FSME-Gebiete in Deutschland mit noch geringem

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FSME-Gebiete in Deutschland mit noch geringem
FSME
FSME-Gebiete in Deutschland mit noch
geringem Infektionsrisiko
Adolf Windorfer, Christian Schönfeld
Die FSME ist die bedeutendste
durch Zecken übertragene Viruserkrankung Europas und in Deutschland gemäß Infektionsschutzgesetzt seit 2001 meldepflichtig.
Mit 278 FSME-Erkrankungen in
Deutschland wurde 2003 der
höchste Stand seit 1994 erreicht.
2005 werden diese Zahlen bei weitem übertroffen. Bis zur 41. Kalenderwoche wurden mit 365 Erkrankungen bereits 53% mehr Fälle als
im gleichen Zeitraum des Vorjahres
(bis 41. KW: 239 Fälle) gemeldet. Die
meisten Fälle werden in Bayern und
Baden-Württemberg registriert. Der
Anteil der anderen Bundesländer
lag Anfang der 90er Jahre noch bei
1% und ist seither auf weit über
10% angewachsen [1]. Hessen und
Thüringen haben sich als Gebiete
mit erhöhter endemischer Aktivität
etabliert. Auch außerhalb der offiziellen Risikogebiete gibt es zahlreiche autochthone FSME-Fälle.
Knapp ein Viertel der FSME-ErkranBundesland
kungen wird aus Nicht-Risikogebieten Deutschlands gemeldet.
Wie ist ein FSME-Risikogebiet
definiert?
Wichtig ist es, zwischen Endemieund Nicht-Endemiegebieten zu unterscheiden.Endemiegebiete sind
Regionen, in denen FSME-Viren vorkommen, sei es bei Tieren (Zecken)
oder beim Mensch, und damit eine
FSME-Infektion prinzipiell möglich
ist.Um diese Möglichkeit hinsichtlich
ihrer Wahrscheinlichkeit und damit
auch hinsichtlich der Notwendigkeit
eines Impfschutzes klassifizieren zu
können,wurden die Kategorien Risikogebiet und Hochrisikogebiet eingeführt und folgendermaßen definiert:
●
Als FSME-Risikogebiete gelten
die Landkreise, in denen mindestens 5 autochthon entstandene
FSME-Erkrankungen in einer 5Jahresperiode oder mindestens
2 autochthon entstandene
FSME-Erkrankungen innerhalb
eines Jahres registriert wurden.
●
Als FSME-Hochrisikogebiete gelten diejenige der als Risikogebiete ausgewählten Landkreise,
in denen in einer 5-Jahresperiode mindestens 25 FSME-Erkrankungen auftraten.
Aufgrund des nachweislich hohen
Erkrankungsrisikos in diesen Risikogebieten empfiehlt die Ständige
Impfkommission (STIKO) präventive Maßnahmen für alle zeckenexponierten Personen.
Seitdem das Robert Koch-Institut
1998 die erste FSME-Karte veröffentlichte, ist die Zahl der als FSME-Risikogebiet deklarierten Kreise stetig von
63 auf gegenwärtig 90 Land- bzw.
Stadtkreise gestiegen (Tabelle 1).
Neueinstufungen als Risikogebiet erfolgen in Zusammenarbeit mit den
Gesundheitsbehörden der betroffenen Kreise und Länder.
Jahr der Veröffentlichung
2002 [2]
2003 [3, 4]
2004 [5, 6]
2005 [7]
Bayern
LK Berchtesgadener Land
LK Forchheim
LK Kelheim
LK Kitzingen
LK Miltenberg
LK Neustadt a.d.
Waldnaab
LK Roth
LK WeißenburgGunzenhausen
LK Amberg-Sulzbach
LK Aschaffenburg
LK Coburg
LK Neumarkt (Oberpfalz)
LK Hof
LK Schweinfurth
SK Amberg
LK Neu-Ulm
LK Schweinfurt
LK Wunsiedel
i. Fichtelgebirge
SK Amberg
SK Schwabach
SK Würzburg
Baden-Württemberg
LK Waldshut
LK Sigmaringen
SK Heidelberg
Hessen
LK Darmstadt-Dieburg
LK Offenbach
Thüringen
LK Saale-Holzland
LK Saale-Orla
LK Hildburghausen
Gesamtzahl (inkl.
bestätigter Erkrankungen aus Nichtrisikogebieten
Jahr 2001:
254
Jahr 2002:
239
Jahr 2003:
276
Jahr 2004:
274
Tabelle 1: Neu benannte Risikogebiete aufgrund von Erkrankungen der Vorjahre, die der Referenzdefinition des RKI entsprachen
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FSME
Die Kartierung von Erkrankungsfällen beim Menschen ist nur ein Surrogatmarker zur Bestimmung des
Infektionsrisikos und stellt keine
ausreichend genaue Möglichkeit
zur Ausweisung aller FSME-Gebiete
dar, in denen FSME-Viren von Zecken übertragen werden können.
Daher lässt sich ein FSME-Infektionsrisiko auch in Regionen, die
bisher nicht als Risikogebiet ausgewiesen wurden, nicht sicher ausschließen. Bei einer SeroprävalenzStudie bei Waldarbeitern BadenWürttembergs wurden, auch außerhalb der bekannten Endemiegebiete, FSME-Antikörper bei den
Probanden gefunden [9] und diese
Gebiete daher im Epidemiologischen Bulletin als zusätzliche Risikogebiete in Baden-Württemberg
definiert. Denn auch ohne das erkannte Auftreten von humanen
FSME-Erkrankungen ist bei Vorliegen von Zecken, die mit den entsprechenden Viren infiziert sind,
von einem tatsächlichen Infektionsrisiko auszugehen.
gemessene Virusprävalenz in den
Zecken führte schließlich dazu, den
Odenwald zum FSME-Risikogebiet
zu erklären.
Endemiegebiete mit
autochthonen Einzelfällen
Bayern und
Baden-Württemberg
Auch die „Karriere“ zahlreicher offizieller Risikogebiete begann mit
autochthonen Einzelfällen. Beispielsweise konnten von 1991 bis 1999 im
Gebiet des Odenwaldes 76 Erkrankungsfälle recherchiert werden, von
denen sich 42 als autochthon erwiesen. Die Expositionen fanden in 6
Landkreisen des Odenwaldgebietes
statt. Es wurden im Mai 1999 1000
nüchterne Zecken (Ixodes ricinus,
Adulti und Nymphen) gesammelt
und mittels nested RT-PCR auf FSMEVirussequenzen untersucht. Dabei
ergab sich eine Virusprävalenz aller
untersuchter Zeckenstadien von
0,42% (95%-KI: 0,11-1,06%) [10]. Die
Daten der Sammlung autochthoner
klinischer Erkrankungsfälle und die
Einzelfälle außerhalb der Risikogebiete wurden in Bayern in folgenden Regionen beobachtet: LK Bad
Kissingen (1 Fall [11]), LK Tirschenreuth (2 Fälle [11]), LK Eichstätt (2
Fälle [11]) und LK Fürstenfeldbruck
(je ein Fall 2002 und 2003 [11]). Zur
Abschätzung des Gefährdungspotenzials durch FSME für den
Menschen wurden von der LudwigMaximilians-Universität München
in den Landkreisen München und
Fürstenfeldbruck 1552 nüchterne
Zecken gesammelt und mittels
nested RT-PCR untersucht. Es konnte
bei den Einzelproben kein FSMEVirus nachgewiesen werden [11].
Angesichts des Vermehrungspotenzials weiblicher Zecken (ca. 3000
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Neben den offiziell zu Risikogebieten erklärten Verwaltungseinheiten
(Stadt-und/oder Landkreis) gibt es
in Deutschland auch einige Gebiete, bis in den Norden der Bundesrepublik, mit sporadischen FSME-Einzelerkrankungen, die aber noch
nicht als FSME-Risikogebiete eingestuft sind. Diese autochthonen Einzelfälle bedürfen einer besonders
sorgfältigen anamnestischen, klinischenund labordiagnostischen
Untersuchung und Dokumentation. Die Untersuchung der Serumund Liquorproben sollte in einem
virologischen Labor mit spezieller
Erfahrung in der FSME-Diagnostik
erfolgen [3]. Das Robert Koch-Institut fordert außerdem, dass auch in
Gebieten, in denen die FSME nicht
als endemisch gilt, bei entsprechender Symptomatik an diese Diagnose gedacht wird.
Nachkommen) ist ein Risiko jedoch
nicht auszuschließen, d.h. die
Untersuchungsergebnisse weisen
lediglich auf ein noch geringes Gefährdungspotenzial hin.
In Baden-Württemberg dagegen
ergab die Seroprävalenz-Studie bei
Waldarbeitern Anhaltspunkte für
ein FSME-Risiko. Ein Positionspapier
führender FSME-Experten fordert
daher, dass jeder, der sich in der Natur aufhält, prinzipiell dem Risiko eines Zeckenstiches ausgesetzt ist
und daher gegen FSME geimpft
werden sollte [13]. Dass die bisher
vorgenommene Einteilung in
FSME-Risikogebiete, ausschließlich
in Abhängigkeit von den humanen
FSME-Erkrankungen, überdenkenswert ist, zeigt die Tatsache, dass ein
bisher als Risikogebiet geltender
bayerischer Landkreis (Schrobenhausen) nicht mehr als Risikogebiet
gelten soll, da keine FSME-Erkrankungen mehr aufgetreten sind. Dies
ist jedoch sicher der intensiven
Durchimpfung und nicht einer fehlenden Infektionsmöglichkeit zu
verdanken.
In der Regel werden die Kosten für
die FSME-Impfung von den gesetzlichen Krankenkassen für Personen
übernommen, die sich in den vom
RKI ausgewiesenen Endemiegebieten aufhalten. Darüber hinausgehend werden für die Bewohner Baden-Württembergs die Kosten der
FSME-Impfung ohne Beschränkung
auf die Risikogebiete (also generell)
von den Kassen getragen.
Niedersachsen
In Niedersachsen wurden vom
01.01.2001 bis 21.09.2005 insgesamt 11 Fälle gemeldet, von denen
ein Fall mit Aufenthalt in Österreich
und ein Fall mit fraglicher Diagnose
als nicht gesicherte Fälle verworfen
wurden. Bei keinem der genannten
FSME
Nr.
Jahr
Woche
Gesundheitsamt
Geburtsjahr
Geschlecht
(möglicher)
Infektionsort
Zeckenstich
bemerkt?
1
2001
50
LK Aurich
1982
w
unbekannt-
2
2002
20
LK Rotenburg
1962
m
unbekannt
nein
?
3
2002
47
LK Soltau-Fallingb.
1938
m
LK Soltau-F.
ja
4
2002
49
LK Harburg
1961
m
LK Harburg
ja
5
2003
02
LK Rotenburg
1967
w
unbekannt
?
6
2003
30
LK Helmstedt
1970
w
LK Helmstedt
ja
7
2003
34
LK Wolfenbüttel
1962
m
LK Wolfenbüttel
ja
8
2004
38
LK Cuxhaven
1926
m
LK Cuxhaven
ja
9
2005
05
LK Helmstedt
1982
w
LK Helmstedt
?
Tabelle 2: Details der zwischen 01.01.2001 und 21.09.2005 in Niedersachsen gemeldeten FSME-Fälle [14]
Fälle (s.Tabelle 2) war ein Aufenthalt in einem Endemiegebiet vermerkt. Bei einigen Fällen wurde
durch entsprechende Anmerkungen explizit ein Bezug zu einem
Zeckenstich im niedersächsischen
Landkreis hergestellt. In allen Fällen
wurden sowohl spezifische IgM- als
auch IgG-Antikörper nachgewiesen.
Bisher klaffte zwischen den Risikogebieten im Süden (Österreich,
Süddeutschland) und denen im
Norden (Bornholm/Dänemark, Südschweden) eine Lücke. Die allmähliche Ausbreitung der süddeutschen
FSME-Gebiete in Richtung Norden
wurde der Klimaänderung zugeschrieben. Offensichtlich gibt es jedoch auch weitere Gründe, die für
isolierte Einzelfallmeldungen fernab der bekannten Risikogebiete
verantwortlich sind. Denkbar ist die
Verbreitung von FSME-infizierten
Zecken durch den Vogelflug aus
Osteuropa über Skandinavien nach
Norddeutschland. Beispielsweise
ziehen Schwärme von Krähen und
Dohlen aus Sibirien und dem Ural
nach Norddeutschland und verbleiben dort bis März. Vögel selber werden zwar durch Zecken mit FSMEViren infiziert, eigenen sich aber
aufgrund der kurzen virämischen
Phase nicht als natürlicher Wirt. Die
Vögel könnten aber als Transportmittel von Zecken dienen.
Mecklenburg-Vorpommern
In den vergangenen 10 Jahren wurde kein autochthoner Fall von
FSME beobachtet [1]. 2004 wurde
ein 61-jähriger Mann beim Aufräumen seines Bootsschuppens am
Woblitz-See (LK Mecklenburg-Strelitz) von einer Zecke in die linke
Leiste gestochen. Da er um 8 Uhr
mit der Arbeit begann und um 16
Uhr die Zecke entfernte, konnte die
Zecke maximal 8 Stunden Blut gesaugt haben. 9 Tage später entwickelte der Patient hohes Fieber und
Kopfschmerzen. Das Fieber ging
nach 2 Tagen zurück, nach 6 Tagen
bekam der Patient Konzentrationsstörungen und wurde schläfrig, hatte Schwierigkeiten beim Sprechen
und bei seinen feinmotorischen Bewegungen (z.B. der Finger). Im Blut
und in der Gehirnflüssigkeit des Patienten wurden Antikörper gegen
das FSME-Virus gefunden und somit wurde die Diagnose einer Frühsommer-Meningoenzephalitis gestellt [12, 15].
Brandenburg
Der letzte sicher autochthone Fall
mit klinischen Erscheinungen wurde 1993 im LK Oberhavel (Schorfheide) registriert. Die späteren Fälle
1994, 2002 und 2003 waren möglicherweise importiert [1]. Erst 2004
wurde im LK Uckermark wieder ein
autochthoner FSME-Fall gemeldet
[7].
Sachsen-Anhalt
Von 1994 bis 2001 wurden drei Erkrankungen registriert, die eindeutig als nicht autochthon eingestuft
werden konnten [1]. Ein Verdachtsfall ohne klinische Symptomatik
(nur positives IgM) nach Aufenthalt
in einem Habitat bei Sangerhausen
wurde 2002 registriert [12]. 2003 erkrankte eine 56-jährige Frau nach
Zeckenstich im Altmarkkreis mit
grippeähnlicher Symptomatik. Zwei
FSME Virus-Infektionen ohne registrierte Klinik wurden außerdem zufällig eruiert, wobei im einen Fall
ein Zeckenstich in der Nähe von
Stendal erinnerlich war, im anderen
Fall eine Infektion während des
Aufenthaltes bei Wernigerode auftrat, ohne dass eine Zeckenstichanamnese erfolgte. Da bei diesen beiden Infektionen im Serum sowohl
spezifische IgM- als auch IgG-Antikörper nachgewiesen werden
konnten und eine Reisetätigkeit
ausgeschlossen wurde, können diese Expositionen als Virusnachweise
eingestuft werden [1].
2004 meldete das RKI offiziell jeweils einen autochthonen FSMEFall im Ohrekreis und im SK Halle
(Saale) [7].
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FSME
Neue Risikogebiete 2005: SK Amberg,
SK Heidelberg, Neu-Ulm, Offenbach,
SK Schwabach, Schweinfurt, SK Würzburg,
Wunsiedel i. Fichtelgebirge
Als FSME-Hochrisikogebiete gelten diejenigen der als Risikogebiete ausgewählten Kreise, in denen in einer 5-Jahres-Periode zwischen
1985 und 2004 mindestens 25 autochthon entstandene FSME-Erkrankungen aufgetreten sind.
Als FSME-Risikogebiete gelten die Kreise, in
denen mindestens 5 autochthon entstandene
FSME-Erkrankungen in einer 5-Jahres-Periode
zwischen 1985 und 2004 oder mindestens
2 autochthon entstandene FSME-Erkrankungen
innerhalb eines Jahres registriert wurden.
Landkreise mit autochthonen Einzelfällen
(1994–2005), in denen die RKI-Risikodefinitionen nicht erfüllt sind.
FSME-Endemiegebiete, in denen die Risikodefinitionen nicht erfüllt sind, aber in einer
von 1997 bis 1999 durchgeführten Untersuchung eine erhöhte FSME-Antikörperprävalenz bei Waldarbeitern nachgewiesen wurde.
Stadtkreise mit autochthonen Einzelfällen
(1994–2005), in denen die RKI-Risikodefinitionen nicht erfüllt sind.
In Sachsen sind seit über zwei Jahrzehnten keine aktiven FSMEEndemiegebiete mehr bekannt.
Zwischen 1960 und 1980 waren in
Sachsen aber noch Risiko- und
Hochrisikogebiete im Raum Dresden-Dresdener Heide, Leipzig und
Chemnitz-Zwickau vorhanden, sodass das Aufflackern der FSME
nicht überrascht.
Thüringen
Von 1994 bis 2003 wurden in Thüringen 30 FSME-Erkrankungen registriert, wovon 22 als autochthon
charakterisiert worden sind [1]. Die
Expositionsorte lagen in den Landkreisen: Saale-Holzland-Kreis (7 Fälle), Saale-Orla-Kreis (4 Fälle) und
Hildburghausen (2 Fälle) sowie in
den Landkreisen Greiz (3 Fälle),
Weimarer Land (3 Fälle) und je
1 Fall in Sonneberg, SchmalkaldenMeiningen und Jena [12].
Sachsen
Von 1994 bis 2003 gingen in Sachsen 23 Meldungen über FSME-Erkrankungen ein, wovon 9 Fälle als
autochthon eingestuft werden
konnten. Bei den autochthonen
Fällen erfolgte die Exposition in
den Räumen Dresden-Riesa-Großenhain (3 Fälle), Leipzig (2 Fälle)
und Chemnitz-Annaberg-Freiberg
(4 Fälle) [1, 12].
Im Regierungsbezirk Dresden erkrankte im 2. Quartal 2004 ein
Mann an einer autochthon erworbenen FSME [16]. Im 2. Quartal
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2005 wurde im Dresdner Stadtkreis
eine offensichtlich autochthon erworbene FSME-Infektion erfasst. Es
handelte sich um einen 23-jährigen
Mann mit der typischen Symptomatik einer Meningitis und entsprechendem serologischen Nachweis. Er konnte auch den Tag des
Zeckenstichs angeben. Bei einem
weiteren gemeldeten Fall eines 10jährigen Jungen war ein Zeckenstich während eines Aufenthaltes in
der Tschechischen Republik erinnerlich, sodass dieser wahrscheinlich autochthon ist [17].
Der Kreis Weimarer Land gilt gegenwärtig nicht als FSME-Risikogebiet.
Im Juni 2002 erkrankte jedoch ein 68jähriger Mann nach einer Wanderung
im Bereich Riechheimer Berg an einer schweren FSME, die serologisch
gesichert werden konnte.Der Zeckenstich war ihm erinnerlich.Weiterhin wurde ein FSME-Verdachtsfall
nach vermuteter Exposition im Gebiet Apolda beobachtet [18].
Hessen
2004 wurde ein Einzelfall aus dem
Schwalm-Eder-Kreis gemeldet. Dieser Kreis grenzt an das Risikogebiet
LK Marburg-Biedenkopf an. Ein 43jähriger Zimmermann, der im südlichen Schwalm-Eder-Kreis regelmäßig joggt, erkrankte am
11.06.2004 schwer. Ein Zeckenstich
war nicht erinnerlich [19].
2005 gab es einen weiteren Einzelfall
in Südhessen, ca. 30 km vom nächstgelegenen bekannten Endemiege-
FSME
biet entfernt. Nach Angaben des Gesundheitsamts wurde ein Mann aus
Wiesbaden-Sonnenberg Anfang Juli
bei Gartenarbeiten durch einen Zeckenstich mit dem FSME-Virus infiziert und erlitt eine Meningitis. Der
Patient hatte den Zeckenstich bemerkt und diese selber entfernt. Er
befinde sich inzwischen wieder auf
dem Weg der Besserung [20].
bieten gemäß Epidemiologischem
Bulletin 16/2005 noch kein Bestandteil der Impfvereinbarung zwischen
den Kassenärztlichen Vereinigungen
und den gesetzlichen Krankenkassen.Die Kostenerstattung ist daher in
diesen KV-Bezirken auf die FSMEImpfung nur bei Aufenthalt in vom
RKI klassifizierten Endemiegebieten
beschränkt bzw.bei weiterer Einschränkung im Einzelfall zu prüfen.
Fazit
Auch außerhalb der offiziell deklarierten Risikogebiete muss bei entsprechender Symptomatik immer
an die Diagnose »FSME« gedacht
und die Diagnose bestätigt oder
ausgeschlossen werden. FSME ist
meldepflichtig, sodass behördenseitig die Dokumentation sichergestellt ist. Die bisherige Risikoeinschätzung mit Hilfe des Surrogatmarkers »Erkrankungsfall« ist rein
reaktiv und damit überholt, denn
sie erlaubt präventive Maßnahmen
erst nach einer entsprechenden
Anzahl Erkrankter. Eine vorausschauende Risikoeinschätzung
mittels Seroprävalenz-Studien, z.B.
bei den natürlichen Wirten, den
Zecken, ist bei der Schwere der
Erkrankung und den langfristigen
Folgen für die Betroffenen unerlässlich, um den Anforderungen
eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes gerecht zu werden.
Die landesweite Empfehlung zur
FSME-Impfung in Baden-Württemberg ist bereits Bestandteil der Impfvereinbarung zwischen der KV Baden-Württemberg und den gesetzlichen Krankenkassen und hat Vorbildcharakter.Das RKI sollte daher die
bisher vorgenommene Einteilung
der Endemiegebiete lediglich nach
der Häufigkeit des Autretens humaner Erkrankungen ändern, denn in
anderen KV-Regionen ist eine FSMEImpfung außerhalb von Endemiege-
Literatur
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[5] Robert Koch-Institut. Risikogebiete der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) in Deutschland.
Epid Bull 2004; (21): 169-176
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[12] Süss J.Persönl.Mitteilung zu autochthonen FSME-Fällen in den östlichen Bundesländern (28.11.2005)
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[17] Landesuntersuchungsanstalt für
das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen, LUA-Mitteilung
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[18] Süss J. Die FSME-Risikogebiete in
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Landkreis (Schwalm-Eder-Kreis,
Hessen). ImpfDialog 4; 3: 147-149
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rathausnachrichten [4.8.2005]
Prof. Dr. A. Windorfer1,
Dr. med. Christian Schönfeld2
1Niedersächsisches
Landesgesundheitsamt
Hannover
2Tropeninstitut
Berlin
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