Nomen: Pluralformen
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Nomen: Pluralformen
Prof.Dr.PeterGallmann Jena,Sommer2016 Nomen:Pluralformen → Duden‐Grammatik(2009):Randziffern278–296 → http://www.personal.uni‐jena.de/~x1gape/Wort/Wort_Nomen_Pluralform.pdf BunteVielfalt DasDeutschekenntzehnMusterfürdieBildungderPluralformen: (1) –Umlaut +Umlaut –Endung derBalken→dieBalken derGarten→dieGärten +Endung‐e +Endung‐en +Endung‐n +Endung‐er +Endung‐s +andereEndung derHund→dieHunde dieFrist→dieFristen dieFeder→dieFedern dasFeld→dieFelder dieKamera→dieKameras derStimulus→dieStimuli derWolf→dieWölfe derWald→dieWälder DieGesetzmäßigkeitenhinterdenPluralbildungen Bei einigen der Muster lässt sich über allgemeine Regeln vorhersagen, wo sie zur An‐ wendung gelangen. Dabei erweisen sich bei einer genaueren Betrachtung einige der BildungeninTabelle(1)alsregelhafteVariantenandererMuster,sodieendungslosen FormenalsVariantendere‐PluraleunddieEndung‐nalsVariantevon‐en. BeiMustern,dienichtüberallgemeineRegelnvorhersagbarsind,istdieAnwendungan bestimmteWörtergebunden(=lexikalischesWissen). Ausgangslage Thema:Regelwissenvs.lexikalischesWissen. GenerellvorausgesetzteslexikalischesWissenbeiNomen: – Lautform – Genus – Bedeutung Hierarchie: LexikalischeFestlegungen>besondereRegeln>allgemeineRegeln Dasheißt: – WennsichinderSprachgemeinschaftbeieinemLexemeinebestimmtePluralform etablierthat,istdiesezuwählen–egal,obsieeinerRegelentsprichtodernicht. – WennaufeinLexemdieKriterien,dieineinerZusatzregelaufgeführtsind(zumBei‐ spielbestimmtesGenus,besondererWortausgang),allezutreffen,istdieZusatzregel (undnichtdieallgemeineRegel)anzuwenden. Dieses Muster entspricht einer allgemeinen Gesetzmäßigkeit der Sprache, die man als Spezifizitätspinzipbezeichnet:SpezifischeRegelnhabendenVorrangvorallgemeinen. Nomen:Pluralformen Überblick 2 (Einzelheitensiehenachstehend) Grundregeln(allgemeinesRegelwissen) G1 Neutra/Maskulina G2 Feminina G3 Auslaut‐en,‐er,‐el →Pluralauf‐e →Pluralauf‐en →e‐Tilgung Tisch→Tische Frist→Fristen Teller→Teller,Ader→Adern Zusatzregeln(spezifischesRegelwissen) Z1 Auslaut‐e[ə] Z2 AuslautaufVollvokal Z3 Femininaauf‐ee,‐ie,‐ei →Pluralauf‐en →Pluralauf‐s →Pluralauf‐en Zeuge→Zeugen Auto→Autos Allee→Alleen AllgemeineMuster,lexemgebundeneAnwendung(lexikalischesWissen) L1 L2 L3 L4 L5 FemininamitPluralauf‐e Maskulina/NeutramitPluralauf‐en Stammänderung+Pluralauf‐en KonsonantischerWortausgang+s‐Plural Maskulina/NeutramitPluralauf‐er Umlaut:Regelwissen Hand→Hände Staat→Staaten Firma→Firmen Hotel→Hotels Feld→Felder (Normalfall:keinUmlaut) U1 Feminina+L1(e‐Plural)→Umlaut U2 Maskulina/Neutra+L5(er‐Plural)→Umlaut Hand→Hände Wald→Wälder Umlaut:allgemeinesMuster,lexemgebundeneAnwendung(lexikalischesWissen) U3 Maskulina+G1→±Umlaut Hund→Hundevs.Wolf→Wölfe Stapel→Stapelvs.Nagel→Nägel (+G3) SonstigeEinzelfälle(lexikalischesWissen) Gebilde→Gebilde;Tempus→Tempora;Tempo→Tempi DieEndungen Endungen:Regelwissen G AllgemeineRegeln=zentralesPluralsystem.Grundlage:GenusundSilbenstruktur. GrundregelG1:MaskulinaundNeutragehenimPluralauf‐eaus.(Umlaut:sieheun‐ ten.) GrundregelG2:FemininabildendenPluralmit‐en. GrundregelG3:MaskulinaundNeutramitWortausgangaufunbetontes‐el,‐enoder ‐ersindimPluralendungslos;Femininaauf‐eloder‐ererhaltendiekurzePluralen‐ dung‐n.G3bewirkt,dassdiebetreffendenPluralformengegenüberG1undG2inder Schreibungumeinereduziertsind:endungslos(statt‐e)und‐n(statt‐en). GemeinsamkeitderPluralformen,dieüberG1–G3gebildetwerden:Siebestehenaus einerAbfolgevonbetonterundunbetonterSilbe(=Trochäus;mehrdazuunten). Nomen:Pluralformen 3 DiefolgendeTabellezeigtdasZusammenwirkenvonG1,G2undG3. (2) Vollform G3:ReduzierteForm G1: Maskulina Neutra derHund→dieHund‐e derWolf→dieWölf‐e dasLos→dieLos‐e derStapel→dieStapel dasGitter→dieGitter derBesen→dieBesen G2: Feminina dieFrist→dieFrist‐en dieTat→dieTat‐en dieGabel→dieGabel‐n dieFeder→dieFeder‐n Z Allgemeine Regeln mit zusätzlichen Bedingungen (Zusatzregeln). Bei den zusätzli‐ chen Bedingungen handelt es sich jeweils um besondere phonologische Merkmale. Wenn die Bedingungen zutreffen, haben die entsprechenden Regeln den Vorrang vordenGrundregeln(sieheEinleitung:Spezifizitätsprinzip). Zusatzregel Z1: Nomen, die im Singular auf ‐e (Schwa) ausgehen, enden im Plural auf‐en.BeidenFemininaverstärkensichZ1undG2gegenseitig. (3) Z1:derZeuge→dieZeugen;dasAuge→dieAugen;dieTasche→dieTaschen Zusatzregel Z2: Nomen, die im Singular aufeinen Vollvokal ausgehen, habeneinen s‐Plural. (4) Z2:dieOma→dieOmas;dasAuto→dieAutos;dieKamera→dieKameras Z2:dasTabu→dieTabus;dasBüro→dieBüros;dasKomitee→dieKomitees Z2:derZoo→dieZoos;dasKlo→dieKlos;derStau→dieStaus ZueinsilbigenWörterndeutscherHerkunftwieSeeoderFlohsieheweiterunten. ZuFremdwörternwieFirma→FirmensieheAbschnittzumn‐Plural. ZusatzregelZ3(regelhafteAusnahmezuZ2):Femininaauf‐ee,‐ie,‐eihabenn‐Plural: (5) Z3:dieMelodie→dieMelodien;dieAllee→dieAlleen,dieDatei→Dateien Endungen:lexikalischesWissen DiefolgendenPluralbildungenfolgenzwarganzbestimmtenMustern,ihreAnwendung istabernichtüberallgemeineRegelnvorhersagbar.DiePluralformmussalsomitdem entsprechendenLexemeingeprägtwerden(=lexikalischesWissen). L Pluralendungen,»Umkehrung«vonG1undG2(jemitBerücksichtigungvonG3): LexikalischgebundenesMusterL1:Femininamite‐PluraloderendungslosemPlural. ImGrundwortschatzhabenetwaeinViertelallerFemininaeinene‐Plural;außerhalb davonister selten. Endungslos nur: Mutter,Tochter. Plurale nachL1 haben immer Umlaut(sieheUmlautregeln,→U1).Dasheißt,beidenFemininaistdere‐Pluralan das Vorhandensein eines umlautfähigen Stammvokals gebunden (zu den abwei‐ chendenBildungenauf‐nisund‐salsieheweiterunten). (6) L1+U1:dieHand→dieHände;dieNot→dieNö te;dieKunst→dieKünste L1+G3+U1:dieTochter→dieTöchter LexikalischgebundenesMusterL2(+G3):MaskulinaundNeutramitn‐Plural. (7) L2:derStaat→dieStaaten;dasOhr→dieOhren L2+G3:derStachel→dieStacheln;derVetter→dieVettern Nomen:Pluralformen 4 L Pluralendungen,andereSonderfälle: LexikalischgebundenesMusterL3:Fremdwörtermiten‐PluralundStammänderung (Wegfall,ErsatzoderZusatzvonBuchstaben/Lauten;andereBetonung).Siehedazu eingehenderdenbesonderenAbschnittzumn‐Plural. (8) L3:dieFirm‐a→dieFirm‐en;diePrax‐is→diePrax‐en L3:dieApsis→dieApsiden L3:derEmbryo→dieEmbryonen(neben:Embryos);dasIndiz→dieIndizien L3:derAutor→dieAutoren;derDirektor→dieDirektoren LexikalischgebundenesMusterL4:NomenmitkonsonantischemWortausgangund s‐Plural.SiehedazuauchdenbesonderenAbschnittzums‐Plural. (9) L4:dasHotel→dieHotels;derTreff→dieTreffs;dasDeck→dieDecks MusterL5:MaskulinaundNeutramiter‐Plural(wennmöglichmitUmlaut,→U2). (10) L5:dasFeld→dieFelder;derGeist→dieGeister L5+U2:dasBuch→dieBücher;derWurm→dieWürmer UmlautimPlural PluralformenohneUmlautsindderNormalfall.Manmusssichalsonurmerken,wann Umlautgefordertist(→U1,U2)oderwanndamitgerechnetwerdenmuss(→U3). Umlaut:Regelwissen(undlexikalischesWissen) U UmlautimPlural:Regelwissen,dasteilweiselexikalischesWissenvoraussetzt: U1:Femininamite‐PluraloderendungslosemPlural(L1,G3)weisenimmerUmlaut auf.Dasheißt,esgibtkeinefemininenNomenmite‐PluralohneUmlaut(abgesehen vonfemininenAbleitungenauf‐nisund‐sal;sieheweiterunten). (11) L1+U1:dieWand→dieWände;dieNot→dieNöte L1+G3+U1:dieTochter→dieTöchter U2:NomenmitPluralendung‐er(L5)erhaltenimmerUmlaut,sofernderStammei‐ nenumlautfähigenVokalaufweist. (12) L5+U2:dasFass→dieFässer;derWald→dieWälder (NurL5:dasBild→dieBilder;derGeist→dieGeister) Umlaut:lexikalischesWissen U UmlautimPlural:lexikalischesWissen U3:MaskulinadesTypsG1bzw.G1/3habenteilweiseUmlaut,imGrundwortschatz etwazu50Prozent,außerhalbdavonselten.EsgibtauchvagesemantischeTenden‐ zen:BeiBezeichnungenfürBelebtes(Personen,Tiere)istUmlautetwashäufigerals beiBezeichnungenfürSachen. (13) U3:derWolf→dieWölfevs.derHund→dieHunde U3:derGarten→dieGärtenvs.derBalken→dieBalken Nomen:Pluralformen 5 SonstigeEinzelfälle(lexikalischesWissen) L EsbleibeneineAnzahlSonderfälle,dienurteilweiseodergarnichtineinesderoben gezeigten Muster passen. Die Beherrschung dieser Formen ist rein lexikalisches Wissen. AffixemitBesonderheiteninderPluralbildung: – BildungendesTypsGe‐…‐eerhaltenkeinePluralendung(gegenZ1): (14) das Gebilde → die Gebilde; das Getriebe → die Getriebe; das Gemälde → dieGemälde;dasGebäude→dieGebäude – Diminutive(Verkleinerungsformen)auf‐leinsindwiediejenigenauf‐chen(RegelG3) imPluralendungslos: (15) a. dasBlümlein→dieBlü mlein(vgl.:dasBlümchen→dieBlümchen) b. dasVögelein→dieVögelein(vgl.:dasVögelchen→dieVögelchen) – Femininaauf‐nisund‐salhabenwiediegleichlautendenNeutraeinene‐Pluralohne Umlaut(gegenL1): (16) a. dieErkenntnis→dieErkenntnisse(wie:dasZeugnis→dieZeugnisse) b. dieTrübsal→dieTrübsale(wie:dasRinnsal→dieRinnsale) Bildungswortschatz: (17) a. dasGenus→dieGenera;dasTempus→dieTempora;dasTempo→die Tempi;derModus→dieModi;derStimulus →dieStimuli;derKasus→ dieKasus;derTopos→dieTopoi b. EinzigeNomenmite‐PluralundBetonungswechselbzw.Stammänderung (vgl.L3):derCharakter→dieCharaktere;dasKlima→dieKlimate c. KurzeEndung‐nnachSilbemitVollvokal:dieKonsuln,dieTriumvirn AnderelexemgebundeneBesonderheiten(Raritätensammlung): (18) a. Einsilbler auf Vollvokal (gegen Z2): das Reh → die Rehe; das Knie→ die Knie;derFloh→dieFlöhe;dieKuh→dieKühe;derSee→dieSeen;der Pfau→diePfauen b. Neutra mit Plural nach G1/G3 und Umlaut (gegen U3): das Floß → die Flöße;dasKloster→dieKlöster;dasWasser→dieWässer(Sortenplural), aberregelhaft:→dieWasser(Mengenplural) c. derKäse→dieKäse(Sortenplural;Einzelfall;gegenZ1) d. s‐PluralmitirregulärerVeränderungderAusgangsform,umgangssprach‐ lich:derJunge→dieJungs,dieJungens(standardsprachlichnachZ1:die Jungen) e. Halbsuppletiv:derBau→dieBauten(zugehörigerSingularnurnochre‐ gional: die Baute); vgl. aber: der Bau ›Tierwohnung‹ → die Baue; die Werkstatt→dieWerkstätten(zugehörigerSingularnurnochregional:die Werkstätte) f. Suppletiv,veraltend:derBergmann→dieBergleute;derZimmermann→ dieZimmerleute(danebenauchschon:dieBergmänner,dieZimmermän‐ ner);vgl.regelhaft:dieFachmänner↔dieFachleute(=Fachmännerund Fachfrauen) Nomen:Pluralformen 6 Zumn‐Plural Duden‐Grammatik(2009):Randziffern285–288 Stamm‐vs.Grundformflexion RegelZ1wirdoftsointerpretiert,dassanNomen,dieauf‐e[ə](=Schwa)ausgehen,die kurzeEndung‐nangefügtwird: (19) a. dieSeite→dieSeite‐n b. derZeuge→dieZeuge‐n; c. dasAuge→dieAuge‐n DieseDeutungfindetsichunteranderemimRechtschreibduden,zumBeispiel: (20) Auge,das;‐s,‐n EsgibtaberaucheinealternativeDeutung,inder ‐ealseineArtFlexionsendungoder »Themavokal«betrachtetwird;eslägedannStammflexion(stattGrundformflexionwie sonstdurchgängigimnominalenBereich)vor: (21) a. dieSeit‐e→dieSeit‐en b. derZeug‐e→dieZeug‐en c. dasAug‐e→dieAug‐en FürdieseDeutungkönntesprechen,dassinderWortbildung(Derivation,Komposition) teilweisee‐loseFormenauftreten: (22) a. dieTasch‐e→dasTäsch‐chen;dasAug‐e→dasÄug‐lein b. dieSprach‐e→dieSprach‐wissenschaft;dasAug‐e→derAug‐apfel Mit Stammflexion lässt sich auch die Pluralbildung vieler Fremdwörter erklären. Hier erscheinenstattdesAusgangs‐eandereEndungen,zumBeispiel‐a,‐o,‐us,‐os,‐is,‐um,‐ on.MankanndaherZ1soumformulieren,dasssie–wenigstenszumTeil–L3ersetzt: → Z1:Nomen,derenSingularformeine(gegebenenfallsauchunechte)Flexionsendung aufweist,ersetzendieseimPluraldurchdieEndung‐en. (23) a. b. c. d. e. f. g. h. dieSeit‐e→dieSeit‐en,derZeug‐e→dieZeug‐en dieFirm‐a→dieFirm‐en;dieVill‐a→dieVill‐en dasRisik‐o→dieRisik‐en derZykl‐us→dieZykl‐en;derRadi‐us→dieRadi‐en derMyth‐os→dieMyth‐en diePrax‐is→diePrax‐en dasStadi‐um→dieStadi‐en;dasMuse‐um→dieMuse‐en dasStadi‐on→dieStadi‐en DieeingeklammerteBemerkunginderrevidiertenRegelZ1betrifftWörter,beidenen ausSichtderHerkunftssprachekeineMorphemgrenzevorliegt: (24) a. dasInteress‐e→dieInteress‐en b. dasPrism‐a→diePrism‐en TeilweisebestehtKonkurrenzmitdenPluralendungenderHerkunftssprache.Vorallem bei Nomen auf ‐a und ‐o erscheint außerdem teilweise ders‐Plural; dies lässt sich am einfachsten damit erklären, dass die zugrundeliegende Singularform als ungegliedert, dasheißtendungslosaufgefasstwird;eskommtdannPluralregelZ2zumZug.Beispiele: Nomen:Pluralformen 7 (25) a. dasKont‐o→dieKont‐i(italienisch) b. dasKont‐o→dieKont‐en(deutschern‐PluralnachZ1) c. dasKonto→dieKonto‐s(s‐PluralnachZ2) (26) a. dasThema→dieThema‐ta(altgriechisch) b. dasThem‐a→dieThem‐en(deutschern‐PluralnachZ1) c. dasThema→dieThema‐s(s‐PluralnachZ2) Eine vierte Möglichkeit ist standardsprachlich ausgeschlossen, aber im realen Sprach‐ gebrauch nicht selten zu beobachten: die verdeutlichende Kombination von fremder PluralformundPlural‐s: (27) a. die§Konti‐s,die§Themata‐s b. (Ebenso:)die§Spaghetti‐s,die§Konfetti‐s,die§Antibiotika‐s,die§Visa‐s WenndieursprünglichenEndungen‐usund‐osnichtmehralsosolcheempfundenwer‐ den,erscheintdere‐PluralnachG1(mitVerdoppelungvonswiebei:dasGeheimnis→ dieGeheimnisse): (28) a. derZirkus→dieZirkuss‐e;derSozius→dieSoziuss‐e b. dasRhinozeros→dieRhinozeross‐e c. der Korpus (›massives Möbelstück‹) → die Korpuss‐e (vgl. aber fach‐ sprachlich:dasKorpus›Datensammlung‹→dieKorpora) Ähnlich: (29) a. derAtlas→dieAtlass‐e(nebenhäufigerem:dieAtlant‐en) b. derGlobus→dieGlobuss‐e(nebenhäufigerem:derGlob‐us→dieGlob‐en) c. dasAlbum→§dieAlbum‐s(standardsprachlich:dasAlb‐um→dieAlb‐en) VorallembeiNomenmittrochäischemSingularauf‐ound‐ascheintsichdern‐Plural längerfristigdurchzusetzen.AlsGrundwirdvermutet,dassdien‐Formenderpräferier‐ tenprosodischenStrukturfürdeutschePluralformenentsprechen.EinNachteilbesteht darin, dass eine Morphemgrenze zu memorieren ist. Der prosodische Vorteil des n‐PluralswirdimDeutschenoffensichtlichtendenziellhöhergewichtetalsdieeinfache‐ reWortstrukturbeims‐Plural. Mischplurale BeivielendervorangehendgezeigtenNomenhatdieEndung‐eneinefremdePluralen‐ dungwie‐i,‐ae,‐aersetzt: (30) a. dieKont‐en(neben:dieKont‐i) b. dieGremi‐en(statt:dieGremi‐a) Entsprechendes lässt sich auch bei Nomen beobachten, deren Singular im Deutschen endungslosist: (31) a. dieFigur‐en(nachG2;statt:dieFigur‐ae) b. dieStudent‐en(nachL2;statt:dieStudent‐es) Auffälligersindn‐Plurale,beidenenquellsprachlicheBesonderheitenwieStammerwei‐ terungoderBetonungswechselerhaltengebliebensind(=lexikalischesWissen,Gruppe L3).MansprichthierauchvonMischpluralen: Nomen:Pluralformen 8 (32) a. dasPrinzip→diePrinzipi‐en(zusätzlichesi) b. die'Spirans→dieSpi'rant‐en(…ans→…ant…;WechselderBetonung) c. das 'Stimulans → die Stimu'lanti‐en (Wechsel …ans → …ant‐i…; Wechsel derBetonung) d. der 'Embryo → die Embry'onen (zusä tzliches n; Wechsel der Betonung; danebenaberauch:die'Embryos) BeiFremdwörternauf‐ortrittderMischpluralauf‐envorallemdannauf,wennimSin‐ gular die letzte Silbe vor dem Wortausgang ‐or betont wird. Man beachte den Beto‐ nungswechselzwischenSingularundPlural(lexikalischesWissen): (33) a. der'Autor→dieAu'toren b. derDi'rektor→dieDirek'toren c. derAkkumu'lator→dieAkkumula'toren Wörtermitbetontem‐orhabene‐Plural: (34) a. derMa'jor→dieMa'jore f. derTe'nor(›Sänger‹)→dieTe'nöre(mitUmlaut!) Schwankend(regionalsprachlichgibtesnochmehrFälledieserArt): (35) a. der'Motor→dieMo'toren b. derMo'tor→dieMo'tore (36) a. der'Monitor →die'Monitore b. →dieMoni'toren Zums‐Plural s‐PluraleerscheinenimDeutschenindreiFallgruppen: Ders‐PluraltrittregelhaftbeiWörternauf,dieaufeinenVollvokalausgehen(→Z2): (37) a. Z2:dasPiano→diePianos;dasSofa→dieSofas b. Z2:dasBüro→dieBüros;dasKomitee→dieKomitees Zum Zweiten ist der s‐Plural lexikalisiert bei bestimmten Fremdwörtern vor allem aus dem Englischen und dem Französischen sowie bei einigen Wörtern deutscher Herkunft(lexikalischesWissen,L4).ErwirdhiermanchmaldurchPluralenachden GrundregelnG1–G3konkurrenziert: (38) a. b. c. d. dasHotel→dieHotels;dieBar→dieBars;derSchal→dieSchals dasJournal→dieJournals(entgegendemFranzösischen:lesjournaux) dasBrikett→dieBriketts(odernachG1:dieBrikette) das Wrack → die Wracks (aus dem Niederdeutschen; daneben seltener nachG1:dieWracke) e. derTreff→dieTreffs(verkürztaus:Treffpunkt) Ders‐PluralistausgeschlossenbeiFremdwörtern,dieschonimSingularaufeinens‐ Lautausgehen.EskommendanndieRegelnG1undG2zumZug.DasDeutschehat alsodielangePluralendung‐esdesEnglischennichtübernommen,sondernweicht stattdessenaufdieGrundregelnaus: Nomen:Pluralformen 9 (39) a. derBoss→dieBosse;derMix→dieMixe;dasFax→dieFaxe b. dieMiss→dieMissen;dieHostess→dieHostessen;dieBox→dieBoxen Ders‐PluralistaußerdembeiMaskulinaauf‐erunüblich(→G1/3): (40) der Jogger → die Jogger; der Printer → die Printer; der Computer → die Computer;derBulldozer→dieBulldozer Schließlichkannders‐PluralalseineArtBehelfspluralformangesehenwerden. – Fremdwörter (auch aus Sprachen, die keinen s‐Plural kennen); mit der Zeit oft ÜbergangindievorangehendbeschriebenenGruppen: (41) a. einAnorak→dreiAnoraks(→L4) b. einOrangUtan→dreiOrangUtans(→L4) c. derKotau→dieKotaus(→Z2) – Initialkurzwörter (bei vokalischem Wortausgang Überlappung mit Z2, siehe oben), optional: (42) a. dasAKW→dieAKW(s) b. dasKfz→dieKfz(s) – OkkasionelleBildungen,zumBeispielVornamen,endungsloseFarbnomen,Zitatno‐ minalisierungenundEinzelbuchstaben: (43) a. b. c. d. Gretchen→diedeutschenGretchen(s) dasGrün→dieGrün(s) dasWenn→vieleWenn(s)undAber(s) dasF→einWortmitdreiF(s) FazitI:DasdominanteprosodischeMusterfürPluralformen DievorangehendgezeigtenRegelnbewirkenfastalle,dassPluralformenaufeinenTro‐ chäusausgehen,dasheißteineAbfolgevonbetonterundunbetonterSilbe: – DiebetonteSilbeträgtdenHaupttondesWortesoderzumindesteinenNebenton. – DasgeschriebeneÄquivalentderunbetontenSilbeendetauf‐e,‐er,‐el,‐en,‐ern,‐eln. ImDeutschenbestehtalsoeinestarkePräferenzfürtrochäischePluralformen: (44) derTisch→dieTische;derEsstisch→dieEsstische;dieHand→dieHän‐ de;dasMuster→dieMuster;dieTochter→dieTöchter;derWald→die Wälder;dieLast→dieLasten;derZeuge→dieZeugen;dieFeder→die Federn;derMuskel→dieMuskeln Esistschonvorgeschlagenworden,denAusgang‐enachRegelG1(undL1)alsSpross‐ vokalzuerklären,derzumErreichendestrochäischenMustersquasiautomatischgene‐ riertwird. AbweichungenvomtrochäischenMusterfindensichbeiNomenmits‐Plural(45a)so‐ wiesolchenmitSuffixenodersuffixartigenWortausgängen,vorallemsolchenmitVoll‐ vokal,diesichteilweiseprosodischwieKompositaverhalten(45d): (45) a. dasBüro→dieBüros;dasHotel→dieHotels;dieKamera→dieKameras b. derAbend→dieAbende;dieGegend→dieGegenden;dieTugend→die Tugenden Nomen:Pluralformen 10 c. derKönig→dieKönige;diePredigt→diePredigten;dieMeinung→die Meinungen;dieKlinik→dieKliniken;dasZeugnis→dieZeugnisse d. dasSchicksal→dieSchicksale;dieFreiheit→dieFreiheiten;dieFreund‐ schaft→dieFreundschaften;derReichtum→dieReichtümer FazitII:Wasmussmansichmerken? FürdiePluralbildungmussmandasGenusdesbetreffendenNomensunddieallgemei‐ nenRegeln(G1–G3;Z1–Z3;U1+U2)kennen(=Regelwissen).Darüberhinausmussman sichmaximaleinFormmerkmaleinprägen(L1–L5oderU3)(=lexikalischesWissen). – BeispielemitGenusNeutrum: (46) Singular Plural Regelwissen lexikalischesWissen Ziel Fenster Felder Holz Auge Ohr Piano Risiko Ziele Fenster Felder Hölzer Augen Ohren Pianos Risiken G1 G1+G3 – U2 Z1(Schwa) – Z2(Vollvokal) – – – L5(r‐Plural) L5(r‐Plural) – L2(»verdreht«) – L3(Morphemgrenze:‐o) a. b. c. d. e. f. g. h. – BeispielemitGenusMaskulinum: (47) Singular Plural Regelwissen lexikalischesWissen Hund Turm Wurm Staat Sprecher Zeuge Bayer Start Hunde Türme Würmer Staaten Sprecher Zeugen Bayern Starts G1 G1 U2 – G1+G3 Z1(Schwa) G3 – – U3 L4(s‐Plural) L2(»verdreht«) – – L2(»verdreht«) L4(s‐Plural) a. b. c. d. e. f. g. h. – BeispielemitGenusFemininum: (48) Singular Plural Regelwissen lexikalischesWissen Frist Tasche Nadel Hand Kamera Villa Bar Fristen Taschen Nadeln Hände Kameras Villen Bars G2 Z1(oderG2+G3) G2+G3 U1 Z2(Vollvokal) – – – – – L1(»verdreht«) – L3(Morphemgrenze:‐a) L4(s‐Plural) a. b. c. c. d. e. f. Nomen:Pluralformen 11 Anhang I:DiePluralformendesDeutschenundihreGrundlagen DiefolgendeTabellegibteinenÜberblicküberdasVorkommenderverschiedenenMus‐ ter.DieKürzelG1–G3,L1–L5undU1–U3verweisenaufdiesystematischeDarstellungin denvorangehendenAbschnitten.Blau=Regelwissen,Gelb=lexikalischesWissen. ‐e a. derHund→dieHunde dasBoot→dieBoote GrundregelfürMaskulinaundNeutra(G1) b. dieErkenntnis→dieErkenntnisse dieTrübsal→dieTrü bsale LexemgebundenesMuster,nurAbleitungenauf‐nisund‐sal (wiedieentsprechendenNeutra;dieseregelhaftnachG1:das Erzeugnis→dieErzeugnisse;dasSchicksal→dieSchicksale) ‐emitUmlaut c. derWolf→dieWö lfe ImGrundwortschatzhäufigeslexemgebundenesMusterfür Maskulina(G1+U3) d. dasFloß→dieFlö ße EinzelfallbeidenNeutra(G1+U3) e. dieHand→dieHä nde ImGrundwortschatzhäufigeslexemgebundenesMusterfür Feminina(L1+U1) endungslos f. derBalken→dieBalken dasRuder→dieRuder derPudel→diePudel RegelhafteVariantederGrundregelfürMaskulinaund Neutraauf‐en,‐er,‐el(G1+G3) g. dasBlümlein→dieBlü mlein Ableitungenauf‐lein(Diminutive) h. dasGebäude→dieGebä ude AbleitungendesTypsGe‐…‐e i. derKäse→dieKä se Einzelfall endungslosmitUmlaut j. derGarten→dieGä rten derNagel→dieNä gel ImGrundwortschatzhäufigeslexemgebundenesMusterfür Maskulinaauf‐en,‐er,‐el(G1+G3+U3) k. dasKloster→dieKlö ster WenigeEinzelfällebeidenNeutra(G1+G3+U3) l. dieTochter→dieTö chter ZweiEinzelfällebeidenFeminina(L1+G3+U1) ‐en m. dieBurg→dieBurgen dieTasche→dieTaschen GrundregelfürFeminina(G2);zudenFemininaauf‐esiehe auchPluralformenauf‐n(Z1) n. dieAllee→dieAlleen dieDatei→dieDateien RegelhaftesMusterbeiFemininaauf‐ie,‐ei,‐ee(Z3;gegenZ2, s‐Plural) o. derStaat→dieStaaten dasOhr→dieOhren LexemgebundenesMusterbeiMaskulinaundNeutra(L2) p. dieFirma→dieFirmen dasRisiko→dieRisiken derZyklus→dieZyklen LexemgebundenesMusterbeiFremdwörternmit bestimmtenWortausgängen(L3oderrevidierteFassungvon Z1) ‐n q. dieFeder→dieFedern dieRegel→dieRegeln RegelhafteVariantederGrundregelfürFemininaauf‐erund‐ el(G2+G3) r. dieTasche→dieTaschen derZeuge→dieZeugen dasAuge→dieAugen RegelhaftesMusterbeiNomenallerGeneraauf‐e(Z1) s. derVetter→dieVettern WenigeEinzelfällebeiMaskulina(L2+G3) t. derKonsul→dieKonsuln WenigeEinzelfälle:MaskulinaausdemBildungswortschatz Nomen:Pluralformen 12 ‐er(mitUmlaut,sofernmöglich) u. dasBild→dieBilder derGeist→dieGeister derWald→dieWä lder dasSchloss→dieSchlö sser LexemgebundenesMusterimGrundwortschatz,nur MaskulinaundvorallemNeutra(L5+U2) ‐s v. dieKamera→dieKameras dasBüro→dieBü ros RegelhaftesMusterbeiNomenallerGeneramitWortausgang aufVollvokal(Z2) w. dasHotel→dieHotels derTrick→dieTricks HäufigeslexemgebundenesMusterbeiFremdwörtern,vor allemausdemEnglischenundFranzösischen x. dasAKW→dieAKW(s) RegelhaftbeiInitialkurzwörtern(optional) y. dasGretchen→dieGretchen(s) dasGrün→dieGrü n(s) dasWenn→dieWenn(s) dasF→dieF(s) RegelhaftbeiokkasionellenBildungen,zumBeispiel Vornamen,endungslosenFarbnomen, ZitatnominalisierungenundEinzelbuchstaben AnderePluralformen z. derStimulus→dieStimuli dasTempus→dieTempora dieSupernova→dieSupernovä Lexemgebunden,Bildungswortschatz(meistLatinismenund Gräzismen) Anhang II:Schema Behelfsplural ‐s/– — m. ‐e/– G1 U3 n. ‐e/– G1 Default f. ‐en/‐n G2 regulär etabliert Default ‐s Z2 Vollvokal f./‐ee,‐ie,‐ei ‐en Z3 m./n. ‐en/‐n L2 invers f. ‐e/– L1 U1 irregulär mitMorphem‐ ‐en L3 grenze ‐er L5 U2 ‐s L4 sonstigeEinzelfälle — EntscheidungfürlangeundkurzeEndungen→G3(hiernichtdargestellt). Nomen:Pluralformen 13 AnhangIII:NormundVarianz Tendenziellstabil: regelbasierteFormen Tendenzielllabil lexikalischfestgelegteFormen Tendenziellstabil: Grundwortschatz derTisch→dieTische dieLast→dieLasten dieHand→dieHände dasFeld→dieFelder Tendenzielllabil:neueroder periphererWortschatz dasSelfie→dieSelfies derLooser→dieLooser dasDetergens→dieDetergenzien derRom→dieRoma Typische»Nester«mitVarianz: Fremdwörteraufunbetontes‐ooder‐a,zumBeispiel:diePizza→diePizzas,diePiz‐ zen,diePizze LatinismenvonFachwortschätzen,zumBeispiel:derIndex→dieIndexe,dieIndizes; dasPronomen→diePronomina,diePronomen;derAtlas→dieAtlanten,dieAtlasse; derEmbryo→dieEmbryonen,dieEmbryos Initialkurzwörter,zumBeispiel:dasAKW→dieAKW,dieAKWs Typische»Nester«mitNonstandardvarianz: FremdePluraleaufunbetontenVollvokal+s‐Plural,zumBeispiel:dasMaximum→ dieMaxima,die§Maximas;das/derGraffito→dieGraffiti,die§Graffitis.DurchReana‐ lyse(aufdemWegzurStandard):dasGraffiti→dieGraffitis Latinismen:dasTempus→dieTempora,die§Tempi;derKasus→dieKasus,die§Kasi RegionaleTendenzen(meistNonstandardmuster): Norden:s‐PluralstattNull‐Plural,zumBeispiel:derDackel→die§Dackels;dasMädel →die§Mädels Süden:n‐PluralstattNull‐Plural,zumBeispiel:derDackel→die§Dackeln;dasMädel →die§Mädeln Süden:mehrUmlaut,zumBeispiel:derBogen→dieBögen;derWagen→die§Wägen Süden:mehrPluraleauf‐er,zumBeispiel:dasStück→die§Stücker;derKlotz→die §Klötzer VarianzdurchVerwechslungvonHomonymen,zumBeispiel: dasBand→dieBande≠dieBänder;derBand→dieBände;dieBand→dieBands;die Bande→dieBanden dasDing→dieDinge≠dieDinger dasSchild→dieSchilder≠derSchild→dieSchilde dasWort→dieWorte≠dieWörter;dasStichwort→dieStichworte≠dieStichwörter derDruck→dieDrucke≠dieDrücke derKiefer→dieKiefer≠dieKiefer→dieKiefern derStrauß→dieSträuße≠dieStrauße Nomen:Pluralformen 14 Fachliteratur Bittner,Dagmar(1994):DieBedeutungderGenusklassifikationfürdieOrganisationder deutschenSubstantivflexion.In:Köpcke,Klaus‐Michael(Hrsg.)(1994):Funktionale Untersuchungen zur deutschen Nominal‐ und Verbalmorphologie. 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