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REPORT HORIZONT 33/2014 14. August 2014 25 www.horizont.net/report GAMES-MARKETING IM MAINSTREAM SEITE 28 WERBETREND Warum Unternehmen auf In-Game-Advertising aufmerksam werden SEITE 38 ONLINE HILFT Mit digitalen Plattformen kompensieren GamesZeitschriften Auflagenverluste SEITE 40 @ HORIZONT Beim ersten HORIZONT Report Games-Marketing kooperieren wir wie beim Thema Kinomarketing (HORIZONT 3/2014) mit den Spezialisten von G+J Entertainment Media. Die Redaktion von „Games Markt“ analysiert • Trends im Hardwaremarkt SEITE 30 • Entwicklungen bei Publishern SEITE 32 FOTO: DENNIS STACHEL / KOELNMESSE Spiele haben immer breitere Zielgruppen. Gratis-Angebote und mobile Games locken 26 REPORT GAMES-MARKETING HORIZONT 33/2014 14. August 2014 ZUM THEMA INHALT Parallelwelten Zielgruppen: Warum immer mehr Menschen digitale Spiele nutzen. 28 Games als Domäne blasser, weil lichtscheuer jugendlicher Nerds – dieses Klischee von der Kernzielgruppe der Nutzer digitaler Spiele gehört ad acta gelegt. Denn längst haben alle Altersgruppen Zugang zu den virtuellen Welten gefunden und Gaming ist damit zu einem Massenphänomen geworden, wie der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) nicht müde wird zu betonen. Der jährliche Ansturm auf die Branchenmesse Gamescom in Köln zeugt von der Zugkraft des Themas. Laut BIU machen die über 50-Jährigen inzwischen sogar die größte Nutzergruppe digitaler Spiele aus. Vor allem der SmartphoneBoom hat dazu beigetragen, den Zugang zu digitalen Games zu erleichtern, denn etliche Spiele sind auf den mobilen Geräten vorinstalliert oder lassen sich mit einem Klick aus den App-Stores downloaden. Vielfach handelt es sich aber um kostenlose, sogenannte Free-to-Play-Spiele, die meist wenig mit den grafischen Wunderwelten der Software für Spielekonsolen zu tun haben. Ebensowenig wie ein gelegentlich auf dem Tablet spielender Rentner in einen Topf mit einem jugendlichen Hardcore-Gamer geworfen werden sollte. Für die Branche bietet die Ausdifferenzierung der Zielgruppen Wachstumschancen, erfordert aber den Mehraufwand einer spezifischen Ansprache. Denn während die Gruppe der eingefleischten Gamer sich über einschlägige Medien – etwa Special-Interest-Titel, Onlineplattformen und Youtube-Kanäle – sowie auf Live-Events ansprechen und pflegen lässt, sind Gelegenheitsspieler schwieriger zu greifen und bei der Stange zu halten. Die kurzen Blütezeiten von Hits wie „Farmville“ sprechen Bände. Die Herausforderung für Hardware- und Software-Anbieter besteht darin, in einem sich immer schneller drehenden Markt bei der Entwicklung und in der Kommunikation Schritt zu halten, um nicht auf der Strecke zu bleiben. Know-how: Europa hinter Asien und Nordamerika der drittgrößte Games-Markt. 29 Hardware: Konsolenanbieter bekommen mit iOS und Android große Konkurrenz. 30 Umsätze: Konsolen und Zusatzinhalte pushen den deutschen Markt. 31 Software: Publisher kommen durch Mobile-Boom unter Zugzwang. 32 Best Cases: Wie die Symbiose aus Film und Spiel funktioniert. 33 Let́s Play: Das Massenphänomen ist für Werbungtreibende attraktiv. 34 E-Sport: Die hohe Popularität zieht Marken und Geldgeber an. 36 Marketing: Nissan bildet Gamer zu Racern aus und sorgt damit für Aufmerksamkeit. 37 In-Game-Advertising: Wie Marken die Werbemöglichkeiten in Spielen nutzen. 38 Werbung: Digitale Medien und Bewegtbild bestimmen den Trend im Games-Markt. 39 Fast jeder hat es auf seinem Smartphone oder Tablet installiert: das Spiel „Candy Crush Saga“. Seit ihrem Start vor zwei Jahren wurde die App mehr als 500 Millionen Mal heruntergeladen und ist derweil zum Kultspiel avanciert. Sehr zur Freude des britischen Anbieters King Digital Entertainment, der neben „Candy Crush“ auch das ebenfalls sehr erfolgreiche Spiel „Farm Heroes Saga“ in seinem Portfolio hat. Seit Ende März werden die Aktien von King an der Nasdaq in New York gehandelt, das Unternehmen wurde mit 7,6 Milliarden US-Dollar bewertet. Doch der Markt ist wettbewerbsintensiv, die Zielgruppe wechselt Spiele stetig. So wie beim USAnbieter Zynga, dem nach jahrelangem Hype die Nutzer für das Browsergame „Farmville“ davonlaufen. Einst das beliebteste Spiel auf Facebook, verzeichnet man nun sinkende Umsätze. Free-to-PlaySpiele haben es offensichtlich nicht einfach. Was heute gern gespielt wird, kann morgen schon die Aufmerksamkeit der Gamer verlieren. Print: Games-Zeitschriften kompensieren Printverluste mit Online-Offensiven. 40 HORIZONTREPORT ist ein Sonderteil von HORIZONT, Zeitung für Marketing, Werbung und Medien Chefredaktion: Dr. Uwe Vorkötter (V.i.S.d.P.), Jochen Zimmer Ressortleitung Specials Gamescom: 650 Aussteller auf 140000 Quadratmetern Zum sechsten Mal dreht sich in Köln alles um Playstation, Gronkh, „Candy Crush Saga“ und „Call of Duty“. Die Gamescom, das weltweit größte Messe- und Event-Highlight für interaktive Spiele, findet bereits seit 2009 in der Rheinmetropole statt und erwartet vom 13. bis zum 17. August rund 650 Aussteller, die auf 140000 Quadratmetern Neues aus der Gaming-Welt präsentieren HORIZONT 29/2014. Der erste Tag der Messe ist Fachbesuchern vorbehalten. Für sie wurde eine Business Area eingerichtet, wo in entspannter Atmosphäre Geschäftskontakte gepflegt werden können. Denn nirgendwo sonst kommen so viele Insider, Händler, Publisher und Entwickler zusammen wie in Köln. Für die breite Masse gibt es die Entertainment Area, auf der die Aussteller indoor und outdoor ihre Neuheiten zum Ausprobieren anpreisen. Ein Highlight in diesem Jahr: der Gamescom Congress am 14. August. Experten aus zahlreichen Ländern und Fachrichtungen diskutieren über verschiedene Aspekte digitaler Spiele, von Jugendmedienschutz über Wissenschaft und Forschung bis hin zu Product Placement. Partner der Gamescom ist in diesem Jahr kein einzelnes Land, sondern die „Nordic Region“, bestehend aus Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark und Island. Volker Schütz, Jürgen Scharrer Ressortleitung: Dr. Jochen Zimmer Telefon 069/7595-2695 E-Mail: [email protected] Redaktion: Bettina Sonnenschein, Klaus Janke, Giuseppe Rondinella Mehr Info? Einfach auf die Anzeige tippen. 28 REPORT GAMES-MARKETING HORIZONT 33/2014 14. August 2014 FOTO: HARALD FLEISSNER / KOELNMESSE Mission Mainstream Abschied von der Parallelwelt: Immer breitere Zielgruppen nutzen digitale Spiele. Vor allem kostenlose Angebote locken I Von Klaus Janke n der deutschen Games-Branche war man Mitte Mai alles andere als amused: Den Deutschen Computerspielpreis überreichte erstmals der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Axel Dobrindt – und nicht mehr wie bislang der Kulturstaatsminister im Kanzleramt. Haben Computerspiele den Status des Kulturguts verloren? Natürlich nicht, betont Maximilian Schenk, Geschäftsführer des BIU Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware: „Diese Entscheidung war das Resultat von Verteilungsdiskussionen innerhalb der Koalition. Alle Beteiligten in der Bundesregierung haben bestätigt, dass damit die Wertschätzung und kulturelle Bedeutung von Computerspielen gestärkt werden soll.“ (HORIZONT 29/ 2014). Geärgert hat es ihn dennoch. Aber trotz des kleinen Rückschlags: Die Publisher spüren zurzeit deutlichen Rückenwind bei ihren Bemühungen, digitale Spiele als Mainstream-Medium zu positionieren – das Bild des vereinsamten, süchtigen und latent gewaltbereiten Gaming-Freaks ist passé. Argumentationshilfe liefern unter anderem neue wissenschaftliche Erkenntnisse, nach denen die vermeintlich negativen Effekte von Computerspielen zunehmend infrage gestellt werden – im Gegenteil: Gaming soll sogar Konzentrationsfähigkeit und Abstraktionsvermögen steigern. Noch wichtiger jedoch: Digitale Spiele verbreiten sich immer weiter. „Wir arbeiten stetig daran, Gaming in die Mitte der Gesellschaft zu tragen“, sagt Benedikt Schüler, Marketing Director beim Publisher Ubisoft. Nach aktuellen Zahlen des BIU spielt mittlerweile fast jeder zweite Deutsche – vor fünf Jahren waren es erst 20 Prozent. Rund ein Drittel und damit 29,3 Millionen Bundesbürger gehören zu Spielen ist alterslos Nutzer digitaler Spiele nach Altersgruppen bis 9 Jahre Anteil in Prozent 10 ab 50 Jahre Quelle: BIU/GfK 2014 20 HORIZONT 33/2014 D ie Fans eines Spiels zeichnen sich jedoch nicht durch blinde Gefolgschaft aus. Gerade weil ein Game häufig unverzichtbarer Alltagsbegleiter ist, sind sie besonders kritisch, was die Weiterentwicklung angeht. Daher ist im Vorfeld neuer Versionen die ständige Rückkopplung mit der Kernzielgruppe im Internet äußerst wichtig. „Wir müssen die Gamer sehr früh in die Entwicklung der Spiele einbinden, um ihr Feedback noch in die endgültige Gestaltung eines Spiels einfließen zu lassen“, sagt Schüler. Wobei diese „Endgültigkeit“ mehr und mehr relativ ist. Die Zeiten, in denen ein Spiel für längere Zeit sozusagen „fertig“ war, sind lange vorbei. „Die Gamer haben heute zunehmend die Möglichkeit, ihr Spielerlebnis durch Zusatzangebote ihren persönlichen Vorlieben entsprechend zu verändern oder zu erweitern“, erklärt EA-Manager Lorber. Aus dem Spiel wird die Spielewelt. Verbreitung von Spiele-Apps auf mobilen Endgeräten* Nutzer von Video- und Computerspielen in Millionen Keine Spiele 17 A uf Casual- und Mobile-Games wie „Jelly Splash“ und „Diamond Dash“ hat sich unter anderem das erfolgreiche Berliner Unternehmen Wooga spezialisiert. „Frauen ab 30 sind eines unserer wichtigsten Kundensegmente“, erklärt Jan Miczaika, COO von Wooga. Allerdings unterscheiden sich die Zielgruppen von Spiel zu Spiel erheblich. Vision von Wooga sei es, „Spiele zu schaffen, die von jedermann jederzeit gespielt werden können“. Den größten Umsatz macht Wooga im Casual-Bereich mit Spielern, die für kleinere Beträge Erweiterungen oder Zusatzfunktionen kaufen, im Schnitt für deutlich unter 10 Euro. Ältere Semester finden sich jedoch zunehmend auch unter den Intensivspielern. Angefixt als Teenager in den 80ern oder 90ern, sind sie ihrer Leidenschaft treu geblieben. „Auch unter den ,CoreGamern‘ ist mittlerweile das gesamte gesellschaftliche Spektrum vertreten“, weiß Ubisoft-Manager Benedikt Schüler. Was sich jedoch nicht geändert hat: Die meiste Zeit wenden nach wie vor Jugendliche für digitale Spiele auf. Laut einer aktuellen Bitkom-Erhebung spielen 10- bis 18-jährige Jungen im Durchschnitt 122 Minuten pro Tag. Auf dem Weg in den Mainstream ist das Sortiment der Publisher längst nicht mehr ausschließlich von Action- und Fantasy-Titeln geprägt. Der ElectronicArts-Verkaufsschlager „FIFA“ etwa spricht Fußballfans aller Altersgruppen an und war 2013 nach dem Action-Adventure „Grand Theft Auto V“ erfolgreichtes Game in Deutschland (Games- markt/Media Control/GfK). Konkurrent Ubisoft hat für die Wii-Konsole von Nintendo das Erfolgsspiel „Just Dance“ entwickelt, bei dem man die Choreographien von Tänzern auf dem Bildschirm nachahmt – ein Top-Seller speziell für die junge weibliche Zielgruppe. Und für Fitnessbewusste soll im November „Shape Up“ kommen, das für Microsofts Xbox One konzipiert wurde. Dabei geht es darum, punktebasierte Fitness-Herausforderungen zu meistern. Die Herausforderung für die Publisher: Jeder Titel hat seine ganz spezielle Zielgruppe – Marketingpläne von der Stange sind daher nicht gefragt. Dafür zeichnen sich Gamer aber häufig durch Loyalität aus. Bei jeder neuen Version eines Erfolgstitels können sich die Publisher darauf verlassen, dass eine Stammklientel zugreift. „Das wichtigste Ziel in der Marketingstrategie lautet: Kunden zu Fans machen“, sagt Schüler. Daddeln fasziniert nicht jeden 45 Mehrmals wöchentlich 7,1 Mehrmals monatlich 7 Auf Smartphone und Tablet 16 sorgen aber für eine schnelle Verbreitung. Und bis zu 5 Prozent sind bereit, für Zusatzinhalte Gebühren zu zahlen – das reicht aus. „Die Bedeutung des Free-toPlay-Geschäfts wird künftig noch größer“, glaubt Martin Lorber, PR Director bei Electronic Arts. Mobile Gaming boomt Nur auf Tablet 18 20 bis 29 Jahre 40 bis 49 Jahre W ichtigster Faktor des GamingBooms ist jedoch die steigende Verbreitung von Tablets und Smartphones. 85 Prozent der Anwender mobiler Endgeräte nutzen zumindest gelegentlich Spiele-Apps, so das Ergebnis des „Mobile Barometer“ von Seven-One Media von Januar 2014. Gezockt wird vor allem zu Hause auf der Couch, aber auch in Bus und Bahn sowie in Arbeitspausen. Der schnelle Zuwachs der Spiele-Fans verdankt sich vor allem den „Casual Gamern“, die sich einfache, schnelle Spiele kostenlos herunterladen oder gemeinsam mit ihren Freunden Gratis-Games auf Facebook spielen. Insbesondere der Zuwachs weiblicher und älterer Nutzer erklärt sich damit. Für die Publisher ist das sogenannte „Free-to-Play“ ein attraktives Geschäftsmodell: Der weitaus überwiegende Teil der Nutzer zahlen gar nichts, Nur auf Smartphone 19 10 bis 19 Jahre 30 bis 39 Jahre den regelmäßigen Nutzern. Dabei ist der früher weitaus dominantere Männeranteil auf nur noch 54 Prozent zusammengeschmolzen. Und die Gamer verteilen sich relativ gleichmäßig über alle Altersgruppen (siehe Grafik). Andere Studien weisen zwar niedrigere Nutzerzahlen aus – das Ifak Institut und Ipsos etwa kommen auf gut 25 Millionen Gamer (siehe Grafik). Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Gaming definitiv kein Special-Interest-Thema mehr ist. Ein weiterer Beleg: die weite Verbreitung von Spielkonsolen. Nach einer aktuellen Umfrage des IT-Verbandes Bitkom nutzt in Deutschland jeder Dritte ein Gerät – das entspricht 24 Millionen Bundesbürgern. Sogar von den 50- bis 64-Jährigen spielt jeder Fünfte auf einer Konsole. Für einen Schub haben vor allem die neuen, technisch avancierten Konsolen Playstation 4 und Xbox One gesorgt, die Ende 2013 auf den Markt kamen (Seite 30). Einmal monatlich 32 Seltener 15 7,5 Nie / keine Angabe * in Prozent der Nutzer mobiler Endgeräte; 593 Befragte; Frage: Nutzen Sie auf Ihrem mobilen Endgerät zumindest gelegentlich Spiele? Quelle: Mobile Barometer 03/2013, Interrogare und Seven-One Media 7,4 3,3 45,0 Basis: deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren, Stand 2013 HORIZONT 33/2014 Quelle: Ifak Institut, Ipsos, VuMA 2014 HORIZONT 33/2014 HORIZONT 33/2014 Der weltweite Games-Markt steigt bis 2017 auf über 100 Milliarden US-Dollar. Mobile Spiele sind Wachstumstreiber Von Giuseppe Rondinella er Games-Markt wird im Jahr 2017 auf weltweit 102,9 Milliarden US-Dollar ansteigen. Das geht aus einer Studie des Marktforschungsunternehmens Newzoo hervor. Zum Vergleich: Im Jahr 2013 waren es lediglich 75,5 Milliarden. 31 Prozent davon gingen zurück auf Spiele im Segment TV / Konsolen. Für 2014 wird geschätzt, dass dieses Segment 3 Prozentpunkte verliert und der Anteil bis 2017 gar auf 24 Prozent sinkt. Die Erlöse aus Spielen für Smartphone und Tablet machten im letzten Jahr17 Prozent aus und werden weiter wachsen. Der asiatisch-pazifische Raum stellt weltweit mit einem Umsatz von 31,9 Milliarden US-Dollar den größten Markt dar. Allein China übertraf die Experten-Erwartungen um 35 Prozent. Interessant: Für Nordamerika wird der Markt auf 21,9 Milliarden US-Dollar beziffert – das sind 3 Milliarden mehr als in Europa, dem Nahen Osten und Afrika zusammen, wo mehr als doppelt so viele Gamer wohnen. FOTO: ALEX BAYEV / FOTOLIA Gespielt wird überall D REPORT GAMES-MARKETING 29 14. August 2014 Konsolen verlieren an Boden Asien ist Eldorado Prognose zur Entwicklung des weltweiten Games-Marktes nach Marktsegmenten Globaler Games-Markt im Jahr 2013 nach Region Angaben in Prozent Umsatz in Mrd. US-Dollar 75,5 32 81,5 88,0 95,2 102,9 29 27 25 24 3 10 3 11 2 12 20 21 22 22 TV/Konsole Handheld Tablet Mobiltelefon (Mid) Core/ PC/Mac-Games MMO-Games Casual Web-Games 5 6 17 4 8 19 10 9 9 8 8 20 22 22 23 23 10 9 9 9 9 2013 2014 2015 2016 Quelle: Newzoo 31,9 42 740 Asien-Pazifik Nordamerika Europa, Naher Osten, Afrika Lateinamerika 21,9 29 190 2,9 4 170 2017 HORIZONT 33/2014 Die Schätzungen des niederländischen Marktforschungsinstitutes Newzoo zeigen: Der weltweite Games-Markt wird bis 2017 auf 103 Milliarden Euro anwachsen. Dann werden, trotz Verlusten, weiterhin Spiele im Segment „TV/ Konsole“ mit 24 Prozent Oberwasser haben – sie bekommen jedoch Konkurrenz durch Games auf mobilen Endgeräten und den sogenannten MMOs (Massively Multiplayer Online / Mehrspieler-Online-Gemeinschaftsspiel), die 2017 jeweils mehr als ein Fünftel des Marktes ausmachen sollen. In der Nische bleiben weiterhin die Segmente „Handheld“ (Prognose: 2 Prozent), „Casual Web-Games“ (9 Prozent) sowie „(Mid) Core, PC/Mac-Games“ (8 Prozent). Mehr Info? Einfach auf die Anzeige tippen. Umsatz (in Mrd. US-Dollar) Anteil am Gesamtmarkt (in Prozent) Anzahl der Gamer (in Mio.) Quelle: Newzoo 22 18,7 25 520 HORIZONT 33/2014 2013 wurden weltweit insgesamt 75,5 Milliarden US-Dollar mit Games umgesetzt – 42 Prozent davon im asiatisch-pazifischen Raum. Der zweitgrößte Markt ist der nordamerikanische mit einem Anteil von 29 Prozent. Dahinter platziert sich die Region Europa/ Naher Osten/ Afrika (25 Prozent). Den kleinsten Markt macht Lateinamerika mit 4 Prozent aus. 170 Millionen Gamer zählt man dort. Anzeige 30 REPORT GAMES-MARKETING HORIZONT 33/2014 Hartes Spiel Der Hardware-Markt bleibt spannend. Nach dem Start von PS4 und Xbox One legt der Konsolenverkauf zu. Doch mit iOS und Android drängen mächtige Gegner in Richtung Fernseher 14. August 2014 @ HORIZONT Gregor Bieler, General Manager Consumer Channels Group bei Microsoft Deutschland „Auf die Zukunft konzentriert“ Microsoft-Manager Gregor Bieler zur Aufholjagd der Xbox One sagt Jens Kosche, Geschäftsführer Deutschland/Österreich bei Electronic Arts (EA). „Davon profitieren die Spieler und wir am meisten.“ Wettbewerb pusht Markt Von Stephan Steininger V or einem Jahr beherrschte ein Thema die Gamescom: Welche neue Konsole hat den besseren Marktstart? Xbox One oder Playstation 4 (PS4)? Heute ist diese Frage beantwortet, überraschend klar sogar. Per Ende Juni führt PS4 den Next-GenKonsolenmarkt in Deutschland mit 540000 verkauften Geräten an. Xbox One steht bei 170000 verkauften Konsolen. Auch wenn die Daten nicht von offizieller Seite bestätigt werden und Angaben zu Nintendos Wii U fehlen, das Ergebnis ist mehr als eindeutig. Fachkreise gehen Stand Juli von weltweit 9 Millionen ausgelieferten PS4 und etwa 5 Millionen Xbox One aus. Dass die PS4 in Deutschland überdurchschnittlich gut abschneidet, ist indes nicht ungewöhnlich. Bereits bei der vorherigen Hardware-Generation, PS3 und Xbox 360, war dies der Fall. Doch die Entscheidung über den dauerhaften Markterfolg im Konsolenwettstreit ist noch lange nicht gefallen. Allerdings hat Microsoft einen gravierenden Nachteil: Sony verfügt über deutlich mehr „First-Party“-Spiele, also Eigenentwicklungen, die exklusiv auf der eigenen Konsole vermarktet werden und den Hardware-Absatz immer wieder antreiben. Hier versucht Microsoft mit exklusiven Zusatzinhalten der Dritthersteller zu punkten. Die beurteilen die Konkurrenzsituation zwischen Sony und Microsoft ganz pragmatisch. „Wir wünschen uns vor allem einen starken und gesunden Wettbewerb der beiden Plattformen“, Das Unternehmen ist nach den ersten Monaten der führende Softwarehersteller auf beiden neuen Konsolen. Dass EA derzeit jedoch nicht an neuen Spielen für die Nintendo-Plattformen arbeitet, kann als Signal gewertet werden, wie wenig sich die Branche in naher Zukunft von den Japanern erhofft. Allerdings darf diese Entscheidung nicht überbewertet werden. Nintendos Verhältnis zu den Drittherstellern hat sich über die Jahre zwar merklich gebessert, ist jedoch nicht mit dem von Sony oder Microsoft vergleichbar. Auf Nintendo-Konsolen hatten es Spiele, die nicht von Nintendo hergestellt wurden, schon immer schwer. Zudem verfügt Nintendo mit Marken wie Mario, Zelda, Prof. Layton und vielen mehr über den mit Abstand stärksten Softwarekatalog aller Hardwarehersteller. Es überrascht daher nicht, wenn sich Nintendo gar nicht so schlecht positioniert sieht. Man blicke auf zwei solide Jahre zurück, sagt Bernd Fakesch, General Manager Nintendo Germany. „Tatsächlich haben wir hierzulande dieses Jahr ein gutes Drittel mehr Wii-U-Konsolen verkauft als 2013 im Vergleichszeitraum.“ Konkrete Verkaufszahlen nennt er nicht. Er sei sich aber sicher, diesen positiven Trend fortführen zu können. Grund zur Zufriedenheit hat Nintendo vor allem im Handheldgeschäft. Dort sind die Japaner unangefochtener Marktführer. „Mit unserer Nintendo 3DS Produktfamilie haben wir in Deutschland erst kürzlich die 2-Millionen-Marke übersprungen“, berichtet Fakesch. Andererseits hat Nintendo-Chef Satoru Iwata zu Jahresanfang nicht ohne Grund den Aufbau neuer Geschäftsaktivitäten, allen voran im Health-Sektor, an- gekündigt. Denn der Boom bei Smartphones und Tablets macht sich auch im Handheldmarkt bemerkbar. Jedes ausrangierte iPhone, das Eltern ihrem Nachwuchs abtreten, kostet Nintendo Absatz. Und es sind eine Menge Geräte im Umlauf: Allein Apple verkaufte von April bis Juni 2014 mehr als doppelt so viele iPhones wie PS4 und Xbox One seit ihrem Launch zusammen. Und da ungleich mehr Android-Geräte verkauft werden und es mit Windows Phone ein drittes, wenn auch kleineres System gibt, erscheinen Konsolen und Handhelds gegenüber dem Smartphone-Markt wie ein unbedeutender Nischenmarkt. Einziger Pluspunkt aus Sicht der Dritthersteller ist das Preisgefüge der Spiele. Während Konsumenten ohne Weiteres 50 Euro und mehr für ein Top-Konsolenspiel ausgeben, sträuben sich viele, auch nur 99 Cent für ein Handyspiel zu investieren. Konkurrenz durch Mobile Doch das könnte sich ändern. Denn die mobilen Betriebssysteme sind im Wohnzimmer angekommen. Der häufigste Nutzungsort von Tablets ist das heimische Sofa. Somit rücken Android und iOS als Plattformen für Musik, Film aber auch Games immer näher an die TV-Geräte ran, dem angestammten Terrain der Spielekonsolen. Zielten Apple TV und Chromecast vor allem auf Musik, TV und Film ab, ist Amazons Fire TV eine offene Kampfansage an die Konsolenhersteller. Für die Android-basierte Set-top-Box ist ein extra Game-Pad geplant. Gleichzeitig baut Amazon eigene Spieleentwicklerteams auf, um wie Sony und Nintendo mit exklusiven Inhalten zu punkten. Und als marktführender Händler von PCund Konsolenspielen genießt Amazon ohnehin das Vertrauen der Zielgruppe. Doch auch Amazon ist nicht allein. Die Steam-Box von Valve könnte ebenfalls entscheidend in das Machtgefüge im Wohnzimmer eingreifen. Schließlich ist FOTO: SONY Marktführer: Sonys Playstation 4 hat gegenüber Microsofts Xbox One deutlich die Nase vorn Steam allen PC-Spielern auf der Welt ein Begriff. Es ist die marktführende Plattform für den digitalen Vertrieb von PCSpielen, die nicht von EA sind. Valve hatte einst seinem Vertriebspartner EA die Idee zu Steam angetragen, man wurde sich aber nicht einig. Also setzte Valve Steam selbst um. Den Erfolg Valves vor Augen, setzte EA seinen eigenen Dienst, Origin, um und verweigert seither Steam die Unterstützung. Dass Valve-Gründer Gabe Newell keine Angst vor großen Namen hat, hat er bereits bewiesen. Auch an Innovationskraft fehlt es dem Unternehmen nicht. Mit dem Big Picture Modus von Steam hat Valve seinen Dienst längst für die Nutzung am TV-Gerät angepasst, eine eigens kreierte, innovative Bedienung per Game-Pad inklusive. Trend Augmented Reality Last, but not least dreht sich bei Hardware aber nicht alles um Spieleplattformen. Trendthemen sind Virtual und Augmented Reality. So präsentiert Occulus die nächste Entwicklungsstufe der VR-Brille Occulus Rift in Köln. Möglicherweise hat Sony auch Neuigkeiten zu seinem Occulus-Konkurrenzprodukt Project Morpheus im Gepäck. Ganz sicher gibt es in Köln aber neue Games für eine Plattform zu sehen, die bislang kaum als Spieleplattform wahrgenommen wurde: Google Glass. Der Kampf im Hardwaremarkt wird eben auf unterschiedlichen Ebenen ausgetragen. Stephan Steininger ist Redaktionsleiter/ Senior Editor Games Markt (Print/Online) Im November jährt sich der XboxOne-Launch zum ersten Mal. Wie lautet Ihr Fazit der vergangenen Monate? Das letzte Jahr war für uns eine unglaubliche Reise. Wir haben sehr viel dabei gelernt. Es lief nicht immer so, wie wir es uns vorgestellt hatten, aber auf unsere Fans zu hören, war wirklich sehr lehrreich. Seit dem Verkaufsstart von Xbox One haben wir über monatliche Updates viele Verbesserungen vorgenommen und dabei insbesondere das Feedback bezüglich Partys, externer Speichermöglichkeiten und Klarnamen berücksichtigt. Darüber hinaus haben wir eine preiswerte Xbox-One-Variante angekündigt, Games with Gold auf Xbox One eingeführt und Entertainment-Apps für jeden XboxOne-Besitzer zugänglich gemacht. Nun sind wir ganz auf die Zukunft konzentriert. Trotz aller Bemühungen Microsofts hatte Sony mit der PS4 den besseren Start. Wie wollen Sie den Rückstand aufholen? Wir glauben, dass die Xbox die beste Spielekonsole ihrer Generation ist und das beste Holiday Line-up haben wird. Zum Weihnachtsgeschäft wird nur Xbox One die Möglichkeit bieten, die heiß ersehnten Blockbuster und neue Marken zu spielen – darunter Exklusiv-Titel wie etwa „Sunset Overdrive“, „Forza Horizon 2“ und „Halo: The Master Chief Collection“. Von ThirdParty-Seite kommt dieses Jahr niemand an „Assassin's Creed Unity“ und „FIFA 15“ vorbei – beide mit exklusivem Content für XboxOne-Besitzer. In Europa kommen die Entertainment-Möglichkeiten der Xbox One bislang nicht in vollem Umfang zu Geltung. Wann werden Sie weitere Entertainment-Asse aus dem Ärmel zaubern? Mit der Xbox-One-Konsole haben wir Microsofts Vision von der Zukunft des Entertainments vorgestellt. Xbox One macht Entertainment einfach bedienbar, unmittelbar abrufbar und umfassend verfügbar. Ein wichtiger Teil dieses Versprechens sind Partnerschaften mit Unterhaltungs- und TV-Anbietern sowie Produzenten wie Steven Spielberg. Wir bieten schon jetzt eine Vielzahl von Apps, bis zum Jahresende werden mehr als 45 Apps hinzukommen, darunter Twitter, Vine sowie in Deutschland Maxdome und Watchever. INTERVIEW: STEPHAN STEININGER HORIZONT 33/2014 Die deutsche Gamesbranche steigert die Erlöse. Konsolen und Zusatzinhalte pushen Von Giuseppe Rondinella ie Gaming-Szene wächst und wächst. Laut Bundesverband Interaktive Unterhaltungselektronik (BIU) stiegen die Umsätze für digitale Spiele in Deutschland im 1. Halbjahr 2014 um 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf nun circa 800 Millionen Euro. Die Erlöse durch virtuelle Zusatzinhalte und Abos kletterten von 155 Millionen Euro auf 280 Millionen. Wachstumstreiber sind vor allem auch die neuen Konsolen von Sony (Playstation 4), Microsoft (Xbox One) und Nintendo (Wii U) – sie verkauften sich in den ersten sieben Monaten des Jahres um knapp ein Viertel häufiger als im Vergleichszeitraum der Vorgängermodelle. Auch der Boom bei den Spielen für Smartphones und Tablets hat sich weiter verstärkt. Der Umsatz mit dem Kauf von Spiele-Apps und virtuellen Zusatzinhalten für die mobilen Endgeräte kletterte um 133 Prozent auf nun 114 Millionen Euro. FOTO: DENNIS STACHEL / KOELNMESSE Die Kasse klingelt D REPORT GAMES-MARKETING 31 14. August 2014 Mobile Spiele wachsen am schnellsten Zusatzinhalte pushen Markt Ein Viertel des Umsatzes per Download Nutzerzahlen für Online-, Browser- und Mobile-Spiele Gesamtmarkt digitale Spiele (Halbjahresumsätze) Anteil der Downloads am Gesamtumsatz (Kauf von Software für PC, Konsole und Handheld) Angaben in Mio. Nutzer 1. Halbjahr 2013 1. Halbjahr 2014 24,0 798 752 22 20,6 +23% 15,4 Angaben in Mio. Euro 26,4 +10% 16,7 16,0 +4% Einm. Kauf von PC-, Konsolen-, Handheldund mobilen Spielen 597 23 Angaben in Prozent, jeweils 1. Halbjahr (+6%) 22 518 22 12 9 6 280 Online- oder Browser-Spiele Online-, Browseroder App-Spiele Spiele-Apps (Smartphone/ Tablet) Virtuelle Zusatzinhalte und Abos 4 155 1. Halbjahr 2013 1. Halbjahr 2014 2010 2011 2012 2013 2014 Basis: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (n = 25 000) Basis: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (n = 25 000) Basis: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (n = 25 000) Quelle: BIU Quelle: BIU Quelle: BIU HORIZONT 33/2014 Online-, Browser- und App-Spiele verzeichnen allesamt wachsende Nutzerzahlen. Der Trend der vergangenen zwölf Monate zeigt: Die Gamer daddeln immer häufiger auf mobilen Endgeräten wie Smartphone oder Tablet. Dieses Segment wuchs mit 23 Prozent mit Abstand am stärksten. Spielten 2013 erst 16,7 Millionen Nutzer auf mobilen Endgeräten, sind es 2014 bereits 20,6 Millionen (Stand jeweils Jahresmitte). Online- oder Browser-Spiele hingegen wuchsen nur um 4 Prozent. Mehr Info? Einfach auf die Anzeige tippen. HORIZONT 33/2014 Der Gesamtmarkt für digitale Spiele ist im 1. Halbjahr 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6 Prozent auf nun knapp 800 Millionen Euro gestiegen. Den größten Anteil machen mit 518 Millionen Euro immer noch die einmaligen Käufe von PC-, Konsolen-, Handheld- und mobilen Spielen aus, sie verlieren jedoch an Boden. Die virtuellen Zusatzinhalte und Abos hingegen wachsen rapide, die Umsätze in diesem Segment verdoppelten sich beinahe. Sie stiegen von 155 Millionen Euro auf 280 Millionen. HORIZONT 33/2014 Jeder vierte Euro im Games-Markt wird mittlerweile mit Downloads verdient. Sie machten im 1. Halbjahr 2014 einen Anteil von 23 Prozent am Gesamtumsatz aus. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet dies eine Steigerung um 11 Prozentpunkte – der mit Abstand größte Wachstumsschub in den vergangenen Jahren. Die Ausgaben für Downloads steigen seit 2010 stetig, das Wachstum betrug bis ins Jahr 2013 jedoch nie mehr als 3 Prozentpunkte. Anzeige 32 REPORT GAMES-MARKETING HORIZONT 33/2014 14. August 2014 @ HORIZONT Auf zu neuen Ufern Die Digitalisierung krempelt den Spielemarkt um. Doch statt zu jammern, passen sich die etablierten Firmen an. Vereinzelt gelingt Newcomern ein kometenhafter Aufstieg Von Stephan Steininger D DVDs in Front Distributionskanäle im Spielemarkt Angaben in Prozent Anteil Umsatz Anteil verkaufter Games 3 23 11 mobil 86 16 digital 61 physisch Quelle: BIU/GfK HORIZONT 33/2014 Mehr Downloads Absatz- und Umsatzentwicklung von Computer- und Videospielen in Deutschland Anteil in Prozent Umsatz Absatz 62 61 Datenträger 89 86 Downloads Spiele für Handy, Smartphone und Tablets 12 16 26 23 2012 2013 gesamt in Mio. Einheiten 73,8 69,5 Quelle: BIU/GfK 8 3 2012 er Umsatz mit Games steigt und steigt. Das hat der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) kurz vor der Branchenmesse Gamescom bekannt gegeben. 798 Millionen Euro, 6 Prozent mehr als im Vorjahr, gaben deutsche Verbraucher im 1. Halbjahr 2014 für Spiele jedweder Art und über alle Plattformen aus (Seite 31). Auch in anderen Schlüsselmärkten wie den USA ist die Tendenz 2014 bislang positiv. Ist also alles bestens für diejenigen, die Spiele produzieren und verkaufen? Ganz so einfach ist es nicht. Die Digitalisierung mischt die Karten im Spielegeschäft neu, ganz ähnlich wie im Musik-, Film- und TV-Geschäft. Nur mit einem Unterschied: Computer- und Videospiele waren schon immer ein digitales Produkt. Für die allermeisten Spieleentwickler und -vermarkter ist die Digitalisierung deshalb eher Chance denn Risiko. Wenn von Digitalisierung bei Unterhaltungsmedien die Rede ist, ist in der Regel eins gemeint: die Digitalisierung des Vertriebs. Sie hat schließlich die gravierendsten Auswirkungen auf eine Branche. Noch vor wenigen Jahren gab es nur einen Weg, Musik, Videos oder auch Games für den Heimgebrauch zu verkaufen: physisch, auf Speichermedien gepresst und über den meist stationären Handel verkauft. Ein teurer Weg, wollen doch Fertigung, Verpackung, Logistik, Lagerhaltung und Verkauf bezahlt werden. Und ein langsamer Weg. Trotzdem ist der physische Vertrieb nach wie vor der Top-Umsatzbringer der Branche. So wurden laut GfK und BIU nur 61 Prozent aller verkauften Spiele physisch vertrieben, steuerten aber 86 Prozent zum Umsatzvolumen bei. Die Schere zwischen Absatz und Umsatz öffnet sich sogar noch weiter, wenn man berücksichtigt, dass in dieser Statistik nur die Premium-Handy- und Tablet-Spiele erfasst werden, also die kostenpflichtigen Mobile Games. Doch ob auf Apples iOS oder Googles Android, die erfolgreichsten Mobile-Games sind allesamt Freemiumoder Free-to-Play-Spiele, also diejenigen Titel, die kostenlos verteilt werden und erst später über In-App-Käufe oder Werbung Umsatz generieren. Doch welche direkten Konsequenzen hat die Digitalisierung des Vertriebs für die Marktteilnehmer? Zuallererst ändert sie die Vermarktungsstrukturen der klassischen Anbieter. „Während dieser Zeit der Umgewichtung von physisch auf digital, die noch einige Jahre andauern wird, haben wir es mit einem Hybridmarkt zu tun, in dem jeder Publisher mit lokalen Publishingbüros und lokalen Retail-Beziehungen beobachtet, bis zu welchem Zeitpunkt eine eigene Präsenz in einem Land wirtschaftlich sinnvoll und strategisch notwendig ist“, erklärt Klemens Kundratitz, CEO von Koch Media, dem größten unabhängigen Verleger von Computerspielen in Europa, die Problematik für die Anbieter physischer Spiele. Kurzum: Die Zahl lokaler Vertriebsbüros wird aus wirtschaftlichen Gründen schrumpfen. Sega („Sonic“) und Square Enix („Tomb Raider“) sind nur zwei prominente Beispiele aus den letzten Jahren, die ihre deutschen Vertriebsteams entließen und die Betreuung des Handels einem Dienstleister übergaben. N eue Möglichkeiten bietet die Digitalisierung des Vertriebs vor allem kleinen Unternehmen und Entwicklern. Denn dank Digitalvertrieb ist ein internationaler Publisher nicht mehr unbedingt notwendig. Eine Listung in Apples App-Store und Googles PlayStore reicht aus, damit selbst eine EinMann-Firma Spiele auf dem Weltmarkt und an ein globales Publikum verkaufen kann. Ein Beispiel hierfür ist der vietnamesische Entwickler Dong Nguyen. Nach eigenen Angaben erwirtschaftete sein simples „Flappy Bird“ in der Spitze bis zu 50000 US-Dollar Umsatz am Tag. Zu den echten Stars dieser Szene gehört jedoch Markus „Notch“ Persson. Der schwedische Entwickler hatte im Jahr 2011 das Open-World-Game „Minecraft“ entwickelt. Der anfängliche Insider-Tipp hat sich längst weit über 50 Millionen Mal verkauft und ist selbst als Retail-Version Dauergast in den Charts. Perssons Firma macht inzwischen mehr als 200 Millionen Dollar Jahresumsatz. Angesichts solcher Erfolgsstorys sprießen Indie-Developer wie Pilze aus dem Boden, die ihr Glück vor allem in den leicht zugänglichen Mobile-Games-Stores von Apple und Google versuchen. Insider gehen davon aus, dass derzeit weit über 1000 Spiele in den App-Stores erscheinen, und zwar pro Woche! Die Zahl rentabler Spiele bewegt ich dabei im homöopathischen Bereich. Eine Konsolidierung ist unausweichlich. Dennoch ist die schiere Masse ein Beleg für die vorhandene Kreativität und die bringt auch den Markt insgesamt weiter. „Die Diversität der Spieleindustrie ist eine ihrer Stärken“, ist Ralf Wirsing überzeugt, Geschäftsführer von Ubisoft Deutschland. „Immer mehr Menschen entdecken Gaming, weil es ihnen neue, ansprechende Erfahrungen oder völlig neue Wege des Spielens wie Mobile- und Online-Gaming oder Spielen mit Freunden bietet.“ Ubisoft hat wie kaum ein anderer Publisher seine Strukturen an die sich verändernden Bedingungen angepasst. Mit fast 40 Niederlassungen, darunter zahlreiche reine Entwickler, ist Ubisoft als eines von nur sehr wenigen Unternehmen in der Lage, neue Blockbuster-Spiele zu Marken wie „Assassin's Creed“ im Jahrestakt zu veröffentlichen. Gleichzeitig feierte Ubisoft mit „Child of Light“ und „Valiant Hearts“ auch Erfolge im IndieSegment. „Wir ermutigen unsere Teams zu diesen experimentellen Titeln, denn selbst wenn mal etwas nicht klappt und kein fertiges Spiel dabei herauskommt, nutzen wir diese Projekte, um Ideen zu testen, die am Ende womöglich in einem größeren Blockbuster zum Einsatz kommen“, sagt Wirsing. So profitieren am Ende auch die Retail-Titel vom Kreativitätsboom der digitalen Indie-Spiele. E in Nebenaspekt der Digitalisierung des Vertriebs ist der Verkauf virtueller Güter. Denn genauso wie sich ein ganzes Spiel rein digital vermarkten lässt, sind dies auch nur Teile, Episoden oder einzelne Gegenstände. Der Umsatz mit solchen virtuellen Gütern lag 2013 laut BIU und GfK bei 209 Millionen Euro und dürfte in den nächsten Jahren deutlich ansteigen. Allerdings droht hier Ärger mit den Regulierungsbehörden. Im Gegensatz zur Handelsvermarktung, wo es klare Jugendschutzregelungen gibt, sind die Kontrollen in den App-Stores lax. Es häufen sich Fälle, bei denen Minderjährige dank leicht abschließbarer InApp-Käufe und verführerischer Verkaufsmechaniken vierstellige Euro-Beträge von den Kreditkarten der Eltern abbuchen lassen. Sowohl auf EU-Ebene als auch in einigen Ländern werden entsprechende Gesetzesanpassungen geprüft. Zudem könnte die von der Bundesregierung geplante Reform beim Kleinanlegerschutz die Nutzung innovativer Finanzierungsformen wie das Crowdfunding erschweren. In dieses setzt vor allem die Indie-Szene große Hoffnung. Allerdings funktioniert nur eine geringe Zahl an Crowdfunding-Projekten, die dafür umso besser. Vorbild ist Entwicklerlegende Chris Roberts, Erfinder der Serie „Wing Commander“. Er legte die Finanzierung seines neuen Projekts „Star Citizen“ in die Hände der Crowd. Zwei Millionen Dollar lautete das Funding-Ziel, als Roberts Ende 2012 startete. Eine ambitionierte Summe, meinten damals Branchenexperten. Vor allem da Roberts seit einem Jahrzehnt keinen Hit mehr landen konnte und „Star Citizen“ ein Genre bedient, das seit der Jahrtausendwende als tot gilt. Doch die Crowd finanzierte „Star Citizen“ per Stand 7. August mit 49,2 Millionen US-Dollar, Tendenz immer noch steigend. Für manche im Spielegeschäft ist die Digitalisierung eben nicht nur Chance, sondern Segen. Stephan Steininger ist Redaktionsleiter/ Senior Editor Games Markt (Print/Online) 11 3 2013 in Mio. Euro 1591,0 1470,0 HORIZONT 33/2014 Activision Blizzard CEO: Robert A. Kotick Umsatz: 4,58 Milliarden Dollar (Fiskaljahr bis 31.12.2013) Wichtige Marken/IPs: World Of War Craft, Diablo, StarCraft, Call Of Duty, Skylanders Vor allem dank der Blizzard-Titel ist das Unternehmen Marktführer und erwirtschaftet einen nicht unerheblichen Teil seines Umsatzes im digitalen Bereich. Mit „Skylanders“ hat Activision Blizzard bei den HybridSpielen einen Topseller gelandet, der bereits zahlreiche Nachahmer hat. Electronic Arts CEO: Andrew Wilson Umsatz: 3,575 Milliarden Dollar (Fiskaljahr bis 31.3.2014) Wichtige Marken/IPs: FIFA, NFL, Sims, Battlefield, Dragon Age, Mass Effect Über ein Jahrzehnt Marktführerschaft konnte nur durch eine Fusion strittig gemacht werden. Trotzdem hat EA in den vergangenen Jahren einen anstrengenden und nicht ganz schmerzfreien Transformationsprozess durchlaufen. Inzwischen ist EA auch im Digitalgeschäft bestens aufgestellt. Take Two Interactive CEO: Strauss Zelnik Umsatz: 2,351 Milliarden Dollar (Fiskaljahr bis 31.3.2014) Wichtige Marken/IPs: Grand Theft Auto, BioShock, Borderlands Allen Bemühungen um mehr Diversifikation zum Trotz steht und fällt das Jahresergebnis von Take Two nach wie vor mit dem Abschneiden der „Grand Theft Auto“-Spiele. Diese Abhängigkeit macht den US-Amerikaner zum Wackelkandidaten unter den großen Drittherstellern. Ubisoft Das Mittelfeld… CEO: Yves Guillemot Umsatz: 1,35 Milliarden Dollar; (Fiskaljahr bis 31.3.2014) Wichtige Marken/IPs: Assassin's Creed, Tom Clancy, Far Cry, Just Dance, Rayman Der vielleicht risikofreudigste Publisher unter den großen Majors hat sich die Position in den letzten Jahren konsequent erarbeitet und versucht dennoch weiterhin neue Marken wie „Watch Dogs“ am Markt zu etablieren. … ist breit gefächert. Auch wenn einzelne Titel es in die Jahrescharts schaffen, sind diese Unternehmen selten über mehrere Jahre mit mehr als einer, zwei Marken in den Top 20 präsent (alphabetische Reihenfolge): Bandai Namco (Witcher, japanische Anime); Bethesda (The Elder Scrolls); Capcom (Resident Evil); Disney (Infinity, Mobile Games), Koch Media (Dead Island, Saints Row); Konami (Metal Gear Solid, PES); Square Enix (Tomb Raider, Final Fantasy); Warner (Batman, Lego-Movie-Games) HORIZONT 33/2014 14. August 2014 REPORT GAMES-MARKETING 33 Ganz großes Kino Aus Blockbuster wird Videogame: Die ersten Versuche floppten; heute bietet Facebook neue parallele Vermarktungsmöglichkeiten Von Giuseppe Rondinella C omputerspiele als Erweiterung erfolgreicher Kinofilme gehören heute wie selbstverständlich zur Branche und sind zu echten Kassenschlagern avanciert. Doch das war nicht immer so. Das US-Unternehmen Atari veröffentlichte 1982 das Spiel „E.T. – The Extra-Terrestrial“, nachdem zuvor für viel Geld die Rechte am gleichnamigen Kultfilm von Steven Spielberg erworben worden waren. Atari versprach sich hohe Gewinne, immerhin spielte „E.T.“ über 800 Millionen USDollar ein. Doch die Game-Erweiterung wurde zum kommerziellen Desaster – schlechte Grafik, langweiliges Gameplay. Atari blieb auf 4 Millionen Spielkopien sitzen. Der Mythos besagt, dass das Unternehmen die Restbestände in der Wüste von New Mexiko vergraben haben soll. Vor wenigen Wochen sollen tatsächlich Exemplare ausgebuddelt worden sein. 2003 gab es zufriedenere Gesichter bei Atari, denn mit dem Spiel „Enter the Matrix“ zum Film „Matrix Reloaded“ setzte man einen Meilenstein in der Crossvermarktung zwischen Film und Game. Nach der Jahrtausendwende erkannten Entwickler und Publisher, dass Videospiele einen marketingrelevanten Mehrwert bieten und ein weiteres Erlebnis für die Fans sein können. „Es ist uns über den Film vor allem gelungen, neue Zielgruppen zu erschließen, die sich teilweise so- gar speziell für unser Spiel Konsolen angeschafft haben“, schwärmte der damalige Marketingdirector bei Atari Deutschland, Frank Holz, 2003 im Interview mit HORIZONT. Das erfolgreiche Matrix-Modell ermutigte daraufhin die Konkurrenz zum Nachmachen. Es entstanden beispielsweise erfolgreiche Game-Erweiterungen von „Terminator 3“ und „Hulk“. Auch der andere Weg wurde erprobt: Aus Games wurden Filme. So erschien 2006 der Horrorfilm „Silent Hill“, basierend auf dem gleichnamigen Videospiel von Konami. Deutschen Cineasten wird eher die 2008 veröffentlichte Kino-Adaption des Spiels „Far Cry“ (Ubisoft) in Erinnerung geblieben sein, in der Til Schweiger die Hauptrolle spielt. 20th Century Fox sicherte sich damals die Rechte. Seit sich soziale Netzwerke wie Facebook etabliert haben und zahlreiche Freeto-play-Spiele anbieten, haben sich neue Formen der Parallelvermarktung herauskristallisiert. Über die Social Games in sozialen Netzwerken kreieren die Lizenzverwalter eine kontinuierliche Plattform für das filmbegeisterte Publikum. Die sehr erfolgreiche US-Serie „Walking Dead“ etwa ist für ein Social Game auf Facebook lizenziert worden und hat bereits über 100000 Spieler. Ebenso verhält es sich mit „Der Herr der Ringe“, den zahlreichen „Marvel“-Filmen und „Game of Thrones“. Letzterer basierte auf dem Buch und fand den Weg von der TV-Serie zum Spiel. Captain Jack Sparrow von „Fluch der Karibik“, Buzz Lightyear von „Toy Story“ und Sulley von „Die MonsterUni“ – sie alle sehen im Einkaufsregal aus wie gewöhnliche Sammelfiguren, die von den Filmkonzernen gern als Marketing-Tool eingesetzt werden. Das sind sie auch. Doch in Disneys Computerspiel „Infinity“ erwachen die Kinderhelden aus Plastik zum Leben und erkunden virtuelle Welten, sobald man die Spielfiguren auf ein Podest gestellt hat, welches per USB-Kabel mit der Konsole verbunden ist. „Infinity“ baut eine Brücke zwischen digitaler und haptischer Welt. Die Idee dahinter: Die junge Zielgruppe kauft die Plastikhelden und kann mit ihnen jeweils eigene Themenwelten, sogenannte Playsets, erkunden. Wer mehr spielen möchte, muss mehr Figuren kaufen. Der Effekt: Disney macht ein Riesengeschäft und bewirbt nebenbei die eigenen Filme. Diese Crosspromotion-Idee ist zwar genial, aber nicht neu. Der Hersteller Activision war lange Zeit mit einem Hybrid aus physischer und virtueller Welt namens „Skylander“ allein auf dem Markt und erzielte Milliardenumsätze. Der Vorteil für Konkurrent Disney liegt auf der Hand: Der US-Medienkonzern kann aus dem Stand auf ein ganzes Arsenal an Filmhelden zugreifen. Das funktioniert über ein Franchisesystem, über das immer neue Filmcharaktere hinzugefügt werden. Im September werden die Helden aus „Guardians of the Galaxy“ das Portfolio erweitern – der gleichnamige Film läuft ab Ende August in den Kinos. Das Videospiel „Mittelerde: Mordors Schatten“ ist ein perfektes Beispiel dafür, wie der Publisher Warner Bros. Interactive Entertainment zusammen mit dem Entwickler Monolith Productions die hauseigenen Nutzungsrechte weiterverwendet. Das Action-Adventure-Game, das am 2. Oktober veröffentlicht wird, füllt nicht nur storytechnisch die Lücke zwischen den Filmen „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“, sondern erweitert auch die Filmlizenzen – immer in Absprache mit Peter Jackson, dem verantwortlichen Regisseur. Die Crosspromotion steuert Warner über die eigenen Social-MediaKanäle, hauptsächlich über Facebook, wo das US-Filmunternehmen auf den deutschen Fan-Seiten der beiden Filme annähernd eine Million Nutzer erreicht. Diese bekommen dort unter anderem den Game-Trailer präsentiert und sollen zum Daddeln angelockt werden. Bereits 2011 machte Warner gute Erfahrungen mit der Crosspromotion durch das Game „Herr der Ringe: Krieg im Norden“. Abseits herkömmlicher Werbemaßnahmen wie Bannerplatzierungen ist das neueste Update im Mobile-Game „Plague“ ein intelligentes Beispiel für kreatives Crossmarketing zwischen digitalem Spiel und erfolgreichem Kinofilm. In dem Game, in dem die komplette Menschheit mit Viren oder Bakterien ausgerottet werden muss, hat der Spieler seit neuestem eine weitere Bio-Waffe im Sortiment: das Virus aus dem Film „Planet der Affen“. Es ist natürlich kein Zufall, dass der Blockbuster vor wenigen Tagen in den deutschen Kinos gestartet ist. Die Marketingkooperation von Spieleentwickler Ndemic Creations und dem Studio 20th Century Fox hat viele Vorteile: Der Film erhält eine zusätzliche Vermarktungsbühne und erreicht dank Game-Reichweite eine weitere Zielgruppe, die Gefallen am Kinofilm finden könnte. Das Spiel wiederum profitiert von einer glaubwürdigen Implementierung des Affen-Virus in das Game-Set und gewinnt mögliche „Planet der Affen“-Fans als Nutzer hinzu. Eine Win-win-Situation. Nur im Spiel gibt es Verlierer – die Menschen. 34 REPORT GAMES-MARKETING Du bist das Spiel Von Klaus Janke D Zuschauen, wie andere daddeln: Die Let’s-Play-Welle schafft neue Spielregeln in der Gaming-Welt A uch die Spiele-Publisher sehen sich mit neuen Rahmenbedingungen konfrontiert: „Viele Publisher standen dem Thema zunächst sehr skeptisch gegenüber, und einige haben ihre Haltung auch nicht verändert“, so Heuser. „Die Mehrzahl hat jedoch verstanden, dass Let’s Play zur CommunityArbeit gehört.“ Viele Unternehmen pflegen einen engen Kontakt zu den Youtubern, stellen Spiele zur Verfügung, laden zu Veranstaltungen ein. „Sie haben in unserer Kommunikationsarbeit denselben Status wie Journalisten“, sagt Martin Lorber, Kommunikationschef bei Electronic Arts. Inwiefern die Publisher Einfluss auf die Bewertung der Spiele nehmen, lässt sich kaum abschätzen. Da die Gamer-Gemeinde sehr sensibel ist, würden sich allerdings offensichtlich „gekaufte“ Youtuber schnell ins Aus manövrieren. Statt sie als Konkurrenz zu betrachten, praktiziert IDG den Schulterschluss mit den neuen Playern. Dem Multi-Channel Network (MCN) Allyance des Verlags sind über 290 Kanäle angeschlossen, die für insgesamt rund 100 Millionen Videoviews pro Monat stehen, darunter Pietsmiet, das nach Gronkh zweitgrößte deutsche Format. „Als Netzwerk bieten wir Erfolgsduo Gronkh (l.) und Sarazar Gronkh Der 27-jährige Kölner, alias Erik Range, ist mit rund 3 Millionen Abonnenten erfolgreichster deutscher Youtuber. Seit 2010 verzeichnet er über eine Milliarde Videoabrufe, 6000 Filme sind im Angebot. Gronkh betreibt mit Valentin Rahmel über das Unternehmen Play Massive Websites zum Thema Gaming. Piet Smiet Dahinter steht ein sechsköpfiges Kölner Team von „spieleverrückten Teilzeitbekloppten“, das von Peter Smits, 25, gegründet wurde. Der Kanal zählt heute rund 1,6 Millionen Abonnenten und 12000 Videos. Seit 2011 wurden rund 846 Millionen Videos abgerufen. Sarazar Valentin Rahmel verzeichnet als Sarazar knapp 1,4 Millionen Abonnenten und umfasst rund 2900 Videos – mit 287 Millionen Videoabrufen seit 2010. Der 30-Jährige arbeitet mit Gronkh beim Internet-TVFormat „Let’s Play Together“ und dem Unternehmen Play Massive zusammen. Ungespielt Das Format „Ungespielt“ übersprang im Juli die Marke von einer Million Abonnenten und bietet bislang rund 1200 Videos. Hinter „Ungespielt“, das bislang 160 Millionen Videoabrufe verzeichnet, steht Simon Unge, 24, der gemeinsam mit seinen Kollegen Dner, Lets Taddl und Ardy das „Youtuber-Haus“ bewohnt. 14. August 2014 unseren Partnern umfassende Betreuung“, erklärt Ralf Sattelberger, Director Sales und Associate Publisher bei IDG Entertainment Media. „Wir unterstützen sie bei technischen Fragen, zeigen ihnen Möglichkeiten zur Reichweitensteigerung auf, organisieren Workshops und Events und fördern den Erfahrungsaustausch mit anderen Youtubern. Nicht zuletzt realisieren wir für zusätzliche Vermarktungspotenziale über die Ausschüttung von Google-Adsense hinaus.“ IDG verkauft Werbung in den Let’sPlay-Formaten, in erster Linie Pre-Rolls. Zu den Werbepartnern gehören unter anderem die Deutsche Telekom, LG Electronics, Teufel Lautsprecher und die großen Gaming-Publisher. Allerdings sind die Standardwerbeformate für IDG nicht die attraktivste Option, weil die Werbeeinnahmen in diesem Bereich mit Youtube und den Kanalbetreibern geteilt werden müssen. „Wir verstehen uns nicht lediglich als Werbevermarkter“, betont Sattelberger daher, „sondern gehen ein paar Schritte weiter, indem wir BrandedEntertainment-Formate für unsere Kunden produzieren.“ Mittlerweile stammen bei IDG 85 Prozent des Werbeumsatzes aus digitalen Kanälen, davon entfällt über ein Viertel auf das Youtube-Business. A FOTO: STUDIO 71 eine Titten sind elektrisch, Baby, wenn ich dich sehe, werd‘ ich hektisch, Lady“, skandieren Gronkh und Sarazar in „Elektrotitte“, dem knackigen DanceTrack, der im vergangenen Herbst bis auf Platz 17 der deutschen Single-Charts vorstieß. Im Video sieht man zwei hippe Bartträger mit Sonnenbrille, die auf der Tanzfläche eines Clubs ausflippen, selbstironisch und in der wohligen Gewissheit, bei Millionen von Fans bekannt und beliebt zu sein. Gronkh und Sarazar, bürgerlich Erik Range und Valentin Rahmel, sind längst veritable Popstars – und beweisen damit, dass die Let’s-Play-Welle zu einem Massenphänomen geworden ist. Gronkh betreibt einen Youtube-Kanal, der mittlerweile von über 3 Millionen Gaming-Fans abonniert ist, Sarazar bringt es auf rund 1,4 Millionen Abonnenten. Let’s Play trat seinen Siegeszug vor etwa vier Jahren an. Klassisch versteht man darunter Videos, die einen einzelnen Spieler beim Testen eines Spiels zeigen, das er währenddessen kommentiert. Mittlerweile sind aber viele weitere Formen und Abwandlungen hinzugekommen, der Trend geht zum Zusammenspiel mehrerer Player und zu Entertainment-Inhalten. Tausende von Gamern stellen Let’s-Play-Videos auf Youtube, einige wenige, darunter neben Gronkh und Sarazar das Pietsmiet- und das Ungespielt-Team, können sogar davon leben – ihre Kanäle werfen ausreichend Werbeeinnahmen ab, die sie sich mit Youtube teilen. Einzelne Videos erreichen bis zu 8 Millionen Abrufe. Laut einer Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom schaute sich bereits 2013 jeder neunte Gamer regelmäßig Let’s-Play-Videos an – das sind rund 3 Millionen Bundesbürger. Mittlerweile dürften es noch mehr sein. Die Konsolenhersteller haben auf den Trend reagiert, indem sie Geräte anbieten, die den direkten Mitschnitt von Spielsequenzen ermöglichen. Das Let’s-Play-Phänomen verändert die Kommunikationsmechanismen der Gaming-Welt grundlegend. Die klassischen Gaming-Medien müssen sich umstellen: „Für Printmagazine und klassische Online-Angebote reicht heute ein einfacher Spieletest nicht mehr aus“, sagt René Heuser, Director Brand Strategy bei IDG Entertainment Media, das unter anderem die Zeitschriften „Gamestar“ und „Game Pro“ im Programm hat. „Wir müssen mit redaktioneller Zusatzleistung punkten. Und wir arbeiten über die Personalisierung der Redakteure als prominente Fachleute.“ HORIZONT 33/2014 uch Pro Sieben Sat 1 betreibt mit dem Kölner Unternehmen Studio 71 ein eigenes MCN. Seit Anfang des Jahres mischen hier auch Gronkh und Sarazar mit, die zuvor dem IDG-Netzwerk angehörten. Bereits seit 2012 produziert Studio 71 mit ihnen das InternetTV-Format „Let’s Play Together“, das auf Myvideo, Youtube und anderen Plattformen zu sehen ist. Der Livestream ist jeweils freitags um 18 Uhr zu sehen und hat sich zum attraktiven Werbeplatz entwickelt: „Wir haben unter anderem die Kunden Ubisoft, Sony Pictures Releasing, 20th Century Fox, Activision und Namco Bandai für Werbung im Umfeld gewinnen können“, berichtet Thomas Port, Geschäftsführer Digital beim Vermarkter Seven-One Media. Das Portfolio der Werbeformen umfasst Pre-Rolls, Gewinnspiele, Sponsoring sowie Branded Entertainment. Dass die Let’s-Play-Welt echte TV-Ereignisse im Internet schaffen kann, beweist der Erfolg des von Myvideo organisierten Gaming-Events „Last Man Standing“, dessen erste Folge im März 2013 als Livestream gezeigt wurde. Die „Let’s Play Together“-Crew spielte acht Stunden lang gegen das Pietsmiets Team. Allein der erste Stream brachte rund 2 Millionen Videoviews. Port betont, dass Publisher die Inhalte von „Let’s Play Together“ nicht beeinflussen können. „Die Einbindung von Spielen ist Hoheit der Redaktion.“ Damit können Werbekunden sicher sein, nicht in einem redaktionell unkontrollierten Umfeld präsent zu sein. „Sie haben die Garantie, dass ihre Integration ,brand safe‘ ist“, formuliert es Port. Neben den Publishern sind an Let’s Play bislang vor allem Werbungtreibende interessiert, deren Produkte Bezug zum Thema haben, also Hard- und SoftwareHersteller, Snack-Anbieter, die Film- und Telekommunikationsindustrie. Die Telekom etwa präsentiert auf der Gamescom den „Telekom Mario Kart 8 Cup“. Dabei treten 16 der bekanntesten Youtuber Deutschlands in Zweierteams gemeinsam mit einem Fan gegeneinander an und küren den besten „Mario Kart“-Spieler. Im Vorfeld der Aktion, die in Kooperation mit IDG durchgeführt wird, konnten sich die Fans mit einem Video bei ihrem präferierten Youtuber bewerben. „Der Computerspiele-Markt boomt seit Jahren und es ist extrem spannend, mitzuerleben, wie der Anteil am Online-Gaming immer größer und wichtiger wird“, begründet Philipp Friedel, Leiter Marktkommunikation bei der Telekom, das Engagement. „Da ist natürlich eine optimale Internetversorgung ein entscheidender Faktor für die Gamer und Fans.“ Mehr Info? Einfach auf die Anzeige tippen. 36 REPORT GAMES-MARKETING HORIZONT 33/2014 14. August 2014 Der Kick mit dem Klick E-Sport-Turniere füllen Stadien, Millionen folgen den Videostreams. Die Strukturen nähern sich dem Profisport an Spieler als Testimonials Beim Turnier „The International“ von Riot Games in Seattle wurden im Juli Preisgelder von 10 Millionen US-Dollar ausgezahlt. Doch die E-Sport-Stars streichen laut Min-Sik Ko, Europamanager der Talentagentur Global Esports Management, auch Gehälter von 5000 bis 10000 Dollar monatlich ein: „Unsere Profis haben eine größere Reichweite als jeder B-Promi in Deutschland.“ Zu den Stars gehört der Niederländer Robbert van Eijndhoven, dessen Youtube-Kanal „Siv HD“ mehr als eine Million Menschen abonniert haben. Autogrammstunden bei Turnieren sind gang und gäbe, sogar Merchandising-Artikel sind in der Pipeline. Für Sponsoren gebe es vielfältige Möglichkeiten: „Sie können ihr Logo im Stream platzieren, Spieler als Testimonials nutzen oder als Trikotsponsoren auftreten“, sagt Ko. Als Manager sorge er dafür, dass die Spieler ihren Verpflichtungen auch nachkommen. Von Steffen Ermisch O ffensiv hatte die Frankfurter Commerzbank Arena mit ihrer neuen LED-Leinwand geworben, um Fußballfans zum Rudelgucken zu locken: 412 Quadratmeter, 31 Meter Bildschirmdiagonale. Mit Erfolg: 50000 Menschen verfolgten Mitte Juli gebannt, wie Mario Götze Deutschland zum vierten WM-Titel schoss. Knapp drei Wochen später steht die Riesenleinwand immer noch. Wieder starren Tausende Fans darauf, wieder hallen Anfeuerungsrufe und Jubelschreie durch die Arena. Allein: Statt Kickern sieht man ein Gewusel von zaubernden Zwergen, Druiden und anderen Fabelwesen. Gesteuert werden die Charaktere von professionellen Computerspielern, die in Fünferteams auf einem Podest unter der Leinwand um die Wette klicken. Dass ein Fußballstadion als Austragungsort des bisher aufwendigsten Computerspiel-Turniers in Deutschland gewählt wurde, ist kein Zufall. Die Branche wirbt seit Jahren dafür, dass Wettbewerbe an Tastatur und Maus als Sport anerkannt werden. In den USA haben erste Computerspieler bereits ein Sportler-Visum bekommen. Davon ist man in Europa noch weit entfernt, doch der Begriff „E-Sport“ – elektronischer Sport – ist auch hier längst gebräuchlich. Und tatsächlich werden die Parallelen zu Fußball, Basketball und Co immer augenfälliger. Es gibt Mannschaften, die in der Szene „Clans“ heißen. Es gibt hauptberufliche Spieler, die mit ihrer Leidenschaft den Lebensunterhalt bestreiten. Und es gibt nationale sowie internationale Ligen. Mainstream lockt Marken Kommentatoren generierte Reichweite in den sozialen Netzwerken sei beeindruckend: Ohne dass die Streams mit Bannern oder Ähnlichem beworben worden seien, gingen die Zuschauerzahlen „deutlich in den fünfstelligen Bereich“. Google steigt ein Wie massenwirksam Zocker-Videos sind, zeigt Twitch. Die erst 2011 gestartete Streamingplattform steht im Computerspielsegment auf Platz 1. Das Dr. Pepper Turnier ist hier genauso zu sehen wie Großevents und Trainingsspiele. Twitch erreicht nach eigenen Angaben 45 Millionen Menschen, die im Schnitt über 100 Minuten konsumieren – pro Tag. Beim bisher erfolgreichsten Turnier, veranstaltet von Riot Games im vergangenen Jahr, sahen in der Spitze 8,5 Millionen Menschen gleichzeitig zu. Diese Dimensionen haben offenbar auch Google auf den Plan gerufen: Angeblich wird der Internetkonzern den Youtube-Konkurrenten für eine Milliarde US-Dollar übernehmen, was offiziell noch nicht bestätigt wird. Die Popularität der Streams befeuert die Geschäfte des Ligenveranstalters Turtle Entertainment: Zetlmayer berichtet von einer Verdreifachung der Erlöse seit 2010 und inzwischen 180 Mitarbeitern. Twitch bilde einen wichtigen Teil der Einnahmen – über massenhaft produzierte Inhalte der Tochterfirma ESL TV. Ähnlich wie bei Youtube verdienen Content-Lieferanten an Werbeeinblendungen mit. Damit haben sich die Kölner unabhängiger von Sponsoren gemacht – und sind zugleich für eben diese interessanter geworden. „Wir sind sicher, dass nach Red Bull und Coca-Cola weitere Konsumgüterhersteller in den E-Sport einsteigen. Als Werbepartner in den Onlinevideos sind viele schon vertreten.“ Diese Euphorie teilt Markus Breuer, Professor für Sportmanagement an der SRH Hochschule Heidelberg, nur bedingt. „Man sieht große positive Entwicklungen. Aber der E-Sport hat bisher nicht die Mitte der Gesellschaft erreicht“, sagt Breuer. Vor allem Männer unter 30 seien die Konsumenten. Softdrink-Herstellern mag das genügen – bei Automobilherstellern wird es schon schwieriger. Hinzu komme ein Imageproblem: „Der E-Sport hat immer noch mit dem schlechten Image von sogenannten Killerspielen wie Counter-Strike zu kämpfen.“ Dass tatsächlich blutfreie Fantasy-Strategie-Spiele wie „Dota 2“ oder „League of Legends“ die Szene dominieren, hat sich noch nicht herumgesprochen. Eine weitere Hürde: Bisher fehlen professionelle Vermarkter. In diese Lücke drängt die aus einem E-Sport-Verein hervorgegangene Event- und Marketingagentur ENPE Media. Sie versucht, den Unternehmen klarzumachen, „dass man ein Millionenpublikum erreichen kann“, sagt Gründer Christian Kresse. „Dabei sind die Preise gemessen an der Reichweite je nach Kampagene noch sehr günstig.“ Kresse versteht sich auch als Übersetzer – denn für Außenstehende erschließt sich die Welt der Gamer schwer. Das ungeübte Auge erkennt nur Durcheinander. Und der unglaubliche Redefluss des Kommentators in einem Livestream erhöht die Verwirrung nur. Kicker spielt mit Eine Brücke in die ComputerspieleWelt will nun ein etabliertes Sportmagazin bauen: Anfang März startete der „Kicker“ online einen neuen E-SportChannel. „Der E-Sport hat mittlerweile so professionelle Strukturen, dass es für uns ein guter Zeitpunkt war, einzusteigen und den Fans eine hochwertige Berichterstattung anzubieten“, sagt Werner Wittmann, Leiter Digitale Medien beim Olympia Verlag in Nürnberg. Die Unterschiede zum „regulären“ Sport seien gar nicht so groß. Gefüllt werden die Inhalte bisher von der Hamburger Agentur eGames Media. Bei einer guten Entwicklung sei denkbar, dass sich eigene Redakteure der Themen annehmen. „Das Angebot wird aus unserer Sicht sehr gut angenommen“, so die erste Zwischenbilanz. Man habe großen Zuspruch von Fans, Spielern und Veranstaltern erfahren. Im neuen Kicker-Channel dominieren derzeit Fußballspiele – obwohl die in der E-Sport-Szene vergleichsweise wenig Beachtung finden. Die Nische besetzt mit Erfolg der Hersteller EA, der in seiner Fifa-Reihe mit der DFL eine „virtuelle Bundesliga“ geschaffen hat. Seit zwei Jahren können Einzelspieler ohne Zusatzkosten um eine Meisterschale spielen. Das Finalspiel fand Mitte Mai im ausverkauften Berliner Olympia-Stadion statt– in einer Loge. Die 76000 Fans auf den Rängen waren gekommen, um die ganz reale Bundesliga-Begegnung zwischen Hertha BSC und Borussia Dortmund zu verfolgen. Und der Sieger an der Konsole gewann ein Ticket für das WM-Spiel Deutschland gegen Portugal. FOTO: HELENA KRISTIANSSON / ESL Veranstalter des zweitägigen Events in Frankfurt war Turtle Entertainment. Das Kölner Unternehmen organisiert die in Europa marktbeherrschende „Electronic Sport League“ (ESL), die etliche Wettbewerbe für unterschiedliche Videospiele umfasst – in der Commerzbank Arena duellierten sich Anhänger des Strategiespiels Dota 2. „Wir hatten 180 Journalisten vor Ort, das Echo war enorm“, sagt Heinrich Zetlmayer, Geschäftsführer Turtle Entertainment. Dass „Süddeutsche Zeitung“, „Spiegel Online“ und das „Heute Journal“ Reporter schickten, ist für Turtle Entertainment von unschätzbarem Wert – sollte die „Leuchtturmveranstaltung“ doch auch der werbungtreibenden Wirtschaft ein Signal senden: Seht her, E-Sport ist im Mainstream angekommen. Intel, Benq, Asus – seit der ESL-Gründung im Jahr 2000 dominieren Unternehmen der Computerindustrie die Sponsorenlisten. Ähnlich sieht es bei Wettbewerbern wie Dreamhack in Schweden aus. Vor der Finanzkrise gab es erste Versuche Branchenfremder, den ESport als Werbeplattform zu nutzen. Doch Namen wie Volkswagen, Nokia oder Suzuki verschwanden schnell wieder – zu gering war die Breitenwirkung. „Der Sektor hat sich seitdem rasant entwickelt“, sagt Zetlmayer. „Unsere Reichweite ist heute vergleichbar zum Eishockey, Basketball oder Handball.“ Klassische Fernsehsender spielen in dem Fall keine Rolle – rund eine halbe Million Live-Zuschauer verfolgten das Geschehen in Frankfurt per Videostream im Internet. In Korea gehören Videospiele gar zum regulären TV-Programm. In Deutschland hatte 2012 der Spartensender ZDF Kultur damit experimentiert. Die Popularität zieht neue Geldgeber an: American Express ging 2013 eine Partnerschaft mit dem US-Hersteller Riot Games ein. Dessen Strategiespiel „League of Legends“ zählt zu den Blockbustern. Coca-Cola organisiert mit Riot Games neuerdings eine Liga für ambitionierte Amateurspieler in Europa und den USA. Auch Tausendsassa Red Bull mischt mit – unter anderem als Top-Partner der ESL. In Deutschland sprang jüngst Krombacher auf den Zug – und wurde in diesem Jahr ESL-Partner für die hochkarätige Pro Series. Zudem veranstaltet der Getränkehersteller im zweiten Jahr in Folge ein eigenes E-Sport-Turnier. In Erscheinung tritt aber nicht die Brauerei selbst – sondern die amerikanische Brausemarke Dr. Pepper, die Krombacher in Deutschland und Österreich vertreibt. „Aus der Marktforschung wissen wir, dass die Zielgruppe eine große Affinität zu Gaming und zu Bewegtbild-Inhalten im Internet hat“, sagt Patrick Arnold, Digitalmanager bei Krombacher. Mit ESport erfülle man dank der Streams beide Präferenzen. Die Marke ist über das eingeblendete Logo und als Veranstalter des „Dr. Pepper Allstar Tournaments“ präsent. „Unsere Erwartungen sind bei weitem übertroffen worden“, sagt Arnold. Mehr als 1100 Teams haben teilgenommen. Vor allem die über Spieler und FOTO: NISSAN HORIZONT 33/2014 REPORT GAMES-MARKETING 37 14. August 2014 Die GT Academy testet den PreLaunch von Sonys Gran Turismo 6 Vom Sofa auf die Strecke Nissan bildet Gamer zu Rennfahrern aus. Das Projekt ist ein zentrales Marketing-Tool Von Giuseppe Rondinella S tundenlang saß Florian Strauß hinter seiner Playstation, überholte ein virtuelles Auto nach dem anderen und fuhr mit Bestzeiten über die virtuellen Ziellinien. Vor rund einem Jahr war der Berliner ein ganz normaler 29-Jähriger mit einer Vorliebe für Spielekonsolen. Nur sechs Monate später ist aus dem Gamer Strauß ein professioneller Rennfahrer geworden, der mit 500 PS unter der Haube auf realen Strecken unterwegs ist. So wie vor wenigen Wochen auf dem Nürburgring, wo er am Steuer eines Nissan GT-R Nismo GT3 am 24-Stunden-Rennen teilnahm, einem der härtesten Rennen der Welt. Mehr Info? Einfach auf die Anzeige tippen. Hinter dieser Erfolgsgeschichte steckt der japanische Autohersteller Nissan, der 2008 mit Sony Computer Entertainment einen internationalen Wettbewerb ins Leben rief, die GT-Academy (GTA). Gamer aus der ganzen Welt messen sich dabei online über das Playstation-Spiel Gran Turismo und qualifizieren sich über gute Rundenzeiten. Am Ende werden die besten Teilnehmer von einer Jury ausgewählt und zum Rennfahrer ausgebildet. Die GTA ist nun zentraler Gegenstand der Marketingstrategie. „Einen Gamer zum Racer zu formen, ist eine wahnsinnig spannende Geschichte – und die wollen wir erzählen. Denn die Produktion von Content ist für uns das MarketingTool der Zukunft, klassische Werbung wird immer irrelevanter“, sagt Darren Cox, Global Head of Marketing bei Nissan. Ihm geht es in erster Linie um Innovation. „Wir wollen Dinge machen, die kein anderer macht – das erzeugt Aufmerksamkeit.“ Der Anfang war holprig. „Als wir damals die Idee präsentierten, haben alle gedacht, wir wären verrückt“, sagt Cox. „Doch der Erfolg gibt uns Recht.“ Der Student Lucas Ordonez, Gewinner der ersten GTA, stand drei Jahre nach seiner Ausbildung auf dem Podium beim 24Stunden-Rennen von Le Mans, gewann mehrere Meisterschaftstitel in diversen Motorsportwettbewerben. Daraufhin explodierte die Teilnehmerzahl: Bei der jüngsten Academy nahmen in der ersten Ausscheidungsrunde 100000 Spieler allein aus Deutschland teil. Und in ande- ren Ländern stehen sie schon an den Startlinien, denn die GTA expandiert nach Südafrika, Mexiko, Thailand, Indien, Australien und in den Nahen Osten. Für die Vermarktung in Deutschland hilft den Japanern der ehemalige Formel-1-Fahrer Nick Heidfeld, der als GTAJuror engagiert wurde. Er fungiert als Botschafter für das Projekt und die Marke Nissan, sagt Cox. „Und weil Nick nach wie vor zahlreiche Fans hat, erlaubt das uns und ihm, viele Geschichten rund um die GTA zu erzählen. Das schafft Glaubwürdigkeit.“ Nissan geht noch einen Schritt weiter. Ende Juni präsentierte der Autobauer auf dem Nürburgring ein Telemetrie-System namens „Nissan Connect Nismo Plus“. Das Programm erlaubt dem Fahrer, seine auf der Rennstrecke erbrachten Leistungen abzuspeichern und später aus allen Blickwinkeln im Spiel Gran Turismo zu verfolgen und auszuwerten. Das System erfasst die Aktionen des Fahrers und kombiniert diese mit Fahrzeugund GPS-Daten, woraus sich eine komplette digitale Rekonstruktion einer Rennstreckenrunde ergibt. „Das ist kein nutzloses Gimmick, sondern ernsthafte Technologie für den Ein-satz von professionellen Rennteams“, erläutert Cox die Innovation. Das weiß auch Strauß. Der Berliner hat gezeigt, dass die Verwandlung zum echten Rennfahrer funktioniert. Er fuhr auf dem Nürburgring phasenweise ähnliche Rundenzeiten wie sein Teamkollege Nick Heidfeld und trug maßgeblich dazu bei, dass ihr zwischenzeitlich zurückgefallener Wagen am Ende noch als dreizehnter seiner Klasse durchs Ziel fuhr. Anzeige 38 REPORT GAMES-MARKETING HORIZONT 33/2014 14. August 2014 Werbung wohin man blickt bei „GTA“ Im Auge des Betrachters In-Game Advertising ist für viele Marken interessant geworden. Derweil wächst die In-App-Werbung rasant Von Giuseppe Rondinella A uf der Hut und schwer bewaffnet schleicht sich der Geheimagent Sam Fisher durch die vermeintlich leergefegten Straßen des Computerspielklassikers „Splinter Cell“. Der feindliche Hinterhalt könnte überall lauern – nicht nur hinter dem brennenden Reifenstapel oder dem markanten Felsvorsprung, sondern ebenso hinter der Werbetafel von McDonald’s oder dem Getränkeautomaten von Sprite. Gamer, die den Agenten Fisher unbeschadet durch das Gefahrengebiet steuern wollen, müssen hoch konzentriert zu Werke gehen, wegsehen wäre fatal. Und deshalb wird auch das Werbeplakat aufmerksam gemustert. Ein Traum für die Werbeindustrie. Games sind für Unternehmen zu einem wichtigen Bestandteil im Mediamix avanciert. Kein Wunder: Laut Branchenverband Bitkom nutzt jeder dritte Deutsche mittlerweile eine Spielekonsole, das sind 24 Millionen Bundesbürger. 2013 waren es nur 18 Millionen. Das investierte Zeitbudget kann sich ebenfalls sehen lassen: Knapp zwei Stunden verbringen Gamer täglich mit ihrem Hobby. Für die Werbungtreibenden heißt das: große Zielgruppe mit hoher Werbedauer. Maximilian Schenk, Geschäftsführer des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), ist sich sogar sicher: „Prototype“ spielt in New York. Der Times Square bietet einiges an Werbung „Spiele sind das Leitmedium des 21. Jahrhunderts.“ (HORIZONT 29/2014). Und in einem Leitmedium wird nun mal auch Werbung platziert. Dabei ist In-Game Advertising nichts Neues. „Die Nachfrage war schon immer da“, sagt Tina Ponickau, Leiterin Beratung Media bei Pilot Berlin. „Neue Technik, bessere Grafiken und schnellere Ladezeiten haben die Entwicklung jedoch weiter angetrieben.“ Mit dem Ergebnis, dass Ponickau in Zukunft mit mehr Anfragen rechnet, vor allem aus der Filmund Musikindustrie, welche die junge Zielgruppe erreichen wollen. Auch für Branchen, die nicht auf den ersten Blick mit Games assoziiert werden, sei diese Werbeform denkbar, etwa die Lebensmittelindustrie oder die Pharmabranche. Ponickau: „Immer unter dem Vorbehalt, dass die Kampagne gut gemacht ist und ins Spielumfeld passt.“ Die Vorteile von In-Game Advertising liegen auf der Hand. Bei einem TV-Spot kann der Zuschauer wegzappen, bei Computerspielen ist das ungleich schwieriger. Der Gamer ist konzentriert bei der Sache, schaut nicht weg oder schläft gar ein, immerhin gibt es fremde Welten zu erkunden, Schätze zu orten und Feinde auszuschalten. Unternehmen können ihre Botschaften obendrein an einzelne Zielgruppen aussteuern – der Online-Registrierung sei Dank. U nd wohl einer der größten Vorteile: In kaum einem Medium genießt Werbung eine so große Akzeptanz wie bei Computerspielen – vorausgesetzt, sie ist passend platziert. Laut dem „State of Online Gaming Report 2013“ des niederländischen Spieleanbieter Spilgames sind 83 Prozent der Befragten offen für In-Game Advertising. Denn häufig wird das Spielgeschehen erst durch die Werbung realitätsnah. Man stelle sich ein Fußballstadion ohne Bandenwerbung vor, den New Yorker Times Square ohne Werbetafeln, eine Bushaltestelle ohne Plakate. Doch es gibt auch Probleme. Oft werden fehlende Planungsgrundlagen bemängelt, es gibt kaum Studien und wenig Einigkeit über Zielgruppen, Reichweiten, Anzeigenformate und Werbepreise. Harte Zahlen werden vermisst. Yannick Weidmann, Senior Executive Division Digital bei PHD, fordert deshalb: „Werbungtreibenden sollte bewusst sein, dass es sich bei dieser Form von Markenkom- munikation primär um einen Image-Kanal handelt.“ Möglichkeiten gibt es zuhauf. Angefangen von statischer Bandenwerbung wie bei „Fifa“ über Product Placement wie bei „Worms 3D“ (ein Schluck Red Bull päppelt die Würmer auf) bis hin zu Ad Games, die eigens für Unternehmen und deren Zielgruppe kreiert werden. Ein großer Player ist der japanische Spieleentwickler Polyphony, eine Tochter von Sony Computer Entertainment, die mit „Gran Turismo“ (GT) seit Jahren zahlreichen Automobilunternehmen eine Vermarktungsplattform bietet. D ie Hersteller entwickeln virtuelle Versionen ihrer realen Fahrzeuge und stellen sie auf der Playstation zur Verfügung. Das ist kein In-Game Advertising im klassischen Sinne, sondern soll vielmehr als Markenerlebnis verstanden werden. Zahlreiche Autohersteller sind bereits auf den GT-Zug aufgesprungen: Mitsubishi, BMW, Alfa Romeo, Mercedes oder auch Nissan. Letzterer ist seit 1998 Kooperationspartner. „Das Spiel dient uns als eine Art Massentestfahrt“, sagt Gareth Evans, Marketing Manager bei Nismo Global, der Motorsportabteilung von Nissan. Als die Japaner das Modell „Leaf“ auf den Markt brachten, wurde er auch den Gamern auf der Playstation zur Verfügung gestellt. Bei BMW schätzt man vor allem den Erlebnisfaktor: „Die Kooperation erlaubt uns zum einen, bestehende Modelle einem Millionenpublikum interaktiv Hinter der Pepsi-Werbetafel könnte Gefahr lauern und spielerisch erfahrbar zu machen und dies in einem heutzutage hoch professionellen Umfeld“, sagt Claudia Müller, Head of Global Entertainment Marketing bei BMW. „Zum anderen können Fahrzeughersteller aber auch den virtuellen Raum nutzen, um Modelle und Technologien, die sonst eher nicht auf der Straße zu finden sind, in Szene zu setzen.“ Im BMW-Werbebudget spielen Games daher eine wichtige Rolle – genaue Zahlen wolle man jedoch nicht nennen. D er neueste Trend heißt indes Mobile Advertising, auch In-App Advertising genannt – immerhin sind 40 Prozent aller in Deutschland heruntergeladenen Apps Spiele. Nach Bitkom-Informationen wurden 2013 in Deutschland 344 Millionen Euro mit Werbung in Apps umgesetzt. Für 2014 rechnen die Experten mit einem Anstieg auf 495 Millionen Euro. PHD-Fachmann Weidmann feiert In-App-Advertising bereits als den „mit Abstand größten und am schnellsten wachsenden Markt“. Denn: Mit einem Smartphone sei heute praktisch jeder ein Gamer. Die Industrie hingegen ist diesbezüglich noch etwas zurückhaltend. „Mobile Werbung kann sehr störend sein“, so Nissan-Manager Evans. „Der Schlüssel ist doch, die UserJourney nicht zu unterbrechen, sondern aufzuwerten.“ HORIZONT 33/2014 REPORT GAMES-MARKETING 39 14. August 2014 Bewegung tut gut Digitale Medien und speziell Bewegtbildformate sind der große Werbetrend im Gamesmarkt. Doch die Menge der Möglichkeiten ist nicht nur ein Segen F Von Roland Karle ernsehmoderator Daniel Hartwich ist ein witziger Zeitgenosse. Selbst in den Werbepausen der RTL-Show „Let’s dance“ macht er bereitwillig den Clown. Vermutlich wird ihn ein kleines Honorar von Microsoft zusätzlich motiviert haben, als er mit Hilfe des Xbox-360-Spiels „Dance Central“ hart am Hüftschwung arbeitete und Tanzschritte übte. Thema und Testimonial passten perfekt zueinander – und Vermarkter IP schickte Hartwich gleich multimedial aufs Parkett: Das 25-SekundenFilmchen lief nicht nur während der TVSendung, sondern zudem online auf RTL.de und RTL Now. Auch Sony Computer Entertainment fühlt sich online in bewegten Bildern wohl. Zur Einführung der Playstation 4 im November 2013 belegte der Konsolenproduzent die neuartige In-Stream-Werbeform Break Ad Takeover, eine Art Unterbrecherwerbung, die der Nutzer selbst steuern kann. „Mit einer solch kreativen Lösung zieht ein Produkt die nötige Aufmerksamkeit auf sich“, sagt Sony-Marketingdirektor Ulrich Barbian. Zwei Beispiele, die zeigen, wie die Gamesbranche nach ganz speziellen Kommunikationslösungen sucht – und sie findet. Das geschieht immer öfter online. blikum, entgegenzuwirken und vor allem eine hohe Click-Through-Rate zu gewährleisten. „Nun wird mehr und mehr über kreative Lösungen nachgedacht, die den Nutzer so ansprechen, wie er es sich wünscht. Ein Beispiel dafür sind Gewinnspiele, bei denen sich der User spielerisch mit dem Produkt beschäftigt“, sagt Ralf Sattelberger, Director Sales bei IDG und ausgestattet mit 14-jähriger Erfahrung im Vermarkten digitaler Medien. M edia ist für alle Seiten, sowohl die Konsolenhersteller und Publisher als auch die werbungtragenden Medien, zu einem Wettbewerb der Ideen geworden. „In vielen Briefings findet sich das Wort ,Innovation‘ und es ist bereits üblich geworden, dass wir als Medienanbieter auch die komplette Werbemittelpalette erstellen, immer häufiger sogar in HTML5“, berichtet Sattelberger. Die Zukunft sieht er in Lösungen, die über klassische Displaywerbung hinausund am Ad-Blocker vorbeigehen: Ob individuelle Microsites, Branded-Entertainment-Formate, Youtube-Events oder interaktive Online-Gewinnspiele – die Anforderungen an Kreativität und Know-how der Medienanbieter steigen. Umgekehrt gilt, dass Erfahrungen in diesem Metier nur begrenzte Dauer und Wert besitzen, wie Pascal Schmidt, Chief Marketing Officer beim BrowserspieleEntwickler Travian Games, feststellt: „Wir dürfen nie aufhören zu testen, wel- Heiner Kuhlmann, Head of Produktmarketing EA SPORTS/GSA „Wir müssen die Mediapläne anpassen“ Heiner Kuhlmann, Marketingchef EA SPORTS/GSA, über die Vorteile von Bewegtbild, eigene Youtube-Kanäle und die Rolle von TV und Print Doppelpass: Jelly Splash und Sonys PS4 sind digital stark präsent, nutzen aber weiter die TV-Bühne für den großen Aufschlag Eine logische Reaktion, wie Kirstin Heckelmann urteilt. „Gamer sind eine sehr online-affine Zielgruppe, das wachsende Angebot an Browser-Games und SpieleApps unterstützt diese Entwicklung. Der User hat die Möglichkeit, durch einen direkten Link ohne Medienbruch von Werbung zum Spiel zu gelangen“, erklärt die Account Director der Agentur Starcom Mediavest Group. Die Einführung großer Spiele wie „The Last of Us“ und „Tomb Raider“ sei, abgesehen von Anzeigen in den Games-Magazinen, kaum mehr in den klassischen Medien gelaufen. Eine Zeitlang ging der Trend dorthin, noch lauter, noch größer, noch multimedialer aufzutreten, um beispielsweise Banner Blindness, also dem Ignorieren von Werbeflächen durch das Onlinepu- Wie hat sich der Mediamix von EA SPORTS-Spiele in den vergangenen Jahren verändert? Der Großteil unserer Konsumenten ist überdurchschnittlich affin für Medientrends und Medientechnologie. Sie gehen nativ und relativ unvoreingenommen mit Online um, sind neugierig und aktiv in Social Media. In einem so dynamischen Marktumfeld wie der interaktiven Unterhaltung sind wir als Publisher natürlich gefordert, uns den veränderten Mediennutzungsgewohnheiten anzupassen und unsere Mediapläne dementsprechend auszurichten. Ein Beispiel, wie das erfolgreich gelungen ist, sind unsere Owned Channels, auf die wir uns frühzeitig fokussiert und dann strategisch aufgebaut haben. Laut dem aktuellen Social-Media-Report Futurebiz.de steht der deutschsprachige Youtube-Kanal von Electronic Arts mit weitem Abstand auf Platz 1 der uploaded Video Views. Fußball ist nicht zuletzt seit der erfolgreichen WM ein Massenphänomen. Gerade für unsere FIFA-Reihe ist Fernsehen aktuell ein sinnvoller Kanal im Mediamix. Sind Leitkampagnen im klassischen Fernsehen unverzichtbar oder findet auch hier eine verstärkte Wanderung zu den jüngeren digitalen Medien stattfinden? TV-Kampagnen sind nach wie vor nur mit entsprechenden Budgets umsetzbar – und nicht jeder Titel im Portfolio hat eine entsprechend breite Zielgruppe, die eine TV-Kampagne unter mediastrategischen Gesichtspunkten rechtfertigen würde. Es ist also sehr stark titelabhängig, welche Rolle TV in unseren Planungen einnimmt. Bekannte Games-Zeitschriften wie „Computer Bild Spiele“, „PC Games“ und Co haben enorm an Auflage verloren. Welche Bedeutung haben die Printtitel – und die damit verbundene digitale Medienmarke – für EA als Werbeträger? Die Videospiel-Fachpresse ist nach wie vor ein wichtiger Meinungsmacher und Influencer für die gesamte Branche. Nicht zuletzt durch die Vielfältigkeit der Medienmarken können sowohl Core-Gamer als auch Gelegenheitsspieler angesprochen werden. Daher messen wir den Printtiteln und vor allem ihren Onlinependants weiterhin große Bedeutung bei. ROL Die Fußball-Games bewerben Sie aber bewusst in TV? Bewegtbild spielt in etlichen GamesKampagnen eine wachsende Rolle. Wie sind Ihre Erfahrungen damit? Bewegtbild in Form von Trailern kommt schon immer eine große Bedeutung im Rahmen unserer Mediakampagnen zu, denn es ist die vermutlich wirksamste Art, um die Emotionalität unserer Spiele zu transportieren. Die Möglichkeiten, welche Onlinemedien mittlerweile bezüglich Reichweite, Targeting und Performancetracking bieten, kommen uns natürlich sehr entgegen und nehmen somit einen großen Stellenwert in unseren Vermarktungsstrategien ein – auch vor dem Hintergrund. Kampagnen möglichst kosten- und wirkungseffizient umzusetzen. che Kanäle und Maßnahmen erfolgversprechend sind.“ Doch so individuell und unkonventionell die elektronische Spielezunft auch zu Werke geht, so bleibt auch festzuhalten: Digital legt deutlich zu, ohne dass das Fernsehen seine starke Position als Werbeträger einbüßt. Benedikt Schüler, Marketing Director des Spieleentwicklers Ubisoft, betont: „Klassisches TV ist für uns ein Hardselling-Tool, während wir etwa Kino vor allem für unsere Trailer und zum Markenaufbau einsetzen.“ Noch können Konsolenhersteller und Spieleanbieter nicht auf die großen Leitkampagnen verzichten, wenn es darum geht, Penetration zu erhöhen und neue Zielgruppen wie Familien und Ältere zu erreichen. „Über TV-Werbung lässt sich eine hohe Reichweite schnell aufbauen“, sagt Mediaexpertin Heckelmann. Die Werbung für einzelne Spiele müsse anschließend spitzer erfolgen. „Durch die Auswahl einzelner Websites können Streuverluste minimiert werden.“ Vor allem bei kostenlosen Mobile Games liegt es nahe, auf Smartphones zu kommunizieren. Der Spieleproduzent Wooga hat sich dennoch entschieden, sein Spiel Jelly Splash auch im TV zu bewerben. Mit der Erkenntnis, dass wenige Minuten nach Ausstrahlung des Spots die Abrufzahlen der App deutlich nach oben geklettert sind. „Wir haben es stets in die Top 5 der Appstore-Charts geschafft“, sagt Wooga-COO Jan Miczaika. Z udem habe TV-Werbung die Performance der zeitgleich laufenden Web- und Mobile-Kampagnen unterstützt. Die Klickraten stiegen je nach Werbemittel und Gerät um 13 bis 27 Prozent. Was ebenfalls für TV spricht: die Nutzung von Second Screens wie Smartphones oder Tablets, auf denen Games oft parallel zum TV gespielt werden. „Ein Fernsehspot kann die Zielgruppe direkt aktivieren“, sagt Mediavest-Managerin Heckelmann. Die Tatsache, dass sich die Games-Gemeinde zunehmend differenziert nach Alter, Interessen, Intensität, Nutzungssituation, fordert Antworten von der Industrie. „Wir wollen einen ständigen Informationsaustausch mit unseren Spielern gewährleisten“, sagt Heiner Kuhlmann, Head of Produktmarketing bei EA Sports/GSA (siehe Interview). Es gehe darum, Dialogsituationen mit der Community zu schaffen, unter anderem durch Updates, In-Game-Promotions und immer neuen Inhalten. Dabei sollten die Anbieter jedoch nicht zu dick auftragen, warnt Travian-Games-Manager Schmidt. „Ehrlich zu kommunizieren, das ist gerade in Zeiten von Social Media und Interaktion mit den Nutzern ganz wichtig.“ Derweil loten die Medien aus, wie sie in der Gaming-Szene punkten. So stellt sich das 2010 auf Youtube gestartete „Gamestar“ & Friends-Network frisch auf. Es heißt nun Allyance Network und versammelt unter einem Dach kreative Senkrechtstarter der Gaming-Szene wie Piet Smiet, Shuffle LP und High5. Mit mehr als 290 Kanälen und über 100 Millionen Videoabrufen ist Allyance somit eines der größten deutschsprachigen Gaming-Networks auf Youtube – und will dort „die zentrale Anlaufstelle für Videoproduzenten im Bereich Gaming werden“, wie Mitgesellschafter Peter Smits betont. Beabsichtigter Nebeneffekt: Werberelevante Gruppen im Gaming-Segment sollen besser und individueller erreicht werden. 40 REPORT GAMES-MARKETING HORIZONT 33/2014 14. August 2014 Die zweite Luft Games-Zeitschriften haben so viel Auflage verloren wie kaum ein anderes Segment. Auf den digitalen Plattformen leben sie fröhlich weiter S Business Class Die Games-Branche wächst, ihre Themen und Zielgruppen werden spezieller. Das wirft Fachfragen auf – und folgerichtig gibt es für Manager und Macher eigene Fachpublikationen. ● Eine führende Position nimmt „Games Markt“ von G+J Entertainment Media ein. „Das Fachmagazin für die Gamesbranche und Pflichtlektüre von Entscheidern und Meinungsführern“ erscheint in gedruckter Form 14-täglich und wird online flankiert von Gamesmarkt.de, täglichem Newsletter, wöchentlichem Livepaper und einer Gamesdatenbank. ● IDG gibt mit „Making Games“ laut eigenen Angaben „das meistverkaufte Fachmagazin für Spieleentwicklung im deutschsprachigen Raum“ heraus. ● Gamesindustry.biz von Computec positioniert sich als Informationskanal im Web für die weltweite Videospielebranche. ● Ebenfalls im Internet zu Hause ist das 2006 von Marius Hopp gegründete „International Games Magazine“ (Igmonline.de), das bei Haddock Media in Oldenburg erscheint. aus. Zwei von fünf Deutschen ab 14 Jahre sind heute Gamer, wobei die unter 30Jährigen die Kernzielgruppe bilden. „Die Verbreitung von Smartphones hat dazu beigetragen, dass Games im Alltag vieler Menschen einen Platz gefunden haben“, sagt Springer-Manager Löffler. Wer ab und an spiele, informiere sich eher online auf Computerbild.de, während die gedruckte „Computer Bild Spiele“-Ausgabe „stärker von den richtigen Gaming-Fans genutzt wird“. Immerhin zwei Drittel der Leser sind unter 30, das Durchschnittsalter liegt bei 28 Jahren. „Gaming ist ein buntes Thema, deshalb funktioniert im Heft auch das Boulevardeske sehr gut, solange der Gaming-Bezug in den Geschichten erkennbar bleibt“, erklärt Chefredakteur Axel Telzerow. Von Roland Karle eit 23 Jahren arbeitet Hans Ippisch nun schon für Computec Media, doch „noch nie war der Markt so dynamisch wie heute. Ein Trend löst den nächsten in immer kürzeren Zyklen ab“, sagt der Geschäftsführer. Es ist gerade mal zehn Jahre her, da erwirtschaftete die Tochter der Schweizer Marquard-Media-Gruppe rund 90 Prozent ihres Umsatzes durch den Vertrieb und das Anzeigengeschäft der Zeitschriften. Heute macht Print noch etwa die Hälfte aus. Im Games-Segment sind die Auflagen kräftig geschmolzen. Ein Trend, dem sich kein Verlag entziehen kann. Meistverkaufter IVW-geprüfter Titel ist weiterhin Axel Springers „Computer Bild Spiele“ vor „Game Star“ (IDG) und „PC Games“ (Computec). Zugleich verdeutlicht das Beispiel „Computer Bild Spiele“, welch kernschmelzenden Effekt der digitale Wandel gerade in dieser Branche ausgelöst hat. Gegenüber dem Absatzrekord von 736 077 Heften im 4. Quartal 2002 ist der Heftverkauf um 88 Prozent gesunken. Allein in den vergangenen fünf Jahren haben die fünf führenden Titel zusammen 56 Prozent an Auflage eingebüßt. „Unsere Zielgruppe bewegt sich auf Plattformen, die es früher nicht gab, die schnell informieren und direktes Spielen ermöglichen“, sagt René Heuser, Director Brand Strategy bei IDG Entertainment Media. Die gedruckten Zeitschriften erfüllen heute eine andere Funktion und können durchaus mit deutlich kleineren Auflagen wirtschaftlich betrieben werden, ergänzt Heuser. W as nicht heißt, dass Gedrucktes überhaupt nicht mehr wächst. „Wir erweitern unser Angebot kontinuierlich, indem wir aktuelle Trends aufgreifen und etwa spezielle Magazine wie ‚Casual Games‘, ‚The Elder Scrolls Online‘ oder ‚Skylanders‘ auf den Markt bringen“, berichtet David Löffler, Verlagsleiter Auto, Computer & Sport bei Axel Springer. Auch die Wettbewerber punkten mit Sonderheften: So widmet sich „Game Star“ in der „Black Edition“ ausführlich PC- und Videospielen wie „World of Tanks“, „Skyrim“ und „Starcraft 2“. Der Copypreis liegt zwischen 7,99 und 8,99 Euro. „Die Hefte sind sehr hochwertig gemacht und verkaufen sich gut“, sagt IDG-Manager Heuser. Ähnliches berichtet Hans Ippisch über die „Computec Media Edition“, in der seit eineinhalb Jahren gedruckt und digital erhältliche Bookazines entstehen, etwa „Der ultimative Guide für Minecraft“ und „Games History“. Bestseller erreichen fünfstellige Auflagen, was bei Einzelpreisen von 9,99 Euro den Umsatz und das Ergebnis spürbar mehrt. Computec hat zudem seine Aktivitäten im Corporate Publishing intensiviert. Kataloge für Saturn sowie Messeführer, tägliches Messemagazin und erstmals eine App für die Gamescom zählen zum Portfolio. Computec erreiche mit seinen analogen und digitalen Medien derzeit rund 7 Millionen Menschen. „Das ist ein Vielfaches dessen, was wir vor zehn Jahren an Lesern erreichten“, sagt Ippisch. Die Gamer-Gemeinde nutzt die Vielfalt der Medienplattformen und -geräte weidlich W Parallelwelt: GamesTitel sind den Usern längst in die digitalen Nutzungswelten gefolgt Verluste auf breiter Front Auflagentrend von Games-Zeitschriften (II/2014) Verkaufte Auflage Titel Verlag Ort Erscheinungsweise II/2014 II/2009 II/2004 Computer Bild Spiele Axel Springer Hamburg monatlich 87679 219453 524401 341958 Game Star IDG München monatlich 68600 144503 PC Games Computec Fürth monatlich 40229 100609 263244 PC Games Hardware Computec Fürth monatlich 30436 59730 102657 Play4 Computec Fürth monatlich 20333 35567 52239* Games aktuell Computec Fürth monatlich 18142 33458 38321* GamePro IDG München monatlich 15738 31751 56024 XBG Games Computec Fürth zweimonatlich 8388 24328 – Quelle: IVW HORIZONT 33/2014 Klick-Millionäre Onlineportale und -communitys für Gamer (Top 11) Online-Plattform Anbieter Gamestar IDG Spieletipps.de Brot & Spiele Visits in Tsd. (6/2014), ohne Mobile 16 931 7252 6455 Onlinewelten Network IDG PCgames.de 5268 Computec 4239 PCgameshardware.de Computec Gamona.de Webguidez Entertainment 4Players.de Computec Buffed Computec Gameswelt Web Media Publishing Gameone.de VIMN Germany Computerbild.de* Axel Springer Verhältnis PIs/Visits 3936 3564 2850 2546 1989 1260 4,81 4,16 5,20 3,41 3,95 3,69 3,58 3,35 3,88 2,61 8,76 *Rubrik „Spiele“, Angebot von „Computer Bild Spiele“ Quelle: IVW HORIZONT 33/2014 ährend „Computer Bild Spiele“ sich zur Untermiete bei Computerbild.de eingerichtet hat, leben auf Blattholz geborene Medien wie „Gamestar“ und „PC Games“ namenstreu auf digitalen Plattformen weiter und sind dort längst zu Klick-Millionären geworden. Gamestar.de zum Beispiel schafft aktuell laut IVW rund17 Millionen Visits im Monat und nimmt damit eine führende Position im Netz ein. Das Angebot ist dank Werbefinanzierung kostenlos – und redaktionell üppig: 6264 News, 259 Tests, 152 Previews, 400 Specials und 635 Videos wurden 2013 veröffentlicht. Nun dürfen die Nutzer bezahlen, wenn sie wollen. Wer keine Bannerwerbung sehen will, kann die eigens entwickelte Pay-Variante wählen. Heftabonnenten zahlen dafür 1,99 im Monat, Onlineleser 2,99 Euro. Durch den Vorstoß versucht IDG, „die endlose Spirale zwischen immer auffälligerer Werbung und steigenden Adblocker-Quoten durchbrechen zu können“. Seit 1999 ist der Titel online und „funktioniert als medienübergreifende Marke in Print, Online, Mobile und Bewegtbild-Kanälen“, betont IDG-Mann Heuser. Der Sprung zwischen den Gattungswelten bringt auch so manchen Erkenntnisgewinn mit sich. „Als wir vor knapp fünf Jahren mit ,Game Star‘ auf Youtube starteten, erreichten wir dort viele junge Leute, die uns zuvor gar nicht gekannt hatten“, so Heuser. Youtube seinerseits ist zu einem der wichtigsten Versammlungsorte der Games-Interessierten geworden. Ein Grund mehr für die Medienhäuser, ihre Aktivitäten und Angebote im Bewegtbildsektor auszubauen, zumal hier die Nachfrage der Werbekunden weiter zunimmt. „Auf den Werbeplätzen rund um Videobeiträge sind wir oft ausgebucht“, teilt Heuser mit. Vor diesem Hintergrund hat Computec die Gratis-App „Games TV 24“ entwickelt – das erste digitale Spielemedium, das ausschließlich auf Bewegtbild setze. „Die Nutzer wollen mehr und mehr Videos konsumieren, hauptsächlich über ihr Smartphone, aber nicht endlos suchen. Die inhouse erstellte iPhone-App ermöglicht schnellen Zugang zu einer Mediadatenbank mit über 10 000 Spielevideos“, beschreibt Ippisch die Neuentwicklung. Mehrere tausend Nutzer haben sich die Anwendung bereits heruntergeladen, die Werbevermarktung läuft an. Ein weiteres Beispiel dafür, dass die auf Games spezialisierten Verlage auch ohne und neben Print gedeihen.