Der Unterrichtseinstieg im schulischen Alltag

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Der Unterrichtseinstieg im schulischen Alltag
Der Unterrichtseinstieg im schulischen Alltag –
Steigerung der Motivation und Förderung des
Lernprozesses durch Berücksichtigung der
verschiedenen Lerntypen
Selbstständigkeitserklärung
Hiermit erkläre ich, Nathalie Wagener, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig
verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Die
Gedanken, die ich dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken entnommen
habe, werden unter Angabe der jeweiligen Quelle als Entlehnung in den Fußnoten
kenntlich
gemacht.
Ebenso
versichere
ich,
dass
die
hier
dargestellten
Unterrichtsstunden meinen Schilderungen entsprechend stattgefunden haben und
dass die angeführten Schülerbeispiele authentisch sind. Diese Arbeit ist noch keiner
anderen Jury vorgelegt worden.
Echternach, den ____________________
_________________________
NATHALIE WAGENER
Candidat au Lycée Classique de Diekirch
TRAVAIL DE CANDIDATURE
Der Unterrichtseinstieg im schulischen Alltag –
Steigerung der Motivation und Förderung des
Lernprozesses durch Berücksichtigung der
verschiedenen Lerntypen
Lycée Classique de Diekirch 2011
ZUSAMMENFASSUNG
Man geht als Lehrperson oftmals davon aus, dass ein Unterrichtseinstieg, der die
Neugier und das Interesse der Schüler weckt, dazu führt, dass sie auch bei der
weiteren Erarbeitung des Lernstoffs Freude und Engagement zeigen. Die
vorliegende Arbeit befasst sich deshalb mit der Frage, ob der Unterrichtseinstieg
Schüler wirklich motivieren kann oder ob dafür letztendlich ganz andere Faktoren
ausschlaggebend sind. Ebenso wird analysiert, wie der Einstieg motivationsfördernd
gestaltet werden kann.
Da jede Form von Unterricht immer auch einen Lernprozess anvisiert, geht es in dem
hier dargestellten Projekt ebenfalls darum, den Unterrichtseinstieg im Hinblick auf die
Förderung desselben zu untersuchen. Der Einstieg kann die verschiedenen
Lerntypen (akustisch, visuell, handelnd) berücksichtigen und so die Sinneskanäle
ansprechen, über die die Schüler den Lernstoff am einfachsten wahrnehmen.
Hieraus ergibt sich die Frage, ob Unterrichtseinstiege jedem Schüler das Lernen
erleichtern bzw. ermöglichen können. Darüber hinaus wird untersucht, ob es einen
Zusammenhang zwischen Einstiegen, die bestimmte Lerntypen berücksichtigen, und
der Motivation der Schüler gibt.
Diese Arbeit beinhaltet neben allgemeinen theoretischen Überlegungen zum Einstieg
einen praxisorientierten Teil: Beschrieben und reflektiert werden Einstiege, die auf
mehreren Klassen verschiedener Stufen durchgeführt und von den Schülern im
Hinblick auf die Motivation bzw. den Lernprozess bewertet wurden. Die Beobachtung
des Schülerverhaltens und die Auswertung des Feedbacks erlauben das Fazit, dass
Unterrichtseinstiege in ihrer Funktion der Hinführung zum Thema unabdingbar sind
und dass sie Schülern durchaus den Lernprozess vereinfachen können. Allerdings
garantiert die Berücksichtigung der verschiedenen Lerntypen nicht unbedingt den
erfolgreichen Lernprozess, denn dieser ist sehr komplex und von anderen Faktoren
abhängig, wie z.B. der Motivation. Diese kann vom Einstieg nur für den Moment
gefördert
werden.
Auf
Dauer
entscheiden
andere
Aspekte,
wie
die
Lehrerpersönlichkeit, das Klassenklima und das Wohlbefinden des Lernenden über
sie.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung .................................................................................................... S.9
2. Der Unterrichtseinstieg – Theoretische Vorüberlegungen ..................... S.11
3. Die Lerntypen .............................................................................................. S.17
3.1 Definition .......................................................................................... S.17
3.2 Der Lernprozess und die Motivation................................................. S.21
3.3 Bedeutung des Unterrichtseinstiegs für die Lerntypen und die
Motivation............................................................................................... S.29
4. Analyse des Unterrichtseinstiegs im Rahmen einer Ganzschrift ........... S.35
4.1 Unterrichtsvoraussetzungen ............................................................ S.35
4.2. Allgemeine Sachanalyse ................................................................. S.36
4.3 Didaktische Analyse ......................................................................... S.37
4.4 Durchgeführte Unterrichtseinstiege .................................................. S.38
4.4.1 Übersicht ............................................................................ S.39
4.4.2 Beschreibung und methodische Analyse ............................ S.40
4.4.3 Mittel zur Lernerfolgskontrolle............................................. S.52
4.4.4 Schülerfeedback ................................................................. S.53
4.4.5 Auswertung und Reflexion .................................................. S.60
4.5 Weitere Unterrichtseinstiege für Ganzschriften ................................ S.63
5
5. Einzelfallstudie ........................................................................................... S.69
5.1 Unterrichtsvoraussetzungen ............................................................ S.69
5.2 Beschreibung und methodische Analyse ......................................... S.69
5.3. Schülerfeedback ............................................................................. S.70
5.4 Auswertung und Reflexion ............................................................... S.73
6. Erste Textbegegnung bei literarischen Texten ........................................ S.75
6.1 Unterrichtsvoraussetzungen ............................................................ S.75
6.2 Beschreibung und methodische Analyse ......................................... S.75
6.3 Schülerfeedback .............................................................................. S.76
6.4 Auswertung und Reflexion ............................................................... S.78
7. Der Unterrichtseinstieg in weiteren Arbeitsbereichen
des Deutschunterrichts.................................................................................. S.79
7.1 Textproduktion ................................................................................. S.79
7.1.1 Unterrichtsvoraussetzungen ............................................... S.79
7.1.2 Beschreibung und methodische Analyse ............................ S.79
7.2 Literaturgeschichte ........................................................................... S.81
7.2.1 Unterrichtsvoraussetzungen ............................................... S.81
7.2.2 Beschreibung und methodische Analyse ............................ S.81
7.3 Sachtexte, literarische Texte und Lyrik ............................................ S.83
7.3.1 Unterrichtsvoraussetzungen ............................................... S.83
7.3.2 Beschreibung und methodische Analyse ............................ S.84
6
7.4 Grammatikunterricht......................................................................... S.85
7.4.1 Unterrichtsvoraussetzungen ............................................... S.85
7.4.2 Beschreibung und methodische Analyse ............................ S.86
7.5 Schülerfeedback .............................................................................. S.87
7.6 Auswertung und Reflexion ............................................................... S.102
8. Fazit ............................................................................................................. S.105
8.1 Bedeutung des Unterrichtseinstiegs für den Lerner ......................... S.105
8.2 Funktion des Einstiegs für die verschiedenen Klassenstufen
und Unterrichtsbereiche ................................................................... S.107
8.3 Lehrerzentrierter Einstieg versus schülerzentrierter Einstieg ........... S.107
8.4 Möglichkeiten und Grenzen der Unterrichtseinstiege im Hinblick
auf die Motivation............................................................................. S.108
8.5 Die Messbarkeit des Erfolgs von Unterrichtseinstiegen ................... S.110
8.6 Abschließende Zusammenfassung der Ergebnisse ......................... S.111
9. Bibliographie............................................................................................... S.113
10. Anhang ...................................................................................................... S.117
7
8
1. Einleitung
Wenn ich mich nicht am Anfang für die Stunde begeistern kann, interessiere ich mich
nicht für den restlichen Unterricht. Man muss interessiert sein am Anfang, weil man dann
möglicherweise neugierig ist für den Rest der Stunde. Meiner Meinung nach ist der
Unterrichtseinstieg sehr wichtig.
So lautete die Antwort eines Schülers einer 8eTE im Schuljahr 2009/2010 auf die
Frage, ob der Unterrichtseinstieg seiner Meinung nach von Bedeutung sei.1
Deutlich wird, dass dieser Schüler den Einstieg mit Interesse und Neugier
verbindet. Die ersten Unterrichtsminuten scheinen demnach für den Lernenden
nicht nur wichtig, sondern geradezu unabdingbar zu sein, damit er sich auf den
Arbeits-und Lernprozess einlässt. Dieser Schülerkommentar ist einer von vielen,
die ich im Rahmen meines Forschungsprojektes erhalten habe. Auf den ersten
Blick scheint er durchaus gerechtfertigt und nachvollziehbar, aber die folgende
Arbeit wird darlegen, dass das Konzept des Unterrichtseinstiegs von den Schülern
auf ganz unterschiedliche Weise wahrgenommen und bewertet wird, sodass man
als Lehrer2 eben nicht vorschnell urteilen und denken sollte, dass ein interessanter
Einstieg notwendigerweise einen funktionierenden Unterricht, begeisterte Schüler
und einen erfolgreichen Lernprozess zur Folge hat. Es bedarf hier einer
ausführlichen Reflexion und Relativierung, schon alleine dadurch, dass die
Motivation und der Lernprozess nur dann auf positive Art und Weise von
Einstiegen beeinflusst werden können, wenn der Lehrer diese sorgfältig plant und
durchdenkt und wenn der jeweilige Einstieg zu seiner Person, aber auch zu der
Klasse und dem zu vermittelnden Lernstoff passt. Es gilt also einiges zu
berücksichtigen, bevor man Einstiege als immer wirksame Garanten für die
Entstehung von Motivation und die Realisierung von Lernprozessen ansieht.
Um die Ergebnisse meines Projekts mit der didaktischen Forschungsliteratur zu
verknüpfen, wird in dieser Arbeit zunächst eine allgemeine Einführung in die
theoretischen Grundlagen bezüglich des Einstiegs und seiner Funktion für das
1
Der Fragebogen, der diese Antwort enthält, befindet sich in Anhang 16 S.159
Aus Gründen der Vereinfachung gebe ich im Folgenden immer nur die maskuline Form des Begriffs
‘Lehrer‘ an, obwohl ich mich damit auch auf die weiblichen Lehrpersonen beziehe.
2
9
Lernen dargelegt, wobei auch die Verbindung mit den verschiedenen Lerntypen
und der Motivation berücksichtigt wird. In einem nächsten Schritt widmet die Arbeit
sich der Praxis im Schulalltag, wobei vor allem die Ganzschrift „Happy“ von Doris
Dörrie im Hinblick auf mögliche Einstiege analysiert wird. Eine Einzelfallstudie
steht
ebenfalls
im
Fokus
der
Überlegungen.
Der
Umgang
mit
ersten
Textbegegnungen sowie weitere im Deutschunterricht durchgeführte Einstiege
werden in zwei weiteren praxisorientierten Kapiteln dargestellt und reflektiert. Die
Einstiege werden nicht nur von mir als Lehrperson bewertet, sondern auch –
natürlich allgemeiner – von den jeweiligen Schülern.
Die theoretischen Erkenntnisse und die praktischen Erfahrungen ermöglichen es, im
Schlusskapitel
ein
Fazit
bezüglich
der
Bedeutung,
Vorteile,
aber
auch
problematischen Aspekte des Unterrichtseinstiegs ziehen zu können. Die detaillierte
Beschreibung und Reflexion von Einstiegen im Sinne einer methodischen Bewertung
ist dabei nicht das Ziel dieser Arbeit. Ebenso wenig sollen hier der Deutschunterricht
revolutioniert und dem Leser ganz neuartige Unterrichtseinstiege vorgestellt werden.
Aus diesem Grund beinhaltet mein Projekt neben etwas außergewöhnlicheren
Einstiegen ebenfalls die ganz traditionellen. Auch die Hausaufgabenbesprechung,
die als Eröffnung einer Unterrichtsstunde etwas banal erscheinen mag, wird
berücksichtigt, da diese fester Bestandteil des schulischen Alltags ist und der
Unterricht oftmals mit ihr beginnt, um dann den jeweiligen Lernstoff weiter zu
bearbeiten. Die Frage, die im Vordergrund steht, ist letztendlich die, ob Einstiege
wirklich zum entscheidenden Faktor werden, wenn man erfolgreich sowie
lerntypengerecht lehren und Schüler motivieren will.
10
2. Der Unterrichtseinstieg – Theoretische Vorüberlegungen3
Anmerkung: Es gibt viele weitere Bezeichnungen für den Unterrichtseinstieg, z. B.
'Vorbereitung', 'Einleitung', 'Hinführung' oder 'Themenfindung'.4 Die Begriffe weisen keinen
inhaltlichen Unterschied auf. Ich werde im Folgenden den Begriff 'Unterrichtseinstieg' bzw.
'Einstieg' verwenden.
Die erste Phase des Unterrichts wird als Unterrichtseinstieg bezeichnet. Sie nimmt
allgemein einige Minuten in Anspruch und die restliche Unterrichtsstunde baut auf ihr
auf: „Der Einstieg spielt […] eine entscheidende Rolle für den Verlauf der folgenden
Lerneinheit.“5 Der Unterrichtsteinstieg eröffnet demnach die jeweilige Unterrichtsstunde, er kann aber darüber hinaus parallel noch als Einstieg in eine ganze
Unterrichtssequenz
fungieren.
Unterschieden
wird
allgemein
zwischen
den
Anfangsmomenten, die regelmäßig bzw. täglich im Unterricht stattfinden, den
„Stundeneröffnungsrituale[n]
und
Aufwärmübungen“6,
und
den
thematischen
Einstiegen. Erstere dienen dem „Herstellen einer positiven Anfangsatmosphäre“ 7 und
können z. B. aus Begrüßungsritualen oder Entspannungsübungen bestehen. 8
Letztere bilden den Forschungsgegenstand der vorliegenden Arbeit und beziehen
sich auf den Einstieg ins Thema, d.h. eine erste Begegnung mit dem jeweiligen
Lernstoff
findet
in
dieser
Phase
statt.9
Der
Einstieg
kann
auch
eine
Hausaufgabenbesprechung beinhalten, denn diese eröffnet den Unterricht oftmals in
Form einer vorbereitenden oder auch einer nachbereitenden Hausaufgabe. Das Ziel
einer Hausaufgabenbesprechung am Anfang der Unterrichtsstunde ist es, das
Thema
anhand
von
Schülerbeiträgen
einzuführen,
um
es
dann
in
den
Erarbeitungsphasen zu vertiefen. Die Hausaufgabenbesprechung als Einstieg ist
3
Die theoretischen Grundlagen zum Unterrichtseinstieg basieren auf meinen Ausführungen in der
während meines Referendariats verfassten Arbeit mit dem Titel Doris Dörrie: „Happy“ – Mögliche
Unterrichtseinstiege bei der Erarbeitung einer Ganzschrift.
4
Vgl. Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden. Band I: Theorieband. S. 129
5
Thömmes, Arthur: Produktive Unterrichtseinstiege. 100 motivierende Methoden für die
Sekundarstufen. S. 9
6
Greving, Johannes und Liane Paradies: Unterrichts-Einstiege. Ein Studien- und Praxisbuch. S. 16
7
Thömmes, Arthur: Produktive Unterrichtseinstiege. 100 motivierende Methoden für die
Sekundarstufen. S. 14
8
Vgl. ebd. S. 14f. Vgl. auch: Greving, Johannes und Liane Paradies: Unterrichts-Einstiege. Ein
Studien- und Praxisbuch. S. 16
9
Vgl. Thömmes, Arthur: Produktive Unterrichtseinstiege. 100 motivierende Methoden für die
Sekundarstufen. S. 48
11
insofern schwierig, als man von den Erarbeitungen und Ideen der Lernenden
ausgeht und davon in gewisser Form abhängig ist: Man kann nicht wirklich
voraussehen,
wie
engagiert
die
Schüler
Hausaufgaben
begegnen,
welche
Informationen während des Einstiegs dargelegt und welche zusätzlichen Erklärungen
nötig sein werden.10 Bedacht werden muss hier jedoch, dass jede Art von
Unterrichtseinstieg der ernsthaften Bemühungen der Schüler bedarf, sodass die
Hausaufgabenbesprechung als Einstieg nicht als nachteilig anzusehen ist.
Der Einstieg sollte fester Bestandteil der Unterrichtsplanung sein, jedoch lässt er sich
ebenso wenig wie die Erarbeitungsphase ohne einen bestimmten Grad an Flexibilität
seitens des Lehrers durchführen:
Unterrichtseinstiege sind planbar, aber ob sie in dieser geplanten Form auch
durchführbar sind, hängt von vielen aktuellen Faktoren ab. Da spielt die Lernumgebung
eine Rolle, die Befindlichkeit von Lehrern und Schülern, die Lernatmosphäre, das Thema
oder die Lern- und Lehrlust. Unvorhergesehene und überraschende Ereignisse verlangen
häufig das Improvisationstalent des pädagogischen Profis. Gerade in der Einstiegsphase
des Unterrichts muss der Lehrer also genau hinhören und hinsehen. Er sollte bereit sein,
spontan und flexibel handeln zu können.
11
Demnach kann die Lehrperson sich immer nur auf begrenzte Art und Weise auf den
Unterrichtseinstieg verlassen. Sie kann sich zwar durchaus ausmalen, wie die
Schüler im Idealfall reagieren, muss sich aber auch im Vorfeld schon Gedanken
darüber machen, welche Schwierigkeiten sich ergeben könnten, um sich so
wenigstens weitgehend auf diese ersten Momente des Unterrichts vorzubereiten. Der
genaue Verlauf des Einstiegs bleibt dem Lehrer immer unbekannt, bis er tatsächlich
vor seinen Schülern steht und diese Phase durchführt. So ist ein fester Bestandteil
der Definition des Unterrichtseinstiegs eine gewisse Unvorhersehbarkeit.
A. Thömmes (2005) erklärt gar, dass ein „gelungener Unterrichtseinstieg nicht
unbedingt ein Garant für das Gelingen der gesamten Stunde“ 12 ist. Ebenso vertritt er
die These, dass ein Einstieg, der misslingt, trotzdem noch in einen gelingenden
10
Vgl. http://klett-verlag.de/sixcms/list.php?page=ref_praxisfit_artikel&sv%5Bid%5D=123599
Thömmes, Arthur: Produktive Unterrichtseinstiege. 100 motivierende Methoden für die
Sekundarstufen. S. 9
12
Ebd.
11
12
Unterricht münden kann.13 Man kann also als Lehrer immer erst im tatsächlichen
Unterricht
erfahren,
inwiefern
der
Einstieg
sinnvoll
und
hilfreich
für
die
Erarbeitungsphase ist.
Laut Thömmes stellt die Planung des Einstiegs den Lehrer damit vor folgende
Aufgabe:
„Die
Aufnahmebereitschaft
und
die
Aktivitätsbedürfnisse
müssen
berücksichtigt und der Einstieg muss den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Schüler
angepasst werden.“14 Der Unterrichtseinstieg darf nach dieser Auslegung nicht um
seiner selbst willen durchgeführt werden, sondern immer in Verbindung mit dem Ziel,
dem Schüler den Lernprozess zu ermöglichen. So ist also auch die Verknüpfung mit
dem Lernprozess ein Punkt, der bei der Definition des Unterrichtseinstiegs nicht
fehlen darf. Bedenken sollte man hier allerdings, dass die Beziehung zwischen
Lehrer und Schüler auch Auswirkungen darauf hat, ob ein Lernprozess stattfindet.
Wenn Schüler sowieso die Unterrichtskonzepte des Lehrers ablehnen oder sich im
Unterricht nicht akzeptiert und verstanden fühlen, kann auch der Einstieg kein
geeignetes Lernklima herbeischaffen.15 So kann man also den Einstieg nicht per se
als Garant für den gelingenden Lernprozess definieren.
Neben dem Lernprozess soll der Einstieg den Forschern zufolge eine gewisse
Motivation der Schüler bewirken. Er soll ihr Interesse, ihre Neugierde und ihren
„Entdeckergeist“16 wecken, sie zum eigenen Nachdenken anregen und sie zum
eigentlichen Thema führen. Nach H. Meyer (1991) besteht die Hauptfunktion von
Unterrichtseinstiegen darin, „den Schülern den Einstieg in ein neues Thema bzw.
eine neue Lernaufgabe zu erschließen“17. Er führt zwei passende Bilder an, um den
Einstieg zu definieren: „Er ist sozusagen das Tor, durch das der Schüler in die neue
Lern-Landschaft hinauswandert, oder die Hefe, die den angerührten Teig zum
Aufgehen bringt.“18 A. Thömmes (2005) definiert ihn als „eine Art Warm-up, eine
Anwärmphase für Körper, Geist und Seele, denn ein Kaltstart fördert selten die
13
Vgl. ebd. S. 9
Ebd.
15
Vgl. ebd.
16
Ebd. S. 10
17
Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden II: Praxisband. S. 122
18
Ebd.
14
13
Lernbereitschaft“19. Wenn der Unterricht die Schüler schon zu Beginn nicht wirklich
mitreißt, wird es schwierig sein, ihre Konzentration und Arbeitsbereitschaft für die
eigentliche Erarbeitungsphase zu gewinnen. Ihr Lernprozess wird demnach
gehindert. Im Gegensatz dazu verhilft ein gelungener Unterrichtseinstieg den
Schülern dazu, sich dafür zu interessieren, was sie in der Erarbeitungsphase
erwartet. So wird der Lernprozess erleichtert und die Schüler sehen eine klare
Struktur im Unterricht, da der Einstieg sie auf logische Art und Weise zum Thema
führt, das in der darauf folgenden Phase erarbeitet und in der abschließenden Phase
abgerundet und gesichert wird. Der Unterrichtseinstieg zielt nicht nur auf den reinen
Wissenstand des Schülers und die Aktivierung desselben ab, sondern er geht weit
darüber hinaus, denn er „hat nicht nur eine kognitive, sondern auch eine affektive (=
auf Gefühle, Einstellungen und Werthaltungen bezogene) und manchmal auch eine
psychomotorische (= auf die Verbindung von Kopf- und Handarbeit zielende)
Dimension“20.
H. Meyer (1991) unterscheidet fünf Kriterien, die für „die Planung und Beurteilung
von Unterrichtseinstiegen“21 von wesentlicher Bedeutung sind:
1. Der Einstieg soll dem Schüler einen Orientierungsrahmen vermitteln.
2. Der Einstieg soll in zentrale Aspekte des neuen Themas einführen.
3. Der Einstieg soll an das Vorverständnis der Schüler anknüpfen.
4. Der Einstieg soll die Schüler disziplinieren.
5. Der Einstieg soll den Schülern möglichst oft einen handelnden Umgang mit dem
neuen Thema erlauben. 22
Meyer misst dem Punkt, die Schüler „mit der Zielstellung der Stunde vertraut zu
machen“23 große Bedeutung bei. Die Vorteile davon legt er folgendermaßen dar:
Wenn den Schülern zu Beginn einer neuen Unterrichtseinheit gesagt und eventuell
unterstützend auf der Tafel oder einem Arbeitsblatt festgehalten wird, was auf sie
zukommt, so können sie sich leichter auf das Thema einstellen. Es fällt ihnen dann auch
19
Thömmes, Arthur: Produktive Unterrichtseinstiege. 100 motivierende Methoden für die
Sekundarstufen. S. 9
20
Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden II: Praxisband. S. 122
21
Ebd. S. 129
22
Ebd.
23
Ebd. S. 130
14
leichter,
mitzudenken,
mitzuplanen
und
zu
kontrollieren,
was
im
weiteren
Unterrichtsverlauf passiert. Sie können Änderungsvorschläge machen und deren
Einhaltung besser überprüfen.
24
Wie oben dargelegt, dient ein guter Einstieg nach Meyer ebenfalls der Herstellung
von Disziplin, was man als Lehrer wohl spontan nicht unbedingt zu den primären
Funktionen von Unterrichtseinstiegen zählen würde. Gemeint ist hier allerdings die
Selbstdisziplin, d.h. eine Disziplin, die ohne Druck und Sanktionen von außen
existiert: „Selbstdisziplin bezeichnet die Fähigkeit der Schüler, sich durch eigene
Kraft auf das Thema der Stunde einzustellen und sich weder durch unerwartete
Schwierigkeiten noch durch äußere Ablenkungen davon abbringen zu lassen.“
25
Bei A. Thömmes (2005) finden die oben dargelegten Kriterien in ähnlicher Form
Erwähnung26. H. Meyer (1991) stellt noch ein weiteres interessantes Kriterium für
Studenten und Referendare auf: „Für Studenten und Referendare, die erstmalig vor
eine Klasse treten, hat der Einstieg zusätzlich die Bedeutung einer Visitenkarte: Sie
sagen damit, wer Sie sind, was Sie können und was Sie wollen.“ 27 Dies ist durchaus
der Fall, denn in jeden Unterrichtseinstieg, den man selber plant, fließt die eigene
Persönlichkeit mit ein, denn immerhin hat man sich dafür entschieden, den Einstieg
so und nicht anders zu organisieren und durchzuführen, damit er die Schüler erreicht
und motiviert.
Auch J. Greving und L. Paradies (1996) legen dar, welche Funktionen der
Unterrichtseinstieg im Idealfall erfüllt, wobei ihre Ausführungen die fünf Kriterien von
Meyer beinhalten. Der Einstieg soll die Neugierde und das Interesse der Schüler
aktivieren, „eine Fragehaltung bei den Schülerinnen und Schülern hervorrufen“ 28,
gezielt zu den Hauptaspekten des neuen Themas führen, „die Verantwortungsbereitschaft der Schülerinnen und Schüler für das, was und wie sie selber lernen
wollen, ansprechen und wecken“29 und Disziplin in der Klasse herstellen.30 Des
24
Ebd.
Ebd. S. 133
26
Vgl. Thömmes, Arthur: Produktive Unterrichtseinstiege. 100 motivierende Methoden für die
Sekundarstufen. S. 10
27
Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden II: Praxisband. S. 130
28
Greving, Johannes und Liane Paradies: Unterrichts-Einstiege. Ein Studien- und Praxisbuch. S. 17
29
Ebd.
30
Vgl. ebd. S.18
25
15
Weiteren kann der Einstieg laut Greving und Paradies weitere Funktionen31 erfüllen,
die den hier schon vorgestellten stark ähneln. Hinzufügen möchte ich allerdings zwei
Aspekte,
auf
die
Unterrichtseinstiege
Greving
„das
und
Paradies
Verständnis
um
Zusammenarbeitens hervorrufen und fördern“
32
eingehen.
die
Demnach
Notwendigkeit
können
regelgeleiteten
und „den Schülerinnen und Schülern
zur Selbsterfahrung innerhalb einer Gruppe verhelfen und damit sowohl das
Selbstvertrauen als auch die Sicherheit im Umgang mit anderen stärken“33. So kann
man
beispielsweise
den
Unterrichtseinstieg
in
Form
einer
Gruppen-oder
Partnerarbeit organisieren oder auch eine Gesprächsrunde führen, für die die
Lernenden ein bestimmtes soziales Verhalten, wie z. B. anderen zuhören und ihnen
gegenüber tolerant sein, aufweisen müssen. Diese Methoden werden oftmals
während der Erarbeitungsphasen angewandt, können aber durchaus auch den
Unterrichtsbeginn ausmachen und so ins Thema hineinführen. Diese soziale Seite
von Unterrichtseinstiegen ist von sehr großer Bedeutung, es stehen also bei der
Planung von Motivationsphasen nicht nur fachlich-inhaltliche und kognitive Ziele im
Vordergrund.
31
Vgl. ebd.
Ebd.
33
Ebd.
32
16
3. Die Lerntypen
3.1 Definition
Der Lernprozess steht unmittelbar in Verbindung mit den Sinneswahrnehmungen, die
der Lernende erlebt. Allerdings löst ein und dieselbe Wahrnehmung nicht bei jedem
Schüler denselben bzw. einen erfolgreichen Lernprozess aus:
Der eine lernt am besten über das Auge und behält dann besonders gut, wenn er sich ein
Bild ansieht oder ein Video anschaut (visueller Typ); ein anderer kann Informationen gut
verarbeiten, die ihn über das Ohr erreichen und ihm bei Verstehensproblemen erklärt
werden (akustischer Typ); und ein Dritter prägt sich den Lernstoff dann leicht ein, wenn er
selbst etwas macht, wie Vokabeln abschreiben oder einen Versuch durchführen
(handelnder Typ).
34
Der visuelle Typ lernt demnach über das Sehen, d.h. sein Lernprozess ist am
erfolgreichsten, wenn er sich beispielsweise Bilder oder Skizzen anschaut, wenn er
die Lerninhalte als eine Art Film vor seinem geistigen Auge Revue passieren lässt,
aber auch, wenn er selbst Zeichnungen, Poster usw. anfertigt, um den Lernstoff zu
visualisieren.35
Über das Hören lernt der akustische Lerntyp. Nicht nur Vorträge oder Erklärungen
von Außenstehenden helfen ihm beim Lernen, sondern auch dann, wenn er das
Gehörte in seinem Inneren mitspricht, anderen oder sich selber etwas erklärt oder
auch den Lernstoff aufnimmt und abspielt, wird sein Lernprozess gefördert.36
Der handelnde Lerntyp ist auf Basteln, Zeichnen, Anfassen, Gestik, Mimik,
Textmarkierung, Rollenspiel, Experimentieren und Ähnliches angewiesen, damit die
Lerninhalte sich ihm einprägen.37 Er muss demnach selber aktiv sein, das reine
Zuhören oder Betrachten der Lerninhalte reicht nicht, um einen erfolgreichen
Lernprozess zu ermöglichen.
G. Keller (2005) erstellt eine Lerntypengliederung, die aus „Hör-, Lese-, Seh- (Bilder-)
oder Handlungstypen“38 besteht und lässt sich also damit weitgehend mit den
34
Holtwisch, Herbert: Power Pack lernen. Lern- und Arbeitsmethoden für die Klassen 8-10. S. 24
Vgl. ebd. S. 25
36
Vgl. ebd.
37
Vgl. ebd. S. 26
38
Keller, Gustav: Lerntechniken von A bis Z. Infos, Übungen, Tipps. S. 89
35
17
Darlegungen von H. Holtwisch (2007) verbinden. Allerdings gibt es in der Forschung
immer wieder Bemühungen, die Lerntypen noch detaillierter zu kategorisieren:
H. Gardner (1996) geht von sieben verschiedenen Lerntypen aus: intelligence
langagière, intelligence logico-mathémathique, intelligence spatiale, intelligence
musicale, intelligence kinésthésique, intelligence interpersonnelle, intelligence
intrapersonnelle. Er merkt an, dass diese Lerntypen alle noch weiter unterteilt
werden könnten.39 So könnte z.B. die intelligence spirituelle oder morale anerkannt
werden, doch sie ist letztendlich eine Mischung von interpersonneller und
intrapersonneller Intelligenz und überdies stark abhängig von den jeweiligen
kulturellen
Werten.40
„Fondamentalement,
Den
je
Begriff
considère
intelligence
definiert
l’intelligence
er
comme
folgendermaßen:
un
potentiel
biopsychologique. C’est-à-dire que chaque membre de l’espèce a la potentialité
d’exercer l’éventail de facultés intellectuelles propres à l’espèce.“41 Es ist laut
Gardner das kulturelle Umfeld, das das Wesen des Einzelnen beeinflusst und
bestimmt, nicht der Zufall. Ein Lernender braucht einfach nur Gelegenheiten, um sich
weiterentwickeln zu können.42 Gardner beklagt die „conception unidimensionelle de
l’esprit“43 und sieht die Anerkennung und Berücksichtigung der verschiedenen
Lerntypen im Allgemeinen und vor allem im Unterricht als notwendig an. Er erkennt
darin sogar eine Möglichkeit, die Welt zu verbessern:
Il est essentiel de reconnâitre et de cultiver tous les types d’intelligence humaine, ainsi
que toutes leurs combinaisons. C’est par la combinaison de nos intelligences que nous
différons tous les uns des autres. Le reconnâitre, c’est avoir une meilleure chance de
régler les nombreux problèmes auxquels nous sommes confrontés dans le monde. Si
nous réussissons à mobiliser tout l’éventail des capacités humaines, non seulement nous
nous sentirons plus à l’aise et plus compétents, mais probablement aussi plus engagés,
plus capables de nous lier avec le reste du monde et d’œuvrer pour le bien commun. Si
nous parvenons à mettre en œuvre l’ensemble des intelligences humaines et à les allier
39
Vgl. Gardner, Howard: Les intelligences multiples. Pour changer l’école: la prise en compte des
différentes formes d’intelligences. S. 20f.
40
Vgl. ebd. S. 65
41
Ebd. S. 55
42
Vgl. ebd. S. 67
43
Ebd. S. 51
18
à un sens éthique, peut-être augmenterons-nous alors nos chances de survie sur cette
planète, et même contribuerons-nous à sa prospérité.
44
E. Arnold (2007) verweist auf die Musik-Lerntypen (musikalisch-rhythmische
Lerntypen), die Bilder-Lerntypen (visuell-räumliche) Lerntypen, die Körper-Lerntypen
(körperlich-bewegungsbezogene
Lerntypen),
die
Wörter-Lerntypen
(verbal-
sprachliche Lerntypen), die Zahlen-Lerntypen (logisch-mathematische Lerntypen),
die Ich-Lerntypen (intrapersonelle Lerntypen), die Menschen-Lerntypen (interpersonelle Lerntypen) und die Natur-Lerntypen (naturbezogene Lerntypen).45 Den
Kategorisierungen von Arnold und Gardner entsprechen auch die Lerntypen von H.
Puchta u.a. (2009). Hier wird zwischen den logisch-mathematischen, musikalischen,
körperlichen, sprachlichen, intrapersonalen, räumlichen, interpersonalen, naturkundlichen und spirituellen Intelligenzen unterschieden.46
Nur selten lassen Schüler sich ganz eindeutig, d.h. „in reiner Form“47 einem Lerntyp
zuordnen, meist agieren alle Sinneskanäle, obwohl vielleicht einer stärker
ausgeprägt ist als die restlichen. G. Keller (2005) spricht hier von „Mischtypen“ 48.
Auch H. Gardner (1996) ist der Meinung, dass die Kompetenzen, die mit den
verschiedenen Lerntypen verknüpft sind, jedem Menschen innewohnen: „[…] tous les
hommes possèdent des capacités centrales dans chacune des intelligences.“49
Diese Vielseitigkeit des Lernenden hat Vorteile: „Je mehr Sinne jedoch beim
Lernvorgang beteiligt sind, umso mehr Wissen kann im Gehirn vernetzt und
gespeichert werden.“50 Ein Lernender, der versucht, über einen bei ihm nicht oder
kaum ausgeprägten Sinneskanal zu lernen, wird ernsthaften Lernschwierigkeiten
begegnen. So ist es also von Vorteil, wenn man weiß, welchem Lerntyp man
angehört. Die verschiedenen Lerntypen sollten Schülern demnach im Unterricht
erklärt und zugänglich gemacht werden: „Pour la théorie des intelligences multiples,
44
Ebd. S. 25
Vgl. Arnold, Ellen: Jetzt versteh‘ ich das! Bessere Lernerfolge durch Förderung der verschiedenen
Lerntypen. S. 14f.
46
Vgl. Puchta, Herbert u.a.: Multiple Intelligenzen im DAF-Unterricht. Aktivitäten für die Sekundarstufe
und den Erwachsenenunterricht. S. 126
47
Holtwisch, Herbert: Power Pack lernen. Lern- und Arbeitsmethoden für die Klassen 8-10. S. 24
48
Keller, Gustav: Lerntechniken von A bis Z. Infos, Übungen, Tipps. S. 89
49
Gardner, Howard: Les intelligences multiples. Pour changer l’école : la prise en compte des
différentes formes d’intelligences. S. 44
50
Holtwisch, Herbert: Power Pack lernen. Lern- und Arbeitsmethoden für die Klassen 8-10. S. 24
45
19
une intelligence peut servir aussi bien comme contenu d’un enseignement que
comme moyen, ou médium, pour communiquer ce contenu.51
Um herauszufinden, wie man sich am besten Wissen aneignet, kann man einen
Lerntypentest durchführen52. Allerdings sollte man sich auch mit dieser Erkenntnis
nicht nur auf den „starke[n] Lernweg“53 beschränken: „Damit der Lernstoff fest
verankert wird, müssen auch die übrigen Sinneskanäle miteinbezogen werden.“ 54 So
kann man gezielt an den individuellen Stärken und Schwächen arbeiten und aktiv auf
das Gelingen des Lernprozesses einwirken. Lernen ist und bleibt demnach ein
komplexer Prozess, der nicht einfach auf die Wahrnehmung über einen bestimmten
Sinneskanal reduziert werden sollte.
Dieses Wissen um die Lerntypen, ihre Strukturierung und vor allem ihre Bedeutung
im Rahmen des Lernprozesses stellt Lehrer vor die wichtige Aufgabe, ihren
Unterricht abwechslungsreich zu gestalten, sodass die verschiedenen Lerntypen
angeregt werden und die Schüler in den Lernprozess eingebunden werden können.
Natürlich sieht die Lehrperson sich hier mit Grenzen konfrontiert, da nicht jeder
Lerninhalt und nicht jede Methode immer alle Lerntypen gleich stark berücksichtigen
kann. Außerdem ist der eigentliche Vorgang des Lernens für den Lehrer oft wenig
transparent und einschätzbar, da er die Innenwelt seiner Schüler nie ganz zu
(er)kennen vermag. So kann ein Schüler sich beispielsweise mittels mangelnden
Einsatzes selber am Lernen hindern, obwohl der Unterricht seinem Lerntyp
entspricht. Umso wichtiger ist es, dass auch die Schüler über Lerntypen informiert
werden und erkennen, wie sie am besten lernen, um sich so den Lernstoff nach den
individuellen Bedürfnissen eigenständig umgestalten zu können. Diese Fähigkeit wird
ihnen das Lernen erleichtern, ihre Autonomie und ihr Selbstbewusstsein stärken und
ihnen während ihres ganzen Lebens von Vorteil sein. Dass es hierbei auch mit dem
Wissen und der Lehre über die Lerntypen Grenzen gibt, legt H. Gardner (1996) dar:
„[…] il n’existe pas de recette pour une éducation des intelligences multiples. La
51
Gardner, Howard: Les intelligences multiples. Pour changer l’école : la prise en compte des
différentes formes d’intelligence. S. 49
52
Vgl. Holtwisch, Herbert: Power Pack lernen. Lern- und Arbeitsmethoden für die Klassen 8-10. S.
24f. Vgl. auch: Keller, Gustav: Lerntechniken von A bis Z. Infos, Übungen, Tipps. S. 90f.
Vgl. auch: Arnold, Ellen: Jetzt versteh‘ ich das! Bessere Lernerfolge durch Förderung der
verschiedenen Lerntypen. S. 11-16
53
Keller, Gustav: Lerntechniken von A bis Z. Infos, Übungen, Tipps. S. 89
54
Ebd.
20
théorie des IM cherchait à décrire l’évolution et la topographie de l’esprit humain, et
non pas à développer un certain type d’esprit, ni à faire croître un genre particulier
d’être humain.“55 Möglich ist jedoch eine Erziehung bzw. ein Unterricht, der im Sinne
der Theorie der multiplen Intelligenzen agiert.56
Anmerkung: In der vorliegenden Arbeit wird eine grobe Strukturierung der Lerntypen
vorgenommen: Der Akzent liegt auf den visuellen, den auditiven (akustischen) und den
handelnden
Lerntypen.
Dort,
wo
für
die
Beschreibung
und
Darlegung
des
Forschungsprojekts eine genauere Untergliederung sinnvoll ist, werden Untertypen der drei
großen Hauptlerntypen berücksichtigt, so z. B. der motorische (körperliche Lerntyp), der als
eine Form der handelnden Lerntypen angesehen werden kann.
3.2 Der Lernprozess und die Motivation
Schüler werden jeden Tag mit verschiedenen Schulfächern konfrontiert und sie
müssen sich vieles aneignen und einprägen. Mit Lernen ist allerdings nicht das bloße
Behalten von Fakten gemeint, denn es handelt sich beim Lernprozess um
einen sehr dynamischen Vorgang, an dem alle menschlichen Dispositionen beteiligt sind:
alle Sinne, Werte, Emotionen, kognitive Abläufe (Verstehensprozesse), aber auch
Handlungen. D.h. Lernen besteht nicht nur aus der Aufnahme und der Speicherung von
Informationen, sondern in gleichem Maße aus der Umsetzung der Information in
Handlung in Form von Sprache, Planung, dem Setzen und Erreichen von Zielen. Erst
durch die praktische Umsetzung wird der Lernprozess vollendet.“
57
Lernen lässt sich auch nicht losgelöst von der menschlichen Gefühlswelt realisieren,
man begegnet dem Lernstoff immer auch mit bestimmten Gefühlen, die positiver
oder negativer Art sein können. Außerdem gilt:
Nun sind Gefühle nicht nur auf Lerngegenstände bezogen, sondern auch auf
Lernkontexte. Wir lernen immer und überall auch die jeweils bestehenden emotionalen
Anteile einer Situation mit. Motivationale Antriebe, Begeisterung, Unwohlsein, Lernfreude
55
Gardner, Howard: Les intelligences multiples. Pour changer l’école : la prise en compte des
différentes formes d’intelligences. S. 72
56
Vgl. ebd.
57
Arnold, Margret: Brain-Based Learning and Teaching – Prinzipien und Elemente. In: Herrmann,
Ulrich (Hrsg.): Neurodidaktik. S. 145
21
und Lernängste entstehen z. B. auch durch die, die in Lernsituationen mit uns agieren.
Das bezieht sich auf Lehrer/innen ebenso wie auf die Mitschüler/innen.
58
Wenn man etwas lernt, kann dies nur gelingen, wenn man es in irgendeiner Form mit
Vorwissen verknüpfen kann, ein Aspekt, den gerade Lehrer berücksichtigen sollten:
Neue Lerninhalte werden von neuronalen Netzen in bestehende Netze integriert. Falls
das nicht gelingt, wird diese »sinn-lose« Information mehr oder weniger schnell gelöscht.
Die Qualität und das Niveau der neu lernbaren Inhalte werden deshalb wesentlich
bestimmt von der Qualität und vom Niveau der dazu passenden bereist gespeicherten
Inhalte. Das Neue bestimmt auf diese Weise das Alte und für die Didaktik noch wichtiger,
das Alte stets das Neue.
59
Jeder Schüler kann lernen, auch wenn die Zeit, die für das Lernen gebraucht wird,
individuell variiert. Die neurologischen Voraussetzungen sind für alle gesunden
Jugendlichen allgemein gesehen die gleichen: „Neurophysiologisch betrachtet haben
wir es durchaus bis zum Beginn des dritten Lebensjahrzehnts mit Gehirnentwicklung
zu tun. […] kurz vor der Pubertät beginnt noch einmal ein Entwicklungsschub […].“60
Diese Weiterentwicklung des Gehirns zielt vor allem auf soziale Faktoren ab: Die
Beziehungen des Jugendlichen zum anderen Geschlecht verändern sich, er übernimmt seine weibliche oder männliche Geschlechtsrolle, strebt nach Unabhängigkeit
von den Eltern oder anderen Erwachsenen und beschäftigt sich mit Berufsbildern,
Familie, moralischen Werten, Verantwortung und seiner Rolle in der Gesellschaft.61
Roth (2006) sieht die folgenden Punkte als ausschlaggebende Faktoren für den
gelingenden Lernprozess an:
1. die Motiviertheit und Glaubwürdigkeit des Lehrenden,
2. die individuellen kognitiven und emotionalen Lernvoraussetzungen der Schüler,
3. die allgemeine Motiviertheit und Lernbereitschaft der Schüler,
58
Schirp, Heinz: Wie »lernt« unser Gehirn Werte und Orientierungen? In: Herrmann, Ulrich (Hrsg.):
Neurodidaktik. S. 206
59
Friedrich, Gerhard: »Neurodidaktik« - Eine neue Didaktik? Zwei Praxisberichte aus methodischdidaktischem Neuland. In: Herrmann, Ulrich (Hrsg.): Neurodidaktik. S. 218
60
Becker, Gerold u.a. (Hrsg.): Lernen. Wie sich Kinder und Jugendliche Wissen und Fähigkeiten
aneignen. S. 25
61
Vgl. ebd. S. 26
22
4. die spezielle Motiviertheit der Schüler für einen bestimmten Stoff, Vorwissen und
der aktuelle emotionale Zustand,
5. der spezifische Lehr- und Lernkontext.62
Dass unmotivierte, unsichere und nicht authentische Lehrer ihre Schüler nicht
motivieren können, ist leicht nachvollziehbar. Was Punkt 2 betrifft, sollte bedacht
werden, dass jedes Gehirn individuelle Stärken hat, sodass auch das Lernen bei
jedem Schüler auf geradezu einzigartige Art und Weise funktioniert63. So kann man
als Betreuer einer Lerngruppe allgemeine Bereiche ausmachen, in denen Lernende
Stärken bzw. Schwächen aufweisen. Es handelt sich hierbei um die Einordnung der
Lernenden zu den oben schon dargelegten Lerntypen. Um erfolgreich lernen zu
können, bedarf es der Beobachtung und Unterstützung des Lehrers: „Nicht jeder hat
für alles gleich gute Voraussetzungen. Jeder Schüler sollte aber nach und nach
verstehen, wo die eigenen besonderen Fähigkeiten liegen.“64 Dies gelingt Schülern
nur dann richtig, wenn der Lehrer sie dabei berät und begleitet.
Punkt 3 und 4 beinhalten eine gewisse Komplexität, denn die Motivation als solche
ist ein schwer greifbares und messbares Phänomen, das Lehrer oft vor eine große
Herausforderung stellt. Gemeint ist mit Motivation, dass man dazu angeregt wird zu
lernen und dass nichts einen daran hindert, sich für den Lernprozess zu öffnen:
Unter Motivation versteht man all das, was unser Verhalten in Gang setzt bzw.
aufrechterhält. Sie ist der Motor des Verhaltens. Motivation kann sowohl von innen her
kommen (Interesse, Tätigkeitsdrang) als auch von außen (Druck, Lob).
65
Die Motivation kann sich auf verschiedene Ebenen beziehen. So zielen soziale
Lernmotive eher darauf ab, das menschliche „Bedürfnis nach Zuneigung und
Geborgenheit“66 oder das „Bedürfnis nach Geltung und Anerkennung“ 67 zu
befriedigen. Dieses beeinflusst vor allem die Motivation jüngerer Schüler. Kognitive
62
Roth, Gerhard: Warum sind Lehren und Lernen so schwierig? In: Herrmann, Ulrich (Hrsg.):
Neurodidaktik. S 53
63
Vgl. Herrmann, Ulrich: Gehirnforschung und die neurodidaktische Revision des schulisch
organisierten Lehrens und Lernens. In: Herrmann, Ulrich (Hrsg.): Neurodidaktik. S. 127
64
Becker, Gerold u.a. (Hrsg.): Lernen. Wie sich Kinder und Jugendliche Wissen und Fähigkeiten
aneignen. S. 24
65
Keller, Gustav: Lerntechniken von A bis Z. Infos, Übungen, Tipps. S. 106.
66
Schlag, Bernard: Lern- und Leistungsmotivation. S. 19
67
Ebd.
23
Lernmotive haben zum Ziel, „Neues zu verstehen, es erkennen, ordnen und
konstruieren zu können“68. Dieses Motiv wird zum Anliegen des Lehrers, denn zu
seinem Beruf gehört es, dieses bei den oft unmotivierten Jugendlichen zu fördern.
Demnach kann man nur dann erfolgreich unterrichten, wenn man neben der
Berücksichtigung der individuellen Stärken bzw. Schwächen der Schüler auch auf
ihre Motivation achtet. Der Lernprozess ist eng mit der Motivation verknüpft:
Was immer es auch ist, das man lernt: Man weiß und man kann hinterher mehr als
vorher. Lernen ist also eine Tätigkeit, bei der ein Mensch sich aufgrund von Erfahrungen
geistig entwickelt und verändert. Weil immer etwas Neues dazu kommt, ist das Lernen
eine persönliche Bereicherung. Wer lernt, hat mehr Möglichkeiten als derjenige, der nicht
lernen kann oder nicht lernen will. Lernen ist also etwas Positives. Man muss es nur
wollen.
69
Aus diesem Grund „bringt ein Unterricht, in dem nicht viel Wert auf Motivation gelegt
wird, nicht selten Disziplinschwierigkeiten mit sich“70. Letztere sind oftmals auf einen
Mangel an Schullust zurückzuführen und so „kann man dann mit der richtigen
Herangehensweise in der Regel auch die Schüler erreichen, die ihr Interesse am
Unterricht gänzlich verloren zu haben scheinen“71. Jugendliche regieren nicht nur
aufgrund persönlicher Probleme oft mit Ablehnung auf den Unterricht. Es kann für sie
geradezu von großer Bedeutung werden, dem Lehrer zu missfallen, um bei den
Gleichaltrigen auf Anerkennung zu stoßen. Außerdem kann es sein, dass sie sich
durch
mangelndes
Selbstvertrauen,
negative
Bewertungen
und
allgemeine
Misserfolge als untalentiert oder gar als dumm ansehen, was ihre Motivation
regelrecht erstickt:
Die Schüler versuchen, sich davor zu schützen, von ihren Klassenkameraden, Eltern
oder Lehrern als dumm und unfähig angesehen zu werden und verweigern ihre Arbeit
ganz – und sich selbst damit natürlich auch die Möglichkeit, ihre Kenntnisse unter Beweis
zu stellen.
72
68
Ebd. S. 20
Mattes, Wolfgang: Methoden für den Unterricht. 75 kompakte Übersichten für Lehrende und
Lernende. S. 86
70
Mendler, Allen N.: Uninteressierte Schüler motivieren. S. 9
71
Ebd. S. 10
72
Ebd. S. 15
69
24
So sollten also die Unterrichtsatmosphäre und das Gemeinschaftsgefühl unbedingt
stimmen, wobei Respekt, Vertrauen, Lob von Stärken und Akzeptanz von Fehlern zu
wesentlichen Elementen werden, die einen funktionierenden Unterricht ermöglichen.
Wenn es um Motivation geht, ist eine Frage unabdingbar: „Ist das Handeln stärker
durch die jeweilige Situation (außen) oder durch die handelnde Person selbst (innen)
bestimmt?“73 Man spricht hier von extrinsischer bzw. intrinsischer Motivation oder
auch von „Tätigkeits- gegenüber Ergebnisorientierung“74.
Widmet man sich einer Tätigkeit wegen ihrer Konsequenzen (Erreichen positiver
Konsequenzen oder Vermeiden negativer Konsequenzen), so wird diese Tätigkeit als
extrinsisch motiviert bezeichnet. Wird die Tätigkeit hingegen um ihrer selbst willen
ausgeführt, so gilt sie als intrinsisch motiviert. Im einen Fall liegt die Befriedigung im
Erreichen bestimmter äußerer Zwecke, im anderen Fall im Vollzug der Tätigkeit selbst.
75
Der Lehrer verfügt nur über extrinsische Motivationsmittel, kann die Entstehung der
intrinsischen Motivation aber unterstützen76. Extrinsisch motivieren kann er
beispielsweise durch die Notengebung, schriftliches bzw. mündliches Feedback,
Sanktionen bei Arbeitsverweigerung, aber auch durch eine Belohnung, wie z. B. eine
Klassenfahrt. Die intrinsische Motivation kann er fördern, indem er den Schüler
mittels passender Unterrichtsmethoden oder auch seiner Lehrerpersönlichkeit dazu
bringt, sich eigenständig stärker für ein Thema zu interessieren und sich mit dem
Lernstoff
zu
beschäftigen,
ohne
sich dabei an
von
außen
einwirkenden
Motivationsfaktoren festzuhalten. Es geht ihm um die Begegnung mit dem Lernstoff
sowie die Erarbeitung und Verankerung desselben. Dabei handelt der Schüler aus
innerer, intrinsischer Motivation heraus und diese wirkt sich positiver auf den
Lernprozess aus als eine rein an äußeren Kriterien orientierte Motivation:
Intrinsische Motivation gilt im allgemeinen [!] als der extrinsischen Motivation überlegen in
bezug [!] auf die Freude am Lernen und auf den Lernerfolg. Es ist zu erwarten, daß [!] der
intrinsisch motivierte Schüler sich dem Gegenstandsbereich ohne äußeren Druck,
möglichst häufig und ausdauernd zuwendet. Der zu erwartende Lernerfolg wird größer
sein als bei ausschließlich extrinsischer Motivation, die weniger am Verständnis des
73
Schlag, Bernard: Lern- und Leistungsmotivation. S. 12
Ebd. S. 24
75
Ebd. S. 21
76
Vgl. ebd. S. 23
74
25
Gegenstandsbereichs als an der Instrumentalität der Leistung zur Erreichung äußerer
Zwecke interessiert ist.
77
Der Mensch ist von Natur aus neugierig und lernwillig. Es handelt sich hierbei um
eine intrinsische Motivation, da er aus sich selber heraus lernen möchte. Allerdings
rückt diese bei vielen Schülern im Laufe ihrer Schullaufbahn in den Hintergrund:
Die meisten Kinder beginnen ihre Schullaufbahn mit einem starken Erkundungs- und
Wissensdrang. Sie sind neugierig, ihr Leistungsstreben kommt von innen und sie sind an
der
Sache
interessiert.
In
der
Schule
werden
die
Kinder
dann
häufig
in
Leistungsvergleiche hineingezwungen, ihre Eltern, teilweise die Lehrer und auch sie
selbst beginnen sich an den Leistungen anderer und den Erwartungen der für sie
wichtigen Personen (Eltern, Lehrer) zu orientieren. Ihre Leistungen werden von außen
bewertet, sie erfahren teilweise Rückmeldungen, die sie in ihrem Selbstwertgefühl
kränken. Ihre ursprünglich eigenständige Leistungs- und Erfahrungsbereitschaft wird in
ein Vergleichs- und Konkurrenzsystem sozialisiert, intrinsische wird zu extrinsischer
Motivation, kann diese jedoch in ihrer Wirksamkeit nicht erreichen. Es kann ein Prozeß [!]
der Entfremdung gegenüber dem Lerngegenstand einsetzen; Schule wird dann
78
zunehmend als nicht selbstgewählte Institution der Fremdbestimmung aufgefaßt [!].
In diesem Sinne kann die Schule für den Lernenden zur lästigen Pflicht werden, er
fühlt sich von den Eltern und Lehrern dominiert und in seiner Freiheit eingeschränkt,
da er seinem Schülerdasein nur nachgeht, weil die Gesellschaft dies von ihm
verlangt, nicht weil er wirklich daran interessiert ist. Gerade Jugendliche befinden
sich in einer Phase, in der sie sich von den Erwachsenen distanzieren wollen, um
ihre Identität auszudrücken, sodass die schulischen Aufgaben oftmals nur dann
wahrgenommen werden, wenn von außen belohnt bzw. sanktioniert wird.
Jugendliche sind demnach oft vor allem für extrinsische Motivationsmittel
empfänglich. Gerade jüngere Schüler können beispielsweise durch drohendes
Fernsehverbot oder ein Geschenk der Eltern motiviert werden. Die Bedeutung der
intrinsischen Motivation sollte Schülern demnach deutlich gemacht werden, denn
wenn sie sich immer nur extrinsisch motivieren, hat dies Konsequenzen für ihre
(schulischen) Leistungen:
77
78
Ebd. S. 22
Ebd. S. 99
26
Die Lust am Lernen kann von vielen Dingen abhängen. Aber letztlich braucht man dazu
keine Eltern und keinen Lehrer. Man macht sich die Lust selbst, indem man sich sagt:
„Ich will etwas lernen!“ Diese innere Einstellung ist die wichtigste Voraussetzung und von
ihr hängt es oft ab, ob die einen gut und die anderen schlecht lernen.
79
Schüler sollten sich also selber motivieren, indem sie sich aus ihrem Innern heraus
für den Lernprozess öffnen. Dafür müssen sie ihr Bild der Schule ins Positive
verändern, ihre Freude am Lernen, ihre Interessen und Stärken entdecken. Hier
kann die Selbstreflexion dazu führen, dass man sich von den extrinsischen
Motivationsmitteln löst. Besonders ältere Jugendliche haben oftmals einen
bestimmten Berufswunsch vor Augen, der ihre Interessen umfasst, sodass ihnen das
Arbeiten in diesem Bereich schon in der Schule Freude bereitet, ohne dass sie
extrinsisch motiviert werden. Dies bringt ihnen Vorteile, denn Lernende, die
intrinsisch motiviert sind, werden auf Dauer erfolgreicher sein als extrinsisch
motivierte Schüler: „Alle materiellen und sozialen Verstärker sind immer extrinsischer
Art und von daher einer starken intrinsischen Motivation als Grundlage der
Leistungsbereitschaft auf Dauer unterlegen.“80 Anzumerken bleibt, dass es schwer
ist, den Grad der intrinsischen Motivation zu erfassen, da oftmals eine Verknüpfung
mit der extrinsischen Motivation besteht, z. B. guten Noten oder den lobenden
Worten des Lehrers. Dies ist ein Phänomen, das sich auch bei Erwachsenen
beobachten lässt, die ihren Beruf zwar durchaus aus Interesse und Freude an der
Tätigkeit ausüben, dies aber trotzdem z. B. im Hinblick auf die Ernährung ihrer
Familie und damit dem Wohlbefinden derselben tun.
Es gibt allgemeine Methoden, die der Lehrer einsetzen kann, um die Motivation
seiner Schüler positiv zu beeinflussen. So motiviert es z.B., Schülern „kleine Ziele
[zu] setzen“81, die sie nicht überfordern. Diese Ziele sollten auch immer eine
Verbindung zum Alltag des Jugendlichen aufweisen, sodass er sie leichter
nachvollziehen kann: „Der Unterricht ist nur dann wirksam, wenn er von Zielen
geleitet wird, die nicht nur für den heutigen Tag gelten, sondern auch darüber
hinaus.“82 Außerdem sollte den Schülern auch bewusst sein, warum es zu einem
79
Mattes, Wolfgang: Methoden für den Unterricht. 75 kompakte Übersichten für Lehrende und
Lernende. S. 86
80
Schlag, Bernard: Lern- und Leistungsmotivation. S. 154
81
Mendler, Allen N.: Uninteressierte Schüler motivieren. S. 37
82
Ebd. S. 49
27
bestimmten Moment sinnvoll ist, auf den jeweiligen Lernstoff einzugehen: „Schüler
werden Aufträge oder Forderungen eher ausführen bzw. befolgen, wenn ihnen klar
ist, warum sie etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt tun sollen.“83
Der positiven Verstärkung, d.h. dem Hervorheben und Loben von Stärken und
Erfolgen des Schülers kommt hierbei eine wesentliche Rolle zu: „Ein sehr effektiver
Weg Schüler zu motivieren, besteht darin, sie auf ihre bereits vorhandenen
Fähigkeiten aufmerksam zu machen.“84 Immerhin hilft das Fachliche nur wirklich
interessierten Schülern, ihre Motivation nicht zu verlieren. Ansonsten sind ganz
andere Komponenten unabdingbar: „In erster Linie brauchen Schüler innere
Stabilität, Stolz und Selbstvertrauen, um Motivation aufbauen und erhalten zu
können.“85
Als Lehrperson sollte man demnach seine Schüler beobachten, um erkennen zu
können, auf welche Art und Weise sie den Lernstoff am einfachsten und am
langfristigsten verarbeiten. So kann man ihnen Erfolgserlebnisse ermöglichen, die sie
für das weitere Lernen motivieren. Für das erfolgreiche Lernen ist es unabdingbar,
den Motivationsaspekt zu berücksichtigen, wobei man immer auch bedenken muss,
dass Jugendliche sich in der schwierigen Phase der Pubertät befinden, in der
temporäre Unlust im Unterricht sich nicht immer vermeiden lässt. Hier sollte man als
Lehrer erst einmal abwarten und erst eingreifen, wenn der Motivationsmangel sich
als dauerhaft erweist:
Wenn Schüler sich in schwierigen Lebenssituationen befinden und Probleme mit sich
herumtragen, sind sie verständlicherweise wenig empfänglich für Schule. Dann helfen
auch keine didaktischen Tricks oder Kniffe, sondern eher ein klärendes Gespräch.
Manchmal ist auch eine kleine Auszeit völlig angebracht. Wenn sich Schüler zeitweise
ohne ernsthaften Anlass aus dem Unterricht ausklinken und das keine negativen Folgen
für die Arbeitsatmosphäre in der Klasse hat, ist das zunächst einmal keine
beunruhigende Situation. Nicht jedes Motivations-Tief ist wirklich ernst zu nehmen und
bedarf einer Abhilfe.
86
83
Ebd. S. 42f.
Ebd. S. 83
85
Ebd. S. 85
86
Ebd. S. 10
84
28
Bedenken sollte man demnach, dass die Jugendlichen nicht nur Lernende, sondern
auch Menschen sind: „Schüler tragen nicht nur ihren Kopf zur Schule, sondern
bringen auch ihre Sorgen und Ängste, ihre Bedürfnisse, Interessen und Vorlieben –
kurz gesagt: ihre ganze facettenreiche Persönlichkeit mit.“87 Ein Lehrer, der dies
nicht berücksichtigt, reduziert seine Schüler auf einen Aspekt ihrer Person, nämlich
das Schülerdasein, und wird kaum erfolgreich unterrichten können. Jeder Schüler ist
als Individuum zu betrachten, das den passenden Lernweg erkennen und gehen
muss:
Untersuchungen zu Unterrichtsmethoden und Lerntypen machen deutlich, dass es kein
Ideal gibt, nach dem sich alle Schüler richten können. Einige lernen am besten beim
Zuhören, andere beim Zuschauen, andere wiederum, indem sie etwas selbst tun. Es gibt
auch Schüler, die beim Lernen verschiedene Lerntechniken kombinieren.
88
Unterricht sollte sich also nach den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten
richten und dafür ist der Lehrer zu einem großen Teil mitverantwortlich, da er den
Unterricht plant, durchführt und so dafür sorgen kann, „dass jeder nach seiner
Fasson etwas lernt.“89
3.3 Bedeutung des Unterrichtseinstiegs für die Lerntypen und die Motivation
Allen Lerntypen ist eins gemeinsam, nämlich das Gedächtnis, das den Lernstoff
verankern und zum festen Wissensbestand machen soll: „Gedächtnis ist die
Fähigkeit, Informationen zu speichern und später wieder abzurufen. Es ist eine
unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiches Lernen und Denken.“ 90 Noch immer
ist nicht ganz erforscht, wie das Gedächtnis funktioniert, aber allgemein anerkannt
wird die Einteilung in Ultrakurzzeitgedächtnis, Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis.91
Das
Ultrakurzzeitgedächtnis
nimmt
Informationen
lediglich
für
Bruchteile einer Sekunde wahr. Holtwisch (2007) spricht vom Wahrnehmungsspeicher, da die Sinneswahrnehmungen, also das Sehen, das Hören, das
Schmecken, das Riechen und das Tasten zuständig sind für das, was im
87
Ebd. S. 34
Ebd. S. 107
89
Ebd.
90
Keller, Gustav: Lerntechniken von A bis Z. S. 40
91
Vgl. ebd. Anmerkung: Herrmann (2006) teilt das Gedächtnis noch detaillierter ein. Eine Darstellung
der von ihm ausgemachten Gedächtnisbereiche würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
88
29
Ultrakurzzeitgedächtnis gespeichert wird.92 Das Kurzeitgedächtnis nimmt die
Information auf, wenn ihr genug Bedeutung zukommt.93 Die Informationen bleiben
dort etwa 30 Minuten.94 Hier wird darüber entschieden, „was auf Dauer behalten wird
und später auch wieder abrufbar sein sollte“.95 Vergessen wird die Information jedoch
wieder schnell, es sei denn, man verankert sie im Langzeitgedächtnis: „Wird der
neue Gedächtnisinhalt genügend wiederholt, mit bereits vorhandenem Wissen
verknüpft und gut geordnet, kann er in das Langzeitgedächtnis übergehen, dessen
Aufnahmevermögen nahezu unbegrenzt ist.“96 Das Langzeitgedächtnis speichert die
Informationen auf unbegrenzte Dauer. Allerdings müssen auch hier die Informationen
regelmäßig wiederholt bzw. angewendet werden, sonst „verblasst Gelerntes schnell
wieder und das Erinnern bereitet dann Probleme.“97
Um die Verankerung des Lernstoffs zu gewährleisten, ist besonders die
Einstiegsphase sinnvoll, da hier ein neues Thema eingeführt wird, wofür die
Aufmerksamkeit, Motivation, aber auch der Verstehensprozess der Lernenden
angeregt werden müssen. Es ist überdies hilfreich, wenn man weiß, dass besonders
die Visualisierung des Lernstoffs eine wichtige Rolle für das Lernen spielt, da hier
das menschliche Gehirn in seiner Gesamtheit berücksichtigt wird: „Die linke Hälfte
[des Gehirns] ist für das theoretische Lernen zuständig, die rechte speichert die
Bilder. Je besser es uns gelingt, diese beiden Teile des Gehirns zur Zusammenarbeit
anzuregen, um so mehr kann das Gehirn insgesamt leisten und um so [!] besser
können wir lernen.“98 Visuell veranschaulichen kann man beispielsweise mit Hilfe von
Tabellen, Mindmaps, Skizzen oder Zeichnungen.99 Grafische Darstellungen und
andere Formen der Visualisierung tragen dazu bei, Textinhalte verständlicher
darzustellen. Mithilfe dieser Methode werden Informationen optisch übersichtlich
angeordnet und inhaltlich auf Schlüsselwörter und knappe Formulierungen verkürzt.
Durch diese Form der Bearbeitung setzt man sich intensiv mit dem Lernstoff
auseinander. Visuelle Darstellungen erleichtern das Verstehen und Behalten
92
Vgl. Holtwisch, Herbert: Power Pack lernen. Lern- und Arbeitsmethoden für die Klassen 8-10. S. 22
Vgl. ebd.
94
Vgl. ebd.
95
Ebd.
96
Keller, Gustav: Lerntechniken von A bis Z. S. 40
97
Holtwisch, Herbert: Power Pack lernen. Lern- und Arbeitsmethoden für die Klassen 8-10. S. 23
98
Mattes, Wolfgang: Methoden für den Unterricht. 75 kompakte Übersichten für Lehrende und
Lernende. S. 89
99
Vgl. Holtwisch, Herbert: Power Pack lernen. Lern- und Arbeitsmethoden für die Klassen 8-10. S. 62
93
30
besonders dann, wenn man sie selbst erstellt hat.100 Eine Unterrichtsphase, in der
dies berücksichtigt wird, spricht visuelle sowie handelnde Lerntypen gleichermaßen
an, während auch der akustische Lerntyp miteinbezogen kann, indem man die
Ergebnisse beispielsweise laut vortragen lässt.
Der Unterricht sollte sich allerdings nicht nur auf die Lerntypen konzentrieren, um
Schülern Erfolgserlebnisse zu vermitteln, sodass sie hinsichtlich des Lernens
motiviert sind. Berücksichtigt werden sollte ebenso, dass die Eigeninitiative
grundlegend für die Entstehung von Motivation ist:
Dass Lernen Spaß machen kann, müssen Schüler selbst für sich entdecken können.
Diese Entdeckung ist die beste Motivation. Ein Unterricht, der das berücksichtigt,
motiviert schon von sich aus. Genauso, wie sich Erfolge zu erkämpfen, müssen Schüler
aber auch lernen, Misserfolge zu ertragen. Auch das ist ein Teil des Lernprozesses
101
Hier gehört es zur Aufgabe des Lehrers, das Klassenklima so zu schaffen, dass die
Schüler sich wohlfühlen, sich durch ihre Erfolge geschätzt, aber durch ihre
Misserfolge nicht gehemmt fühlen. Das Klassenklima fungiert als Basis für
Motivation:
Wenn sich Schüler in der Klasse/Schule nicht wohlfühlen und die Angst, sich zu
blamieren, überwiegt, kann der Unterricht noch so motivierend sein – die Bereitschaft,
sich einzubringen und damit auch Risiken einzugehen, wird sich bei diesen Schülern nur
schwer einstellen.
102
Die Lehrperson muss demnach neben den fachlichen Kompetenzen vor allem
kommunikative, soziale und psychologische Fähigkeiten aufweisen, denn
damit Kinder und Jugendliche aber tatsächlich etwas leisten können, müssen sie in ihrer
ganzen Persönlichkeit wahrgenommen und respektiert werden. Denn erst, wenn sie sich
als Person angenommen fühlen, können Schüler etwas von sich preisgeben und Risiken
beim Lernen eingehen.
103
Die pädagogischen Kompetenzen des Lehrers sind trotzdem nicht wirkungslos, wenn
er seine Schüler motivieren will. So kann er die Bedeutung von Motivation und
100
Ebd.
Mendler, Allen N.: Uninteressierte Schüler motivieren. S. 14
102
Ebd. S. 15
103
Ebd. S. 35
101
31
Lerntypen für den Lernprozess in seine Unterrichtsplanung miteinbeziehen und
seinen Unterricht schülergemäß, d.h. interessant, spannend und anregend gestalten.
Hier soll der Unterrichtseinstieg zum unbedingten Bestandteil des Unterrichtens
werden. Er soll die Schüler ansprechen und sie aktiv werden lassen, sei es auf
abstrakter Ebene, durch Denken, oder auf konkreter Ebene, durch Handeln. Der
Lehrer soll sich dessen bewusst sein, dass die reine Informationsvermittlung
Jugendliche kaum erreichen wird:
Inhalte sprechen nur in seltenen Fällen für sich – die Form ihrer Darstellung hat
entscheidenden Einfluß [!] darauf, ob Menschen sich diesen Inhalten zuwenden und sich
selbstständig mit ihnen weiter beschäftigen. Deshalb sollte der Einstieg in ein Thema
„Lust auf mehr“ wecken und den Wunsch entstehen lassen, sich selbst auf
Entdeckungsreise zu begeben.
104
Der Unterrichtseinstieg soll die Schüler auch keinesfalls überfordern, denn: „Ein
Erfolgserlebnis am Lernbeginn erzeugt eine positive Lernstimmung, die das
Bewältigen der folgenden Lernaufgaben erleichtert.“105 Der Einstieg kann den
verschiedenen Lerntypen, denen die Schüler angehören, gerecht werden. Dies soll
als grundlegendes Prinzip für den Aufbau von Unterrichtsstunden gelten, denn wenn
man einen Einstieg z. B. nur auf gesprochenen Worten beruhen lässt, werden die
Schüler, die nicht oder kaum zu den akustischen Lerntypen gehören, nicht viel lernen
können. Ebenso soll man beispielsweise einen Tafelanschrieb immer auch akustisch
begleiten und von den Schülern notieren lassen, damit nicht nur die visuellen,
sondern auch die auditiven und handelnden Lerntypen angesprochen werden.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Unterrichtsplanung im Idealfall unter
Berücksichtigung der wesentlichen Lerntypen und der Motivation stattfindet, denn
diese bilden zwei Aspekte, die den Lernprozess überhaupt erst ermöglichen. Sie
sollen vom Unterrichtseinstieg angesprochen werden, damit dieser seine Funktion,
das Vereinfachen des Lernprozesses und das Anregen von Interesse, nicht verfehlt.
Zu bemerken bleibt, dass die Motivation des Lehrers wohl als wichtigstes Element in
die Motivation des Schülers einfließt: „Wenn Sie Ihre Schüler für Ihren Unterricht
104
105
Schlag, Bernard: Lern- und Leistungsmotivation. S. 146
Keller, Gustav: Lerntechniken von A bis Z. Infos, Übungen, Tipps. S. 106
32
begeistern wollen, müssen Sie selbst von ihm begeistert sein!“106 Somit kann auch
der Unterrichtseinstieg nur erfolgreich und motivierend sein, wenn der Lehrer eigene
Motivation verspürt und auch ausstrahlt. Wenn er seine Schüler nicht zu berühren
vermag, verliert sein Unterricht sein Ziel und wird zur Farce. Dann kommt auch das
Potential des Unterrichtseinstiegs nicht zur Wirkung. Unterrichten kann außerdem
niemals ohne eine grundlegende Lernwilligkeit der Schüler gelingen. So bedarf auch
der Unterrichtseinstieg trotz seiner positiven Wirkung auf die Motivation einer
grundlegenden Lern- und Arbeitswilligkeit seitens der Schüler: „Eine noch so gut
vorbereitete Unterrichtsstunde bringt nichts, wenn die Schüler nicht mitmachen.“107
Somit stellt sich die Frage, wie es in der Praxis aussieht: Inwiefern kann den
Unterrichteinstiegen eine motivationsförderne Funktion zugesprochen werden? Kann
der Lernprozess durch Einstiege, die die unterschiedlichen Lerntypen berücksichtigen, gefördert werden? Diese Fragen stehen im Zentrum der folgenden Analyse
des Schulalltags.
106
107
Mendler, Allen N.: Uninteressierte Schüler motivieren. S. 11
Ebd. S. 22
33
34
4. Analyse des Unterrichtseinstiegs im Rahmen einer Ganzschrift
4.1 Unterrichtsvoraussetzungen
Die 4e, die ich im Schuljahr 2009/2010 unterrichtete, bestand aus 24 Schülern, zwölf
Jungen und zwölf Mädchen. Dreizehn Schüler waren von 7e bis 5e in einer Allet108Klasse und somit im Deutschen eher schwach. Die übrigen Schüler waren
überdurchschnittlich stark. Es handelte sich allgemein gesehen um eine sehr
sympathische, arbeitswillige und engagierte Klasse, aber es zeigte sich, dass die
ehemaligen ALLET-Schüler sich bezüglich der Mitarbeit eher zurückhielten, was wohl
größtenteils darauf zurückzuführen war, dass der Unterricht in einer 4e ihnen am
Anfang gewisse Schwierigkeiten bereitete und dass die anderen Schüler ihnen
meistens deutlich überlegen waren, sodass sie sich hinter ihnen regelrecht
versteckten.
Ich unterrichtete die Klasse an verschiedenen Wochentagen morgens und auch
nachmittags und bemerkte keinen wesentlichen Unterschied in der Motivation, immer
zeigte sich, dass die etwas schwächeren Schüler zwar aufmerksam zuhörten, aber
sich nicht aktiv beteiligten bzw. nur einsilbig oder gar nicht auf meine Fragen
antworteten.
So wurde es zu meinem Ziel, nicht nur die sowieso schon recht engagierten Schüler
weiter zu motivieren, sondern auch die anderen anzusprechen und zur Mitarbeit
anzuregen. Meine Aufgabe bestand also darin, Unterrichtsstunden zu gestalten, die
das Interesse aller Schüler wecken, aber auch den schwächeren Schülern den
Lernstoff auf verständliche Art und Weise zugänglich machen, sodass ihnen
motivierende Erfolgserlebnisse vermittelt werden würden. Was die Unterrichtsformen
betraf, hatte ich in Erfahrung gebracht, dass die Schüler, die aus verschiedenen
Klassen kamen, vor allem mittels Frontalunterricht, Gruppen-und Partnerarbeit
unterrichtet worden waren. Daran wollte ich anknüpfen und demnach mich sowie die
Schüler abwechselnd ins Zentrum der verschiedenen Unterrichtsmomente setzen.
Ich ließ die Schüler abstimmen, welches Buch sie im dritten Trimester lesen wollten,
und stellte ihnen dabei auch „Happy“ von Doris Dörrie vor, da dieses Buch m. E.
108
Allemand Langue Étrangѐre
35
durchaus dem Sprachniveau einer 4e angepasst ist. Auch inhaltlich gesehen, eignet
es sich für Jugendliche, da die beschriebene Geschichte leicht verständlich und
alltagsnah ist, aber doch auf einer tieferen und symbolischen Ebene interpretiert
werden kann. Dass die Schüler sich dann auch für „Happy“ entschieden, ermöglichte
es mir, an meine Erfahrungen mit diesem Buch als Unterrichtsgegenstand
anzuknüpfen: Da ich es schon im Schuljahr 2007/2008 mit einer 11e PS gelesen und
damals verschiedene Unterrichtseinstiege erfolgreich getestet hatte, konnte ich auf
mein Wissen zurückgreifen, um auch die Schüler meiner 4e mittels überraschender
und spannender Einstiege zum Denken, Mitarbeiten und Lernen anzuregen. In der
11 hatte ich allerdings vor allem mit mündlichem Schülerfeedback gearbeitet, was ich
in der 4e insofern änderte, als ich den Schülern Feedbackbögen austeilte.
In der Folge dient „Happy“ also dazu, an einem konkreten Beispiel zu
veranschaulichen, wie man Unterrichtseinstiege im Rahmen der Lektüre einer
Ganzschrift dem jeweiligen Unterrichtsschwerpunkt anpassen und so die Schüler für
den Lernstoff öffnen kann.
4.2. Allgemeine Sachanalyse
Im Buch „Happy“ von Doris Dörrie geht es um drei eigentlich befreundete Paare, die
sich in unterschiedlichen Situationen befinden: Emilia und Felix sind gerade frisch
getrennt, während Anette und Boris trotz erster Unsicherheiten glücklich miteinander
sind. Charlotte und Dylan sind Neureiche, deren einstiges Liebesglück unter dem
Luxusleben leidet, sodass ihre Beziehung zu enden droht. Auch die Beziehungen der
sechs Personen untereinander zeigen einige Risse. Neid auf das Liebesglück oder
das Geld der anderen, Mitleid, Geheimnisse und die verschwiegene Affäre von
Emilia und Dylan belasten die Freundschaft.
Bei einem gemeinsamen Essen in Charlottes und Dylans Wohnung entschließen
sich die drei Paare zu einem Experiment, bei dem sich Anette, Boris, Charlotte und
Dylan nackt und mit verbundenen Augen abtasten und wiedererkennen sollen,
während Emilia und Felix die Rolle der Beobachter und Schiedsrichter übernehmen,
da es sich um ein zur Wette umfunktioniertes Experiment handelt. Die beiden Paare
erkennen ihren jeweiligen Partner wieder, doch Felix manipuliert das Ergebnis, um
36
der finanziell schlecht gestellten Emilia den Wetteinsatz zu sichern. Somit glauben
Anette, Boris, Charlotte und Dylan, dass sie ihren Partner nicht erkannt haben.
Trotz oder gerade aufgrund des scheinbar gescheiterten Experimentes gelingt es
allen Paaren, ihr Liebesglück aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen. Charlotte
und Dylan finden wieder zueinander, da er ihr wahres Ich endlich wahrnimmt. Mit
einem Kind wollen sie ihre neu aufflammende Liebe festigen. Anette und Boris kann
das Experiment nicht verunsichern, sie wissen, dass Körper sich mit zunehmendem
Alter sowieso verändern, sodass es nur auf das Innere, nicht mit den Händen
Abtastbare, ankommt. Emilia und Felix, die sich schon während des Beobachtens
der anderen geküsst hatten, führen das Experiment selber durch und finden dadurch
wieder zueinander.
4.3 Didaktische Analyse
Doris Dörrie beschreibt in ihrem Buch „Happy“ sowohl die Beziehungen zwischen
drei Paaren als auch die zwischen sechs Freunden. Dass die Charaktere sich in
einer von Bildern und Vergleichen geprägten Sprache ausdrücken und dass viele
Szenen, nicht nur das Experiment also solches, von einer starken Symbolik sind,
überzeugt
mich
davon,
dieses
Buch
in
meinen
Unterrichtsplanungen
zu
berücksichtigen. Es ermöglicht jedem Leser und damit auch dem Jugendlichen ein
gewisses Identifikationspotenzial, denn kein Mensch führt sein Leben gänzlich
losgelöst von zwischenmenschlichen Beziehungen, die hier als Hauptthema
fungieren. Didaktisches Material gibt es zu diesem Buch nicht, sodass ich alle
Unterrichtskonzepte und Arbeitsblätter eigenständig erstellt habe.
Das Buch ist symmetrisch aufgebaut, was den Aufbau der Unterrichtsreihe
vereinfacht: In den ersten drei Szenen wird jeweils eines der Paare vorgestellt, dann
folgt in Szene vier, fünf und sechs das Zusammentreffen der Freunde mit dem
Experiment als Höhepunkt. Szene sieben, acht und neun stellen wieder jeweils ein
Paar ins Zentrum, diesmal in umgekehrter Reihenfolge. So hat es sich angeboten, in
den ersten drei Unterrichtsstunden jeweils ein Paar zu beleuchten. Dann wurde das
Experiment genauestens analysiert, um die Reaktionen der Paare darauf wieder in
jeweils einer Stunde zu betrachten.
37
An dieser Ganzschrift kann exemplarisch gezeigt werden, inwiefern gescheiterte
Kommunikation Teil der heutigen Gesellschaft ist. Gerade dort, wo materieller
Wohlstand herrscht, sind Partner nicht mehr in der Lage, sich und ihre Bedürfnisse
mitzuteilen, den anderen zu verstehen und sein wahres Ich zu erkennen. Außerdem
wird eine Problematik angesprochen, die für Schüler nachvollziehbar ist und die sie
in ihrem späteren Leben eventuell heimsuchen wird. Es handelt sich um die
Erdrückung der Liebe durch den Alltag, dargelegt am Beispiel von Emilia und Felix,
deren zu starke Nähe und Vertrautheit zu ihrer Trennung führt. Allerdings gelingt es
ihnen am Ende, sich wieder zu fremd zu werden und sich dadurch erneut näher zu
kommen. Auch Anettes Angst vor der prinzipiellen Ersetzbarkeit und beliebigen
Austauschbarkeit eines jeden Liebenden ist für Schüler verständlich, wenn man sie
erst einmal dazu anregt, über diese Problematik nachzusinnen. Sie können Anettes
Ängste entweder nachvollziehen oder sie, wie Anettes Partner Boris es tut, für
übertrieben
halten.
Ebenso
können
sie
sich
mit
Charlotte
und
Dylan
auseinandersetzen, deren Beziehung dadurch bedroht wird, dass sie auf sehr
plötzliche Art und Weise zu erheblichem Reichtum gelangen, ein Phänomen, das
man oft gerade als Jugendlicher für ein rein positives und Glück garantierendes hält.
Eine didaktische Reduktion bezüglich „Happy“ als Lerngegenstand ist nicht
notwendig, denn die als problematisch dargestellten zwischenmenschlichen
Beziehungen überfordern die Schüler ebenso wenig wie die bildhafte, aber doch
einfach gehaltene Sprache der Figuren.
4.4 Durchgeführte Unterrichtseinstiege
Anmerkung: Da die Unterrichtseinstiege in der vorliegenden Arbeit deutlich im Zentrum der
Überlegungen stehen, werden die Erarbeitungs- und Sicherungsphasen in der folgenden
Analyse ausschließlich im Rahmen der Funktion des jeweiligen Einstiegs erwähnt. Eine
detaillierte Darlegung einer jeden Unterrichtsstunde würde den Rahmen dieser Arbeit
sprengen und die klaren Umrisse ihres Themas negativ beeinflussen.
38
4.4.1 Übersicht109
Inhalt
Einstieg
Erste Szene:
Standbild
Seitenzahl

Beschreibung: S.40

Schülerfeedback S.53

Beschreibung: S.42

Schülerfeedback: S.55

Beschreibung: S.45

Beschreibung: S.46

Beschreibung: S.46

Beschreibung: S.48

Schülerfeedback S.55
Textstelle

Beschreibung: S.49
Achte Szene: Anette und Boris
Lektüre- und

Beschreibung: S.50
nach dem Experiment
Verständnistest
Neunte Szene: Emilia und Felix
Standbild

Beschreibung: S.40

Schülerfeedback S.53

Beschreibung: S.50
Die Beziehung von Emilia und
Felix
Zweite Szene:
Ausgetauschte
Lehrperson
Die Beziehung von Anette und
Boris
Dritte Szene: Die Beziehung von
Lied (Wir sind Helden:
Charlotte und Dylan
„Du erkennst mich nicht
wieder“)
Vierte Szene: Die Beziehung
Arbeitsblatt als
zwischen den sechs Freunden
Hausaufgabe
Fünfte Szene: Die Wette
Arbeitsblatt als
Hausaufgabe
Sechste Szene: Das Experiment
Nachgespieltes
Experiment
Siebente Szene: Charlotte und
Dylan nach dem Experiment
nach dem Experiment
Abschließende Besprechung
Zitat von Doris Dörrie
(Kommunikation, Vergleich der
drei Paare nach dem Experiment)
109
Die folgende Übersicht über die im Rahmen der Ganzschrift durchgeführten Einstiege fließt aus
Gründen der Übersichtlichkeit nicht detailliert ins eigentliche Inhaltsverzeichnis mit ein. So fungiert die
Tabelle als Inhaltsangabe für dieses Kapitel.
39
4.4.2 Beschreibung und methodische Analyse
Anmerkung: In der Folge werden nur die Unterrichtseinstiege detailliert beschrieben und
analysiert. Damit sie jedoch nicht zu isoliert betrachtet werden, sind die Verlaufspläne zu den
einzelnen Stunden im Anhang110 angebracht.
Erste Unterrichtsstunde und neunte Unterrichtsstunde: Einstieg „Standbild“
Als vorbereitende Hausaufgabe für die erste Unterrichtsstunde über „Happy“ hatten
die Schüler die erste Szene gelesen und währenddessen Textstellen markiert, die
ihnen wichtig erschienen, um die Beziehung von Emilia und Felix zu charakterisieren.
Somit setzten sie sich schon während der Lektüre mit der gescheiterten Beziehung
dieses Paares auseinander: Emilia und Felix leiden beide unter der Trennung und
haben versucht, sich mit anderen zu trösten, was ihnen nicht gelungen ist.
Besonders Emilia kommt sich geradezu als Versagerin vor, so als hätte sie ihren
ganzen Wert als Mensch verloren, weil sie keinen Partner mehr hat. Sie sieht sich
wie eine alte, kranke und bemitleidenswerte Frau, die ihren Mitmenschen einfach
nicht mehr ebenbürtig ist. Sie vermisst Felix, aber vor allem vermisst sie sich selber
als liebende und geliebte Frau und trauert deswegen der Vergangenheit mit Felix
nach. Sie hat ihn jedoch freiwillig verlassen und kann nicht mehr zu ihm zurück, denn
ihre Beziehung wurde von der Routine des Alltags erdrückt, sie kannten sich zu gut:
„Am Ende war’s ein bißchen so, wie immer an denselben Strand fahren im
Sommer.“111
Der Einstieg in den Unterricht bestand aus einem Standbild, das die Beziehung von
Emilia und Felix darstellte. Hier übernahm eine freiwillige Schülerin die Rolle des
Regisseurs. Sie erhielt den Arbeitsauftrag schriftlich von mir, damit die übrigen
Schüler nicht schon vorab über das Geschehen informiert sein würden, was ihre
Neugier eventuell eingeschränkt hätte. Die Schülerin las den Arbeitsauftrag durch
und wählte zwei Schüler aus, die die Figuren Emilia und Felix verkörperten. Sie
formte ihre Körper und bestimmte ihre Gesichtsausdrücke. Die Schülerin, die Emilia
repräsentierte, fasste sich mit beiden Händen an den Kopf, womit ihre Verzweiflung
ausgedrückt werden sollte und machte ein trauriges, aber auch etwas schockiertes
110
111
Siehe Anhang 1. S.119.
Dörrie, Doris: Happy. S. 16
40
Gesicht. Der Schüler, der Felix spielte, drehte sich mit dem Rücken zu ihr, blickte
sich jedoch nach ihr um. Hiermit sollte deutlich werden, dass das Paar noch mit der
Vergangenheit verbunden ist und dass Emilia und Felix sich ihrer Gefühle noch nicht
ganz sicher sind.
Die Mitschüler schauten sich das Bild während einiger Sekunden an und
interpretierten es dann. Es zeigte sich, dass die Regisseurin ihre Idee deutlich in
ihrem Standbild umgesetzt und es demnach erfolgreich gestaltet hatte. Anschließend
folgte die Erarbeitungsphase, in der die Beziehung von Emilia und Felix mit Hilfe
eines textnahen Arbeitsblattes gedeutet und kommentiert wurde. Die Visualisierung
der problematischen Beziehung von Emilia und Felix hatte die Schüler also dazu
gebracht, eigenständig über dieselbe nachzudenken, sie zu kommentieren und
dieses Bild in die Erarbeitungsphase einfließen zu lassen, in der das Paar dann
genauer analysiert wurde.
Auch als Einstieg in die Unterrichtsstunde über Emilia und Felix nach dem
Experiment, für die die Schüler die neunte und damit letzte Szene gelesen hatten,
ließ ich ein Standbild bauen. Der Regisseur modellierte die Körper der beiden
ausgewählten Schüler so, dass deutlich wurde, dass Emilia und Felix sich nach dem
Experiment wieder näherkommen, weil sie es in Emilias Wohnung selber
durchführen. Sie befreien sich von der Routine und erleben ihre Persönlichkeiten
neu, sodass wieder Raum für ihre Liebe entsteht. Der Regisseur achtete aus diesem
Grund auf einen Zuneigung ausdrückenden Körperkontakt zwischen den beiden
Schülern, die Emilia und Felix repräsentierten. Die Interpretation des Standbildes
führte in die erste Erarbeitungsphase, in der das Gespräch und Geschehen zwischen
Emilia und Felix textnah sowie mittels eines Tafelbildes analysiert und kommentiert
wurde.
Das Standbild spricht vor allem handelnde und visuelle Lerntypen an: Die Schüler,
die das Standbild bauen, sind aktiv am Unterrichtsgeschehen beteiligt, sie
verarbeiten den Lernstoff wortwörtlich mit dem eigenen Körper. Somit kann sich der
körperlich-bewegungsbezogene Lerntyp mit dieser Vorgehensweise identifizieren, da
er den Lerngegenstand durch die Körperhaltung, Gestik und Mimik ausdrückt bzw.
die Initiative ergreifen und das Standbild bauen kann. Hier wird auch noch der
41
interpersonelle Lerntyp angeregt, da dieser gerne mit Menschen zusammen arbeitet
und eine führende Rolle übernimmt. Da die Mitschüler das Standbild betrachteten,
wurden sie auf visueller Ebene aktiv, wobei sie jedoch nicht nur beobachteten,
sondern auch interpretierten. Dies ist wichtig, denn durch das Anschauen alleine wird
man aus dem Standbild nichts lernen, man muss das Dargestellte mit dem Lerninhalt
verknüpfen. In diesem Fall verbanden die Schüler das Ausgedrückte mit der
Beziehung der Figuren Emilia und Felix.
Motivierend kann ein Standbild dadurch wirken, dass es den Schülern eine neue
Umgangsweise mit dem Lernstoff erlaubt: Sie nehmen ihn auf und drücken ihn
mittels ihrer Körper und Gesichtsausdrücke aus bzw. sie erkennen und erarbeiten ihn
anhand der Darstellung ihrer eigenen Mitschüler.112 Allerdings muss man drauf
achten, dass man sparsam mit dem Standbild umgeht, sonst wird es zur puren
Routine und eventuell lästigen Aufgabe degradiert. Richtig eingesetzt kann das
Standbild zum originellen Motivationsmittel werden. Es kann sowohl die extrinsische
als auch die intrinsische Motivation ansprechen, denn der Lernende kann dadurch
mehr Interesse für das Thema und Freude am Erarbeiten desselben entwickeln. Es
kann aber auch sein, dass es ihn lediglich von außen motiviert, nämlich in dem
Moment, in dem es stattfindet. Es regt sodann die Neugier des Lernenden an, hat
aber nicht unbedingt zur Folge, dass er die Erarbeitung des eigentlichen Themas mit
innerlicher Motivation angeht.
Zweite Unterrichtsstunde: Einstieg „Ausgetauschte Lehrperson“
Dieser Einstieg, den ich schon zum zweiten Mal durchführte, steht in sehr engem
Zusammenhang mit den Ängsten der Buchfigur Anette, die befürchtet, sie könne als
Liebespartnerin beliebig austauschbar und sein. Aus dieser Sicht ist ihr Glück mit
Boris nur ein zufälliges und ersetzbares und sie ist als Mensch nicht einzigartig,
sondern ersetzbar. So ist Boris auch der Meinung, sie hätten beide mit einem
anderen Partner genauso glücklich werden können, wenn sie sich nicht getroffen
112
Anmerkung : Ich habe bewusst auf einen Beleg in Form eines Fotos verzichtet, um die Schüler
nicht in ihrer Kreativität und ihrem Wohlbefinden vor der Klasse zu hemmen.
42
hätten. Dieser Gedanke belastet Anette: „Mich bedrückt, daß [!] wir uns nie getroffen
hätten, wenn du eine Minute später aus dem Haus gegangen wärst.“113
Der Grundgedanke dieses Einstiegs besteht darin, die Schüler auf die Problematik
der prinzipiellen Austauschbarkeit des Menschen hinzuweisen. Hierfür eignet sich ihr
gewohntes Umfeld als Ausgangspunkt am besten: die Schule. In der Schule ist das
Phänomen der Austauschbarkeit allgegenwärtig, werden doch spätestens am Anfang
eines neuen Schuljahres die Schüler und Klassen 'ausgetauscht': Die Lehrer
bekommen (zum größten Teil) neue Schüler und Klassen und die Lernenden werden
(meistens) von einer anderen Lehrkraft unterrichtet als noch im Schuljahr davor.
Sogar ihre Klassenkameraden sind teilweise andere als die schon bekannten.
Die Schüler hatten sich als Hausaufgabe eigenständig mit der zweiten Szene
beschäftigt, da sie auf einem dafür vorgesehenen Arbeitsblatt Emilia und Felix mit
Anette und Boris vergleichen und dafür also die zweite Szene lesen mussten. Um
ihnen den Lernstoff auf anschauliche und realitätsgetreue Art und Weise
näherzubringen, ließ ich mich in der ersten Unterrichtsphase von einer anderen
Deutschlehrerin114 ersetzen, die ich an dieser Stelle zu Wort kommen lassen möchte:
Im Rahmen ihres Projektes zum Unterrichtseinstieg bat mich Nathalie Wagener am 26.04.2010, den
Einstieg auf ihrer 4e Moderne zu übernehmen. Thema der Stunde sollte ein Textausschnitt sein, bei
dem die Austauschbarkeit von Lebenspartnern und die Frage nach „dem Einen” diskutiert wurde. Um
die Schüler auf dieses Thema einzustimmen, bat mich Frau Wagener, die ersten fünf Minuten des
Unterrichts zu übernehmen. Sie gab mir genaue Vorgaben und ich betrat also zu Unterrichtsbeginn
die Klasse und erklärte den Schülern, Frau Wagener sei verhindert und ich würde die heutige Stunde
übernehmen. Ich machte die Klassenbucheinträge und erklärte dann, ich müsse noch Kopien holen,
die Frau Wagener für mich hinterlegt habe. Während meiner Abwesenheit sollten die Schüler über
eine Frage nachdenken, die ich an die Tafel schrieb: „Bin ich austauschbar?”. Dann verließ ich die
Klasse.
Die Klasse war, wie zu erwarten, erst etwas erstaunt, als ich den Raum betrat. Da sie nach meiner
Erklärung, Frau Wagener würde nicht kommen, erwartet hatten, eine Surveillance-Stunde zu haben,
waren sie enttäuscht, als ich ihnen eröffnete, ich würde den Unterricht übernehmen. Aber sie zeigten
sich dann sofort kooperativ, gaben mir freundlich die nötigen Angaben für das Klassenbuch und
setzten auch gleich ihre Köpfe zusammen, als ich die Diskussionsfrage an die Tafel schrieb.
113
115
Dörrie, Doris: Happy. S. 22
Es handelte sich hierbei im Schuljahr 2009/2010 um die Referendarin Nathalie Jacoby.
115
Diesen Bericht hat Frau Jacoby für diese Arbeit verfasst, damit der Unterrichteinstieg auch aus
ihrer Perspektive dargelegt werden kann.
114
43
Nachdem Frau Jacoby das Klassenzimmer verlassen hatte, machte ich mich auf den
Weg zu den Schülern. Diese schauten mich, wie erwartet, überrascht und etwas
irritiert an. Ich erkundigte mich scheinbar ahnungslos nach dem Grund ihrer
Verwirrung und sie berichteten mir von dem Erscheinen von Frau Jacoby und
deuteten
auf
die
Tafel
und
den
dort
angebrachten
Arbeitsauftrag
über
Austauschbarkeit. Ich begab mich zur Tafel und deutete auf das Wort 'austauschbar'.
Sofort erklärte ein Schüler, dass ich mich wohl selber ausgetauscht hatte. Dadurch
entstand eine Diskussionsrunde, die sich anfangs auf die Austauschbarkeit in der
Schule befasste, aber dann schnell auch auf das Privatleben und damit auch die
zwischenmenschlichen Beziehungen überging. Am Ende dieses Gesprächs ließ ich
die Schüler darlegen, ob sie eher die Position und Denkweise von Anette oder die
von Boris vertreten, sodass der Bezug zum Buchinhalt noch einmal deutlich gegeben
war. Anschließend bearbeitete die Klasse ein Arbeitsblatt, das sich auf die
Beziehung von Anette und Boris und vor allem auf den ihre Beziehung belastenden
Aspekt der Austauschbarkeit bezog.
Dieser Einstieg bestand aus einer Provokation und ist für die Schüler recht
spektakulär, da er sie überrascht und irritiert. Er regt vor allem Ich-Lerntypen an, die
sehr reflektiert vorgehen und gerne über den Lernstoff nachdenken. Allgemein
werden durch die vorgespielte Szene die visuellen, akustischen, aber auch
handlungsorientierten Lerntypen angesprochen, da das Geschehen von den
Schülern persönlich erlebt wird und mit den verschiedenen Sinnen als Teil der
Realität wahrgenommen wird. Motivierend wirken solche unerwarteten Einstiege
dadurch, dass sie den Lernenden irritieren, zum Denken anregen und in einen
Zustand der Neugierde versetzen. Hier gilt allerdings, wie schon beim Standbild,
dass man solche Einstiege sehr sparsam und bedacht einsetzen sollte, denn ein
Übermaß führt zu Gleichgültigkeit seitens der Schüler. Außerdem muss für einen
solch provokativen Unterrichtseinstieg die Schüler-Lehrer-Beziehung stimmen, denn
sonst nehmen die Jugendlichen die Provokation eventuell falsch auf, fühlen sich
nicht ernst genommen oder verlieren den Respekt für die Lehrperson.
Für Schüler unerwartete Einstiege motivieren schon alleine dadurch, dass sie
Neugierde wecken: Die Jugendlichen wollen wissen, was in der Folge passiert. Auch
hier kann die Motivation extrinsisch sein, also auf dem äußeren Geschehen beruhen,
44
oder intrinsisch fundiert sein, d.h. die Lernenden beschäftigen sich mit dem Lernstoff
um der Tätigkeit selbst willen. Welche Art von Motivation der Einstieg hervorruft, ist
schwer zu bewerten, besonders, wenn es sich um einen Unterrichtsbeginn handelt,
der für die Lernenden so neu ist, dass er sie schon alleine deswegen anspricht.
Dritte Unterrichtsstunde: Einstieg „Lied“
In der dritten Unterrichtsstunde ging es um die Analyse des letzten der drei Paare,
Charlotte und Dylan. Die Schüler hatten die Szene gelesen und das schon teilweise
bearbeitete Arbeitsblatt zum Vergleich der drei Paare ergänzt.
Charlotte und Dylan sind durch eine Geschäftsidee von Dylan zu Neureichen
geworden, jedoch ist seine Partnerin mit dem neuen Luxusleben und dem daraus
resultierenden künstlichen, von außen aufgesetzten Glück unzufrieden und
überfordert. Sie leidet darunter, dass Dylan ihr wahres Ich nicht mehr erkennt. Er
sieht ihr Herz nicht mehr und hat durch den plötzlichen Reichtum „Speck auf der
Seele“116 entwickelt, sodass er Charlottes Seele nicht mehr sehen kann.
Zu der Thematik des Nicht-Erkennens passt das Lied „Du erkennst mich nicht
wieder“ der Band Wir sind Helden. In diesem geht es um eine Ich-Figur, die darunter
leidet, dass das Du sie nicht mehr erkennt, obwohl sie sich äußerlich nicht verändert
hat. Desillusioniert, enttäuscht und verzweifelt verspürt sie den Wunsch, ihre
Existenz zugunsten einer neuen von dem Gefühl des Freiseins geprägten zu
beenden. Der Vergleich zwischen Charlotte und der Ich-Figur offenbart viele
Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede, die auf einem Arbeitsblatt festgehalten
werden. Von diesen Erkenntnissen ausgehend, wird dann die Beziehung von
Charlotte und Dylan mit Hilfe von Textstellen und einem Tafelbild analysiert.
Der Unterrichtseinstieg bestand darin, dass ich den Schülern das Lied abspielte,
während sie den dazu gehörigen Text vor Augen liegen hatten. Es entstand seitens
der Lernenden eine gewisse Überraschung, da im Rahmen der Besprechung einer
Szene aus einer Ganzschrift normalerweise textnah und von möglichen dazu
passenden modernen Liedtexten losgelöst gearbeitet wird, obwohl gerade das
Thema der scheiternden Liebe hier viele Möglichkeiten bietet. Außerdem sollten die
116
Dörrie, Doris: Happy. S. 38
45
Schüler sich schon während des Anhörens des Liedes die Frage nach der
Verbindung mit Charlotte und Dylan stellen und sich Bemerkungen dazu festhalten.
So beinhaltete der Unterrichtseinstieg also nicht nur das Anhören eines Liedes,
sondern auch einen Arbeitsauftrag, der übergangslos in die aus dem schon
erwähnten Vergleich bestehende Erarbeitungsphase übergehen sollte.
Beim Anhören eines Liedes steht der akustische Lerntyp ganz deutlich im
Vordergrund, aber auch der Wörter-Lerntyp wird angeregt, da die Melodie als solche
kaum mit dem Lerngegenstand in Verbindung gebracht werden kann. Es ist der Text,
seine Deutung und der Vergleich mit der Szene, in der Charlotte und Dylan
vorgestellt werden, der die Schüler für das Thema sensibilisiert. Die Motivation wird
jedoch dadurch angeregt, dass das Lied angehört wird, da die reine Erarbeitung des
Textes im Deutschunterricht für die Schüler nichts Neues darstellt. Ein Lied jedoch
lockert das Arbeitsklima immer etwas auf, da Jugendliche sich auch in ihrem Alltag
intensiv mit Musik und Stars beschäftigen. Das Lied dient als extrinsisches
Motivationsmittel, kann jedoch die Lernenden im Idealfall intrinsisch motivieren, wenn
sie sich dadurch von sich aus und um der Tätigkeit willen mit dem Lerninhalt
beschäftigen wollen.
Vierte und fünfte Unterrichtsstunde: Einstieg „Arbeitsblatt als Hausaufgabe“
In der vierten Unterrichtsstunde beinhaltete der Einstieg die Besprechung der
Hausaufgabe.
Die
Schüler
hatten
schon
im
Rahmen
der
bisherigen
Unterrichtsstunden über „Happy“ schrittweise einen Vergleich zwischen den drei
Paaren vorgenommen und auf einem Arbeitsblatt festgehalten. Dieser diente nun als
Ausgangspunkt für die Analyse der Beziehungen der sechs Figuren untereinander. In
den ersten Minuten wurde also darüber gesprochen, inwiefern das jeweilige Paar
nach Meinung der Schüler glücklich bzw. unglücklich ist. Welches allgemeine Fazit
man daraus ziehen kann, war Teil der ersten Erarbeitungsphase, die demnach eine
wiederholende, aber auch die Analyse der Paare vorläufig abschließende Funktion
hatte.
In der Folge wurden die Schüler durch Fragen dafür sensibilisiert, dass bei der
Besprechung dieser Ganzschrift und vor allem für das Verständnis des Experiments
nicht nur die Beziehung der Paare von wesentlicher Bedeutung ist, sondern auch die
46
Freundschaft zwischen den sechs Figuren. Hier zeigen sich viele Facetten, die
zwischenmenschliche Beziehungen ausmachen, prägen, aber vor allem auch
belasten können. So hatten beispielsweise Emilia und Dylan nach ihrer Trennung
von Felix eine kurze Affäre, von der Charlotte möglicherweise ahnt. Anette hingegen
beneidet Charlotte und Dylan um deren Luxusleben. Felix sieht Dylan als einen
Angeber und dieser findet wiederum, dass sein Angestellter und Freund Boris
primitive Züge an sich trägt. Man erkennt schon an diesen wenigen Beispielen, dass
die Freundschaft der Figuren eine getrübte und teilweise falsche sowie oberflächliche
ist. Damit beschäftigten die Schüler sich intensiver in einer Partnerarbeit und mittels
eines Arbeitsblattes, das Äußerungen der sechs Protagonisten enthält, die sie
demjenigen zuordnen mussten, von dem sie stammen. Abschließend gestalteten sie
eine Mind Map, um die Beziehungen zwischen den sechs Personen zu visualisieren.
Auch die fünfte Unterrichtsstunde setzte damit ein, dass die Hausaufgabe
besprochen wurde. Als vorbereitende Hausaufgabe hatten die Schüler die fünfte
Szene gelesen und das Experiment, das die Paare in dieser Szene planen, im
Hinblick auf die Rolle und die Wetteinsätze der einzelnen Personen analysiert. Die
Erkenntnisse der Schüler wurden besprochen, kommentiert und gegebenenfalls
verbessert, sodass die Hausaufgabe in die Haupterarbeitungsphase des Unterrichts
führte. Auf die entsprechenden Textstellen verwiesen die Schüler ebenfalls und diese
wurden teilweise gemeinsam durchgelesen. Anschließend konnten die Schüler in
einer kurzen Diskussion darlegen, wie das Experiment ihrer Meinung nach enden
würde.
Bei Hausaufgabenbesprechungen wie diesen werden alle drei Hauptlerntypen
angesprochen: Die Schüler können selber aktiv werden und ihre Ergebnisse
darlegen (handlungsorientiert), dieselben werden besprochen (akustischer Lerntyp)
und an der Tafel bzw. im Heft visualisiert (visueller Lerntyp). Als Einstieg kann die
Hausaufgabenbesprechung Schüler wohl vor allem extrinsisch motivieren, da sie
sich in dem Moment der Besprechung oftmals eine Belohnung in Form einer guten
Note erhoffen. Sie werden im Idealfall auch intrinsisch motiviert, weil ihnen die
Erarbeitung Freude bereitet und sie von sich aus weiter am Lerngegenstand arbeiten
wollen. Dieses Ziel werden eher banale Einstiege wie die eben dargelegten bei
sowieso schon (intrinsisch) motivierten Schülern dann auch erreichen. Oftmals wird
47
die Hausaufgabe als solche jedoch als lästig empfunden und nur bearbeitet, um
Sanktionen zu vermeiden. Trotzdem ist die nachbereitende oder auch vorbereitende
und vor allem eigenständige Erarbeitung des Lernstoffs eine unabdingbare
Komponente des Unterrichtens und des Lernens. Außerdem kann nicht jede
Unterrichtsstunde mit einem überraschenden, nicht traditionellen Einstieg beginnen,
denn sonst stumpfen die Schüler ab und die Einstiege verfehlen ihr Ziel: die Neugier
des Lernenden anzuregen bzw. ihn zu provozieren und sein kritisches Denken zu
fördern.
Sechste Unterrichtsstunde: Einstieg „Nachgespieltes Experiment“
Die sechste Unterrichtsstunde, für die die Schüler die sechste Szene gelesen hatten,
beschäftigte sich ausschließlich mit dem Experiment, das in dieser Szene
durchgeführt und beschrieben wird. Hier wurde der Einstieg sehr schüler- und
handlungsorientiert gestaltet, da das Experiment, das die Paare auf die Idee für ihr
eigentliches Experiment gebracht hatte, im Klassenzimmer und damit auf
schülergemäß reduzierter Ebene nachgespielt wurde: „Wußtet [!] ihr, daß [!] selbst
Paare, die über zwanzig Jahre zusammen leben, noch nicht mal die Hände des
anderen identifizieren können?“117 Auf diesem Wege erschien den Schülern das
Experiment der Paare weniger abstrakt. Drei Schülerinnen traten nach vorne und
streckten ihre Hände aus. Einem Schüler, der sich dazu bereit erklärt hatte, wurden
die Augen verbunden und er sollte versuchen, die Mädchen durch das bloße
Abtasten ihrer Hände wiederzuerkennen. Ein Assistent beobachtete das Ganze, so
wie im Buch Emilia und Felix die Rolle der Schiedsrichter übernahmen. Sie
manipulierten das Experiment jedoch, indem sie Anette, Boris, Charlotte und Dylan,
die ihren Partner eigentlich erkannt hatten, so hinstellten, dass diese nach Abnahme
der Augenbinden glaubten, sie hätten sich geirrt. Diese Manipulation wurde auch
beim nachgespielten Experiment berücksichtigt: Der Assistent positionierte die drei
Schülerinnen nach Abschluss des Experiments so, dass der Schüler, der eigentlich
mit seinen Vermutungen richtig gelegen hatte, glaubte, es wäre ihm nicht gelungen,
die Hände seinen jeweiligen Klassenkameradinnen zuzuordnen.
117
Ebd. S. 56
48
Dieses Experiment führte in die erste Erarbeitungsphase, in der die Ergebnisse des
Experiments der drei Paare an der Tafel festgehalten, gedeutet und kommentiert
wurden. Auch hier wurde wieder textnah gearbeitet, besonders, was das Verhalten
von Emilia und Felix – sie küssen sich während des Experiments-, die Manipulation
und die Reaktionen der Teilnehmer auf dieselbe angeht. Außerdem bekamen die
Schüler die Gelegenheit, sich in einem Gespräch über die Sinnhaftigkeit des
Experiments zu äußern.
Ähnlich wie beim Standbild stehen bei diesem Einstieg die handelnden Lerntypen,
aber vor allem die körperlich-bewegungsbezogenen Lerntypen im Zentrum. Auch
hier besteht der motivierende Faktor darin, dass die Schüler den Lerninhalt selber
erleben, sei es durch ihre aktive Teilnahme am Experiment oder durch das
Beobachten desselben, womit dann wiederum der visuelle Lerntyp angeregt wird.
Siebente Unterrichtsstunde: Einstieg „Textstelle“
In der siebenten Unterrichtsstunde, für die die Schüler die siebente Szene gelesen
und die Frage nach den Folgen des Experiments für Charlotte und Dylan beantwortet
hatten, diente eine kurze, an die Tafel angebrachte Textpassage als Einstieg:
CHARLOTTE: Du erkennst mich nicht, und ich werde dadurch unsichtbar.
DYLAN: Nicht für mich.
CHARLOTTE: Aber für mich.
118
Ausgehend von dieser Textstelle, die das schon erarbeitete Leiden Charlottes noch
einmal ausdrückt, wurde die Beziehung des Paares analysiert. Es stellte sich heraus,
dass entgegen den bei der Lektüre von Szene 3 entstandenen Vermutungen nicht
nur Charlotte leidet, sondern auch Dylan. Er fühlt sich wie ein Versager, der seiner
Partnerin nie genug Liebe geben kann. Er äußert überdies seinen Kinderwunsch. Die
Szene endet damit, dass Charlotte und Dylan das Experiment wiederholen und sich
so wieder erkennen lernen. Die wichtigsten Punkte dieser Beziehung nach dem
Experiment wurden an der Tafel festgehalten, wobei in den Erarbeitungsphasen
hauptsächlich nah am Primärtext gearbeitet wurde. Das Zitat am Unterrichtsbeginn
führte somit in die konkrete Analyse des Paares nach dem Experiment.
118
Ebd. S. 81
49
Die Auswirkung des Experiments auf die Beziehung des Paares wurde in einer
weiteren
Erarbeitungsphase
mittels
der
Verbesserung
der
Hausaufgabe
herausgearbeitet: Charlotte und Dylan finden wieder zueinander.
Ein solcher Einstieg regt alle drei Hauptlerntypen an: Das Zitat wird an der Tafel
visualisiert (visueller Lerntyp), es wird darüber gesprochen (akustischer Lerntyp) und
es
wird
von
den
(handlungsorientierter
Schülern
Lerntyp).
eigenständig
Hier
wird
reflektiert
insbesondere
und
der
kommentiert
Wörter-Lerntyp
angesprochen, da die Sprache im Zentrum steht und der Lerninhalt anhand von ein
paar Wörtern, die es zu deuten gilt, erarbeitet wird. Dieser Einstieg ist traditionell,
was aber nicht bedeutet, dass man ihm die motivierende Wirkung absprechen kann.
Man mag denken, dass ein Schüler, dem jegliche Motivation fehlt, kaum durch die
Analyse einer Textstelle Interesse für die Erarbeitungsphase entwickeln wird. So soll
an dieser Stelle noch einmal daran erinnert werden, dass nicht nur der Einstieg als
solcher die Motivation des Lernenden beeinflusst. Er ist nur einer von unzähligen
Faktoren,
wie
persönlichkeit,
z.B.
Schüler-Lehrer-Beziehung,
Wohlbefinden
und
bisherige
Lehrerpersönlichkeit,
Erfahrungen
des
Schüler-
Lernenden,
Klassenklima usw.
Achte Unterrichtsstunde: Einstieg „Verständnis-und Lektüretest“
Anmerkung: In dieser Unterrichtsstunde hat es keinen wirklichen Einstieg gegeben.
Als vorbereitende Hausaufgabe hatten die Schüler die achte Szene gelesen und
wichtige Stellen gekennzeichnet. Zu Beginn des Unterrichts erhielten sie einen
Lektüre-und Verständnistest, für den sie ca 20 Minuten Zeit hatten und für dessen
Bearbeitung sie das Buch als Hilfsmittel benutzen durften. Anschließend wurde der
Test besprochen und verbessert.
Neunte Unterrichtsstunde: Einstieg „Standbild“
Siehe erste Unterrichtsstunde (S. 40 und 53).
Zehnte Unterrichtsstunde: Einstieg „Zitat von Doris Dörrie“
Der Einstieg in die letzte Unterrichtseinheit zu „Happy“ bestand darin, dass die
Schüler ein Zitat von Doris Dörrie erhielten, das sie analysierten, kommentierten und
auf das Geschehen im Buch bezogen. Es handelt sich um eine Äußerung der Autorin
50
zu „Nackt“, dem Film zum Buch. Diesen schauten die Lernenden sich am Ende des
Schuljahres an.
Gemeint ist mit den Worten von Dörrie, dass Kommunikationsschwierigkeiten in der
Natur des Menschen liegen, da es fast schon unmöglich ist, auf verbale Art und
Weise genau das auszudrücken, was einem im Sinn steht. Es zeigt sich, dass alle
drei Paare in einem für sie spezifischen Sinne an einer Kommunikationsstörung
leiden, die aber durch das Experiment abgeschwächt und geradezu ins Gegenteil
verkehrt werden kann: Emilia und Felix gelingt es nach ihrer Trennung nicht, sich
ihrem ehemaligen Partner mitzuteilen und ihre Gefühle in Worten auszudrücken. Erst
durch das erneute Fremdsein während des Experiments finden sie ihre Liebe wieder.
Dies geschieht hauptsächlich durch die nonverbale Kommunikation, die ihnen jedoch
den Weg zur Sprache ebnet. Die Kommunikation zwischen Anette und Boris
funktionierte schon vor dem Experiment, allerdings gab es Diskussionen,
Missverständnisse und Heimlichkeiten. Das Experiment, währenddessen sie nicht
miteinander sprechen, verbessert ihre Kommunikationsfähigkeit und stärkt sie in ihrer
Liebe.
Eine
regelrecht
heilende
Wirkung
hat
das
Experiment
auf
die
Kommunikationsstörung von Charlotte und Dylan. Vor dem Experiment waren sie
nicht dazu in der Lage, sich ihrem Partner mitzuteilen, und besonders Charlotte
fühlte sich dadurch regelrecht unerkannt und unsichtbar. Gerade durch das
Schweigen während des Experiments gelingt es ihnen, ihre Persönlichkeit und auch
das wahre Ich ihres Partners zu erkennen. Dadurch, dass die Paare ihre Kleider und
ihre Stimme ablegen, offenbaren sie ihrem Gegenüber ihr Selbst und werden
sichtbar für ihn. So kommunizieren sie erfolgreicher mit ihm, als es Worte vorher
ermöglichen konnten. Die scheiternde verbale Kommunikation wird demnach hier als
Wurzel des Ich-Verlustes, der Unsicherheit, der erdrückten Liebe und auch des
Nicht-Erkennens des eigentlich geliebten Menschen angesehen.
Als Abschluss der Sequenz führten die Schüler noch einmal einen Vergleich der drei
Paare durch, der den Vergleich vor dem Experiment ergänzte und zudem zu einem
allgemeinen Fazit führte.
Auch hier handelt es sich wieder um einen traditionellen Einstieg, der die Hauptlerntypen anspricht und auf den ersten Blick vielleicht nicht unbedingt als motivierend
51
angesehen wird. Einen Einblick in die Lernermotivation ermöglicht das im
übernächsten Kapitel dargelegte Schülerfeedback.
4.4.3 Mittel zur Lernerfolgskontrolle
Interessante und zum Nachdenken anregende Einstiege verfehlen ihr Ziel,
wenn sie nicht sinnvoll mit der Erarbeitungsphase verknüpft werden und
zusammen mit dieser und der Ergebnissicherung in einen Lernprozess
münden. Aus diesem Grund wird an dieser Stelle darauf verwiesen, dass die
Unterrichtseinstiege natürlich immer im Hinblick auf die Erarbeitungsphasen
und den anvisierten Lernprozess stattfinden sollten, und nicht um ihrer selbst
willen.
Um herauszufinden, ob die Schüler den Lernstoff verstanden und verarbeitet
haben und ob sie das vermittelte Wissen wiedergeben bzw. eigenständig
anwenden können, sind Lernerfolgskontrollen unabdingbar. Somit dienten in
der Sequenz zu „Happy“ Fragen und Arbeitsaufträge während des Unterrichts
sowie Hausaufgaben und die Kontrolle derselben als Mittel, den Verstehensund Lernprozess der Schüler einzuschätzen. Ebenso wurde eine Klassenarbeit
über
das
Buch
geschrieben,
deren
Aufgaben
der
rekonstruierenden,
kommentierenden, analysierenden oder auch bewertenden Ebene angehörten.
Die Lernerfolgskontrolle beinhaltete aber nicht nur den konkreten Lernstoff, der
sich aus der Lektüre von „Happy“ ergeben hatte, sondern ich ließ die Schüler
auch die Unterrichtsstruktur bewerten und ihr Wissen über den Lernprozess als
solchen in ihre Überlegungen mit einfließen.119 Am Anfang des Trimesters
hatten sie einen Lerntypentest120 durchgeführt, der ihnen erlaubte, sich als
Lernende sowie ihre Stärken und Schwächen einzuschätzen. Während der
Erarbeitung von „Happy“ sannen die Schüler in Fragebögen darüber nach,
welchen Sinn weniger traditionelle Einstiege haben und inwiefern sie ihnen
persönlich das Lernen erleichtert haben. Dadurch wollte ich gewährleisten, dass
die von der Norm abweichenden Unterrichtseinstiege von den Schülern nicht zu
119
Siehe S. 56 dieser Arbeit.
Siehe Anhang 2 S.124. Anmerkung: Der Lerntypentest wurde folgendem Werk entnommen:
Arnold, Ellen: Jetzt versteh‘ ich das! Bessere Lernerfolge durch Förderung der verschiedenen
Lerntypen. S. 14ff. Die Interviewfragen lehnen sich ebenfalls an die Ideen von E. Arnold an.
120
52
Unterhaltungsshows degradiert, sondern als Teil des den Lernprozess
anvisierenden Unterrichts angesehen würden. Außerdem wollte ich auf diesem
Wege erkennen, wie die von mir durchgeführten Einstiege auf Schüler wirken
und welchen Zusammenhang sie zwischen diesen und den Lerntypen sehen.
Dazu äußere ich mich im nun folgenden Kapitel.
4.4.4 Schülerfeedback
Anmerkung: Die Fragebögen wurden anonym bearbeitet. An dieser Stelle wird eine
Synthese der Antworten dargelegt. Die Fragebögen befinden sich in Form von
Schülerbeispielen im Anhang.
Das Standbild121.
Das Konzept des Standbilds bereitete den Schülern keine Schwierigkeiten, obwohl
es für sie das erste Mal war, dass sie damit in Kontakt kamen. Allerdings hatten
einige wenige Lernende den Sinn des ersten Standbildes nicht wirklich erfasst. Sie
hatten wohl verstanden, dass das Standbild Emilia und Felix darstellte, aber dass die
problematische Gefühlslage der beiden damit ausgedrückt wurde, war ihnen nicht
bewusst. Sie gaben z. B. an, dass das Standbild Felix zeigte, der an Emilias Tür
klingelte. Dies wird am Anfang der ersten Szene dargelegt. Somit hatten diese
Schüler das Standbild trotz der in der Klasse durchgeführten Interpretation zu
oberflächlich gedeutet.
Das Standbild weckte die Neugierde der Schüler. Es verwirrte sie aber auch, weil sie
anfangs nicht wirklich verstanden, warum drei Schüler nach vorne kamen und wen
bzw. was sie darstellten. Mit dieser Verwirrung hatte ich gerechnet, denn ich hatte
die Schüler absichtlich kaum informiert, damit sie das Standbild und den Sinn
desselben selber deuten und finden würden. Allerdings legten ein paar Schüler dar,
dass sie sich langweilten, bis das Standbild fertig war. Die meisten gaben jedoch an,
dass sie neugierig und gespannt waren, während das Standbild gebaut wurde.
Die Lernenden gingen bei der Reflexion über das Standbild fast alle auf den
Visualisierungsaspekt ein. Sie verwiesen darauf, dass das Standbild ihnen Emilia
und Felix zeigen sollte, damit sie sich die beiden und ihre Situation bzw. Gefühle
121
Siehe Anhang 3. S. 127.
53
besser vorstellen könnten. Dies zeigt, dass die Schüler durchaus in der Lage sind,
Unterrichtseinstiege mit den Lerntypen zu verbinden, auch wenn sie dies natürlich
auf einer sehr allgemeinen Ebene tun.
Nach alternativen Einstiegen gefragt, waren die Schüler größtenteils überfordert und
ideenlos. Damit hatte ich gerechnet. Ich wollte trotzdem nicht auf die Frage
verzichten, denn so konnte ich prüfen, ob meine Vermutung, dass es für Schüler
schwer ist, über Unterrichtsplanung nachzusinnen, sich bestätigen würde. Einige
Schüler gaben immerhin an, dass der Unterricht „theoretisch“ hätte beginnen
können, ohne „kreative Aufgabe“, mit „Fragen des Lehrers“ oder einem „kleinen
Test“.
Mehr als die Hälfte der Schüler wünschte sich, dass Standbilder öfter Teil des
Unterrichts sind. Als Begründung gaben die Lernenden Aspekte wie Spaß,
Abwechslung, vor allem aber ein leichteres Verstehen des Lernstoffes an, gerade
wenn es um literarische Figuren geht. Einige Schüler jedoch fanden, dass
Standbilder zu schwierig seien. Man könne sie nicht immer eindeutig interpretieren
oder es sei manchmal gar unmöglich, sie dem Lernstoff anzupassen. Zwei Schüler
legten dar, dass es ihnen eigentlich gleichgültig sei, ob ein Standbild gebaut werde
oder nicht, und dass die Lehrperson dies entscheiden solle.
Was die aktiv am Standbild teilnehmenden Schüler betrifft, zeigt sich, dass sie fast
alle sehr nervös waren, weil sie vor der Klasse agieren mussten. Dies ist ein Punkt,
den man als Lehrer bedenken sollte. Eine Möglichkeit, um das Standbild nicht durch
sich unwohl fühlende Schüler zu gefährden, wäre es, nur freiwillige Schüler
auszuwählen. Allerdings könnte es dann sein, dass keine oder nicht genug bzw.
immer dieselben Schüler sich melden. Hier muss jeder Lehrer für sich selber und
klassenabhängig entscheiden, wie er vorgeht. Ebenso muss man als Lehrer geduldig
und verständnisvoll sein, gerade wenn es sich um das erste Standbild handelt. Es
fällt den Schülern nämlich schwer, nicht zu lachen, wenn sie einige Sekunden im Bild
verharren und von den Mitschülern dabei beobachtet werden. Ebenso ist es für den
Regisseur manchmal nicht einfach, spontan einen kreativen Einfall für sein Bild zu
bekommen.
54
Ausgetauschte Lehrperson122
Die meisten Schüler waren nicht überrascht, als eine andere Lehrerin vor ihnen
stand, da sie glaubten, diese würde mich ersetzen bzw. einfach nur die Klasse
beaufsichtigen.
Sie
fühlten
sich
demnach
nicht
anders
als
in
übrigen
Unterrichtsstunden. Allerdings gaben ein paar Schüler an, dass sie den
Zusammenhang zwischen dem Geschehen im Buch und dem im Klassenzimmer
verstanden, als Frau Jacoby die Frage „Bin ich austauschbar?“ an die Tafel schrieb.
Fast alle Schüler verknüpften den Unterrichtseinstieg mit Anettes Angst vor der
Austauschbarkeit des Menschen und vor allem des Liebenden. Die meisten
bewerten diesen Einstieg als sehr sinnvoll, weil sie dadurch zum Nachdenken
gebracht wurden und sie Anettes Angst so besser nachvollziehen konnten. Einige
wenige Schüler waren jedoch vor allem enttäuscht, da sie geglaubt hatten, der
Unterricht falle aus, oder sie waren der Überzeugung, dass es auch gereicht hätte,
einfach nur die Frage „Bin ich austauschbar?“ an die Tafel zu schreiben, um dann
darüber zu diskutieren. Zwei Schüler hingegen sahen den Einstieg eher negativ, weil
das Schüler-Lehrer Verhältnis ihrer Meinung nach zu weit entfernt von der Beziehung
eines Liebespaares ist. Auffallend ist jedoch, dass fast alle Lernenden den Einstieg
mit „Spaß“ verbinden. Ein paar von ihnen schlugen Varianten des Einstiegs vor. Man
könne z. B. einen Mitschüler für ein paar Minuten austauschen, um dann darüber zu
diskutieren, oder ein Ehepaar einladen, das die Szene von Anette und Boris vor der
Klasse nachspielt.
Nachgespieltes Experiment123
Es zeigt sich, dass die Mehrheit der Schüler das nachgespielte Experiment
interessant und spannend fand. Lediglich zwei Schüler langweilten sich während des
Experiments.
Nach dem Sinn des nachgespielten Experiments gefragt, gingen die Lernenden
darauf ein, dass es das Geschehen im Buch veranschaulichte und dass sie sich das
Experiment der Paare dadurch besser vorstellen konnten. Hierzu trug auch bei, dass
122
123
Siehe Anhang 4. 129.
Siehe Anhang 5. S. 131.
55
das Ergebnis in der Klasse ebenfalls manipuliert und der Schüler, der das
Experiment durchgeführt hatte, getäuscht wurde.
Ob eine solche nachgespielte Szene wirklich sinnvoll ist, darüber sind sich die
Schüler uneinig. Viele von ihnen sehen das nachgespielte Experiment als sinnvoll
an, da es ihnen half, sich das Geschehen im Buch besser vorzustellen. Spaß
bereitete es den Zuschauern und den aktiv Teilnehmenden ebenfalls größtenteils.
Allerdings langweilten einige Schüler sich während des Zuschauens. Ein paar gaben
auch an, dass das Experiment ihrer Meinung nach nicht wirklich buchbezogen sei, da
die Schüler, die das Experiment durchführten, sich und vor allem ihre Hände nicht so
gut kannten wie die Paare im Buch.
Auffallend und nachvollziehbar ist, dass die Schüler, die am Experiment
teilgenommen hatten, es durchweg positiv bewerteten, wobei Spannung und Spaß
die Hauptfaktoren für diese Sichtweise sind.
Der Unterrichtseinstieg und die Lerntypen
Die Schüler äußerten sich nicht nur zu den Einstiegen, die sie im Rahmen der
Bearbeitung von „Happy“ erlebt hatten, sondern im Anschluss an die Sequenz
sannen sie auch über den Unterrichtseinstieg als solchen und seine mögliche
Verknüpfung mit den Lerntypen nach. Somit waren sie auf einer tieferen Ebene aktiv
und beschränkten sich in ihren Überlegungen nicht nur auf die konkreten
Unterrichtsstunden. Ihr Feedback bezieht sich zwar auf die Unterrichtseinstiege
während des ganzen Schuljahres, aber da die weniger traditionellen Einstiege vor
allem während der Lektüre von „Happy“ stattgefunden haben, stelle ich die Meinung
der Schüler in diesem Kapitel dar.
Auf dem ersten, nun als Übersicht dargestellten Fragebogen kreuzten die Schüler
lediglich an, inwiefern sie der jeweiligen Aussage zustimmen. In den einzelnen
Kästchen gebe ich an, wie viele der 24 Schüler ein Kreuz dort angebracht hatten. Ein
Schülerbeispiel befindet sich im Anhang124.
124
Siehe Anhang 6. S.133.
56
++ : trifft voll und ganz zu
+ : trifft zu
+- : trifft etwas zu
- : trifft kaum zu
-- : trifft überhaupt nicht zu
Die Unterrichtseinstiege im Deutschunterricht
waren in diesem Schuljahr abwechslungsreich
gestaltet.
Auch in anderen Fächern beginnt der
Unterricht abwechslungsreich.
Die Unterrichtseinstiege im Deutschunterricht
haben auf sinnvolle Art und Weise zum
Thema geführt.
Die Unterrichtseinstiege im Deutschunterricht
haben mir das Verstehen und Lernen
vereinfacht.
Die Unterrichtseinstiege im Deutschunterricht
haben mir gefallen, meine Neugier geweckt
und mich motiviert.
Es gab zu viele außergewöhnliche
Unterrichtseinstiege im Deutschunterricht, so
dass sie mich nicht mehr überzeugten.
Wenn die ersten Minuten einer
Unterrichtsstunde langweilig sind, arbeite ich
nicht mit.
Ich finde es gut, wenn Schüler gleich in den
ersten Minuten des Unterrichts selber aktiv
werden müssen.
Ich finde es sinnvoll, wenn
Unterrichtseinstiege die Schüler irritieren,
denn so werden sie zum Denken angeregt.
Die Unterrichtseinstiege im Deutschunterricht
waren mir zu kompliziert.
++ + +- - -11 7 6 0 0
0
1
6 11
6
5
0
0
2
5 12
5
0
5
3
9
7
0
0
0
2 15
7
3
2
7
5
7
9
3
5
5
2
7
7
6
1
3
0
0
0
6 18
4 15
Da diese Angaben für sich sprechen und jegliche detaillierte Auswertung reine
Wiederholung dessen wäre, was der Leser auch selber erkennen kann, lege ich nun
lediglich eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse dar und
kommentiere diese.
57
Es zeigt sich, dass die Unterrichtseinstiege im Deutschunterricht des Schuljahres
2009/2010 von den Schülern als abwechslungsreich bewertet werden, was ihrer
Meinung nach für die anderen Unterrichtsfächer nicht zutrifft. Dies ist wohl dadurch
zu erklären, dass nicht jeder Lehrer dem Unterrichtseinstieg eine große Bedeutung
beimisst und dass Einstiege, die dem leichteren Lernen und Verstehen dienen, den
Schülern oftmals nicht außergewöhnlich vorkommen, sodass sie sie vergessen. Nur
was die Schüler überrascht hat, bleibt ihnen im Gedächtnis, was aber nicht heißt,
dass
sie
nur
dann
etwas
hinzulernen,
wenn
ihnen
der
Einstieg
als
abwechslungsreiche Unterrichtsphase in Erinnerung bleibt.
Eine sinnvolle Verknüpfung mit dem thematischen Schwerpunkt der jeweiligen
Unterrichtsstunde erkannten die Schüler auch größtenteils. Ebenso wird deutlich,
dass die Einstiege den Schülern das Lernen und Verstehen vereinfacht haben, aber
allerdings nur in einem gewissen Maße. Interessant ist die Erkenntnis, dass die
Schüler die Einstiege allgemein positiv bewerten, doch dass ihre Motivation letzten
Endes weniger davon abzuhängen scheint als man vielleicht angenommen hätte: Die
Einstiege fielen ihnen nicht zu schwer und es waren auch nicht zu viele
außergewöhnliche Einstiege. Die Lernenden sind im Allgemeinen auch der Meinung,
dass Unterrichtseinstiege den Schüler aktiv werden lassen sollten und dass sie ihn
zum Nachdenken anregen sollten. Trotzdem werden die Einstiege nur bedingt als
wichtiger Motivationsfaktor angesehen. Fünf dieser Schüler sehen die Einstiege „voll
und ganz“ als motivierend an. Ebenso lassen nur drei Schüler sich durch Einstiege
„voll und ganz“ in ihrer Mitarbeit beeinflussen. Es scheinen also neben den
Einstiegen andere Faktoren für das Arbeitsverhalten ausschlaggebend zu sein. Dass
es sich hierbei möglicherweise gar um außerschulische, nicht vom Lehrer
beeinflussbare Motive handelt, darauf gehe ich in den folgenden Kapiteln ein. An
dieser Stelle soll einfach nur festgehalten werden, dass die Einstiege in den
Unterrichtsstunden zu „Happy“ den Schülern zwar durchaus gefallen und ihnen auch
beim Lernen geholfen haben, aber dass sie sich nur begrenzt auf die Motivation der
Lernenden ausgewirkt haben.
58
Die Schüler haben sich auch noch in einer Reihe offener Fragen zu den
Motivationsphasen des Schuljahres 2009/2010 geäußert. Auch hier befinden sich
Schülerbeispiele im Anhang125.
Es zeigt sich, dass besonders zwei Unterrichtseinstige den Schülern in Erinnerung
geblieben sind: der Einstieg mit der ausgetauschten Lehrerin und der Einstieg, der
die Sequenz zur Aufklärung126 eröffnet hatte. Der Grund hierfür war, dass die
Einstiege sehr glaubhaft gewirkt und die Schüler zum Nachdenken und eventuellen
Handeln angeregt wurden. Dies bedeutet jedoch nicht unbedingt auch, dass ein
solcher Einstieg die Motivation und das Lernen positiv beeinflusst, denn oftmals geht
es Schülern einfach nur darum, ‘Spaß‘ zu haben. Was die Vereinfachung des
Lernprozesses betrifft, werden die Einstiege mit der ausgetauschten Lehrerin, das
nachgespielte Experiment und der Einstieg zur Aufklärung als sinnvoll angesehen,
wobei die Schüler auch fast alle der Meinung sind, dass Unterrichtseinstiege die
verschiedenen Lerntypen ansprechen sollten. Allerdings sind sie sich bewusst, dass
nicht jeder Einstieg alle Lerntypen in gleichem Maße anregen kann. Der Begriff
‘Lerntyp‘ war den Schülern vor der Besprechung im Deutschunterricht unbekannt,
aber sie wussten schon davor, dass jeder seine individuellen Lernmethoden hat.
Dies hatten sie durch Gespräche mit ihren Freunden oder Familienmitgliedern
erkannt bzw. dadurch, dass sie bei der Prüfungsvorbereitung bemerkt hatten, dass
sie sich den Lernstoff besser und dauerhafter merken können, wenn sie ihn
beispielsweise visualisieren oder abschreiben. Sie haben sich demnach eher
unbewusst – nämlich bei der ihnen eigenen Art der Prüfungsvorbereitung – mit den
Lerntypen befasst und erkannt, dass sie auf bestimmten Wegen einfacher lernen
können. So waren die Einstiege und der Lerntypentest für die Mehrheit der
Lernenden interessant bzw. sinnvoll, da sie ihnen etwas über ihre Lernmethoden
offenbarten oder sie darin bestätigten, was sie über sich und ihre stärksten
Lernkanäle angenommen hatten.
125
126
Siehe ebd.
Dieser Einstieg wird in dieser Arbeit auf S. 82 beschrieben und reflektiert.
59
4.4.5 Auswertung und Reflexion
Als Lehrperson kann man den Erfolg des jeweiligen Unterrichtseinstiegs nur an dem
messen, was nach außen sichtbar wird, d.h. der Mitarbeit der Schüler und auch dem
Umgang der Lernenden mit den verschiedenen Unterrichtsinhalten. Somit könnte ich
hier nun schlussfolgern, dass die Einstiege durchaus positiv zu bewerten sind, denn
die Schüler haben motiviert mitgearbeitet, Interesse gezeigt und die Fragen bzw.
Aufgabenstellungen größtenteils erfolgreich gelöst. Auch die ehemaligen ALLETSchüler haben sich intensiv an der Erarbeitung von „Happy“ beteiligt, wobei
allerdings anzuzweifeln bleibt, ob diese Mitarbeit wirklich auf die Einstiege oder aber
auf den Lernstoff zurückzuführen ist.
Das Standbild jedenfalls scheint ein erfolgversprechender Einstieg zu sein: Es
offenbart den Schülern eine neue und auch ungewohnte Herangehensweise an
literarische Figuren und Handlungen, da sie diese abstrahiert von der (verbalen)
Sprache darstellen und interpretieren: „Mit Standbildern lassen sich Gefühle,
Stimmungen, soziale Erfahrungen und Haltungen körperlich-sinnlich (Gestik, Mimik,
Körperhaltung) ausdrücken. Auch Beziehungen (z. B. Konflikte) können sehr gut
verdeutlicht werden.“127 Somit wird hier vor allem der visuelle Lerntyp, aber auch der
handelnde (körperliche) Lerntyp, wenn der jeweilige Schüler am Standbild teilnimmt,
angesprochen. Der akustische Lerntyp (Wörter-Lerntyp oder verbal-sprachlicher
Lerntyp) wird hier jedoch auf das sich dem Standbild anschließende Gespräch
angewiesen sein.128 In die Erarbeitungsphase hat das Standbild beide Male auf
direktem Wege geführt, sodass es also durchaus gerechtfertigt war, den Einstieg in
Form eines solchen durchzuführen. Auch wenn es den Agierenden teilweise schwer
gefallen ist, ihre Rollen anzunehmen und ernst zu bleiben, konnte das Standbild
beide Male richtig gedeutet werden.
Auch der Einstieg mit der ausgetauschten Lehrerin hat das Thema der
Austauschbarkeit auf interessante, weil überraschende Art und Weise eröffnet. Es
handelt sich hierbei um eine Provokation bzw. Verfremdung des Lernstoffs. Für beide
127
Vgl. Thömmes, Arthur: Produktive Unterrichtseinstiege. 100 motivierende Methoden für die
Sekundarstufen. S. 104
128
Es soll hier noch einmal betont werden, dass die meisten Schüler sog. Mischtypen sind und dass
man nicht davon ausgehen darf, dass ein akustischer Lerntyp mittels eines Standbildes überhaupt
nicht lernen kann.
60
Methoden braucht man Mut und ein gewisses Feingefühl, da man seine Schüler
absichtlich verwirrt und provoziert. Im Vorfeld muss man unbedingt abwägen, ob die
Atmosphäre in der Klasse und vor allem die Schüler-Lehrer-Beziehung einen solchen
Einstieg erlauben und ob er sich nicht negativ auf den Lernprozess auswirken wird.
Man muss darauf achten, dass die Schüler im Nachhinein verstehen, warum sie
provoziert wurden, nämlich nicht aus böser Absicht, sondern um sie in die
Erarbeitungsphase zu geleiten und zwar so, dass sie aufgrund ihres Hinterfragens
das Thema der Stunde selber erkennen. Wertvoll ist ein provozierender Einstieg, da
er die Schüler zum kritischen Denken anregt. Greving und Paradies verwenden dem
entsprechend für Methoden wie die Provokation den Oberbegriff „Denkanstöße“129,
für die charakteristisch ist, dass sie „weitestgehend von Lehrerseite geplant und
inszeniert“130 sind. Der Einstieg mit der ausgetauschten Lehrerin zielte nicht auf einen
spezifischen der drei gängigen Lerntypen ab. Allerdings kann man hier davon
ausgehen, dass der handelnde und vor allem der Ich-Lerntyp (intrapersoneller
Lerntyp) sich den Lernstoff besonders gut merken kann, da er die Problematik der
Austauschbarkeit selber erfahren und empfunden hat. Erfolgreich war der Einstieg,
da er die Schüler zum Nachdenken und auch zur Mitarbeit angeregt hat. Ebenso hat
er einen fließenden Übergang in die Erarbeitungsphase ermöglicht. Dasselbe trifft
auf das Lied „Du erkennst mich nicht wieder“ und das nachgespielte Experiment zu.
Ersteres dient vor allem den akustischen bzw. musikalischen Lerntypen, während
das Letztere visuelle und auch handelnde (körperlich-bewegungsbezogene)
Lerntypen anspricht, wenn der Schüler aktiv am Einstieg beteiligt war.
Meine Bewertung der weniger traditionellen Unterrichtseinstiege bleibt allerdings vom
Schülerfeedback nicht unbeeinflusst, sodass die eben bewerteten Einstiege nicht
vorschnell als Garanten für Motivation und Lernen angesehen werden können, auch
wenn dies angesichts dessen, was ich als Lehrperson in meinen Klassen
beobachten konnte, sicherlich gerechtfertigt wäre. Das Schülerfeedback zeigt jedoch,
dass den Schülern die ersten Minuten des Unterrichts weit weniger wichtig sind als
ich das erwartet hatte. Es wird deutlich, dass sie auch ohne einen interessanten und
anregenden Einstieg zur Mitarbeit bereit sind und dass Einstiege wie das Standbild,
129
130
Greving, Johannes und Liane Paradies: Unterrichts-Einstiege. Ein Studien- und Praxisbuch. S. 37
Ebd.
61
die ausgetauschte Lehrerin oder das nachgespielte Experiment ihnen zwar Freude
bereiten und teilweise auch das Lernen erleichtern, aber dass der Lernprozess im
Großen und Ganzen auch ohne diese Einstiege möglich ist. Diesen Eindruck haben
jedenfalls die Schüler. Sie begründen ihre Motivation scheinbar auf anderen
Aspekten als auf den Unterrichtseinstiegen. Als Lehrperson denke ich trotz dieser
unerwarteten Ergebnisse nach wie vor, dass überraschende und provokative
Einstiege – in Maßen! – sich günstig auf den Lernprozess und vor allem auf die
Lernerpersönlichkeit auswirken. Der Lernende wird dadurch zum (kritischen) Denken
angeregt
und
er
kann
den
Lernstoff
mittels
verschiedener
Sinneskanäle
wahrnehmen. Gerade das Erstere scheint auch den Schülern wichtig zu sein. Es gilt
allerdings trotzdem, provokative Einstiege nur in Maßen durchzuführen, denn sonst
stumpfen die Lernenden ab und der Einstieg verliert seine Wirkungen. Die
traditionellen Unterrichtseinstiege wie z. B. die Verbesserung einer Hausaufgabe
mittels eines Schülervortrags oder die Besprechung einer Textstelle sind demnach
nicht gänzlich zu verwerfen, sofern sich traditionelle und für Schüler eher
ungewohnte Einstiege abwechseln. Dass man durch abwechslungsreich gestaltete
Unterrichtseinstiege auch jeweils unterschiedliche Lerntypen anspricht, ist ein
positiver Nebeneffekt: Wenn man beispielsweise darauf achtet, den Unterricht nicht
immer
mit
Bildern
einzuleiten,
sondern
auch
mit
Textarbeit,
Musik,
Diskussionsrunden usw., vermeidet man es, den visuellen Lerntypen zu einseitig ins
Zentrum zu stellen. Somit ergibt sich bei abwechselnd gestalteten Unterrichtseinstiegen die Anregung der verschiedenen Sinneskanäle geradezu von selbst. Es
ist überdies sinnvoll, wenn nicht nur der Lehrer die Lerntypen kennt: Die
Beschäftigung mit den Lerntypen hat den Schülern der 4e geholfen, ihre Stärken das
Lernen betreffend zu erkennen und sich auch Gedanken über die Bedeutung der
ersten Unterrichtsminuten zu machen. Auf dieser Klassenstufe kann man Schülern
durchaus zumuten, sich mit der Unterrichtsplanung zu beschäftigen und über
Einstiege nachzusinnen. So wird ihnen die Komplexität des Lernens bewusst und sie
realisieren, dass der Lernstoff auf unterschiedliche Art und Weise präsentiert und
verarbeitet werden kann, um den Lernprozess individuell zu begünstigen.
62
4.5 Weitere Unterrichtseinstiege für Ganzschriften
Auch
wenn
die
im
Rahmen
der
Lektüre
von
„Happy“
organisierten
Unterrichtseinstiege das Zentrum der vorliegenden Arbeit darstellen, soll hier kurz
dargelegt werden, dass alle Ganzschriften es erlauben, von traditionellen Einstiegen
wie der gemeinsamen Lektüre einiger Seiten, der Hausaufgabenverbesserung oder
auch der Textstellenanalyse abzuweichen. Allerdings sollten diese – und das zeigt ja
auch die oben vorgestellte Sequenz zu „Happy“ – nicht gänzlich beiseite gelassen
werden, da sie durchaus auf sinnvolle Art und Weise in die erste Erarbeitungsphase
führen und dem Lernprozess dienen können.
Aufgrund der Vielzahl von Einstiegen, die ich schon im Rahmen der Lektüre von
Ganzschriften durchgeführt habe, gehe ich im Folgenden nur allgemein auf einige
mögliche Vorgehensweisen ein.
Im Schuljahr 2009/2010 unterrichtete ich eine 11TG im Lycée Classique Echternach.
Es handelte sich demnach um Schüler, die sich für die Naturwissenschaften und vor
allem für Mathematik interessieren. Dies ermöglichte es mir, im Rahmen der Lektüre
der „Schachnovelle“ von Stefan Zweig einen sehr schülerorientierten Einstieg
durchzuführen: Ich forderte die Schüler dazu auf, darzulegen, wie sie vorgehen,
wenn sie sich Sachverhalte auf abstrakt-mathematischer Ebene vorstellen sollen. Es
entstand ein interessantes Unterrichtsgespräch, das deutlich machte, dass die
Schüler
ganz
verschiedene
Methoden
haben,
um
ihre
Fähigkeit
zum
mathematischen Denken anzuregen. Diese lassen sich auch wieder mit den
Lerntypen vereinbaren, denn es gab z. B. einige Schüler, die den betreffenden
Sachverhalt bildlich bzw. schematisch festhalten müssen, um ihn zu erarbeiten und
zu verstehen. Anderen wiederum gelingt es, den Lernstoff rein mit Hilfe ihrer
Vorstellungskraft zu visualisieren. Dieses Gespräch, das sich auf den Alltag der
Schüler bezog, diente als Ausgangspunkt, um zu analysieren und zu kommentieren,
wie der Protagonist aus der „Schachnovelle“ das Schachspiel zuerst mittels einer
konkreten Veranschaulichung, nämlich Brotkrümeln als Figuren und einer Decke als
Schachbrett, durchführt und wie er dann später mit nur seinem Gedächtnis die
schwierigsten Schachpartien gegen sich selber spielt. Es stellte sich heraus, dass die
63
Schüler einer 11TG diesen Vorgang sehr faszinierend finden, da sie sich selber mit
abstraktem, mathematisch-logischem Denken auskennen.
Ein Unterrichtsgespräch ermöglicht es den Schülern, sich stärker mit dem Thema
des Buches zu identifizieren. So verlief beispielsweise auch ein Gespräch über die
Erfahrungen der Schüler mit behinderten Menschen sehr erfolgreich und eröffnete
eine Unterrichtsstunde zu „Drachenflügel“ von Renate Welsh (7ST Schuljahr
2008/2009). Hier werden die verbal-sprachlichen und die intrapersonellen Lerntypen
angesprochen, da die Lernenden ihren Mitschülern eigene Erfahrungen aus dem
Privatleben mitteilten und dafür über dieses nachsinnen müssen. Ebenso kann bei
Gesprächsrunden
der
interpersonelle
Lerntyp
angeregt
werden,
da
die
Kommunikation mit anderen, die Fähigkeit zur Empathie und eventuell die Rolle des
Gesprächsleiters dessen Bereich angehören. Auch ein kurzes Rollenspiel als
Einstieg diente in dieser Sequenz einmal dazu, die Situation der Protagonistin, die
einen schwer behinderten Bruder hat, zu veranschaulichen, um sie dann
eingehender zu analysieren. Rollenspiele sind besonders sinnvoll für visuelle
Lerntypen
oder
körperlich-bewegungsbezogene
Lerntypen,
aber
auch
für
interpersonelle Lerntypen, die sich gut in andere hineinversetzen können. Ebenso
wird der intrapersonelle Lerntyp angeregt, da der Schüler die Sichtweise,
Handlungen und Empfindungen selber erlebt.
Eine Möglichkeit, eine Unterrichtsstunde zu einer Ganzschrift auf dem cycle inférieur
einzuführen, stellt das Anfertigen eines Bildes dar. Dieses spricht den visuellen bzw.
visuell-räumlichen und den handelnden Lerntypen an. Als ich im Schuljahr
2007/2008 mit einer 8TE die Ganzschrift „Ein viel zu schönes Mädchen“ von Ron
Koertge erarbeitete, malten die Schüler in der Unterrichtsstunde über die beiden
Protagonisten zuerst die perfekt aussehende Margaux und dann den sein Aussehen
vollkommen vernachlässigenden Danny, um den daraufhin folgenden Vergleich der
beiden vorab zu veranschaulichen: Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Das
Zeichnen der Protagonisten bereitet Schüler im Allgemeinen Freude. Ebenso
zeichnete die 7ST, die ich im Schuljahr 2008/2009 unterrichtete, das Bootcamp aus
„Löcher“ von Louis Sachar und die 8eTE malte im Schuljahr 2009/2010 das „Haus
der Treppen“ aus dem gleichnamigen Roman von William Sleator. Sinnvoll ist es
auch, die Schüler vor der Lektüre auf das Cover einer Ganzschrift aufmerksam zu
64
machen und sie dieses beschreiben und kommentieren zu lassen. Dies bietet sich
besonders dann an, wenn die Schüler das Verfahren der Bildbeschreibung schon
kennen und daran anknüpfen können. Zu einem späteren Zeitpunkt können sie ihre
Überlegungen im Hinblick auf den Inhalt ergänzen. Diesen Arbeitsauftrag erteilte ich
beispielsweise den Schülern einer 6e im Rahmen der Lektüre von Mats Wahls „Der
Unsichtbare“. Diese Aufgabe gehört dem Kompetenzbereich des handelnden und
des visuellen Lerntypen an, da ein Bild zum Ausgangspunkt für selbstständig
geführte und festgehaltene Überlegungen wird. Werden die Bildbeschreibungen
verschriftlicht, wird der sprachlich-verbale Lerntyp angesprochen, während bei dem
mündlichen Vortrag der Bildbeschreibung überdies der akustische Lerntyp angeregt
wird.
Man kann eine Unterrichtsstunde – und damit ist natürlich nicht nur die zu einer
Ganzschrift gemeint – auch mit der Besprechung einer Hausaufgabe oder der
Durchführung eines kurzen Lektüretests eröffnen, wobei der eigentlich für Schüler
unerwartete Einstieg darin besteht, dass sie die Lösungen bekommen und dann die
Darlegungen ihres Banknachbarn mit rotem Stift verbessern und kommentieren
sollen. Einen solchen Einstieg hatte ich z. B. im Rahmen der Lektüre von „Ein viel zu
schönes Mädchen“ organisiert. Er spricht handelnde und intrapersonelle Lerntypen
an, da die Schüler selber aktiv werden und Erfahrungen machen. Auch der
interpersonelle Lerntyp wird angeregt, da die Schüler mit anderen Lernenden in
Kontakt sind und ihnen Rückmeldung zu der erbrachten Leistung geben. Da das
Ganze
mittels
der
Sprache
stattfindet
(und
bei
der
Verbesserung
einer
Grammatikübung sogar über die Sprache als Lerninhalt), wird auch der sprachlichverbale Lerntyp berücksichtigt.
Ebenfalls sinnvoll – besonders für handelnde Lerntypen – kann eine kreative
Schreibaufgabe als Einführung in ein Thema sein. Als ich im Schuljahr 2007/ 2008
sowie im Schuljahr 2009/2010 „Bahnwärter Thiel“ von Gerhart Hauptmann mit einer
4e erarbeitete, erteilte ich den Schülern zur Eröffnung der Unterrichtsstunde über die
Rolle der Natur in diesem Buch den Arbeitsauftrag, einen Streit bzw. eine
Versöhnung dadurch darzustellen, dass sie Geschehnisse in der Natur beschreiben.
65
Als Einstieg in die allererste Unterrichtsstunde zu einer Ganzschrift kann es sehr
anregend sein, die Schüler den Titel kommentieren zu lassen, indem sie auf ihre
Erwartungen aufgrund desselben eingehen. Wenn sie diese schriftlich festhalten,
kann man die die Sequenz abschlieβende Unterrichtsstunde damit eröffnen, dass die
Schüler sich ihre ursprünglichen Erwartungen noch einmal anschauen und dann
Stellung dazu nehmen. Diesen Einstieg wählte ich z.B. für die Erarbeitung von
Patrick Süskinds „Die Taube“ (5e, Schuljahr 2009/ 2010) und die Besprechung von
Judith Kerrs „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ (8TE, Schuljahr 2009/2010) aus.
Hier werden die Kompetenzen des handelnden Lerntyps angeregt, da die Schüler
sich
eigenständig
mit
dem
Titel
und
ihren
persönlichen
Erwartungen
auseinandersetzen. Der sprachlich-verbale Lerntyp wird durch das Mitteilen bzw. das
schriftliche Festhalten der Deutung und Erwartung angesprochen. Auch der
intrapersonelle Lerntyp wird berücksichtigt, da der Schüler über sich und seine
Haltung nachsinnt.
66
Zusammenfassung
Die folgende Tabelle beinhaltet einen allgemeinen Überblick über die Verknüpfung
der hier dargelegten Einstiege mit den drei Hauptlerntypen bzw. spezifischen
Lerntypen:
Einstieg
Lerntypen
Unterrichtsgespräch,
Allgemein: handelnder Lerntyp, akustischer Lerntyp, evtl. visueller
Lerntyp
persönliche Erfahrungen
Spezifisch: sprachlich-verbaler Lerntyp, interpersoneller Lerntyp,
intrapersoneller Lerntyp
Rollenspiel
Allgemein: handelnder Lerntyp, evtl. akustischer Lerntyp, visueller
Lerntyp
Spezifisch: körperlich-bewegungsbezogener Lerntyp,
interpersoneller Lerntyp, intrapersoneller Lerntyp
Anfertigen oder Beschreiben
Allgemein: handelnder Lerntyp, visueller Lerntyp, evtl akustsicher
eines Bildes bzw. eines
Lerntyp
Geschehens
Spezifisch: visuell-räumlicher Lerntyp, sprachlich-verbaler Lerntyp
Gegenseitiges Verbessern
Allgemein: handelnder Lerntyp, visueller Lerntyp, evtl. akustischer
Lerntyp
Spezifisch: intrapersoneller Lerntyp, interpersoneller Lerntyp,
sprachlich-verbaler Lerntyp
Interpretation des Buchtitels
Allgemein: handelnder Lerntyp
Spezifisch: sprachlich-verbaler Lerntyp, intrapersoneller Lerntyp
67
68
5. Einzelfallstudie
In der Folge wird der Wirkungsbereich von Unterrichtseinstiegen von der Ganzschrift
losgelöst und auf den Deutschunterricht als solchen erweitert. Es stellt sich die
Frage, ob Unterrichtseinstiege in allen Klassen und in allen Arbeitsbereichen von
Schülern als so nebensächlich gesehen werden wie von der 4e, mit der ich „Happy“
erarbeitet habe. Wie wichtig und fruchtbar sind Einstiege für das Interesse und den
Lernprozess der Schüler wirklich und vor allem auf Dauer, also nicht nur gebunden
an die Lektüre einer Ganzschrift? Können sie die verschiedenen Lerntypen
durchgehend ansprechen und so jedem Schüler das Lernen erleichtern? Zur
Beantwortung dieser Frage dient in einem ersten Schritt eine Einzelfallstudie, die
sich mit der Motivation eines Schülers während zwei Trimestern befasst und die
darlegt, inwiefern die Unterrichtseinstiege die Motivation beeinflusst oder eben auch
nicht beeinflusst haben.
5.1 Unterrichtsvoraussetzungen
Die Einzelfallstudie fand auf einer 7ST des Lycée Classique Diekirch im Schuljahr
2010/2011 statt. Es handelt sich allgemein gesehen um eine eher lernschwache
Klasse von 24 Schülern, zwölf Jungen und zwölf Mädchen. Etwa fünf von ihnen sind
geradezu schon übermotiviert, während ca. sieben Schüler eher unmotiviert bzw.
gleichgültig wirken. Die restlichen Lernenden sind sehr wechselhaft in ihrem
Motivationsgrad. An dem Projekt beteiligten sich acht Schüler, von denen drei sehr
motiviert und engagiert sind. Zwei sind nur teilweise motiviert und die anderen drei
verhalten sich während des Unterrichts still, arbeiten kaum mit und weisen auch
gewisse sprachliche Schwächen auf.
5.2 Beschreibung und methodische Analyse
Die Schüler der 7e beschäftigten sich im ersten Trimester mit ihrer Motivation, indem
sie einige Male einen Fragebogen zur Motivation und dem Einstieg in Bezug auf eine
bestimmte Unterrichtsstunde bewerteten131. Dies führte nicht nur dazu, dass sie sich
schon mit dem Begriff und dem Phänomen der Motivation auseinandergesetzt
131
Anmerkung: Schülerbeispiele für diese Art Fragebogen befinden sich in Anhang 11-15 (ab S. 145).
69
hatten, sondern vermittelte mir ein Bild der Motivation, gebunden an einen
bestimmten Unterrichtseinstieg.
Die Schüler, die interessiert waren, konnten sich dann für die Einzelfallstudie melden.
Ich sprach auch Schüler darauf an und lud sie zum Mitmachen ein. Allerdings wollte
ich nicht nur einen einzigen Schüler für das Projekt befragen, da dieser sich dadurch
eventuell auf negative Weise von anderen abgegrenzt hätte fühlen können und da
ich keinem Schüler die Beteiligung verbieten wollte, was meinem Ziel – Schüler
motivieren – radikal widersprochen hätte.
Im zweiten Trimester stellte ich den Schülern das Projekt der Einzelfallstudie vor: Sie
sollten sich in den kommenden Wochen sechs Unterrichtseinstiege aussuchen, die
sie
auf
einem
eigens
dafür
angefertigten
Fragebogen
beschreiben
und
kommentieren sollten.132 Darauf folgte ein Fazit, das die Schüler selber darlegen
sollten. Sie durften sich einen fiktiven Namen geben, um ihre Anonymität zu
bewahren.
Über die Lerntypen wurden die Schüler nicht befragt, da dies für 7eST- Schüler zu
komplex ist, wie die Erfahrung zeigt. Allerdings hatten sie im ersten Trimester einen
Lerntypentest133 gemacht und in der Klasse besprochen, um sich über die möglichen
Stärken und Schwächen eines Lernenden zu informieren. Die Unterrichtsgestaltung
zu durchschauen und den jeweiligen Einstieg in Verbindung mit den Lerntypen
didaktisch zu begründen und zu bewerten, hätte die Schüler m. E. überfordert. So
zielte der Fragebogen vor allem auf die Wirkung des Einstiegs auf die Motivation
sowie weitere Gründe für eine motivierte Arbeitshaltung ab.
5.3. Schülerfeedback
Die Schülerin, deren Sichtweise in der Folge dargestellt wird 134, beteiligt sich in der
Regel sehr aktiv am Unterricht, ist aber trotzdem in manchen Unterrichtsstunden
eher zurückhaltend. Ihre Noten variieren zwischen durchschnittlich und gut. Vor dem
Beginn der eigentlichen Analyse setzte sie sich, wie die anderen Teilnehmer auch,
132
Siehe Anhang 7. S. 136.
Siehe Anhang 8. S. 140..
134
Anmerkung : Ich bin gerne bereit, den Jurymitgliedern die Ergebnisse der anderen Schüler, die sich
an der Einzelfallstudie beteiligt haben, mündlich vorzustellen.
133
70
mit dem Begriff 'Motivation' auseinander: Dieser bedeutet für sie, dass sie Freude
und Lust auf etwas verspürt. Auf die Frage, ob sie sich als motivierte Schülerin
ansehen würde, hat sie geantwortet, dass sie oftmals motiviert ist, weil sie nur selten
müde ist. So wird deutlich, dass sie ihre Motivation mit ihrem körperlichen Zustand
verknüpft. Ebenso legt sie dar, dass sie oft nicht motiviert ist, weil sie einfach keine
Lust auf die Schule hat, eine Aussage, die nicht unbedingt mit ihrem Verhalten
während des Unterrichts übereinstimmt.
Die sechs Unterrichtseinstiege, die die Schülerin ausgewählt hat, beziehen sich auf
verschiedene Bereiche des Deutschunterrichts: Drei Unterrichtsstunden befassten
sich mit dem freien Schreiben. Hier wird deutlich, dass sie sich bei der Beschreibung
des ersten Unterrichtseinstiegs nicht auf die eigentlichen ersten Minuten des
Unterrichts bezieht, sondern darauf, dass die Klasse anfangs etwas unruhig war und
dass erst gearbeitet wurde, nachdem die notwendige Ruhe herrschte. Die Schülerin
war an diesem Tag jedoch motiviert, da eine kurze Geschichte aus dem Arbeitsheft
vorgelesen wurde135.
Die zweite analysierte Unterrichtsstunde fand am nächsten Tag statt und beinhaltete
als Einstieg den Vortrag zweier Schüler, die ihre Geschichten – thematisch angelehnt
an einen Arbeitsauftrag aus dem Arbeitsheft136 – vorlasen. Auch hier war die
Schülerin nach eigener Aussage motiviert, da es ihr Freude bereitet, anderen
zuzuhören. Sie hatte auch bei der Besprechung des Lerntypentests oftmals
Lernwege befürwortet, die dem akustischen Lerntyp zuzuordnen sind, z.B. das laute
Vorlesen des Lernstoffs.
Die dritte untersuchte Unterrichtsstunde beschäftigte sich mit den Kriterien, die bei
der schriftlichen Schilderung eines persönlichen Erlebnisses berücksichtigt werden
sollen. Es war demnach eine eher theoretische Unterrichtsstunde, für die die
bisherigen Schreibaufgaben als Basis dienten. Hier war die Schülerin in ihrer
Motivation hin- und hergerissen, da ihr langweilig war.
135
136
deutsch.punkt 2. Arbeitsheft. S. 20: Erzählmöglichkeiten nutzen.
Ebd. S. 21: Anschaulich und spannend erzählen.
71
Die nächste Unterrichtsstunde, mit der die Lernende sich auseinandersetzte, fand
einen Monat später statt. Der Einstieg bestand aus der Wiederholung der Wortarten.
Die Schülerin bezeichnet sich als unmotiviert und begründet dies damit, dass sie
krank sei.
Auch in der Unterrichtsstunde zwei Tage später, die mit dem Unterstreichen von
Verben in einem Text begann, sieht sie sich teilweise als unmotiviert an, da sie am
Tag vorher gefehlt habe und so dem Unterricht „nicht richtig“ folgen könne.
Der letzte von der Schülerin bewerte Unterrichtseinstieg fand in der ersten
Unterrichtsstunde zu der Lektüre von Christian Bienieks „Svenja hat’s erwischt“ statt.
Ich hatte den Schülern den Auftrag gegeben, bis Seite 14 zu lesen. Meine auf das
Buchcover und den Inhalt abzielenden Fragen am Anfang beantwortete die Mehrheit
der Schüler geradezu übermotiviert und auch die betreffende Schülerin gab an, sie
sei motiviert gewesen, weil sie etwas zu lesen hatte. Tatsächlich fällt auch auf, dass
diese Schülerin sehr gerne vorliest und dabei auch schon regelrecht schauspielert,
sodass ihre Vortragsweise immer sehr lebendig ist.
Zum Abschluss der Einzelfallstudie beantwortete die Schülerin die Frage nach dem
Grad ihrer Motivation in der ersten Hälfte des zweiten Trimesters. Sie kommt zu dem
Schluss, dass ihre Motivation sich im Laufe des Trimesters allgemein gesehen
verstärkt hat, aber trotzdem abwechselnd hoch und niedrig war. Dies begründet sie
damit, dass der Unterricht „witziger“ wurde, eine Aussage, die sie nicht näher erklärt,
die sich jedoch wahrscheinlich darauf bezieht, dass „Svenja hat’s erwischt“ aufgrund
seines teilweise skurrilen Inhalts ein Buch ist, das die Lerngruppe oft zum Lachen
bringt. Sie legt jedoch auch dar, dass ihre Motivation aufgrund ihres Privatlebens und
ihrer Laune Schwankungen ausgesetzt sei. Auf die Unterrichtseinstiege geht sie bei
der Begründung für ihren Motivationsgrad trotz meiner Erklärungen und Hinweise im
Vorfeld der Analyse nicht ein, sodass sie diesen wohl nicht wirklich als wichtig
erachtet. Demnach ist es auch nicht möglich, einen Zusammenhang zwischen den
Einstiegen, den angesprochenen Lerntypen und der Motivation herzustellen.
72
In diesem Sinn gibt sie bei dem die Studie abschließenden Fragebogen auch an,
dass sie im Deutschunterricht nicht immer motiviert ist, sondern dass ihre Motivation
von ihrer Laune und der der Lehrerin abhängt. Ebenso spielt ihr körperliches und
seelisches Wohlbefinden eine Rolle für ihre Motivation. Sie kann auch motiviert sein,
ohne dass das Thema sie interessiert. Allerdings muss sie es verstehen können,
sonst ist sie unmotiviert. Die ersten Minuten müssen jedoch nicht unbedingt
spannend sein, aber sie sollten ihr helfen, das Thema besser zu verstehen. Sie
sollten sie überdies zum Nachdenken anregen. Auch die anderen Fächer, ihr
Privatleben, ihre Noten und die lobenden oder tadelnden Worte des Lehrers
beeinflussen ihre Motivation.137
5.4 Auswertung und Reflexion
Es fällt, wie schon erwähnt, auf, dass diese Schülerin ihre Motivation kaum mit dem
Unterrichtseinstieg in Zusammenhang setzt. Zwar ist es ihr wichtig, dass die ersten
Unterrichtsminuten ihr helfen, das Thema zu verstehen und ihr Denken anregen,
aber besonders spannend müssen sie nicht sein, damit sie motiviert ist. Viel
wichtiger scheinen ihr, dies zeigt ihre Analyse der einzelnen Unterrichtsstunden,
dass sie sich wohl fühlt, den Lernstoff versteht und die Unterrichtsstunden ihr
dadurch, dass sie mit der Lektüre eines Textes bzw. einer Ganzschrift oder auch
einem Schülervortrag beginnen, Freude bereiten. Auf die Bedeutung ihrer Laune ist
sie ebenfalls eingegangen und es scheint, zumindest laut dem, was die Schülerin
dargelegt hat, dass der Unterrichtseinstieg damit nur eine nebensächliche Rolle für
die Lernermotivation spielt. Die Auswertungen der Analysen der anderen Teilnehmer
lassen übrigens dasselbe vermuten: Wenn der Lernende oder auch die Lehrerin
nicht gut gelaunt sind, eine Erkrankung ihn belastet oder eine Unterrichtsstunde
durch irgendein besonderes Ereignis im Privatleben oder Schülerdasein getrübt wird,
ist er unmotiviert. So hatte eine Schülerin morgens an der Bushaltestelle ein
unangenehmes Erlebnis mit einer Frau, die ihr gedroht hatte. Sie fragte mich um Rat,
sodass ich über das Geschehen informiert war und ihre Begründung, an dem Tag
durch das Verhalten dieser Frau unmotiviert gewesen zu sein, nachvollziehen
konnte. Ebenso fehlte in der Deutschstunde nach der Mittagspause plötzlich eine
137
Der komplette Fragebogen zur Einzelfallstudie dieser Schülerin befindet sich, wie schon erwähnt,
in Anhang 7 S. 136.
73
Schülerin, die sich zwar im Sekretariat abgemeldet hatte, aber ihre Mitschüler nicht
informiert hatte. Auch hier machte sich dieselbe Schülerin Sorgen und begründete
ihre fehlende Motivation damit. Hier sieht man deutlich, dass Schüler oft mit anderen
Ereignissen beschäftigt sind, sodass der Unterrichtseinstieg sie nicht erreichen und
schon gar nicht motivieren kann. Zwar gaben die Schüler oftmals an, dass die ersten
Minuten ihnen gefallen hätten, aber sobald sie die Frage nach der Motivation
verneinten, war der Grund in den meisten Fällen einer, der nichts mit dem Thema
bzw. dem Einstieg zu tun hatte.
Dass die Schüler einer 7e nicht in der Lage sind, den Unterrichtseinstieg aus einer
pädagogisch und im Sinne der Motivationsforschung und dem Lernprozess
tiefgründigen Perspektive zu beurteilen, ist zu erwarten. Trotzdem wollte ich die
Einzelfallstudie nicht in meiner 4e durchführen, da ich schon im Schuljahr davor sehr
intensiv mit 4e Schülern für mein Projekt gearbeitet und überdies erkannt hatte, dass
es auch für sie schwierig ist, Einstiege zu bewerten. So wollte hier ich einen Blick auf
das Denken der noch sehr jungen Jugendlichen werfen, die überdies oftmals
intuitiver und 'unverfälschter' antworten als ältere Jugendliche. Außerdem sind
gerade Schüler der Unterstufe oftmals unmotiviert, was das Lernen betrifft, da sie
sich noch am Anfang der Pubertät befinden und vieles in ihrem Privatleben sie
beschäftigt. Außerdem fehlt ihnen oftmals noch das Ziel vor Augen, was das Lernen
betrifft, denn das Berufsleben ist noch in weiter Ferne und der Berufswunsch oftmals
noch gar nicht definiert. Die Ergebnisse sind demnach gerade durch die noch recht
kindliche Perspektive durchaus fruchtbar und zeigen, dass der Einstieg Schüler zwar
in einem bestimmten Moment durchaus anregen und motivieren kann, dass aber
andere und oftmals außerschulische Faktoren mehr Einfluss auf die Lernermotivation
haben als die ersten Unterrichtsminuten.
74
6. Erste Textbegegnung bei literarischen Texten
6.1. Unterrichtsvoraussetzungen
Zu der ersten Textbegegnung bei literarischen Texten wurde im Schuljahr 2009/2010
eine 5e befragt. Es handelte sich von den sprachlichen Fähigkeiten um eine
durchschnittliche Klasse mit ein paar sehr starken Schülern. Die Schüler waren
allgemein gesehen sehr motiviert und arbeiteten konstant und bemüht mit. Auch bei
der ersten Lektüre eines Textes meldeten sich immer viele Schüler freiwillig, um ihn
der Klasse vorzutragen.
6.2 Beschreibung und methodische Analyse
Als Lehrperson muss man sich bei der Unterrichtsgestaltung immer auch mit der
Frage der ersten Textbegegnung auseinandersetzen. Normalerweise passt man die
Art der ersten Lektüre dem Schwierigkeitsgrad des Textes, aber auch dem
Sprachniveau der Klasse an, sodass man z.B. bei eher schwächeren Schülern die
erste Lektüre oftmals selber übernimmt, um den Schülern die Aussprache und
Betonung zu zeigen. Im Idealfall orientieren sie sich daran. Allerdings denkt man als
Lehrer kaum darüber nach, wie die Schüler zu der ersten Textbegegnung stehen.
Auch diese stellt einen Einstieg dar, da sie meistens während der ersten Minuten des
Unterrichts stattfindet und so die Motivation der Schüler durchaus steuern kann. So
kann eine spannende und lebendige Vortragsweise das Interesse günstig
beeinflussen. Aus diesem Grund befragte ich eine 5e zu der ersten Textbegegnung.
In dieser Klasse wurden bis fast zum Ende des dritten Trimesters Texte während der
ersten Lektüre auf verschiedene Art und Weise vorgetragen: Mal trug ich den Text
vor, mal ein bzw. mehrere Schüler, mal hatten die Schüler den Text vor Augen,
während ich vorlas, mal war dies nicht der Fall. Ebenso wurde der Text manchmal für
die erste Lektüre nicht laut vorgetragen, sondern von den Schülern in einer Stillarbeit
gelesen, teilweise auch gebunden an einen Arbeitsauftrag. Ich stellte also
abwechselnd jeweils einen oder zwei Lerntypen in den Vordergrund, den
akustischen, wenn ich einfach nur vorlas, zusätzlich auch noch den visuellen, wenn
ich den Text austeilte oder den handelnden, wenn die Schüler den Text alleine lasen
oder wenn verschiedene Schüler ihn laut vortrugen.
75
Meine Forschung bezog sich bewusst auf „banale“ Textbegegnungen und nicht auf
außergewöhnliche wie z. B. den Text für die erste Lektüre in Form eines Puzzles
auszuteilen. Ich wollte ein Feedback zu dem erhalten, was im Unterricht alltäglich ist,
also zum Vortrag eines neuen Textes. Es handelte sich bei den Texten immer um
Prosatexte, da ich bei der Besprechung eines Gedichts immer die erste Lektüre
übernehme, unabhängig von der Klassenstufe.
6.3 Schülerfeedback
Gegen Ende des Trimesters teilte ich den Schülern einen Fragebogen138 aus, in dem
sie sich zu den ersten Textbegegnungen äußerten. Sie wussten vorher nicht, dass
ich verschiedene Arten der Textbegegnung ausprobiert hatte, sondern dachten
unbeeinflusst über den Deutschunterricht des vergangenen Schuljahrs und die erste
Textbegegnung als solche nach.
Das Ergebnis der Befragung wird in der folgenden Tabelle deutlich:
++ : trifft voll und ganz zu
+ : trifft zu
+- : trifft etwas zu
- : trifft kaum zu
-- : trifft überhaupt nicht zu
Englisch- und Französischunterricht
++
+
+-
-
--
Methode 1: Wenn wir einen neuen Text bearbeiten, liest der Lehrer/
2
8
13
1
0
0
5
13
5
1
0
3
6
14
1
8
7
7
2
0
die Lehrerin ihn immer zuerst einmal ganz vor.
Methode 2: Wenn wir einen neuen Text bearbeiten, liest zuerst ein
Schüler (oder auch mehrere Schüler) ihn vor.
Methode 3: Wenn wir einen neuen Text bearbeiten, liest zuerst
jeder Schüler ihn für sich alleine durch.
Methode 1 gefällt mir.
138
Siehe Anhang 9. S. 142.
76
Methode 2 gefällt mir.
2
4
12
5
1
Methode 3 gefällt mir.
1
4
10
4
5
Den Text, den der Lehrer/ die Lehrerin vorliest, haben wir während
6
11
4
2
1
2
4
6
7
5
6
4
6
4
4
Wenn wir den Text vor uns liegen haben, lese ich ihn mit.
8
7
7
2
0
Deutschunterricht
/
/
/
/
/
Die Lehrerin liest einen neuen Text zuerst selber vor.
5
11
8
0
0
Wir haben das Textblatt vor Augen liegen, während die Lehrerin
5
4
12
1
2
7
10
1
5
1
2
2
6
11
3
der Lektüre vor uns liegen, um mitzulesen.
Wenn wir keinen Text vor uns liegen haben, fällt es mir schwer,
zuzuhören.
Die erste Textbegegnung ist spannender, wenn wir keinen Text vor
uns liegen haben.
vorliest.
Ich kann mich besser auf den Inhalt konzentrieren, wenn ich den
Text mitlesen kann.
Ich interessiere mich eher für einen neuen Text, wenn die Lehrerin
ihn zuerst vorliest, ohne dass ich mitlesen kann.
Auch die drei offenen Fragen, die die Schüler beantwortet haben, weisen deutlich
darauf hin, dass sie es bevorzugen, wenn der Lehrer den Text während der ersten
Textbegegnung vorträgt. Hier spielen ganz verschiedene Gründe eine Rolle, z. B. die
Vortragsweise des Lehrers oder auch das Bequeme am Zuhören. Dass fast alle
Schüler es bevorzugen, wenn der Text vor ihnen liegt und sie mitlesen können, weist
auf das Zusammenspiel von visuellem und akustischem Lerntyp hin, das vielen
Lernenden die erste Textbegegnung vereinfacht.
77
6.4 Auswertung und Reflexion
Es zeigt sich, dass die meisten Schüler – zumindest in dieser Klasse – es
bevorzugen, wenn die Lehrperson ihnen einen neuen Text zuerst einmal vorträgt,
während sie für sich mitlesen können. Allerdings sollte man einen Text m. E. als
Lehrer trotzdem manchmal vortragen, ohne dass die Schüler über ein Textblatt
verfügen, natürlich nur, wenn es der Schwierigkeitsgrad des Textes erlaubt. So kann
man die erste Textbegegnung spannend gestalten und als Hörverstehen fungieren
lassen. Verschiedene Texte erlauben es durchaus auch, die erste Textbegegnung in
Form eines Schülervortrags zu gestalten, was sinnvoll ist, damit die Schüler sich
nicht daran gewöhnen, einen neuen Text immer passiv zu erleben. Man kann
demnach die erste Textbegegnung so organisieren, dass sie die Hauptlerntypen
abwechselnd ins Zentrum stellt. Dass der Einstieg in die Besprechung eines neuen
Textes nicht unbedingt aus der Lektüre desselben bestehen muss, wird in Kapitel 7.3
dargelegt.
78
7. Der Unterrichtseinstieg in weiteren Arbeitsbereichen des Deutschunterrichts
7.1 Textproduktion
7.1.1 Unterrichtsvoraussetzungen
Die Textproduktion, verstanden als freies bzw. kreatives Schreiben, findet auf jeder
Klassenstufe statt. In der Folge werden mögliche Einstiege für die Bildbeschreibung
und den Erlebnisaufsatz auf der Unterstufe (6e und 7ST) sowie die Erörterung auf
der Oberstufe (4e) dargelegt.
7.1.2 Beschreibung und methodische Analyse
Dass eine Unterrichtsstunde über die Bildbeschreibung mit einer solchen beginnt, ist
naheliegend. Trotzdem zeigte ich den Schülern der 6e nicht einfach nur ein Bild und
bat sie darum, es zu beschreiben und kommentieren. Ich verband
die
Bildbeschreibung – wie auch vom Lehrbuch139 vorgesehen- mit der Sequenz über
den Umgang mit Medien, indem ich den Schülern den Auftrag gab, sich irgendein
Bild auszuwählen, das thematisch mit der modernen Technik verknüpft ist, und dies
zu beschreiben. Die Unterrichtsstunde sollte mit zwei Schülerbeiträgen eröffnet
werden. Es zeigte sich jedoch, dass die Lernenden so motiviert und begeistert davon
waren, ihr Bild in der Klasse zu präsentieren, dass ich mich spontan dazu entschloss,
aus dem einfachen Einstieg eine Erarbeitungsphase zu machen, die demnach länger
dauerte als nur ein paar Minuten und die mehrere Schülerbeiträge beinhaltete.
Nachdem ein Schüler sein Bild vorgestellt hatte, entstand jeweils eine kurze
Diskussion in der Gruppe über die von ihm thematisierte Problematik. Am Ende der
Unterrichtsstunde teilte ich einen Feedbackbogen aus und es wurde deutlich, dass
das Thema die Schüler zur Mitarbeit angeregt hatte, da sie sich für die heutige Welt
der Technik interessieren, sie befürworten, aber auch teilweise kritisch sehen, so z.B.
in Bezug auf die Entwicklung von Robotern. Hier wurden auch losgelöst von einem
Unterrichtseinstieg die akustischen und visuellen Lerntypen angeregt, aber auch die
handelnden, da die Lernenden sich selber ein Bild ausgesucht hatten, dies
beschrieben und präsentierten.
139
deutsch.punkt 3 S.146
79
Den Erlebnisaufsatz führte ich auf der 7ST ein, indem ich en Schülern bewusst
emotionslos und nüchtern von meinen Weihnachtsferien erzählte. Dann analysierte
ich meine Schilderung mit ihnen zusammen, wobei sie auf die Bedeutung von
„lebendigem“ Erzählen durch die Darstellung von Gefühlen und Gedanken
verwiesen. Da ich mich in den Mittelpunkt gestellt hatte, konnte die Erzählung kritisch
betrachtet werden, ohne dass ein Lernender sich angegriffen fühlte. Durch meinen
Vortrag wurden vor allem die akustischen Lerntypen angesprochen.
Ein weiterer möglicher Einstieg, der Schüler zum Schreiben anregt, ist der, die ersten
paar Sätze eines literarischen Textes vorzulesen und die Schüler das Geschehen
dann weitererzählen zu lassen. Dies machte ich beispielsweise auf einer 5e mittels
„Ein erschreckender Anblick“ von Franz Hohler und „Der Zettel“ von Igor Irtenjew.
Diese Art und Weise fördert die handelnden Lerntypen und vor allem die Fantasie
der Schüler. Sie werden in einen Zustand der Neugierde versetzt, der sich m. E.
positiv auf ihre Motivation auswirkt.
Die Erörterung ist die Art der Textproduktion auf der 4e schlechthin. Eingeführt habe
ich sie auf traditionelle Art und Weise, nämlich durch die Analyse eines Hauptteils 140
zum Thema Benimmunterricht an den Schulen und der theoretischen Überlegungen,
die man bei der Erarbeitung der Erörterung nicht aussparen kann. Allerdings habe
ich auf zwei 4e-Klassen versucht, den Einstieg etwas interessanter zu gestalten. Im
Schuljahr 2008/2009 tat ich diese anhand des Liedes „Guten Tag“ von der Band Wir
sind Helden. In diesem wird die Konsumgesellschaft kritisiert. Die Nachteile einer
solchen Gesellschaft arbeitete ich mit den Schülern aus dem Liedtext heraus und
ließ sie dann die positive Seite der Produktvielfalt und Weiterentwicklung des
Angebots beleuchten. So erörterten die Schüler schon, bevor ich sie mit dem Wesen
dieser Art von Textproduktion bekannt machte. Auch hier zeigte sich wie so oft, dass
das Anhören eines Liedes Schüler motiviert, besonders die akustischen Lerntypen.
Im Schuljahr 2010/2011 besprach ich mit der 4e die Kurzgeschichte „Happy End“ von
Kurt Marti. In dieser geht um den Kontrast von Filmwelt und Realität. Nach der
Analyse derselben provozierte ich die Schüler mit der Behauptung, das Kino sei
meiner Meinung nach heutzutage sowieso überflüssig geworden, da man sich die
140
Deutsch ideen 10. Lese- und Sprachbuch. S. 60f.
80
Filme auch in hervorragender Qualität und bequem zuhause anschauen könne. Die
Lernenden widersprachen mir sofort und begründeten ihre Meinung. Hier werden die
verbal-sprachlichen Lerntypen stimuliert. Ich ließ das Gespräch einige Minuten
dauern und gab dann nach, indem ich den Schülern erklärte, sie hätten mich von der
Daseinsberechtigung des Kinos überzeugt. Dann sann ich mit ihnen über die Gründe
nach, aus denen es wichtig ist, seine Meinung auszudrücken und andere
überzeugen zu können. So leitete ich zur Erörterung über.
7.2 Literaturgeschichte
7.2.1 Unterrichtsvoraussetzungen
Die beiden hier dargelegten Einstiege fanden in verschiedenen 4e Klassen statt. Der
literaturgeschichtliche Unterricht ist für Schüler einer 4e etwas Neues. Oft empfinden
sie ihn als eher uninteressant, da die Texte hier mit dem historischen Hintergrund
verknüpft werden, was für die Schüler bedeutet, dass sie sich bestimmte Fakten
einfach merken müssen. Beide Klassen hatten gewisse Schwierigkeiten damit, sich
auf die Literaturgeschichte einzulassen und sie zu verstehen. In der 4e, die ich im
Jahr 2008/2009 unterrichtete, befanden sich vier Schüler, die der Theatergruppe der
Schule angehörten. Sie schauspielerten mit großer Freude und wussten in ihren
Rollen auch zu überzeugen. Diese Tatsache nutzte ich, um einen besonderen
Einstieg zur Epoche des Barock zu organisieren. Die 4e, die ich im darauffolgenden
Schuljahr unterrichtete, war zu einem sehr großen Teil im Deutschen sehr schwach,
da viele Schüler, wie in 4.1 geschildert, aus einer ALLET- Klasse kamen. Außerdem
handelte es sich um eine Klasse, in der die Lehrer-Schüler-Beziehung stimmte und in
der Disziplinprobleme nicht existierten, sodass ich mich trauen konnte, einen
provokativen Einstieg durchzuführen, der die Schüler zum Nachdenken anregen
sollte.
7.2.2 Beschreibung und methodische Analyse
Zur Erarbeitung des Barock und vor allem, um den Schülern das barocke,
antithetische
Lebensgefühl
zu
veranschaulichen,
verfasste
ich
ein
kleines
Theaterstück, das die drei Schüler aus der Theatergruppe freiwillig einstudierten und
zur Überraschung ihrer Mitschüler am Anfang der einer Unterrichtsstunde zum
81
Barock inszenierten. Die dargestellte Szene gehörte dem Alltag Jugendlicher an,
denn im Zentrum stand die Einladung zu einer Party. Im Anschluss an das
vorgespielte Geschehen analysierten die Schüler die Haltungen der drei involvierten
Personen. Eine von ihnen lebte nach dem Motto carpe diem und wollte die Party auf
keinen Fall verpassen. Eine zweite war in ihrem Handeln vom Gedanken des
memento mori geprägt und wollte in ihrer vorausschauenden und gewissenhaften Art
lieber ihren Pflichten nachkommen und auf die freudige Veranstaltung verzichten.
Die
dritte
Person
fühlte
sich
hin-
und
hergerissen
zwischen
beiden
Lebenseinstellungen und wusste nicht, welcher der beiden anderen Personen sie
vertrauen sollte. Die Schüler, die sich zu diesem Zeitpunkt schon mit dem Barock
auseinander gesetzt hatten, stellten eigenständig den Bezug zu dieser Epoche dar.
So wurde ihnen vor Augen geführt, dass und auch wie die barocke Antithetik in der
heutigen Gesellschaft immer noch erkennbar ist. Diese wurde also von der Epoche
losgelöst und schülernah veranschaulicht. Hier wurden die drei Hauptlerntypen
angesprochen, da es sich um ein Theaterstück handelte, das visuell und akustisch
wahrnehmbar war (visueller und akustischer Lerntyp) und die schauspielernden
Schüler dazu brachte, ihren Körper und ihre Mimik einzusetzen und so den Lernstoff
zu
verarbeiten
und
auszudrücken
bzw.
mitzuteilen
(handelnder
Lerntyp).
Literaturgeschichte kann durchaus mit dem Alltag der Jugendlichen verbunden
werden. So hatte ich auch das Mittelalter mittels Bildern von Hexen und Zauberern,
die wir heute durch das Fernsehen kennen, eingeführt.
Die Epoche der Aufklärung führte ich durch einen gewagten, da sehr provokativen
Einstieg ein: Um den Schüler darzustellen, welche fatalen Folgen Aberglaube,
dogmatisches Denken und Vorurteile für die unaufgeklärte Zeit und damit die
Gesellschaft des 16-17. Jahrhunderts hatten, ließ ich einen Schüler zu Beginn einer
Unterrichtsstunde unmissverständlich wissen, dass ich Angst vor seinen bösen
Blicken hätte und spüren würde, dass er mir Unheil wünschte. Aus diesem Grund
schickte ich ihn vor die Tür. Ich begründete wiederholt, dass sein Blick auf Dämonen
schließen ließe und ich mich davon befreien müsste. Die Schüler starrten mich wie
erwartet überrascht an, vereinzelte mussten ein Lachen unterdrücken. Als der
Schüler sich erheben wollte, um das Klassenzimmer zu verlassen, klärte ich die
Situation auf, indem ich darlegte, dass das Ganze inszeniert gewesen war. Ich
82
forderte die Schüler dazu auf, ihre Gedanken und Gefühle mitzuteilen und die
Gründe dafür darzulegen, dass sie ihren Mitschüler nicht verteidigt hatten bzw. fragte
ich den betroffenen Schüler, warum er mir gehorchen wollte, als ich etwas so
Irrationales von ihm verlangte. Wie erwartet, erklärten die Schüler, sie hätten mich für
verrückt gehalten, aber aus Höflichkeit oder Angst vor Bestrafung nichts
unternommen. Daraus ergab sich ein Gespräch über nicht auf der Vernunft
begründetes Denken und die heutige Gesellschaft, die vom technischen Fortschritt
und dem rationalen Denken geprägt ist. Es wurde deutlich, wie gefährlich es sein
kann, wenn man anderen blind gehorcht, seinen eigenen Verstand nicht nutzt und
der Welt nicht kritisch gegenübersteht.141 Ein solcher Einstieg erreicht neben den drei
Hauptlerntypen besonders den intrapersonellen, da die Schüler ein sie irritierendes
Erlebnis persönlich erfuhren.
7.3 Sachtexte, literarische Texte und Lyrik
7.3.1 Unterrichtsvoraussetzungen
Der Deutschunterricht ist immer in irgendeinem Sinne mit Textarbeit verknüpft. Mit
den möglichen Einstiegen für Sachtexte, literarische Texte und Lyrik beschäftigte ich
mich somit seit Beginn meiner Tätigkeit als Deutschlehrerin im Schuljahr 2007.
Aufgrund der vielen durchgeführten Einstiege auf ganz verschiedenen Klassen und
gebunden an ganz unterschiedliche Texte ist es mir nicht möglich, hier auf das
gesamte Potential der Unterrichtseinstiege einzugehen und die einzelnen Klassen im
Hinblick auf ihre Motivation und ihre Kompetenzen zu beschreiben. Einige
ausgewählte, repräsentative Einstiege sollen verdeutlichen, dass die Textarbeit auf
allen Klassenstufen auf vielfältige Art und Weise eingeführt werden kann.
141
Anmerkung: Natürlich ist es für diesen Einstieg unabdingbar, dass die Schüler einen solchen
’Schock’ vertragen können, besonders der Schüler, der böser Blicke beschuldigt wird. Hier sollte man
als Lehrer seine Klasse unbedingt gut kennen und einschätzen können. Sonst kann ein solcher
Einstieg im Chaos und einem zerstörten Lehrer-Schüler- Verhältnis enden. Der betroffene Schüler
muss verstehen, dass man ihn keinesfalls vor der Klasse erniedrigen wollte, sondern nur das kritische
Denken aller Schüler anregen wollte. Dass man gerade ihn ausgewählt hat, sollte ihn nach Abschluss
des Einstiegs mit Stolz erfüllen und ihm nicht das Gefühl geben, man hätte etwas gegen ihn.
83
7.3.2 Beschreibung und methodische Analyse
Sachtexte werden häufig mit einem Unterrichtsgespräch, der Verbesserung einer
vorbereitenden Hausaufgabe oder der gemeinsamen Lektüre des jeweiligen Textes
eingeführt. Eine sinnvolle Alternative dazu ist es, das Vorwissen der Schüler zu
testen, indem sie vor der Lektüre des Textes Fragen über das betreffende Thema
beantworten. Darauf folgt die Analyse des Textes, sodass die Lernenden erkennen
können, inwiefern sie schon im Vorfeld über das Thema informiert waren. Auf der 6e
führte ich die im Lehrbuch142 vorhandene Sequenz zu den Medien durch. Die
Unterrichtsstunde, in der der Artikel über die Entwicklung der Computerspiele
besprochen wurde143, wurde mittels eines Testes eröffnet, der den Schülern den
Blick auf ihr Vorwissen ermöglichte. Dann konnten die Schüler in einem Unterrichtsgespräch ihr Wissen bzw. ihre Vermutungen zum Phänomen der Computerspiele
äußern. Sie mutmaßten z. B. darüber, seit wann es Computerspiele gibt, oder
erklärten, wie das Spiel „Pacman“ funktioniert. Erst dann wurde der Text gelesen und
besprochen. Die Informationen und Fakten wurden mit den Ergebnissen des
während des Einstiegs durchgeführten Tests verglichen. Hier werden vor allem der
handelnde Lerntyp aber auch der Ich-Lerntyp angeregt, da die Schüler ihr eigenes
Vorwissen aktivieren und schriftlich festhalten.
Die Unterrichtsstunde zum Text „Skorpion“ von Christa Reinig eröffnete ich mit einem
visuellen Impuls, nämlich dem Bild eines Skorpions. Die Schüler einer 4e schauten
sich dieses an und erklärten dann, mit welchen Charaktereigenschaften sie einen
Mensch verbinden, der als Skorpion bezeichnet wird. So mutmaßten sie über den
Protagonisten dieses Textes, der ein Opfer der Vorurteile seines Umfeldes ist und
von ihnen manipuliert wird.144
Die Kurzgeschichte „Happy End“ von Kurt Marti wurde mittels des Liedes „Is‘ nur
Kino“ von Glashaus eröffnet. In beiden Texten geht es um die für das Medium Film
typische Fiktion, die der Realität entgegengestellt wird. Lieder lassen sich oftmals mit
142
deutsch.punkt 3
Ebd. S. 148.
144
Ich bin mir bewusst, dass es sich hier um einen eher banalen Einstieg handelt, und möchte an
dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass diese Arbeit sich mit dem Einstieg allgemein befasst,
sodass die traditionellen Einstiege nicht ausgespart werden können und sollten.
143
84
einem Text verbinden145 und sprechen Schüler auf der akustischen Ebene
besonders an, da Jugendliche sich im Allgemeinen für Musik interessieren.
Bei der Besprechung eines Gedichts ist es oftmals sinnvoll, die Schüler anhand des
Titels auf den Inhalt schließen zu lassen, insbesondere dann, wenn dieser die
Erwartungen nicht erfüllt und die Lernenden überrascht. Hier wird der Schüler selber
aktiv, da er einen Titel selber mit einem möglichen Inhalt assoziieren soll (handelnder
Lerntyp). So lässt beispielsweise das Gedicht „An den Schlaf“ von Johann Wolfgang
Goethe die Lernenden glauben, es handle sich um eine Art Lobgesang an den
Schlaf. Bei der Analyse stellt sich dann jedoch heraus, dass es überraschenderweise
eigentlich ein Liebesgedicht ist: Das lyrische Ich bittet den Schlaf darum, sich der
strengen Mutter seiner Geliebten anzunehmen, damit das Paar seine Liebe auch auf
körperlicher Ebene ungestört ausleben kann.
Ebenso konfrontiert das Gedicht „Es ist alles eitel“ von Andreas Gryphius die Schüler
mit einer ihnen fremden Bedeutung des Begriffs „Eitelkeit“. Somit erwarten sie sich
bei einem Gedicht, das diesen Titel trägt, keine Kritik an der auf das Diesseits
ausgerichtete und das Jenseits ignorierende Gesellschaft und auch keine
Darstellung der Vergänglichkeit allen irdischen Seins. Sie schließen aufgrund ihrer
Vorstellung und ihres modernen Verständnisses des Begriffs eher auf ein Gedicht,
das sich mit dem menschlichen Bedürfnis nach einem perfekten Äußeren
beschäftigt.
7.4 Grammatikunterricht
7.4.1 Unterrichtsvoraussetzungen
Der
integrative
Ansatz
ermöglicht
eine
Vielfalt
an
Einstiegen
für
den
Grammatikunterricht. Auch hier beschränke ich mich auf einige Beispiele, die zeigen,
dass eine Unterrichtseinheit zur Grammatik nicht notwendigerweise mit der
Erarbeitung von Theorie oder einer Übung beginnen muss. Es handelte sich bei den
Klassen um 7eST, 8TE, VIe sowie Ve und dies ab dem Schuljahr 2007 bis zum
heutigen Zeitpunkt. Auf allen Klassen befanden sich starke, mittlere und immer auch
sehr schwache Schüler, denen die deutsche Sprache Probleme bereitete. Dass
145
So diente beispielsweise auch das Lied „Millionär“ von den Prinzen auf einer 8e als Einstieg in eine
Sequenz zum Thema Reichtum.
85
Schüler auf den Grammatikunterricht oftmals ablehnend reagieren, ist eine Tatsache,
mit der sich viele Lehrer konfrontiert sehen.
7.4.2 Beschreibung und methodische Analyse
Um das Adjektiv mit einer 8e zu erarbeiten, schrieb ich das neutrale Wort ‘Traum‘ an
die Tafel und ließ die Schüler dann darüber nachsinnen, womit sie dieses Wort
assoziieren. Dann ergänzte ich das Wort durch vier Adjektive, nämlich ‘schön‘,
‘friedlich‘, ‘gruselig‘ und ‘bedrohlich‘. Dann besprach ich mit den Schülern, inwiefern
Adjektive Bedeutungsträger sind und wie sie ein Nomen charakterisieren. Ich ließ die
Schüler erklären und vor allem begründen, welche Art von Traum sie bevorzugen
würden. Eine Variante hierzu ist es, das Wort ‘Traum‘ an die Tafel anzubringen und
die Klasse in zwei Gruppen einzuteilen. Die erste Gruppe sucht Adjektive, die das
Nomen positiv beschreiben und die zweite Gruppe solche, die es negativ darstellen.
Dann kann mit den Schülern die Wirkung und Eigenschaft des jeweiligen Adjektivs
bzw. der Adjektivgruppe besprochen werden. Es handelt sich hier um einen Einstieg,
der den handelnden Lerntyp besonders anregt, da die Schüler selber aktiv werden.
Um die Zeiten auf der 7eST einzuführen, las ich mit den Schülern das Märchen „Der
goldene Schlüssel“ von den Gebrüdern Grimm. In diesem Text befinden sich
Beispiele für alle Zeiten, die die Schüler herausarbeiten, analysieren und
kommentieren können. Demnach ist dieser Einstieg schülerorientiert gestaltet: Die
Lernenden werden selber aktiv und erarbeiten den Lerninhalt eigenständig
(handelnder
Lerntyp).
Außerdem
können
sie
aufgrund
des
märchenhaft-
fantastischen Inhalts der Geschichte festhalten, wie das Geschehen weitergeht,
wobei sie auf die Zeiten achten. So kann der Grammatikunterricht mit dem
Textverstehen verknüpft werden und erscheint Schülern nicht mehr so von Literatur
losgelöst.
Um auf der 8e auf die Problematik der Wortwiederholungen einzugehen, erzählte ich
den Schülern nach den Weihnachtsferien, wie ich dieselben verbracht hatte und
wiederholte
dabei
absichtlich
verschiedene
Wörter
mehrmals
in
aufeinanderfolgenden Sätzen. Die akustischen Lerntypen werden von einem solchen
Einstieg besonders für die Problematik sensibilisiert. Die Lernenden wurden so
provoziert und auch, wie geplant, darauf aufmerksam, dass man beim Gebrauch
86
einer Sprache auf Wortwiederholungen verzichten und somit auf einen reichen
Wortschatz zurückgreifen können sollte.
7.5 Schülerfeedback
Im Folgenden wird die Wirkung traditioneller bzw. unerwarteter Einstiege auf die
Motivation der Schüler anhand einiger der oben dargelegten Beispiele dargestellt.
Seit dem ersten Trimester teilte ich meinen Klassen der Unterstufe (7ST, 6CM)
regelmäßig einen Feedbackbogen146 aus, in dem sie sich zum Einstieg der jeweiligen
Unterrichtsstunde äußerten. Der Einstieg als solcher steht hier weniger im Zentrum,
es geht an dieser Stelle vor allem darum, einen Einblick darin zu gewinnen, ob auch
eher banale Unterrichtseinstiege Schüler motivieren können oder ob sie darauf
gleichgültig und eher gelangweilt reagieren. Es stellt sich außerdem die Frage,
inwiefern wirklich der Einstieg für die Motivation verantwortlich ist, denn es gibt eine
Reihe außerschulischer Faktoren, die bei der Analyse der Lernermotivation nicht
vernachlässigt werden dürfen, wie ich im Fazit dieser Arbeit genauer erläutern
werde.
Was den Begriff ‘Motivation‘ betrifft, sind die Schüler sich einig: Sie setzen ihn mit
Lust auf das den Unterricht bzw. auf das Lernen gleich.147 Dies zeigt schon, dass die
Schüler ihre Motivation hauptsächlich mit dem Gefühlszustand des Offenseins für
etwas, der Freude daran und damit der „Lust darauf“ verbinden. Dies ist ein inneres
Gefühl, das für Lehrer schwer zu durchschauen und zu messen ist. Es handelt sich
hier demnach um einen intrinsisch geprägten Motivationsbegriff.
Ich bin mir dessen bewusst, dass der von mir konzipierte Fragebogen sich lediglich
auf die Motivation und nicht auf den Lernprozess bezieht. Das liegt daran, dass ich,
wie schon erwähnt, der Meinung bin, dass Schüler der Unterstufe zwar durchaus in
der Lage sind, die Lerntypen zu verstehen und sich einem oder mehreren von ihnen
zuzuordnen, aber dass es sie überfordert, den Einstieg aus einer pädagogischdidaktischen Perspektive zu betrachten und zu bewerten. Außerdem wollte ich eine
künstliche Distanz zwischen dem Unterricht und dem Lernenden vermeiden und die
Schüler ihre Motivation einfach intuitiv bewerten lassen.
146
147
In Anhang 11-15 befinden sich Beispiele (ab S.145)
Siehe Anhang 10. S.144
87
Der Einstieg „Jacke“148
Im Deutschbuch der 6e befindet sich eine Unterrichtssequenz zum Thema
Identität149. Zur Einführung in dieses Thema bat ich einen Schüler vor die Klasse zu
treten und die Jacke seines Banknachbarn anzuziehen. Dann fragte ich ihn, ob
dieses fremde Kleidungsstück ihn in seiner Identität verunsichern oder ihn gar zu
seinem Banknachbarn machen würde. Wie erwartet, verneinte der Schüler und es
begann eine Diskussion über die Identität und Individualität des Einzelnen. In einem
nächsten Schritt wurde der erste Text zum Thema erarbeitet: Louises Tagebuch oder
Die Geschichte vom „Ei“.150
Wie nun ein solcher Einstieg auf Schüler wirkt, veranschaulicht das folgende
Diagramm. Der blau gefärbte Teil des Diagramms bezieht sich auf die Schüler, die
schon vor meinem Eintritt ins Klassenzimmer motiviert waren. Die grüne Farbe
bezeichnet die Schüler, die vorübergehend, d.h. nur während des Einstiegs, motiviert
waren. Die Anzahl der Schüler, die durch den Einstieg für die restliche
Unterrichtsstunde motiviert wurden, wird durch die rote Farbe wiedergegeben.151
Es zeigt sich, dass kein Schüler sich in dieser Unterrichtsstunde als unmotiviert
bezeichnet hat. Die Mehrheit der Lernenden war nach einigen Minuten motiviert, ein
148
Siehe Anhang 11 S. 145
deutsch.punkt 3: Spiegelwelten – Kreatives Schreiben. S. 57-68.
150
Ebd. S. 60ff.
151
Der lila gefärbte Teil in den anderen analogen Diagrammen steht für die überhaupt nicht
motivierten Schüler.
149
88
fast ebenso bedeutender Teil der Klasse hat seine Motivation jedoch im Laufe des
Unterrichts, also nach der Einstiegsphase, verloren. Einige waren schon vor meinem
Erscheinen im Klassenzimmer motiviert.
Obwohl die Bewertung der Motivation und der ersten Unterrichtsminuten den Fokus
meiner Untersuchung darstellen, habe ich den Feedbackbogen so konzipiert, dass er
einen allgemeinen Überblick über das Befinden der Lernenden ermöglicht. So lässt
sich dem folgenden Diagramm entnehmen, dass die Ausgangssituation in der
Unterrichtsstunde, die das Thema Identität einführte, eine recht positive war: Die
meisten Lernenden fühlten sich körperlich wohl und waren guter Laune. Einigen war
an dem Tag sogar etwas Schönes widerfahren und auch der Unterricht in den
anderen Fächern war für manche Schüler angenehm. Nur wenige Schüler hatten
etwas Negatives erlebt oder waren schlecht gelaunt. Auch die Unterichtsstunden in
den anderen Fächern wurden nur von ein paar Lernenden als negativ empfunden.
Dass 19 der 25152 Schüler den Unterrichtseinstieg als interessant bewerteten, lässt
darauf schließen, dass es eine Verbindung zwischen dem Unterrichtseinstieg und
der Motivation gibt. Allerdings scheint hier das Thema ausschlaggebender zu sein
als das Experiment mit der Jacke: Lediglich vier Schüler gaben dieses als
152
Anmerkung: Im Laufe des Trimesters hat eine Schülerin die Klasse gewechselt, sodass nur noch
25 Schüler befragt wurden.
89
Begründung für den interessanten Unterrichtseinstieg an. Die restlichen beriefen sich
auf das Thema und die Diskussion, um ihre Meinung zu begründen. Es hat den
Schülern vor allem gefallen, dass sie nicht gleich schon zu Beginn der Stunde viel
aufschreiben mussten. Ein solcher Einstieg spricht vor allem den visuellen Lerntypen
an, da das Publikum den Schüler mit der geliehenen Jacke wahrnimmt und dann den
Sinn davon und die damit verknüpften Identitätsfragen durchdenkt. So werden auch
die intrapersonellen Lerntypen berücksichtigt, da Schüler, die sehr reflektiert sind,
sich die entsprechenden Gedanken zum Thema machen können. Wenn sie diese
dann mitteilen, wird auch der sprachlich-verbale Lerntyp von diesem Einstieg
berücksichtigt. Der Schüler, der die Jacke trägt, kann auf körperlich-bewegungsbezogener Ebene lernen: Er erlebt leibhaftig, wie es sich fühlt, eine fremde Jacke zu
tragen und dadurch über seine Identität nachzusinnen.
Der Einstieg „Rätsel“153
Dieser Einstieg in der 7ST bestand aus der Verbesserung eines Bilderrätsels zur
Groß-und Kleinschreibung154, die schon in den vorherigen Unterrichtsstunden
thematisiert worden war. Jeweils ein Schüler übernahm ein Bild und ich schrieb das
jeweilige Lösungswort an die Tafel. Ein solcher Einstieg berücksichtigt vor allem
handelnde Lerntypen, da die Schüler das Rätsel selber lösen und eventuell auch
noch an der Tafel festhalten. Ebenso werden aber durch ein Bilderrätsel die visuellen
Lerntypen, aber auch die logisch-mathematischen Lerntypen angeregt. Wie das
folgende Diagramm darlegt, war die Mehrheit der Schüler an diesem Tag schon
motiviert, bevor ich ins Klassenzimmer eintrat. Einige verspürten erst nach einigen
Minuten Motivation, während allerdings fast genauso viele nur vorübergehend
motiviert waren, d.h. nach dem Unterrichtseinstieg waren sie es nicht mehr. Einige
wenige waren während der ganzen Unterrichtsstunde unmotiviert.
153
154
Siehe Anhang 12 S. 147.
deutsch.punkt 2. Arbeitsheft S. 63
90
Die Ausgangssituation war hier eine sehr positive, nur ein paar Schüler waren
schlecht gelaunt, hatten etwas Negatives erlebt oder bewerteten die anderen Fächer
als unangenehm. Wenn man sich die Schülerkommentare bezüglich der ersten
Unterrichtsminuten anschaut, erkennt man, dass nur vier von 24 Schülern den
Unterrichtseinstieg als uninteressant bezeichneten. Nur zwei von ihnen gaben eine
Begründung an, nämlich, dass das Rätsel zu einfach bzw. die deutsche Sprache
„nervig“ sei. Dass auch hier wieder andere Faktoren als nur der Unterrichtseinstieg
eine Rolle für die Sichtweise der Schüler spielen, beweist die Tatsache, dass
immerhin vier Schüler angaben, der Unterricht habe positiv begonnen, weil die
Lehrerin „gut gelaunt war“ bzw. „mit einem Lächeln hereinkam“. Die anderen
begründeten den interessanten Unterrichtsbeginn allerdings mit dem Rätsel oder
auch damit, dass sie das Gefühl hatten, viel hinzugelernt zu haben.
91
Der Einstieg „Gegenseitiges Verbessern“155
Diesen Einstieg ließ ich von zwei verschiedenen Lerngruppen bewerten, der 7ST und
der 6e. In beiden Klassen hatte der Unterricht damit begonnen, dass ich den
Schülern die Lösung der Hausaufgabe austeilte und dass sie dann die Arbeit ihres
Nachbarns mit rotem Stift in der Hand verbesserten. Bei der 7e handelte es sich um
adverbiale Bestimmungen, bei der 6e um das Konjugieren von Verben. Wie schon
dargelegt, berücksichtigt dieser Einstieg die drei Hauptlerntlerntypen sowie
spezifische Lerntypen (intrapersoneller Lerntyp, interpersoneller Lerntyp, sprachlichverbaler Lerntyp).156
Wie das folgende Diagramm darlegt, hat der Einstieg knapp ein Drittel der Schüler
dauerhaft motiviert, wobei jedoch beachtet werden muss, dass sich genauso viele
Schüler schon vor meinem Erscheinen in einem Zustand der Motivation befanden.
Die restlichen Schüler waren zu gleichen Teilen entweder nur bis nach der
Einstiegsphase motiviert oder die waren durchgehend unmotiviert.
155
156
Siehe Anhang 13 S. 149.
Vgl. S. 65 dieser Arbeit.
92
Auch in dieser Unterrichtsstunde überwogen die positiven Gefühlszustände und
Situationen. Nur wenige Schüler fühlten sich unwohl, schlecht gelaunt oder hatten
etwas Negatives im Unterrricht oder außerhalb desselben erlebt. Lediglich drei
Schüler gaben an, der Unterricht habe nicht interessant begonnen, was ein Schüler
damit begründete, dass ich am Anfang der Stunde etwas lauter werden musste, um
die Lerngruppe zu disziplinieren. Ein anderer Schüler gab an, die Aufgabe sei ihm zu
einfach gewesen. Der dritte Schüler begründete seine Meinung nicht. Die Schüler,
die den Unterrichtseinstieg als interessant bewertet hatten, gaben als Begründung
an, dass das Thema sie interessiert habe, dass ich gut gelaunt ,gelassen und „witzig“
gewesen wäre, dass das Thema interessant gewesen sei oder dass der Beginn der
Stunde „witzig“ bzw. „cool“ gewesen sei. Konkret auf den Einstieg bezogen, haben
sich lediglich drei Schüler. Sie legten explizit dar, dass das gegenseitige Verbessern
ihnen Freude bereitet hatte.
93
Bei der 6e ist die Motivation durch das gegenseitige Verbessern kaum auf den
Einstieg zurückzuführen. Rund ein Drittel der Schüler war schon motiviert, bevor ich
ins Klassenzimmer trat, und fast die Hälfte der Lernenden hat ihre Motivation nach
dem Einstieg wieder verloren. Nur eine im Vergleich eher kleine Anzahl von Schülern
fühlte sich nach dem gegenseitigen Verbessern für den Rest der Unterrichtsstunde
motiviert.
Dieser
Motivationsmangel
bzw.
–verlust
kann
kaum
mit
der
Ausgangssituation in Zusammenhang gebracht werden, denn, wie das zweite
Diagramm darlegt, dominierten an diesem Schultag positive Empfindungen und
Erlebnisse.
94
Trotz der in dieser Unterrichtsstunde eher unmotivierten Lerngruppe wurde der
Einstieg lediglich von sieben Personen als uninteressant bezeichnet. Jeder von ihnen
gab als Begründung an, dass er sich nur sehr ungern mit Verben bzw. Grammatik
beschäftigen
würde.
Die
restlichen
17
Schüler
bewerteten
die
ersten
Unterrichtsmomente positiv, was aber nur acht mit dem gegenseitigen Verbessern
begründeten. Die anderen gaben an, dass sie letztes Jahr keine Verben gemacht
hätten, dass die Unterrichtsstunde keine grammatischen Regeln beinhaltet habe,
dass der Unterricht „interessant“ bzw. „anders“ gewesen sei, dass Grammatik
interessanter sei als die Textinterpretation und dass die Schüler nicht viel hätten
aufschreiben müssen. Außerdem erklärte ein Lernender, der Unterricht habe für ihn
„interessant“ begonnen, da er vor meinem Erscheinen die Hausaufgaben noch
schnell machen musste. Dies zeigt, dass Schüler den eigentlichen Unterrichtsbeginn
oftmals anders definieren als Lehrer, sie lösen ihn von der Erarbeitung des Lernstoffs
und weiten ihn möglicherweise sogar auf die Minuten vor dem Erscheinen des
Lehrers aus.
Der Einstieg „Bildbeschreibung“157
Die Unterrichtsstunde über Bildbeschreibungen wies von vornherein keine
Phaseneinteilung im Sinn der traditionellen Unterrichtsplanung auf: Da die Schüler in
der vorherigen Unterrichtsstunde die wichtigsten Aspekte der Bildbeschreibung
157
Siehe Anhang 14 S. 153.
95
erarbeitet und auch schon an Beispielen angewandt hatten, hatte ich ihnen im
Rahmen der Sequenz über Medien als Hausaufgabe den Auftrag gegeben, irgendein
Bild, das mit der Thematik der Technik verknüpft ist, zu beschreiben und vor der
Klasse vorzustellen. Dies wäre also mein Einstieg gewesen, mit dem eine ganze
Reihe von Lerntypen angesprochen werden: der handelnde, visuelle und akustische
Lerntyp sowie der visuell-räumliche und der sprachlich-verbale Lerntyp. Für den Rest
der Unterrichtsstunde hatte ich einen kurzen Sachtext vorgesehen, der sich ebenfalls
mit Technik beschäftigte. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Schüler geradezu
übermotiviert waren und es kaum einen Schüler gab, der sein Bild nicht vorstellen
bzw. die Präsentation eines anderen nicht kommentieren wollte, wobei manchmal
schon regelrecht philosophische Gedanken über die menschliche Natur und
Gesellschaft zum Ausdruck gebracht wurden. Aus diesem Grund nutzte ich die
Gelegenheit, um möglichst viele Schüler ohne Zeitdruck zu Wort kommen zu lassen,
sei es vor der Klasse als Vortragender oder im Rahmen der anschließenden
Diskussion in der Gruppe. Außerdem konnte ich mit dieser Unterrichtsstunde testen,
wie die Schüler reagieren, wenn es keine Einstiegsphase und eigentlich auch keinen
Methodenwechsel gibt. Auch meine Person spielte in dieser Unterrichsstunde
angesichts der übereifrigen Schüler eher eine Randrolle.
Wie dem Diagramm zu entnehmen ist, war fast die Hälfte der Schüler schon vor dem
Beginn der Deutschstunde motiviert. Es stellt sich demnach die Frage, ob die
Motivation von der Hausaufgabe abhängig ist. Ebenfalls eine bedeutende Anzahl von
Schülern war nach einigen Minuten für den Rest der Unterrichtsstunde motiviert. Nur
wenige Schüler waren vorübergehend bzw. überhaupt nicht motiviert.
96
Die Lerngruppe befand sich an diesem Tag in einer sehr günstigen Ausgangssituation, wie das Diagramm zu veranschaulichen vermag:
Interessant ist hier, dass 13 der 24 Schüler das Thema als Begründung für ihre
positive Bewertung angaben. Die restlichen bezogen sich auf die Schülervorträge,
wobei ein Schüler sich darüber freute, dass er die Tafel hatte saubermachen dürfen.
Lediglich drei Schüler bewerteten den Unterricht negativ: Einer begründete dies
damit, dass er vom Klassenlehrer in die letzte Reihe versetzt worden war, eine
Entscheidung, der ich mich anschloss, und zwei vermissten die Ruhe, die allgemein
während des Unterrichts herrscht, denn es ergab sich als natürliche Konsequenz,
97
dass die Schüler im Rahmen der Diskussionen undisziplinierter waren als in
Unterrichtsstunden, die sich nach festgelegten Phasen und Methoden richten.
Der Einstieg „Test Vorwissen“158
Dieser Einstieg wurde im Rahmen der Besprechung eines Sachtextes über die
Entwicklung von Computerspielen durchgeführt.159 In dieser Unterrichtsstunde war
über die Hälfte der Schüler schon motiviert, bevor der Deutschunterricht einsetzte.
Alle anderen Lernenden fühlten sich durch den Einstieg motiviert. Gerade einmal ein
einziger Schüler bezeichnete sich als vorübergehend motiviert, d.h. im Laufe der
Erarbeitungsphasen verlor er seine Motivation wieder. Kein Schüler sah sich in
dieser Unterrichtsstunde als vollkommen unmotiviert an. Es handelt sich demnach
um eine scheinbar fast perfekte Situation.
Die Ausgangssituation für diese Unterrichtsstunde war eine sehr positive, nur sehr
wenige Schüler hatten etwas Negatives zu verzeichnen, sei es im Bereich des Wohlbefindens, der Gefühle, der schulischen oder außerschulischen Erlebnisse.
158
Siehe Anhang 15 S. 156.
deutsch.punkt 3. S. 148.
Anmerkung: Dieser Einstieg wird in dieser Arbeit auf S. 84 ausführlich beschrieben.
159
98
Alle Schüler bewerteten den Unterrichtsbeginn als positiv, was drei Schüler auf ihre
bzw. meine gute Laune zurückführten. Vier Schüler begründeten ihre positive
Sichtweise mit dem Test des Vorwissens. Vierzehn Lernende interessierte das
Thema, was dazu führte, dass der Unterricht ihnen gefiel. Die Motivation der
Lernenden insbesondere vor dem Erscheinen des Lehrers scheint im Allgemeinen
stark vom Thema abhängig zu sein, worauf ich in Kapitel 7.6 zurückkomme. Ein
Schüler gab an, es sei „nichts Schlimmes“ passiert, eine vage Aussage, die jedoch
zeigt, dass Schüler oftmals andere Gedanken im Kopf haben und andere
Bewertungskriterien anwenden, als man das als Lehrer vielleicht erwartet. Zwei
Schüler waren an diesem Schultag abwesend.
Der Einstieg allgemein
Im Schuljahr 2009/2010 hatte ich mich mit einer 8TE intensiv mit möglichen
Unterrichtseinstiegen beschäftigt und die Lernenden am Ende des dritten Trimesters
dazu befragt.160 Auf dem Fragebogen sollten die Schüler das Bild einer Leiter
ergänzen, um ihre Sichtweise des Einstiegs darzulegen. Ihre Darstellungen
verdeutlichen, dass es ihnen trotz wiederholter Erklärungen nur schwer möglich ist,
den eigentlichen Einstieg zu definieren. Immerhin haben aber einige Schüler die
Einstiegsphase als erste Beschäftigung mit dem Thema ausgelegt. Die Frage, ob der
Unterrichtseinstieg ihrer Meinung nach wichtig sei, bejahten immerhin 16 von 23
160
Siehe Anhang 16 S. 159.
99
anwesenden Schülern. Sie begründeten ihre Antwort alle damit, dass der Unterricht
langsam beginnen und ihnen das Thema vorstellen sollte. Der Motivationsfaktor
wurde hier vollkommen ausgespart. Auf die Frage, ob die ersten Unterrichtsminuten
darüber entscheiden, ob sie sich für den Lernstoff interessieren, gaben 13 Schüler
an, diese sei der Fall, wobei sie fast alle als Begründung angaben, dass das Thema
sich auf ihr Interesse auswirke. Sieben Schüler bringen ihr Interesse nicht mit dem
Unterrichsteinstieg in Zusammenhang, weil die Erarbeitungsphasen ihnen wichtiger
sind, und drei Schüler legten dar, dass alleine das Thema bzw. das Fach über ihr
Interesse entscheide.
Die Frage, wie die Unterrichtseinstiege im Deutschunterricht ausgesehen haben,
konnte kein Schüler wirklich beantworten. Diejenigen, die ihre Antwort begründeten,
gaben an, dass sie sich keine Gedanken darüber machen. Trotzdem denken 14 der
23 Schüler, dass der Unterrichtseinstieg in den Hauptfächern besonders wichtig ist.
Da ich die Klassenlehrerin war, kannte ich die Stärken und Schwächen der Schüler
auch in den anderen Fächern und es wird deutlich, dass sie gerade die Fächer
Mathematik und Französisch, in denen viele von ihnen Schwierigkeiten hatten, als
Fächer ansehen, die eines Einstiegs bedürfen.
Interessant ist, dass sich auch auf dieser Klasse herauskristallisiert, dass der
Unterrichtseinstieg in den Augen der Lernenden weit weniger von Bedeutung ist, als
man als Lehrer vielleicht annimmt: Im Rahmen der Frage, wie ihnen der
Deutschunterricht gefallen habe, legten 21 Schüler ihre Zufriedenheit dar, die
allerdings keiner von ihnen mit den Unterrichtseinstiegen begründete. Alle Schüler
verwiesen auf die Themen – besonders die Ganzschriften – oder auch auf das
Klassenklima oder meine Laune. Da ich die Klasse auch schon auf 7e unterichtete,
kommentierten gar einige Schüler meine Gemütslage und gaben an, ich wäre
entspannter gewesen als im vergangenen Jahr, was wohl nach dem Abschluss des
Referendariats
auch
der
Fall
war.
Lediglich
zwei
Schülern
gefiel
der
Deutschunterricht nicht, was sie mit mit dem Fach und den langweiligen Themen
begründeten.
100
Das folgende Diagramm161, das die Meinungen einer 6e bezüglich der für ihre
Motivation zuständigen Faktoren darstellt, veranschaulicht die These, dass Schüler
den Unterrichtseinstieg kaum mit ihrer Motivation verbinden:
Ein Drittel der Schüler sieht spannende erste Unterrichtsminuten als motivierendes
Unterrichtselement, bewertet aber darüber hinaus auch noch andere Faktoren, wie z.
B. die Laune, als wichtig. Vier Schüler finden es wichtig und förderlich für ihre
Motivation, dass der Unterrichtseinstieg ihnen das Thema vereinfacht. Fünf Lernende
sind motiviert, wenn der Einstieg sie zum Nachdenken anregt. Es zeigt sich deutlich,
dass vor allem Faktoren wie die Laune und das körperliche bzw. seelische
Wohlbefinden des Schülers sowie die lobenden oder tadelnden Worte des Lehrers
einen viel stärkerein Einfluss auf die Motivation haben. Diese wurden, und dies ist
eine interessante Erkenntnis für die Motivationsfrage, von fast allen Schülern als
wichtig anerkannt.
161
Siehe Anhang 17 S. 165.
101
7.6. Auswertung und Reflexion
Festzuhalten bleibt – und diese Erkenntnis wird im diese Arbeit abschließenden Fazit
ausführlicher dargestellt –, dass es der Lehrperson schwer möglich ist, das
Phänomen der Motivation in ihrem Klassenzimmer zu durchschauen. So hat es mich
bei der Auswertung der Fragebögen überrascht, wie viele Schüler in verschiedenen
Unterrichtsstunden schon vor meinem Erscheinen motiviert waren, sodass der
Unterrichtseinstieg ihnen zwar laut ihrer eigenen Aussagen gefallen hat, aber nicht
unbedingt ausschlaggebend für ihre Motivation war. Dieses Phänomen ist schwer zu
durchschauen und zu begründen, da eine ganze Reihe Faktoren für die Motivation
des Schülers schon vor dem eigentlichen Unterricht verantwortlich sein können. Die
drei Hauptfaktoren sind m. E. die Laune des Schülers, die Lehrerpersönlichkeit bzw.
die Lehrer-Schüler-Beziehung und das Thema. Darauf weisen die Ergebnisse
meines Projekts jedenfalls hin. Wirklich dauerhaft motiviert, also für die restliche
Unterrichtsstunde und vor allem auch durch den Einstieg, war im Durchschnitt
höchstens ein Drittel der Schüler in den verschiedenen Klassen. Alle anderen
Lernenden waren entweder schon vor meinem Eintritt ins Klassenzimmer motiviert
oder aber sie wurden durch den Unterrichtseinstieg nur vorübergehend motiviert,
sogar dann, wenn sie
sich in ihren Begründungen sehr positiv über denselben
äußerten. Dass das Thema letzen Endes eine nicht zu unterschätzende Auswirkung
auf die Motivation hat, zeigen schon alleine die beiden Unterrichtsstunden zum
Thema Medien bzw. Computer. Die Schüler waren schon vor Beginn dieser
Unterrichtseinheiten überwiegend motiviert, was wohl daran lag, dass sie vom
Thema mehr als begeistert waren. Sie waren regelrecht enttäuscht, als die Sequenz
zu Ende war, und zeigten sich gar in der Prüfung sehr motiviert: Diese bestand aus
der Analyse eines unbekanntes Textes zum Thema Handysucht und der
Beschreibung eines Bildes, das ein Baby mit einem Laptop zeigt. Auch wird deutlich,
dass eine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber der deutschen Sprache und
insbesondere der Grammatik nur schwer ins Gegenteil gekehrt werden kann. Positiv
ist jedoch, dass es kaum Unterrichtsstunden gab, in denen Schüler überhaupt nicht
motiviert waren.
Wie erwartet, ist es schwierig, einen klaren und zuverlässigen, also nicht hauptsächlich auf Spekulationen beruhenden Zusammenhang zwischen der Motivation
102
und Faktoren, wie z.B. der Laune, dem körperlichen Zustand, den privaten
Erlebnissen oder den anderen Schulfächern, zu erkennen. Trotzdem wollte ich mir in
den verschiedenen Unterrichtsstunden ein Gesamtbild über die Gemütslage der
Lernenden verschaffen, da sich zeigt, dass die Schüler ihre Motivation viel stärker
auf ebendiesen Faktoren begründen als auf Unterrichtskonzepten allgemein bzw.
Einstiegsphasen. Darauf werde ich im nun folgenden Fazit zurückkommen.
103
104
8. Fazit
8.1 Bedeutung des Unterrichtseinstiegs für den Lerner
Aus der Perspektive der Lehrperson, die Unterricht plant und durchführt, um ihren
Schülern den Lernstoff zu vermitteln, kann der Unterrichtseinstieg durchaus als
sinnvoll und geradezu notwendig angesehen werden: Er eröffnet den Unterricht,
macht die Schüler auf verständliche und so den Lernprozess vereinfachende Art und
Weise mit dem Thema vertraut und kann sie im Idealfall für die restliche
Unterrichtsstunde
motivieren.
Er
kann
so
gestaltet
werden,
dass
er
die
verschiedenen Lerntypen anspricht, wobei es nicht immer möglich ist, diese
Unterrichtsphase mit allen Lerntypen gleich stark zu verbinden. Ein Einstieg, der
visuelle und vor allem handelnde Lerntypen anspricht, scheint dem Lernprozess
besonders förderlich zu sein, und das auch, wenn er eher traditionell und wenig
überraschend ist: Das, was Schüler visuell wahrnehmen, prägt sich ihnen leicht ein,
aber das, was sie selber erarbeiten, noch viel leichter. So kann man sich als Lehrer
also getrost an das „learning by doing“-Prinzip halten. Neben einem Unterricht, der
es Schülern erlaubt, selber aktiv zu werden, ist auch der Ausdruck ihrer Subjektivität
den Lernenden wichtig. Sie zeigen sich im Allgemeinen im Unterricht dann motiviert,
wenn sie etwas von sich selber Geschaffenes vortragen und besprechen können,
wie z.B. einen Aufsatz oder ihre eigene Meinung zu einem bestimmten Thema. So
sind auch Gesprächsrunden ein willkommener Einstieg. Demnach sollte auch der
akustische Lerntyp im Unterricht allgemein und während der Einstiegsphasen nicht
vernachlässigt werden. Jede Art von Einstieg beinhaltet meistens mindestens zwei
der drei großen Lerntypen, sodass der Einstieg immer sinnvoll zum Lernprozess
beiträgt, solange er zum Thema passt und dieses so einführt, dass es in den auf ihn
folgenden Unterrichtsphasen verarbeitet und gesichert werden kann. Man sollte als
Lehrer auch darauf achten, dass die Einstiege eine Verbindung mit den Lerntypen
nicht auf eine rein künstliche Art und Weise erzwingen. Viel wichtiger ist es hier, die
Schüler über die Lerntypen und ihre eigenen Stärken und Schwächen beim Lernen
zu informieren, sodass sie den Lernstoff auf die für sie passende Art und Weise
verarbeiten können. So lernen sie etwas hinzu, was ihnen auch nach ihrem
Schülerdasein nützlich ist.
105
Man darf jedoch nicht vergessen, dass der Einstieg nur einer vieler Momente ist, die
zum Lernprozess gehören. Somit soll hier deutlich werden, dass ein Schüler nicht
lernen kann, wenn er dem Lernstoff nur während des Unterrichteinstiegs
Konzentration schenkt. Wichtiger ist, dass er auch in der Lage ist, in der
Erarbeitungs- und Ergebnissicherungsphase motiviert und konzentriert zu arbeiten.
Auch die Nachbereitung zu Hause darf nicht unterschätzt werden, besonders, wenn
man bedenkt, dass der Schüler den Lernstoff gerade hier seinen persönlichen
Stärken und somit also seinem Lerntyp entsprechend umgestalten und verarbeiten
kann. Außerdem soll im Unterricht nicht nur so gearbeitet werden, dass die starken
Sinneskanäle des Schülers angesprochen werden, denn er soll auch diejenigen, die
weniger ausgeprägt sind, anregen, um ganzheitlich, d.h. mit allen Sinnen, erleben
und damit auch lernen zu können. Dass der Lernende über das nötige
Hintergrundwissen bezüglich der verschiedenen Lerntypen verfügen muss, um den
Lernprozess über alle Sinneskanäle zu fördern, dessen sollte sich der Lehrer
bewusst sein. Er kann methodische Anregungen und Hilfsmittel in seinen Unterricht
integrieren.162 Die motivierte Grundhaltung des Schülers wird allerdings auch hier
zum notwendigen Element, damit der Lernprozess funktionieren kann. So verlangt
man als Lehrer etwas zu viel, wenn man die Aufgabe des Motivierens alleine dem
Einstieg zuschreibt. Ein von sich aus unmotivierter Schüler wird auch durch einen
interessanten und spannenden Unterrichtseinstieg höchstens für den Moment und
damit zeitlich stark begrenzt motiviert. Ebenso darf man nicht vergessen, dass
Motivation alleine nicht ausreicht, um den Lernprozess zu ermöglichen: Auch die
individuelle kognitive Beschaffenheit des Gehirns und der Schwierigkeitsgrad des
Lernstoffes beeinflussen das Lernen, sodass ein motivierender Unterrichtseinstieg
nicht unbedingt einen funktionierenden Lernprozess zur Folge hat. Wäre dem nicht
so, könnte theoretisch auch ein kleines Kind, das sich durch einen Einstieg
motivieren lässt, schon sehr komplexen Lernstoff aufnehmen und verstehen.
So scheint die Einstiegsphase für Schüler letzten Endes lediglich eine Randrolle zu
übernehmen, existiert doch eine Reihe anderer Faktoren, die Schüler in ihrer
Motivation beeinflussen. Es handelt sich hierbei um das körperliche und seelische
162
So habe ich z. B. auf einer 8e, die ich in Geographie unterrichte, bemerkt, dass viele eigentlich
unkonzentrierte Schüler viel bewusster vorgingen, als ich es ihnen erlaubte, während einer
Unterrichtsstunde Musik zu hören, während sie an ihrem Dossier arbeiteten.
106
Wohlbefinden des Lernenden sowie um Ereignisse aus dem Privatleben oder den
anderen Unterrichtsstunden. Auch die Lehrerpersönlichkeit sowie der emotionale
Zustand des Lehrers wirken sich auf die Motivation der Schüler aus. In diesem Sinne
interessieren sich Schüler auch kaum für Unterrichtseinstiege und nehmen sie wohl
nur auf einer unbewussten Ebene wahr. Sie beachten sie nur, wenn man sie darum
bittet, und auch dann interessieren sie sich lediglich während der jeweiligen
Unterrichtsminuten dafür. Wenn sie ein Fazit aus ihren Beobachtungen ziehen
sollen, schenken sie den Einstiegen kaum ihre Aufmerksamkeit, da sie diese einfach
nicht als wirklich wichtig anerkennen. So komme ich durch mein Projekt zu dem
Ergebnis, dass es keinen deutlich nachweisbaren Einfluss des Unterrichtseinstiegs
auf die Motivation und den Lernprozess des Lernenden gibt.163
8.2 Funktion des Einstiegs für die verschiedenen Klassenstufen und
Unterrichtsbereiche
Schüler der Oberstufe wissen weniger traditionelle Einstiege durchaus zu schätzen,
sehen aber trotzdem oft keinen Sinn darin, was die Vereinfachung des Lernstoffs
betrifft.
Jüngere
Schüler
hingegen
finden
Gefallen
an
unerwarteten
Unterrichtseinstiegen, sind jedoch, wie erwartet, nicht in der Lage, diese
pädagogisch zu begründen und nachzuvollziehen. Sogar älteren Schülern fällt dies
oft noch schwer. Es hat sich nicht wirklich herauskristallisiert, dass auf der Oberbzw. der Unterstufe verschiedene Arten von Einstiegen beliebter und sinnvoller sind.
Dass ein nicht traditioneller, überraschender Einstieg einem Lernenden meist gefällt,
sieht man daran, dass man auch in der Erwachsenenbildung oftmals darauf
zurückgreift. Ob der Einstieg aber immer auch dauerhafte Motivation und ein einfaches Lernen zur Folge hat, ist angesichts der hier dargelegten Forschungsergebnisse fraglich.
8.3 Lehrerzentrierter Einstieg versus schülerzentrierter Einstieg
Der lehrerzentrierte Einstieg, verstanden als ins Thema einführender Lehrervortrag,
sollte fester Bestandteil des Schulalltags sein. Man kann ihn sowohl traditionell, und
163
Anmerkung: Ich bin mir bewusst, dass dieses Ergebnis an die Befragung meiner Klassen
gebunden ist und dass das Projekt auf ganze Schulen ausgeweitet werden müsste, um zu einer
allgemeingültigen Erkenntnis zu führen.
107
damit eher rein informativ, als auch überraschend, provokativ und das Thema
verfremdend gestalten. Allerdings gilt es hier auf das richtige Maß zu achten, denn
die Lernenden sollten nicht durch eine bestimmte Art und Weise des Einstiegs
abgestumpft werden. Ihre Motivation und Konzentration können nur dann angeregt
werden, wenn sie dem Unterricht mit Interesse begegnen und auch selber aktiv sein
müssen. Schülerzentrierte Einstiege sind in diesem Sinne wichtig, aber auch hier
sollte man auf Abwechslung achten und die Unterrichtseinstiege bzw. den Grad der
Eigenständigkeit des Lernenden der Schwierigkeitsebene des Lernstoffs anpassen.
Es hat sich zudem gezeigt, dass Lernende die Unterrichtseinstiege, die sie selber
aktiv werden lassen, positiv bewerten. Schüler stellen ihre Gedanken zu einem
Thema gerne dar und teilen sie auch gerne mit. Auch ihrer eigenen Individualität und
Kreativität verleihen sie gerne Ausdruck, z.B. im Rahmen von Rollenspielen. Das
sollte man als Lehrer bedenken und Einstiege durchaus öfter schülerzentriert
gestalten.
8.4 Möglichkeiten und Grenzen der Unterrichtseinstiege im Hinblick auf die
Motivation
Die in dieser Arbeit vorgestellten Forschungsergebnisse lassen deutlich darauf
schließen, dass Unterrichtseinstiege Lernende zwar durchaus motivieren können,
dies aber oftmals zeitlich begrenzt tun. Häufig verlieren die Schüler ihre Motivation
nach den ersten Unterrichtsminuten wieder. Sogar wenn sie durch den Einstieg für
die restliche Unterrichtsstunde motiviert wurden, sehen sie trotzdem, wenn sie Bilanz
ziehen, den Einstieg nicht als Faktor an, der ausschlaggebend für ihre Motivation ist.
Hier sind persönliche Aspekte, wie z.B. die Abneigung gegen ein Fach, die gute
Laune des Lernenden oder auch sein Gesundheitszustand wichtiger. Somit kann der
Unterrichtseinstieg zwar als Mittel zur Begünstigung der Motivation gesehen werden,
aber nur bedingt als Garant für dieselbe.
Da vor allem die intrinsische Motivation ein kaum durchschaubares Phänomen ist, ist
es schwer, den Einstieg im Hinblick auf die Motivation zu bewerten. Er kann m.E.
durchaus als extrinsisches Motivationsmittel fungieren, aber dies auch meistens nur
für den Moment, in dem er stattfindet. Letztendlich ist es die intrinsische Motivation,
die den Lernenden auf Dauer zu motivieren vermag, und diese ist von außen nicht
108
nur kaum messbar, sondern auch nur schwer zu beeinflussen. Sicherlich ist dies
nicht ganz unmöglich: Man kann diese Art von Motivation durch den Umgang mit den
Schülern und den Unterrichtskonzepten beeinflussen, aber schlussendlich entspringt
sie immer dem individuellen Inneren des Lernenden. In diesem Sinne ist der
Unterrichtseinstieg m. E. und in Anlehnung an die Kriterien von Meyer (1991) 164 als
Hinführung oder Vertrautmachung mit dem Thema durchaus ein unabdingbarer
Moment eines jeden Unterrichts, aber letztendlich kann man als Lehrer Lernende
eher motivieren, indem man ihnen Erfolgserlebnisse, Selbstvertrauen und damit
Freude an der Wissenserweiterung vermittelt, so wie das in der Motivationsforschung
auch allgemein anerkannt wird. Ebenso ist das Klassenklima die Basis für jede Form
von Motivation, denn ein Schüler, der sich gegenüber seiner Mitschüler oder seines
Lehrers unwohl fühlt, wird kaum von Unterrichtseinstiegen dauerhaft (intrinsisch)
motiviert werden können.
Ein etwas gewagter, überraschender und provokativer Einstieg wirkt sich zwar
durchaus positiv auf die Motivation aus, aber nur dann, wenn man diese Art
Einstiege sparsam einsetzt, denn sonst regen sie die Neugier und das Interesse der
Lernende nicht mehr in besonderem Maße an. Letztendlich können aber Einstiege
den Schüler nur für den Moment motivieren, also während sie durchgeführt werden.
Auf Dauer, d.h. in den jeweiligen Erarbeitungsphasen und vor allem auch durch das
gesamte Schuljahr hindurch, sind die Schüler- und Lehrerpersönlichkeit, die SchülerLehrer-Beziehung, das Klassenklima allgemein und die erarbeiteten Themen meiner
Meinung nach ausschlaggebender für die Motivation und das Lernen als die
Unterrichtseinstiege. Unterschätzt werden dürfen vor allem außerschulische
Faktoren nicht: Das Wohlbefinden und Privatleben der Jugendlichen beeinflussen die
Motivation stärker als vielleicht angenommen. Wenn die Last der körperlichen bzw.
seelischen Probleme zu stark ist, kann auch ein interessanter Einstieg den Schüler
nicht motivieren, denn man sollte nicht vergessen, dass Schüler letztendlich auch
Menschen und somit nicht immer in der gleichen Verfassung sind. Aus diesem Grund
ist und bleibt die Motivation ein schwer durchschaubares und dadurch auch nicht
leicht messbares Phänomen. So können Einstiege die Motivation nur stark begrenzt
beeinflussen, auch wenn sie die verschiedenen Lerntypen eingehen.
164
Vgl. S. 9 der vorliegenden Arbeit.
109
8.5 Die Messbarkeit des Erfolgs von Unterrichtseinstiegen
Für die Lehrperson ist es schwierig, den Erfolg der Unterrichtseinstiege durch das
reine Beobachten des Schülerverhaltens zu bewerten. Es ist nicht möglich, den Grad
der Motivation genau einzuschätzen, da das Innenleben des Lernenden der
Lehrperson verwehrt bleibt. So kann man z. B. nicht wissen, inwiefern Schüler schon
vor dem Erscheinen des Lehrers motiviert sind. Ebenso kann schon alleine die
Lehrerpersönlichkeit oder das gerade erarbeitete Thema dazu führen, dass die
Schüler motiviert bzw. unmotiviert sind, bevor der Unterricht überhaupt begonnen
hat. Die Lust auf Unterricht hält sich bei vielen Jugendlichen sowieso in Grenzen, da
sie schnell von ihrem außerschulischen Alltag abgelenkt werden und z. B. den
zwischenmenschlichen Beziehungen mehr Bedeutung zukommen lassen als dem
schulischen Erfolg. Ebenso kann es sein, dass ihnen im Privatleben etwas Negatives
widerfahren ist oder dass sie sich nicht wohlfühlen. Insofern ist der Erfolg des
Unterrichtseinstiegs vom Zustand des Schülers abhängig und dieser bleibt, wie
schon erwähnt, dem Lehrer weitgehend unbekannt. Aus diesem Grund ist es kaum
durchschaubar, inwiefern der Unterrichtseinstieg als solcher den Schüler motiviert
und ihm das Lernen vereinfacht hat und inwiefern andere Faktoren dafür verantwortlich sind. Ebenso lässt sich deshalb schwer vergleichen, auch das zeigen mir
meine Forschungen, wie zwei verschiedene Klassen einer Stufe auf verschiedene
Einstiege zu demselben Lernstoff reagieren.
Ebenso ist es für Schüler – gerade auf der Unterstufe – sehr schwierig, einen
Unterrichtseinstieg zu bewerten, sodass man auch hier als Lehrperson oftmals nicht
wirklich zuverlässige und eindeutige Aussagen als Feedback erhält.
Auch die objektiv bewertbaren Noten der Schüler können kaum mit den
Unterrichtseinstiegen bzw. dem durch sie angeregten Lernprozess in Verbindung
gebracht werden, da hier die Vorbereitung der Lernenden, seine Gemütslage,
Konzentration und letzten Endes auch alle anderen Komponenten des Unterrichts
(Erarbeitungsphasen und Ergebnissicherung) von größerer Bedeutung sind.
110
8.6 Abschließende Zusammenfassung der Ergebnisse
Zum Abschluss dieser Arbeit werden die wichtigsten Ergebnisse meines Projekts
noch einmal zusammengefasst:
Einstiege sind eine unabdingbare Komponente des Unterrichts, da sie diesen
eröffnen und den Schülern das jeweilige Thema verdeutlichen. So schaffen sie eine
Art Orientierung für Lernende.
Einstiege können Schüler motivieren, wenn sie überlegt und abwechslungsreich
gestaltet werden, die Neugier und das Interesse der Lernenden wecken und ihnen
Erfolgserlebnisse vermitteln. Dies gilt für traditionelle Einstiege und neuartige,
unerwartete Einstiege.
Der Einstieg allein kann Schüler nicht dauerhaft extrinsisch und vor allem intrinsisch
motivieren, sondern lediglich für den Moment. Für die Lernermotivation sind andere
Faktoren (Lehrerpersönlichkeit, Klassenklima, Thema, Wohlbefinden der Lernenden,
Erfolgserlebnisse…) ausschlaggebend.
Die Motivation ist ein schwer durchschaubares Phänomen, sodass der Erfolg der
Unterrichtseinstiege nur schwer gemessen werden kann, auch von den Lernenden
selbst. So sind Schüler oftmals schon vor dem Erscheinen des Lehrers motiviert, was
sie auf ihre gute Laune oder das jeweilige Thema zurückführen. Besonders die
Erstere ist vom Lehrer nur schwer einsehbar und beeinflussbar.
Ohne ein Mindestmaß an Motivation können Einstiege nicht motivieren.
Einstiege können auf sinnvolle Art und Weise mit den verschiedenen Lerntypen
verbunden werden und so den Lernprozess fördern.
Einstiege können nicht losgelöst von den Lerntypen gestaltet werden. Nicht jeder
Einstieg kann jedoch auch alle Lerntypen berücksichtigen. Dies braucht auch gar
nicht der Fall zu sein, denn Schüler sollen zudem lernen, auch an ihren schwächer
ausgeprägten Sinneskanälen zu arbeiten.
Einstiege, die handelnde und visuelle Lerntypen ansprechen, werden von Lernenden
besonders positiv bewertet.
111
Es fällt Schülern im Allgemeinen schwer, über Unterrichtseinstiege und Lerntypen
nachzusinnen, schon allein deswegen, weil sie die Definition der Ersteren nicht auf
die Bearbeitung des Lernstoffs einschränken und sie nicht gewohnt sind, Einstiegen
eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Der Einstieg wird oftmals vorschnell als Garant für Motivation und Lernprozesse
angesehen. Hierbei werden das Menschsein der Schüler und damit die nur schwer
vorauszusehenden Reaktionen und inneren Gefühlszustände sowie Gedanken der
Lernenden nicht genügend berücksichtigt.
112
9. Bibliographie
Primärliteratur
Ganzschriften
 BIENIEK, Christian: Svenja hat‟s erwischt. Arena Verlag. Würzburg 13. Aufl.
 DÖRRIE, Doris: Happy. Diogenes Verlag. Zürich 2001.
 HAUPTMANN, Gerhart: Bahnwärter Thiel. Reclam Verlag. Stuttgart 1970.
 KERR, Judith: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Ravensburger Verlag.
Ravensburg 1997.
 KOERTGE, Ron: Ein viel zu schönes Mädchen. dtv pocket Verlag. München
2008.
 SACHAR, Louis: Löcher. Die Geheimnisse von Green Lake. Gulliver Verlag.
Beltz und Gelberg Verlag. Weinheim und Basel 2002. 2. Aufl.
 SLEATOR, William: Das Haus der Treppen. dtv pocket Verlag. München
2009. 23. Aufl.
 SÜSKIND, Patrick: Die Taube. Diogenes Verlag. Zürich 1987.
 WAHL, Mats: Der Unsichtbare. dtv Verlag. München 2010. 10. Aufl.
 WELSH, Renate: Drachenflügel. dtv junior Verlag. München 2007. 11. Aufl.
 ZWEIG, Stefan: Schachnovelle. Fischer Taschenbuchverlag. Frankfurt am
Main 2007. 57. Aufl.
Texte
 GEBRÜDER GRIMM: Der goldene Schlüssel. In: Paulsen, Lisa (Hrsg.): Das
Märchenbuch. Reclam Verlag. Stuttgart 2003. 2. Aufl. S. 7.
 HOHLER, Franz: Ein erschreckender Anblick. In: Spinner, Kaspar, H. (Hrsg.):
Geschichten7/8. Schroedel Verlag. Braunschweig 2009. S. 100.
 IRTENJEW, Igor: Der Zettel. In: Spiller-Ewald, Ulla u.a. (Hrsg.): deutsch.ideen
10. Lese-und Sprachbuch. Schroedel Verlag. Braunschweig 2007. S. 108f.
 MARTI, Kurt: Happy End. In: Diekhans, Johannes (Hrsg.): EinFach Deutsch.
Klassische Kurzgeschichten. Schöningh Verlag. Braunschweig, Paderborn
und Darmstadt 2008. S. 45.
113
 REINIG, Christa: Skorpion. In: Winfried, Ulrich (Hrsg.): Arbeitstexte für den
Unterricht. Deutsche Kurzgeschichten. 11.-13. Schuljahr. Reihe Arbeitstexte
für den Unterricht. Reclam Verlag. Stuttgart 1973. S. 59.
 SCHNEIDER, Simone: Louises Tagebuch oder Die Geschichte vom „Ei“. In:
Biesemann, Jutta u.a. (Hrsg.): deutsch.punkt 3. Sprach-, Lese und
Selbstlernbuch. Gymnasium. Klett Verlag. Stuttgart und Leipzig 2006. S. 60f.
Lyrik
 GOETHE, Johann Wolfgang: An den Schlaf.
http://www.gedichte-lyrik-poesie.de/Goethe_An_den_Schlaf/index.html (zuletzt
eingesehen am 19.04.2011)
 GRYPHIUS, Andreas: Es ist alles eitel. In: Colling, Paul u.a. (Hrsg.): Der
Brunnen. Vierter Band. Verlag V. Bruck. Luxemburg 1992. 6. Aufl. S. 95.
Liedtexte
 DIE PRINZEN: Millionär. Titel 1 auf dem Album: Das Leben ist grausam.
(1991)
 GLASHAUS: Is„ nur Kino. Titel 12 auf dem Album: Drei. (2005)
 WIR SIND HELDEN: Du erkennst mich nicht wieder. Titel 5 auf dem Album:
Die Reklamation (2003).
 WIR SIND HELDEN: Guten Tag. Titel 3 auf dem Album: Die Reklamation
(2003).
Lehrwerke
 SPILLER-EWALD, Ulla u.a. (Hrsg.): deutsch.ideen 10. Lese-und Sprachbuch.
Schroedel Verlag. Braunschweig 2007.
 SCHUCHART, Elisabeth (Hrsg.) deutsch.punkt 2. Arbeitsheft für Real- und
Gesamtschulen sowie verwandte Schulformen. Klett Verlag. Stuttgart und
Leipzig 2005. 2. Aufl.
 BIESEMANN, Jutta u.a. (Hrsg.): deutsch.punkt 3. Sprach-, Lese und
Selbstlernbuch. Gymnasium. Klett Verlag. Stuttgart und Leipzig 2006.
114
Sekundärliteratur
Didaktische Literatur
 ARNOLD, Ellen: Jetzt versteh‘ ich das! Bessere Lernerfolge durch Förderung
der verschiedenen Lerntypen. Verlag an der Ruhr. Mülheim 2007.
 ARNOLD, Margret: Brain-Based Learning and Teaching – Prinzipien und
Elemente. In: Herrmann, Ulrich (Hrsg.): Neurodidaktik. Grundlagen und
Vorschläge für gehirngerechtes Lehren und Lernen. Beltz Verlag. Weinheim
und Basel 2006. S. 145-160.
 BECKER, Gerold u.a. (Hrsg.): Lernen. Wie sich Kinder und Jugendliche
Wissen und Fähigkeiten aneignen. Friedrich Verlag. Seelze o.J.
 FRIEDRICH, Gerhard: »Neurodidaktik« – Eine neue Didaktik? Zwei
Praxisberichte aus methodisch-didaktischem Neuland. In: Herrmann, Ulrich
(Hrsg.): Neurodidaktik. Grundlagen und Vorschläge für gehirngerechtes
Lehren und Lernen. Beltz Verlag. Weinheim und Basel 2006. S. 215-229.
 GARDNER, Howard: Les intelligences multiples. Pour changer l’école: la prise
en compte des différentes formes d’intelligence. Retz Verlag. Paris 1996.
 GREVING, Johannes und Liane Paradies: Unterrichts-Einstiege. Ein Studienund Praxisbuch. Cornelsen Scriptor Verlag. Berlin 1996.
 HERRMANN, Ulrich: Gehirnforschung und die neurodidaktische Revision des
schulisch organisierten Lehrens und Lernens. In: Herrmann, Ulrich (Hrsg.):
Neurodidaktik. Grundlagen und Vorschläge für gehirngerechtes Lehren und
Lernen. Beltz Verlag. Weinheim und Basel 2006. S. 111-145.
 HOLTWISCH, Herbert: Power Pack lernen. Lern- und Arbeitsmethoden für die
Klassen 8-10. Schöningh Verlag. Braunschweig 2007.
 KELLER, Gustav: Lerntechniken von A bis Z. Infos, Übungen, Tipps. Hans
Huber Verlag. Bern 2005.
 MATTES, Wolfgang: Methoden für den Unterricht. 75 kompakte Übersichten
für Lehrende und Lernende. Schöningh Verlag. Braunschweig 2009.
 MENDLER, Allen N.: Uninteressierte Schüler motivieren. Verlag an der Ruhr.
Mülheim 2003.
 MEYER, Hilbert: Unterrichtsmethoden. Band I: Theorieband. Cornelsen
Scriptor Verlag. Frankfurt am Main 1994. 6. Aufl.
115
 MEYER, Hilbert: Unterrichtsmethoden. Band II: Praxisband. Cornelsen
Scriptor Verlag. Frankfurt am Main 1991.
 PUCHTA, Herbert u.a.: Multiple Intelligenzen im DAF-Unterricht. Aktivitäten für
die Sekundarstufe und den Erwachsenenunterricht. Hueber Verlag. Ismaning
2009.
 ROTH, Gerhard: Warum sind Lehren und Lernen so schwierig? In: Herrmann,
Ulrich (Hrsg.): Neurodidaktik. Grundlagen und Vorschläge für gehirngerechtes
Lehren und Lernen. Beltz Verlag. Weinheim und Basel 2006. S. 49-60.
 SCHIRP, Heinz: Wie »lernt« unser Gehirn Werte und Orientierungen? In:
Herrmann, Ulrich (Hrsg.): Neurodidaktik. Grundlagen und Vorschläge für
gehirngerechtes Lehren und Lernen. Beltz Verlag. Weinheim und Basel 2006.
S. 200-215.
 SCHLAG,
Bernhard:
Lern-
und
Leistungsmotivation.
VS
Verlag
für
Sozialwissenschaften. Wiesbaden 2009. 3. Aufl.
 THÖMMES,
Arthur:
Produktive
Unterrichtseinstiege.
100
motivierende
Methoden für die Sekundarstufen. Verlag an der Ruhr. Mülheim an der Ruhr
2005.
 http://klett-verlag.de/sixcms/list.php?page=ref_praxisfit_artikel&sv%5Bid%5D=123599
(zuletzt eingesehen am 16.04.2011)
116
10. Anhang
Inhalt
 Anhang 1:
S.119
 Anhang 2:
S.124
 Anhang 3:
S.127
 Anhang 4:
S.129
 Anhang 5:
S.131
 Anhang 6:
S.133
 Anhang 7:
S.136
 Anhang 8:
S.140
 Anhang 9:
S.142
 Anhang 10:
S.144
 Anhang 11:
S.145
 Anhang 12:
S.147
 Anhang 13:
S.149
 Anhang 14:
S.153
 Anhang 15:
S.156
 Anhang 16:
S.159
 Anhang 17:
S.165
117
118
Erste Unterrichtsstunde: Die Beziehung von Emilia und Felix
Phase
Inhalt
Unterrichtsform
Motivation
Die Beziehung von
Standbildbauen
Medien
Emilia und Felix
Erarbeitung I
Die Beziehung von
Unterrichtsgespräch
Standbild
Emilia und Felix
Buch
Erarbeitung II
Die
Liebe
von
Fragend-entwickelnd
Arbeitsblatt
Emilia und Felix
mit Zitaten
Sicherung
Die
Liebe
von
Hausaufgabe
Arbeitsblatt
Anette und Boris im
Vergleich zur Liebe
von
Emilia
und
Felix
Zweite Unterrichtsstunde: Die Beziehung von Anette und Boris
Phase
Inhalt
Motivation
Der
Unterrichtsform
Mensch
als
Medien
Provokation
austauschbares
Wesen
Erarbeitung I
Austauschbarkeit des
Schülerbeiträge
Menschen
Erarbeitung II
Austauschbarkeit von
Stillarbeit
Arbeitsblatt
Die Liebe von Anette
Fragend-
Arbeitsblatt
und Boris
entwickelnd
Die Liebe von Anette
Hausaufgabe
Anette und Dylan
Erarbeitung III
Sicherung
und Boris im Vergleich
zur Liebe von Emilia
und Felix
119
Arbeitsblatt
Dritte Unterrichtsstunde: Die Beziehung von Charlotte und Dylan
Phase
Inhalt
Motivation
Das
Nicht-Erkennen
Unterrichtsform
Medien
Hörimpuls
Cd-Player
Partnerarbeit
Arbeitsblatt
Fragend-
Tafel, Heft
des Partners
Erarbeitung I
Vergleich
des
Liedinhalts
mit
Charlottes Situation
Erarbeitung II
Sicherung
Die
Beziehung
von
Charlotte und Dylan
entwickelnd
Vergleich
Hausaufgabe
von
Arbeitsblatt
Charlotte und Dylan
mit
den
anderen
beiden Paaren
Vierte Unterrichtsstunde: Die Beziehung zwischen den sechs Freunden
Phase
Inhalt
Motivation
Vergleich
der
drei
Unterrichtsform
Medien
Schülerbeiträge
Arbeitsblatt
(Verbesserung der
Paare
Hausaufgabe)
Erarbeitung I
Die
Beziehung
Partnerarbeit
Arbeitsblatt
Stillarbeit
Heft
Hausaufgabe
Arbeitsblatt
zwischen den sechs
Freunden
Erarbeitung II
Die
Beziehung
zwischen den sechs
Freunden
Sicherung
Das Experiment
120
Fünfte Unterrichtsstunde: Die Wette
Phase
Inhalt
Motivation
Die
Rolle
Wetteinsätze
Erarbeitung I
Unterrichtsform
Medien
und
Schülerbeiträge
Arbeitsblatt
der
(Verbesserung der
einzelnen Personen
Hausaufgabe)
Das Experiment
Fragend-
Arbeitsblatt,
entwickelnd
Tafel,
Heft,
Buch
Erarbeitung II
Der
mögliche
Ausgang
Gesprächsrunde
des
Experiments
Sicherung
Das Experiment
Hausaufgabe
Arbeitsblatt
Sechste Unterrichtsstunde: Das Experiment
Phase
Inhalt
Unterrichtsform
Motivation
Das Experiment
Nachgespieltes
Medien
Experiment
Erarbeitung I
Das Experiment
Fragend-
Arbeitsblatt,
entwickelnd
Tafel,
Buch
Erarbeitung II
Sinn des Experiments
Gesprächsrunde
Sicherung
Die
Hausaufgabe
Bedeutung
des
Experiments
für
Charlotte und Dylan
121
Heft
Heft,
Siebente Unterrichtsstunde: Charlotte und Dylan nach dem Experiment
Phase
Inhalt
Unterrichtsform
Medien
Motivation
Charlottes Leiden
Schülerbeiträge
Textstelle
aus
dem
Buch
Erarbeitung I
Erarbeitung II
Fragend-
Tafel,
entwickelnd
Buch
Belastungsfaktoren für
Fragend-
Tafel,
das
entwickelnd
Buch
Charlotte und Dylan
Schülerbeiträge
Tafel, Heft
nach dem Experiment
(Verbesserung der
Dylans Leiden
Paar
Charlotte
Heft,
Heft,
und Dylan
Erarbeitung III
Hausaufgabe)
Erarbeitung IV
Bedeutung
des
Experiments für das
Fragend-
Tafel, Heft
entwickelnd
Paar
Sicherung
Anette und Boris nach
Hausaufgabe
Buch
dem Experiment
Achte Unterrichtsstunde: Anette und Boris nach dem Experiment
Phase
Inhalt
Unterrichtsform
Medien
Erarbeitung I
Anette und Boris nach
Einzelarbeit
Arbeitsblatt
Schülerbeiträge
Arbeitsblatt,
dem Experiment
Erarbeitung II
Anette und Boris nach
dem Experiment
Sicherung
Emilia und Felix nach
Tafel
Hausaufgabe
dem Experiment
122
Buch
Neunte Unterrichtsstunde: Emilia und Felix nach dem Experiment
Phase
Inhalt
Unterrichtsform
Medien
Motivation
Emilia und Felix nach
Standbild
Textstelle
aus
dem Experiment
dem
Buch
Erarbeitung I
Emilia und Felix nach
Unterrichtsgespräch
dem Experiment
Erarbeitung II
Standbild,
Buch
Handeln und Denken
Fragend-
Tafel,
Heft,
des Paares nach dem
entwickelnd
Buch
Fragend-
Tafel, Heft
Experiment
Erarbeitung III
Bedeutung
des
Experiments für das
entwickelnd
Paar
Sicherung
Vergleich
Paare
der
nach
drei
Hausaufgabe
Arbeitsblatt
dem
Experiment
Zehnte Unterrichtsstunde: Kommunikation und Vergleich der drei Paare nach dem Experiment
Phase
Inhalt
Motivation
Die
Bedeutung
Kommunikation
der
Unterrichtsform
Medien
Schülerbeiträge
Textstelle
in
aus
„Happy“
Erarbeitung I
Die
dem
Buch
Kommunikation
Einzelarbeit
Heft
drei
Schülerbeiträge
Arbeitsblatt
dem
(Verbesserung der
der drei Paare
Erarbeitung II
Vergleich
Paar
Sicherung
der
nach
Experiment
Hausaufgabe)
Feedback zu „Happy“
Gesprächsrunde
123
Travail de candidature Nathalie WAGENER
124
125
126
127
128
129
130
131
132
133
134
135
136
137
138
139
140
141
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143
144
145
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148
149
150
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153
154
155
156
157
158
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160
161
162
163
164
165