Otoakustische Emissionen (OAE`s)

Transcription

Otoakustische Emissionen (OAE`s)
Otoakustische Emissionen
(OAE’s)
Phänomen und Anwendung in der audiologischen Diagnostik
¾Messmethodik
¾TEOAE und DPOAE
¾Physiologischer Hintergrund, Funktionsmodelle
¾
Danksagung: einige Abbildungen und Diagramme stammen aus einer
Tutorial-Präsentation von Prof. Sebastian Hoth, Heidelberg
Differenzierung und
Quantifizierung von Hörstörungen
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
Vorteile der OAE-Messung als
audiologische Methode
„
„
„
„
„
Objektive Antwort
Antwort spezifisch für die Cochlea
Sensitiver Test
Kurze Testzeit
Nur passive Kooperation nötig
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
Klinische Anwendung
„
„
„
Erfassung einer Hörstörung (Neugeborene,
Säuglinge, Kinder, Erwachsene bei Verdacht
auf Aggravation, funktionelle
Schwerhörigkeit)
Monitoring der cochleären Funktion
(Ototoxische Pharmaka, Lärm, degenerative
Prozesse, intraoperativ)
Audiologische Differentialdiagnose: spezifisch
für cochleäre Läsionen
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
Typen otoakustischer
Emissionen
„
„
„
„
Spontane otoakustische Emissionen
(SOAE)
Transitorisch evozierte otoakustische
Emissionen (TEOAE)
Distorsionsproduktemissionen (DPOAE)
Stimulusfrequenzemissionen (SFOAE)
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
Otoakustische Emissionen (OAE)
Spontane
otoakustische
Emissionen
(SOAE)
Evozierte otoakustische Emissionen (EOAE)
Poststimulatorische OAE
Transitorisch
evozierte OAE
(TEOAE)
Perstimulatorische OAE
StimulusfrequenzEmissionen
(SFOAE)
Otoakustische
Distorsionsprodukte
(DPOAE)
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
Apparatur zur Messung von
OAE’s
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
Th. Janssen, in
Praxis der
Audiometrie
(Lehnhardt &
Laszig, 2000)
Prinzip der Messung von evozierten
otoakustischen Emissionen (EOAE):
Reiz
Antwort
Amplitude
Amplitude
Frequenz
Zeit
TEOAE
verzögerte OAE
Transitory Evoked OtoAcoustic Emissions
DPOAE
Distorsionsprodukte
Distortion Product OtoAcoustic Emissions
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
TEOAE: Transitorisch (durch einen kurzen Reiz,
z.B. Click) Evozierte OtoAkustische Emissionen
OAE: Kontrolle und Optimierung der Reiz- und Meßbedingungen
1. Sondenlage
Verschmutzung
Bohrungen frei?
Ausrichtung
Abdichtung
Stabilität
2. Reizgebung
Reizpegel
Gehörgangsantwort
Aber nicht in der Trommelfellebene!
3. Umgebung
Ruhe
Abschirmung
Nebenräume
ggfs. Ohr abdecken
4. Patient
Atmung
Bewegungen
Kabel
Sondenbedingte Fehlerquellen
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
Th. Janssen, in
Praxis der
Audiometrie
(Lehnhardt &
Laszig, 2000)
Verbesserung des Signal/Rausch-Verhältnisses durch 3-fache Summation:
Emission
Rauschen
3-fache Nutzsignalamplitude
1,7-fache Störsignalamplitude
Der erzielte Störbefreiungsgewinn hängt nur von
der Zahl N der Summationen (Mittelungen) ab:
300
1000
Signal S:
AS = cS • N
A
A
200
100
Rauschen
Rauschen R:
AR = cR • √N
100
0
0
100
200
N
10
300
1
Signal
1
10
100
N
1000
Störbefreiungsgewinn:
G = 20 ⋅ log
A ( N ) AR ( N )
(c ⋅ N ) (c R ⋅ N )
S R( N )
N
= 20 ⋅ log S
= 20 ⋅ log s
= 20 ⋅ log
= 10 ⋅ log N
S R(1)
AS (1) AR (1)
cS c R
N
TEOAE: Dokumentation von Messung und Ergebnis
Welches sind
die Merkmale
„echter“ OAE?
Gute
Meßbedingungen
Stimulus
STABILITY
A - B DIFF
Nachweisbare
Reizantwort
REPRO > 60%
SNR > 6 dB
Typische Kurvenmerkmale:
•
•
•
•
•
Emissionsamplitude zwischen 0 und 25 dB SPL
Emissionsdauer > 6 ms
Zunächst schnelle, später langsame Oszillationen
Amplitude nimmt zu späteren Zeiten ab
Amplitude nimmt zu hohen Frequenzen ab
Vorzeichenmittelung und Binomialstatistik:
Wie häufig weist ein Zufallssignal zu einem festen Zeitpunkt eine
positive Amplitude auf?
Binomialverteilung:
Vorzeichenmittelung
Meßsignal
n
c
n pn qn − u
p(x ≥ c) = Σ ( )⋅ ⋅
u= c u
mit
p = q = 0.5
n>5: Gaußverteilung
Vorzeichenmittelung
Meßsignal
1
⋅e
2 πσ
mit µ = n ⋅ p
g(x) =
(x − µ )
−
2σ 2
2
und σ 2 = n ⋅ p ⋅ q
Vorzeichenmittelung
Überschreitet die Vorzeichenmittelung
die Grenze α n, so handelt es sich mit
der Wahrscheinlichkeit (1-α) um
keinen Zufallsprozeß
Prinzipien der Identifizierung und Validierung
evozierter otoakustischer Emissionen (EOAE)
Reiz
Antwort
Intensität
Intensität
Frequenz
Zeit
TEOAE
Identifizierung: Latenz
Validierung: Nichtlinearität
DPOAE
Identifizierung: Nichtlinearität
Validierung: Latenz
Amplitude
Ausgang (linear)
Was hat Nichtlinearität mit Verzerrung zu tun?
Zeit
Originalsignal
Lineare Verstärkung
Intensität
Eingang (linear)
Nichtlineare Verstärkung
zusätzliche Frequenzen
Frequenz
Schematische Darstellung
Die Auswirkung kubischer Terme in der Übertragungsfunktion
Eingang u1(t)
Nichtlineares System
u1 (t ) = c(sin ω1t + sin ω 2t )
Ausgang u2(t)
u2 (t ) = a1u1 (t ) + a2u12 (t ) + a3u13 (t ) + ...
Quadratische Verzerrungen:
u12 (t ) = ... cos(ω 2 − ω1 )t + sin 2ω1t + cos(ω1 + ω 2 )t + sin 2ω 2t
Kubische Verzerrungen:
u13 (t ) = ... sin( 2ω 2 − ω1 )t + sin( 2ω1 − ω 2 )t + Terme mit
„Distorsionsprodukt“
3ω1
2ω1 + ω 2
2ω 2 + ω1
3ω 2
Apparatur zur Messung von
Distorsionsprodukten (DPOAE’s)
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
Th. Janssen, in
Praxis der
Audiometrie
(Lehnhardt &
Laszig, 2000)
Reizung mit zwei Sinustönen:
Überlagerung der primären Wanderwellen und Ursprung der
Verzerrungsprodukte
Reiz f1
L1 = 70 dB SPL
Reiz f2 = 1.2 * f1
L2 = 70 dB SPL
DP 2f1-f2
Basis
f2
Apex
Stimulation mit 2 Sinustönen: Überlagerung
der Wanderwellen
f1
f2
Basis
Apex
f2 f1
Basis
Apex
Überlapp: Maximum sehr nahe bei f2
Spektrum
einer
DPOAEMessung
Th. Janssen, in
Praxis der
Audiometrie
(Lehnhardt &
Laszig, 2000)
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
Audiologische Deutung der OAE:
Die OAE sind Ausdruck der aktiven cochleären
Verstärkung.
Je effektiver diese Verstärkung, desto ...
1.
... empfindlicher das Hören
2.
... größer die Emissionen
Die OAE-Amplitude ist umgekehrt
proportional zur Hörschwelle.
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
TEOAE oder DPOAE?
Pluspunkte der TEOAE
Pluspunkte der DPOAE
Kleinere Sonde
Weniger Rauschen
Bis 30 dB Hörverlust
nachweisbar
Bis 50 dB Hörverlust
nachweisbar
Technische Artefakte
nahezu ausgeschlossen
Automatisch auswertbar
Für Screening besser
Umfassende IO-Diagnostik
Am besten TEOAE und DPOAE!
Die wichtigste Anwendung der OAE besteht
in der Früherkennung angeborener oder
erworbener kindlicher Hörstörungen
Mittlere Diagnosezeitpunkte heute:
• Leichte Schwerhörigkeiten 6;5 Jahre
• Mittlere Schwerhörigkeiten 4;2 Jahre
• Hochgradige Schwerhörigkeiten 2;3 Jahre
• An Taubheit grenzend 1;8 Jahre
Sensible Phasen des Spracherwerbs:
• 1. - 12. Monat Phonologie
• 5. - 36. Monat Semantik
• 1. - 15. Jahr Grammatik Quelle: T. Spillmann 26.06.97 Zürich
Ziel: Universelles Hörscreening von
Neugeborenen mit OAE und ABR
Otoakustische Emissionen
Auditory Brainstem Responses
TEOAE-Messung am dritten Lebenstag
„pass“
„refer“
Wdhlg.
„refer“
BERA
etc.
„pass“
O.k.
HG
bzw.
CI
DPOAE Screening-Gerät
(BioLogic)
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
OAE-Echoscreen (Mack GmbH)
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
OAE Screener Echocheck/Echosensor
(Otodynamics Ltd)
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
GSI 60 DPOAE (Grason Stadler)
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)
Arbeitsteilung zwischen Screening und Folgediagnostik
Screening
unauffällig
Entwarnung
JA
JA
VIELLEICHT
VIELLEICHT
Weiterführende
Diagnostik
NEIN
Therapie bzw.
Versorgung
nicht unauffällig
NEIN
SIGNALNACHWEIS
Was bedeutet ein nicht unauffälliges Screening-Ergebnis?
Prävalenz einer spracherwerbsrelevanten Hörstörung : 3 : 1000
Sensitivität
Sensitivität..........................................................
: 100 %
Spezifität
Spezifität.............................................................:
92 %
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein Kind, welches
bei der ersten OAE-Screeninguntersuchung positiv getestet
wurde, tatsächlich schwerhörend ist?
Nur bei 3 dieser 1000 Kinder
liegt eine Störung vor
Von 1000 getesteten gesunden
Kindern werden 80 nicht unauffällig
sein
3 / 83 = 0,0361
Positiver prädiktiver Wert.......................................:
Wert
3,61 %
Nach T. Steffens, Regensburg
Nichtlineare cochleäre Mechanik:
Empfindlichkeit und Frequenztrennung bei niedrigen Reizpegeln
Johnstone BM, Patuzzi R, Yates GK (1986) Basilar membrane measurements and the travelling wave. Hear Res 22: 147-153
Structure and function of outer hair cells
Tectorial membrane
Fast motility: transversal
force on the hair bundle.
Active amplification?
K+
Cuticular plate
Slow motility: longitudinal
force under efferent control.
Adaptation at high levels?
Electrical tuning
Deiters cells
efferent
afferent
After Kim 1986
Cochleäre Mikromechanik:
Verstärkung und Einengung der Basilarmembranauslenkung durch • Nichtlinearität
und
• mechanische Aktivität
der äußeren Haarsinneszellen
Verstärkung
e(t)
+
e(t) + βΦa(t)
G
G • [e(t) + βΦa(t)]
βΦa(t)
β
Rückkopplung
Nach Preyer 1996
Φ•a(t)
Φ
Nichtlinearität
a(t)
Cochleäre Schallverarbeitung und Entstehung von OAE
Schall
OAE
Kraft
Basilarmembran
Wandler (OHC)
HC)
Wandler (IHC)
Aktiver Prozeß
zeß
(Motor)
Synaptischer
Prozeß (Sensor)
Schwelle 0 dB
Schwelle ca. 50 dB
Ausgangssignal
(Aktionspotential)
Hören
Basilarmembranmodell:
Transmission line
Otoakustische Emissionen (Dillier: Vorlesung Medizinische Akustik)