Fabeln - Gemeindeschulen
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Fabeln - Gemeindeschulen
Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" TEXT Fa01 Fabeln: Der Löwe und das Mäuschen (Äsop) Ein Mäuschen lief über einen schlafenden Löwen. Der Löwe erwachte und ergriff es mit seinen gewaltigen Tatzen. "Verzeihe mir", flehte das Mäuschen, "meine Unvorsichtigkeit, und schenke mir mein Leben, ich will dir ewig dafür dankbar sein. Ich habe dich nicht stören wollen." Großmütig schenkte er ihr die Freiheit und sagte lächelnd zu sich, wie will wohl ein Mäuschen einem Löwen dankbar sein. Kurze Zeit darauf hörte das Mäuschen in seinem Loche das fürchterliche Gebrüll eines Löwen, lief neugierig dahin, von wo der Schall kam, und fand ihren Wohltäter in einem Netze gefangen. Sogleich eilte sie herzu und zernagte einige Knoten des Netzes, so dass der Löwe mit seinen Tatzen das übrige zerreißen konnte. So vergalt das Mäuschen die ihm erwiesene Großmut. Selbst unbedeutende Menschen können bisweilen Wohltaten mit Wucher vergelten, darum behandle auch den Geringsten nicht übermütig. Aesop Der griechische Fabeldichter Äsop lebte angeblich Mitte des 6. Jahrhunderts vor Christus. Die ihm zugeschriebenen Fabeln gehen wahrscheinlich auf mündliche Überlieferung zurück. Äsop soll als Sklave einem Herrn auf der Insel Samos gedient haben und auf falsche Anschuldigungen hin zum Tode verurteilt und von einem Felsen herabgestürzt worden sein. Fabel: In der Fabel handeln und sprechen zumeist Tiere. Viele dieser Tierfiguren verkörpern feststehende menschliche Charaktereigenschaften: Der Fuchs gilt als schlau, der Esel als dumm, der Löwe als mächtig, der Wolf als gierig. Die Tiere sind häufig Gegner (Fuchs und Rabe, Wolf und Lamm, Löwe und Esel). Sie führen z.B. Streitgespräche, an deren Ende der Stärkere oder der Listigere siegt. Aus den Fabeln soll man Lehren für das eigene Verhalten gegenüber anderen Menschen ziehen. Arbeitsaufgaben∗: 1) Suche jeweils drei treffende Adjektive für den Löwen und die Maus. 2) Was will diese Fabel uns beibringen? 3) Kannst du dir vorstellen, dass die Fabel etwas mit Äsops Leben zu tun hat? 4) Zeichne ein Bild zur Fabel. 5) Versuche, mehr über Äsop herauszufinden. ∗ schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" TEXT Fa02 Fabeln: Der geschmeichelte Sänger (Jean de la Fontaine) Ein Rabe saß auf einem Baum und hielt im Schnabel einen Käse; den wollte er verzehren. Da kam ein Fuchs daher, der vom Geruch des Käses angelockt war. »Ah, guten Tag, Herr von Rabe!«, rief der Fuchs. »Wie wunderbar Sie aussehen! Wenn Ihr Gesang ebenso schön ist wie Ihr Gefieder, dann sind Sie der Schönste von allen hier im Walde!« Das schmeichelte dem Raben, und das Herz schlug ihm vor Freude höher. Um nun auch seine schöne Stimme zu zeigen, machte er den Schnabel weit auf - da fiel der Käse hinunter. Der Fuchs schnappte ihn auf und sagte: »Mein guter Mann, nun haben Sie es selbst erfahren: ein Schmeichler lebt auf Kosten dessen, der ihn anhört - diese Lehre ist mit einem Käse wohl nicht zu teuer bezahlt.« Der Rabe, bestürzt und beschämt, schwur sich zu, dass man ihn so nicht wieder anführen sollte - aber es war ein bisschen zu spät. Jean de La Fontaine Geboren 1621 in Chateau-Thierry (F) und gestorben 1695 in Paris, erhob durch seine Bücher mit Fabeln in Versen die Fabel zum Kunstwerk. Seine Fabeln wurden von dem französischen Graphiker, Maler und Bildhauer Gustave Doré illustriert. Fabel: In der Fabel handeln und sprechen zumeist Tiere. Viele dieser Tierfiguren verkörpern feststehende menschliche Charaktereigenschaften: Der Fuchs gilt als schlau, der Esel als dumm, der Löwe als mächtig, der Wolf als gierig. Die Tiere sind häufig Gegner (Fuchs und Rabe, Wolf und Lamm, Löwe und Esel). Sie führen z.B. Streitgespräche, an deren Ende der Stärkere oder der Listigere siegt. Aus den Fabeln soll man Lehren für das eigene Verhalten gegenüber anderen Menschen ziehen. Arbeitsaufgaben∗: 1) Suche jeweils drei treffende Adjektive für den Raben und den Fuchs. 2) Was will diese Fabel uns beibringen? 3) Vergleiche die Fabel mit „Der Rabe und der Fuchs“ (Fa03). 4) Zeichne ein Bild zur Fabel. 5) Such und lies eine andere Fabel. ∗ schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" TEXT Fa03 Fabeln: Der Rabe und der Fuchs (Gotthold Ephraim Lessing) Ein Rabe trug ein Stück vergiftetes Fleisch, das der erzürnte Gärtner für die Katzen seines Nachbarn hingeworfen hatte, in seinen Klauen fort. Gerade wollte er es auf einer alten Eiche verzehren, als sich ein Fuchs herbeischlich und ihm zurief: "Sei mir gesegnet, schöner Vogel!" "Für wen siehst du mich an?", fragte der Rabe erstaunt. "Für wen ich dich ansehe?", erwiderte der Fuchs. "Bist du nicht der rüstige Adler, der täglich auf diese Eiche herabkommt, mich Armen zu speisen? Warum verstellst du dich? Sehe ich denn nicht in der siegreichen Klaue die erflehte Gabe?" Der Rabe freute sich, für einen Adler gehalten zu werden. „Ich muss“, dachte er, „den Fuchs aus diesem Irrtume nicht bringen.“ Großmütig überließ er seinen Raub dem Fuchs und flog stolz davon. Der Fuchs fing das Fleisch lachend auf und fraß es mit boshafter Freude. Doch bald verkehrte sich die Freude in ein schmerzhaftes Gefühl. Das Gift fing an zu wirken, und er musste sterben. Möchtet ihr euch nie etwas anderes als Gift erloben, verdammte Schmeichler! Gotthold Ephraim Lessing Lessing wurde am 22.1.1729 geboren. Sein Vater war Pastor. Der junge Lessing besuchte zuerst die Stadtschule in Kamenz, von 17411746 die Fürstenschule in Meißen. Er studierte danach Medizin (1746-1748) und Theologie in Leipzig. Danach lebte er als freier Schriftsteller in Berlin, wo er für mehrere Zeitungen schrieb. Er hatte Verbindung zu verschiedenen Theatergruppen und schrieb für diese seine ersten Stücke. Dauernd in Geldnot nahm er in Breslau eine Stelle als Sekretär beim General Tauentzien an (1760-1765). 1767 erhielt er eine Anstellung als Dramaturg und Kritiker am Deutschen Nationaltheater in Hamburg, 1770 eine Stelle als Bibliothekar in Wolfenbüttel. Lessing starb am 15.2.1781 in Braunschweig. Er gilt heute als einer der großen deutschen Schriftsteller. Mit seinem Drama „Nathan der Weise“ hat er ein überzeugendes Werk gegen Vorurteile, für Duldung und edle Menschlichkeit geschrieben. Fabel: In der Fabel handeln und sprechen zumeist Tiere. Viele dieser Tierfiguren verkörpern feststehende menschliche Charaktereigenschaften: Der Fuchs gilt als schlau, der Esel als dumm, der Löwe als mächtig, der Wolf als gierig. Die Tiere sind häufig Gegner (Fuchs und Rabe, Wolf und Lamm, Löwe und Esel). Sie führen z.B. Streitgespräche, an deren Ende der Stärkere oder der Listigere siegt. Aus den Fabeln soll man Lehren für das eigene Verhalten gegenüber anderen Menschen ziehen. Arbeitsaufgaben∗: 1) Suche jeweils drei treffende Adjektive für den Raben und den Fuchs. 2) Was will diese Fabel uns beibringen? 3) Wodurch zeichnet sich Lessings Werk „Nathan der Weise“ aus? 4) Muss man den letzten Satz wörtlich nehmen? 5) Zeichne ein Bild zur Fabel. 6) Vergleiche diese Fabel mit „Der geschmeichelte Sänger“ (Fa02). ∗ schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" TEXT Fa04 Fabeln: Lauter Hirsche (Johann Wilhelm Ludwig Gleim) Ein Hirsch mit prächtigem Geweih Von achtzehn Enden ging spazieren. Ein Hase lief vorbei, Sah ihn und stutzte. Starr auf allen vieren Steht er und gafft ihn an, Macht Männchen, geht heran, Sagt: „Lieber, seh mich an! Ich bin ein kleiner Hirsch. Denn, spitz ich meine Ohren, So hab ich ein Geweih wie du!“ Ein Esel hörte zu, Sprach: „Häschen, du hast Recht! Wir sind von einerlei Geschlecht, Der Hirsch und ich und du!“ Der Hirsch tat einen Seitenblick und ging in seinen Wald zurück. Johann Wilhelm Ludwig Gleim Geboren am 2.4.1719 im Harz (D); gestorben am 18.2.1803 in Halberstadt. Gleim war das vierte Kind eines Obereinnehmers. 1735 starben beide Eltern; wohlhabende Gönner ermöglichten aber das Studium (Philosophie und Rechtswissenschaft). Ab 1743 arbeitete er in Berlin als Hauslehrer, dann als Stabssekretär des Prinzen Wilhelm von BrandenburgSchwedt. 1747 wurde er zum Sekretär des Domkapitels in Halberstadt ernannt; 1756 erhielt er ein Kanonikat des Stifts Walbeck bei Helmstedt. Die dadurch erreichte, finanziell wohlabgesicherte Position ermöglichte es dem Junggesellen, in Halberstadt seinen Traum von einem Leben als Dichter zu verwirklichen. Er stand in freundschaftlichem Kontakt mit vielen Schriftstellern und scharte den Halberstädter Dichterkreis um sich, einen Bund junger Literaten, die er selbstlos förderte. Bis ins hohe Alter genoss er als »Vater Gleim« hohes Ansehen. Fabel: In der Fabel handeln und sprechen zumeist Tiere. Viele dieser Tierfiguren verkörpern feststehende menschliche Charaktereigenschaften: Der Fuchs gilt als schlau, der Esel als dumm, der Löwe als mächtig, der Wolf als gierig. Die Tiere sind häufig Gegner (Fuchs und Rabe, Wolf und Lamm, Löwe und Esel). Sie führen z.B. Streitgespräche, an deren Ende der Stärkere oder der Listigere siegt. Aus den Fabeln soll man Lehren für das eigene Verhalten gegenüber anderen Menschen ziehen. Arbeitsaufgaben∗: 1) Wenn du das Verhalten der beteiligten Tiere auf den Menschen beziehst, wie kannst du es dann nennen? 2) Welche Rolle spielt der Esel in dieser Fabel? 3) Im Vergleich zu anderen Fabeln ist diese eher eine Spielerei. Die „Lehre“ tritt hinter dem Scherzhaften zurück. Zeige, woran man das erkennt. 4) Zeichne ein Bild zur Fabel. 5) Was bedeutet: „Wir sind von einerlei Geschlecht?“ ∗ schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6" TEXT Fa05 Fabeln: Das Storchenland (Johann Heinrich Pestalozzi) Ein Reisender verirrte sich in ein abgelegenes Tal, darin er keine Stimme hörte als quakende Frösche; er konnte nicht weiter; alles war Sumpf. Doch ehe er zurückging, fragte er noch einen Frosch, warum hierzulande alles quake. Der Frosch erwiderte: »Unser glückliches Land ist wie kein anderes bis auf seine hintersten Winkel für unsern Gott organisiert.«– »Und wer ist denn euer Gott?«, sagte der Fremde. Der Frosch antwortete: »Der Storch.« Johann Heinrich Pestalozzi Geboren am 12.1.1746 in Zürich (CH); gestorben am 17.2.1827 in Brugg. Pestalozzi entstammte einer italienischen Kaufmannsfamilie, die seit Mitte des 16. Jahrhunderts in Zürich lebte. Er bereitete sich auf politischadministrative Aufgaben vor; als diese Pläne scheiterten, entschloss er sich nach einjähriger Lehrzeit Bauer zu werden und auf das Birrfeld bei Brugg zu ziehen. Wegen einiger Fehlernten musste er den Betrieb durch die Weiterverarbeitung von Baumwolle stützen; dazu zog er auch verarmte Kinder aus der Umgebung heran. 1774 wandelte er den Hof in eine Armenanstalt um, die er wegen finanzieller Probleme 1780 wieder aufgeben musste. Als 1798 die Französische Revolution auch auf die Schweiz übergriff, wurde er durch die neue Zentralregierung beauftragt, in Stans zur Betreuung der Waisenkinder eine Armenanstalt einzurichten, die allerdings unter dem Druck des französisch-österreichischen Krieges nach sieben Monaten wieder geschlossen wurde. 1799 ermöglichte es ein Auftrag der Zentralregierung, in Burgdorf die in Stans entwickelten Unterrichtsmethoden weiter zu erproben. 1804/05 wurde das Institut nach Iferten verlegt und entwickelte sich dort für etwa zwei Jahrzehnte zu einem pädagogischen Zentrum Europas. 1825 löste er die Anstalt auf und zog sich auf seinen Hof im Birrfeld zurück. Fabel: In der Fabel handeln und sprechen zumeist Tiere. Viele dieser Tierfiguren verkörpern feststehende menschliche Charaktereigenschaften: Der Fuchs gilt als schlau, der Esel als dumm, der Löwe als mächtig, der Wolf als gierig. Die Tiere sind häufig Gegner (Fuchs und Rabe, Wolf und Lamm, Löwe und Esel). Sie führen z.B. Streitgespräche, an deren Ende der Stärkere oder der Listigere siegt. Aus den Fabeln soll man Lehren für das eigene Verhalten gegenüber anderen Menschen ziehen. Arbeitsaufgaben∗: 1) Warum ist der Storch für die Frösche ein Gott? 2) Was will diese Fabel uns beibringen? 3) Weshalb war Pestalozzi ein Wohltäter in seiner Zeit? 4) Kennst du Situationen aus der Geschichte oder deinen Erfahrungen, die auf diese Fabel zutreffen? 5) Zeichne ein Bild zur Fabel. 6) Versuche, mehr über die Erziehungsmethoden Pestalozzis herauszufinden. ∗ schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit