Werbeetat von drei auf 15 Prozent des Umsatzes. Aus einer Marke für Mamas wurde dank einer Kampagne des Beach-Models Kristy Hinze angesagte Mode. Längst ist Seafolly für seine heißen Motive bekannt: „Im vergangenen Jahr aber haben wir uns vergriffen“, gesteht Peter Halas ein. „Wir gingen mit dem Model Gigi Hadid nach Amerika. Ein tolles Mädchen. Aber zu unserer Marke passen Kalifornien oder Florida nicht. Wir müssen in Australien fotografieren.“ Die Freiheit des Einzelnen und das Bewahren des Geschaffenen sind der Familie wichtig. Sicherheit kommt heute aber auch von anderer Seite: L Capital Asia, der Investorenarm des Luxuskonzerns LVMH (der Marken wie Louis Vuitton, Christian Dior, Bulgari oder Dom Perignon vereint), hat nach langen Verhandlungen im vergangenen Herbst 70 Prozent an Seafolly für 70 Millionen Australische Dollar (47,4 Millionen Euro) übernommen. Das SonneSand-und-Surf-Image Australiens ist im Ausland viel Geld wert. Die Marke spielt zur Zeit rund 120 Millionen Australische Dollar im Jahr ein. Dank des erwarteten Wachstums in Europa und Amerika soll sich der Umsatz noch vor 2020 auf rund 250 Millionen Dollar mehr als verdoppeln. Dafür wollen die Manager den Anteil der Verkäufe jenseits Australiens von rund 30 Prozent im vergangenen Jahr auf gut 70 Pro- Foto Frank Röth zent steigern. Zur Zeit sind die Bikinis an 1200 Handelsplätzen in 46 Ländern zu kaufen. „Mehr Shop-in-Shop-Geschäfte, wie wir sie schon bei Breuninger in Stuttgart oder Karstadt haben, reizen uns“, sagt Peter Halas, als würde er ständig durch Deutschland reisen. „Aber wir werden niemals ein Modekonzern wie Zara werden“, fügt der Fünfundsechzigjährige an. „Mit Resort-Wear wollen wir dem Geschäft rund um den Strand treu bleiben.“ Sein Sohn beschreibt Seafolly so: „Die Marke soll Spaß bringen, ist verspielt, sie steht für Gesundheit und Entspannung. Wir verkaufen den australischen Traum.“ Die Modelle werden bis heute in Sydney von derselben Designerin entworfen, die schon für die Eltern gearbeitet hatte. Ein paar Näherinnen fertigen in der Firmenzentrale die Prototypen. Seit 2012 werden alle Produkte in China hergestellt. Peter und Yvonne Halas genießen heute ihre Lebensleistung. Die Tochter Simonne, die als Psychotherapeutin in Melbourne arbeitet, hat den Manager von Hugo Boss in Australien geheiratet. Die Enkelin ist in London. „Wenn wir mit ihr telefonieren, merken wir doch, dass uns Europa mit seinen vielen Städten fehlt“, sagt Peter Halas. Klagen aber will er bestimmt nicht. Die beiden Gründer sind gerade in ein rund acht Millionen Dollar teures Penthouse mit Blick auf die Bucht von Sydney samt Brücke und Opernhaus gezogen, reisen regelmäßig und engagieren sich für das Jüdische Museum in Sydney. Einmal in der Woche geht Peter Halas noch ins Unternehmen und nimmt am Treffen des Managements unter Führung seines Sohnes teil. „In zehn Jahren werden wir viel mehr Resort-Kleidung anbieten, Tücher und Hosenanzüge vielleicht“, sagt er. Seafolly soll für alle Altersklassen attraktiv sein – und sie attraktiv erscheinen lassen. „Yvonne trägt unsere Mode heute auch“, sagt er mit stolzem Blick auf seine Frau. Und schon verlässt sie das Haus. Die PilatesKlasse ruft. Berlin l Augsburg l Stuttgart l Zürich www.rugstar.com BÜCHER Hütten sind alpine Sehnsuchtsorte – nicht zuletzt, weil man sie nach einem langen Tag in den Bergen inständig herbeisehnt. Der Fotograf Bernd Ritschel zeigt in seinem Band alpine Schutzräume aller Art: vom futuristischen Hightech-Haus bis zur zweckmäßigen Biwakschachtel. Er versteht es, ihre oft grandiose Lage effektvoll ins Bild zu setzen, inszeniert sie als winzige Zuflucht im winterlichen Hochgebirge oder einsam aufragende Herberge in der Abenddämmerung. Wer diese Bilder sieht, will nur eins: sofort aufbrechen. Ritschel hat das wohl geahnt – und zu vielen Hütten weitere Informationen mitgeliefert. Eine unfassbare Abenteuergeschichte, und eine unfreiwillige dazu: Am 18. November 2012 gerät der Fischer Salvador Alvarenga mit seinem Helfer Ezequiel Córdoba auf offenem Meer in einen gewaltigen Sturm. Auf dem Weg zurück an Land fällt ihr Motor aus. Fortan sind sie den Sturmböen hilflos ausgeliefert. So treiben sie hinaus in die Weite des Pazifik, Tausende Kilometer weit. Was Alvarenga dort übersteht, und wie er das schafft, klingt oft nach reiner Phantasie – und war doch brutale Realität. Nach 438 Tagen und mehr als 10.000 Kilometern landet er auf einem Atoll der Marschall-Inseln. Alleine. Córdoba war unterwegs im Boot gestorben. Jonathan Franklin: 438 Tage. age. Überlebenskampf auf , Euro. dem Pazifik. Malik. 336 Seiten,, 19,99 Bernd Ritschel, Tom Dauer: Hütten. Sehnsuchtsorte in den Alpen. National Geographic. 220 Seiten, 39,99 Euro. Natürlich setzt sich niemand hin und un fragt sich: Warum sollte ich wohl klettern gehen? Man geht, oder man lässt es, und so ist das Buch von Malte Ma Roeper auch eher unterhaltsamer Lobge Lobgesang als staatstragende Argumenta mentationshilfe. Seine Überzeugungsarbei arbeit speist sich aus 40 Jahren Klet Klettererfahrung, und sie beschränkt sich nicht auf Banalitäten wie „weil es gesu gesund ist“. Zuweilen erreicht er bei sein seinem Plädoyer gar schwindelnde Hö Höhen – wenn er etwa erklärt, dass Kl Klettern schön macht, dass man dort le lernt, was Freiheit ist, oder dass „der w wahre Gipfel immer die Kneipe ist“. SSpätestens da hat er die letzten Z Zweifler überzeugt. Malte Roeper: 111 Gründe, klettern zu gehen. Schwarzkopf & Schwarzkopf. 240 Seiten, 9,99 Euro. Books to go Über alle Gipfel: Neue Outdoor-Bücher für den Sommer. Von Bernd Steinle Der französische Fotograf JacquesHenri Lartigue ist mit seinen Schwarzweiß-Aufnahmen berühmt geworden – wie dem Foto eines vorbeischießenden Rennwagens aus dem Jahr 1912, das zum Symbolbild der Epoche von Technik, Tempo und Beschleunigung wurde. Jetzt präsentiert der Band „Das Leben ist bunt“ seine Farbbilder – und oft halten sie verträumte, verlorene Augenblicke fest. Es sind Momentaufnahmen aus seinem schicken Leben zwischen Paris, der Cote d’Azur, Chamonix und Piozzo, dem Dorf im Piemont, aus dem seine Frau und Muse Florette stammte. „Ich bin verliebt ins Licht“, sagte Lartigue. Diese 100 Farbtafeln illustrieren es. Martine d’Astier und Martine Ravache: Lartigue. Das Leben ist bunt. Schirmer/Mosel. 168 Seiten, 34 Euro. Ein Gipfelkreuz ragt in den Nachthimmel, darüber leuchtet die Milchstraße im Sternenmeer: Es ist ein besonderer Blick, den Extremkletterer und Naturfotograf Heinz Zak auf die Berge richtet – diesmal jene im „Stubai“. Gletscherströme, Felsplatten, Wasserfälle, Wildblumen: Zak zeigt alle Gesichter der Bergregion, mal schwärmerisch-opulent, mal knackig-sportlich, mal einfach still. Er beschreibt haarsträubende Klettersituationen und denkwürdige Bergmomente. Zu den schönsten zählt wohl die Biwak-Nacht auf dem Gipfel des Habicht (3277 Meter), unter dem Lichtermeer des Sternenhimmels. Heinz Zak: Stubai. Die Berge und das Tal. Tyrolia. 208 Seiten, 34,95 Euro. „Vielleicht sind wir eine Art Dinosaurier, eigentlich längst ausgestorben“, schreibt Nives Meroi. Die italienische Spitzenbergsteigerin stand 2009 kurz davor, die erste Frau zu werden, die alle 14 Achttausender bestiegen hat. Bis ihr Mann Romano Benet, mit dem sie bis dahin jeden ihrer Gipfel erreicht hatte, am Kangchendzönga (8586 Meter) in 7600 Meter Höhe krank wurde. Da stieg Nives Meroi aus dem Rennen, das ihr ohnehin zuwider war, endgültig aus. Sie kehrte mit Benet um, half ihm über die zwei schweren Jahre, in denen er gegen eine lebensgefährliche Blutkrankheit kämpfte – und kehrte dann an den Kangchendzönga zurück. Zu zweit und ohne Öffentlichkeit. Gut, dass es noch Alpinisten wie sie gibt. Nives Meroi: „Ich werde dich nicht warten lassen.“ Tyrolia. 176 Seiten, 19,95 Euro. ...the ultimate cabrio jacket. FOTOS WOLFGANG EILMES 44 POESIE No. he said. “no,” he said. “no,” i said. “ i know,” she said. “thank you,” she said. “come with me,” she said. “talk to me,” she said. “ don’t worry about it,” she said. Nicht ganz Dichtung Google sammelt Liebesszenen und dichtet weiter. Leider war da kein Poet am Werk. Sondern ein Bot. Von Julia Bähr he was silent for a long moment. he was silent for a moment. it was quiet for a moment. it was dark and cold. there was a pause. it was my turn. R it made me want to cry. no one had seen him since. it made me feel uneasy. no one had seen him. the thought made me smile. the pain was unbearable. the crowd was silent. the man called out. the old man said. the man asked. omantik bedeutet für jeden etwas anderes. Die einen rührt ein Picknick im Sonnenuntergang zu Tränen, die anderen eine Portion liebevoll frittierter Pommes. Wie soll man diese Bandbreite menschlichen Empfindens einem Computerprogramm beibringen? Google versuchte es mit Quellenstudium und fütterte sein neues Programm mit Tausenden Liebes- und Fantasy-Romanen. Daraufhin verfasste der Bot selbst Liebesszenen. Werden nun also Schriftsteller überflüssig? Das wäre ein Grund zum Jubeln! Die meisten Berufsgruppen mögen den Gedanken, eine künstliche Intelligenz könnte ihre Jobs übernehmen, nicht besonders anheimelnd finden, aber Romanautoren sind eine Ausnahme. Ganz ersetzt werden möchten sie vielleicht nicht, doch immerhin bei jeder Liebesszene, die das Manuskript ihnen abverlangt. Denn eine Liebesszene schreibt man nicht einfach so. Sollte man sie nicht der Phantasie des Lesers überlassen? Nach dem ersten Kuss – wäre das zu früh? Oder zu feige? Dabei weiß man die ganze Zeit, dass der seltsame Nachbar und die eigene Mutter sich bei der Lektüre fragen werden, ob das nun eigentlich autobiographisch ist. (Falls diese Frage auch bezüglich der hier beschriebenen Gefühlswelt aufkommt, gebe ich zu: hundertprozentig, aber sonst nie, ehrlich!) Nichts wäre in solchen Momenten besser, als ein Computerprogramm zu starten, es mit den Namen der Figuren sowie ein paar Regieanweisungen zu füttern und entspannt dabei zuzusehen, wie die künstliche Intelligenz ihren Mangel an Schamgefühl konstruktiv einsetzt. Aber das dürfte noch eine Weile dauern. Denn Googles Experiment ist krachend gescheitert. Die Passagen bersten nicht gerade vor Leidenschaft, und auch etwas komplexere Formulierungen sucht man vergebens. Falls es jemanden gibt, der redundante Subjekt-Prädikat-ObjektSätze romantisch findet, so wird er hier vor Glück vergehen. Für alle anderen lesen sich diese Szenen eher wie die Kreditkartenabrechnung nach einer allzu langen Dienstreise. Außerdem kann der Algorithmus gefährlich werden: In einem Versuch brauchte die künstliche Intelligenz nur sieben Sätze, um von einem vielversprechenden „There is no one else in the world“ zu „I wanted to kill him“ zu gelangen. An Temperament mangelt es ihr nicht, immerhin. Aber kein Autor möchte seine Figuren schutzlos einem Algorithmus anvertrauen, der spontan auf die Idee kommt, sie einander abmurksen zu lassen. Oder? Für kaltschnäuzige Thriller mit so richtig vielen spontanen Morden ist das Programm offenbar gut geeignet – auch da ist Schamgefühl ja nur hinderlich. there is no one else in the world. there is no one else in sight. they were the only ones who mattered. they were the only ones left. he had to be with me. she had to be with him. i had to do this. i wanted to kill him. i started to cry. i turned to him. ZEICHNUNGEN ARCHIV 46 48 MODE MODE MEIN BILD VON MIR Seidenbluse: stylist’s own, Sweatshirt mit Glitzerprint: Kirr (keepitreallyreal.org) Samt-Sweatshirt: Frisur, Leinenshorts: Reality Studio, Sandalen: Bimbo y Lola, Ring: Sabrina Dehoff Bluse: stylist’s own, Blazer: Lala Berlin Hose: Cos, Layer-Bluse: Reality Studio, Ring mit mehreren Steinen: Sabrina Dehoff Warum immer diese künstlichen Modestrecken? Wir machen Fashion-Fotos aus einer Hand. Von Emmy Urban (Styling, Produktion, Model, Haare & Make-up, Text) E Schulterfreie Bluse: Elogy, Blazer: Hugo Boss, bedruckte Hose: Lala Berlin ine Selfie-Strecke als Mode-Strecke? Als mich das F.A.Z.-Magazin danach fragte, war ich zunächst fast peinlich berührt. Selfies? Diese inszenierten Selbst-Schnappschüsse? Natürlich verfolge auch ich die Street-Style- und die Outfit-of-the-dayPosts, und vieles finde ich spannend: Die Bilder sind mehr in das natürliche Umfeld eingebettet als viele Modestrecken in den Magazinen – die schon deswegen wenig Stimmung aufgreifen können, weil sie meist drei bis sechs Monate vor Erscheinen entstehen. Die #ootdsLooks hingegen werden genau da getragen, wo sie getragen werden sollen. Es sind, so viel Inszenierung auch darin stecken mag, reale Momente. Als ich begann, die Selfie-Fotos zu konzipieren, leitete mich die Frage, ob dabei Bilder entstehen könnten, die meinem eigenen kritischen Blick auf die Mode standhalten. Es sollten richtig gute Fashion-Fotos werden. Für die größere Perspektive habe ich daher den Selfie-Stick verlängert. Umgekehrt fokussierte ich mit Close-ups auf einzelne Accessoires wie Hut, Schmuck oder Schuhe. Es war reizvoll, diese Strecke an mir so zu stylen, wie es mir entspricht. Das Wichtigste an meinem Stil: eigenwillig, unabhängig und mit einer gewissen verstrubbelten Eleganz, nie zu weiblich, nie zu klar. Ich bin eigentlich ein klassischer Typ. Wenn ich mich entsprechend kleiden würde, wäre es langweilig. Also kleide ich mich schnell bis unordentlich. Zum Teil entstehen die Looks aber auch im Kopf. Ich grüble ein bisschen, kombiniere und hab’s dann plötzlich. Ratlos vor dem Kleiderschrank 49 50 MODE MEIN BILD VON MIR Pullover und Hose: stylist’s own, Sneakers: Nike (über Wood Wood Berlin), Ringe: Sabrina Dehoff, Sonnenbrille: Funk Eyewear stehe ich jedenfalls selten. Ob ich dann hübsch oder attraktiv aussehe, ist mir meist nicht wichtig – meinen beiden Töchtern ist das bisweilen peinlich! Ich trage auch manchmal drei Tage lang das gleiche Outfit, wenn ich es besonders mag. Es gibt auch immer wieder trendige Teile, die ich gern hätte, muss dann aber einsehen, dass sie mir nicht stehen: hohe Schuhe, Röcke, Kleider und alles mit Gürtel. Dafür gehen immer: Blazer, T- Shirts, Knöchel zeigen. Ich lasse mich aber auch schnell vom Look Anderer begeistern. Dann starre ich Menschen auf der Straße an (oder mache auch mal heimlich ein Foto), weil mir die Art gefällt, wie sie eine Hose mit Schuhen oder einen Mantel mit einer Tasche kombinieren, oder mit welcher Lässigkeit sie ein Kleid tragen. Ich gehe selten gezielt einkaufen. Oft kaufe ich spontan etwas „auf Vorrat“, ohne es anzuprobieren. Diese Teile bleiben eine Weile in der Tüte, aber sind dann im richtigen Moment da. Letztlich gebe ich nicht viel für Kleidung aus. Meine Lieblingshose des letzten Winters habe ich in einem traditionellen, einfachen portugiesischen Strickladen gekauft. Neulich fragte mich jemand, ob die Sachen von „Cos Studio“ seien, und ich wusste gar nicht, dass es da gerade Ähnliches gibt. Noch etwas: Ich mag kein Vintage, außer den Outfits im eigenen Fundus. Ich habe vieles im Schrank, das älter als zehn Jahre ist. Mit einigen neuen Lieblings-Looks im Gepäck fuhr ich also in die Serra de Sintra. Seit etwas mehr als einem Jahr lebe ich mit meiner Familie hier in Portugal, seither erkunden wir die Regionen des Landes. Als wir das erste Mal die Küstenstraße von Cascais, das westlich von Lissabon an kleinen felsigen Buchten liegt, hinauf Richtung Sintra fuhren, wusste ich: Diese Region muss man lieben. Man fährt durch Wälder, durch felsige Gegend, durch kleine Orte, immer wieder mit weitem Blick auf den Atlantik, vorbei am westlichsten Punkt des europäischen Festlands (Cabo da Roca). Das Gebiet ist größtenteils ein Naturpark – glücklicherweise, denn diese Hänge mit Blick über die gesamte Region bis nach Lissabon und den Atlantik wären die besten Bauplätze. Die Serra de Sintra erinnert fast an den Schwarzwald, wenn in der dichten Vegetation nicht immer wieder Eukalyptusbäume stünden. Inmitten der Serra steht der fast poppige „Palácio da Pena“, ein eklektischer Bau, Mitte des 19. Jahrhunderts fertiggstellt und dann nur wenige Jahrzehnte von der Königsfamilie bewohnt. Die Lage dieses Palastes und die Aussicht von dort sind nicht zu überbieten. Der Park ringsum ist angelegt und wild zugleich. Dort habe ich viele der Fotos aufgenommen. Nicht nur die Looks sind natürlich, sondern auch das Drumherum. PREMIUM SONNENSCHIRME VON Knirps. Wir bieten stilvolle Lösungen für jedes Wetter. Entdecken Sie unsere Produktvielfalt auf www.knirps.com. Marlene-Overall: Lala Berlin, Cardigan: Comme des Garçons Play, Clogs mit Korksohle: Reality Studio Emmy Urban ist Stylistin und betreibt mit Hutdesignerin Fiona Bennett das Accessoire-Label Kiss. Seit 2015 pendelt sie zwischen Berlin und Lissabon, wo sie bald mit einem neuen Format beginnt: „pastel.cc“ wird ein Porträt der portugiesischen Hauptstadt mit Fokus auf Mode und Stil. Sweatshirt: Kirr (keepitreallyreal.org), Hose: stylist’s own Streifenkleid: Hien Le, Kappe: Kiss by Fiona Bennett Hose, Pullover: Hien Le, Hemd: Comme des Garçons Play, Sneakers: New Balance (über Wood Wood) 52 SURFEN SURFEN Mit allen Wassern gewaschen: Der Terrier Al, mit roter Rettungsweste ausgerüstet, weiß genau, wie er mit Bastien Desvergnes die Kurve kriegt. BRETTGEFÄHRTEN Auf gleicher Welle: Bastien Desvergnes geht am liebsten in Biarritz surfen. Und am liebsten zu zweit: mit seinem Hund. Von Anja Martin, Fotos Florian Schuh A l will los. Und zwar sofort. Nichts könnte jetzt wichtiger sein, als aufs Brett zu springen und die Welle entlangzufahren. Da geht es ihm wie Hunderten in Biarritz. Es ist Sonntagmorgen in dem französischen Strandbad, freundliche Wellen sind angesagt und ablandiger Wind, die Sonne scheint. In fast jedem Haus schnappt sich gerade mindestens ein Surfer sein Brett und eilt zum Spot, um keine Welle ungenutzt zu lassen. Jeder will der Erste sein, solange man sich im Line-up nicht drängen muss. Aber Al hat nicht wie alle anderen den Wellenreport gecheckt, die Webcams angeschaut und noch schnell eine Wir-treffen-uns-im-Wasser-SMS geschickt. Er kann kein Surfbrett tragen, nicht aufs Meer hinauspaddeln, auch nicht selbst Kurven fahren. Al ist ganz auf seinen Besitzer angewiesen – er ist ein Hund, ein Hund mit Spaß am Wellenreiten. Jetzt kommt er so schnell die Wendeltreppe herabgeflitzt, dass ihm fast die Beine wegknicken. Im typisch baskischen Innenhof, zwischen Fassaden mit rostroten Fensterläden und voller Hortensien, belädt sein Besitzer Bastien Desvergnes die mattschwarze Vespa. Das Standup-Paddleboard steckt er seitlich in Halterungen. Der elf Jahre alte Terrier bekommt eine Rennfahrerbrille vor die Augen, die vor dem Fahrtwind schützt. In die rote Rettungsweste, die Al schon anhat, steckt Bastien noch eine Gassitüte und einen Tennisball. „Allez, monte!“, ruft er dem Hund zu, schwingt sich in Shorts und Flipflops auf den Sitz, klappt den Ständer ein und kurvt hinaus in die engen Gässchen. Die Meeresbrise schlägt ihnen schon an der nächsten Ecke entgegen. Al streckt immer mal wieder verwegen den Kopf zur Seite hinaus. Es geht vorbei an Bäckereien, Konditoreien, Brasserien, Immobilien- und Surfshops. Sie begegnen Menschen mit großen Croissant- und Chocolatinetüten, die noch verschlafen in die Sonne blinzeln. Seinen ersten Ride, wenn auch auf Rädern, hat der Terrier schon hinter sich, als er unterhalb der Klippen an der Côte des Basques ankommt, dem weiten Surfstrand von Biarritz. In der einen Richtung wird er von der prägnanten Villa Belza begrenzt, einem kleinen Haus mit spitzen Türmchen auf einer Felsnase, in der anderen von gar nichts. Man kann so weit an der baskischen Küste entlangschauen, bis sie schon nicht mehr französisch, sondern spanisch ist. Bastien Desvergnes kommt aus Bordeaux. Wie viele andere Wellenversessene zog er vor fast 20 Jahren nach Biarritz. Das ehemals mondäne Strandbad, das der Adel liebte, gilt als Wiege des europäischen Surfens. Seit den späten fünfziger Jahren reitet man hier Wellen. Der Sport ist tief in der Lebenswelt am Atlantik verankert, für viele hier gehört er zum Alltag, ist er die große Leidenschaft. Vor seinem vierzigsten Geburtstag hatte Bastien die Idee, sein Terrier könnte ihn bei den Surfsessions begleiten. Lust auf Wasser hatte auch er. Er war klein, agil, sportlich. Und Bastiens Board war groß. Wegen einer kaputten Bandscheibe musste er sich vom gewöhnlichen Surfen verabschieden, seither fährt er die Wellen mit einem Stand-upPaddleboard. Darauf war Platz genug für Al. Ein Surfgang mit Hund? Kaum jemand wollte ihm das glauben. Es klang wie eine der verrückten Ideen, die aufkommen, wenn auf Partys weinselig diskutiert wird, die dann aber bald wieder vergessen sind. Bei Bastien war das anders. Er zog die Sache durch. Und Al machte sich prima als Surfbuddy. Oder sagen wir: den Umständen entsprechend. Denn das Board war anfangs zu glatt. Eine Schicht Surfwachs mag Menschenfüßen Halt geben, aber nicht harten Hundepfoten. Der Parson Russell glitt immer wieder vom Brett. Die Sache war zu gewagt. So konnten die beiden jahrelang nur ab und zu gemeinsam surfen. Bis Bastien auf den Gedanken kam, auf die gesamte Oberfläche Antirutschpads zu kleben. Seither sieht man sie regelmäßig bei gemeinsamen Sessions. Bastien ist Mitgründer eines kleinen Unternehmens. Es entwickelt Soundsysteme, die in Wänden und Bildern verschwinden. „Wenn die Bedingungen gut sind, gehen wir jeden Tag“, sagt Bastien über das Surfen zu zweit. Auf diese Weise hat Al an der Leidenschaft seines Besitzers teil und freut sich über das Miteinander jenseits des Gassigehens. Al trottet hinter Bastien die Steinstufen zum Strand hinunter. Bastien trägt das sperrige Brett über die ersten Felsen und schiebt es dann durchs Wasser, dorthin, wo er die besten Chancen sieht, mit Hund über die brechenden Wellen hinwegzukommen. Al springt von Fels zu Fels am Meeressaum entlang, bis Bastien ihn mit einem Pfiff zu sich ruft. Al springt in die Fluten und schwimmt zum Brett, Bastien packt ihn am Griff der Rettungsweste und setzt ihn aufs Surfboard. Sein Platz ist ganz vorn, wo er nicht stört und Bastien ihn im Blick hat. Dass ihm die Gischt ins Gesicht spritzt, scheint ihm nichts auszumachen. Er beweist ein gutes Gespür, wie er sich in die Kurven legen muss und kann sogar Hang Ten – das machen Longboardfahrer, wenn sie auf der Welle zur Boardspitze spazieren und dort die Fußzehen über die Kante hängen lassen. Bei Al wäre es demnach Hang Eight. Zwischen zwei Rides darf Al an Land dem Tennisball nachjagen. „Es ist die Mischung aus Ballspielen und Surfen, die ihm besonders gefällt“, sagt der 47 Jahre alte Bastien. Ein wenig nagt dennoch der Zweifel: Will der Hund das wirklich? „Er ist ja nicht angebunden. Wenn er nicht möchte, springt er sowieso runter.“ Tatsächlich hat in diesem Fall der Mensch die Leash, die Leine, am Bein, damit das Board nicht verloren geht. In Frankreich waren Bastien und Al Pioniere mit ihren Surfsessions. Vor zwei Jahren stand der Terrier als erster Hund den Mascaret von Saint Pardon, eine Gezeitenwelle auf der Dordogne. Bis heute gehen wenige Surfer mit ihren Lieblingen regelmäßig in die Wellen. An der baskischen Küste sind Bastien und Al die Einzigen. In der Geschichte des Wellenreitens gab es immer wieder Hunde, die surften. Oft gehörten sie Wellenreitern oder Surflehrern und wollten nicht nur am Strand warten. Inzwischen wird das Interesse größer. Immer mehr Menschen möchten das Surfen mit Hund ausprobieren. „Immer mehr gewinnen Vertrauen“, hat Bastien beobachtet. Deshalb gibt es nun auch schon Neoprenanzüge für Hunde. Und wer am 13. September vergangenen Jahres 50 Kilometer nördlich von Biarritz trotz schlechten Wetters am Strand war, zweifelt nicht an deren Sinn. In VieuxBoucau fanden zum zweiten Mal die europäischen Hundesurfmeisterschaften statt, für Mensch-Hund-Duos wie auch für Solosurfer auf vier Pfoten, organisiert vom Verein „Toutous Surfeurs“ (Wauwau-Surfer). Beim Vereinsnamen hat man sich an die „Tontons Surfeurs“ angelehnt, die Surf-Onkels – so nennt man die menschlichen Surfpioniere an der baskischen Küste. Die ersten Surfmeisterschaften für Hunde gab es natürlich in Kalifornien, schon vor zehn Jahren. Die Zahl der Wettbewerbe und der Teilnehmer wächst dort beständig. Auch Australien ist schon dabei. Früh am Morgen fanden sich am Strand von VieuxBoucau mehr als 50 Hunde mit ihren Besitzern ein. Die einen als Teilnehmer, andere aus Neugier. Manche wollten einfach herausfinden, ob ihr Hund Talent hat, schließlich waren eigens Hundetrainer gekommen. Es gab kleine Zelte für die Anmeldung, Tierärzte, Tier-Osteopathen und eine Hundesnackbar. Jeder Hund musste sich untersuchen lassen – sei es, um am Wettbewerb teilzunehmen, sei es um das Schnuppersurfen mitzumachen. Und jeder bekam eine Rettungsweste verpasst. „Am wichtigsten ist, dass der Hund Spaß hat“, sagt Damien Médan, einer der beiden Tierärzte, die den Wettbewerb ins Leben riefen. „Wir wollten nicht, dass Leute nur zu ihrem eigenen Vergnügen mit dem Hund surfen“ – ein Verdacht, der naheliegt. Damien und sein Kollege waren auf die Idee mit dem Wettbewerb gekommen, weil sie in Gesprächen immer wieder von Hunden auf Surfbrettern gehört hatten. Das verblüffte und interessierte sie. Und aus tierärztlicher Sicht sprach nichts dagegen. „Es ist gut für die Beziehung zu den Hunden“, sagt der 34 Jahre alte Tierarzt. „Man macht etwas mit ihnen. Man könnte natürlich auch Ball spielen, aber hier ist das Surfen tief in der Mentalität verwurzelt. Wenn man einen Hund hat, schafft das gemeinsame Surfen eine besondere Verbindung.“ 25 Hunde konnten am Ende 53 das Surfen ausprobieren, die Warteliste war lang. Doch jeder Einzelne sollte gut betreut werden, und alle Ärzte, Trainer und Helfer arbeiteten ehrenamtlich. Wie etwa Manon François. Sie untersuchte die Hunde nach ihrem Ritt über die Wellen – horchte auf die Atmung, schaute sich die Schleimhäute an, nahm eine kurze osteopathische Untersuchung des Rückens vor. Sie massierte die Hunde, befreite Augen und Ohren von Sand. Die Fünfunddreißigjährige ist Tierärztin, Osteopathin und Physiotherapeutin. Sie ist davon überzeugt, dass Surfen für Hunde gesund ist: „Es trainiert die Haltungsmuskulatur und das Zusammenspiel all der kleinen Bewegungen.“ Im Grunde sei es ein Sport für alle Hunde, sogar für ältere. Nicht in großen Wellen natürlich – und nur, wenn das Tier seinen Spaß hat. Auch Bastien und Al sind in Vieux-Boucau am Start. Küsschen hier, Küsschen da, alle kennen ihn oder haben zumindest von ihm und seinem surfenden Hund gehört. Den Sieg teilt sich der Titelverteidiger an diesem Tag mit Balou, dem Mischlingshund eines Surflehrers und einer Hundetrainerin. Dass den vierbeinigen Champions ihr Erfolg zu Kopf steigen könnte, ist nicht anzunehmen. Die Sponsoren stehen noch nicht Schlange, niemand bittet um Autogramme. Und die Gewinne werden in Naturalien ausgezahlt: Es gibt Hundefutter. DER WELTWEITE % 0 3 HILTON SALE HHONORSMITGLIEDER ERHALTEN BIS ZU * RABATT DIE SUCHE HAT EIN ENDE. BUCHEN SIE DIREKT AUF HILTON.DE AB 89 € PRO ZIMMER PRO NACHT * * Begrenzte Verfügbarkeit zum beworbenen Tarif. Das Angebot ist von der Verfügbarkeit bei den teilnehmenden Hotels des Markenportfolios von Hilton Worldwide in Großbritannien, Europa, dem Nahen Osten und Afrika abhängig. Buchen Sie zwischen dem 13. Mai 2016 und dem 4. September 2016 einen Wochenendaufenthalt im Zeitraum zwischen dem 20. Mai 2016 und dem 9. Oktober 2016, sofern nicht anders angegeben. Zum Zeitpunkt der Buchung ist die Vorauszahlung des Gesamtbetrags erforderlich. Zahlungen sind nicht erstattbar; gilt für den Vertrag zwischen Ihnen und Hilton deutsches Recht, so erfolgt bei Stornierung jedoch eine Erstattung in Höhe von 10% der geleisteten Zahlungen. Ihnen steht in diesem Fall der Nachweis frei, dass Hilton kein oder ein wesentlich niedrigerer Schaden entstanden ist. Die Preisnachlässe, die bis zu 25% auf den besten verfügbaren Preis und den besten verfügbaren Preis für Übernachtung und Frühstück betragen, variieren je nach Hotel. HHonors Mitglieder erhalten beim Sommerangebot „The Sale“ weitere 5% Preisnachlass auf den besten verfügbaren Preis und den besten verfügbaren Preis für Übernachtung und Frühstück (wie oben angegeben), d.h. bis zu 30% Preisnachlass bei den oben beschriebenen, teilnehmenden Hotels. Andere Sperrdaten können zutreffen. Es gelten weitere Einschränkungen. Alle angegebenen Währungsumrechnungen dienen nur als Leitfaden. Besuchen Sie bitte vor der Buchung und für Informationen über zusätzliche Preisnachlässe für Hilton HHonors Mitglieder unsere Website hilton.de, um die vollständigen, allgemeinen Geschäftsbedingungen anzusehen. SURFING BIARRITZ Wo einst der Adel an der Atlantikküste promenierte, jagen heute Wellenreiter übers Wasser V or 60 Jahren verbreiteten sich Trends noch nicht im Internet – Menschen brachten sie mit. Manchmal auch als Sperrgepäck, wie bei dem Surfbrett, das sich ein kalifornischer Schauspieler nachschicken ließ, als er 1956 für einen Dreh in Biarritz war. Die phantastischen Wellen im Süden der französischen Atlantikküste konnte er nicht ungesurft lassen. Die Basken waren begeistert, und das bourgeoise Strandbad wurde zum Hotspot der europäischen Surfer. Ende der Fünfziger entstand an der Côte des Basques der erste Surfclub, und Wettbewerbe wurden ausgetragen. Es folgten: Shaper, Schulen, Shops. Die Surf-Welle verebbte nicht. Der Sport hat sich in die Kultur eingeschrieben: kein Haus ohne Surfbrett in der Garage. Ein Surfgang passt in die Mittagspause, vor die Arbeit oder danach. Familienväter surfen, während ihre Kinder auf dem Strandspielplatz schaukeln. Junge Leute aus aller Welt ziehen wegen der Wellen nach Biarritz und schlagen sich mit Saisonjobs durch, denn Arbeit ist rar. Surfer-Marken wie Quicksilver, Billabong oder Ripcurl haben hier ihre Europazentrale. Der Reiz liegt auch in der Vielfalt der Spots. Wer sich an der baskischen Küste 20 Minuten ins Auto setzt, kann fast an jedem Tag des Jahres irgendwo surfen, sofern ihm die Tageszeit egal ist. Von Anglet, das mit Biarritz zusammengewachsen ist, bis hinunter nach Hendaye an der spanischen Grenze reiht sich ein Spot an den anderen. Anfänger finden freundliche Wellen in Hendaye, die höchsten bieten Parlementia, ein Reefbreak vor dem Fischerort Guéthary. Und selbst an der Côte des Basques finden Könner und Neulinge ihren Spaß. Shortboarder trifft man in Biarritz oft an der Grande Plage, im mondänen Setting samt Casino und Art-déco-Bauten, in der Nähe der teuren Boutiquen und exquisiten Chocolatiers. In den vergangenen Jahren ist der Surf-Boom noch größer geworden. Einheimische und Zugezogene erleben, wie Surfschüler Spots überschwemmen, wie Parkplätze überquellen, wie sie sich in ihrer Stadt nicht mehr bewegen können. Die Küstenstraße ist im Sommer so regelmäßig von Feriengästen verstopft, dass nur noch Motorroller Mobilität garantieren. Vor allem Urlauber, die das Reiten auf der Welle mal ausprobieren wollen, sind ein gutes Geschäft für die lokale Wirtschaft. Echte Surfer brauchen nur ein Board, einen Neoprenanzug und Surfwachs. Der Ferienspaßsurfer lässt Geld für Surfkurs, Leih-Board, Unterkunft und Surfstyle aus dem Shop da. Anja Martin Übernachten: Immer so nah wie möglich am Wasser. Direkt an der Côte des Basques: Carlina Hotel, www.carlina.com, 9 Boulevard du Prince de Galles, 64200 Biarritz. Campingplatz mit Wellenzugang: Le Pavillon Royal, www.pavillon-royal.com, Avenue du Prince de Galles, 64210 Bidart. Es gibt private Apartments zu mieten, viele stehen im Campingbus am Spot. Surfschulen: Direkt an der Côte des Basques, allerdings sind die Gruppen groß. Oder: Board leihen und sich selbst im Weißwasser versuchen. Essen und Trinken: Restaurant Heteroclito, mit Blick auf Parlementia, 48 Chemin du Port, Guéthary. Etxoa Bibi, Café und Bar im Kiosk am Parkplatz über der Côte des Basques. Einkaufen: Surfshops gibt es überall. Ein Outlet ist in Soorts-Hossegor, www.pedebert-hossegor.com Shaper: Surfboards kann man sich nach Wunsch bei einem der vielen Shaper fertigen lassen, wie bei GatoBask, www.gatobask.fr, Rue de la Chapelle, Bidart. REISE WERKSTATT Amerikaner lieben die Natur – und ihre Boote, wie auf dem drittgrößten See des Bundesstaats, dem m Lake Granby vor den Toren en des Rocky Mountain National Parks. Vielerortss stehen auch Angler in unförmigen wasserfesten Hosen, immer auf der Suche nach dem ganz großen Fang. Grüße aus SIEH MAL AN Fr Freiheit auf zwei Rädern, oh Helm und mit ohne we wehenden Haaren: Ni Nirgends sonst auf der Welt sch scheint dieses Gefühl so int intensiv zu sein wie auf am amerikanischen Highways. Au deutsche Touristen Auch cru cruisen gern durch die wi Landschaft – wie auf wilde d kurvigen Straße hoch de der zu Independence Pass. zum LEICHTE SCHNITTE Die Unterschiede könnten kaum größer sein. Das Flugzeug landet in der Großstadt Denver, und nurr wenige Autostunden entfernt beschwören schön restaurierte Minenstädte wie Silverton die angeblich so gute alte Zeit, mit Gold, Silber, Edelsteinen. Sogar eine alte Dampflok fährt hier noch regelmäßig. Wie im Flug: Wurfzelte machen dem Campingfreund das Leben leicht – zumindest beim Aufbau. Fotos Helmut Fricke AUFGESCHMISSEN Wer gern mit leichtem Gepäck reist, muss mit jedem Gramm geizen. Was Messer angeht, sind nur leider die klappbaren sehr empfindlich und die festen recht schwer. Sparfüchsen empfehlen wir deshalb, sich ein Neck Knife wie das Mil Tec von Kotte&Zeller anzusehen. Daran ist nichts Überflüssiges, sogar der Griff aus blankem Stahl ist durchlöchert. So kommt ein Gewicht von gerade mal 46 Gramm zustande; mit Kunststoffhülle, in die das Messerchen einrastet, sind es 62 Gramm. Die Klingenlänge von 5,5 Zentimeter reicht für fast alles, was zu schneiden ist, die Gesamtlänge beträgt nur 15 Zentimeter. Trotzdem liegt das Neck Knife gut in der Hand. Der Ring im Griff verhindert, dass sich der Benutzer in den Zeigefinger schneidet. Mit 2,5 Millimeter Stärke ist das Mil Tec erstaunlich robust. Falls es dennoch beschädigt wird oder verlorengeht, ist der Verlust erträglich: Es kostet 13 Euro. (Web.) Nichts kann Camping-Romantik so sehr stören wie Zoff beim Zeltaufbau. Die schnelle Lösung lautet: Wurfzelt. Von Lukas Weber A uch wenn man es draußen noch so sportlich nimmt: Der Mensch braucht zur Nachtruhe in den meisten Fällen ein Dach über dem Kopf und eine Hülle um sich, die gegen Wetter und Mücken schützt. Eine Hütte kommt nicht in Frage, da wäre man ja nicht out-, sondern indoor. Also muss ein Zelt her. Der Aufbau freilich ist oft lästig. Vor allem das Zusammenfrickeln des Gestänges und das Einführen in den Zeltstoff nervt – auch wenn man auf Campingplätzen so immerhin schnell mit Neuankömmlingen ins Gespräch kommt, denen man gute Ratschläge geben kann. Wer sich gegen die Mühsal und für die schnelle Lösung entscheidet, greift zu einem Wurfzelt. Eins, zwei, drei soll die Behausung stehen. Einfach aufschmeißen und fertig, versprechen die Anbieter. Vor dem großen Wurf stehen nur das vorsichtige Entnehmen aus der Tragetasche und das Lösen einiger Schnellverschlüsse. Das Zelt ist selbsttragend, Heringe So ein Frühstück ist eigentlich nichts fü Büromenschen. Doch man für br braucht es wirklich, will man die Be Bergwelt einen Tag lang zu Fuß oder m dem Fahrrad erkunden. Von der mit St Durango im Südwesten Stadt C Colorados aus ist vor allem Mesa Ve ein spannendes Ziel, die alte Verde Si Siedlung der Anasazi-Indianer. Der Bundesstaat in Amerikas Mitte ist dem Himmel so nah wie kein anderer. Von Kerstin Papon Wilde Tiere zum Anfassen? Im Black Canyon des Gunnison-Nationalparks hängen Felle von Koyoten, Berglöwen oder Schwarzbären über den Zäunen der Aussichtsplattform. Vor allem Kinder sind erst erschrocken – und dann fasziniert. Sie streichen über Haare und Pfoten, und die Rangerin erklärt alles unermüdlich. sind nur nötig, wenn der Wind stark bläst und niemand im Zelt sitzt, um es zu beschweren. Der Auf bau gelingt also im Handumdrehen. Den Campingnachbarn entgeht trotzdem nichts, denn das Zusammenfalten ist ein Schauspiel. Wer nicht viel Erfahrung damit hat, kämpft erst mal mit dem widerborstigen Fiberglasgestänge, während der Campingpartner die Anleitung vorliest und ein Bier bereithält. Man kann das Ganze natürlich auch einfacher haben. Simple Ausführungen des Wurfzelts sind zart wie hingehaucht und ruckzuck wieder verstaut, es gibt sie für ein Taschengeld beim Discounter oder in Sportgeschäften. Doch sie mögen für Kindergeburtstage taugen, eine ernsthafte Unterkunft bieten sie nicht, wie fast alle einwandigen Zelte: Entweder sind sie nicht dicht, dann regnet es herein, oder sie halten Wasser ab, dann aber nach beiden Seiten. So wird es innen vom Kondenswasser nass. Genau. Sieht aus wie im Film? Genau. Die „Last Dollar Ranch“ war schon der Schauplatz von Marlboro- und Bier-Werbung. Sie liegt zwischen Ouray und Telluride, wo Butch Cassidy seinen ersten Bankraub beging. Im Hintergrund thront die Gebirgskette des Mount Sneffels – bis zu 4313 Meter hoch. Die Rocky Mountains sind ein gutes Terrain für Wintersportler. Leichter und tiefer Pulverschnee lockt abseits der vielen Pisten, nicht nur in den bekanntesten Skiorten Aspen und Vail. Aber eigentlich fühlen sich die Skifahrer überall zu Hause – wie der Zaun in der alten Goldgräberstadt Leadville zeigt. FOTOS HERSTELLER, DPA 54 Viel Raum in wenig Zeit: Binnen Sekunden steht das Zelt in voller Größe. Einige Anbieter haben trickreiche doppelwandige Konstruktionen entwickelt: außen dicht und innen luftig. Weil beide Häute mit einer Handbreit Abstand am Gestänge hängen und zusammen auf- und abgebaut werden, ist die Handhabung etwas komplizierter als die des simplen Spielzeugs. Beim Wurfzelt Quechua 2 Seconds XL air 2 (knapp 90 Euro) besteht das Außenzelt aus Polyester mit PU-Beschichtung, der Boden aus Polyethylen. Alle Nähte sind zusätzlich geklebt. Laut Hersteller wird das Zelt vier Stunden lang mit 200 Litern je Stunde und Quadratmeter getestet. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das Quechua auch nach knapp einer Woche im Dauerregen nicht leckte. Auch sonst gibt es kaum etwas zu mäkeln: reichlich Platz für zwei Personen (145 × 225 Zentimeter, Höhe 95 Zentimeter und wettergeschützter Stauraum), hervorragende Belüftung von allen Seiten, engmaschige Moskitonetze, großer Eingang und zwei Taschen innen. In die Tragetasche ist eine Anleitung eingenäht, wie beim Zusammenlegen vorzugehen ist, und auch ein Beutel mit Reparatursatz für das Gestänge. Die Idee, es als vollwertiges Zelt für Wanderungen zu nutzen, kann man aber getrost vergessen. Mit 4,3 Kilogramm einschließlich Tasche ist das Zelt für ein Exemplar dieser Größe nicht leicht, und gefaltet ist es zwar flach – es hat aber mit einem Durchmesser von 68 Zentimetern den Umfang eines Lastwagenrads. Das Zelt auf dem Motorrad mitzunehmen ist auch nicht ideal, es würde wie ein Segel im Wind hängen. Im Auto dagegen fährt das Quechua problemlos mit, aufgestellt hinter den Rücksitzen nimmt es so gut wie keinen Platz weg. Und einsatzbereit ist es binnen Sekunden. Zwei haben wir nicht ganz geschafft, aber in fünf Sekunden steht es. Das ist ja auch nicht schlecht. REINE LUFT Frische Luft ist schön und gut, aber dem Allergiker macht sie bisweilen zu schaffen. Ob es wirklich hilft, sich ins Auto einzusperren, wissen wir nicht. Jedenfalls ist Übernachten darin auch keine Dauerlösung. Aber vielleicht Fahren mit Filter. Den baut Audi fortan ein, und zwar einen speziellen gegen Heuschnupfen. Der Filter besteht aus drei Schichten mit Mikrofasern, es gibt zwei Varianten davon: Die eine setzt auf pflanzliche, bioaktive Substanzen, sogenannte Polyphenole, die andere auf veränderte Proteinstruktur. Das wirkt? Das Prüfinstitut SGS Fresenius sagt: ja. (hap.) FREIER FUSS Nach Monaten des Eingesperrtseins kommen die Füße jetzt wieder ans Tageslicht. Der Sommer macht den Weg frei für die Sandale. In ihrer Trekking-Variante kann sie klettern, Bäche durchqueren und sogar Fußgängerzonen bezwingen. Wie zum Beispiel das Modell Gobi (100 Euro) von Source mit Gummisohle, Fußbett, dämpfendem EVA-Schaum und integrierten antibakteriellen Stoffen. Die Riemen sind gepolstert und schnelltrocknend. Und bitte: keine Socken dazu, meine Herren. (lle.) 55 SCHÖNHEIT HERE COMES THE MANN I m ersten Moment klingt es wie ein weiteres unsinniges Label: Sonnencreme speziell für Männer. Als würde der Markt jede noch so absurde Möglichkeit nutzen, um eine Daseinsberechtigung für Produktneuheiten zu erfinden. Sonnencreme für Männer steckt in gediegenen Tuben, grau statt knallorangefarben. So weit, so der geschlechtsspezifische Gestaltungs-Code im Sommer 2016. Sonnencreme-Produkte für Männer müssen Männer am Strand also nicht unter dem Handtuch verstecken, denn sie muten jetzt nicht mehr typisch weiblich an. Männer könnten sie somit sogar hin und wieder verwenden, statt, wie nach dem Klischee, jede brandrote Stelle mit den Worten abzutun, das sei morgen braun. So viel zu den GeschlechtsStereotypen im Sommer 2016. Nur trifft es dann eben doch oft zu. „Meiner Erfahrung nach ist es immer noch so, dass 80 Prozent der Männer gar nicht gerne cremen“, sagt Timm Golüke. Er ist Dermatologe in München mit zur Hälfte weiblichen, zur Hälfte männlichen Patienten. „In der Industrie mag man es nicht gerne hören, aber vom Schutz her brauchen Männer keine anderen Cremes als Frauen“, sagt Golüke. Die chemischen und physikalischen Faktoren, die in den Produkten für den Schutz verantwortlich sind, haben auf der Haut von Männern wie Frauen die gleiche Wirkung. Wenn Dermatologen raten, Kinder mit besonderen Präparaten einzucremen, dann gilt das Gleiche also nicht auch für Männer. „Bei Kindern geht man davon aus, dass die Haut empfindlicher ist und leichter irritiert“, sagt Prof. Christiane Bayerl, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie an den Wiesbadener Helios-Kliniken. „Deshalb sind Präparate zu empfehlen, die einen mineralischen Schutz enthalten.“ Natürliche Mineralien wie zum Beispiel Bei Kindern ist es klar. Aber brauchen auch Männer eigene Sonnenschutz-Präparate? Von Jennifer Wiebking Zinkoxid reflektieren die UV-Strahlung weg, man kann somit auf chemische Schutzmittel verzichten. „Nur sind diese Präparate bei Erwachsenen nicht so beliebt, weil sie die Haut weißeln. Das sieht nicht schön aus.“ Das ist besonders dann ein Argument, wenn der Anspruch ans Wohlbefinden hoch ist, wie in den Ferien, am Strand, in den Bergen. So lästig wie Frauen dann ein Sonnenschutz-Produkt mit mineralischem Filter ist, dürfte es Männern überhaupt sein. „Die männliche Haut hat mehr Talgdrüsen und produziert mehr Eigenfett“, sagt Golüke. Nur richtet sich die Industrie mit ihren herkömmlichen Produkten eben vornehmlich an die Bedürfnisse von weiblicher Haut, die um etwa 25 Prozent dünner ist. Keine große Überraschung also, dass besonders Männer den Sonnenschutz gerne schleifen lassen. Die lipidhaltigen Präparate sind vielen auf der Haut einfach unangenehm. „Gel-Texturen, die kühlen, empfindet der Mann hingegen als erträglicher“, sagt Golüke. Ein Mann, der sich mit seiner Creme wohlfühlt, wird sie auch regelmäßiger verwenden. Und im Zweifel ist das noch nicht mal eine Creme, sondern viel häufiger ein Spray. „Stellen Sie sich vor, Sie müssten eine lipidhaltige Creme auf die behaarte Brust auftragen“, sagt Bayerl. „Ein Spray zieht viel schneller ein, Gel lässt sich besser verteilen. Diese Grundlage hat für Männer mehr Sinn.“ Mit einem leichteren Produkt haben Männer also überhaupt erst die Möglichkeit, ein Bewusstsein für Sonnenschutz zu entwickeln. „Der Mann, das vergessene Geschlecht“, sagt Bayerl. Bei Sonnenschutz stimmt es zu einem gewissen Grad wirklich. Die neuen Produkte für ihn stehen somit in der Kosmetikbranche auch symptomatisch für die Entdeckung des Mannes. Laut den Zahlen von Euromonitor stieg das Marktvolumen für Herren-Produkte in Deutschland im Jahr 2015 um zwei Prozent. „Das Angebot ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden“, sagt Martina Kerscher, Dermatologin an der Universität Hamburg und Leiterin des Studiengangs Kosmetik. Dass Präparate für ihn so viel Platz einnehmen wie Präparate für sie, ist schon heute in immer mehr Haushalten zu sehen. Dazu dürfte dann neben Reinigungs-Gel, Toner und Tagespflege, Shampoo, Conditioner und Haarkur auch zunehmend Sonnenschutz gehören. „Es ist sinnvoll, diese speziellen Produkte auch anzuwenden“, sagt Kerscher, „weil Präparate für Damen oft zu reichhaltig sind. Hinzu kommt bei Männern der Stressfaktor Rasur.“ Trotzdem steht die echte Mission noch bevor: Männer von Lippenpflege mit Sonnenschutz zu überzeugen, ist wohl noch komplizierter als von Creme für Stirn und Nase. „Wir müssen bei Männern an den Lippen oft lichtbedingte Hauttumoren operieren“, sagt Bayerl. „Frauen verwenden ja meistens Lippenstift oder Lippenpflege mit Schutz.“ Selbst die Pigmente im roten Lippenstift böten einen gewissen Schutz. „Der Mann trägt dort gar nichts. Das ist ganz ungewohnt.“ Vielleicht hilft bei der Überzeugungsarbeit ja spezielle Lippenpflege, nur für ihn. ZEICHNUNG VALENTINE EDELMANN 56 design by · made by www.johnfrieda.de FRAGEBOGEN „DIE ENGLÄNDER SIND IM SMALLTALK“ WELTMEISTER Was essen Sie zum Frühstück? Müsli, Eier, Obst. Je nach Appetit und Vorrat. Ihre Lieblingsvornamen? Milka. So hieß mein schokoladenbrauner Labrador. Wo kaufen Sie Ihre Kleidung ein? Klassisch, im Laden. Und da, wo ich mich öfters aufhalte, daheim in München, unterwegs in London oder Los Angeles. Ihr Lieblingsfilm? Es gibt keinen bestimmten, aber wenn, dann ist er ganz sicher nicht aus Hollywood. Hebt es Ihre Stimmung, wenn Sie einkaufen? Meine Stimmung ist auch ohne einzukaufen immer gut. Fühlen Sie sich mit oder ohne Auto freier? Das kommt auf das Auto an. Als Fußballer habe ich einiges ausprobiert. Manche Modelle führen direkt in die Sklaverei. Was ist das älteste Kleidungsstück in Ihrem Schrank? Ein T-Shirt von 1860. Was war Ihre größte Modesünde? Ein Fußballer-Irokesenschnitt. Ich habe früher den Friseuren vermutlich zu sehr vertraut. Tragen Sie zu Hause Jogginghosen? Nein, schon Karl Lagerfeld zuliebe. Thomas Hitzlsperger, Bauernsohn, ist als Fußballstar bodenständig geblieben. Zum Gespräch am Viktualienmarkt kommt er mit dem Fahrrad. Mit Gästen, die ihn erkennen, plaudert er. In England, wohin er mit 18 Jahren ging, tauften ihn die Fans „Hitz the Hammer“, der Schusskraft wegen. Mit Stuttgart wurde er Meister, mit Deutschland fast Europameister. Heute ist der 34 Jahre alte Münchner als Fachmann im Fernsehen gefragt, beim Bayerischen Rundfunk in München, bei BTSport in London und FoxSports in Los Angeles. Haben Sie Stil-Vorbilder? Kein konkretes Vorbild. Aber David Beckham hat gezeigt, dass Fußballprofis und guter Stil keine Gegensätze sein müssen. Ich habe mich nicht so angezogen wie er, aber plötzlich hatte Stil Bedeutung im Fußball, auch für mich. Haben Sie jemals ein Kleidungs- oder ein Möbelstück selbst gemacht? Seit der Schulzeit nicht mehr. Besitzen Sie ein komplettes Service? Nein. Mit welchem selbst zubereiteten Essen konnten Sie schon Freunde beeindrucken? Kochen liegt mir nicht so, dafür Backen. Ich habe schon vielen mit einem Stück Marmorkuchen oder Sahnetorte eine Freude gemacht. Gern auch mit alten Rezepten von Mama, wie dem Eierlikörkuchen mit Kirsch und Schokolade. Welche Zeitungen und Magazine lesen Sie? Vor allem die Sportseiten der großen Zeitungen und Magazine. Welche Websites und Blogs lesen Sie? Über Twitter die News-Websites der wichtigsten deutschen, englischen und amerikanischen Zeitungen. Wann haben Sie zuletzt handschriftlich einen Brief verfasst? Meine Weihnachtskarten habe ich mit der Hand geschrieben. Welches Buch hat Sie am meisten beeindruckt? Immer das, was ich zuletzt gelesen habe, also gerade „Das eingeschossige Amerika“ von Ilja Ilf und Jewgeni Petrow. Denis Scheck schenkte mir das, als ich in seiner Sendung „Lesenswert“ zu Gast war und „mein Leben in drei Büchern“ vorstellte. Ich wählte dafür „Kaltblütig“ von Truman Capote, „Das Leben meiner Mutter“ von Oskar Maria Graf und „Der Traumhüter“ von Ronald Reng. Tragen Sie eine Uhr? Ja. Tragen Sie Schmuck? Nein. Haben Sie einen Lieblings-Duft? Frisch gemähtes Gras. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen. Und auf Fußballplätzen. Was ist Ihr größtes Talent? Fängt mit „F“ an. Richtig geraten: Fußball. Ich tu’s immer noch, fast jede Woche. Was ist Ihre größte Schwäche? Eine Schwäche fürs Singen und eine Schwäche im Singen. Ich singe gern im Auto und zu Hause. Womit kann man Ihnen eine Freude machen? Mit allem, was mit Fußball zu tun hat: Spielen, Reden, Zuschauen. Was ist Ihr bestes Smalltalk-Thema? Meine sieben Jahre in England haben mich geprägt. Die Engländer sind Weltmeister im Smalltalk. Denen fällt sogar zum Wetter etwas Gescheites ein. Sind Sie abergläubisch? Ein bisschen, wie jeder Leistungssportler. Wo haben Sie Ihren schönsten Urlaub verbracht? Am Meer. Ich liebe das Wasser, die Weite. Vielleicht weil ich so weit weg vom Meer aufgewachsen bin. Das erste Mal habe ich das Meer gesehen, als ich mit sieben Jahren an einer Werbesendung mit dem Titel „Weltmeister von morgen“ teilnahm. Unter den sechs Finalisten wählten mich die Fernsehzuschauer zum Sieger. Der Preis war eine Reise mit der Nationalmannschaft nach Lissabon zum Länderspiel. Wo verbringen Sie Ihren nächsten Urlaub? Am Meer. Was trinken Sie zum Abendessen? Nie zwei Mal das gleiche. Mal Bier, mal Wein, mal Wasser. Aufgezeichnet von Christian Eichler. Erlebe blonderes Blond. Sofort. FOTO IMAGO 58 Eine revolutionäre Innovation – Die Go Blonder Aufhellende Anwendung zum Ausspülen von John Frieda®. Hellt Dein Blond um eine Stufe auf, mit nur einer Haarwäsche. Maßgeschneidert für blondes Haar. Me & John Frieda® & Sheer Blonde®. Eine blendende Verbindung.