Giftiger Feinststaub Staub aus Tonern macht krank Es fing harmlos an

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Giftiger Feinststaub Staub aus Tonern macht krank Es fing harmlos an
Giftiger Feinststaub
Staub aus Tonern macht krank
Es fing harmlos an: Schnupfen, Halsschmerzen, Husten, leichte Hautreizungen.
Dann diagnostizierte ein Arzt Bronchial-Asthma. Sieben Jahre später musste
Hans-Joachim Stelting, Polizist beim Landeskriminalamt Hamburg, schwer krank
den Job quittieren - berufsunfähig mit nur 43 Jahren. Grund: Ein irreparabler
Lungenschaden durch Tonerpulver. Vielfach als Hysterie abgetan, wird nun
medizinisch belegt: Laserdrucker, Kopier- und Faxgeräte können die Raumluft in
Büros erheblich "vergiften" und zu dauerhaften Gesundheitsschäden
führen. Manchmal ist es nur ein bestimmter Geruch oder ein metallischer
Geschmack. Hin und wieder sind auch schwarze Staubniederschläge am
Kopiergerät, auf dem Schreibtisch oder an den Wänden erste warnende
Hinweise. Wer jedoch am Arbeitsplatz ständig mit Schnupfensymptomen,
Augenreizungen Halsschmerzen oder Reizhusten zu kämpfen hat, sollte einen
Arzt aufsuchen - insbesondere, wenn die Symptome zu Hause oder in der
Urlaubszeit nachlassen.
Dreck aus Druckern und Kopierern
Der ehemalige Polizist Hans-Joachim Stelting erinnert sich an einen Kollegen, der
jedes Mal tagelang krank wurde, wenn er in hoher Auflage gedruckt hatte. "Dann
haben wir uns zusammengesetzt, weil auch andere Kollegen unter Beschwerden
litten, die sie sich nicht erklären konnten, genau wie bei mir". Schließlich
identifizieren der Kriminalbeamte Stelting und seine Mitarbeiter den Drucker als
Ursache für ihre Leiden. Medizinische Untersuchungen untermauern den
zunächst vagen Anfangsverdacht der Beamten. Für Hr. Stelting bedeutet der
Dreck aus Druckern und Kopierern schließlich das berufliche Aus: 1997 erfolgt die
Frühpensionierung - wegen eines irreparablen Lungenschadens. Für die Stadt
Hamburg ein Millionenschaden, dennoch zieht keiner Konsequenzen. Damit mag
sich Stelting nicht abfinden. Er beginnt mit intensiven Recherchen und
Untersuchungen zu dem Thema und gründet im Jahr 2000 die
"Interessengemeinschaft Tonergeschädigter" (ITG) und die Internetplattform
www.krank-durch-Toner.de
Tonerpartikel schädigen die Lunge
Die Wissenschaft bestätigt mittlerweile Hans-Joachim Stelting und andere Opfern:
"Es liegen inzwischen sehr gute Untersuchungen für solche Ausdünstungen der
Kopierer und Drucker vor. Und zwar wissen wir, dass aus solchen Tonern, aber
auch aus den Gehäusen dieser Geräte, Stoffe wie zum Beispiel die leicht
flüchtigen Verbindungen herauskommen", sagt der Toxikologe Dr. Hermann
Kruse von der Universität Kiel gegenüber Frontal21. Aus den toxikologischen
Gutachten geht hervor, das Tonerpulver aromatische Verbindungen wie Styrol,
Benzol, Zylol und Tolorol enthält - Stoffe, die erhebliche Gesundheitsschäden
verursachen können: "Bei uns steht im Vordergrund der Betrachtung Schäden am
Nervensystem, d.h. also, dass es zu einer erhöhten Müdigkeit kommt, es kommt
zu Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, zu Durchfällen", warnt Dr. Kruse.
Besonders gefährlich: Die kleinen Tonerpartikel schädigen Lunge und Atemwege.
Aufklärungskampagne gefordert
Erst nach massiven Mahnungen der ITG leitet das Bundesinstitut für
Risikobewertung 2004 endlich eine Untersuchung ein, aber die Ergebnisse lassen
auf sich warten. "Seit 2000 versuche ich die deutschen Bundesbehörden und
Ministerien zu informieren. Und sie spielen eine Art "Schwarzer-Peter-Spiel" mit
uns - was natürlich zum Thema passt, aber hier wirklich vollkommen
unangemessen ist", empört sich Hans-Joachim Stelting. Leere Versprechungen
und Tatenlosigkeit kennzeichnen aus Steltings Sicht das Verhalten der
Bundesbehörden bis heute - auf Kosten der Gesundheit vieler Menschen. "Es gibt
sehr gute, saubere Geräte. Aber es gibt auch die reinsten Dreckschleudern",
warnt auch Dr. Kruse.
Unaufhaltsame Krankheit
Doch nicht nur Behörden schweigen sich über die Gefahr für die Bevölkerung
aus. Auch die verschiedenen Hersteller von Laserdruckern und Kopiergeräten
sehen keinen akuten Handlungsbedarf. BITKOM, der Bundesverband
Informationswirtschaft, unterstützt von der Verwaltungsberufsgenossenschaft
(VBG), bügelt seit Jahren alle arbeitsmedizinischen Anfragen ab: "Keine Gefahr
durch Toner bei bestimmungsgemäßem Gebrauch" heißt es stereotyp aus den
Verlautbarungen. "Wir haben mittlerweile geschlossene Tonerkreisläufe, das
heißt, man kommt mit Toner gar nicht in Berührung.", merkt Dr. Mario Tobias von
der BITKOM an. "Das ist unter "Real-Life-Bedingungen" getestet worden und das
waren die Ergebnisse".
Der Toxikologe Dr. Kruse sieht ein großes Gefährdungspotential in dem giftigen
Tonerstaub und verlangt eine genauere Information der Verbraucher durch die
Behörden: "Nach den uns zurzeit vorliegenden Erkenntnissen sehe ich da große
Versäumnisse, dass eben solche Kopierer und Drucker nicht gekennzeichnet
werden. Es müsste der Verbraucher informiert werden, was sind jetzt die guten
Kopierer und Drucker, was sind die schlechten." Auch Hans-Joachim Stelting will
weiterkämpfen: "In meinem Fall ist die Sache gelaufen, meine Krankheit ist
unaufhaltsam und wird sich weiter verschlechtern, weil die Schädigung
irreparabel ist." Dieses Schicksal will er anderen Menschen ersparen.