Kirchenmusik – ein spezieller Arbeitsmarkt innerhalb der
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Kirchenmusik – ein spezieller Arbeitsmarkt innerhalb der
Kirchenmusik – ein spezieller Arbeitsmarkt innerhalb der Evangelischen Kirche Zur tariflichen Eingruppierung von Stellen für Kirchenmusik in EKD und ihren Gliedkirchen Eine Handreichung der Direktorenkonferenz als Hilfestellung in den Beratungen der Gliedkirchen zur neuen Tarifstruktur nach Ablösung des BAT 1. Ausgangssituation a. Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker sowohl auf A- oder B-Kantorenstellen als auch im nebenberuflichen kirchenmusikalischen Dienst auf C-Stellen werden zur Zeit in den Gliedkirchen der EKD jeweils nach eigenen, differierenden Eingruppierungsplänen vergütet. b. Da in den vergangenen Jahrzehnten jedoch allen landeskirchlichen Tarifen weitgehend der BAT zugrunde lag, ist eine Vergleichbarkeit der Vergütungssysteme immer gegeben gewesen. c. Die Differenzen der Vergütungen für kirchenmusikalische Dienste zwischen den Landeskirchen sind zumeist historisch bedingt. Insgesamt sind die Abweichungen allerdings nicht sehr groß: Nebenberufl. ohne Prüfung bzw. mit D-Prfg. „C-Stellen“ „kleine“ BStellen Einstiegsstufe BAT IXb/VIII BAT VII/VIb BAT Vc/IVb Endstufe BAT VIb/Vb BAT IVb/IVa/III BAT VIII/VII/VIb „Große“ BStelle / „kleine“ AStelle BAT IVb/IVa/III BAT IVa/III/IIa „Große“ A-Stellen BAT IVa/III BAT III/IIa/Ib d. Die Vergleichbarkeit und Transparenz der Vergütungen ist insbesondere im hauptberuflichen kirchenmusikalischen Dienst wichtig, da es sich um einen verhältnismäßig kleinen, bundesweiten Arbeitsmarkt handelt. 2. Tarifliche Neuordnungen im öffentlichen und kirchlichen Dienst a. Die zur Zeit laufende Ablösung des BAT durch neue, vereinfachte Tarifverträge führt in den Gliedkirchen der EKD zu einer schier unübersichtlichen Fülle individueller Neuregelungen. b. Gemeinsame Tendenz des TVÖD wie auch davon abgeleiteter landeskirchlicher Tarifneuregelungen werden sein: i. Tendenzielle Absenkung niedriger Vergütungsgruppen ii. Leistungsbezogene Tarifbestandteile iii. Verzicht auf familien- und lebensalterbezogene Komponenten 3. Spezielle Situation der Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker a. Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker, die qualitativ hochwertige und stilistisch breit gefächerte Arbeit anbieten können, sind zunehmend schwer zu finden. Der „Pillenknick“ ist auf dem Bewerbermarkt für Kantorenstellen angekommen. Spürbar ist dies schon jetzt bei der Ausschreibung von Kantorenstellen im ländlichen Bereich und in vielen Gemeinden, die Schwierigkeiten haben, den sonntäglichen Organistendienst nebenberuflich zu besetzen. b. Hauptberufliche Kirchenmusiker(innen) sind Absolventen von Hochschulen für Musik und haben heute mehrheitlich zwei oder mehr Abschlüsse. Insbesondere die Kombination von Kirchenmusik und Schulmusik oder Kirchenmusik und Diplom-Privatmusiklehrer ist häufig. Es muss daher Anliegen der Kirchen sein, junge, leistungsfähige Absolvent(inn)en mit beruflichen Alternativen durch eine angemessene Vergütung für den Dienst in der Kirche zu gewinnen. c. Nebenberufliche Kirchenmusiker(innen) durchlaufen eine für sie aufwendige Ausbildungsphase von mehrjährigem Orgelunterricht. Angesichts dieses hohen Ausbildungsaufwandes erwarten die Absolventen Beschäftigungsmöglichkeiten mit angemessener Bezahlung in den Kirchen. d. Die kirchlichen Arbeitgeber sind darauf angewiesen, dass zugunsten der bestmöglichen Besetzung von Stellen eine bundesweite Durchlässigkeit des Stellenmarktes für Kantorinnen und Kantoren erhalten bleibt. 4. Problemanzeigen im Zusammenhang mit den anstehenden tariflichen Neuregelungen a. Katastrophal für die Besetzung hauptberuflicher A- oder B-Stellen wären Regelungen, die Stellenwechsel verhindern; das bedeutet insbesondere, i. zumindest in diesem Stellensegment die Anrechnung von Vordienstzeiten landeskirchenübergreifend zu ermöglichen, ii. zu gewährleisten, dass es auch künftig der Wechsel in eine höherwertige Stelle finanziell attraktiv bleibt. b. Kantoren-Vergütungen müssen aufgrund des offenen Marktes auch künftig gegenüber den staatlichen Vergütungen (insbesondere Gymnasialmusiklehrer, Musikschullehrer) konkurrenzfähig sein. c. Kirchenmusikalische Vergütungen von C-Musikern dürfen auch künftig keinesfalls eine Nähe zum Niedriglohnsektor bekommen, da dies dem Aufwand der erworbenen Qualifikation nicht entspricht und sich ambitionierte nebenberufliche Musiker(innen) für eine solche Tätigkeit nicht mehr gewinnen lassen würden. d. Leistungsbezogene Komponenten verlangen bei Kirchenmusiker(inne)n besondere Bewertungssysteme: i. Mit gutem Grund ist im Bereich der Kirchenmusik die Position der Fachaufsicht besonders deutlich von der Dienstaufsicht abgegrenzt. Eine flächendeckende und gerichtsfeste Fachbeurteilung der künstlerischen, pädagogischen und kommunikativen Aspekte kirchenmusikalischer Leistung einschließlich entsprechender Zielvereinbarungen bedarf ausreichender Stellendeputate in der kirchenmusikalischen Fachaufsicht. ii. In vielen kirchlichen Haushalten sind nicht mehrere Vergütungen hauptberuflicher Diplomkirchenmusiker (A-/B-Stellen) enthalten, deren Leistung miteinander verglichen werden könnte. Durch Dienststellen-Vereinbarungen zu regelnde Leistungszuschläge oder prämien, wie sie z.B. der TVÖD vorsieht, sind daher auf Kantor(inn)en in den meisten Fällen nur dann anwendbar, wenn ein landeskirchliches Finanzverteilungssystem für diese Vergütungsbestandteile entsteht. Entsprechend wäre ein Leistungsvergleich neben-beruflicher Kirchenmusiker(innen) (C-Stellen) erst auf der Ebene von Kirchenbezirk bzw. Kirchenkreis sinnvoll. 5. Anhaltspunkt für künftige Eingruppierungen: „Lebensbruttogehalt“ Als Anhaltspunkt über notwendige Vergütungshöhen genügt auf Grund der Vielzahl von neu entstehenden Tarifsystemen im Bereich der EKD-Gliedkirchen nicht mehr allein die Angabe von Entgeltgruppen. Daher werden im Folgenden „Lebensbruttogehälter“ genannt. Zugrundegelegt werden jeweils 35 Berufsjahre (25.60. Geburtstag) x 13 Monatsgehälter x tarifliches Bruttoentgelt bei normalem Stufenaufstieg. Für BATVergütungen wird von einem verheirateten Arbeitnehmer mit einem Kind ausgegangen. 6. Rechenbeispiele „Lebensbruttogehalt“ a. Beispiele bisher gültiger Eingruppierungen: Stellenkategorie / Vergütungsgruppenverlauf (fiktive 100%-) C-Stelle mit folgendem Verlauf (Evang. Landeskirche in Baden): 4 Jahre BAT VIb / 6 Jahre BAT Vc / 25 Jahre BAT Vb (fiktive 100%-) C-Stelle mit folgendem Verlauf (Evang. Landeskirche Hannovers): 35 Jahre BAT VIb „Kleine“ B-Stelle mit folgendem Verlauf (Evang. LK in Baden): 1 Jahr BAT Vb / 7 Jahre BAT IVb / 27 Jahre BAT IVa B-Stelle mit folgendem Verlauf (Evang. LK Hannovers): 6 Jahre BAT IVb / 29 Jahre BAT IVa B-Kreiskantoratsstelle mit folgendem Verlauf (Evang. LK Hannovers): 2 Jahre BAT IVb / 5 Jahre BAT IVa / 28 J. BAT III „Mittelgroße“ A/B-Bezirkskantorenstelle mit folgendem Verlauf (Evang. Landeskirche in Württemberg): 2 Jahre BAT IVa / 10 Jahre BAT III / 23 Jahre BAT IIa A-Stelle mit folgendem Verlauf (Evang. LK Hannovers): 6 Jahre BAT III, 29 Jahre BAT IIa (Zuschlag Kreiskantorat: + € 50000) A-Stelle von besonderer Bedeutung mit folgendem Verlauf (Evang. LK in Baden): 4 J. BAT III, 6 J. BAT IIa, 25 J. BAT Ib Anstellung als Gymnasialmusiklehrer im Angestelltenverhältnis BAT IIb (Niedersachsen ohne Zweitfach) Anstellung als Gymnasialmusiklehrer im Angestelltenverhältnis BAT IIa (Berlin mit Zweitfach) Leitung einer Musikschule im Angestelltenverhältnis BAT IIa (Berlin) „Lebensbruttogehalt“ (100%-Anstellung) 1,223 Mio. € 1,083 Mio. € 1,469 Mio. € 1,508 Mio. € 1,615 Mio. € 1,747 Mio. € 1,776 Mio. € 1,902 Mio. € 1,681 Mio. € 1,795 Mio. € 1,795 Mio. € b. Beispiele nach TVÖD-Bund/TV-L ohne zusätzliche leistungsbezogene Bestandteile: Entgeltgruppe TVÖD-Bund Entgeltgruppe 8 TVÖD-Bund Entgeltgruppe 9 TVÖD-Bund Entgeltgruppe 10 TVÖD-Bund Entgeltgruppe 11 TVÖD-Bund Entgeltgruppe 12 TVÖD-Bund Entgeltgruppe 13 TVÖD-Bund Entgeltgruppe 14 TVÖD-Bund Entgeltgruppe 15 Speyer, im April 2007 „Lebensbruttogehalt“ (100%-Anstellung) 1,095 Mio. € 1,290 Mio. € 1,461 Mio. € 1,562 Mio. € 1,714 Mio. € 1,764 Mio. € 1,888 Mio. € 2,076 Mio. €