Spezifische Genselektion durch mikrofluidische Biochips
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Spezifische Genselektion durch mikrofluidische Biochips
042_064_BIOsp_0109.qxd 54 30.01.2009 12:22 Uhr Seite 54 MET H ODE N & AN WE N DU NGEN Hochdurchsatzsequenzierung Spezifische Genselektion durch mikrofluidische Biochips NADINE SCHRACKE, MARCEL KRÄNZLE, PEER STÄHLER, MARKUS BEIER, DANIEL SUMMERER FEBIT BIOMED GMBH, HEIDELBERG Eine neue Methode für die selektive Anreicherung interessierender DNA-Abschnitte auf Basis mikrofluidischer Mikroarrays ermöglicht eine gezieltere Nutzung der Hochdurchsatzsequenzierung. A new method for specific DNA capture by microfluidic microarrays described here enables a targeted use of modern sequencing technology. Die Qual der Wahl ó Die Leistungsfähigkeit moderner Sequenzierverfahren eröffnet eine neue Dimension in der Genetik: Immer günstiger und schneller können auch große Genome sequenziert werden und damit die Systematik und das Verständnis in der Genetik vorantreiben[1]. Doch auch hier richtet sich der Preis nach der Menge der Basenpaare. Die Analyse vollständiger eukaryotischer Genome komplexer Organismen ist noch immer ein erheblicher Kostenfaktor. Dies ist umso mehr ein limitierender Faktor, da für die Beantwortung biologischer Fragestellungen durch Sequenzanalysen nur selten alle Gene eines Organismus von Interesse sind. Im Gegenteil: Die Datenflut, die die Sequenzierung eines komplexen Genoms nach sich zieht, ist nur schwer in verwertbare Information umzuwandeln. Vergleichsanalysen mehrerer Individuen scheitern daher häufig an der Finanzierbarkeit. Mikroarrays für selektives Sequenzieren Zurzeit werden meist PCR-basierte Methoden für die Selektion von Genloci im Vorfeld einer Sequenzierung genutzt[2]. Diese sind jedoch in ihren Möglichkeiten begrenzt, insbesondere hinsichtlich Länge und Spezifität ihrer Produkte sowie Limitierungen, die aus dem notwendigen Einsatz von Primern resultieren. Amplifikationsschritte können zu unerwünschten Nebeneffekten, wie Transposition oder Mutation bei der Replikation führen. Das macht den Einsatz dieser Protokolle kostenund arbeitsintensiv und nicht für jedes Gen nutzbar. Mit der PCR können außerdem nur in begrenztem Maße unterschiedliche Genregionen angereichert werden[3, 4]. Dabei liegt ein wesentlicher Vorteil der Hochdurchsatzsequenzierung gerade in der großen Parallelität der Methode. Seit kurzem wird nun am Einsatz von Mikroarrays für die Selektion von Genen für die Hochdurchsatzsequenzierung mit ersten vielversprechenden Ergebnissen gearbeitet[5]. Dabei dienen die Oligonukleotide der Biochips als Fänger für die gesuchten Gene, die auf diese Weise gefiltert, damit angereichert, und dann für die Sequenzierung eluiert werden. Außerdem sind mikroarraybasierte Methoden auch bei hoch komplexen Genomen in der Lage, Genloci ohne Beschränkung durch ihre räumliche Verteilung im Genom zu selektieren. Mikrofluidik für hohe Sensitivität Wir konnten zeigen, dass mikrofluidische Mikroarray-Biochips beim Selektions- und Anreicherungsprozess ausreichend DNA für den Einsatz im Hochdurchsatzsequenzierer liefern, ohne dass im Anschluss an die Selektion Amplifikationsschritte erforderlich sind: ˚ Abb. 1: Gezielte Selektion genomischer Fragmente mittels mikrofluidischem DNA-Array: Im Biochip werden Oligonukleotide für die zu selektierenden Sequenzabschnitte synthetisiert. Die gDNA (1) wird gemäß Protokoll für den Einsatz im Illumina/Solexa 1G aufbereitet (2) und in die Kanäle des Biochips injiziert. Die gesuchten DNA-Fragmente hybridisieren an die immobilisierten Oligonukleotide des Biochips (3). Im Waschvorgang werden nicht und schwach gebundene Fragmente abgespült (4). Die Verbleibenden werden eluiert und direkt für die Sequenzierung eingesetzt (5). BIOspektrum | 01.09 | 15. Jahrgang 042_064_BIOsp_0109.qxd 30.01.2009 12:22 Uhr Seite 55 55 Tab. 1: Anreicherungsquoten durch spezifische Genselektion. Gen Gesamtgröße (kb) Größe der Kernregion (kb) Abdeckung der Kernregion (%) Anreicherungsfaktor (xfach) Durchschnittliche Abdeckung pro bp (xfach) Zielregion mindestens 1fach abgedeckt (%) BRCA1 81,2 42,0 10,415 2,150 8,8 75 BRCA2 84,2 39,4 5,193 1,530 4,6 46 TP53 19,2 7,6 18,186 5,630 107,5 84 LBR 277,2 66,663 513 6,1 58 197 Ausgegangen wurde von ∼5 μg gesamtgenomischer humaner DNA, die gemäß dem Standardprotokoll des Sequenziergeräts Illumina/Solexa 1G Genome Analyzer isoliert, mit dem vorgeschriebenen Adapter für Synthese-Sequenzierung ligiert und in 100–300 bp große Stücke fragmentiert wurde. Gemäß der Annotation der gesuchten Gene unter Berücksichtigung der Sequenz (z. B. Aussparung hochrepetitiver Bereiche, erhöhte Abdeckung von Kernregionen wie Exons) wurde das erforderliche Tilling (target induced local lessions in genomes) mit Abständen von 12 bzw. 20 bp errechnet und die entsprechenden Oligonukleotide von 50 bp Länge in vier der acht mikrofluidischen Kanäle auf Geniom Biochips von febit synthetisiert. Die mikrofluidische Struktur der Biochips ermöglicht den Einsatz der lichtaktivierten Synthese[6], bei der an definierten Stellen der Kanäle computergesteuert durch lichtinduzierte Kopplung Base für Base Oligonukleotide aufgebaut werden. Diese Methode ermöglicht es, jedes Array-Design für das Gen-Capturing individuell zu synthetisieren. Die Oligonukleotide des Biochips wurden anschließend mit der gesamtgenomischen DNA hybridisiert, der Chip gewaschen und schließlich die DNA-Fragmente, die an die Oligonukleotide gebunden haben, eluiert und sequenziert. Eine Amplifikation vor der Sequenzierung wurde nicht durchgeführt (Abb. 1). Sequenzierung mit hohen Anreicherungsquoten Selektiert wurden vier humane Genloci, BRCA1, BRCA2 und TP53, die hinsichtlich ihrer Rolle in der Krebsentstehung von Interesse sind. Außerdem wurde der Genlocus LBR angereichert, um die Methode auch für einen längeren DNA-Abschnitt zu evaluieren. In der anschließenden Sequenzierung zeigte sich BIOspektrum | 01.09 | 15. Jahrgang eine deutliche spezifische Anreicherung der gesuchten Genloci (Tab. 1). Die Unterschiede in der Anreicherungsquote der verschiedenen Genloci könnten in ihren Sequenzunterschieden, z. B. GC-Gehalt, zu finden sein. Ein besseres Ergebnis bei potenziell schwierigen Fragmenten könnte durch Berücksichtigung von Sequenzbesonderheiten, wie GC-Gehalt oder Loop-Vorkommen und der sich daraus abzuleitenden Versuchsparameter wie der Schmelztemperatur, erzielt werden. Versuche mit unterschiedlichen Tilingmustern zeigten in der Kontrolle durch quantitative PCR, dass sich eine erhöhte Dichte bei der Überlappung der Fänger-Oligonukleotide (Probes) positiv auf die Anreicherungsquote auswirkt. Allerdings geht dieser quantitative Vorteil zulasten der maximalen Länge des zu selektierenden Gens. Bessere Reproduzierbarkeit und Parallelität durch Automatisierung Diese Daten zeigen das große Potenzial der Sequenzselektion und -anreicherung durch mikrofluidische Mikroarray-Filter. Mehrere Genloci unabhängig von ihrer Lokalisierung im Genom kosteneffektiv und einfach für groß angelegte Sequenzanalysen in einem einzigen Aufreinigungsschritt selektieren zu können, bietet deutliche Vorteile gegenüber amplifikationsbasierten Methoden wie der PCR. Die beschriebene Methode bietet außerdem den Vorteil, innerhalb eines geschlossenen Systems gut automatisierbar zu sein. Ein solches System ermöglicht ein reduziertes Risiko für Kontaminationen oder Bedienfehler und führt so zu einer guten Reproduzierbarkeit der Ergebnisse sowie einer verbesserten Parallelität in den Analysen. Zurzeit arbeiten wir an der Automatisierung der beschriebenen Methode und an der Übertragung dieser Methode auf Hochdurchsatzsequenzierer anderer Hersteller. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Methode breite Anwendung bei groß angelegten Sequenzierprojekten finden wird. ó Literatur [1] Schuster, S. C. (2007): Next-Generation sequencing transforms today’s biology. Nat. Methods 5 (1): 16–18. [2] Mullis, K. B., Faloona, F. A. (1987): Specific synthesis of DNA in vitro via a polymerase-catalyzed chain reaction. Methods Enzymol. 155: 335–350. [3] Porreca, G. J., Zhang, K., Li, J. B, Xie, B., Austin, D., Vassallo, S. L., LeProust, E. M., Peck, P. J., Emig, C. J., Dahl, F., Gao, Y., Church, G. M., Shendure, J. (2007): Multiplex amplification of large sets of human exons Multiplex amplification of large sets of human exons. Nat. Methods 4: 931–936. [4] Pinard, R., de Winter, A., Sarkis, G. J., Gerstein, M. B., Tartaro, K. R., Plant, R. N., Egholm, M., Rothberg, J. M., Leamon, J. H. (2006): Assessment of whole genome amplification-induced bias through high-throughput, massively parallel whole genome sequencing. BMC Genomics 7: 216. [5] Hardiman, G. (2008): Ultra-high-throughput screening, microarray-based genomic selection and pharmacogenomics. Pharmacogenomics 9: 5–9. [6] Baum, M., Bielau, S., Rittner, N., Schmid, K., Eggelbusch, K., Dahms, M., Schlauersbach, A., Tahedl, M., Beier, R. Güimil, M., Scheffler, C., Hermann, J. M., Funk, A., Wixmerten, H., Rebscher, M., Hönig, M., Andreae, H. C., Büchner, D., Moschel, E., Glathe, A., Jäger, E., Thom, M., Greil, A., Bestvater, F., Obermeier, F., Burgmaier, J., Thome, K., Weichert, S., Hein, S., Binnewies, T., Foitzik, V., Müller, M., Stähler, C. F., Stähler, P. F. (2003): Validation of a novel, fully integrated and flexible microarray benchtop facility for gene expression profiling. Nucleic Acids Res. 31: e151. Korrespondenzadresse: Nadine Schracke febit biomed GmbH Im Neuenheimer Feld 519 D-69120 Heidelberg Tel.: 06221-6510-300 [email protected] www.febit.com