Metabolic Engineering
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Metabolic Engineering
07 BRAIN special: Coping with complexity in metabolic engineering Über den Umgang Coping with mit Komplexität complexity beim „Metabolic in metabolic Engineering“ engineering „Metabolic Engineering“ kontrolliert die Komplexität mikrobieller Systeme, um nachhaltige und wirtschaftliche Produktionswege für hochwertige Chemikalien zu entwickeln. • Metabolic engineering aims to control the complexity of microbial systems in order to establish sustainable and economically viable production routes for valuable chemicals. TEXT: Dr. Jörg Mampel1, Dr. Jörg Büscher 1, Dr. Guido Meurer 1, Dr. Jürgen Eck1 Illustration: Tilman Zitzmann I m letzten Jahrzehnt hat die Systembiologie eine große metabolische (Stoffwechsel-) und regulatorische Komplexität selbst in den scheinbar einfachen mikrobiellen Systemen aufgedeckt. „Metabolic Engineering“ zielt auf die Kontrolle dieser Komplexität ab, um nachhaltige und ökonomisch tragbare Produktionswege für hochwertige Chemikalien zu etablieren. Die Fortschritte bei der Erhebung von „Systems Level“-Daten und bei n the past decade, systems biology has revealed der Modellierung des zellulären Stoffwechgreat metabolic and regulatory complexity sels und seiner Regulation zusammen mit even in seemingly simple microbial systems. enormen Fortschritten in der synthetischen Metabolicengineering aims to control this com- Biologie sind die Voraussetzungen dafür, plexity in order to establish sustainable and eco- die Biotechnologie einen großen Schritt vonomically viable production routes for valuable ranzubringen. Großes Potenzial liegt dabei in der Rechemicals. Recent advances in systems-level data generation and modeling of cellular metabolism duktion der zellulären Komplexität durch and regulation together with tremendous pro- Orthogonalisierung der metabolischen gress in synthetic biology will provide the tools Module. Nachfolgend werden die aktuelto put biotechnologists on the fast-track for im- len Fortschritte zusammengefasst, die es dem „Metabolic Engineer“ ermöglichen, plementing novel production processes. I 1 BRAIN Dieser Artikel erschien in einer Fachzeitschrift und wurde für die Verwendung in BLICKWINKEL gekürzt. Auf die genaue Angabe der Literaturstellen wurde hier verzichtet. · This article appeared in a jounal and was adapted for use in BLICKWINKEL. The exact references have been omitted here. BRAIN speZial: Über den Umgang mit Komplexität beim „Metabolic Engineering“ BRAIN special: Coping with complexity in metabolic engineering bei vermindertem Zeit- und Arbeitsaufwand rationalisierte mikrobiologische Zellfabriken zu berechnen, zu gestalten und zu bauen. Die Komplexität in Angriff nehmen „Systems Level“-Daten Betrachtung der Daten auf der Ebene eines gesamten Systems – im Gegensatz zur Detailbetrachtung Transkriptom Gesamtheit der abgelesenen Gene (mRNA) in einer Zelle zu einem bestimmten Zeitpunkt Nach Jahrzehnten der überwiegend reduktionistischen biologischen Forschung, die auf einzelne Gene oder Proteine fokussiert war, macht sich die Systembiologie daran, diese Einzelteile zu einem ganzheitlichen Bild zusammenzusetzen. Dies wird vor allem durch technologische Fortschritte auf zwei Gebieten ermöglicht: (i) analytische Techniken, um DNA, RNA, Proteine oder Metabolite zu quantifizieren und zu charakterisieren, die nunmehr sensitiv und umfassend genug sind, um aussagekräftige Momentaufnahmen mikrobieller Zellen zu liefern; (ii) mathematische Darstellungen biologischen Wissens und statistische Datenanalysen, die eine Bearbeitung stetig steigender Datenmengen ermöglichen. Bedeutende Meilensteine bei der Erstellung von „Systems Level“-Daten sind z. B. die Sequenzierung eines Escherichiacoli-Isolats in nur 62 Stunden, die detaillierte Charakterisierung des Transkriptoms durch RNA-Sequenzierung und die Abdeckung des gesamten dynamischen Bereichs vollständiger Proteome. Da Phänotypen auf dem Zusammenspiel einzelner zellulärer Komponenten beruhen, bietet die parallele Analyse dieser Komponenten zusätzliche Einblicke. Zum Beispiel ermöglichte die Kombination von Transcriptomics, Proteomics und Metabolomics die Identifizierung eines allgemeinen Mechanismus für die metabolische Homöostase. Die nächste Stufe der Datenkomplexität wurde mit der zeitaufgelösten Datenerhebung in Multiomics-Experimenten erreicht, wodurch die Identifizierung der entscheidenden Regulationsereignisse während dynamischer Anpassungsprozesse ermöglicht wurde. Stöchiometrische Modellierungen erleichtern das quantitative Verständnis des Stoffwechsels auf Genomebene und die Verknüpfung von Genotypen und Phänotypen Great potential lies in the reduction of cellular complexity by orthogonalization of metabolic modules. Here, we review recent advances that will eventually enable metabolic engineers to predict, design and build streamlined microbial cell factories with reduced time and effort. Confronting complexity After decades of mostly reductionistic biological research that focused on single genes or proteins, systems biology is on its way to assemble these pieces of information into one holistic picture. These efforts build heavily on two types of technological advances: (i) analytical techniques to quantify and characterize DNA, RNA, proteins, or metabolites which are now sensitive and comprehensive enough to produce meaningful snapshots of microbial cells; (ii) mathematical representa- # 512 2 ^ 9 = 2 x 2 x 2 x 2 x 2 x 2 x 2 x 2 x 2 = 512 dots, arranged in cubes. 2 x 2 dots arranged in cubes, tions of biological knowledge and statistical data arranged in 2 x 2 meta-cubes, arranged in 2 x 2 meta-cubes. analysis that enable the analysis of ever increasing amount of data. Recent milestones in systems level data generation include the sequencing of an Escherichia coli isolate in just 62 hours, the in-depth characterization of transcriptomes by RNA-sequencing, and the coverage of the full dynamic range of complete proteomes. Because phenotypes are generated by the interplay of all cellular components, Systems level data Analysis of the data of an entire system — as opposed to detailed analysis Transcriptome Total reading of all genes (mRNA) in a cell at a given time the parallel analysis of these components offers additional insight. For instance, the combination of transcriptomics, proteomics, and metabolomics identified a general mechanism for metabolic homeostasis. The next level of data complexity was reached by generating multi-omics data in a time resolved manner, thus enabling the identification of the pivotal regulatory events during dynamic adaptation processes. Constraint based modelling greatly eases the quantitative understanding of metabolism on a genome scale and facilitates linking genotypes to phenotypes. Recently, a single whole-cell in silico model described the dynamic interplay of all cellular components of the near BLICKWINKEL • KOMPLEXITÄT complexity „Metabolic Engineering“ Machining process to opti mise the data, cells and metabolic pathways (data / cell /pathway engineering) erheblich. Unlängst konnte ein umfassendes In-silico-Modell einer einzelnen Zelle das dynamische Zusammenspiel aller zellulären Komponenten des Modellbakteriums Mycoplasma genitalium in bislang unerreichter Detailtiefe beschreiben. Durch die Strukturie rung zellulärer Funktionen in Modulen und das iterative Modellieren der Interaktionen zwischen diesen Modulen konnten nicht minimal-genome model bacterium Mycoplasma offensichtliche Verknüpfungen zwischen genitalium. Modularization of cellular functions zellulären Systemen aufgedeckt werden, and iterative modelling of the interactions among beispielsweise die Kontrolle des Zellzyklus modules establishes non-obvious links across cel- durch Metabolitkonzentrationen. Wir erlular systems such as the control of cell cycle by warten, dass eine weitere Verfeinerung metabolite concentrations. We expect that further dieses Ansatzes und seine Ausweitung auf refinement of this approach and its extension to komplexere Organismen zukünftig verbesmore complex organisms will enable improved serte Vorhersagen von Phänotypen basiepredictions of phenotypes from genotypes in the rend auf den Genotypen ermöglichen. Die allerersten industriellen Produktifuture. The very first production strains that were onsstämme, die durch Zufallsmutagenese derived from natural isolates by random muta aus Isolaten aus der Natur hervorgingen, genesis were treated as “black boxes” with little wurden als Blackbox betrachtet, da nur knowledge of their intracellular processes. Meta- wenig über ihre intrazellulären Prozesse bolic engineering has come a long way, but for bekannt war. Obwohl schon seit mehreren 09 BRAIN speZial: Über den Umgang mit Komplexität beim „Metabolic Engineering“ 11 BRAIN special: Coping with complexity in metabolic engineering Handhabung der Komplexität durch „Systems Level Engineering“ # 497 Four touching spheres form a tetrahedron „Metabolic Engineering“ Bearbeitungsvorgang zur Optimierung von Daten, Zellen und Stoffwechselwegen (data /cell /pathway engineering) Jahrzehnten „Metabolic Engineering“ betrieben wird, konnte diese Blackbox immer noch nicht vollständig geöffnet werden, und so müssen sich „Metabolic Engineering“Experten damit abfinden, dass es in ihren vertrauten mikrobiellen Arbeitstieren noch ungeklärte Komplexität gibt. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund sozio-ökonomischer Sachzwänge künftige biotechnologische Produktionsprozesse die zusätz- the time being, metabolic engineers must still acliche Herausforderung meistern müssen, cept much unaccounted complexity inherent to komplexere Nährstoffe wie Lignin oder their standard microbial workhorses when develAbfallströme anstelle definierter Kohlen oping biotechnological processes. Due to sociostoffquellen zu verwenden, um noch economic implications, future biotechnological höherwertige Mono- oder Polymere auf production processes will face the additional chalbiologischer Grundlage zu produzieren. lenge on using more complex feedstocks such as In diesem Artikel fassen wir die Konzepte lignin or waste streams instead of defined carbon zusammen, die sich mit diesen Komplexi- sources to produce even more advanced bio-based täts-Herausforderungen befassen. Wir fo- monomers or polymers. In this article, we review kussieren uns auf die Anstrengungen, die concepts confronting this complexity challenge. unternommen werden, um die Kontrolle We focus on efforts to gain control over the simüber die einfachsten biotechnologischen plest biotechnological production facilities: the Produktionseinheiten zu erlangen: die prokaryotes. Prokaryoten. BLICKWINKEL • KOMPLEXITÄT complexity Eine fundamentale Erkenntnis, die aus der systemweiten Analyse der einfachsten mikrobiellen Zellen gewonnen werden kann, ist, dass der Großteil der biologischen Diversität von prokaryotischen Lebensarten ausgemacht wird. Sackgassen beim klassischen Managing complexity by systems level (d. h. nicht modellbasierten), gezielten engineering „Metabolic Engineering“ entstehen häufig A fundamental lesson that can be learned durch die Diskrepanz zwischen dem von from system-wide analyses of even simple microbi- einer Vielzahl von Genen geprägten geal cells is the large diversity in prokaryotic lifestyles. wünschten Phänotyp einerseits und unseDead-end roads in classical (i. e. not model-based) rem immer noch rudimentären Verständnis targeted metabolic engineering are often caused der Komplexität der Zelle andererseits. Im by the multigenic nature of the desired phenotype Folgenden zeigen wir aktuelle Ansätze auf, combined with our still rudimentary understand- um entweder durch Verringerung der Koming of the cell’s complexity. Here, we spotlight plexität oder durch Inkaufnahme eines nur recent approaches to gain control over a micro- teilweisen Verständnisses des vorliegenden organism either by reducing the complexity or by biologischen Systems die Kontrolle über coping with only a partial understanding of the einen Mikroorganismus zu erlangen. Bei biological system at hand. In the latter case, tar- Letzterem baut das zielgerichtete „Systems geted systems level engineering builds upon a ge- Level Engineering“ auf einem genombanome scale model prediction and implements the sierten Vorhersagemodell auf und wendet required molecular modifications in a host strain die notwendigen molekularen Modifikatioof choice. The alternative approach of non-target- nen im jeweils gewählten Wirtsorganismus ed systems level engineering randomly introduces an. Im alternativen Ansatz des nicht zielgegenome-wide modifications to the transcriptome richteten „Systems Level Engineering“ werden im gesamten Genom zufällige Modifiand selects the most favourable mutant. kationen eingeführt und die vorteilhafteste Mutante ausgewählt. Targeted Systems Level Engineering Targeted systems level engineering is highly rational and generates fully characterized strains Zielgerichtetes „Systems Level Engineering” via precise genetic modifications. Many studies Zielgerichtetes „Systems Level Engin eering“ ist hochgradig rational und schafft of this design principle were established for amino vollständig charakterisierte Stämme durch acid biosynthesis in E. coli and C. glutamicum with präzise genetische Modifikationen. Bei finalyields about 50 % of the theoretical maximum, vielen Untersuchungen wird allerdings nur comparing well to industrial producer strains. The ein begrenztes Set systemweiter Analysen current cost of system-level data in terms of time, angewendet, um nachfolgend Angriffsmanpower, and expertise might have impeded punkte für das „Metabolic Engineering“ comprehensive systems biology approaches in zu identifizieren. Die derzeitigen Kosten applied biotechnology so far. However, recent ap- der Generierung systemweiter Datenproaches enable systems metabolic engineering sätzen hinsichtlich Zeit, Arbeitskraft und Expertise haben die flächendeckende Anbased on less-than-comprehensive data sets. With a better understanding of regulatory wendung von Systembiologie-Ansätzen in networks, regulatory modifications could be used der angewandten Biotechnologie bisher in a targeted way to enter the next level of en- verhindert. Jedoch erlauben die neueren use a limited set of system-level analyses to iden- tify targets for metabolic engineering. Prototypes BRAIN speZial: Über den Umgang mit Komplexität beim „Metabolic Engineering“ Ansätze die Anwendung des „Systems Metabolic Engineering“ basierend auf weniger umfänglichen Datensätzen. Durch ein besseres Verständnis der Regulationsnetzwerke könnten Modifikationen der Regulatoren gezielt eingesetzt werden, um die nächste Stufe der Optimierung von Produktionsstämmen zu erreichen. Hybridmodelle, die sowohl metaboli- gineering production strains. Hybrid models that sche Reaktionen als auch ihre Regulation include both metabolic reactions and their regulaumfassen, sind bereits für kleine Systeme, tion are already available for small systems such as wie eine osmotische Schockreaktion in He- the osmotic shock response in yeast and in a simfen, und in einer vereinfachten Form auch plified form at genome scale. A first application is auf Genomebene verfügbar. Eine erste An- the production of reduced products in arcA delewendung ist die Herstellung reduzierter tion mutants of E. coli. Functional units in prokaryStoffwechselprodukte in arcA-Deletions- otes are already organized in co-regulated modmutanten von E. coli. Funktionelle meta- ules such as operons and regulons that affect all bolische Einheiten werden in Prokaryon- involved pathways in a synchronized and balanced ten bereits in koregulierten Modulen wie way. Eventually, engineering these modules can Operons und Regulons organisiert, die alle complement or even replace engineering single beteiligten Stoffwechselwege auf synchro- genes to further increase the yield of engineered nisierte und ausbalancierte Art und Weise productions strains. beinhalten. Das Engineering dieser Module kann das Optimieren einzelner Gene Non-targeted Systems Level Engineering ergänzen oder sogar ersetzen, um so die Ausbeute veränderter Produktionsstämme Non-targeted systems level engineering weiter zu verbessern. requires less prior knowledge than targeted en- Nicht zielgerichtetes „Systems Level Engineering“ wiegend nachvollziehbar. Engineering auf Genomebene umfasst Technologien wie das Engineering des globalen Transkriptionsapparats, bei dem Mutationen in definierten Bestandteilen des Transkriptionsapparats eingeführt werden, oder Genomeditierung, die bei vielfältigen genomischen Targets parallel durch Transformation der Zellen mit einer Bibliothek aus Transkriptions-Regulationsis fulfilled, we expect this approach to become Oligonukleotiden ansetzt. Die wichtigste more widely used as the cost for oligonucleotide Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung von nicht zielgerichtetem „Systems synthesis decreases. Level Engineering“ ist die Verfügbarkeit eines zuverlässigen Screening-Assays für Reduced complexity by minimal genomes die Selektion eines gewünschten Klons. In Current knowledge for even the best studied Fällen, bei denen diese Voraussetzung erfree-living prokaryotes such as E. coli and Bacillus füllt ist, erwarten wir, dass dieser Ansatz subtilis, does not provide a truly predictive under- breiter angewendet wird, wenn die Kosstanding of cellular responses to genetic and envi- ten für die Oligonukleotidsynthese sinken. ronmental perturbations. As a consequence, synthetic biologists strive to build biological systems based solely on the essential parts that constitute comprehensive and predictive modelling, thereby improving speed and precision of the strain engineering process. Two alternative approaches currently compete for the creation of the smallest self-replicating cell: (i) de novo synthesis of a mini- gineering and is thus more widely applicable. mal genome or (ii) the stepwise defined reduction Global changes in gene expression generate phe- of a complex genome. notypes that are subsequently screened for the The minimal genome by reduction „Deep“-Sequenzierung Sequenziertechnologien der neuesten Generation lesen jedes einzelne Nukleotid eines Gens oder Genoms bis zu mehreren Hundert Malen (Sequenziertiefe). Dadurch wird die Präzision der ermittelten Gensequenz stark verbessert. on chemical mutagens or ultraviolet light routinely generates multiple DNA-modifications at once. Although deep-sequencing allows for identification of all resulting mutations, this is often uninformative concerning the genotype-phenotype relationship. Thus, the exact basis for the respective phenotype often remains elusive. In contrast, mutations introduced by genome-scale engineering are widely traceable. Genome-scale engineer- Reduzierte Komplexität durch Minimalgenome a living system. Reducing the complexity facilitates desired properties. Random mutagenesis based Nicht zielgerichtetes „Systems Level Engineering“ setzt weniger Vorwissen voraus als zielgerichtetes Engineering und ist daher breiter anwendbar. Durch globale Veränderungen in der Genexpression wurden Genotypen geschaffen, die anschließend auf gewünschte Eigenschaften durchmustert werden. Mittels Zufallsmutagenese basierend auf chemischen Mutagenen oder ultraviolettem Licht werden in der Routine vielfache DNA-Modifikationen auf einmal eingeführt. Obwohl „Deep“-Sequenzierung die Identifizierung aller entstandenen Mutationen erlaubt, können dabei nur selten die für den Phänotyp wesentlichen Mutationen identifiziert werden. Daher bleibt die exakte Basis des jeweiligen Phänotyps oftmals unklar. Im Gegensatz dazu sind Mutationen, die durch Engineering auf Genomebene eingeführt wurden, über- 13 BRAIN special: Coping with complexity in metabolic engineering The genome size of typical biotechnological Deep-sequencing The next generation of s equencing technology that reads every single nucleotide of a gene or genome up to several hundred. As a result, the accuracy of the calculated gene sequence is greatly improved. workhorses like E. coli or B. subtilis is in the range of 4 Mbp encoding some 4000 genes, whereas the common amino acid producer C. glutamicum only possesses 3.3 Mbp. The smallest genomes of natural self-replicating prokaryotic cells encode as few as 500 genes. Global transposon mutagenesis has revealed the putatively minimal set of 387 ing includes technologies like global transcription genes indispensible for life of Mycoplasma geni- machinery engineering and genome editing us- talium; but the minimal number might be smaller, ing oligonucleotides, e. g. Multiplex Automated implying that the cell’s vital functions can be en- Genome Engineering (MAGE), or trackable mul- coded by a surprisingly small set of genes. Mo- tiplex recombineering (TRMR), currently culmi- lecular biologists try to take advantage of these nating in more than 80 genome edits within a calculations by stepwise reduction of genome single E. coli cell. The most important prerequisite sizes. A rich toolbox of “molecular-surgery” tech- for the successful application of non-targeted nologies enables sophisticated strategies for ge- systems level engineering is the availability of a nome reduction. reliable screening assay for the selection of a desired clone. In cases for which this prerequisite BLICKWINKEL • KOMPLEXITÄT complexity Das derzeitige Wissen selbst über den am gründlichsten untersuchten einzelligen Prokaryoten wie E. coli oder B. subtilis führt nicht zu einem wirklich vorhersagekräftigen Verständnis der zellulären Antworten der genetischen und von der Umwelt beeinflussten Störeinflüsse. Als Folge davon streben die Experten der synthetischen Biologie danach, biologische Systeme aufzubauen, die nur auf den wesentlichen Teilen eines lebenden Systems basieren. Die Reduzierung der Komplexität erleichtert das Erstellen umfassender und vorhersagekräftiger Modelle, wodurch die Geschwindigkeit und die Präzision des Prozesses der Stammoptimierung verbessert werden. Zwei alternative Ansätze kompetieren derzeit um die Erschaffung der kleinsten selbstreplizierenden Zelle: (i) De-novo-Synthese eines Minimalgenoms oder (ii) die schrittweise definierte Reduktion eines komplexen Genoms. Das Minimalgenom durch Reduzierung Die Genomgröße typischer biotechnologischer Arbeitspferde wie E. coli oder B. subtilis liegt im Bereich von 4 Megabasenpaaren (Mbp), die für etwa 4000 Gene BRAIN speZial: Über den Umgang mit Komplexität beim „Metabolic Engineering“ 15 BRAIN special: Coping with complexity in metabolic engineering [Die Tür für die Konstruktion durch „Engineering“ verbesserter, schlanker und daher weniger komplexer Genome und Organismen ist nun offen.] [The door to the construction of truly engineered, streamlined and thus less complex genomes and organisms is now open.] The minimal genome by de novo synthesis The first genome assembly independent of a biological template was demonstrated by the chemical synthesis of a 7.5 kb poliovirus genome. After 15 years of work, the chemically synthesized genome of Mycoplasma mycoides (1.08 Mbp) was successfully introduced into M. capricolum recipient shell to give M. mycoides JCVI, a selfreplicating organism with a de novo synthesized, codieren, während der weitverbreitete Aminosäurenproduzent C. glutamicum nur 3,3 Mbp aufweist. Die kleinsten Genome der natürlichen selbstreplizierenden prokaryotischen Zellen codieren für nur 500 Gene. Durch umfassende Transposon-Mutagenese wurde ein Minimalset von 387 Genen bestimmt, das Bedingung für das Überleben von Mycoplasma genitalium ist; die Minimalzahl könnte jedoch geringer sein, was impliziert, dass die Lebensfunktionen der Zelle durch ein überraschend kleines Set von Genen codiert sein können. Molekularbiologen versuchen, diese schrittweise Reduzierung der Genomgrö ßen auszunutzen. Ein reichhaltiger Werkzeugkasten von Technologien für „molekulare Chirurgie“ ermöglicht ausgeklügelte Strategien für die Genomreduktion. Das Minimalgenom durch De-novoSynthese yet copied genome. Lessons learned from these pioneering works will facilitate and accelerate future de novo genome syntheses. However, genome transplantation protocols will most likely have to be adapted for each organism individually, Chassis organism A host organism used as a shell with (minimal) basic metabolic equipment for the introduction of elements of a new metabolic pathway — in other words, pathway engineering. probably restricting this approach to a few chassis organisms. Nevertheless, the door to the construction of truly engineered, streamlined and thus less complex genomes and organisms is now open. Orthogonalization to reduce complexity The term orthogonal is routinely used in math- # 272 Unexpected relations ematics and engineering sciences (Figure 1). It describes independence of co-existing subsystems that together build an entity. The term is closely linked to the concept of modularity. In a simplified view, a naturally evolved microbial cell is a fully integrated entity without subsystems. Orthogonal production pathways (e. g. for valuable chemicals) rely on the host strain only for enzyme synthesis and operate independently of the host’s metabolism. Consequently, the unit that needs to be engineered (and thus to be understood) is significantly less complex than a whole self-replicating cell. BLICKWINKEL • KOMPLEXITÄT complexity Der erste Zusammenbau eines Genoms unabhängig von einer biologischen Matrize konnte durch die chemische Synthese eines 7,5-kb-Poliovirus-Genoms gezeigt werden. Nach 15 Jahren Arbeit wurde das chemisch synthetisierte Genom von Mycoplasma mycoides (1,08 Mbp) erfolgreich in M. capricolum als Hülle eingeführt, sodass M. mycoides JCVI erhalten wurde, ein selbstreplizierender Organismus mit einem de-novo-synthetisierten, wenn auch kopierten Genom. Die Lehre aus diesen Pionierarbeiten wird zukünftig De-novo-Genomsynthesen erleichtern und beschleunigen. Protokolle zur Genomtransplantation müssen jedoch höchstwahrscheinlich für jeden Organismus individuell angepasst werden, was diesen Ansatz vermutlich auf wenige „Chassis”-Organismen begrenzen wird. Dennoch ist nunmehr die Tür für die Konstruktion tatsächlich durch „Engineering“ verbesserter, schlanker und daher weniger komplexer Genome und Organismen offen. Chassis-Organismus Ein Wirtsorganismus, der als Hülle mit einer (mini malen) metabolischen Grundausstattung für das Einbringen von Elementen eines neuen Stoffwechsel wegs – also für das Pathway-Egineering – dient. BRAIN speZial: Über den Umgang mit Komplexität beim „Metabolic Engineering“ 17 BRAIN special: Coping with complexity in metabolic engineering Box 1 Ein Schlaglicht auf die Xenobiologie Orthogonalisierung zur Komplexitätsverminderung Abb. 1 Geometrisch betrachtet stehen zwei orthogonale Vektoren rechtwinkligzueinander. In den Ingenieurswissenschaften bedeutet Orthogonalität, dass kleine Untersysteme, die eigenständig entworfen wurden und unabhängig voneinander funktionieren, zusammen als Ganzes funktionieren können. Typischerweise sind orthogonale Systeme in Modulen organisiert, so wie z. B. ein PC aus wesentlichen Untersystemen besteht (z. B. Tastatur, Monitor, Rechner), die selbst wieder aus Modulen zusammengesetzt sind, (z. B. Festplattenlaufwerk, Grafikkarte, Multiprozessor und RAMEinheiten). Der Begriff „orthogonal” wird routinemäßig in der Mathematik und in den Inge nieurswissenschaften verwendet (Abb. 1). Er beschreibt die Unabhängigkeit koexistierender Untersysteme, die zusammen eine Einheit bilden. Der Begriff ist eng verknüpft Synthetic biology, especially synthetic xenomit dem Konzept der Modularität. In biology, offers a variety of potentially useful oreiner vereinfachten Darstellung ist eine thogonal modules (Box 1). Precise and predictable natürlich entstandene mikrobielle Zelle regulation is key to control engineered parts or eine voll integrierte Einheit ohne Unter- pathways in natural hosts but is notoriously prone systeme. Orthogonale Produktionswege to cross-talk. Molecular biologists succeeded in (z. B. für werthaltige Chemikalien) nutzen the isolation of synthetic control elements from den Wirtsstamm nur für the cell’s regulatory network. die Enzymsynthese und funktionieren unabhän Orthogonal metabolism gig vom Metabolismus des Wirts. Folglich ist die The holy grail in metaEinheit, die bearbeitet bolic engineering is the intro(und damit verstanden) duction of heterologous meta werden muss, deutlich bolism decoupled from the weniger komplex als eine host-cell’s metabolic network. ganze selbstreplizierende This avoids unproductive crossZelle. Die synthetische Biotalk of life-sustaining and logie, insbesondere die synthetische Xeno- product-forming biochemical reactions. In the case biologie, bietet eine Vielzahl von potenzi of one single product-forming reaction this is called ell nützlichen orthogonalen Modulen (Box 1). whole-cell biotransformation and separation from Eine präzise und vorhersagbare Regulati- cellular metabolism occurs by using non-natural on ist der Schlüssel zur Kontrolle von Tei- substrates and products. Biodiversity provides a len oder Stoffwechselwegen in natürlichen rich toolbox of biocatalysts assembled in operons Wirten. Diese eingebrachten Teile sind je- or regulons that enable bacteria to degrade or syndoch Wechselwirkungen mit den Kompo- thesize a broad variety of even highly toxic and/or nenten der Wirtszelle unterworfen. Daher xenobiotic small molecules like dioxins or nitroarohaben Molekularbiologen die eingebrach- matic compounds. Intermediates of those pathways ten Teile durch synthetische Kontrollele- are mostly xenobiotic and thus do not interfere with mente vom regulatorischen Netzwerks der the host cell’s core metabolic or regulatory network. Zelle entkoppelt. Consequently even multi-step whole-cell biotrans- Orthogonaler Metabolismus „Cross-Talk” Überlagerung bzw. gemeinsame Nutzung von Signalund Stoffwechselwegen Der heilige Gral beim „Metabolic Engineering” ist die Einführung eines heterologen Metabolismus, der vom metabolischen Netzwerk der Wirtszelle abgekoppelt ist. Dadurch kann unproduktiver „Cross-Talk” zwischen lebenserhaltenden und produktbildenden biochemischen Reaktionen vermieden werden. Im Fall einer einzelnen, Co-Faktor-unabhängigen produktbildenden Fig. 1 In mathematics, change of the magnitude of vector “a” has no influence on the magnitude of vector “b” if both vectors are orthogonal. In engineering sciences, orthogonality refers to building complex products from smaller subsystems that can be designed independently but function together as a whole. Typically, orthogonal subsystems are organiz ed as modules, such as e.g. a personal computer is composed of major subsystems (e.g. keyboard, monitor, computer) which by themselves are composed of modules (e.g. the hard disk drive, graphics card, multiprocessor- and RAM-units). formations can operate orthogonally. Spatial orthogonality by engineering bacterial microcompartments Eukaryotic metabolism is a prime example for partial orthogonalization by spatial separation of major cellular processes like protein degradation (lysosomes), RNA synthesis (nucleus), or energy production (mitochondria). The prototype textbook prokaryotic cell has no subcellular compartments. However, bacteria of the ubiquitous BLICKWINKEL • KOMPLEXITÄT complexity Die Idee der Synthetischen Biologie wird durch die Xenobiologie auf die Spitze getrieben. Ihr Ziel ist es, lebende Systeme aufzubauen, die zwar von biologischen Blaupausen abgeleitet sind, aber unabhängig von standardisierten biologischen Bausteinen und Bedingungen funktionieren. Daher wird die Xenobiologie durch die beiden fundamentalsten Fragen der Naturwissenschaften inspiriert: Was macht ein lebendes System aus und kann es de novo geschaffen werden? Die Xenobiologie wird durch unabhängige Forschung zum Ursprung des Lebens (Protozellen), die Exobiologie (Astrobiologie) und die Systemchemie angetrieben. Die bedeutendsten Projekte in dieser Richtung sind die Forschungen auf dem Gebiet der DNA-Modifizierung oder zum Ersatz von DNA zur Informationsspeicherung. Beispiele für DNA-Modifizierungen sind vergrößerte DNA-Moleküle (xDNA / A spotlight on Xenobiology yDNA), die durch Benzo-Homologation oder BenzoXenobiology is one extreme discipline within the broad Fusion generiert werden; das „Engineering“ von field of synthetic biology. Xenobiology aims to build living Polymerasen dahingehend, dass sie Xeno-Nukleo systems guided by biological blueprints but ideally inde- tide akzeptieren, um XNA (Xeno Nucleic Acids, pendent of standard biological building blocks and con- Desoxyribose ist durch alternative Kohlenhydrate straints. Hence, Xenobiology is energized by two of the most ersetzt) zu synthetisieren; oder das genetische Alfundamental questions in life sciences: what makes up a liv- phabet auf einen Sechs-Basen-Code zu erweitern. Eine extreme theoretische Spielart der Xenoing system and can it be created de novo? Concepts within xenobiology are fuelled by rather independent research on biologie wurde von George Church vorgeschlagen, the origin of life (protocells), exobiology (astrobiology), and der den Begriff des gespiegelten Lebens eingeführt systems chemistry. The most distinguished projects within hat. Dies bedeutet, dass Proteine, die normalerthe field comprise research to modify or replace DNA for weise aus linksorientierten Aminosäuren bestehen, information storage. Examples include size expanded DNAs stattdessen rechtsorientierte Aminosäuren ent(xDNA / yDNA) obtained by a process called benzo-homolo- halten. Wenn man diesen Gedanken weiterdenkt, gation or benzo-fusion, engineering polymerases to accept könnten diese Proteine die Grundlage einer neuXNA-nucleotides to synthesize and amplify XNA (Xeno Nu- en und daher vollständig orthogonalen Biochemie cleic Acids, desoxyribose replaced by alternative carbohy- sein. Weniger herausragend, aber immerhin bereits drates) or vice versa, or extending the genetic alphabet to a real, sind die Bemühungen, den genetischen Standard-Code entweder durch Umcodierung eines six-base code. One extreme theoretical embodiment of xenobiology bestimmten Stopcodons („amber“) in Aminosäurewas put forward by George Church introducing the mirror- codierende Codons oder sogar durch Änderungen life concept in which proteins that would normally be made des Codes mittels Einführung eines Vierer-Codons of left-handed amino acids would instead contain right- zu erweitern. Die Decodierung des geänderten handed amino acids. Extending on this line of speculation, Codes wurde ebenfalls angegangen und konnte these proteins would give rise to a novel, thus fully orthogo- durch erfolgreiches erneutes „Engineering“ der orthogonalen mRNA-Ribosomenpaare (ribo-X, ribonal biochemistry. Less distinguished but already real are efforts to ex- Q1) gezeigt werden. Die griechische Vorsilbe „xenos“ bedeutet pand the standard genetic code by either recoding amber codons or even altering the code by the introduction of a fremd, daher wird das Konzept der Xenobiologie quadruplet codon. Decoding of the altered code was also auch als Gelegenheit angesehen, einen genetiaddressed and demonstrated by successful reengineering of schen Schutzwall zu installieren, um den Austausch mit existierenden „natürlichen“ biologischen Sysorthogonal mRNA-ribosome pairs (ribo-X, ribo-Q1). The Greek prefix “xenos” means foreign, so the con- temen zu verhindern, solange die Bausteine limicept of xenobiology is also seen as an opportunity to install tiert sind. Die Module, aus denen die Xenobioloa genetic firewall to prevent exchange with existing “nat gie besteht, sind noch in den Kinderschuhen, noch ural” biological systems as long as building blocks are re- nicht in operative (Unter-) Systeme integriert und stricted. The modules constituting xenobiology are still in für einen Paradigmenwechsel fehlen auch noch die their infancy, not yet integrated in operative (sub-) systems Fallstudien, die die Machbarkeit der Xenobiologie and far from demonstrating paradigm-shifting case-studies. belegen. Die einzelnen Module scheinen jedoch However, individual modules appear ideally suited to fill the ideal zum Auffüllen des Werkzeugkastens der Orthogonalität geeignet zu sein. orthogonality toolbox. BRAIN speZial: Über den Umgang mit Komplexität beim „Metabolic Engineering“ Reaktion wird dies Ganzzell-Biotransformation genannt. Die Trennung vom zellulären Metabolismus erfolgt dabei unter Verwendung nicht natürlicher Substrate und Produkte. Die Biodiversität hält einen mit Biokatalysatoren prall gefüllten Werkzeugkasten bereit, organisiert als Operons oder Regulons, die es den Bakterien ermöglichen, eine breite Vielfalt sogar hochtoxischer und/oder xenobiotischer kleiner Moleküle wie Dioxine phylum Planctomycetes challenge this concept; oder nitroaromatischer Verbindungen ab- additional evidence comes from observations zubauen oder zu synthetisieren. Solche of numerous intracellular structures in bacteria Moleküle sind dem Organismus fremd und and archaea. Among those structures, bacterial interferieren dadurch nicht mit dem natür- microcompartments (BMC) are distinguished as lichen metabolischen oder regulatorischen protein polyhedral inclusions (Figure 2). The protoNetzwerk. type was shown to contain the CO2-fixing enzyme Räumliche Orthogonalität durch Engineering bakterieller Mikro kompartimente Abb. 2 Die Reprogrammierung bakterieller Mikrokompartimente (BMC) ist gegen wärtig auf die Änderung der Zusammensetzung der Enzyme (orange Punkte) beschränkt, die in einer Proteinhülle verkapselt sind (rote und graue Punkte); 1,2-PDO, 1,2-Propandiol. Der eukaryotische Metabolismus ist ein erstklassiges Beispiel für die teilweise Orthogonalisierung durch räumliche Trennung wesentlicher zellulärer Prozesse wie Proteindegradation (Lysosomen), RNA-Synthese (Zellkern) oder Energieproduktion (Mitochondrien). Die prototypische, schulbuchmäßige prokaryotische Zelle besitzt keine subzellulären Kompartimente. Die Bakterien des ubiqui tären Stammes der Planctomycetes stellen dieses Konzept jedoch infrage. Zusätzliche Anhaltspunkte stammen aus Beobachtungen von vielfältigen intrazellulären Strukturen in Bakterien und Archaeen. Innerhalb dieser Strukturvielfalt werden bakterielle Mikrokompartimente (BMC) als Proteineinschlüsse in Polyederform beschrieben (Abb. 2). Für den Prototyp konnte gezeigt werden, dass das CO2-fixierende Enzym RUBISCO zusammen mit der Carboanhydrase enthalten ist, um die CO 2-Fixierung unter niedrigen Konzentrationen anorganischen Kohlenstoffs zu verbessern. Natürliche BMCs können umprogrammiert werden. Um ihr gesamtes biotechnologisches Po- tenzial auszuschöpfen, muss man die Transportmechanismen von Metaboliten über die proteinogene Barriere der BMC im Detail verstehen. to scaffolds thereby forming metabolic pipelines. cessfully recruited as scaffolds: proteins, RNA and DNA. The bacterial cytoskeleton offers further options for spatial organization of proteins; however, due to advances in DNA-synthesis technologies and prediction of 3D-structures of RNA, these two polymers promise ease in designing and repro- der to facilitate CO2-fixation under conditions of gramming scaffolds. Synthetic enzyme scaffolds low concentrations of inorganic carbon. Further have broad potential to sufficiently isolate meta- examples include BMCs for the degradation of bolic modules or pathways from the host’s intrinsic ethanolamine and 1,2-propanediol in Salmonella metabolic and regulatory network, thus introduc- and Citrobacter. BMCs are widespread in bacte- ing orthogonal metabolism ria and are involved in different metabolic path- Perspective: next generation’s metabolic engineering ways to protect cells from cytotoxic intermediates or to prevent loss of volatile hydrocarbons. Thus, the protein shells insulate catalysis and represent simple metabolic organelles In this review, we (metabolosomes). partments is independent of the internalized proteins and even the outer surface of MCPs might be decorated with heterologous proteins. BMCs might be rationally engineered to function as insu- present alternative apFig. 2 Reprogramming of bacterial microcompartments (BMC) is currently restricted to alter the composition of the enzymes (orange balls) encapsulated by the proteinogenous shell (red and grey balls); 1,2-PDO, 1,2-propanediol. lated intracellular bioreactors thus conferring orthogonality to otherwise interconnected metabolic pathways. Spatial orthogonality by synthetic scaffolding of pathways Inspired by natural blueprints like tryptophan synthase, polyketide synthases, or purinosomes, the concept of metabolic channeling was adopted by engineers to optimize metabolic fluxes, e.g. for mevalonate or glucaric acid biosynthesis. Gener- Räumliche Orthogonalität durch synthetisches „Scaffolding“ der Stoffwechselwege All major intracellular polymers have been suc- RUBISCO together with carbonic anhydrase in or- Assembly of microcom- 19 BRAIN special: Coping with complexity in metabolic engineering Purinosome Purin-forming system c omposed of many differentproteins that form a functional unit ally, a scaffold is designed that determines the spatial organization of sequential enzymatic reactions (Figure 3). By means of short peptide ligands, the enzymes constituting the (artificial) pathway dock BLICKWINKEL • KOMPLEXITÄT complexity Fig. 3 Spatial orthogonalization is achieved by localization of the enzymes involved in the productive pathway to increase and optimize flux through the enzymatic pipeline so that diffusion of intermediates is absent. Optimal scaffold design might be guided by the kinetic parameters of the enzymes or explored randomly. The scaffold on which pathways enzymes (E1, E2, E3) are lined up via ligands (grey, red, orange) is provided by intracellular polymers such as DNA (or XNA), RNA (5’- 3’) or proteins (N’- C’); in vitro synthesis of DNA allows to program the polymer com position following virtually any design. proaches that a metabolic engineer might use to gain control over bacterial metabolism. Systems level engineers accept the complexity of naturally evolved host strains. Based on the available observations and knowledge, they simulate a biological unit of interest to obtain predictions for the modifications required to reach a desired outcome. After the implementation of these modifications, deviations from the desired outcome are generally attributed to insufficiently detailed models and insufficient knowledge. This can lead to iterative cycles of molecular modifications, analyses of the resulting phenotype, and refinement of the model. An increasing un- Das Konzept der metabolischen Kanalisierung, inspiriert durch natürliche Blaupausen wie Tryptophansynthase, Poly ketidsynthase oder Purinosomen, wurde von den „Engineers“ übernommen, um metabolische Flüsse zu optimieren, z. B. für die Biosynthese von Mevalonat oder Glucarsäure. Im Allgemeinen wird ein Gerüst („Scaffold“) so entworfen, dass es die räumliche Organisation aufeinanderfolgender enzymatischer Reaktionen festlegt (Abb. 3). Durch kurze Peptidliganden binden die Enzyme, die Bestandteil des (künstlichen) Stoffwechselwegs sind, an das Gerüst, sodass metabolische Fließbänder gebildet werden. Alle wesentlichen intrazellulären Polymere wurden erfolgreich als Gerüstbestandteile verwendet: Proteine, RNA und DNA. Das bakterielle Cytoskelett bietet weitere Optionen für die räumliche Organisation von Proteinen. Durch die Fortschritte bei den DNA-Synthesetechnologien und der Vorhersage von 3D-Strukturen von RNA versprechen diese beiden Polymere eine Erleichterung beim Design und der Reprogrammierung von Gerüsten. Ausblick: Die nächste Generation des „Metabolic Engineering” derstanding of the regulatory modules present in In diesem Übersichtsartikel präsentieren wir alternative Ansätze, die ein „Meneering process further. tabolic Engineer” nutzen kann, um die In order to become predictive at high levels Kontrolle über den bakteriellen Metabolisof accuracy, scientists need to understand the mo- mus zu erhalten. „Systems Level Engineers” cells, and engineering of these modules — rather than of single enzymes — will facilitate the engi- Purinosome Purin bildendes System bestehend aus vielen unterschiedlichen Proteinen, die eine funktionelle Einheit bilden Abb. 3 Die räumliche Orthogonalisierung wird durch die Lokalisierung derjenigen Enzyme erreicht, die im produktiven Stoffwechselweg involviert sind, um den Fluss durch das enzymatische Fließband zu erhöhen und zu optimieren, sodass keine Diffusion der Intermediate auftritt. Optimales Scaffold-Design kann zu fällig erkundet oder mittels kinetischer Parameter der Enzyme vorhergesagt werden. Das Rückgrat, auf dem die Stoffwechsel enzyme (E1, E2, E3) mittels Liganden aufgereiht sind (grau, rot, orange), wird durch intrazelluläre Polymere wie DNA (oder XNA), RNA (5’- 3’) oder Proteine (N’- C’) gebildet. In-vitroSynthese von DNA erlaubt die Programmierung der Polymerzusammensetzung nach praktisch jedem beliebigen Design. BRAIN speZial: Über den Umgang mit Komplexität beim „Metabolic Engineering“ Abb. 4a Aus der Sicht des „Engineerings” ist eine natürlich entwickelte Zelle eine voll integrierte Einheit ohne orthogonale Untersysteme. Alle zellulären Aktivitäten sind miteinander verbunden, dieses Zusammenspiel nennt man auch Interactom (Gesamtheit der Wechsel wirkungen). In einem heterotrophen Organismus kann eine einzige Zuckersorte als ausschließliche Quelle für Kohlenstoff und Energie dienen und muss dafür in verschiedene metabolische Fließbänder kanalisiert werden, um das Überleben zu ermöglichen. Der Katabolismus (schwarze Pfeile) regeneriert die Energieträger der Zelle und generiert kleine Moleküle als univer selle Zwischenprodukte. Mehrere dieser Abbauprodukte können auch regulatorisch wirken (rote Linien). Der native oder heterologe Stoffwechselweg zu dem gewünschten Produkt ist jenen intrinsischen Wechselwirkungen unterworfen, die das Interactom (und damit die Komplexität) erweitern. Abb. 4b Ein echter orthogonaler Metabolismus des produktspezifischen „Substrats 2“ (orange Pfeile) tritt nicht mit dem natür lichen Interactom der Wirtszelle in Wechselwirkung. Daher kann er nach grundlegenden Prinzipien des „Engineerings“ mit hoher Vorhersagepräzision gestaltet werden. akzeptieren die Komplexität natürlich entstandener Wirtsstämme. Basierend auf den Beobachtungen und dem Wissen, das zur Zeit verfügbar ist, simulieren sie das jeweilige biologische System, um Vorhersagen für die Modifikationen treffen zu können, die notwendig sind, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Nachdem diese Modifikationen implementiert wurden, sind etwaige Abweichungen vom gewünschten Ergebnis im lecular principles of living systems — a challengAllgemeinen auf ein unzureichend detail- ing task. However, meaningful predictions even getreues Modell und unzulängliches Wissen with incomplete data can be obtained if the dezurückzuführen. Dem wird mit mehreren sign principles that are implemented in naturally Zyklen bestehend aus dem Einführen wei- evolved cells are known. For instance, flux balance terer molekularer Modifikationen, der Ana- analysis can predict biomass yield, which results lyse des resultierenden Phänotyps und der from complex interactions of many cellular comentsprechenden Verfeinponents, based solely on erung des Modells bethe known stoichiometry gegnet. Ein verbessertes of the metabolic network Verständnis der in den and simple objective funcZellen vorhandenen retions such as maximization gulatorischen Module of growth. Recently, more und ein „Engineering“ generally applicable objecdieser Module – ansteltive functions have been le einzelner Enzyme – identified that still await werden den „Engineerpredictive applications. ing“-Prozess weiter erShortcomings in unleichtern. derstanding the molecular Um auf einem hoprinciples of life currently hen Präzisionsniveau restrict a truly successful de vorhersagekräftig zu werden, müssen Wis- novo design of complex microbial cell factories. To senschaftler die molekularen Prinzipien date, scientists succeeded in chemically copying lebender Systeme verstehen – eine Her- natural blueprints and modeling of a near-minimal ausforderung. Aussagekräftige Vorhersa- genome organism — milestones of synthetic and gen, auch mit unvollständigen Datensät- systems biology. However, a microbial cell dezen, können bereits dann erhalten werden, signed and synthesized independent of blueprints wenn nur die Grundprinzipien des Designs, will be the ultimate test for our insight into those die in natürlich entwickelten Zellen ange- principles. Joint efforts by systems and synthetic wendet werden, bekannt sind. biologists might decipher those principles in the Zum Beispiel kann mittels einer future. Gleichgewichtsflussanalyse die Ausbeute Given the enormous efforts necessary to der Biomasse vorhergesagt werden, die model a minimal genome organism, the introducdas Resultat aus komplexen Wechselwir- tion of orthogonal metabolic modules within an kungen vieler zellulärer Komponenten existing cell is presently the most efficient way to ist, basierend lediglich auf der bekannten obtain control over engineered microbial producStöchiometrie des metabolischen Netz- tion processes. Not interfering with the yet unrewerks und einfachen Zielvorgaben wie z. B. solved interconnectivity of the different endogWachstumsmaximierung. Unlängst wur- enous cellular networks, orthogonal metabolism den Zielvorgaben formuliert, die allgemei- enables production of valuable products at high ner anwendbar sind, jedoch noch in vor- yields. Recent success in introducing or reprogramhersagekräftige Anwendungen überführt ming spatial segregation of pathways will extend werden müssen. orthogonalization to endogenous pathways of the Fig. 4a From an engineering perspective, a naturally evolved microbial cell is a fully integrated entity and orthogonal subsystems are absent. The different layers of cellular activity are connected by various nodes building a network, the interactome. In a heterotrophic organism, a single carbohydrate substrate can serve as sole source for carbon and energy and thus has to be channelled in several metabolic pipelines in order to sustain life. Catabolism (black arrows) alters levels of co-factors and generates small molecule intermediates that interact with various targets, e.g. by introducing feed-back loops (red lines). The native or hete rologous pathway towards the desired product is subject to those intrinsic interactions expanding the interactome (and thus complexity). Fig. 4b True orthogonal meta bolism of product specific “Substrate 2” (orange arrows) does not interfere with the host cell’s native interactome. Hence, it can be designed following simple forward engineering principles with high accuracy of prediction. BLICKWINKEL • KOMPLEXITÄT complexity BRAIN special: Coping with complexity in metabolic engineering # 486 Plot points Defizite im Verständnis molekularer Prinzipien des Lebens schränken im Moment ein wirklich erfolgreiches De-novo-Design komplexer mikrobieller Zellfabriken ein. Bislang gelang es Wissenschaftlern, natürliche Blaupausen chemisch zu kopieren oder einen Organismus mit nahezu minimalem Genom zu modellieren – Meilensteine der synthetischen Biologie und der Systembiologie. host. However, truly orthogonal metabolism will Eine Mikrobenzelle, die unabhängig von have to operate independently of cofactor regen- Blaupausen entworfen und synthetisiert eration by the host cell. We have already seen the wurde, wird jedoch die ultimative Prüfung für unser Verständnis dieser Prinzipien sein. first studies addressing this issue. As rather limited protein engineering ef- Durch gemeinsame Anstrengungen seitens forts are required to alter co-factor specificity of der System- und der synthetischen Biologie enzymes and genome-editing technologies are könnten solche Prinzipien in Zukunft entavailable, we expect to see examples of multi-step schlüsselt werden. Bedenkt man den enormen Aufwand, pathways physically decoupled from the host cell’s der notwendig ist, um einen Organismus cofactor-pool in the near future. From the viewpoint of an industrial metabolic mit einem Minimalgenom zu modellieren, engineer, time-to-market aspects are paramount. so erscheint die Einführung orthogonaler Therefore, generation of orthogonal systems based metabolischer Module in eine existierenon standard production organisms might be the de Zelle gegenwärtig als der effizienteste 21 BRAIN speZial: Über den Umgang mit Komplexität beim „Metabolic Engineering“ Weg, die Kontrolle über durch „Engineering“ gestaltete mikrobielle Produktionsprozesse zu bekommen. Durch die Vermeidung des Eingriffs in die bislang unverstandene Interaktion verschiedener zellulärer Netzwerke, ermöglicht der orthogonale Metabolismus die Produktion wertvoller Produkte mit hohen Ausbeuten. Die aktuellen Erfolge bei der Einführung oder Umprogrammierung der räumlichen Trennung von Stoffwechselwegen lassen hoffen, dass die Orthogonalisierung auf endogene Stoffwechselwege des Wirts ausgeweitet werden kann. Da ein vergleichsweise geringer Arbeitsaufwand für das Protein-Engineering bei der Änderung der Kofaktor-Spezifität von Enzymen notwendig ist und Technologien zur Genom-Editierung verfügbar sind, erwarten wir, in der nahen Zukunft Beispiele für mehrstufige Stoffwechselwege zu sehen, die physikalisch vom KofaktorPool der Wirtszelle entkoppelt sind. Aus der Sicht eines industriellen „Me- direction in the short term because introduction of tabolic Engineers” sind Aspekte, die die heterologous pathways is state of the art and not Produkteinführungszeit betreffen, vorran- too far off from true orthogonality. In the near fugig. Daher könnte die Schaffung orthogo- ture however, fast-track development of orthogonal naler Systeme basierend auf den üblichen systems will be assisted by minimal chassis organProduktionsorganismen zeitnah greifbare isms, as modeling of these systems is more simple Ergebnisse liefern, da die Einführung hete- and interaction with their metabolism is minimized rologer Stoffwechselwege Stand der Tech- allowing precise “first-time-right” predictions. nik und nicht weit von echter Orthogonalität entfernt ist. In der nahen Zukunft wird The authors thank John T. Sauls for carefully reading jedoch die beschleunigte Entwicklung the original english manuscript. orthogonaler Systeme durch minimale „Chassis“-Organismen unterstützt werden, da die Modellierung dieser Systeme einfacher und die Wechselwirkung mit ihrem Metabolismus minimiert ist, was präzise, beim ersten Mal richtige Vorhersagen erlaubt. [Aus der Sicht eines industriellen „Metabolic Engineers” sind Aspekte, die die Produkteinführungszeit betreffen,vorrangig.] [From the viewpoint of an industrial metabolic engineer, time-to-market aspects are paramount.] BRAIN special: Coping with complexity in metabolic engineering Personalie: 23 Dr. Jörg Mampel Jörg Mampel studierte von 1991 bis 1996 Biologie an der Universität Konstanz. Seine Diplomarbeit und die anschließende Promotion am Lehrstuhl für mikrobielle Ökologie (Uni Konstanz, Prof. Cook) untersuchten die molekularen Grundlagen mikrobieller Abbauleistungen von Fremdstoffen (Xenobiotika). Nach der Promotion im Jahr 2000 wechselte er als Postdoc an das Institut für Biotechnologie der ETH Zürich. Dort war er in der Gruppe von Prof. Sauer mit dem „metabolic engineering“ von Corynebacterium glutamicum befasst. Im Jahr 2003 wechselte er zur Gruppe von Prof. Hilbi (Institut für Mikrobiologie, ETH Zürich), um die Biofilmbildung mit Legionella pneumophila zu untersuchen. Seit 2005 ist Jörg Mampel als Projektleiter bei BRAIN in der Unit Stammentwicklung und Screening tätig. Im Jahr 2012 hat er zusätzlich die Funktion des Plattformkoordinators für den Bereich „genetic engineering“ übernommen, um molekulare Techniken und Konzepte v. a. aus dem Bereich der synthetischen Biologie zu etablieren bzw. weiterzuentwickeln. About the person: Dr Jörg Mampel Jörg Mampel studied Biology at the University of Konstanz between 1991 and 1993. His thesis and subsequent doctorate at the Department of Microbial Ecology (University of Konstanz, Prof. Cook), investigated the molecular foundations of the microbial degradation capacities of foreign substances (xenobiotics). After receiving his PhD in 2000, he was a postdoctoral researcher at the Institute of Biotechnology at ETH Zurich. There, he was part of a group led by Prof. Sauer that was studying the metabolic engineering of Corynebacterium glutamicum. In 2003 he joined a group led by Prof. Hilbi (Institute of Microbiology, ETH Zurich), to investigate the biofilm formation of Legionella pneumophila. Since 2005, Jörg Mampel has been project manager of the strain development and screening unit at BRAIN. In 2012, he took the additional role of platform coordinator for the genetic engineering unit in order to establish and, more specifically, further develop molecular techniques and concepts, especially in the field of synthetic biology. Weiterführende Literatur • Further reading Buescher, J. M., W. Liebermeister, et al. (2012). „Global network reorganization during dynamic adaptations of Bacillus subtilis metabolism.“ Science 335(6072): 1099 – 103. • Cello, J., A. V. Paul, et al. (2002). „Chemical synthesis of poliovirus cDNA: generation of infectious virus in the absence of natural template.“ Science 297(5583): 1016 – 8. • Covert, M. W., N. Xiao, et al. 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