Originaldokument als PDF-Datei - Hessischer Landtag
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18. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG Kleine Anfrage der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 11.09.2013 betreffend Verbleib von Zirkustieren bei Insolvenz und Antwort der Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragestellerin: Das Zirkusunternehmen "Circus Universal Renz"von Daniel Renz aus Friedberg ist nach Angaben einer Meldung von Radio Duisburg vom 09.09.2013 offenbar insolvent. Damit stehen für den Fall eines Insolvenzverfahrens die drängenden Fragen über den Verbleib der Zirkustiere sowie die zukünftige Genehmigungspraxis zur gewerblichen Zur-Schau-Stellung nach § 11 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) im Raum. (Quelle:http//www.radioduisburg.de/duisburg/lokalnachrichten/lokalnachrichten/ archive/2013/09/09/article/das-amtsgericht-duisburg-hat-zirkusdirektor-daniel-renzwegen-gefaehrlicher-koerperverletzung-zu-sie.html). Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Um welche und wie viele Tiere handelt es sich konkret, die laut Genehmigung nach § 11 TierSchG im Circus Universal Renz gehalten werden? Die Genehmigung wurde nach Angaben der zuständigen Veterinärbehörde für folgende Tiere erteilt: Elefanten, Pferde, Esel, Hunde, Kamele, Lamas, Ponys und Tiger. Derzeit werden folgende Tiere gehalten: 2 Elefanten, - 12 Pferde, 4 Lamas, - 11 Kamele. Frage 2. Wer kommt für die Unterbringung der Tiere im Falle einer Insolvenz auf? Grundsätzlich geht nach § 80 Abs. 1 Insolvenzordnung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse auf den Insolvenzverwalter über, der das zur Masse gehörende Vermögen in Besitz nimmt. Ein Unternehmen ist zunächst fortzuführen. In dem vorausgehenden Insolvenzeröffnungsverfahren hängt es vom Insolvenzgericht ab, inwieweit das geschieht: Entweder ordnet es ein allgemeines Verfügungsverbot an, dann verliert der Schuldner das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über sein Vermögen, wobei diese Rechte dann an den vorläufigen Verwalter übergehen oder das Gericht ordnet kein allgemeines Verfügungsrecht des vorläufigen Insolvenzverwalters an. Dann bestimmt es dessen Befugnisse und Pflichten. Im Übrigen betrifft eine Insolvenz nur privatrechtlich die finanzielle und vermögensrechtliche Seite des Insolvenzantragstellers, grundsätzlich nicht aber die öffentlich-rechtlichen Beziehungen hinsichtlich der Tierhaltung, zumal diese nicht Gegenstand der zivilrechtlichen Prüfung des Insolvenzgerichts sind. Je nach dessen Festlegungen und den konkreten Umständen ist nicht ausgeschlossen, dass der Tierhalter in die Lage gesetzt wird, die Tiere weiter Eingegangen am 30. Oktober 2013 · Ausgegeben am 31. Oktober 2013 Druck und Auslieferung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden Drucksache 18/7727 30. 10. 2013 2 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · Drucksache 18/7727 zu versorgen, wenn die Haltung insbesondere bezüglich Fütterung, Auslauf sowie Stall- und Unterstandgröße den Vorgaben des Tierschutzrechts entspricht und der Ernährungs- und Pflegezustand keine Mängel aufweist, die Anlass für Beanstandungen wären. Frage 3. Gibt es in Hessen Einrichtungen, die die Tiere aufnehmen und dabei eine tierschutzgerechte und artkonforme Haltung gewährleisten können? Das Land Hessen unterhält keine gesonderte Einrichtung zur Unterbringung von Zirkustieren. Eine tierschutzgerechte und artkonforme Unterbringung von Equiden ist jedoch als unproblematisch anzusehen. Auch bezüglich der Unterbringung von Elefanten, Kameliden und Neuweltkameliden ist davon auszugehen, dass entsprechende Einrichtungen gefunden werden könnten. Frage 4. Wurde die wirtschaftliche Zuverlässigkeit des Zirkusunternehmens Renz bei der Genehmigungserteilung nach § 11 TSchG geprüft und welche Rolle spielt eine mögliche künftige Insolvenz bei Erteilung einer Genehmigung? Dem Circus Universal Renz wurde erstmalig am 6. Dezember 2002 durch den Wetteraukreis eine Erlaubnis nach § 11 TierSchG erteilt. Es lagen zu diesem Zeitpunkt keine Anhaltspunkte für eine wirtschaftliche Unzuverlässigkeit vor. Zuvor war das Unternehmen bereits seit mehreren Jahren im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis, die durch die seinerzeit zuständige Veterinärbehörde des Landkreises Northeim ausgestellt worden war. Erneute Prüfungen der Zuverlässigkeit des Tierhalters gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 2 TierSchG finden nach Angaben der zuständigen Veterinärbehörde anlassbezogen statt. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist dabei unter dem Gesichtspunkt bedeutsam, ob der Betrieb zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen in der Lage ist. Dementsprechend wäre eine Insolvenz zur Beurteilung der Zuverlässigkeit bedeutsam, wenn sie auf ein Unvermögen zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen schließen ließe. Frage 5. Wurde mittlerweile dem Unternehmen Circus Universal Renz die entsprechende Genehmigung entzogen? a) Wenn nein, welche Gründe stehen dagegen? Nach Mitteilung des Wetteraukreises wurde dem Unternehmen die Erlaubnis bisher noch nicht entzogen, da es in der Vergangenheit hierfür keine triftigen Gründe gegeben habe. Die Haltung der Tiere sei bis dato nicht zu beanstanden gewesen und habe den tierschutzrechtlichen Vorgaben entsprochen. Aufgrund der jüngeren Entwicklungen wird der Entzug der Genehmigung nach § 11 TierSchG derzeit jedoch von der Veterinärbehörde des Wetteraukreises geprüft. Frage 6. Wie bewertet die Landesregierung die Bestrebungen des Eigentümers, die Tiere zu vermieten? a) Unter welchen Voraussetzungen ist dies möglich? b) Wer übt die Kontrolle über die "Vermietung"aus? Zu a: Eine Mietüberlassung wäre nur an Personen möglich, die selbst im Besitz einer entsprechenden tierschutzrechtlichen Erlaubnis nach § 11 TierSchG sind. Soweit artgeschützte meldepflichtige Tiere vorübergehend einer dritten Person/einem anderen Zirkus überlassen werden sollen, ist auch eine entsprechende Mitteilung an die Artenschutzbehörde gem. § 7 Abs. 2 Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) erforderlich. Zu b: Die Aufsicht und Kontrolle obliegt der zuständigen Veterinärbehörde vor Ort. Frage 7. Wird sich die Landesregierung erneut auf Bundesebene für ein Wildtierverbot in Zirkussen einsetzen und wenn ja, in welcher Form? Die Bundesregierung wurde seitens des Bundesrates seit 2003 wiederholt gebeten, den Ländern eine Rechtsverordnung zuzuleiten, die das Halten von Tieren wild lebender Arten, insbesondere von Affen, Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörnern und Flusspferden, in Zirkusbetrieben unter Berücksichtigung einer Übergangsvorschrift für bereits vorhandene Tiere verbietet. In diesem Zusammenhang hat Hessen dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auch umfangreiche fachliche Stellungnahmen übermittelt, aus denen hervorgeht, dass diese Tierarten in Zirkusbetrieben nicht tierschutzgerecht gehalten werden können und dass deren Zurschaustellung an wechselnden Orten systemimmanent zu Verstößen gegen das Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · Drucksache 18/7727 Tierschutzgesetz führt. Mit der Dritten Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde nunmehr eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, das zur Schaustellen von Tieren wild lebender Arten zu verbieten, soweit die Tiere der jeweiligen Art an wechselnden Orten nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden gehalten oder zu den Orten nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden befördert werden können. Derzeit bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung die entsprechende Rechtsverordnung erlässt. Wiesbaden, 17. Oktober 2013 In Vertretung: Mark Weinmeister 3