36 BuG Hassler Rom_1_X1a

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36 BuG Hassler Rom_1_X1a
Hotelier Roberto Wirth. Seine Mitarbeiter verehren ihn. Sie wissen, dass
er ein Perfektionist ist und von jedem Höchstleistungen verlangt. Da er nicht
hört, sind die anderen Sinne umso besser ausgeprägt. «Ihm entgeht nichts,
er sieht einfach alles», versichert die Pressedame mit Nachdruck.
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BLICK ÜBER DIE GRENZE HOTELIER ROBERTO WIRTH (ROM)
DER SCHWEIZER HOTELIER ROBERTO WIRTH
FÜHRT DAS BERÜHMTE «HASSLER» IN ROM
EIN GENTLEMAN
IM REICH DER STILLE
Hotelier Roberto Wirth liest seinen Gästen, wie Tom Cruise
oder Madonna, jeden Wunsch von den Lippen ab. Das ist wörtlich
zu nehmen, denn der gebürtige Schweizer Chef des berühmten
«Hassler» in Rom ist seit seiner Geburt gehörlos. Das Luxushotel mit
einer jahrhundertealten Tradition befindet sich in seinem Besitz.
Roberto Wirth bildet die fünfte Generation der berühmten Dynastie
Schweizer Hoteliers. Ein Porträt.
Text: Brigitte Imhof
D
ie Augen von Roberto Wirt ruhen auf
einer langen Liste, die ihm die Concierge gerade gereicht hat. «Haben
wir alles? Auch den richtigen Luftbefeuchter?» Die Angesprochene nickt.
«Ja, er ist bereits angeliefert.»
Der Luftbefeuchter einer ganz speziellen Herstellerfirma ist nur einer von einem guten Dutzend Posten, die für einen ebenso willkommenen wie anspruchsvollen Stammgast vorbereitet
werden müssen: Pop-Ikone Madonna wird spätabends im Hotel Hassler einchecken. Roberto
Wirth weiss allerdings nicht, wie sich «Like a Virgin» oder «American Pie» anhört. Denn der Inhaber und General Manager des Luxushotels ist
von Geburt an gehörlos. Trotz dieses Handicaps
ist es ihm gelungen, das «Hassler», das seit 1857
im Besitz seiner Familie ist, zur Nummer eins in
HOTELIER ROBERTO WIRTH BILDET DIE
FÜNFTE GENERATION DER BERÜHMTEN
DYNASTIE SCHWEIZER HOTELIERS.
Rom zu machen und den Ruf als eine der feinsten
Hoteladressen der Welt zu festigen.
Gekrönte Häupter, Industriemagnaten, Politiker und Showgrössen geben sich in dem edlen
100-Zimmer-Hotel oberhalb der Spanischen
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Treppe die Klinke in die Hand. Man wird in Rom
nur schwer einen Platz finden, von dem sich ein
schönerer Blick auf die Ewige Stadt bietet, als von
den Zimmern des «Hassler».
Mit Ehrgeiz und Ausdauer zum Ziel
Obwohl Roberto Wirth in eine der angesehensten europäischen Hoteliersfamilien hineingeboren wurde, war seine Karriere in dieser Branche keineswegs vorgezeichnet. Mit fünf Jahren schickten ihn seine Schweizer Eltern in eine
Gehörlosenschule nach Mailand. Der feinsinnige Junge litt schrecklich unter den langen Trennungen von seiner Familie. Erst mit zwölf Jahren durfte er endgültig nach Rom zurück, wo er
das «normale» Gymnasium besuchte. In dieser
Zeit trug er gegenüber seinem Vater erstmals den
Wunsch vor, später einmal das Hotel Hassler zu
übernehmen. Oscar Wirth brach es fast das Herz.
Schliesslich musste er seinem Sohn schonend
beibringen, dass es in diesem kommunikationsintensiven Beruf für seinen ältesten Sohn keinen
Platz in einer leitenden Funktion gebe.
Roberto liess sich durch diese niederschmetternde Perspektive keineswegs entmutigen. «Jetzt
erst recht!» lautete die Devise. Um seinen Eltern
zu beweisen, wie ernst es ihm mit seinem Berufswunsch war, stand er in den Schulferien jeden Tag
vor dem Morgengrauen auf, um die Angestellten
zum Einkaufen auf den Markt zu begleiten. Er
wollte alles über Lebensmittel wissen. Wollte i
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lernen, gute von schlechter Qualität zu unterscheiden. Nach dem Abitur besuchte er Italiens
führende Hotelfachschule «Maggia» in Stresa.
Anschliessend ging er in die USA nach Washington D.C., um auf der Gallaudet University, der einzigen Gehörlosenuniversität der Welt, Betriebswirtschaft zu studieren. Auf sein Examen packte
er noch ein Wirtschaftsstudium an der Cornell Universtiy in New York drauf, für das er –
ohne jeglichen Gehörlosenbonus – ein Stipendium bekam.
Wer mit Roberto Wirth zum ersten Mal verabredet ist, wird sich zunächst einer gewissen Befangenheit nicht entziehen können. Ist ein richtiges Gespräch überhaupt möglich? Soll man vollständige Sätze formulieren? Doch kaum sitzt
man dem 59-jährigen, eleganten Mann gegenüber, wirft man derlei Bedenken sofort über Bord.
Er versteht alles ohne Schwierigkeiten, wenn
die Lichtverhältnisse gut sind, sein Gegenüber
sorgfältig mit dem Mund artikuliert und nicht
gerade wie ein Maschinengewehr losrattert. Die
Antworten kommen gut artikuliert, wenngleich
Roberto Wirths Sprache die Melodie fehlt. Für
ihn ist die Sprache nichts weiter als ein wichtiges
Instrument, um in der Welt der Hörenden funktionieren zu können. Umso verblüffender, wie er
Aussprache und vor allem Lautstärke ohne Gehör
zu kontrollieren vermag.
Mit den 150 Angestellten funktioniert die Kommunikation nahezu ohne Reibungsverlust. Bei
den täglichen Meetings wird leise, in normalem
Tempo, aber mit akkuraten Gesten und unterstützenden Lippenbewegungen gesprochen. Die
Hotelmitarbeiter verehren ihren Chef. Sie wissen, dass er ein Perfektionist ist und von jedem
Höchstleistungen verlangt. Da er nicht hört, sind
die anderen Sinne umso besser ausgeprägt. «Ihm
entgeht nichts, er sieht einfach alles», versichert
die Pressedame mit Nachdruck.
Treffpunkt der Stars
Die meisten der «Hassler»-Stammgäste haben
schon Übung im Dialog mit ihm. Ganz oben in
der Liste seiner Lieblinge steht die Schauspielerin Audrey Hepburn, die bis zu ihrem Tod im
Jahr 1993 mehrere Wochen im Jahr im «Hassler»
logierte und nie vergass, Roberto Wirth Geburts-
« ALS FAMILIENHOTEL MIT NUR
100 ZIMMERN KÖNNTEN
WIR AUF DAUER NICHT ÜBERLEBEN.
Roberto Wirth,
Hotelier
»
tags- und Weihnachtsgrüsse zu schicken. Ein
anderer treuer Gast hätte ihn vor drei Jahren fast
in den Wahnsinn getrieben: Tom Cruise. Zu seiner Hochzeit mit Katie Holmes hatte der «TopGun»-Star für seine Freunde und Angehörigen
drei Stockwerke des Hotels gemietet. Schnell
hatten Journalisten, Fotografen und Fans davon
Wind bekommen und das Hotel über Tage belagert. «Es war wie in einem Irrenhaus», erinnert
sich Roberto Wirth mit Grauen.
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Von seiner deutschen Frau Astrid, einem ehemaligen Topmodel, lebt er getrennt, die Zwillinge besuchen in England
ein Internat. Seinen Kindern
zuliebe packt Roberto Wirth ein
neues, ehrgeiziges Projekt an:
TROTZ SEINES HANDICAPS IST ES ROBERTO
WIRTH GELUNGEN, DAS «HASSLER»
ZUR NUMMER EINS IN ROM ZU MACHEN.
die Gründung der Firma Hassler Hotels and Resorts. Geplant
sind mehrere «Hassler»-Hotels
in amerikanischen Metropolen sowie Ferien-Resorts in der
Karibik. «Als Familienhotel mit
nur 100 Zimmern könnten wir
auf Dauer nicht überleben»,
überlegt er.
Soziales Engagement
für Leidensgenossen
Roberto Wirth hat seinen Platz
in der Welt der Hörenden
erobert. Doch da gibt es noch
eine andere Welt. Die Welt der
Nichthörenden, in die er immer
wieder abtaucht. Er engagiert
sich in der römischen Gehörlosengemeinde. Dort kann er
sich fallen lassen. Kann sich mit
den Händen unterhalten, was
ihn ungleich weniger anstrengt
als das Sprechen. Die meisten
Menschen, mit denen er da zu
tun hat, gehören den weniger
privilegierten
Gesellschaftsschichten an.
Im Gehörlosenzentrum von
Rom, wo er regelmässig verkehrt, gibt es viele Gelegenheitsarbeiter, viele Arbeitslose.
Ihre Familien hatten nicht die
Mittel, um ihr behindertes Kind
so optimal zu fördern wie im
Falle Roberto Wirths. Der hat
eine Stiftung gegründet, die
jungen Gehörlosen ein Studium in den USA ermöglicht.
Damit auch sie die Möglichkeit bekommen, in der hörenden Welt ihren Weg zu machen.
Leider ist auch für seine gehörlosen Freunde die Zeit meist zu
knapp. Der Chauffeur drängt
zum Aufbruch, es geht zurück
ins «Hassler», um einen König
oder einen Popstar willkommen
zu heissen. The show must go on
– auch im Reich der Stille.
H
Quelle: Der hier publizierte Text stammt
von Focus-Online-Autorin Brigitte Imhof
und wurde erstmals bei Focus Online
veröffentlicht.
DAS HOTEL HASSLER
Roms renommierteste Adresse, berühmt dafür, dass sich
der Gast hier wie zu Hause fühlen kann, liegt oberhalb der
Spanischen Treppe, wenige Gehminuten von dem Park
der Villa Borghese, der Via Veneto, der Via Condotti und
den elegantesten Boutiquen entfernt. Das Luxushotel
mit seiner jahrhundertealten Tradition befindet sich im
Besitz von Roberto E. Wirth. Der Hotelier bildet die fünfte
Generation der berühmten Dynastie Schweizer Hoteliers
und führt dieses Hotel persönlich. Von der 160 Quadratmeter grossen, privaten Terrasse der Penthouse-Suite bietet
sich ein atemberaubender Blick über die Stadt. Neben
der San-Pietro-Suite mit zwei Schlafzimmern hat die Suite
Villa Medici in der siebten Etage eine private Treppe
zur achten Etage. Die Hassler-Suite mit drei Schlafzimmern
war einst das Studio von Dwight Eisenhower.
RESTAURANTS & BARS
Das renovierte Restaurant Imàgo bietet einen einmaligen
Panoramablick über Rom mit der Spanischen Treppe und
dem Petersdom. Während der warmen Sommermonate ist
das Gartenrestaurant Palm Court mit dazugehöriger
Bar täglich von 11.00 bis 01.00 Uhr geöffnet. Von Herbst
bis Frühling wird im Restaurant Salone Eva und in der Bar
Hassler für Frühstück, Mittag- und Abendessen sowie
Zwischenmahlzeiten gesorgt. Am Abend wird live gespielte
Klaviermusik geboten.
FREIZEIT UND WELLNESS
Vom Fitnessraum des Amorvero SPA eröffnet sich dem Gast
ebenfalls ein hervorragender Blick auf die Stadt. Massagen, exklusive Beauty-Behandlungen, Sauna, Dampfbad,
Solarium und Bräunungsdusche. Persönlicher Trainer auf
Anfrage. Jogging- und Mountainbike-Pfade in der Nähe.
BESONDERHEITEN
Business Center; Coiffeursalon; voll klimatisierte Banketteinrichtungen für bis zu 150 Personen, geeignet für kleine
Tagungen und Privatfeiern; Limousinentransfer zum Flughafen; zehn Minuten vom Bahnhof.
www.hotelhassler.com
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BLICK ÜBER DIE GRENZE HOTELIER ROBERTO WIRTH (ROM)
Die altehrwürdige Hassler-Bar. Am Abend wird live gespielte
Klaviermusik geboten.
Das «Hassler» in Rom (rechts oben). Es liegt oberhalb der Spanischen Treppe, wenige Gehminuten von
dem Park der Villa Borghese, der Via Veneto, der Via Condotti und den elegantesten Boutiquen entfernt.
Wohnbereich der Hassler-Suite. Mit drei Schlafzimmern war sie einst das Studio
von Dwight Eisenhower.
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Von der 160 Quadratmeter grossen, privaten Terrasse der
Penthouse-Suite bietet sich ein atemberaubender Blick über die Stadt.
Eine Suite im «Hassler». Gekrönte Häupter, Industriemagnaten, Politiker und
Showgrössen geben sich in dem edlen 100-Zimmer-Hotel die Klinke in die Hand.
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