Starfighter

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Starfighter
Raum: Fernsehzeitalter und virtuelle Welten
Themenwand: Ereignis: Absturz Starfighter
Starfighter
Flugzeugabsturz an der Egge
Es war am 3. August 1965, einem nebelgrauen Dienstag, kurz vor Mittag, als ein
lauter Knall und gleichzeitig eine heftige Erschütterung die Häuser in Eggeberg erzittern
ließ und die Bewohner bis ins Mark erschreckte. Sekunden später ging mit pfeifendem
Geheul ein feuriger Trümmerregen auf die Äcker und Wiesen vornehmlich im Bereich
der Turmstraße nieder.
Eine Zeit gespenstischer Ruhe verging, bevor das Geschehen eine Erklärung fand, und
dann trug der Briefbote Ernst Buczilowski die Nachricht von Haus zu Haus: „Ein
Düsenjäger, der aus Richtung Versmold kam, ist im Tiefflug gegen die Egge geprallt und
zerschellt.“
Zwei Kampfflugzeuge Lockheed Starfighter (Sternenkämpfer) vom Typ F-104G waren an
diesem Tage im ostfriesischen Jever zu einem Übungsflug gestartet.
Der am 3. August 1965
in Halle verunglückte
Starfighter Werksnummer KG 298,
taktisches Kennzeichen
BB+247.
Foto: Leihgabe von
Hubert Peitzmeier,
www.916-starfighter.de
Ihre Piloten hatten auf dem Rückflug die Höhe des wolkenverhangenen Teuto wohl
unterschätzt. Eine der Maschinen schaffte gerade noch über den 312 Meter hohen Berg
zu kommen, die andere – KG 298 - pflügte eine 10 Meter breite und 50 Meter tiefe
Schneise in die Baumwipfel unterhalb des Funkturms, riss einen tiefen Krater in den Fels
und explodierte.
Was von der Maschine übrig blieb, schoss zumeist über den Kamm hinweg auf die
Nordseite der Egge.
Schwere Teile wie die Räder und das Triebwerk gruben sich weit in das Erdreich ein.
Von größeren und unzähligen kleinerer Trümmerteile übersät bot sich das Gebiet um die
Besitzungen Stodiek, Lindert und Steinmann dar.
Das betroffene Areal wurde bald nach Bekanntwerden des Unglücks von Polizei und
Bundeswehr großräumig abgesperrt und per Hubschrauber aus Münster angereiste
Fachleute der Luftwaffe begannen sofort mit den Untersuchungen zur Absturzursache.
Keine Rettung gab es für Hauptmann Dieter Bazlen. Die sterblichen Überreste des
Piloten wurden mittels intensiver Suche im Bereich des Bergkamms geborgen. Pfarrer
Korff sprach dort am frühen Nachmittag für den Verstorbenen ein Gebet.
Am Hause Steinmann hatte ein Bruchstück das Dach durchschlagen, in der Scheune fand
man ein Funkgerät. Ein zweites in Linderts Erdbeerbeet. Bauer Steinmann berichtete:
„Ich habe mich unter dem Wagen verkrochen, als das zweite Flugzeug im Tiefflug über
unseren Hof brauste und mit ohrenbetäubenden Lärm in einer scharfen Kurve
abdrehte.“ Gegenüber dem Anwesen des stellvertretenden Eggeberger Bürgermeisters
Friedrich Stodieck steckte das Bugrad in der Wiese. Friedrich und Anneliese Stodieck
führten die Eltern des toten Flugzeugführers später zum Unglücksort.
Bauer Lindert erlebte den Schrecken beim Pflügen. Als der Knall erfolgte scheute sein
Pferd und als er zum Berg hochblickte, sah er die Stichflamme der Treibstoffexplosion
emporschießen. Wie durch ein Wunder kam außer dem Piloten niemand zu Schaden.
Das Trümmerfeld und die Aufschlagstelle der Maschine
waren natürlich tagelang das Ziel Neugieriger und
Trophäensammler.
Haller Jungs neben einem Teil des Triebwerks.
Foto: Neue Presse vom 4. August 1965
Auch Schrotthändler spähten nach Verdienst und
konnten manch jungem Sammler für ein paar Groschen Flugzeugschrott abluchsen.
Wer Wochen später auf Nachsuche ging, fand neben dem Krater einen Nachruf von
Freunden des Piloten auf einem Schild am Baum.
Im Internet ist zum Verlust des Starfighters der am 3. Januar 1964 beim Lizenznehmer
FOKKER seinen Jungfernflug gemacht hatte, folgende Notiz (verkürzt) zu finden:
F-104G crashed August 3, 1965 in marginal weather into mountain of the Teutoburger
Wald at Halle, near Bielefeld.
Der von Militärexperten anfangs hochgelobte, acht Millionen Mark teure Kampfjet
Starfighter wurde später als „Witwenmacher“ bezeichnet, weil er wegen zahlreicher
Verluste aus unterschiedlichen Gründen vielen jungen Piloten das Leben kostete.
Halle, den 26. August 2015
Wolfgang Kosubek