Steuerliche Gewinnermittlung

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Steuerliche Gewinnermittlung
das
Krankenhaus
Finanzierung
12.2012
Steuerliche Gewinnermittlung
Situation im gemeinnützigen Krankenhaus
F
ür ertragsteuerliche Zwecke ist bei
gemeinnützigen Krankenhäusern
und Kliniken grundsätzlich zwischen
dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb
und dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu differenzieren. Dieser nicht selten schwierigen Frage hat sich die Finanzverwaltung bereits
Ende 2004 mit den bundeseinheitlichen
Verfügungen der Länder zur Abgrenzung der eng verbundenen Umsätze für
umsatzsteuerliche Zwecke angenommen. Dabei erfolgte auch eine aus der
Sicht der Finanzverwaltung als klarstellende Zuordnung gewertete Aussage zur
Behandlung als Zweckbetrieb oder als
steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Spätestens daraus ergab
sich für die gemeinnützigen Krankenhäuser und Kliniken die Notwendigkeit
einer entsprechenden Aufwandsermittlung für die dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzurechnenden Tätigkeiten. In der Praxis ergeben sich hierbei teilweise Schwierigkeiten
hinsichtlich einer genauen Aufwandszuordnung. Nur in wenigen Fällen existiert
eine aussagefähige Kostenstellenrechnung. Meistens werden die Aufwendungen im Rahmen einer „Nachkalkulation“ ermittelt oder teilweise auch nur
pauschal geschätzt.
Die angelegte Untersuchung der
Aufwandsermittlungen in diesem Bereich soll zeigen, inwieweit die einzelnen Häuser eine entsprechende Aufwandsermittlung vornehmen und wie
sich die Bandbreite der daraus resultierenden Ergebnisse darstellt.
Herangehensweise
Im Rahmen einer Befragung ausgewählter Mandate hat Curacon die Ergebnisse einzelner steuerpflichtiger
wirtschaftlicher Tätigkeiten von unterschiedlichen Krankenhäusern und Kliniken für die Jahre 2009 und 2010 zusammengetragen und gegenübergestellt. Hierbei wurden die Einnahmen
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möglichst zu den Aufwendungen in
den Bereichen Material und Personal
sowie zu den Aufwendungen für Abschreibung und sonstigen betrieblichen
Aufwand ins Verhältnis gesetzt. Daneben wurde erfragt, ob der Aufwandsermittlung eine Berechnung zugrunde
liegt oder ob die Aufwendungen lediglich geschätzt wurden.
Im Idealfall verfügten die Teilnehmer über eine entsprechend unterteilte
Gewinnermittlung nach den zuvor genannten Aufwandspositionen. Oft gab
es aber trotz der Aufwandsberechnung
keine explizite Unterteilung der ermittelten Aufwendungen. Die Ergebnisse
wurden hier als einheitliche Aufwandsposition abgebildet. In diesen Fällen
konnte folglich nur das Gesamtergebnis
zu den Einnahmen ins Verhältnis gesetzt und somit entsprechende Rückschlüsse gezogen werden.
Auswertung
Die Auswertung der Ergebnisermittlungen zeigt, dass die meisten der untersuchten Krankenhäuser und Kliniken
die Aufwandsermittlung über eine genaue Berechnung vornehmen. Nur in
wenigen Fällen geschieht dies durch
eine Schätzung. Die Schätzungen sind
überdurchschnittlich häufig in dem Bereich Auftragsforschung und Drittmittel
anzutreffen. Abschreibungen werden
nur in wenigen Fällen in die Aufwandsermittlung einbezogen. Dies ist sicher
darin begründet, dass insgesamt nur der
Anteil der eigenfinanzierten Abschreibung berücksichtigungsfähig ist.
Bei mehr als der Hälfte der untersuchten Krankenhäuser und Kliniken
sind folgende wirtschaftliche Tätigkeiten
anzutreffen: Apotheke, Nutzungsentgelte der Chefarztambulanzen, Telefonnutzung von Patienten, Gutachten- und
Schreibgebühren, Küchenumsätze, Parkplatzbewirtschaftung und Wahlleistungen für nicht medizinisch indizierte Begleitpersonen.
Die umsatzstärksten steuerpflichtigen
wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe betreffen die Bereiche Apotheke, Zytostatika, Nutzungsentgelte der Chefarztambulanzen, Nutzungsentgelte von externen Ärzten, Sachkosten der Chefarztambulanzen, Dienstleistungen für
andere Kliniken sowie Küchenumsätze.
Gerade in diesen Bereichen erfolgt die
Ergebnisermittlung größtenteils aufgrund einer genauen Berechnung der
Aufwendungen.
Beim Vergleich der Auswertungen
für die Jahre 2009 und 2010 zeigten sich
erwartungsgemäß keine signifikanten
Abweichungen zwischen den Jahren. Im
Folgenden werden deshalb nur die Werte für das Jahr 2010 vorgestellt.
n Im Bereich der Apotheke ermitteln
alle Einrichtungen die Aufwendungen
per Berechnung. Im Durchschnitt
über alle Häuser mit entsprechenden
Umsätzen ergibt sich ein Überschuss
von ca. 10 Prozent der Einnahmen.
Die Bandbreite der Einzelergebnisse
reicht von einem Überschuss von
42 Prozent bis zu einem Verlust von
1 Prozent.
n Die Gewinnermittlung im Bereich
Zytostatika erfolgt ebenfalls ausnahmslos durch Berechnung. Hier
liegt der sich im Durchschnitt ergebende Überschuss bei ca. 9 Prozent
der Einnahmen. Die Einzelergebnisse
erstrecken sich von ca. 27 Prozent
Überschuss bis zu 28 Prozent Verlust.
Hinsichtlich einer möglichen ertragsteuerlichen Zuordnung der Zytostatika zum steuerbegünstigten Zweckbetrieb ist derzeit ein entsprechendes
Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig.1)
n Da die Bereiche Apotheke und Zytostatika von einigen Häusern nicht getrennt erfasst werden, hier ist eine
kumulierte Betrachtungsweise denkbar. Das durchschnittliche Ergebnis
aller Einrichtungen zeigt in beiden
Bereichen ein positives Ergebnis von
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ca. 10 Prozent bezogen auf die Einnahmen.
n Die wirtschaftliche Tätigkeit im Rahmen von Nutzungsentgelten der Chefarztambulanzen, die in über 70 Prozent der untersuchten Häuser vorliegt,
zeigt deutlich die Personalintensität
dieses Bereiches. Die durchschnittlichen Personalkosten betragen ca.
70 Prozent der Einnahmen. Im Ergebnis ergibt sich ein durchschnittlicher
Überschuss von ca. 5 Prozent. Eine
Unterscheidung in Privatambulanzen
und KV-Ambulanzen wurde nicht
vorgenommen. Die Erfahrungen der
Praxis zeigen jedoch, dass aus den
Privatambulanzen oft ein deutlich positiveres Ergebnis resultiert als aus
den KV-Ambulanzen. In der Einzelbetrachtung der Häuser reichen die Ergebnisse von einem Überschuss von
14 Prozent bis zu einem Verlust von
13 Prozent.
n Bei den Sachkosten für Chefarztambulanzen zeigt sich, dass überwiegend
eine reine Kostenweiterbelastung erfolgt. Das durchschnittliche Ergebnis
liegt mit ca. – 1 Prozent etwas unter
den Selbstkosten. Erfahrungsgemäß
akzeptiert die Finanzverwaltung in
diesem Bereich einen Gesamtaufwand in Höhe von 100 Prozent der
Einnahmen.
n Ein Viertel der Einrichtungen führt
die Abrechnungen für die Chefarztambulanzen durch und stellt diese
neben den Nutzungsentgelten separat
in Rechnung. Die Bandbreite der Ergebnisse reicht hier von 5 Prozent
Überschuss bis zu einem Verlust von
18 Prozent. Das durchschnittliche Ergebnis von – 9 Prozent zeigt jedoch,
dass in diesem Bereich wohl nicht alle
Aufwendungen entsprechend umgelegt werden.
n Durch Kooperationen mit externen
Ärzten und Belegarztvereinbarungen
liegen in über einem Drittel der betrachteten Häuser Nutzungsentgelte
von externen Ärzten vor. In diesem
Bereich ergibt sich durchschnittlich
ein positives Ergebnis von ca. 2 Prozent, wobei die Einzelergebnisse zwischen einem Überschuss von 59 Prozent und einem Verlust von 10 Prozent
liegen.
n Rund ein Drittel der untersuchten
Häuser unterhält wirtschaftliche Tätigkeiten im Bereich der Großgerätekooperationen. Hier reichen die Ergebnisse von 54 Prozent Überschuss
bis zu einem Verlust von 3 Prozent.
Das durchschnittliche Ergebnis beläuft sich auf einen Überschuss von
ca. 13 Prozent.
n Zu dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Küche ist anzumerken, dass dieser nur von Krankenhäusern und Kliniken erklärt wurde, sofern diese die 20-Prozent-Grenze
des Selbstversorgungs-Zweckbetriebes
gemäß § 68 Nr. 2 Buchstabe b der Abgabenordnung überschritten haben.
Dies ist bei über 60 Prozent der in die
Evaluation einbezogenen Einrichtungen der Fall. Das durchschnittliche
Ergebnis über alle beläuft sich auf
einen Verlust von ca. 4 Prozent. Die
Einzelergebnisse liegen zwischen
36 Prozent und – 9 Prozent. Die Material- und Personalaufwendungen machen in diesem Bereich mit zusammen 83 Prozent den Großteil der Aufwendungen aus.
n Der Klassiker der wirtschaftlichen Tätigkeiten ist der Bereich Entgelte für
die Telefonnutzung durch die Patienten. Diese sind in über 95 Prozent der
betrachteten Häuser vorzufinden.
Hier reichen die Ergebnisse von
einem Überschuss von 41 Prozent bis
zu einem Verlust von 51 Prozent. Das
durchschnittliche Ergebnis beläuft
sich auf – 17,84 Prozent. Die Personalintensität scheint den Ausschlag
für dieses Resultat zu geben (Verkauf
von Wertmarken, entsprechende Einweisung der Patienten in die Funktionsweise der Telefone, durchzuführende Wartungen).
n Kostenpflichtige Besucherparkplätze
werden von über 85 Prozent der Einrichtungen unterhalten. Die Bandbreite der Ergebnisse variiert von
einem Überschuss von 49 Prozent bis
zu einem Verlust von 81 Prozent erheblich. Dies zeigt, dass die einzelnen
Gegebenheiten in diesem Bereich genau zu beleuchten sind. Der reine
ebenerdige Parkplatz ist zu unterscheiden vom Parkhaus. Auch der
notwendige Instandhaltungsaufwand
Krawatte
reicht nicht
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Zertifiziert nach DIN ISO seit 2009.
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ist von Haus zu Haus und von Jahr zu
Jahr unterschiedlich. Dennoch scheint
der Betrieb eines Parkplatzes mit
einem durchschnittlichen Überschuss
von 21 Prozent wirtschaftlich durchaus lohnenswert.
n Wahlleistungen im Bereich der nicht
medizinisch indizierten Begleitpersonen liegen in über 50 Prozent der
untersuchten Häuser vor. Hier reichen die Ergebnisse von der reinen
Kostendeckung bis zu einem Überschuss von 25 Prozent. Im Durchschnitt ergibt sich ein Überschuss von
ca. 9 Prozent der Einnahmen.
n Einnahmen im Bereich der Gutachten
und Schreibgebühren für Versicherungen und Rechtsanwälte sind in
ca. 50 Prozent der Fälle vorhanden.
Die Ergebnisse hieraus variieren zwischen 45 Prozent und – 12 Prozent.
Im Durchschnitt ergibt sich ein Überschuss von ca. 1 Prozent. Insofern
scheinen in diesem Bereich nur die
reinen Kosten weiterberechnet zu
werden.
n Wirtschaftliche Tätigkeiten im Bereich
Auftragsforschung und Drittmittel
finden sich nur bei ca. 20 Prozent der
betrachteten Häuser. Hier erstrecken
sich die Ergebnisse von einem Überschuss von 73 Prozent bis zu einem
Verlust von 1 Prozent. Auffällig ist,
dass die Ergebnisse in diesem Bereich
mehrheitlich auf Schätzungen basieren. Eine genaue Berechnung der
Aufwendungen erfolgte lediglich bei
einem Fünftel der Häuser, die wirtschaftliche Tätigkeiten in diesem Bereich unterhalten.
n Die Überlassung von medizinischem
Personal an Dritte war bei ca. 35 Prozent der Einrichtungen anzutreffen.
Im Durchschnitt ergibt sich in diesem
Bereich ein Ergebnis von 0. Dies ist
sicher der üblichen Praxis geschuldet,
dass hier nur die Bruttopersonalaufwendungen eins zu eins weiterbelastet werden.
n Rund ein Fünftel der untersuchten
Häuser erbringt Dienstleistungen für
andere Krankenhäuser oder Kliniken.
Das Spektrum der Ergebnisse erstreckt sich von einem Überschuss
von 21 Prozent bis zur reinen Kostendeckung. Im Durchschnitt ergibt sich
1320
für dieses Geschäftsfeld ein Überschuss von ca. 6 Prozent der Einnahmen.
n Kosmetische Operationen finden sich
nur bei ca. 10 Prozent der betrachteten gemeinnützigen Einrichtungen.
Das hieraus resultierende durchschnittliche Ergebnis liegt bei ca.
2 Prozent. Diese wirtschaftliche Betätigung scheint in gemeinnützigen
Krankenhäusern und Kliniken gemessen an ihrem Vorkommen und dem
zu erwartenden Ergebnis keinen
Schwerpunkt zu bilden.
Fazit
Die Berechnung der Aufwendungen zur
Ergebnisermittlung im Bereich der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe scheint keine Unbekannte mehr
zu sein. Waren früher oftmals reine Ergebnisschätzungen anzutreffen, wird
derzeit überwiegend eine genaue Ergebnisermittlung vorgenommen. Häuser,
die sämtliche Ergebnisse im Bereich des
steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes schätzen, sind die Ausnahme. Im Rahmen der Untersuchung
zeigt sich jedoch, dass die Aufwandsermittlungen teilweise zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dies
ist zum einen sicher der Tatsache geschuldet, dass die Gegebenheiten in den
Häusern zu heterogen sind, um ein einheitliches Berechnungsmuster vorzugeben. Zum anderen ist dies aber auch von
der Intensität der Aufwandsermittlung
abhängig.
Die Zuordnung der entsprechenden
Einzel- und Gemeinkosten ist grundsätzlich von jedem Krankenhaus und
Klinikum individuell vorzunehmen. Die
vorliegenden Ergebnisse können nicht
verallgemeinert werden, bieten aber
einen Anhaltspunkt dafür, wie andere
Krankenhäuser und Kliniken mit der
durchaus komplexen Aufwandsermittlung umgehen. Krankenhäusern und
Kliniken, die ihre Aufwendungen in den
Bereichen der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe derzeit
lediglich schätzen, ist eine die entsprechenden Gegebenheiten berücksichtigende Aufwandsberechnung anzuraten.
Diese kann im Weiteren für die Ermitt-
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lung eines möglichen Vorsteuerabzugs
herangezogen werden und dient im Rahmen eventueller Außenprüfungen durch
die Finanzämter als entsprechend qualifizierter Nachweis. Häuser, die mit
ihrem Ergebnis weit über den sich ergebenden Durchschnitten liegen, sollten
überlegen, ob sie tatsächlich alle Aufwendungen berücksichtigt haben. Sofern das Ergebnis weit unter den durchschnittlichen Ergebnissen liegt, ist zu
hinterfragen, ob die eigene Berechnung
einer kritischen Prüfung des Finanzamtes standhalten wird. Mögliche Berechnungsgrundlagen sollten entsprechend
dokumentiert werden, um diese im Fall
der Fälle parat zu haben.
Anmerkung
1)
FG Münster vom 23.2.2012 – Revision anhängig
beim BFH I R 31/12
Anschrift des Verfassers
David Pätzold, Steuerberater, Diplom-Kaufmann (FH), Leiter der Steuerberatung am
Standort Stuttgart der CURACON GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Hospitalstraße 27, 70174 Stuttgart
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