KiSte 10 - Verwaltung
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KiSte 10 - Verwaltung
KiSte 10 Sehen.Hören.Fühlen.Empfinden Ästhetik und Kreativität in der elementaren Bildung Fachabteilung 6E – Elementare und musikalische Bildung KINDERBILDUNG UND -BETREUUNG IN DER STEIERMARK KiSte 10 Ästhetik und Kreativität Ausgabe 2010 VORWORT Liebe Leserinnen und Leser der »KiSte 10«! Liebe Kindergarten- und Hortpäda gogInnen! Liebe KinderbetreuerInnen! Liebe Eltern und Interessierte! Kinder sind Surrealisten: sie bringen Gegenstände zusammen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Was Kinder als »schön« empfinden, entzieht sich oft unserer Beurteilung. Beim Spielen, Tanzen, Singen oder Zeichnen entfalten sie ihre Kreativität. So entsteht das Zerlegen und Zusammenbauen ihrer eigenen kleinen Welt: Aus den Überbleibseln des Alltags, aus Kronkorken, Sackerln, Wäscheklammern, Strohhalmen oder Kastanien kreieren Kinder ihre Kunstwerke. Bei diesem kreativen Prozess setzen Kinder alle ihre Sinne und Fähigkeiten ein. Dementsprechend muss auch der Bildungsprozess ein ganzheitlicher sein und die Gesamtpersönlichkeit der Kinder bestmöglich unterstützen und fördern. Unsere Aufgabe ist es, die Kinder dazu zu ermutigen, ihre Gestaltungsspielräume wahrzunehmen und zu nutzen und ihr selbstverantwortliches Handeln damit zu stärken. Die vorliegende Ausgabe der »KiSte 10« widmet sich dem Schwerpunktthema des Bildungsjahres 2010/2011 »Mit allen Sinnen! – Kreativität in der elementaren Bildung«. Ich freue mich auf Ihr Interesse beim Lesen dieser Lektüre und wünsche Ihnen viel Freude und Erfolg bei der spielerischen, sinnlichen und kreativen Arbeit mit Kindern sowie spannende Erkenntnisse über eigene kreative Spielräume. Ihre Pünktlich zum Start ins neue Kinderbildungs- und -betreuungsjahr liegt auch heuer wieder die »KiSte« – Kinderbildung- und -betreuung in der Steiermark – mit wertvollen Informationen für Sie bereit. Schwerpunkte sind diesmal die Themen Ästhetik und Kreativität, die uns 2010/2011 begleiten werden. Wie im BildungsRahmenPlan festgelegt – und im Vorjahr mit dem Schwerpunkt auf Naturwissenschaft und Technik begonnen – widmen wir uns in diesem Jahr dem Bildungsbereich Ästhetik und Gestaltung. Die Beschäftigung mit Kunst, Kultur, Musik, Malerei, Tanz oder Theater ist bereits in den ersten Lebensjahren in der elementaren Bildung ein Aspekt, in dem unsere steirischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen den frühkindlichen Bildungshunger unserer Kinder stillen. Sie als PädagogInnen tragen durch Ihre Arbeit entscheidend dazu bei, die natürliche Neugierde und das kreative Talent unserer Kinder zur Entfaltung zu bringen. Dafür und für Ihre tägliche engagierte Arbeit danke ich Ihnen ganz herzlich! Mein Dank gilt auch der Fachabteilung 6E und den GestalterInnen der vielseitigen Beiträge in der heurigen »KiSte«, durch die die Themen, die Sie im Alltag in Ihrer Einrichtung umsetzen können, so umfassend beleuchtet werden. Ich hoffe, dass wir gemeinsam auch das Interesse der Eltern wecken, damit sie das vielseitige kreative Potenzial ihrer Kinder wahrnehmen und zur Ausdruck kommen lassen! Ihre Dr.in Roswitha Preininger Leiterin der Fachabteilung 6E Elementare und musikalische Bildung Mag.a Elisabeth Grossmann Landesrätin für Jugend, Frauen, Familie und Bildung 1 ADRESSEN Fachabteilung 6E Kinderbildungs- und -betreuungsreferat Funktion Name LRin Mag.a Elisabeth Grossmann HR Dr.in Roswitha Preininger MBA Erika Baudisch Leiter des Kinderbildungs- Mag. Franz Schober und -betreuungsreferats Mag.a Regine Draschbacher Mag.a Eva-Maria Höfler Tanja Heinrer Sabine Fischer Elfriede Fiedler Maria Dirry Bau- und Mag. Adolf Peinsith Personalförderung Klara Seper Erich Marko Beihilfen Monika Schwarzbauer Susanne Rainer Waltraud Jörgler Sabine Url Martina Fritscher Peter Wolf Mag.a Birgit Parz Fachberatung Helene Cibinello Ilse Freiberger Sonja Gaberz Irmgard Kober-Murg Claudia Kollmann Andrea Schweighofer Carina Sauseng Katica Brč ina MAS Sprachberatung Ines Barth Mag.a Cristina-Alina Grundner Monika Kresse Annemarie Lackner Melanie Lammer Mag.a Eva Marín-Casanova Pamela Polzhofer Agnes Rottenmanner Fatima Šaini-Imeri Beate Schriebl Jana Zacharias Ursula Wolf Dr.in Ingeborg Schmuck Fortbildung Mag.a Walburga Kaltenegger Karin Fahrengruber Helga Harb Barbara Zechner Politische Referentin Fachabteilungsleiterin 2 E-Mail [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] adolf.peinsith.stmk.gv.at [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] FA 6E: Entenplatz 1b, 8020 Graz, Tel.: 0316/877-6150, Fax: 0316/877-6155, E-Mail: [email protected] Referat: Stempfergasse 4, 8010 Graz, Tel.: 0316/877-2696, Fax: 0316/877-2136 Nebenstelle 2500 6150 6151 5499 3684 2334 2696 3673 2103 2102 5445 4119 2187 2118 4642 5902 4643 2101 2101 6217 3686 3681 3639 5489 3639 6222 3639 5490 4641 2186 3636 3636 3636 3636 3608 4641 2188 2188 3624 4641 3680 6218 3682 3683 5487 INHALT Vorwort ................................................................................................................................................................... 1 Fachabteilung 6E/Kinderbildungs- und -betreuungsreferat. .......................................................... 2 EINLEITUNG Dr.in Ingeborg Schmuck: Vom Sichtbaren, Hörbaren und Spürbaren… ................................. 4 INTERVIEW Bildungslandesrätin Mag.a Elisabeth Grossmann: Ein kreativer Mensch hat Schaffenskraft . ............................................................................................. 5 BASIS Prof.in Dr.in Cornelia Wustmann: Dem Eindruck einen Ausdruck geben ............................................................................................... 6–7 Mag.a Birgit Parz: Der Reiz der Dinge . ............................................................................................... 8–9 Dr.in Luise Hollerer: Stören wir diese Kreise nicht! ................................................................. 10–11 Prof. Gustav Zankl: Kreativität – wenn ja, welche? ................................................................. 12–13 Monika Seyrl: Flirt mit den Dingen ................................................................................................. 14–15 Manfred Faist: Die Natur als ästhetisches Paradies .............................................................. 16–17 Peter Angerer: »Ich mach mein eigenes Projekt« .......................................................................... 18 Angelika Alexandra Kupfer: Erlebniswelt Museum ....................................................................... 19 DIin Margit Schwarz: Kinder gestalten Raum – Raum gestaltet Kinder .................................................................... 20–21 Mag.a Birgitta Stummer: Eine Reise ins Ungewisse ............................................................. 22–23 Sabina Kaiser: Die Wurzel allen Lernens ..................................................................................... 24–25 Mag.a Shirley Salmon: »Musik für alle« ........................................................................................ 26–27 Team der Sprachberatung im Kinderbildungsund -betreuungsreferat der Fachabteilung 6E: Eine Entdeckungsreise in verschiedene Welten ..................................................................... 28–29 PRAXIS Kinderkrippe im Förderzentrum des Landes Steiermark: Gib Kindern alle Freiheiten! ....................................................................................................................... Gemeindekindergarten Thörl: »Ohne Kreativität gibt es weniger Erfolge« ....................... Privatkindergarten Kocher, Graz: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile ............................................................................ Gemeindekindergarten St. Oswald ob Plankenwarth: Der Zauber der Oper .................. Heilpädagogischer und Gemeindekindergarten Scheifling: Die Kraft der Verbindung ............................................................................................................................ Pfarrkindergarten Kindberg: Mit offenen Augen durch die Welt............................................. Städtischer Kindergarten Dornschneidergasse, Graz: Kunst macht keine Unterschiede ........................................................................................................... Pfarrkindergarten Heiligenkreuz am Waasen: Ein kreatives Netz der Verbindung.......................................................................................................... Städtischer SchülerInnenhort Am Damm, Graz: Malen mit der Fliegenklatsche ................................................................................................................ 31 32 33 34 35 36 37 38 39 Literatur Buchtipps .................................................................................................................................................... 40–41 Quellenverzeichnis .................................................................................................................................. 42–43 Statistik ................................................................................................................................................................ 44 Impressum.......................................................................................................................................................... 45 3 EINLEITUNG Vom Sichtbaren, Hörbaren und Spürbaren … …und allem, was mit Ästhetik und Kreativität in der elementaren Bildung zu tun hat. Von Dr.in Ingeborg Schmuck, Leiterin der Fortbildungstelle im Kinderbildungs- und -betreuungsreferat der Fachabteilung 6E. Die KiSte 10 widmet sich – angeregt durch den im bundesländerübergreifenden BildungsRahmenPlan für elementare Bildung in Österreich definierten Bildungsbereich »Ästhetik und Gestaltung« – dem Thema ästhetische Bildung und Kreativität. Wo beginnt nun Kreativität? Wo endet Ästhetik? Wie nimmt jede und jeder Einzelne von uns sich und die Welt wahr? Was ist das, was jede und jeden von uns ausmacht? Es ist der ganz persönliche Ausdruck, der sich aus dem herausbildet, was wir im Laufe unseres Lebens – und das schon von Anbeginn an – erfahren, erleben, verarbeiten und was sich so als die »eigene Gestalt« nach außen zeigt. Ein Kind nimmt wahr, was sein Gegenüber macht, es imitiert, es variiert, es verändert. Es ist kreativ, indem es etwas auf seine Weise gestaltet. Es kann sich mitteilen, indem es hört, sieht, spürt, riecht, schmeckt. Es gestaltet, indem es sich bewegt, tanzt, zeichnet, werkt, musiziert, singt oder Theater spielt – allein oder in der Gruppe, im Beisein von Erwachsenen oder gemeinsam mit anderen Kindern. Es löst Probleme, indem es rezipiert, nachahmt, erfindet, den Zufall einfließen lässt – es lernt, indem es spielt, indem es alle seine Sinne einsetzt und sich ausdrückt, unabhängig von seinem Alter und seinem »Können«. Diese KiSte bietet eine Sammlung von theoretischen Ansätzen und Gedanken aus pädagogisch-psychologischer Sicht, aus philosophischer und historischer, kunst- und musikpädagogischer und nicht zuletzt aus 4 ethischer Sicht. Es werden wesentliche Haltungen in der elementaren Bildung angesprochen. Im individuellen Ausdruck kann es kein Richtig und kein Falsch geben, somit fällt auch die Bewertung der Handlungen und Produkte der Kinder weg. Es ist zu respektieren, dass jedes Kind sich auf seine Weise mitteilt, die Erwachsenen sind Begleitende, Vorbereitende, Unterstützende, Gewährende, je nachdem, was ein Kind in der jeweiligen Situation für seine Entwicklung braucht. Und es besteht Ungewissheit, was das Ergebnis einer »künstlerischen Aktion« betrifft. Wenn wir uns auf einen gestalterischen Prozess einlassen, wissen wir am Anfang nicht, was uns am Ende erwartet… Das macht die ganze Angelegenheit noch spannender! Die Sammlung aus der Sicht der Praxis ist eine kleine Auswahl aus dem großen Schatz, der in steirischen Kinderbildungs- und- betreuungseinrichtungen zu finden ist. Einzelne Projekte sollten hier beschrieben sein, stellvertretend für die vielen anderen, die ungenannt bleiben. Es ist das Produkt – als Bild, als Theater- oder Musikstück, als Geschichte, als Gedicht, als Tanz, als Kunstwerk, das sichtbar, hörbar, spürbar ist. Es ist der Prozess, der als wertvolle »Erinnerungsspur« bei jedem einzelnen Kind und jeder Pädagogin und jedem Pädagogen bleibt und in der Entwicklung der und des Einzelnen und im Miteinander der Menschen ge■ samt eine Rolle spielt. INTERVIEW Ein kreativer Mensch hat Schaffenskraft Bildungslandesrätin Mag.a Elisabeth Grossmann über Kreativität im Kinder bildungs- und -betreuungsbereich, die Rolle der PädagogInnen in diesem Prozess und elementare Bildung, die auf höchstem Niveau umgesetzt wird. Kreativität ist das Thema der »Kiste 2010«. Was zeichnet für Sie einen kreativen Menschen aus und warum ist es wichtig, dass Kinder in ihrer Kreativität gefördert werden? Bildungs-Landesrätin Elisabeth Grossmann: Ein kreativer Mensch hat Schaffenskraft, Ideen und die Fähigkeit, Probleme zu lösen. Jeder Beruf bietet die Möglichkeit, kreatives Potenzial freizusetzen. Das gilt zum Beispiel für JuristInnen, KöchInnen, MathematikerInnen, PädagogInnen, ebenso aber auch im Umgang mit Werten. Entsprechend wichtig ist daher, dass Kinder möglichst früh die Möglichkeit erhalten, ihre eigene Kreativität zu erkennen, und dabei lernen, auf ihre inneren Kräfte zu bauen. Kreativität kann nicht erlernt werden. Wie also sollte dieser Bildungsbereich gestaltet werden, damit tatsächlich alle Kinder davon profitieren? Bildungs-Landesrätin Elisabeth Grossmann: Die Aufgabe der PädagogInnen ist es, Kinder in diesem kreativen Prozess zu begleiten, ohne zu beurteilen, ob etwas schön oder nicht schön ist. Kinder müssen im Kennenlernen ihres kreativen Potenzials vor allem bestärkt und ermutigt werden. Besonders wichtig ist in diesem Bereich aber auch die Elternarbeit. In den meisten steirischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen findet längst Bildung auf hohem Niveau statt. Dennoch nimmt die Gesellschaft die Leistungen der Krippen-, Kindergarten- und HortpädagogInnen noch zu wenig wahr. Was braucht es, damit diese Leistungen künftig mehr Wertschätzung erfahren? selbstbewusst mit ihrer Leistung umgehen und den Wert ihrer Bildungsarbeit unterschätzen. Was wollen Sie als Bildungslandesrätin im Kinderbildungsund -betreuungsbereich noch umsetzen? Bildungs-Landesrätin Elisabeth Grossmann: Vor allem Maßnahmen, die die Qualität der elementaren Bildung sichern beziehungsweise weiter anheben. Dazu gehört auf jeden Fall die Senkung der Gruppengröße von derzeit 25 auf 20 Kinder. Eine Maßnahme, die allerdings nur gemeinsam mit dem Bund umgesetzt werden kann. Gearbeitet wird derzeit auch an einem Konzept für die Leitungsfreistellung. Das heißt: Ab einer bestimmten Gruppengröße soll die Leiterin/der Leiter der Einrichtung von einer zweiten Pädagogin bzw. von einem zweiten Pädagogen unterstützt werden. Ich werde mich auch weiterhin dafür einsetzen, dass die Umsetzung des BildungsRahmenPlanes österreichweit unter einheitlichen Kriterien und auf höchstem Niveau erfolgt. Gerade im Kinderbildungs- und -betreuungsbereich nimmt die Steiermark eine Vorreiterrolle ein. Wir haben im Vergleich zu allen anderen Bundesländern die besten Rahmenbedingungen, vor allem was die Vorbereitungszeit und die Raumgrößen betrifft. Gefordert ist hier vor allem der Bund, der gerade im Kinderbetreuungsbereich mehr Verantwortung übernehmen muss. Wichtig ist mir aber auch die Ausbildung der KindergartenpädagogInnen, die auch in Österreich auf ein akademisches Niveau angehoben werden muss. ■ Bildungs-Landesrätin Elisabeth Grossmann: Um der Öffentlichkeit, den Kommunalpolitikern und den Eltern den Wert der elementaren Bildung näher zu bringen, haben wir die Initiative »Bildung macht groß« ins Leben gerufen. Kinderkrippen, Kindergärten und Horte sind keine Aufbewahrungsstätten mehr – in diesen Einrichtungen findet Bildung statt. Keine Bildung, die die Kinder auf Schulreife trimmt, keine nach Lehrplan. Der Kindergarten soll nicht als Vorstufe zur Schule gesehen werden. In dieser Zeit sollen Kinder alle Möglichkeiten erhalten, ihre Persönlichkeit zu bilden. Ich stelle immer wieder fest, dass auch PädagogInnen selbst oft zu wenig 5 BASIS Dem Eindruck einen Ausdruck geben Welche Rolle Spiel, Sinnlichkeit und Kreativität in der elementaren Bildung spielen. Von Prof.in Dr.in Cornelia Wustmann, Professorin für Frühkindpädagogik an der Karl-Franzens-Universität Graz. jahren das schnelle Erlernen ganz unterschiedlicher Verhaltensweisen, Sprachen, Lebensstile, Regeln und Normen und vieles andere mehr. Das Kleinkind nutzt alle Sinne, damit sich das Gehirn überhaupt entwickelt, eine Struktur bildet und Wahrnehmungen verarbeiten kann. Dieser ganz eigene Bildungsweg als Aneignungsprozess der Welt in all ihren Facetten hat dabei einen persönlichen und damit biographischen Sinn. Dieser Sinn äußert sich in individuellen Wünschen und Handlungen, und Nur das Kind selbst kann sich bilden. es ist sicherlich nicht immer auf den Einen Grundstein legen Die Förderung von Kreativität ist ein ersten Blick erkennbar, dass diese Ziel der elementaren Bildung, die als Grundstein für ein etwas mit der Bildung von Mädchen und Buben zu tun lebenslanges und aktives Lernen angelegt wird. Und so haben. So unterschiedliche Wünsche und Handlungen werde ich im Folgenden verschiedenen Fragen nachge- wie, sich verstecken, sich unsichtbar machen, sich zuhen. Wie bilden sich Mädchen und Buben, wie kann rückziehen wollen, auch einmal ganz alleine sein, mit Kreativität für sie ermöglicht werden und nicht zuletzt, einem anderen Kind zusammen sein, sich selbst und was braucht es als KindergartenpädagogIn, um kreative andere hören, Geräusche körperlich empfinden, sich Bildungsprozesse zu ermöglichen und zu unterstützen? verkleiden, den Raum fühlen, Geräusche erzeugen mit Gegenständen oder auch mit dem eigenen Körper, etMit allen Sinnen was aufbauen und einreißen, etwas Farbe geben, von Wie schon seit geraumer Zeit bekannt ist, ermöglicht Höhen springen und wieder hinaufklettern. die Überproduktion von Synapsen in den ersten LebensOft ist von PädagogInnen zu hören, dass sie selbst nicht kreativ seien. Das ist zunächst irritierend, mag jedoch darin begründet sein, dass das Wort Kreativität ganz unterschiedliche Assoziationen hervorruft. Oftmals wird damit verbunden, dass etwas ganz Neues entsteht, jemand außergewöhnliche Ideen hat oder besondere Aktionen oder Werke plant und realisiert und dies vor allem auf gestalterischem oder künstlerischem Gebiet. (vgl. Becker-Textor 2001) Die Welt begreifen 6 Diese Handlungen, mithin das Spiel(en), hat im Leben von Kindern weder etwas mit zufälliger Freizeitgestaltung noch mit einer rein lustbetonten Tätigkeit zu tun. »Das Spiel ist gewissermaßen der Hauptberuf eines jeden Kindes, das dabei ist, die Welt um sich herum, sich selbst, Geschehnisse und Situationen, Beobachtungen und Erlebnisse im wahrsten Sinn des Wortes zu begreifen.« (Krenz 2001). Das Spiel von Mädchen und Buben ist damit der Erlebensbereich, in dem sie sich in Beziehung setzen zu Personen, Dingen, Ereignissen und Abläufen. So können sie sich Zugänge zu einer Sache bilden, in diese eindringen und Zusammenhänge erkennen beziehungsweise sich solche erarbeiten. Sie haben sich einen Eindruck, eine Vorstellung davon gebildet, wie sich diese Dinge zueinander verhalten und welche Beziehung sie selbst zu diesen haben und können sich so erarbeiten, was man mit diesen anfangen kann, tun kann oder auch nicht. BASIS Selbst- und Weltbilder verknüpfen Jedes Kind hat somit die Rolle als Hauptfigur seiner eigenen Entwicklung inne. Nur das Kind selbst kann sich bilden. Bildung kann nicht vermittelt werden, so das einhellige pädagogische Credo, sie ist Selbstbildung in sozialen Kontexten, in denen PädagogInnen als Bezugspersonen und BegleiterInnen von Bildungsprozessen eine immens wichtige Rolle einnehmen, denn in Bildungsprozessen müssen »Handeln, Empfinden, Fühlen, Denken, Werte, sozialer Austausch, subjektiver und objektiver Sinn miteinander in Einklang gebracht werden« (Schäfer 2003). Selbst- und Weltbilder werden in dialogischen Bildungsprozessen so zu einem spannungsvollen Gesamtbild verknüpft. Räume öffnen Körperlich-sinnliche Erfahrungen dienen der Anregung zu neuen Erfahrungen. Kinder nehmen ihre Umwelt auf Abbild und Konstruktion Kreativität ist dabei ein Ausgangspunkt für sinnliche und allen Sinneskanälen wahr, wobei Wahrnehmen, Denganzheitliche Bildung. Auf die schöne Frage von Chris- ken, Fühlen und Handeln in einem engen Zusammentine Hümpel-Lutz: Wie kommt die Welt in den Kopf? hang stehen. Wenn sie diese Wahrnehmungs- und Er(Hümpel-Lutz 2006), könnte nun geantwortet werden, lebensräume geboten bekommen, können Kinder ihre Kreativität ist eine Form der Erkenntnis, des Wahrneh- Erfahrungen mit der Umwelt ausdrücken – und das in mens, des Ordnens von Wirklichkeit. Die Vorstellungs- so vielfältiger Art und Weise. Die ReggiopädagogInnen welten der Mädchen und Buben sind dabei nicht nur betonen, dass dies in 100 Sprachen geschehen kann, Abbild der wahrgenommenen Realität, sondern immer denn Mädchen und Buben verfügen über ein großes auch Konstruktionen des Kindes (Schäfer 2006). Diese Potenzial an Ausdrucksmitteln. »Sie geben ihren EinVorstellungen, Konstruktionen, Bilder, Phantasien drü- drücken von der Welt einen individuellen und kreativen cken Kinder durch Musik, Tanz, Bewegung, Theater, Ausdruck.« (Lingenauber 2005) Handwerk oder auch bildnerisches Gestalten aus. Es Kreative Prozesse mit, für und von Kindern basieren also auf ihrer individuellen Erlebens- und Erkann also nicht darum gehen, isolierte fahrungswelt, also sinnlicher und körWahrnehmungsprozesse zu trainieren, Kreativität ist eine Form der perlicher Wahrnehmungen wie Fühlen, sondern die Möglichkeit zu geben, »dem Eindruck einen Ausdruck zu ge- Erkenntnis, des Wahrnehmens, Riechen, Schmecken, Hören sowie ben«. Deshalb ein erstes kleines Fazit: des Ordnens von Wirklichkeit. Emotionen wie Freude, Ängste, Wut, Traurigkeit, Lustigkeit. Ästhetische Bildung darf nicht reduziert werden als »Kunst«, die »schöne« Gegenstände, Bewegungen, Töne usw. produziert, als eine Erfinden, Phantasieren, Spielen und Bewegen »Zutat«, durch die etwas hergestellt wird, was wieder- Was heißt das für die pädagogische Arbeit im kreativen um von Erwachsenen als »gut« bewertet wird. Denn: Bereich? Die 100 Sprachen der Kinder werden anerkannt »Alles, was ein Kind tut, bedeutet zunächst etwas für und genutzt, denn dann ist künstlerischer Ausdruck erst dieses Kind.« (Schäfer 2004) möglich, kann empfunden und erfunden werden, kann Der Körper als Erfahrungs- und Lernfeld Es geht also darum, das produktive Tun eines Kindes wertzuschätzen und zu fördern und dabei den Körper als ästhetisches Wahrnehmungs-, Erlebens- und Ausdrucksmedium wahrzunehmen, denn Kinder fühlen und entdecken ihren Körper intensiv, ihr Körper ist von Anfang an ein wesentliches Erfahrungs- und Lernfeld, ist ein lustauslösendes und lustvolles Medium und damit ein Medium, um Selbst- und Welterfahrungen auszulösen und zu ermöglichen. her- oder dargestellt werden und kann letztlich Kunst rezipiert werden. Für, mit und von Kindern Kreativität als zentrales Element von Bildung zu gestalten bedeutet dann: Freude am Erfinden, Phantasieren, Spielen, Bewegen; sinnliche Wahrnehmung von Raum, Atmosphäre, Menschen; Konzentration und Sensibilität; bewusster Umgang mit dem eigenen Körper, der eigenen Sprache, Kommunikation und Sozialverhalten. Und dies nicht nur von Seiten der Mädchen und Buben, sondern auch von den sie begleitenden PädagogInnen. ■ 7 BASIS Der Reiz der Dinge Über ästhetische Bildungsmomente und deren Bedeutung für frühkindliche Bildungsprozesse im bundesländerübergreifenden BildungsRahmenPlan. Von Mag.a Birgit Parz, Leiterin der Fachberatungsstelle im Kinderbildungsund -betreuungsreferat der Fachabteilung 6E. 8 Wenn man sich im bundesländerübergreifenden Bil- dringt Ästhetik alle Bildungsbereiche und erfasst jede dungsRahmenPlan auf Spurensuche nach der Bedeu- Ausdrucksform des Kindes. Überschneidungen gibt tung von ästhetischen Bildungsprozessen begibt, wird es vor allem mit Sprache, Medien, Musik, Bewegung, man in vielfacher Weise fündig: Auf den ersten Blick Tanz, Theater, Emotionalität und sozialen Beziehungen. wahrnehmbar ist »Ästhetik und Gestaltung« als eigener Kreative Lösungen sind aber auch in Mathematik, NaBildungsbereich im BildungsRahmenPlan angeführt. turwissenschaften und Technik gefragt. Die Architektur Im Mittelpunkt stehen hier die kindliche Wahrnehmung der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung – wie und der damit verbundene kreative Ausdruck und die Räume gestaltet, Spielmaterial angeboten, Bilder angeAuseinandersetzung mit Kunst und Kultur. Der Bildungs- bracht und Tische gedeckt sind – all das ist mit ästhetiRahmenPlan trifft aber noch mehr Aussagen zum The- schen Empfindungen und Erfahrungen verbunden. ma ästhetische Bildung. Bereits am Anfang, wenn es um die pädagogische Orientierung geht, begründet das Die Welt verstehen lernen »Bild vom Kind« die Bedeutung ästhetischer Bildung in Ästhetische Bildung meint die Ordnung sinnlicher Erfahder frühen Kindheit: das Kind als kompetentes Individu- rungen, ist ein Schlüssel für das Verständnis der Welt, erum, von Anfang an im Dialog und Austausch mit seiner öffnet lustvolle und spannende Lernreisen und bildet eine Welt, die Lebenswelt mit allen Sinnen wahrnehmend genussvolle Begegnung mit der Wirklichkeit ab. Sie hat und erforschend und seine eigenen Selbst- und Welt- unabhängig von Sach- und Faktenwissen ihren eigenen Wert. Ausprobieren und Spuren eigenen bilder konstruierend. Dies geschieht in Handelns hinterlassen lässt die Form der entscheidendem Maße auf ästhetische »Frühkindliche Bildung ist kindlichen Weltaneignung erkennen, die Weise, nämlich nicht nur akustisch, visuzunächst ästhetische Bildung« ästhetischen Kategorien folgt: Es ist zuell, taktil, olfaktorisch, sondern zugleich Gerd E. Schäfer nächst immer die sinnlich wahrnehmbaSinn und Bedeutung stiftend, sich und re Oberfläche – die ästhetische Qualität die Welt interpretierend. So erwirbt das – von Gegenständen oder Situationen, Kind die Möglichkeit, seine Eindrücke zu die Aufmerksamkeit erregen, Staunen und den Reiz einer ordnen, seine Wahrnehmung zu strukturieren, Gefühle und Gedanken auszudrücken und seine Wirklichkeit ge- Beschäftigung damit auslösen. Das Kind berührt und bedanklich, symbolisch und gestalterisch auszulegen und trachtet die Dinge, erkundet, erprobt, untersucht diese, um sie schließlich zu bearbeiten, zu verfremden oder zu neu zu entwerfen (vgl. BDK 2009). verbessern und neue ästhetische Zustände zu erschaffen. So bewirkt die Verschönerung des Steins, der bemalt Ästhetik durchdringt alle Bildungsbereiche wird, seine Erhebung in den Status des »Edelsteins« (vgl. Ob und was man als Ästhetik im BildungsRahmenPlan Duncker 2010). identifiziert, hängt vom jeweiligen Verständnis des Begriffs ab. Mit einer Definition von Ästhetik als »Summe aller Eigenschaften, die menschliche Wahrnehmung Worte finden und Verarbeitung von Gegenständen beeinflussen« Ausgangspunkt ästhetischer Erfahrungen ist also immer (Hoffmann 2010), stellen ästhetische Erfahrungen die der Moment der Wahrnehmung und des sprachlosen verbindende Komponente aller Bildungsbereiche dar. Staunens. Erst in der Loslösung und Distanzierung findet Voraussetzung sind eine ganzheitliche, Körper und das Kind dann Worte, um das, was neu und ergreifend Sinne fordernde Aktivität, in der Bewegen, Handeln erscheint, näher zu umschreiben, zu deuten und einzuund Denken eine Einheit bilden. So betrachtet durch- ordnen. Was das Kind für sich als neu oder unerwartet BASIS entdeckt und interessant findet, hängt davon ab, was es schon kennt oder zu kennen glaubt (vgl. Duncker 2010). Alles Neue und Unerwartete verbindet sich mit Vorerfahrungen, die wiederum verfeinert, abgewandelt oder vertieft werden. Jeder dieser Bildungsmomente stellt einen bedeutenden Mosaikstein in einem sich stetig differenzierenden Weltbild des Kindes dar (vgl. BDK 2009). Staunen und Nachdenken Anlässe für ästhetische Bildungsmomente können sich sowohl aus spontanen als auch geplanten Situationen ergeben: in der Begegnung mit Menschen, Tieren, Materialien, Bilder, Naturphänomenen, Geräuschen oder Räumen. Überall, wo starke und nachhaltige Eindrücke entstehen und ein Staunen und Nachdenken, Genießen oder sogar Fürchten ausgelöst werden. Diese Erlebnisse faszinieren Kinder, wecken ihre Aufmerksamkeit, laden zum genussvollen Verweilen ein und verbinden ästhetische Erfahrung mit kindlichem Lernbedürfnis. Wenn Kinder mit Steinen bauen, gestalten und experimentieren, geht es dabei nicht um den Erwerb vorwissenschaftlicher Erkenntnisse: Was ist das für ein Stein, wie entsteht er, wo kommt er vor, welchen Härtegrad hat er? Vielmehr spielen Erfahrungsmomente und Empfindungen eine Rolle, die erst in der handelnden Auseinandersetzung mit Steinen möglich werden: Wie fühlen sich Steine an, welche Geräusche erzeugen sie? Sind sie glatt, rau, kantig, kalt oder warm? Woran denke ich, wenn ich den Stein fühle, welche Geschichte fällt mir ein? Wer hat mir schon etwas über Steine erzählt? Was möchte ich mit diesem Stein tun? »Stein und Kind bilden einen Dialog – eine Einheit, gleichermaßen Sinnlichkeit und Reflexion, Emotion und Kognition.« (vgl. Kathke 2007) Oft werden Wahrnehmen und Gestalten als ästhetische Denk- und Handlungsformen genannt – das greift jedoch zu kurz. Kinder brauchen vielfältige Möglichkeiten und offene Experimentierfelder, um ihre ästhetischen Weltzugänge zu entfalten, und benötigen dabei angemessene Begleitung und Unterstützung (vgl. Uhlig 2010): ■■Wahrnehmen über Sinnesorgane und den Körper ■■Vorgestalterisches Hantieren, Erkunden und Begreifen mit und von Materialien und Gegenständen ■■Kommunizieren im ästhetischen Prozess und Sichverständigen über ästhetische Wahrnehmungen, Erfahrungen, Bilder oder Erkenntnisse ■■Erzeugen, Herstellen, Formen und Gestalten ■■Phantasieren, Assoziieren und Imaginieren ■■Umgang mit Bildern und damit verbunden die Entwicklung einer Form des Reflektierens, Hinterfragens, Nachdenkens, Sinnsuchens Es reicht nicht aus, den Baum zu umarmen, die Meereswellen zu beobachten oder die Süße einer Frucht zu schmecken, notwendig ist vielmehr die denkende, handelnde und fühlende Auseinandersetzung mit diesen Eindrücken. Sich intensiv auf etwas einzulassen, es selbst zu erkunden und mit eigenem Sinn zu belegen, bilden Grundlage für die Ausbildung einer zum Denken, Handeln und Urteilen fähigen Persönlichkeit. Gerade deshalb sind ästhetische Erfahrungen eine besondere und unverzichtbare Art und Weise, der Welt zu begegnen. ■ 9 BASIS Stören wir diese Kreise nicht! Kreativität wird sich ereignen, wenn wir darauf verzichten, alles vorzugeben und das Ergebnis zu bestimmen. Von Dr.in Luise Hollerer, Psychologin an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Graz und Vorsitzende der Plattform Elementare Bildung. Kreativität ist wie der Begriff Intelligenz ein wissenschaftliches Konstrukt (Krebs 2010), eine Summation von Verhaltensweisen: Ein kreativer Mensch kann divergent denken, er/sie ist geistig beweglich, kann sich auf neue und ungewohnte Gegebenheiten einstellen, herkömmliche Verwendungsarten von Dingen aufgeben und sie individuell umgestalten. Kinder tun das von sich aus. Es ist ihr Zugang, sich die vielfältige Welt zu erschließen. Also lässt sich postulieren, dass Kinder per se kreativ sind und somit bereit sind, mit den Möglichkeiten auf der jeweiligen Entwicklungsstufe ihre Weltsicht zu konstruieren. Haben wir sie auch noch als Erwachsene – diese Fähigkeit, aus einem Ding alles zu machen? Wir können ein Eigenexperiment starten. Nehmen wir einen Stift zur Hand – der Raum ist eröffnet für Assoziationen. Welche Verwendungsmöglichkeiten gibt es für »Zweig«? Geben wir uns zwei Minuten Zeit: Wie würden Kinder diese Aufforderung umsetzen. Was kann ein Zweig alles sein, wie würden sie ihn verwenden? Folgen wir dem Streifzug durch verschiedene Entwicklungsalter (Siegler, et al., 2005, Oerter & Montada, 2006): Entwicklungspsychologisch erfolgt ihr erster Zugang sensorisch. Ein Zweig wird von den jüngeren Kindern optisch fokussiert, auf akustische, haptische, olfaktorische und gustatorische Informationen untersucht. Der nächste Schritt ist der motorische Zugang – also den Zweig rhythmisch bewegen, mit ihm stochern, klopfen, schlagen, stechen, werfen, ihn ziehen, schleifen usw. Von der reinen Bewegungsfunktion erfolgt im Kleinkindalter der Schritt über die Imitation zur freieren Kombination der Erfahrungen: Man kann einen Zweig in eine Vase stellen, ihn schmücken, auf den Müll geben, in kleine Teile brechen, verheizen, an ihm schaukeln. Kreativität zeigt sich ab der mittleren Kindheit im gezielten Einsatz zur Lösung von Problemen – ein Zweig kann eine Pfütze überbrücken, eine Richtung anzeigen, als Sonnenschirm verwendet, zum Bauen genutzt werden oder aber phantasiedominiert als Ersatz für gerade nicht vorhandenes Material dienen: ein Haus darstellen, ein Tier sein oder der Wind. Das Ich entfalten Zweig 10 Kinder haben rein neuropsychologisch betrachtet die Möglichkeit, alle ihre Vorerfahrungen in Beziehung zu setzen und unvoreingenommen zu experimentieren. Sie gehen eigen»sinnig« vor und erschaffen dabei sich selbst mit der ganz eigenen Einordnung ihrer Außenund Innenerfahrung: »Creare« im besten Sinne des Schaffens. Kinder brauchen Kreativität in besonderem Maße, um ihr Ich zu entfalten. Baacke (1999) definiert sie als zentrale Dimension dieses Altersstatus. Die Dimension des Nutzens kommt erst später dazu, wenn die allsensorischen Erfahrungen dem Vergleich und der Bewertung ausgesetzt werden und kognitive Strategien zur Verfügung stehen. Diese Entwicklung geht einher mit der mittleren Volksschulzeit und bewirkt oft kurzzei- BASIS tig einen Rückgang in der Kreativität. Zu groß scheint hier der Gruppendruck zu sein und die Orientierung an den Kriterien Richtig und Falsch. Auslauf und Freiraum Dies ereignet sich auch in pädagogischen Settings, die nicht ausschließlich normativ vorgehen (Eichelberger, 2007). Umso wichtiger ist es, abseits von der klaren Einordnung in Zahlenräume und Rechtschreibstrategien offene Spielsituation zu schaffen, um der Kreativität Auslauf und Freiraum zu geben für ■■Imagination (der Spielraum unter der Treppe wird zur Räuberhöhle) und ■■Verwandlung (das Ich wird zur Prinzessin/zum fremden Wesen und verändert sich in der Zeitdynamik) und ■■emotionale Beteiligung – dem »So tun, als ob«, das auch einmal zulässt, aus dem vorgegebenen Pfad auszuscheren, und Störanfälligkeit zeigt (»Spielverderber« – Aus-der-Rolle-Fallen). Es sind Vorübungen für das, was in der psychologischen Definition kreative Erwachsene kennzeichnet (Krampen,1993): ■■Große Neugier auf Neues jeder Art ■■Offenheit gegenüber der Umwelt (Flexibilität) ■■Starke Feldunabhängigkeit (ein kreativer Mensch achtet nicht so stark auf soziale und andere Vorgegebenheiten, die ihn einschränken könnten) ■■Toleranz gegenüber abweichenden Meinungen anderer ■■Vorliebe für mehrdeutige und komplexe Stimuli und Situationen (Ambiguitätstoleranz) ■■In der Regel große Energie und Lebhaftigkeit ■■Nonkonformistische Tendenz in den Meinungen und im Verhalten ■■Überdurchschnittliche emotionale Stabilität und geringere Anfälligkeit bei Misslingen von Vorhaben/Beziehungen ■■Soziale Introversion (geringere Abhängigkeit von anderen Menschen) ■■Streben nach Dominanz, verbunden mit einem starken Verantwortungsgefühl ■■Starkes Interesse für ästhetische und theoretische Bereiche Wollen wir das in unserem Bildungskanon umsetzen, ergeben sich daraus Forderungen für die Praxis: Es braucht Zeit und Raum, um kreative Prozesse zuzulassen. Kreativität wird sich überall entfalten: im Turnsaal, im Freien, in den materialbestimmten Zonen, in der Selbstversunkenheit und in sozialen Interaktionen. Sie wird sich ereignen, wenn wir darauf verzichten, alles vorzugeben und das Ergebnis zu bestimmen. Ungewissheit als Spannungszustand Wichtiger als eine Geschichte fertigzuerzählen ist es, die Kinder zu fragen, wie diese wohl weitergehen könnte. Und Kinder, die sich darauf einlassen, sind zu ermutigen, ihre Version zu erzählen: einem Erwachsenen, aber auch einander. Wie viele Ideen können da entstehen – und die Spannung bleibt erhalten bis zum nächsten Tag. Damit übt man auch eine Haltung ein, die nötig ist im Umgang mit kreativem Schaffen: Man muss Ungewissheit als Spannungszustand zulassen und aushalten. Und das bedeutet mehr als nur Kunstpausen zu machen, um die Lösung gleich darauf vorzulesen. Wichtiger als lauter gleich aussehende Werkstücke zu haben ist es, auszuprobieren oder sich zeigen zu lassen, wie jedes einzelne funktioniert. Wichtiger als ein Musikstück nachspielen zu können ist es, ein eigenes zu erschaffen, zu erproben, wie es allein klingt und wie es klingt, wenn wir es gemeinsam versuchen. Kreativität lässt sich nicht planen Für PädagogInnen bedeutet das einen Auftrag in allen Bereichen des Angebotsspektrums. Und es bedeutet auch einen Auftrag für die PädagogInnen selbst. Kreativität kann man nicht planen, nicht steuern. Die kann man wahrnehmend kommen lassen und sich einlassen auf die individuellen Strategien und Lösungsansätze, die Kinder anhand eigener Interessen und Fragen entwickeln. Da wissen wir als Begleitende vorab nicht, wohin die Reise geht. Wir wissen nicht, welche Fragen auftauchen und ob wir sofort Antworten geben können. Dann können sich auch Erwachsene darin üben, Lösungen zu ersinnen, nachzufragen und sich selbst auf den kreativen Prozess einzulassen. Dann können wir uns darin üben, mehr Fragen an die Kinder zu richten, um ihre Gedanken im Schaffensprozess zu erfahren. Wir können diese Prozesse dokumentieren und Eltern einladen, die Gedanken ihrer Kinder nachzuvollziehen. Dann sind wir mittendrin in der KoKonstruktion von Wissen und Erfahrung, in einem Zugang, der neuropsychologisch Erfolg versprechend ist. Dann haben Kinder ihre Hirne eingeschaltet, sind mit dem Herzen dabei und kreieren ihre neuronale Struktur, die es ihnen ermöglicht, selbst zu denken, selbst zu probieren und sich als schaffend zu erleben. Stören wir diese Kreise nicht! ■ 11 BASIS Kreativität – wenn ja, welche? Kann es für diesen Begriff tatsächlich Messgrößen und Kriterien geben? Von Prof. Gustav Zankl, Künstler und ehemaliger Lehrerbildner an der PÄDAK Graz-Eggenberg. nicht. Oder wie verhält es sich mit kreativen Lösungen im Kontext mit der Gesellschaft? Für die Optimierung der Finanzmärkte ist Kreativität erforderlich. Auch ein gefinkelter Bankeinbruch bedarf kreativer Qualitäten. Das »Erfinden« an sich ist ein kreativer Akt, sowohl das Erfinden des Penizillins als auch der Atombombe. Wie entsteht Kreativität und welche ist gemeint M. Csikzentmihalyi (1997) schreibt: »Kreativität entsteht aus der Interaktion dreier Elemente: ■■einer Kultur mit all ihren Sparten, den Domänen und ihren Regeln, ■■einer Einzelperson (fallweise dem Team) die/das etwas Neues, eine Innovation in diese Kultur einbringt ■■einem Feld von Experten, das diese Innovation anerkennt und bestätigt.« In den vergangenen Jahrzehnten meinten die Sparten der Kunst, den einzig wahren Anspruch auf diesen hehren Begriff zu haben, wobei »schöpferisch sein« ohnehin nur ein Teilaspekt von vielen wesentlichen Aspekten der Kreativität ist. Gleichzeitig wird im Bereich der Politik, in der Wirtschaft und Industrie, in der Wissenschaft, in Sozialbereichen und anderen Institutionen, in gesellschaftlichen Gruppen und beim Einzelindividuum die Wichtigkeit der Kreativität und des »Kreativseins« beschworen. Vielschichtig und ambivalent 12 Ohne ethische Regeln, ohne ethische Kontrollinstanzen, ohne ethische Verantwortung kann es keine positiven kreativen Leistungen für eine Gesellschaft geben. Was hat es nun mit der mehrfach bezeichneten Vielschichtigkeit und Ambivalenz des Begriffes an sich? Wo sind die Grenzen, und sind sie beschreibbar? Ist Goethe kreativer gewesen als Picasso, oder Kepler kreativer als Einstein oder Edison? Kann es dafür Messgrößen, Kriterien geben? So linear mit dem Auflisten und Vergleichen von Fakten ging und geht es sicher Kreativität, als Innovation verstanden – die »große Kreativität«, wie sie Csikzentmihalyi nennt –, ist das kulturelle Gegenstück zum genetischen Veränderungsprozess, der die biologische Evolution bewirkt (siehe Grafik). Nicht die Einzelperson allein und ihre kreative Leistung reichen aus, um das Phänomen Kreativität zu beschreiben. Ort, Zeit und Feld sind mitentscheidend! Und die »kleine Kreativität«? Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Alltags und der Gesellschaft (siehe Grafik). Hier handelt es sich unter anderem um das »Nachschaffen, Nacherfinden, Umgestalten, Verändern, Interpretieren, Darstellen«. Dass dabei originäre Teilerfindungen erforderlich sind, steht außer Zweifel. Wann ist eine Leistung als kreativ zu bezeichnen Die Bandbreite reicht nach der allgemeinen Verwendung des verschwommenen Begriffes unter anderem vom Zusammenlegen einer Serviette, dem Gestalten eines Blumengesteckes, der »Creation« von Moden über das »Erfinden«, wie des selbstfahrenden Staubsaugers, die künstlerischen Artefakte, Darstellungsformen aller kultureller und gesellschaftlicher Leistungen, über die lebenserhaltenden Pharmaka, das Internet, die Weltraumstation bis hin zu den »Tötungsmaschinen«. Ist jeder »schöpferische Beitrag«, so brillant er auch sein mag, ist jedes »Talent«, jedes »Genie« a priori kre- BASIS ativ? Sicher nicht. Ein Genie erfasst und löst Probleme schneller als andere. Talentierte TennisspielerInnen, PianistInnen, SchauspielerInnen, MalerInnen, TechnikerInnen … beherrschen Fertigkeiten, haben oft Fähigkeiten wie wenige andere, deswegen sind sie noch lange nicht »immer« kreativ! Grenzen verschieben Kreativität hat unter anderem wesentlich mit »Neuem«, noch nie »Dagewesenem« zu tun. Dieses ist neu und originell, aber nicht ausschließlich kreativ (siehe Grafik). Um einen kreativen Beitrag zu leisten, müssen die Regeln und Inhalte des jeweiligen Bereiches bis zur Grenze des bisher Bekannten beherrscht werden. Erst dann können diese Grenzen hinausgeschoben, erweitert, verändert und/oder sogar zu einer neuen Domäne werden. Dies reicht jedoch noch nicht. Es müssen die Auswahlkriterien und die Anforderungsprofile der Experten, des Feldes also, berücksichtigt werden. Sie machen den kreativen Beitrag erst publik, und sie entscheiden über seine Bedeutsamkeit. Das Feld der Experten kann irren und Innovationen nicht erkennen. Bach oder Van Gogh sind wohl die bekanntesten Beispiele dafür. Jeder sogenannte »kreative Beitrag« ist danach zu bewerten, wie verändernd und weiterführend er für eine Domäne ist und ob er eine Bedeutung und Bereicherung für die Gesellschaft und die Kultur hat und ist. So verstanden wird die inflationäre Verwendung des Begriffes einzuschränken sein. In dieser Grafik soll der Versuch unternommen werden, jene elementaren Eigenschaften darzustellen, die durch Vernetzungen Prozesscharakter erhalten und dadurch die Vielschichtigkeit dessen aufzeigen, was Kreativität sein kann, um gleichzeitig damit das Begriffsfeld Kreativität allgemein zu beschreiben. Kreativität im Kontext zur Arbeit im frühen Kindesalter In der Fachwissenschaft und für mich bedeutet Erziehung die Entwicklung der Persönlichkeitsstruktur durch Bedachtnahme auf die individuellen Fähigkeiten – und Unterricht das Vermitteln von Fakten und Fertigkeiten. Dass »unterrichten« schneller, mit den modernen Medien einfacher und risikoloser abzuhandeln ist als die Mühen des Erziehens, ist mir bewusst. Erziehen wäre dann der Prozess, der zu Einsicht und zur Erkenntnis führt. Damit währen wir beim Thema. Prinzipiell könnte jedes Einzelindividuum einen »kreativen Beitrag«, wenn auch nur einen »kleinen«, leisten, wenn es zur Fähigkeit des vernetzten Denkens und des Problemlösens geführt wird. Dies ist aber vornehmlich im Bereich des Erziehens im wesentlichen Sinne möglich, im Zusammenhang mit Denken – Handeln – Verantworten, im Tätigsein. »Erfinden« wird differenziert zu beurteilen sein, auch dann, wenn es für das Kind etwas »Noch nie da Gewesenes« darstellt. Es wird fast immer ein »Nacherfinden« sein. Für das Kleinkind liegt die kreative Leistung im Prozess, im Training und in der Erweiterung des Denk- und Handlungspotenzials (siehe Grafik). Nicht jede Gestik ist ein kreativer Beitrag, weder im Kindergarten, in der Schule noch im Kunstbetrieb. Kreativitätstraining auf höchstem Niveau Systemdarstellung der Vernetzung von Grund komponenten bei kreativen Prozessen (G. Zankl, Technikunterricht, Die operative Möglichkeit lernen zu lernen, Grencher, Schweiz, 1992) Das Problemlösen ist eine Methode, die anspruchvollste; sie erfordert große »Erzieherqualitäten«, dann wird sie zur effizientesten Methode, die wir besitzen. Für eine Aufgabenlösung reicht das Potenzial von Wissen und Können des Kindes aus, es kennt den Lösungsweg. Für eine Problemlösung reicht dieses Potenzial nicht aus, es muss Lösungsstrategien entwickeln, erfinden. Für die Kindergartendidaktik bedeutet dies, die Problemerwartung in kindgemäße »Rätsel« zu verpacken und dies in allen Sparten des gestaltenden Tuns. Entscheidend ist, über die Arbeit, den Prozess, über das Ergebnis sprechen und unterschiedliche Lösungen verstehenzulernen. Dies ist Kreativitätstraining auf höchstem Niveau! ■ 13 BASIS Flirt mit den Dingen »Ein Kind hat hundert Sprachen«, sagen die PädagogInnen in Reggio und meinen damit, dass jedes Kind auf eigene und kreative Weise seinen Eindrücken über die Welt Ausdruck verleiht. Von Monika Seyrl, Referentin für Reggio-Pädagogik und Obfrau Forum Reggio-Pädagogik. Reggio Emilia ist PädagogInnen in aller Welt ein Begriff. In dieser norditalienischen Stadt wird seit mehr als vierzig Jahren ein außergewöhnliches Bildungs- und Erziehungsangebot für Kleinkinder bis zu sechs Jahren in den kommunalen Krippen und Kindergärten praktiziert. Es wurde ein Konzept entwickelt, das die Wege und die Kreativität von Kindern beim Erforschen ihrer Umwelt ernst nimmt und unterstützt. Als Signale wahrnehmen Flirt mit Materialien In den Ateliers gibt es zahlreiche Möglichkeiten für vielfältige Sinneserfahrungen. Papiere, Ton, Draht, Naturmaterialien, Recyclingmaterialien, Textilien aller Art finden die Kinder in gut organisierten, offenen Regalen und durchsichtigen Behältnissen vor. Manche Teile werden wie Teile einer Ausstellung präsentiert. Allein durch die geschmackvolle Präsentation der Materialien entsteht ein Bild von Ästhetik. Ein Kind lebt und entwickelt sich, indem es mit seiner Ausdruck, Klarheit und Schönheit Umwelt kommuniziert, in einen wechselseitigen, leben- Was die Werke der Kinder auszeichnen, sind Ausdrucksdigen Austausch mit ihr tritt. Es produziert, variiert, kom- kraft und Klarheit, nicht künstliche Ästhetik und geschulbiniert und entwickelt seine Ausdrucksformen. Das Kind te Schönheit. Die ästhetische Erziehung orientiert sich kann und will zu der alltäglichen (Re-)Produktion seines nicht an der möglichen Arbeitsteiligkeit von Kunst- und Umfelds beitragen. Kulturformen der Erwachsenenkultur. An eine (frühzeitiIn seinem Spiel, in seiner Tätigkeit, seige) Spezialisierung der Kinder zu Künstner sozialen Beziehung zu anderen, der »Kinder sind Träger unserer und lerInnen ist nicht gedacht. Innerhalb Inszenierung von Materialien und Geder Projekte werden Medien und AusErfinder eigener Kultur.« genständen drückt es seine Weitsicht, drucksmittel wie darstellendes Spiel, Loris Malaguzzi seine Gefühle, Bedürfnisse und InterGesang, Tanz, Malerei, Plastik, Musik, essen aus, bearbeitet und klärt seinen Sprache, Fotos und Dias innerhalb Bezug zu sich selbst und den anderen. Es ist darauf themenbezogener Fragestellungen miteinander kombiangewiesen, dass seine Ausdrucksformen und seine niert. Es werden für die Kinder Spiel- und ErfahrungsGestaltungen als Signale wahrgenommen, aufgegrif- Räume geschaffen, in denen sich Versunkenheit und fen, einbezogen werden und so zu Elementen eines Aufmerksamkeit, Genuss und Erkenntnis, Körper und fortwährenden, wechselseitigen Kommunikationspro- Geist, Arbeit und Spiel die Hände reichen. Damit werzesses werden. den Zugangsweisen erschlossen, für die die Ateleristi Kindergärten mit Atelier 14 Die Räume der Krippen und Kindergärten werden in Reggio Emilia als Orte indirekter Pädagogik angesehen, als Werkstätten, in denen die Kinder forschen und lernen können. In jeder Einrichtung gibt es ein großes Atelier, das von einem Künstler oder einer Künstlerin (im Italienischen: Ateleristi) geleitet wird. PädagogInnen und Ateleristi suchen gemeinsam nach Voraussetzungen, unter denen Kinder ihre Sinne schärfen, ihre Phantasie entfalten, »ihre Pläne in Taten, ihre Gedanken in hundert Sprachen« umsetzen können. geeignete Voraussetzungen schaffen und die Kinder begleiten. Das intensive Schauen Dem aktiven Sehen und Beobachten kommt in der Reggio-Pädagogik eine wichtige Bedeutung zu. Dem Sehen wird eine außerordentlich wichtige Erkenntnis vermittelnde Funktion zugesprochen. So stimulieren vielfältige Materialien in Krippen und Kindergärten das intensive Schauen und Betrachten, aber auch neue Blickwinkel und Perspektiven werden ermöglicht: wenn man sich beispielweise in einem Spiegelzelt hundertfach wieder- BASIS erkennt, wenn bunte Transparente an den Fenstern die Welt färben oder wenn Kaleidoskope die Umgebung auf den Kopf stellen. Es geht bei diesen Angeboten sowohl um das Erkennen der Wirklichkeit als auch um das kreative Spiel mit der Wahrnehmung. Sehen, Begreifen und Verstehen gelten im reggianischen Konzept als eng miteinander verknüpfte Teile der kindlichen Lernprozesse. Die Kinder sollen ihre Erfahrungen möglichst direkt über alle Sinneskanäle aufnehmen. Phantasie und Ästhetik Die ästhetische Erziehung bewegt sich hauptsächlich entlang projektbezogener Themen. Es werden kindgemäße Vermittlungszusammenhänge (Projekte) entwickelt, in denen die Phantasien, die Subjektivität der Kinder, ihre Alltagserfahrungen und ihre Wahrnehmung der Umwelt in Zusammenhang mit Medien und Techniken im Dienste ihres Darstellungsvermögens gleichermaßen berücksichtigt werden. Im Sinne der Herkunft des Wortes Ästhetik aus dem Griechischen (aísthesis: sinnliche Wahrnehmung) zielt Die Fähigkeit des Kindes zur kulturellen Teilhabe, seine die Ästhetische Bildung auf die Bildung der reflexiven Lebenslust und Genussfähigkeit werden gefördert. DieWahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit in allen Le- se Kompetenzen entscheiden über die Entfaltung verbensbereichen. Ästhetische Bildung versteht Bildung schiedener Ausdrucksformen und deren Verständnis. Es nicht in erster Linie als Wissensaneignung, bei der das gilt, die vielen verschiedenen Sprachen von Kindern zuDenken der Wahrnehmung überzulassen, ihnen Gelegenheit zu geordnet ist, sondern als Ergebnis geben, sie weiter auszubilden »Die Gegenstände und die Objekte der sinnlicher Erfahrungen, die selber Umwelt sind wichtige und aktive Gesprächs- und miteinander so zu verweQuelle von Wissen und Erkenntnis ben, dass sie sich ergänzen und partnerinnen des Kindes. Wir können von sein können. wechselseitig fördern mögen. einem Dialog zwischen Kind und Objekten Die Gestaltungsprozesse von und einem Lernen durch sie sprechen.« Sprechende Wände Kindern sind in ihre gesamten ErCarla Rinaldi Die Wertschätzung gegenüber fahrungs- und Lernschritte eingeden kreativen Tätigkeiten der bettet. Darüber hinaus finden die Kinder wird auch dadurch deutlich, dass ihre Arbeiten Gestaltungsphasen in der Reggio-Pädagogik stets über längere Zeiträume statt und werden von den Pädago- dokumentiert und in den Einrichtungen regelmäßig ausgInnen und Ateleristi immer wieder aufgegriffen. Die gestellt werden. Thematisch und ästhetisch geordnet Erwachsenen regen in den täglichen Projektphasen zu werden die Arbeiten der Kinder meist an den Wänden weiteren Erkundungen an, denen die Kinder allein oder der Aula eines Reggio-Kindergartens oder einer Krippe in Kleingruppen sowohl im Atelier als auch in den Grup- präsentiert, mit Fotos der Entstehungsprozesse und Kinderaussagen sowie Überschriften und Kurzkompenräumen nachgehen können. mentaren kommentiert. So werden sie zu »sprechenDie Umgebung wird zum Projekt den Wänden«. Das Angebot sinnlich-ästhetischer Zugriffsweisen auf Kinder begegnen der Welt als Anfänger, fast alles, was die Wirklichkeit bezieht auch die Umgebung, die Stadt sie wahrnehmen und erleben, ist neu und versetzt sie und ihre Kultur stark mit ein. Auch in den Projekten finden in Erstaunen. Die Begegnung mit Kunst ist geeignet, sich immer wieder Bezüge zur Kultur und Geschichte Ästhetik zu erleben. Loris Malaguzzi, pädagogischer Beder Stadt, wenn die Kinder beispielsweise an der Wein- rater der Reggio-Pädagogik betont, dass Pädagogik die ernte teilnehmen, an Leuchttischen den reggianischen Künste miteinbeziehen soll. ■ Sternenhimmel neu kreieren oder den Löwen vor dem www.reggiopaedagogik.at Dom im Schattenspiel erleben. 15 BASIS Die Natur als ästhetisches Paradies Warum die ästhetische Erziehung vor allem die Natur miteinbeziehen muss und wie Kinder davon lernen können. Von Manfred Faist, Kunsterzieher an der BAKIP Liezen. In Alexander Baumgartens Schrift »Aesthetica« (1750) bezog sich Ästhetik in Anlehnung an das griechische Wort »aisthesis« (Empfindung, sinnliche Wahrnehmung) auf den gesamten Bereich der Wahrnehmungen und Empfindungen des Menschen im Gegensatz zu seinem begrifflichen Denken. Er erweitert damit das Spektrum der geistigen Welt des Menschen, das bisher in die Logik, als Dimension des Verstandes, und die Ethik, als Dimension des Moralischen, eingeteilt war um die Dimension der »sinnlichen Erkenntnis«, einer auf Sinneswahrnehmung beruhenden Geistestätigkeit. Als Schlüsselereignis in Bezug auf die Ästhetik der Natur gilt in der Kunstphilosophie die mehr als 400 Jahre davor liegende »revolutionäre« (weil im damaligen Umfeld höchst unsinnige) Besteigung des Mont Ventoux durch den Dichter und Gelehrten Petrarca (1335), bei der er für sich die ästhetischen Qualitäten der Natur begreift. Seit damals gibt es unterschiedlichste ästhetische Theorien, die im Grundsatz entweder das Naturschöne aus dem Ästhetikzusammenhang ausklammern (zum Beispiel Hegel, Schelling) oder miteinbeziehen (zum Beispiel Adorno, Seel). Eine sinnliche Wechselbeziehung Meiner Überzeugung nach ist Natur ein ästhetisches Paradies, sobald man sich in sie begibt und mit ihr in eine »sinnliche« Wechselbeziehung eintritt. Die Möglichkeiten, Natur zu begreifen, lustorientiert staunend zu erforschen, zu experimentieren und in und mit ihr Erfahrungen zu sammeln, sind unerschöpflich. Durch das Auseinandersetzen mit der Natur entwickelt sich meiner Meinung nach ein verinnerlichtes Gefühl für Ästhetik! Wissen um die Welt Für Kinder in der heutigen Zeit jedoch werden diese Möglichkeiten, grundlegende Erfahrungen in natürlichen Räumen machen zu können und damit das Wissen um die Welt erweitern zu können, sehr in den Hintergrund gedrängt. Räume werden vielfach nur mehr in ihrer Begrenztheit erfahren, der Aufenthalt in Innenräumen hat die Erkundung und Eroberung der Außenräume ersetzt. Die reiche Struktur, haptisch erfahrbare Qualitäten, Ge- 16 rüche, Geräusche und viele wichtige Gefühlsqualitäten, die in der Begegnung mit Natur erfahren werden könnten, werden von einer zwar bunten, doch in ihrem Erfahrungsspektrum monotonen virtuellen Bilderflut ersetzt. Natur entdecken Ästhetische Erziehung aber muss alle Bereiche unserer Wahrnehmung mit einschließen, im Besonderen auch die Natur! Verstärkte Förderung eines ästhetischen Naturempfindens und Naturentdeckens bereits im Kindesalter wird einen positiven Wandel unseres Verhältnisses zur Natur bewirken, und zwar im Hinblick auf den Umgang mit Natur in Richtung eines nachhaltig-symbiotischen und nicht egozentrisch-ausbeutenden Verhaltens. LandArt: Landschaft als Material und Ort der Kunst »Wenn ich mit Blättern, Steinen oder Stöcken arbeite, beschäftige ich mich mit ihnen nicht nur in ihrer Eigenschaft als Material; sie ermöglichen mir zugleich einen Zugang zu dem Leben, das in ihnen ruht und das sie umgibt. Meine Kunst zwingt mich jedes Mal, aufs Neue zu sehen, was vorhanden ist; in dieser Hinsicht entdecke ich das Kind in mir wieder.« Andy Goldsworthy – LandArt-Künstler Lust am Experimentieren Im Zusammenhang mit Goldsworthys Zitaten steht für mich die besondere kindliche Fähigkeit zu staunen und aus diesem Staunen heraus die Neugierde und der Wunsch zu verstehen, zu erkunden, zu experimentieren. Diese besondere Lust am Experiment führt zu einem spielerischen Umwerten von Materialien, die in völlig neue Zusammenhänge gebracht werden, je nach Idee und Vorstellung. Abgesehen von der spontanen, spielerischen Betätigung von Kindern in der Natur kann die Konfrontation mit Arbeiten des LandArt-Künstlers Andy Goldsworthy in Verbindung mit einfachen, dem Alter der Kinder entsprechenden Impulsen zum Gestalten in und mit der Natur herausfordern und die Sensibilisierung der Kinder für natürliche Ästhetik und das Prozesshafte der Natur entscheidend fördern. BASIS Experimentelles Tun In den Werken Goldsworthys erkennt man sein Bestreben, sich mit natürlichen Gegensätzen wie Wachsen und Vergehen, Spannung und Gleichgewicht, Bewegung und Ruhe zu befassen, mit Materialdialogen wie Stein und Holz, genauso aber auch mit formalen Gegensätzen wie spitz und rund, »Alle wahren Muster des Geschmacks organisch und geometrisch, fragil sind in der Natur.« und massiv sowie mit unterschiedJean-Jacques Rousseau lichen fühlbaren Materialqualitäten wie kalt, warm, zerbrechlich, flüssig, weich, glatt und vielem mehr. Sein Zugang zur Natur ist ein sehr einfühlsamer, beobachtender und lyrischer, die Objekte drücken in kraftvoller Sprache die Muster und Rhythmen des Wachstums aus und sind das Ergebnis des Wunsches, den Sinn der Natur zu erfassen. Ein Bedürfnis, das Kinder genauso spüren und das im lustvollen, experimentellen Tun gestillt werden will! Je nach Altersgruppe ergeben sich aus diesem Grundbedürfnis heraus eine Unmenge an Möglichkeiten und Zielen im Hinblick auf die Förderung eines individuellen Zugangs zur Ästhetik der Natur. Wahrnehmungs- und Sensibilisierungsübungen: ■■Lebende Kamera (gegenseitiges Hinführen zu inter essanten Motiven, Fotografieren mit den eigenen Augen) ■■Zeitlupenspaziergang (auch mit Lupe) ■■Natur im Rucksack (Tast- und Fühlspiel) ■■Waldmikroskop (Kartonrolle – auf Details fokussieren) ■■»Was stimmt hier nicht« (Suchspiel: PädogogIn verändert Dinge im natürlichen Umfeld) ■■Blattrennen (verschiedene Blätter betrachten, besprechen; wer findet dasselbe Blatt …) u.v.m. LandArt-Ideen für Kinder im Kindergarten- und Volksschulalter: ■■»Elfentraumland«, »Matschtrolle«, »Waldgeister« (auf Baumstämmen, Steinen, vollplastisch …) – passende Phantasiegeschichten sind als Impuls sehr oft ein geeignetes Medium! ■■Naturtattoos (Vaseline auftragen, Sand, Blütenstaub, Blätter etc. einfach aufdrücken …) ■■Schwimmende LandArt (bei Pfützen, kleinen Teichen, an Bächen …), Schnee- und Eiswesen … LandArt-Ideen für größere Kinder: ■■»Mein persönlicher Quadratmeter«, Baumkunst, Naturmobile = Kunst in der Schwebe, Modeschau aus Naturmaterialien, Flaschenrutschbahn im Schnee, Schwerkraft überwinden = kreative Bautechniken ausloten, Kreation eines ungewöhnlichen, phantastischen Naturbiotops, Riesenmandalas … Ziele (je nach Impuls, Aufgabenstellung und Alter) ■■Erfahren eines auf sich bezogenen, intuitiven, meditativen Erschließens von Natur und Auseinandersetzen mit Natur in individuellem Tempo ■■Genaues Beobachten, Wachsamkeit und Aufnahmebereitschaft gegenüber Naturobjekten erlangen ■■Sinnliche Qualitäten eines Ortes, eines Materials, eines natürlichen Gegenstandes aufspüren und erforschen ■■Natürliche Zeichen deuten lernen und sich der Ursachen und Auswirkungen von Materialveränderungen bewusst werden ■■Den Zustand des ständigen Wandels der Natur als ein Kriterium zu ihrem Verständnis begreifen ■■Das Bewusstsein für die Dualität von Chaos und Ordnung, von Vielfalt und Einheit als ein weiteres Naturprinzip entwickeln ■■Freies, spielerisches, offenes Entdecken mit planvollem, systematischem Handeln verbinden ■■Natürliche Ordnungen auflösen und mit anderen Orten und Naturdingen in neue Zusammenhänge bringen ■ 17 BASIS »Ich mach mein eigenes Projekt« Ideen und Grundlagen für ästhetisch-künstlerischen Unterricht, der das Interesse des Individuums in den Mittelpunkt stellt. Von Peter Angerer, Lehrbeauftragter an der KPH und Hauptschullehrer. Individuelle Projekte bieten die Möglichkeit einer Erweiterung und Vertiefung bereits bestehender Interessensfelder durch ästhetisch-künstlerische Zugriffsweisen. Erfolgreiches Lernen und persönliches Interesse am Lerngegenstand stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Individualisierung und selbstbestimmtes Lernen können jedenfalls nicht zu früh beginnen. Alles beginnt mit der Themenfindung und Ideenphase. Das fordert eine Art Selbstbefragung, die nach oben kehrt, was (subjektiv) wichtig ist, was Bedeutung hat, was es wert ist, um daran für einige Zeit zu arbeiten. Ein Prozess, der auch in kleinen Arbeitsgemeinschaften erfolgen kann. Gespräche in der Gruppe helfen, Dinge zu klären, noch nicht fassbare Vorstellungen zu konkretisieren und einen Arbeitsansatz zu finden. Recherche, Sammlung, Strategien Nach einer Phase der Recherche, des Sammelns von Materialien und Informationen, des Dokumentierens, Skizzierens oder Schreibens geht es um das Finden geeigneter Formen zur Umsetzung des Themas. Der Lehrende sollte entsprechende Hilfestellungen anbieten, künstlerische Bearbeitungsstrategien und Lösungswege ansprechnen und immer wieder auch mit der ganzen Gruppe üben. Er sollte Mut für ungewöhnliche Lösungen machen und optional auch Beispiele aus der Kunst zeigen. Wobei die »eigenen Bilder« (Vorstellungen) der SchülerInnen, die im Laufe der Vertiefung in das Thema entstehen, im Mittelpunkt stehen sollten. Dies alles funktioniert nicht ohne gehörige Anstrengung – gefordert ist die ganze Person, gefragt ist Intensität, auch wenn das Spielerische nicht zu kurz kommen sollte. Räume mit Werkstattcharakter Zentrale Bedeutung kommt dabei einer flexiblen, gut ausgestatteten Arbeitsumgebung zu, die vielfältige, simultane Arbeitsmöglichkeiten zulässt. Dieser »vorbereitete Raum« stellt eine große Herausforderung für die 18 Lehrenden dar. Trotz weitgehender Selbststeuerung der SchülerInnen sind komplexe Planungen, besonders in der Anfangsphase, erforderlich. Mit Dauer der Projekte, nimmt allerdings die Eigenständigkeit der SchülerInnen immer mehr zu. Besondere Aufmerksamkeit wird auch der Präsentation der Arbeiten gewidmet. Neben den »Endergebnissen« werden außerdem Dokumente des »making of« für interessierte BesucherInnen erstellt. Die Praxis Camilla M. (13 Jahre, Hauptschule Frohnleiten) ist fasziniert von der Möglichkeit, mit Licht zu arbeiten, und hat bereits im Internet entsprechende Recherchen angestellt. »Auf der Suche nach Anregungen fand ich im Internet Arbeiten von Sylvie Fleury und Jenny Holzer. Beide Künstlerinnen arbeiten unter anderem mit Licht und Schrift und von beiden gibt es Arbeiten, die mich sehr faszinieren.« Das »Wie« war geklärt, nun ging es darum, den angebotenen Raum auch inhaltlich zu bespielen. Camilla: »Über den Inhalt meiner Arbeit musste ich nicht lange nachdenken. Den liefern mir meine Eltern Tag für Tag: Meinungsverschiedenheiten darüber, wie es in meinem Zimmer aussieht, darüber, wie viel Zeit ich vertrödle und ob ich genug lerne… Konflikte zwischen Eltern und Kindern waren also mein Thema.« In ihrer Installation, einem Schwarzlichtraum mit Objekten, Text und Musik setzt sie ihre Ideen konsequent um. Der Wert Künstlerische Bildung ist handelnde, kreative Auseinandersetzung mit Welt. Sie macht Kinder zu GestalterInnen, schärft die Sinne, gibt Orientierung, stärkt das Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten durch die Ausbildung grundlegender Kompetenzen und stellt damit ein unverzichtbares Angebot in allen Bildungseinrichtungen dar: von der Kinderkrippe über den Kindergarten bis zu Hort und Schule. ■ BASIS Erlebniswelt Museum Was Kinder bei einem Besuch in einem Museum lernen können, und wie die Archäologie die Aufgeschlossenheit, Toleranz und den gesellschaftlichen Austausch fördern. Von Angelika Alexandra Kupfer, Archäologiestudentin und Kindergartenpädagogin. Kinder sind Forscher. Sie hinterfragen und haben eine natürliche Neugierde, die Welt um sich herum zu erschließen. Die Auseinandersetzung mit Geschichte und Archäologie kann daher besonders bereichernd sein und bietet den Kindern und Jugendlichen die aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt. Meine Erfahrungen als Kindergartenpädagogin und mein Studium der Archäologie bestätigen dies. Orte für diese Erfahrungen sind Museen Diese bewahren und vermitteln das Kultur- und Naturerbe der Menschheit.1 Sie informieren und bilden, bieten Erlebnisse und fördern Aufgeschlossenheit, Toleranz und den gesellschaftlichen Austausch. Hierbei erfolgt nicht nur eine historische Rückschau, sondern auch eine Auseinandersetzung mit Geschichte als Herausforderung für die Gegenwart und die Zukunft.2 Ein Ort zum Lernen In den letzten Jahren sind Museen immer mehr zu kulturellen Lernorten,3 außerhalb der Bildungseinrichtungen wie Kindergarten, Hort und Schule geworden. Die neuen Methoden umfassen praktische Tätigkeiten und Aufgaben, die themenorientiert in die Ausstellung oder das Führungsprogramm aufgenommen werden, z.B. das Herstellen von Schmuck, das Verkleiden mit historischen Gewändern etc. Durch die aktive Mitarbeit soll der unmittelbare Kontakt mit Gegenständen selbstkontrolliertes und spielerisches Lernen ermöglichen und eigene Entdeckungen zulassen.4 Archäologische Inhalte bieten die Möglichkeit, auch auf moderne und komplexe Themen unbelastet zuzugehen.5 Die historischen Beispiele liegen zwar weit in der Vergangenheit, man kann aber aus diesen für das Heute lernen.6 Wenn wir uns mit historischen Kenntnissen beschäftigen, wird die Angelegenheit erst richtig spannend.7 Die neolithische Gletschermumie »Ötzi« zum Beispiel hatte bei seiner Ausrüstung verschiedene Holzarten bei sich. Aus holzphysikalischer Sichtweise wurde von ihm jeweils das am besten geeignete Material für unterschiedliche Zwecke verwendet.8 Werden historische Arbeitstechniken praktisch erprobt, sollten diese den zugrunde liegenden Fakten entsprechen und die Materialien und Werkzeuge so authentisch wie möglich sein.9 Es geht darum, die Komplexität zu vermitteln und zu zeigen, wie viel Können und Wissen erforderlich war, eine Technik nachzuvollziehen.10 Projektidee Mosaikkunst Eine besondere Form des Bauschmucks war das Mosaik, das in der gesamten griechischen und römischen Antike Fußböden, aber auch Wände zierte. Für ein Projekt zur römischen Baukunst bietet sich das Mosaiklegen an. Eine Sammlung von Abbildungen antiker Mosaike ermöglicht einen ersten Überblick über die Vielfalt der Themen, die Bildersprache und die technische Umsetzung. Zur Herstellung eines Mosaiks benötigt man eine große Auswahl von Steinchen in allen Farben. Diese können in der Natur gesammelt werden. Wichtig sind dann Fragen wie: Wie groß waren die originalen Mosaiksteinchen? Wie werden die Steine gesetzt? Wie werden sie auf dem Untergrund befestigt? Bevor mit der Umsetzung begonnen werden kann, muss geklärt werden, wo überhaupt Mosaike angebracht werden können oder sollen. Die Auseinandersetzung mit historischen Inhalten ermöglicht somit vielfältigste Lernerlebnisse. Museumsbesuche wie auch die praktische Erprobung alter Arbeitstechniken benötigen aber Vorbereitung und Fachwissen. Zudem erfolgt durch Informationen ehemaliger Lebensweisen auch eine Reflexion der Gegenwart. ■ 1–10: Quellenverzeichnis siehe Seite 43 19 BASIS Kinder gestalten Raum – Raum gestaltet Kinder Warum Kinder für Ihre Entwicklung den Raum brauchen. Von DI.in Margit Schwarz, Architektin. 20 Mensch und Raum bedingen einander, sie sind nicht getrennt denkbar. Raum ist ein komplex vernetztes, lebendig pulsierendes System materieller und immaterieller Aspekte. Der Mensch ist ununterbrochen interaktiv eingebunden und kreiert durch seine Aktivitäten, Bewegungen, Rhythmen, sein Denken, seine Aufmerksamkeit, Kreativität, Sprache und vieles mehr den eigenen Lebensraum, der wiederum Grundlage für die Entwicklung seines gesamten Potenzials ist. Verbindungsmedium ist der menschliche Leib mit allen seinen Sinnen. Kinder sind noch ganz Auge, ganz Ohr und erfahren den sie umgebenden Raum ganzkörperlich. Sinnesorgane wie Augen, Ohren, Haut u.a. sind die äußeren Enden eines Wahrnehmungs-Sensoriums, für das jedes gesunde Kind die Grundlagen mit auf die Welt bekommt. Für die Entfaltung seiner Anlagen braucht es die tätige Auseinandersetzung mit ganz bestimmten Qualitäten von Raumbedingungen. Kindern diese zur Verfügung zu stellen bedeutet im materiellen und sozialen Sinn, für sie Raum zu schaffen, in dem sie gut wachsen und sich entwickeln können. Gestalten, in der Bedeutung einer guten Gestalt, be- zeichnet ein Anpassen, ein Verändern, in diesem Fall von Raum, um miteinander ganz zu sein. Raum schaffen Sich Raum zu schaffen ist ein menschliches Grundbedürfnis, ein innerer Impuls. Jedes Kind versucht, sich den Raum, die Bedingungen zu erobern, die es für den nächsten Entwicklungsschritt braucht. Gleichzeitig gibt es uns in der aktiven »Gestaltung« seines Raumes Informationen über sich und seine Bedürfnisse. Es zeigt sich uns, Respekt und Achtung sind unabdingbar! Kritik oder Spott, drängen oder helfen/verbessern wollen, kann sehr tief verletzen! Aber hier ist noch ein weiterer Aspekt wichtig: An seinen »Gestalten« kann es sich selber be-greifen, es kann sich an seiner Umwelt sehen, hören, erleben. Raum als Sprache Erwachsene haben die Chance, die Raum-Sprache der Kinder zu lernen, und finden so neue Wege, mit Kindern zu kommunizieren. Das funktioniert auch, wenn diese fast oder gar nicht deutsch sprechen oder sprachliche Beeinträchtigungen haben. BASIS Raum einnehmen Der Mensch ist räumlich, wir nehmen, ob wir wollen oder nicht, Raum ein. Wieviel Platz nimmt das Kind für sich in Anspruch, oder nimmt es eher das, was übrig bleibt? Lehnt es sich an oder steht es frei? Lässt es Zwischenräume, Bewegungsraum, Freiraum? Stellt es sich in die Mitte oder an den Rand, einzeln oder in Kommunikation mit anderen – zusammenrücken, ohne aneinander zu kleben, miteinander einen Platz formen, einen Durchgang oder eine Gasse? Wie stabil ist die Basis? Welche Proportionen hat sie? »Ich beanspruche Raum für mich«, kann vom Blatt Papier bis zum Turnsaal reichen, von fünf Minuten die Pädagogin für mich allein bis zum Vormittag für sich als »Bühne«. 1:1-Größen machen auch das Innen erlebbar. Kinder gestalten ihren Raum Durch das eigentätige Gestalten nehmen Kinder sich in ihrem Umfeld als selbst-wirksam wahr. Es verändert sich etwas durch das eigene Tun, andere bemerken MICH, werden aufmerksam. Allerdings können die Kinder sich zutiefst nur als wahrgenommen erleben, wenn sie in ihrem Gestalten sichere Geborgenheit und Freiheit haben, SICH auszudrücken, und nicht und nichts kopieren! Sonst gälte die Aufmerksamkeit etwas anderem. Kinder begegnen sich in ihren Gestaltungen im lebendigen Alltag immer wieder, sie müssen Gestaltetes immer wieder ändern dürfen, denn sie verändern sich ja! Raum als Werkzeug Raum ist ein Werkzeug, sich auszudrücken, die Sinne zu trainieren und sich erleben können. Er ist aber auch Werkzeug für Manipulation. Raumbedingungen werden gezielt eingesetzt, um das Verhalten von Menschen zu manipulieren. Eigentätiges Raumgestalten ermöglicht Kindern und Heranwachsenden Lern-Erfahrung, wie Raum wirkt, wie sich »gute«, lebensfördernde Raumbedingungen anfühlen. Sie können dann manipulative Raumgestaltungen erkennen. dern. Sie werden oft Herausforderung sein, sich Unbekanntes wie Sägen, Schneiden, Wählen, fremde Farben, Gerüche, Oberflächen u.v.m. vertraut zu machen. Gut Ding braucht Weile! Umgang mit Fremdem zu lernen, den eigenen Weg zu finden, braucht Zeit. Sich selber zu begreifen schafft die Basis für das Begreifen der Welt. Selber Gestalten und Gestaltetes erleben, sich und andere daran erkennen, im Alltag wiederfinden, vermittelt dem Kind immer wieder: »Du bist da!« Wenn es seinen Raum gestaltet, z.B. seine Grenzen, dann können andere darauf antworten. Es ist wichtig, Kindern Mut zu machen, sich aktiv zu beteiligen und auch den kleinsten Beitrag zu beachten und wertzuschätzen; es ist oft die kleine Schraube, die die entscheidende Verbindung herstellt. Es gibt auch Kinder, die ziehen entscheidende Fäden, aber immer im Hintergrund. Sie »zeigen sich« im »Den-eigenen-Raumgestalten. Austausch und Kommunikation sind grundlegende Fähigkeiten im sozialen Zusammenleben, Raumqualitäten kommunizieren Achtung und Wertschätzung und vermitteln dadurch Sicherheit und Geborgenheit. Begleitung in/zu Sorgfalt und Achtsamkeit beinhaltet für die Kinder auch die Erfahrung: Wenn ich »hudle«, haltet es nicht so gut! Ist es dem Kind dann wichtiger, schnell etwas zu sehen, das flüchtig ist, oder möchte es länger etwas davon haben? Um Gesetzmäßigkeiten zu entdecken, brauchen Kinder immer wieder die Freiheit, Dinge anders als gewöhnlich zu verwenden, die Welt auf den Kopf zu stellen. Wenn wir Erwachsene kopfüber durch die Beine schauen, sehen wir auch so manches, das uns vorher nicht aufgefallen ist. Qualitätsvolle Materialien, aber auch Humor, Offenheit, Toleranz, Achtsamkeit, Wertschätzung und Liebe gestal■ ten Raum. Raum geben Für Kinder Raum zu gestalten bedeutet, ihrem Impuls, sich Lebensraum zu gestalten, Raum zu geben. Dieser ist ein elementares Grundbedürfnis, wie Essen oder Schlafen. Freiräume sind notwendig, Leerstellen, Wandelbares, Hoppala-Punkte und Unerwartetes locken die Kinder aus bereits eingeprägten Gewohnheiten. Fülle und Vielfalt von Materialien und Werkzeug bester Qualität sollen Möglichkeiten eröffnen, Neugier auf Ausprobieren wecken, die Lust, selbst Hand anzulegen, för- 21 BASIS Eine Reise ins Ungewisse Wie rhythmisch-musikalische E rziehung den pädagogischen Alltag im Kindergarten unterstützt. Von Mag.a Birgitta Stummer, Rhythmikerin. Auf einer Handtrommel werden zwölf wild galoppie- ren?) entspricht Kindern, weil ihnen Wahlmöglichkeiten rende Kinder begleitet. Nach einiger Zeit wird das Spiel zur Verfügung stehen. Manche Kinder fühlen sich durch auf dem Instrument unterbrochen, die »Pferde« bleiben die Musik, andere durch das Vorstellungsbild des sanfstehen. Gemeinsam begeben sich die jungen Fohlen in ten Vogelgezwitschers auf der Wiese angesprochen. ihren »Stall«, der in einer Ecke des Raumes ist. Ein Kind Einige brauchen Bewegung und wieder andere genienach dem anderen geht durch die schmale Stalltüre, die ßen den sozialen Kontakt mit den anderen »Pferden«. durch zwei Sessel gekennzeichnet ist. Jetzt reiben sich Die Kinder können bei diesem Spiel selbst entscheiden, die verschwitzten Pferde gegenseitig mit Kuscheldecken ob sie sich bewegen wollen oder lieber musizieren, ob ab, damit sie sich nicht »verkühlen«. Sind alle Pferde »ab- sie etwas erfinden wollen oder lieber beobachten. Mitgetrocknet«, legen sie sich auf ihre Decken und lauschen gestaltungsmöglichkeiten vermitteln Autonomie, gestedem Wind und dem Vogelgezwitscher, das von der Wiese hen Selbstkompetenz zu. in den Stall dringt. »Welche GeräuSpannung und Entspannung sche könnt ihr noch wahrnehmen?« Die Entwicklung jedes Lebewesens Der Erwerb von BasiskompetenNach einiger Zeit zieht es die Tiere vollzieht sich durch ein Wechselspiel von zen durch Rhythmik ist wesentwieder hinaus auf die Koppel, die inneren und äußeren Gegebenheiten. lich für Primärerfahrungen in der »Galoppreise« beginnt von neuem. Elementarpädagogik: Rhythmus »Wer möchte mit mir musizieren? In welche Richtung bewegt sich die Herde? Im Galopp ist eine wesensbildende Eigenschaft von Mensch, Muoder im Trab?« Wenn auf der Wiese der Donner grollt, sik und Bewegung und namengebendes Element der dann kuscheln sich die Tiere im Stall eng zusammen. Ist rhythmisch-musikalischen Erziehung (kurz Rhythmik). das Unwetter vorbeigezogen, gehen die Pferde wieder Als pädagogisches Prinzip hat Rhythmik den Anspruch, auf die Wiese und sie springen genüsslich in die Wasser menschlichen Bedürfnissen wie dem Wechsel von Spannung und Entspannung nachzukommen. lacken, die der Regen hinterlassen hat. Geistige und körperliche Aktivität unterstützen und bedingen einander, Pferde galoppieren wild oder ruhen sich Kinder brauchen variable Angebote Das Beispiel zeigt, wie Bewegung, Material und Musik im Stall aus. Es werden neue Spielformen erfunden und kombiniert werden können. Auch die Verknüpfung von umgesetzt. Wahrnehmungssensibilisierung (Abreiben mit Decken, Reagieren auf akustische Signale) und der Einsatz der ei- Handelsorientierte Erfahrung genen Kreativität (Was wird auf der Wiese noch passie- Rhythmik ist auch ein eigenständiges, künstlerisch-pädagogisches Fachgebiet, in dem musikalische und motorische Fertigkeiten erprobt werden können. Die Mittel der Rhythmik – Musik, Bewegung, Stimme und Materialien – ermöglichen handlungsorientierte Erfahrungen, die durch Improvisation ausprobiert werden. Ziel ist es, Kompetenzen zu fördern, die Wahrnehmung zu sensibilisieren, Sozialverhalten zu fördern und die Möglichkeit zu bieten, Kreativität zum Ausdruck zu bringen. Rhythmik findet statt, wenn mehrere Mittel und Ziele innerhalb einer Rhythmik-Einheit von Bedeutung sind. Auf der Koppel reagieren die Pferde auf Musik, in Engstellen weichen sie einander aus und erfinden neue Spiele wie das Springen über Hindernisse oder das Erfrischen an einer Tränke. 22 BASIS Aufmerksamkeit, Neugier und Selbständigkeit Rhythmisch-musikalische Erziehung hilft im pädagogischen Alltag: Sie fördert Aufmerksamkeit (wenn ich auf Musik höre), Neugier (wenn ich neue Instrumente kennenlerne), Regelbewusstsein (wenn ich selbst Regeln aufstellen darf), Selbständigkeit (wenn Geschichten mitgestaltet werden dürfen) und setzt spielerisch Problemlösungsprozesse in Gang (wenn durch gemeinsames Musizieren ein Gruppengefühl nicht nur sichtbar, sondern auch hör- und spürbar wird und sich dadurch ein umfassender Gemeinschaftssinn entwickelt). Rhythmik unterstützt die Entfaltung von Persönlichkeiten und fördert die Entwicklung zu kritischen und selbstbewussten Menschen. (Im Rahmen einer gemeinsamen Improvisation zum Thema Pferdegeräusche darf jedes Kind, das gerne möchte, ein Solo machen. Durch das Hervortreten und sich Zurücknehmen, durch das Nachbesprechen einer Improvisation können Reflexionsfähigkeit und Kritikfähigkeit geübt werden.) Rhythmisierung pädagogischer Prozesse Isabelle Frohne hat den Begriff des Rhythmischen Prinzips geprägt. Sie versteht darunter die Einbeziehung von uns umgebenden und in uns existierenden Rhythmen in pädagogische Prozesse. Diese Rhythmen beeinflussen den Menschen und sollen daher auch in der Rhythmik Beachtung finden. Durch unterschiedliche Angebote mittels Musik, Bewegung, Stimme und Material werden Wechsel zwischen Aktivität und Passivität, Spannung und Entspannung in einer Rhythmik-Einheit erfahren. »Wer möchte die Tiere mit mir auf einer Trommel begleiten? Was wird passieren, wenn die Pferde das nächste Mal auf der Wiese bzw. im Stall sind?« Originalität, Flexibilität und Stabilität Es gilt als Kunst, eine »dynamische Balance« herzustellen zwischen den Bedürfnissen der Teilnehmenden und denen der PädagogInnen, zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Aktivitäten, zwischen Impulsivität und Kontinuität. Ein rhythmischer Ausgleich wird immer neu angestrebt und bleibt nicht als Zustand bestehen. In diesem Spannungsfeld können Originalität, Flexibilität und Stabilität hervorgebracht werden. Durch die Vielfalt an Mitteln, die zur Verfügung stehen, ist es möglich und wichtig, dass mit den Stärken der Teilnehmenden gearbeitet wird. Gemeinsame Fähigkeiten werden entdeckt. Davon ausgehend kann die Planung einer weiteren Rhythmik-Einheit oder einer kleinen rhythmischen Sequenz vorgenommen werden. Zwischen Eindruck und Ausdruck »Bist du ein sanftes Fohlen oder ein wilder Rappe? Lässt du dich über die Wiese führen?« Im handlungsorientierten Erleben wird gespürt und entdeckt, körperliche Wachheit wird kombiniert mit geistiger Anteilnahme. Spielräume zwischen Chaos und Ordnung, Führen und Folgen, Eindruck und Ausdruck stehen zur Verfügung. Vier Kinder spielen auf Trommeln »Galoppmusik«. Acht Kinder bewegen sich. Wenn ein Kind das Musizieren unterbricht, stoppen auch die Kinder, die sich fortbewegen. Spielt das Kind leise weiter, wird aus der Galoppmusik eine Schrittmusik. Welches Signal könnten wir für einen Richtungswechsel vereinbaren? Welches Kind möchte eine Bewegung vormachen, die dann von den MusikerInnen adäquat begleitet wird? Aktivität und Imitation Erfahrungen können durch Teilnehmende oder durch PädagogInnen, durch Musik, Bewegung oder Material gemacht werden, sie werden aus mehreren Quellen gespeist. In der Rhythmik besteht die Möglichkeit, durch Aktivität und Imitation viele »Lehrpersonen« zu erleben. Sobald mehrere Menschen in ein Unterrichtsgeschehen eingebunden sind, beginnt die Reise ins Ungewisse, denn jede Person bringt ihre eigenen Erlebnisse und Bedürfnisse mit. Diese Reise kann als Abenteuer verstanden werden, als Möglichkeit, viele neue Erfahrungen zu machen. ■ www.rhytmik-buch.at 23 BASIS Die Wurzeln allen Lernens Wie kreativer Kindertanz die sinnliche Wahrnehmung fördert. Von Sabina Kaiser, Kindergartenpädagogin, Musikalische Früherzieherin und Musik- und Tanzpädagogin. Kreativität meint das Schöpferische. Doch woher schöpfen unsere Kinder eigentlich? In einer Zeit wie dieser ist das für die Kleinen gar nicht mehr so einfach. Viel wird ihnen abverlangt und der Rahmen, in dem sie sich bewegen dürfen, wird immer kleiner. Sie wachsen auf mit Aussagen wie »Sei still, sitz ruhig, mach dich nicht schmutzig, greif das nicht an, klettere da nicht rauf!…« – wie oft hören wir diese Worte, die Kindern wesentliche Erfahrungsmöglichkeiten vorenthalten. 24 Immer weniger Kinder sind es, die in der Erde wühlen dürfen, die im Matsch »gatschen«, die beim Kochen helfen, die sich frei und manchmal auch laut bewegen oder die vielleicht auch einmal im warmen Sommerregen barfuß tanzen dürfen. Die nicht im Auto oder im Kinderwagen chauffiert werden. In solchen Situationen machen Kinder ihre elementaren Erfahrungen, mit Material, mit sich und ihrer Umwelt. Ihre Sinne werden ganzheitlich angesprochen, ihre Entwicklung natürlich gefördert. Stattdessen verordnen wir ihnen ein paar Jahre später Physiotherapie, Kreativ-Therapie, Musik- und Tanztherapie. Lernen durch Bewegung Woraus schöpfen Kinder noch, wenn ihnen so vieles vorenthalten wird, was in der Natur gegeben ist? Die Bewegung, das Be-Greifen, das Ertasten, Erfühlen, Schmecken, Anschauen – Kinder müssen sich in unserer Welt zurechtfinden und ihren Weg gehen. Sie wollen sie erforschen und haben einen natürlichen Drang zur Bewegung. Dadurch lernen sie am besten – durch Erfahrung. Der Bewegungsdrang dient dem Zweck der Entwicklung des Kindes. Kreatives Denken ist notwendig, um in dieser Welt zu einem reifen und emotional gesunden Menschen heranzuwachsen. Das eigene Ich entdecken Kreativer Kindertanz fördert die Kinder in einem ganzheitlichen und elementaren Sinn, knüpft an die Erfahrungen BASIS und Erlebnisse des Alltags an. Er fördert die Entwicklung geschult, wie zum Beispiel die Eigenwahrnehmung, die der Bewegungsfähigkeit, motiviert und regt an, sich Fremdwahrnehmung und die Raumwahrnehmung. Im zu bewegen, bietet Möglichkeiten zur Entfaltung und Rhythmus (Herzschlag) und in der Bewegung liegen die zum Ausdruck des eigenen Ichs. Kreativer Kindertanz Wurzeln allen Lernens. stärkt das Selbstwertgefühl, wirkt sich positiv auf den Gesundheitszustand aus, regt den Stoffwechsel und Was im kreativen Kindertanz passiert die Atmung an, die Sauerstoffversorgung des Gehirns Eine Einheit beinhaltet zum Beispiel: Bewegung, Musik, macht müde Kinder munter und aufgewühlte kommen Sprache, Spiel, Möglichkeiten zum Experimentieren und Improvisieren. Die didaktische Herangehensweise und zur Ruhe. Durch interaktive Gruppenkonstellationen werden sozi- die Methoden sind vielfältig, dabei ist ein entsprechenale und emotionale Intelligenz sowie Kompetenzen und der dramaturgischer Bogen wichtig – gemeint sind damit die wichtigen Phasen der Spannung kognitive Fähigkeiten gefördert. Der Anund Entspannung und die wesentlichen satz der sensorischen Integration dient Es entsteht ein Möglichkeiten zur bewussten Wahrnehals Grundlage einer gesunden SprachentKommunikations n etzwerk mung. wicklung. Des weiteren werden die Kooraller Sinne. Durch die Selbsterfahrung in der Improvidinationsfähigkeit geschult, die Motorik, sations- und Experimentierphase können Konzentration und Ausdauer. Die Gehirneigene Ideen weiterentwickelt werden, die Kinder erfahund Gedächtnisleistung des Kindes wird angesprochen – die sensomotorische Umsetzung von Musik in Bewe- ren auf diesem Weg Selbstbestätigung, die die Persöngung fördert das Reaktionsvermögen, die Sensibilität lichkeitsentwicklung des Kindes und die Entwicklung der Intelligenz fördert. und die Motorik. Ein Kommunikationsnetzwerk aller Sinne entsteht. So- Durch spezifische Angebote unterschiedlichster Themit bedient dieses Angebot die ästhetische Bildung im men und die entsprechende Interaktion mit der PädaSinne der griechischen Herkunft des Wortes »aisthe- gogin/dem Pädagogen werden Kinder ganzheitlich zum sis«, nämlich der sinnlichen Wahrnehmung. Die vielen Thema geführt, können kreativ und fantasievoll damit ■ Bereiche der Wahrnehmung werden angesprochen und umgehen und eigene Ideen weiterentwickeln. 25 BASIS »Musik für alle« Elementares Musizieren als Konzept aktiver und kreativer ästhetischer E rziehung. Von Mag.a Shirley Salmon, Musikpädagogin, Vertragslehrerin am Orff-Institut, Universität Mozarteum Salzburg. Elementares Musizieren für alle ist das Zusammenspielen von Menschen unterschiedlicher Fähigkeiten in einer spielerischen Atmosphäre, ohne dass ein Spieler unter- oder überfordert wird, unabhängig von einem bestimmten Lebensalter oder von speziellen Begabungen oder Behinderungen. Elementares Musizieren ist ein wichtiger Teil des Kindergartenalltags und hat folgende grundlegende Ideen: »Elementare Musik ist nie Musik allein, sie ist mit Bewegung, Tanz und Sprache verbunden, sie ist eine Musik, die man selbst tun muss, in der man nicht nur als Hörer, sondern als Mitspieler einbezogen ist. Sie ist vorgeistig, kennt keine große Form, sie ist erdnah, naturhaft, körperlich, für jeden erlern- und erlebbar.« Carl Orff, 1964 Bewegen, Sprechen und Musizieren als Einheit In altgriechischen Zeiten gab es keinen Begriff für »Musik« allein. Sprache, Musik und Tanz waren auf das Engste miteinander verbunden und wurden als »musiké« bezeichnet. Diese Verbindung sehen wir oft im spontanen Ausdruck von jungen Kindern (z.B. Kinder tanzen spontan zu einem selbstgesungem Lied, sie erfinden Silben oder Wörter zu einem Rhythmus, begleiten ihr singendes Erzählen mit Bewegungen u.v.m.), bevor Musik, Tanz und Sprache durch »pädagogisches Einwirken« in spezialisierte Bereiche getrennt werden. 26 Beim elementaren Musizieren wird diese Einheit gefördert und das Kind – spielend, bewegend, singend, musizierend und tanzend – allseitig beansprucht (vgl. Jungmair 1992). Eindrücke der Außenwelt werden multi-sensorisch wahrgenommen und dann emotional und kognitiv individuell verarbeitet. Der daraus entstehende Ausdruck (in Musik, Bewegung und Sprache) kann einerseits direkt und spontan sein, andererseits können geplante, gestaltete Ausdrucksformen entstehen (vgl. Haselbach 2003). »Die musikalische Freude ist ein unersetzbares Element der Harmonisierung, sowohl des persönlichen Lebens als auch des Zusammenlebens.« Wilhelm Keller Der Einsatz von einfach zu spielenden Instrumenten Viele Instrumente aus der musikpädagogischen und musiktherapeutischen Praxis gehören zum sogenannten »Orff-Instrumentarium«. Das Musizieren auf diesen Instrumenten kommt dem angeborenen körperlichen Musizieren entgegen – die Instrumente sind hörbar, sichtbar und spürbar. Sie können auf einfache Weise und ohne Vorkenntnisse gespielt werden, motivieren zum Explorieren, Experimentieren und Improvisieren, können aber auch für anspruchsvolles Gruppen- und Ensemblemusizieren verwendet werden. Das bekannte Orff-Instrumentarium kann ergänzt werden z.B. durch Instrumente der Latin-Percussion, klingende Naturobjekte (Steine, Nüsse, Blätter usw.), Alltags- und Haushaltsobjekte (z.B. Schüssel, Besteck, gefüllte Filmdosen) oder elementare Instrumente wie Kazoos, Flötenkopfstücke oder Lotusflöten. Durch Aktivitäten mit unterschiedlichen Instrumenten und Materialien kann auch die sensorische Sensibilisierung gefördert werden. Wenn Kinder Instrumente spielen, geschieht dies nicht nur, um sie zu hören oder auf ihnen zu musizieren. Sie sind neugierig, setzen sich mit dem Instrument auseinander und in ihrem Spiel erforschen sie die besonderen Eigenschaften des Objektes. Für Kinder ist das Spüren der Vibrationen, das Anschauen, das In-Bezug-Setzen zum eigenen Körper oder zu anderen Mitspielern genauso wichtig wie das geleitete Hören oder Musizieren. Instrumente können die Begegnung und Kommunikation mit anderen bereichern, die Phantasie anregen und uns neue Spiel- und Gestaltungsmöglichkeiten öffnen. Spielräume öffnen Das spielerische und improvisatorische Prinzip ist beim Elementaren Musizieren zentral – Spielräume zu öffnen ist eine wichtige Aufgabe der Leitung. Damit ein Kind seine spontane Spiellust entfalten kann, ist ein Freiraum BASIS notwendig. Es genügt nicht, allein das Bedürfnis nach Sicherheit zu befriedigen, sondern ein »Raum« muss spieleinladend wirken, Spielatmosphäre besitzen und Vertrautheit anbieten. Dies könnte in der vorbereiteten Umgebung einer Musikecke, eines Musiktisches oder Musikraums sein, die man immer wieder neu vorbereitet, z.B. mit einer bestimmten Art von Instrumenten, mit Naturobjekten, mit Holz- oder Metallinstrumenten usw. Spielräume zu schaffen, zu öffnen und freizuhalten bedeutet nicht, totale Freiheit anzubieten. Das Akzeptieren von Rahmenbedingungen sowie Spielregeln ist auch notwendig. Unterschiedliche musikalische Aktivitäten können Freiheit und gleichzeitig Sicherheit anbieten: ■■Klangspiele mit den Urelementen (Parameter) jeglicher Musik (z.B. Lautstärke, Tempo, Tonlänge, Tonhöhe) ■■Gestalten von klingenden Geschichten mit der Stimme, mit Instrumenten und Bewegung ■■Reime oder Texte rhythmisch sprechen, dazu eine spontane Melodie erfinden ■■Lieder mit Klanggesten (klatschen, patschen, stampfen, schnipsen), Instrumenten, Bewegung oder Tanz begleiten u.v.m. Das Wissen über verschiedene Handlungsformen hilft uns, musikalische Angebote besser zu planen und somit die Wahrnehmungs-, Handlungs- und Ausdrucksmöglichkeiten der Kinder zu erweitern. Imitation ist nur eine Handlungsform – andere sind: wahrnehmen, erkunden, experimentieren, spielen, kommunizieren, erkennen, erinnern, variieren, darstellen, differenzieren, entscheiden, erfinden, improvisieren, üben und gestalten. Tanz, Geschichte) kooperieren. Es sollen aber auch einzelne Aufgaben oder Rollen gefunden werden, die den Fähigkeiten von Kindern individuell entsprechen. Musikalische Aktivitäten fördern auch die Kreativität, wenn flexible und divergente Denkprozesse bzw. alternative Lösungen angeregt und angenommen werden. Auf diese Weise ist jedes Kind Elementares Musizieren ist ein vollwertiges Mitglied »…mit den Grundkräften der Künste, dem Zeichneri- der Gruppe und kann mit integrativ und integrierend. Nach Georg Feuser bedeuschen etwa, dem Musikalischen, sind alle elementar seinen momentanen Mögtet Integration, dass: begabt; diese Kräfte sind zu entwickeln und auf ihnen, lichkeiten zum Ganzen bei■■»alle Kinder und Schüler somit auf der natürlichen Selbsttätigkeit, die Erziehung tragen. Das Wechselspiel (ohne Ausschluss behinzwischen Mit- und Voneider ganzen Person aufzubauen« derter Kinder und Jugendnander Lernen ermöglicht Martin Buber licher wegen Art und/oder und unterstützt das ZusamSchweregrad einer vorliemenspiel von Kindern mit genden Behinderung) unterschiedlichen Fähigkeiten in einer Gruppe. Musik ■■in Kooperation miteinander und Tanz sind soziale Aktivitäten und ermöglichen Kon■■auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau nach Maß- takt, Begegnung und Gefühle der Zusammengehöriggabe ihrer momentanen Wahrnehmungs-, Denk- und keit. Alle Kinder haben ein Recht auf den Zugang zum elementaren Musizieren – die Begegnung soll am besten Handlungskompetenzen täglich sein. Dadurch können Wahrnehmung, Handeln, ■■an und mit einem ›gemeinsamen Gegenstand‹ Kommunikation, Kreativität und individueller Ausdruck (Projekt/Vorhaben/Inhalt/Thema) erweitert werden. Jedes Kind mit seiner elementaren ■■spielen, lernen und arbeiten.« (Feuser 2000) Begabung und seinen seelischen, körperlichen und Beim elementaren Musizieren bedeutet dies, dass die geistigen Anlagen kann durch elementares Musizieren Gruppenmitglieder bei einem Vorhaben (Lied, Reim, angesprochen, unterstützt und gefördert werden. ■ 27 BASIS Eine Entdeckungsreise in verschiedene Welten Zwischen Sprachförderung und Kreativität: Über das Eintauchen in die »Schatzkiste« Bilderbuch. Vom Team der Sprachberatung im Kinderbildungsund -betreuungsreferat der Fachabteilung 6E. Wie war das am Anfang? Der Ernst des Lebens? Lus tig, Trotzig, Traurig, Froh. Irgendwie anders? Groß, Klein, Dick, Dünn – mutig, mutig!* »Kannst Du mir ein Buch vorlesen?« Sehr oft bekommen PädagogInnen und Eltern diese Frage von den Kindern gestellt. Kinder schätzen es, gemeinsam mit Erwachsenen in die Welt der Bilderbuchgeschichten abzutauchen. Bilderbücher unterstützen Kinder auf ihren Entdeckungsreisen in verschiedene Welten, sie treffen dabei auf große und kleine HeldInnen und erzählen neue Geschichten. Eine anregende Reise Ein Bilderbuch kann ein kleines Kunstwerk, eine Komposition aus Sprache, Rhythmus und fantasievollen Bilderwelten sein. Die Kreativität und Fantasie der Kinder wird bei der Betrachtung der Bilder immer wieder aufs Neue angeregt. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Bedeutung der Wimmelbilderbücher. Die Vielschichtigkeit der Darstellungen regt die Gedankenwelt jedes Kindes mit seinen unterschiedlichen Interessen, Stimmungen, Erfahrun- 28 gen, Lebens(um)welten und Wünschen an. Nach Seidl (2009) fördern Vorlesen und gemeinsames Betrachten von Bilderbüchern die passive wie die aktive Sprachentwicklung und die Entwicklung der kindlichen Wahrnehmung, der Fantasie, des Denkens, der Konzentrationsfähigkeit und der Kreativität. Das Bilderbuch bietet durch seinen Inhalt und seine Illustrationen eine Vielzahl von Gesprächsanlässen, es fördert den Dialog zwischen den Kindern und Erwachsenen. Wir treffen uns in einer Welt ohne viele Worte, finden dabei Platz für all unsere Sprachen und kommen dadurch einander ungeahnt in unserer gemeinsamen Lebenswelt näher. Beobachten wir das Leuchten in den Kinderaugen beim Betrachten eines Bilderbuches, das Auflachen bei einer lustigen Illustration, die Faszination bei einer spannenden Darstellung, den Wunsch nach der Möglichkeit das Bilderbuch noch tausendmal erleben zu können, das intensive Eintauchen in die »Schatzkiste« Bilderbuch, dann wachsen der Fantasie Flügel! ■ *diese Aufzählung setzt sich aus Bilderbuchtiteln zusammen (siehe Quellenverzeichnis auf Seite 43) BASIS »Me cuentas un cuento« A menudo los niños hacen esta pregunta a sus padres y maestros porque les gusta sumergirse en el mundo de los libros acompañados de los adultos. La lectura ayuda a los pequeños a descubrir distintos mundos y a conocer grandes y pequeños héroes. Un libro puede ser una pequeña obra de arte, una composición de lenguaje, ritmo y fantasía que estimula la creatividad e imaginación de los niños. Queremos destacar la importancia de los libros de imágenes sin texto. Se trata de libros con ilustra ciones sin texto escrito que permiten la narración en todos los idiomas. La variedad de representaciones que encontramos en ellos, activa el pensamiento de los niños, sus intereses, opiniones, experiencias, percepciones y deseos. Es una satisfacción observar el brillo de los ojos de los niños cuando contemplan libros infantiles, su sonrisa en una ilustración divertida, su fascinación en una trama emocionante y su deseo de volver a escuchar una y otra vez la misma historia. (Auszüge des Textes ins Spanische übersetzt von Mag.a Eva Marín) »Îmi citeşti o poveste?« Deseori copiii pun această întrebare educatoarelor sau părinţilor. Copiilor le face plăcere să călătorească, însoţiţi de adulţi, în lumea minunată a cărţilor de poveşti. Cărţile îi însoţesc pe copii în călătoria lor de descoperire a unor lumi diferite, unde se pot întâlni cu eroii favoriţi şi-şi povestesc poveşti noi. Treptat, pe măsură ce li se citesc poezii, basme, creaţii folclorice, copiii descoperă o lume nouă, lumea faptelor, a datelor, a informaţiilor. O carte este o capodoperă, un amalgam de limbaj, ritm şi imagini fantastice. Cărţiile de poveşti sunt pline de istorisiri şi aventuri imaginare,care stimulează creativitatea şi fantezia copiilor şi constituie hrana principală a dezvoltării lor. »Možeš li mi čitati iz knjige?« Ovo pitanje djeca često postavljaju pedagoginjama i roditeljima. Ona vole dok mogu zajedno s odraslima uroniti u svijet slikovnica. Slikovnice su pomoć djeci na putu istraživanja novih svjetova na kojem dolaze u dodir s velikim i malim junacima i pričaju nove priče. Slikovnica može biti pravo malo umjetničko djelo, kompozicija sastavljena iz jezika, ritma i svijeta punog fantazijskih slika. Promatrajući slike dječja kreativnost i mašta uvijek nanovo oživljavaju. Posebno se mora naglasiti vrijednost takozvanih »Wimmel-slikovnica«. Raznolikost prikazanih sli ka potiče misli djece koja imaju raznovrsne intere se, raspoloženja, iskustva, opažanja, životne okoliše În special trebuie menţionată aici importanţa cărţiilor ilustrate. Complexitatea ilustraţiilor stimulează gândirea fiecărui copil, indiferent de interesele, experienţa, percepţiile sau dorinţele sale. Prin intermediul cărţiilor şi al imaginilor pe care le găsesc în acestea, copiii îşi lărgesc şi îşi adâncesc experienţa de viaţă, ajungând la o mai clară înţelegere atât a propriilor fiinţe, cât şi a fiinţelor şi lucrurilor care îi înconjoară. Poveştile sunt o cale către universul nostru interior, către fantezie şi libertatea de a visa, dar şi o cale către a duce în realitatea ce ne înconjoară puţin din curajul şi minunăţia acestei fantezii. (Auszüge des Textes ins Rumänische übersetzt von Mag.a Cristina Grundner) i želje. Susrećemo se u svijetu bez mnogo riječi, pronalazimo mjesta za sve naše jezike i nesvjesno se približavamo jedni drugima u našem zajedničkom svijetu. Promatrajmo svjetlucanje dječjih očiju kad gledaju slikovnicu, smijeh kad vide smiješnu ilustraciju, očaranost kad vide napeti prikaz, želju da mogu proživjeti slikovnicu još jedno tisuću puta, intenzivno uranjanje u »kutiju punu blaga« – u slikovnicu, tada rastu mašti krila! (Auszüge des Textes ins Kroatische übersetzt von Mag.a Evelin Lanz) 29 PRAXIS Ästhetik und Kreativität in der Praxis Ein Einblick in den Alltag steirischer Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen. 30 PRAXIS Gib Kindern alle Freiheiten! Wann Kreativität das Selbstwertgefühl der Kinder stärkt, und warum der Weg wichtiger ist als das Ziel. Einblicke in den Alltag der Kinderkrippe im Förderzentrum des Landes Steiermark für Hör- und Sprachbildung in Graz. Keine definierten Bastel- und Malstunden, keine Vorgaben, kein Anleitungen, keine Themen, keine Schablonen. Stattdessen wird den Kindern jeden Tag eine vorbereitete Umgebung bereitgestellt. Papier, Stifte, Schere, Kleister, Zeitungspapier, Pinsel und Farben, also alles, was sie zum Malen und Basteln brauchen, liegt stets in greifbarer und sichtbarer Nähe. »Gib Kindern alle Freiheit, die sie brauchen, um ihre eigene Kreativität zu entwickeln«, an diesem Grundprinzip orientiert sich in der Kinderkrippe der Stmk. Landesregierung – Förderzentrum am Rosenberggürtel in Graz der Alltag. »Kreativ sind die Kinder in dieser Einrichtung dann, wenn sie das Bedürfnis danach haben«, erklärt die Krippenpädagogin Gertrude Kranabetter, die mit Gabriele Lichtenegger (Kindergartenpädagogin) und Elisabeth Jansisch (Kinderbetreuerin) in einem Team arbeitet. Wie Kinder lernen Einem Kind zu erklären, wie zum Beispiel eine Schere funktioniert, hält Kranabetter für nicht zielführend. »Den Umgang mit diesem Werkzeug muss das Kind selbst lernen, entsprechend seinen motorischen Fähigkeiten«, betont die Krippenpädagogin. Das gleiche gilt auch für den Kleister. Was man damit machen kann, wird den Kindern nicht in langen Reden näher gebracht. Stattdessen taucht die Pädagogin ihre Hände in den Kleistertopf, lässt die Masse durch ihre Finger gleiten und bestreicht dann damit Papier. Die Kinder beobachten. Manche machen es ihr nach, andere sind vom Kleister so fasziniert, dass sie sich nur mit dem Material selbst beschäftigen. »Das sind Prozesse, die wir nicht unterbrechen, denn es ist wichtig, dass Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen, dass sie selbst entdecken, wie sich ein Material anfühlt, wie es sich verhält, wofür es sich eignet. Mit Kleister kann man spielen. Oder Kleben. Das Kind entscheidet, was es damit vorhat.« Wenn das Werk fertig ist, wird auch nicht nach einem Namen dafür gesucht. »Wir fragen nicht: Was hast du da gemacht?« betont die gruppenführende Pädagogin. Das Geschaffene ist Ausdruck der eigene Kreativität und Fantasie – und das allein zählt. Braucht ein Auto tatsächlich vier Räder? Braucht ein Haus tatsächlich einen Schornstein? Muss die Sonne immer gelb sein? »Nur wenn es ihnen erlaubt ist, die Dinge mit ihren Augen zu sehen, sind sie in der Lage, auch Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit zu entwickeln«, ist die Pädagogin überzeugt. Spuren hinterlassen Entdecken können Kinder ihre eigene Kreativität aber nicht nur in der Mal- und Bastelecke. »Schon beim Spielen mit Sand, Wasser und Erde machen Kinder eine wichtige Erfahrung im Umgang mit verschiedenen Materialien. Wie verhalten sich Sand und Erde, wenn ich sie mit Wasser mische? Welche Art von Masse entsteht? Was lässt sich damit machen? »Eine wichtige Rolle spielt in diesem Prozess der eigene Körper. »Wenn Kinder sich selbst oder gegenseitig anmalen, erkennen sie dabei, dass sie Spuren hinterlassen können«, erklärt Kranabetter. Kreativität spielt sich aber auch beim Essen ab. »Wir haben zum Beispiel ein Frühstücksbuffet. »Die Kinder bereiten sich ihre Jause selbst zu, sie entscheiden, was und wie sie etwas essen. Wie viel Kakaopulver sie in den Becher geben, ob sie auf das Wurstbrot noch einen Löffel Marmelade streichen – auch das fördert das Finden der eigenen Kreativität«, erlebt die Pädagogin jeden Tag. Die Reflexion Die Rolle der Pädagogin in diesem Selbstfindungsprozess? »Die Kinder sind Akteure ihrer eigenen Entwicklung. Wir begleiten, beobachten, dokumentieren, reflektieren und unterstützen«, zählt Kranabetter auf. »In unserer Kinderkrippe wird eine Entwicklungsdokumentation, ein Portfolio, für die Kinder und Eltern angelegt.«■ 31 PRAXIS »Ohne Kreativität gibt es weniger Erfolge« Kreativität mit allen Sinnen erleben und auf mehreren Ebenen entdecken: Mit diesem Ziel haben die PädagogInnen im Gemeindekindergarten Thörl ein Konzept für ästhetische Erziehung erarbeitet – und mit dem Projekt »Willkommen auf der Kindergarten-Kunstmeile« in die Praxis umgesetzt. »Ästhetische Erziehung hilft dem Kind, in diese Welt hineinzuwachsen, sie sich mit allen Sinnen anzueignen und sie zu gestalten. Das heißt, sowohl das spielerische Tun als auch das bewusste Schauen und das reflektierte Handeln müssen selbstverständlich sein«, sagt Silvia Sottler, pädagogische Leiterin des bewegten Kindergartens Thörl. Um all diesen Ansprüchen gerecht zu werden, haben die PädagogInnen ein Konzept erarbeitet, das sich dem Thema Kreativität aus mehreren Thema herangehen und ihre eigenen Ideen umsetzen können. Daher haben wir dem freien Gestalten auch viel Platz eingeräumt. Selbst wenn das Thema vorgegeben wurde, haben wir den Kindern bei der Umsetzung alle Freiheiten gelassen«, betont die Pädagogin. Keine Anleitungen, keine Vorgaben. Stattdessen gab es für die Kinder eine vorbereitete Umgebung und die Möglichkeit, verschiedene Techniken auszuprobieren. »Um die Arbeiten der Kinder annehmen und wertschätzen zu können, müssen wir die individuellen Lösungsprozesse der Kinder zulassen und dürfen sie nicht mit unseren Vorstellungen vergleichbar machen. Ich sehe auch immer, dass in diesem Bereich Elternarbeit wichtig ist«, betont Sottler. Bücherwurm und Bewegungsbaustellen Teil dieses Projektes war auch die Sprache. Dazu haben die Pädagoginnen den Kindern kurze Sätze vorgegeben und sie daraus Geschichten oder Gedichte kreieren lassen, diese dann aufgeschrieben und in Form eines Wurmes an die Wand gehängt wurden. Um die Kreativität der Bewegung zu fördern, wurden im Turnsaal Bewegungsbaustellen errichtet. »Um diese zu überwinden, mussten die Kinder immer wieder neue Bewegungspläne und Handlungsabläufe finden. Fortgesetzt hat sich das dann natürlich auch in der freien Natur, beim Tau- und Schneelaufen und am Bewegungsparcours«, erzählt die Kindergartenpädagogin. Richtungen annähert und unter dem Titel »Willkommen auf der Kindergarten-Kunstmeile« in die Praxis umgesetzt wurde. »Uns war wichtig, dass wir im Rahmen dieses Konzeptes die Wahrnehmung über alle fünf Sinne sensibilisieren, die Ich-Kompetenz, das Soziale, die Emotionen und die Fachkompetenz fördern«, erklärt die Pädagogin. Kreativität sieht sie nicht nur im Ausdruck der Einzigartigkeit allein. »Kreative Kinder kennen keine Langeweile«, betont Sottler. Mit allen Sinnen wahrnehmen »Beim Basteln, Zeichnen und Gestalten von Skulpturen war es uns wichtig, dass die Kinder selbstständig an das 32 Die Meilensteine Eingebunden wurden in dieses Projekt auch die Eltern, vor allem beim Familienaktionstag am Ende des Kindergartenjahres. Was hat das Kind in diesem Jahr gelernt? Wo und wie hat es sich entwickelt? »Unter diesem Aspekt wurden einzelne Stationen errichtet, an denen die Eltern gemeinsam mit ihren Kinder verschiedene Aktivitäten oder Kunstrichtungen umsetzten«, erklärt Sottler. Eine Aktion, die nicht nur bei den Kindern auf viel Begeisterung gestoßen ist, sondern auch bei den Eltern. Gezeigt hat das Projekt zum Thema »Ästhetische Erziehung« vor allem eines: »Ohne Kreativität gibt es weniger Erfolge.« ■ PRAXIS Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile Wie im Privatkindergarten Kocher in Graz beim Projekt »Tierausstellung« Erfahrungen und Erkenntnisse vereint werden. »Das ist so, wie wenn der ganze Kindergarten in der Welt herumgefahren wäre, ein Riesenausflug, und jetzt machen wir es nach.« Systemische Weltsicht, ganzheitliches Handeln, humanistisches Denken, sinnliche Materialien, künstlerische Ausdrucksformen und ästhetischer Anspruch sind die Basisqualitäten unserer Arbeit. Tiere waren heuer ein halbes Jahr lang die Leidenschaft der Kinder. Beobachten, sammeln, fotografieren, zeichnen, entwerfen, Stoffe aussuchen, zuschneiden, nähen, stopfen. Lebensräume erforschen, klimatische Bedingungen erspüren, Weltkunde erfahren. Eine zentrale Erfahrung für die Kinder bei dieser Projektarbeit »Tierausstellung« war, die bisher gekannten Möglichkeiten überschreiten zu können: »So toll hab ich noch nie gebastelt!« Ausdruckstanz, der Malraum, Jeux dramatiques, elementare Musikpädagogik und Motopädagogik sind weitere Medien, um Inhalte sichtbar zu machen und vertiefend erleben zu lassen. Im Bauen der verschiedenen Landschaften für die Tiere vereinten sich alle gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse: ■■Von der vagen Vorstellung zur konkreten Umsetzung: »Das wird genau so, wie ich es mir vorgestellt habe.« ■■Die Entwicklung vom zweidimensionalen Bild zur dreidimensionalen Plastik: »Zuerst habe ich einen Löwen gezeichnet, dann bin ich zum Kopierer gegangen, da hab ich den Löwen größer gemacht, dann muss man es ausschneiden, in Stücken, dann muss man die Teile aus Stoff ausschneiden, dann muss man einen Faden holen und nähen. Zuerst hab ich den Bauch genäht, dann hab ich den Körper umgedreht und hab’s gefüllt.« ■■Das Kennenlernen räumlicher Gestaltungsmöglichkeiten und die Effekte verschiedener Materialien: »Für die Eisbären und Pinguine haben wir eine Schnee- und Eislandschaft mit Eishöhlen, Eismeer und Eisschollen gebaut. Wir haben dazu Karton, Styropor, farbige Foli en, Gipsbinden, Farbe und Leim gebraucht.« ■■Kreative Lösungsfindungen: »Kann ich für die Sta cheln der Kakteen in der Wüste echte Rosendornen im Garten sammeln?« ■■Ideen produzieren, Ideen verwerfen, nicht aufgeben, etwas ausprobieren, dranbleiben: »Meine Katze lebt nicht nur auf einer Wiese, die soll auch in einer Scheu ne schlafen.« Also war Lena tagelang damit beschäftigt, aus Holz und Furnierstücken eine Scheune zu bauen. ■■Das optimale Ergebnis im Auge haben und nicht bloß das eigene Ergebnis. Während der Ausstellungstage kamen die Kinder morgens und fragten: »Was ist heute mein Beruf: Kassier, Kartenabreißer oder Ausstellungsassistent?« ■■Sich nicht vergleichen, sondern sich in der Ergänzung zu den anderen zu erleben und zu sehen: »Ich kann mehr, als ich bisher gedacht habe.« ■■Erst durch meinen Beitrag wird das Ergebnis vollständig: »Das schaut wie eine echte Landschaft aus!« ■ 33 PRAXIS Der Zauber der Oper Der Gemeindekindergarten St. Oswald ob Plankenwarth hat sich im vergangenen Kindergartenjahr dem Thema Oper und Schauspiel gewidmet, dazu »Die Zauberflöte« inszeniert und einen Film gedreht. Kreatives Lernen in mehreren Akten. Erster Akt Die Geschichte erzählen allein reicht nicht. Um dreieinhalb- bis sechsjährigen Kindern den Inhalt der MozartOper »Die Zauberflöte« näher zu bringen, braucht es Kreativität. Und damit hat dieses Projekt im Gemeindekindergarten St. Oswald ob Plankenwarth auch begonnen. »Um den Kindern die komplexe Geschichte zu erklären, haben wir Bildkarten mit den einzelnen Figuren verwendet, die wir dann während des Erzählens auch immer entsprechend verschoben haben«, erzählen Marion Wendlinger und Margit Dokter, Pädagoginnen dieser Einrichtung. Das Ziel des Projektes: Die Oper nachspielen und einen Film drehen. Zweiter Akt Um die Charaktere der Figuren besser zu verstehen und gemeinsam mit den Kindern die einzelnen Rollen zu erarbeiten, war Bewegung angesagt. Tanzen wie Papageno, fröhlich hüpfend, pfeifend zum Beispiel. »Das haben wir dann mit allen wichtigen Figuren der Oper durchgespielt, wobei wir den Kindern dabei möglichst wenig vorgegeben haben. Wichtig war uns, dass sich die Kinder ganz nach ihrem Empfinden bewegen«, betonen die Pädagoginnen. Die Kinder haben sich vom Thema fesseln lassen, vom ersten Moment an. »Sie haben auch beim freien Spiel die Musik gehört, mitgesungen und zu Hause mit ihren Eltern und Geschwistern geprobt«, erzählt Wendlinger. Motivationsarbeit? »War in diesem Fall absolut nicht notwendig.« Dritter Akt Nach der Auseinandersetzung mit der Geschichte und der Musik wurden die Rollen besetzt. »Wichtig war uns, jedem Kind die passende Rolle zu geben, entsprechend seiner Persönlichkeit. Und auch die jüngeren Kinder wur- 34 den mit Tierrollen in das Stück miteingebunden«, erzählen die Kindergartenpädagoginnen. Danach wurde im Kostümfundus gewühlt. »Uns war wichtig, dieses Stück möglichst professionell zu inszenieren. Also haben wir die vorhandenen Kostüme umgearbeitet, zum Teil haben wir neue Kostüme genäht«, erzählt Wendlinger. Mit diesem Anspruch wurde auch das Bühnenbild angefertigt. »Die Kinder haben jeden einzelnen Schritt genau verfolgt und immer wieder nachgefragt, wie die neuen Kostüme und die Kulisse ausschauen werden.« Vierter Akt Um eine kindgerechte Form der Aufführung zu finden, hat sich Wendlinger nicht nur unzählige Aufführungen der Oper angesehen – sie hat zuerst die Geschichte gekürzt und dann danach ein eigenes Drehbuch verfasst. »Die Proben haben von allen Beteiligten natürlich viel Geduld abverlangt. Und genau das muss man Kindern gerade bei so einem Projekt auch zugestehen«, betont die Pädagogin. Fünfter Akt Film ab! Gedreht wurde an drei Vormittagen in kleinen Portionen. Die Kamera hat Wendlinger selbst geführt. »Filmen ist seit mehr als 20 Jahren mein Hobby, wobei das Drehbuch natürlich eine enorme Erleichterung war. So wusste jeder, was er wann zu tun hat, wann er mit welchem Kostüm die Bühne betreten muss.« Schneiden, fertigstellen, auf einen DVD brennen, fertig war der Film. Den Eltern wurde das Ergebnis im Rahmen eines Elternabends präsentiert. »Mit diesem Projekt ist es uns vor allem gelungen, das Interesse an klassischer Musik zu wecken, und bei manchen Kindern haben wir damit vielleicht auch einen wichtigen Grundstein für die Zukunft gelegt«, ziehen Marion Wendlinger und Margit Dokter Bilanz. ■ PRAXIS Die Kraft der Verbindung Das Kreativprojekt »Holz und Stein« im Heilpädagogischen und Gemeinde kindergarten Scheifling hat vor allem eines gezeigt: In der Kunst gibt es keine Unterschiede. Welche Eigenschaften hat Holz? Welche hat Stein? Wo finden sich die beiden Materialien in der Natur und Umgebung wieder? Wie lassen sich Holz und Stein verbinden? Wie arbeitet ein Steinmetz? Die richtige Aufgabe finden Mehr als 40 Kinder des Heilpädagogischen und Gemeindekindergartens Scheifling haben sich im Rahmen eines Kreativprojektes (2009/2010) mit den Elementen Holz und Stein beschäftigt – darunter auch zwölf Kinder mit einer Behinderung. »Um diesen Voraussetzungen gerecht zu werden, braucht es ein Konzept, das auf die verschiedenen Entwicklungsstufen, auf das Können, die Vorlieben und die Neigungen des Einzelnen Rücksicht nimmt. Nur wenn die Strukturen für den Einzelnen verändert und passende Zeitrahmen gefunden werden, profitiert tatsächlich jedes Kind von diesem Projekt. Ich muss mich als Pädagogin darauf einstellen, dass nicht jedes Kind von allem begeistert ist«, betont Beate Persil, die den Heilpädagogischen Kindergarten leitet. Gezeigt hat diese Initiative vor allem eines: »Behindert oder nicht behindert – im gemeinsamen Tun sind sie alle gleich.« Eingebunden wurden in dieses Projekt auch die Eltern. »Uns war es wichtig, dass sie den pädagogischen Wert des Projektes kennenlernen, dass sie sehen, wie sich Kinder die Umwelt über die eigenen Erfahrungen aneignen«, betont Persil. Arbeiten mit Atelier In einem zweiten Schritt haben die Kinder mit dem Künstlerehepaar Rudi und Angela Hirth gearbeitet, und sie an zehn Vormittagen in ihrem Atelier besucht. Dort haben die Kinder zuerst verschiedene Dinge wie Holzstücke, Weiden und Steine in unterschiedlichen Größen gesammelt. »Diese Materialien wurden dann auf sechseckigen Platten in Form von Mandalas miteinander in Verbindung. gebracht Zuerst flächig, dann dreidimensional. Anschließend haben die Kinder die Flächen dazwischen mit Farbe gefüllt«, beschreibt Persil die Arbeit im Atelier. Die Werkstücke wurden den Eltern präsentiert und teilweise im Kindergarten als Dekoration verwendet, wie zum Beispiel die von den Kindern gestalteten Ytong-Blöcke, die an der Gartenhütte befestigt wurden. Die sechseckigen Platten mit den Mandalas sollen an der Außenmauer des Kindergartens befestigt werden. Eine Fortsetzungsgeschichte Entstanden ist aus diesem Projekt schließlich die Idee, auch im Außenbereich des Kindergartens einen eigenen Kreativbereich zu schaffen. Geplant wurde dieser Bereich gemeinsam mit Rudi Hirth und Julia Tondarsky; die Errichtung dieses Areals sollen Handwerker, Väter und Großväter übernehmen. Geben soll es in diesem Bereich unter anderem einen Sandhügel, einen Steinofen, sämtliche Werkzeuge, die die Kinder brauchen, um verschiedene Materialien zu bearbeiten – ein Bereich, der für alle Kinder frei zugänglich sein soll. Stützen und Bestärken Greifen Erwachsene zu oft in diese Prozesse ein? »Ja«, antwortet Persil, »das habe ich auch bei diesem Projekt wieder einmal erkannt. Kinder lernen durch Versuch und Irrtum. Unser Auftrag ist es, die Kinder zu stützen und zu bestärken. Was müssen wir an uns verändern, damit die Kreativität der Kinder zum Tragen kommt, damit sie sich Eigenständigkeit und Selbstvertrauen erarbeiten können? Das sind die Fragen, die wir uns täglich stellen sollten.« ■ 35 PRAXIS Mit offenen Augen durch die Welt Messen, Türen entdecken, Sitzgelegenheiten suchen und eine eigene Stadt bauen. Im Pfarrkindergarten Kindberg war Architektur das Thema im Kindergartenjahr. Dienstag war Projekttag, Architektur war das Thema. Hinter diesem Projekt stand vor allem eine Frau, nämlich DI Margit Schwarz, Architektin aus Kindberg. »Sie hat uns auf die Idee gebracht und dann auch gemeinsam mit uns das pädagogische Konzept dafür erarbeitet. Unser Ziel war: die Aufmerksamkeit von Kindern gegenüber gebauten und gestalteten Mit-Welten zu fördern«, erzählt Helga Steinbrenner, Leiterin des Pfarrkindergartens Kindberg. Finanziert wurde das Projekt durch die Förderung im Rahmen des Wettbewerbes »RaumGestalten«. Dimensionen erkennen Die erste Aufgabe war, den eigenen Körper und die unmittelbare Umgebung zu vermessen, mit Maßbändern, mit einem Lineal, mit der eigenen Hand, mit allem, was sich dafür anbot. Der Abstand vom Ellenbogen bis zum Handknochen, der Fuß, die Wand, Türen, Spielzeug, Möbel. »Die Kinder sollten zuerst ein Gespür für Länge und Größen bekommen und die Maßeinheit Elle begreifen«, erzählt die Pädagogin. Entdecken und fühlen Danach haben sich die Kinder auf die Suche gemacht. Zuerst nach Türen im Kindergarten, dann nach verschiedenen Sitzgelegenheiten. Und auch Fühlen stand auf dem Programm. Wie fühlt es sich an, wenn man barfuß über einen Holzboden geht? Über einen Steinboden? Über einen Teppich? »Besonders viel Spaß hatten die Kinder dabei, alle Wege, die sie im Kindergarten zurücklegen, mit Klebebändern auszulegen«, erzählt Steinbrenner. Spannend war auch ein Ausflug in die Stadt auf der Suche nach »Hausgesichtern«. Hat ein Haus ein freundliches oder ein eher grimmiges Gesicht? 36 Selbst bauen Der nächste Schritt: Experimentieren mit Materialien aus der Natur. »Um den Kindern zu zeigen, dass alle Farben ihren Ursprung in der Natur haben, haben die Kinder versucht, mit zermahlenen Blättern, Löwenzahn, Blüten und Erde zu malen«, erklärt die Pädagogin. Dann durfte gebaut werden. Mit allem, was man dazu braucht – wie Holz, Zement und kleinen Ziegelsteinen. »Auf einer schiefen Ebene haben die Kinder mit diesen Materialien ein Haus-Relief für unseren Hausbewohner Otto errichtet, selbst gebohrt, gemauert, gesägt und gehämmert. Zum Schluss hatte das Haus einen Kamin, Sesseln, Tische, Bilder und sogar Blumen für den Balkon«, erzählt die Pädagogin. Als Abschluss sollten sich die Kinder dann selbst Häuser aus Karton bauen und gemeinsam eine Stadt konstruieren. Dazu standen Schachteln in allen Größen zur Verfügung. Eine Aufgabe, die die Kinder mit Begeisterung und Einsatz umgesetzt haben. »Es war schön zu sehen, dass die Planung der Stadt in einem richtig demokratischen Prozess erfolgte«, sagt Steinbrenner. Die Urkunde, die den jungen ArchitektInnen zum Schluss verliehen wurde, bildete den krönenden Abschluss dieses Projektes. Der Rückblick »Ich bemerke jetzt vor allem, dass dieses Projekt den Kindern die Augen für Dinge geöffnet hat, die sie nicht wahrnehmen, obwohl sie zu ihrem Alltag gehören«, erklärt die Pädagogin. Gelernt hat aber auch sie selbst: »Wichtig ist, dass sich Erwachsene noch mehr zurücknehmen und den Kindern tatsächlich jenes Maß an Freiheit geben, die sie brauchen, um die eigene Kreativität zu entdecken ■ und zu entwickeln.« PRAXIS Kunst macht keine Unterschiede In der Kunst gibt es kein Richtig und kein Falsch. Der städtische Kindergarten Dornschneidergasse in Graz hat Kinder mit einem Meister Kunst schaffen lassen. Wenn der Künstler und Kunstpädagoge Professor Manfred Gollowitsch den Kindergarten in der Dornschneidergasse des Magistrates Graz betritt, gibt es immer Kinder, die jubeln. Der Mann ist dort längst kein Unbekannter mehr. Zwei Mal hat Gollowitsch in dieser Einrichtung ein Kunstprojekt gemacht. Kunst kann mehr Sie schafft eine gemeinsame Sprache. »Das ist aus meiner Sicht eines der wichtigsten Ergebnisse dieses Projektes, gerade in unserer Einrichtung. Denn in unserer Gruppe sind von den insgesamt 16 Kindern fünf Integrationskinder. Zehn Kinder davon haben außerdem einen Migrationshintergrund«, betont die Kindergartenpädagogin Silvia Brugger, »Wir haben einige Kinder mit Migrationshintergrund, die noch Probleme mit der deutschen Sprache haben. Aber auch sie haben verstanden, um was es geht. Uns Pädagoginnen hat es gezeigt, dass das Verstehen auch auf anderen Ebenen funktioniert!« Die Auseinandersetzung mit verschiedenen Materialien stand am Anfang des Projektes. Wie werden die drei Grundfarben Rot, Gelb und Blau so gemischt, dass daraus eine andere Farbe entsteht? Wie wird Ton geformt? »Dazu haben die Kinder zuerst einen so genannten Handschmeichler geformt, eine Tonrolle, in die sie ihre Finger drückten und die wir dann gebrannt haben«, erzählt Brugger. In einem nächsten Schritt wurde dann über das Thema diskutiert – das Tier. Was hat das Tier? Einen Kopf, Beine, einen Körper, einen Schwanz … »Der Auftrag an die Kinder war, ein Fantasietier zu malen, kein bestimmtes Tier, sondern ein besonderes Tier, das keinen Namen hat«, so die Kindergartenpädagogin. Die Aufgabe der Pädagoginnen war es, die Kinder zu unterstützen, dem einen oder anderen seine Hemmung zu nehmen und es zum ersten Pinselstrich zu motivieren. Kunst macht andere Seiten sichtbar Die Ergebnisse? »Haben uns in vielen Fällen erstaunt«, antwortet Brugger. »Wir waren überzeugt, dass es Kinder geben wird, die diese Aufgabe nicht bewältigen werden können. Doch so war es nicht. Stattdessen haben wir an einigen Kindern ganz neue Seiten entdeckt. Wir waren überrascht, mit wie viel Ausdauer, Konzentrationsfähigkeit und Fantasie die Kinder an die Arbeit herangegangen sind.« In der Kunst gibt es kein Richtig und kein Falsch. Der Kopffüßler ist ebenso wertvoll wie eine Hand mit fünf Fingern. »Wenn es gelingt, Kindern genau das zu vermitteln, sind Kunstprojekte pädagogisch ungemein wertvoll und ein Gewinn für alle,« betont Brugger. Der Wert der Ausstellung Um die Kunstwerke in einem entsprechenden Rahmen zu präsentieren, wurde als Abschluss eine Vernissage organisiert, zu der alle Eltern eingeladen wurden »Dazu haben wir alle Bilder in einen Kartonrahmen gesteckt, richtig beschriftet und mit Wasserwaage und dem richtigen Abstand aufgehängt. Es gab offizielle Einladungen, eine Ansprache und natürlich Brötchen«, erklärt Brugger. Dieser professionelle Rahmen sei ebenso wichtig wie das Projekt selbst, ist die Pädagogin überzeugt. »Damit wird den Kindern Wertschätzung entgegengebracht, und die ist im Umgang mit ihren Kunstwerken ganz besonders wichtig.« ■ 37 PRAXIS Ein kreatives Netz der Verbindung Kunst im öffentlichen Raum. Diesen Schritt hat der Pfarrkindergarten Heiligenkreuz am Waasen gemeinsam mit den Schulen im Ort gewagt. Die Bildungspartnerschaft zwischen Kindergarten, Volksschule, Haupt- und Realschule war der Ausgangspunkt für dieses Projekt. »Der Austausch der PädagogInnen ist seit Jahren schon ein wichtiger Bestandteil unserer Bildungsarbeit, und den LeiterInnen dieser Einrichtungen war es immer schon wichtig, diese Verbindung auch sichtbar zu machen«, erzählt Rosemarie Geiger-Essert, leitende Pädagogin im Pfarrkindergarten Heiligenkreuz am Waasen. die mit allen Sinnen erarbeitet wurde. »Wir haben dazu auch mit Spiegeln gearbeitet und die Kinder aus verschiedenen Materialien Selbstportraits anfertigen lassen«, erzählt Geiger-Essert. Die einzelnen Kinderzeichnungen zu einem Bildnis zusammenzustellen war dann die Aufgabe von Manfred Gollowitsch, der die Arbeiten der Kinder auf insgesamt sechs Tafeln übertragen hat, die dann von den Kindern ausgemalt wurden. Diese Entwürfe dienten als Vorlage für die großflächigen Arbeiten auf der Fassade und auf der Schulmauer. Gestaltet wurden auf diese Weise auch Glasplatten, die in einen neuen Balkon am Kindergarten und in einen Stiegenabgang zum Garten integriert wurden. Ausdruck der Wertschätzung Das Vorhaben der Gemeinde, den Marktplatz und die gesamten Ortsdurchfahrten zu gestalten, kam gelegen. Die Fassade des Kindergartens und die Mauer entlang der Schulstraße boten sich als perfekter Ort für dieses Vorhaben an. Ebenso wie der Künstler und Kunstpädagoge Professor Manfred Gollowitsch, der dieses Projekt in allen drei Einrichtungen begleitete und betreute. Begeistert mitgetragen wurde die Idee auch von der Gemeinde, die das Projekt, das 2009 startete, schließlich auch finanziert hat. Und auch die Eltern waren von Beginn an in diese Initiative eingebunden. Auf der Suche nach dem Ich 38 »Im Kindergarten haben wir dieses Kunstprojekt unter das Thema »Das kleine Ich bin ich« gestellt und mit dieser Geschichte den Kindern die Einzigartigkeit jedes einzelnen Wesens bewusst gemacht«, erzählt die Pädagogin. Im Mittelpunkt stand die Selbstwahrnehmung, Geschichte ist damit nicht nur eine graue Mauer. Im Rahmen dieses Projektes haben alle Kinder, die derzeit diese Einrichtungen besuchen, die Möglichkeit erhalten, ihre ganz persönliche Handschrift zu hinterlassen. »Jedes Werk, auch das unserer Krippenkinder, wurde in diese Bildvorlagen integriert. Auf diese Art haben die Kinder Wertschätzung erfahren, die unglaublich wichtig für ihr Selbstbewusstsein ist. Schön war zu sehen, dass in dieser Zusammenarbeit zwischen Künstler, Kindern, PädagogInnen, Eltern und GemeindevertreterInnen auch das soziale Miteinander gefördert wurde, denn alle TeilnehmerInnen waren gleichwertig und wurden in den kreativen Prozess eingebunden«, freut sich GeigerEssert über den Erfolg dieser Initiative. Mit Plan und Zeit Was braucht es, um ein Projekt in dieser Größenordnung umzusetzen? »Mut«, antwortet die Kindergartenpädagogin, »und professionelle Betreuung, wie wir sie mit Professor Gollowitsch erhalten haben.« Ein wichtiger Faktor sind auch Zeit und eine konkrete Planung. Um das Projekt auf die Beine zu stellen, haben sich die drei Bildungseinrichtungen ein Jahr Zeit gegeben. Die Wertschätzung und die vielen positiven Reaktionen der GemeindebewohnerInnen, die den Kindern für ihre Arbeit entgegengebracht wurden, stärken nicht nur ihr Selbstbewusstsein. »Sie schließen auch den Kreis zur Geschichte des kleinen ›Ich bin ich‹«, so die Pädagogin. ■ PRAXIS Malen mit der Fliegenklatsche Neue Techniken, neues Wissen: Die Kunst und die Techniken moderner Künstler standen im Mittelpunkt eines Projektes im städtischen SchülerInnenhort Am Damm in Graz. 93 Kinder zwischen 6 und 15 Jahren, 87 Prozent davon haben einen Migrationshintergrund. »Natürlich gibt es auch Kinder, die die deutsche Sprache noch nicht so gut beherrschen. Daher hat in unserer Einrichtung die Kreativität einen besonders hohen Stellenwert. Denn in diesem Bereich braucht es nicht viele Worte und lange Erklärungen. Das Tun alleine reicht, um zu verstehen«, erzählt Waltraud Möstl, Leiterin dieser Einrichtung. Seit vier Jahren gibt es im städtischen Hort am Damm einen eigenen Kreativraum, der nach der Lernstunde frei zugänglich ist. Dort finden Kinder alles, was sie zum Basteln oder Malen brauchen – Scheren, Papier, Farben, Pinsel, aber auch Joghurtbecher, Papprollen, Bambus, Dosen oder Seidenpapier. Das Konzept: »Die Kinder besprechen zuerst mit der Pädagogin ihre Idee und suchen sich dann das Material zusammen. Unser Ansatz ist, die Kinder möglichst frei arbeiten zu lassen und sie zu unterstützen, wenn sie unsere Hilfe brauchen«, erklärt die Pädagogin. Theorie & Praxis Zwischendurch wird aber auch zu ganz konkreten Themen gearbeitet. Wie im vergangenen Schuljahr zum Beispiel. »Malen wie die Modernen« war der Titel eines Kunstprojektes, das sich mit Künstlern wie Jackson Pollok, Max Ernst, Joan Miró, Niki de Saint Phalle und Christopher Wool auseinandersetzte. Erster Schritt: Ein Besuch in der Stadtbibliothek, wo die Kinder an Hand der Literatur insgesamt zwölf KünstlerInnen ausgesucht haben. »Um den Kindern das Schaffen dieser KünstlerInnen näher zu bringen, haben wir uns zuerst mit ihrem Leben und ihrem Schaffen auseinandergesetzt und dann auch versucht, die Techniken anzuwenden«, sagt Möstl. Malen mit Seifenblasen, mit Fliegenklatschen, laufenden Farben, Pointillismus, Bürste und Besen und Tröpfeltechnik. Entstanden sind Bilder und Skulpturen, die bis heute Wände und Stiegenaufgänge des Hortes schmücken. Einige davon wurden bei einer Ausstellung im Jugendamt präsentiert. Stärken zeigen Kunst kann mehr als nur Kunstwerke schaffen. »Die Kreativität ist auch ein wunderbares Werkzeug, um Kindern Geschichten näher zu bringen. Damit lassen sich Inhalte leichter verständlich machen und auch vertiefen«, erzählt Möstl. Und: Allein das Tun macht ausgeglichener, wie die Pädagogin immer wieder feststellt: »Gerade bei aggressiveren Kindern sehen wir immer wieder, dass sie viel ruhiger werden, sobald sie im Kreativraum arbeiten. Sich gegenseitig helfen ist an diesem Ort viel selbstverständlicher als anderswo.« Und natürlich ist das Schaffen von Kunstwerken gerade für Kinder mit Schwächen ein wichtiges Instrument. »Sie können damit ihre Stärken zeigen, sich Respekt und Wertschätzung holen«, so die Pädagogin. ■ 39 LITERATUR Buchtipps Bildung in der Kindheit. Das Handbuch zum Lernen in Kindergarten und Grundschule. Duncker, L.; Lieber, G.; Neuss, N.; Uhlig, B.(Hrsg.). Seelze, Kallmeyer i. V. m. Klett, Friedrich Verlag 2009 Verschiedene internationale Vergleichsstudien haben gezeigt, dass die frühkindliche Bildung verstärkte Beachtung und Förderung verdient. Leider mangelt es trotz guter Ansätze noch an den Strukturen in Ausbildung und Praxis, um für Kinder gute Voraussetzungen auch für die spätere schulische Laufbahn zu schaffen. Verschaffen Sie sich mit diesem Handbuch einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion. Im Vordergrund steht die Frage nach dem Verständnis von Kindheit und kindlichem Lernen. Dabei legen die Autoren ein Bildungsverständnis zugrunde, das vom Kind ausgeht und Kinder als Akteure ihrer Entwicklung versteht. Sie spüren den kindlichen Interessen und Vorlieben nach und interpretieren diese in Hinblick auf das oft selbstgeleitete Lernen der Kinder. Bildungsjournal Frühe Kindheit: Kreativität und Spielen. Braun, D.(Hrsg.). Berlin, Cornelsen Verlag Skriptor Februar 2010 Kreativität ist eine Basiskompetenz für die Bewältigung des Alltags, denn im Kern beinhaltet sie die Fähigkeit, Probleme zu lösen. Schöpferische Produktivität jedoch setzt Wahrnehmungsfähigkeit voraus, die sich im pädagogischen Alltag auf vielfältige Weise fördern lässt. Überraschende Projektideen, wie Spiel im Schnee, Bauen mit Lehm oder ein Pampers-Projekt für die ganz Kleinen, geben in diesem Bildungsjournal der kindlichen Fantasie und Vorstellungskraft Raum für vielgestaltige kreative Leistungen. Bildungssjournal Frühe Kindheit: Kunst und Ästhetik. Winderlich, K. (Hrsg.). Berlin Cornelsen Verlag Skriptor September 2010 Um ästhetische Bildungsprozesse bei Kindern in Gang zu setzen, zählt ein genaues Beobachten ihrer Wahrnehmung der Welt. Denn die Anlässe für spielerische und ästhetische Erfahrungen sind vielfältig und allgegenwärtig. Greifen Sie die Interessen der Kinder aktiv auf und unterstützen Sie sie beim Ausprobieren zeitgenössischer künstlerischer Arbeitsweisen. Im Umgang mit Material, Raum und Bild finden sich zahllose Chancen, Identität spielerisch zu erkunden und auszubilden. Handbuch der Kreativitätsförderung: Kunst und Gestalten in der Arbeit mit Kindern. Braun, D. (Hrsg). Freiburg, Herder 2007 Das bewährte Standardwerk in neuer Überarbeitung. Kindliche Kreativität zu stärken und zu fördern ist für eine erfolgreiche Bildungsarbeit im Kindergarten unverzichtbar. Die Autorin führt in die Grundzüge der Kreativitätsforschung ein, verdeutlicht die Bedeutung der Kreativitätsförderung in der Elementarpädagogik und beschreibt, wie Erwachsene die kindliche Kreativität als eine der wichtigsten Lebenskompetenzen stärken können. Ein Praxisteil bietet vielfältige Anregungen für die Arbeit mit Kindern. Vielfach verkauft und anerkannt, bietet dieses Buch alle Grundlagen, um kindliche Kreativität als Lebenskompetenz zu fördern. 40 LITERATUR Rhythmisch-musikalische Erziehung. Bewegung erklingt – Musik bewegt – mit Musik-CD. Birgitta Stummer. Wien, Manz Verlag 2006 Das Buch »Rhythmisch-musikalische Erziehung greift die vielfältigen Möglichkeiten der Rhythmik auf. Es dient Pädagoginnen und Pädagogen als Basis- und Nachschlagewerk für rhythmisch-musikalische Erziehung, gibt Anleitung und Planung von RhythmikEinheiten, vermittelt in vier Abschnitten Grundlagen, Ziele sowie Mittel der Rhythmik und diskutiert Spannungsfelder. Dem Leitgedanken »Bewegt erklingt – Musik bewegt« folgend werden zahlreiche Spielvorschläge mit Klanggeschichten, Reimen, Liedern und Tänzen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene angeboten. www.rhythmikbuch.at Alles, was klingt. Elementares Musizieren im Kindergarten. Widmer, M. Freiburg, Herder 1998 Das Spiel mit Klängen fasziniert jedes Kind. Trotzdem kommt das eigene Musizieren im Kindergarten oft zu kurz. In ihrem Buch zeigt Manuela Widmer, wie gerade OrffInstrumente geeignet sind, Kindergartenkinder spielerisch an Musik heranzuführen. Anschaulich werden ErzieherInnen und Eltern in die Geschichte und Entwicklung der Orff-Instrumente und die leicht zu vermittelnde Zauberwelt der Klänge eingeführt. Der praktische Teil bietet eine Fülle von phantasievollen Spielideen rund um alles, was klingt – sei es mit Händen, Füßen oder Joghurtbechern. Detaillierte Anleitungen ermöglichen auch Kindern, einfache Instrumente zu bauen. Ein unterhaltsames und informatives Buch, das die Welt der Orff-Instrumente zum Leben erweckt und Lust auf gemeinsames Musizieren im Kindergarten macht. Kreative Kinder. Das Praxisbuch für Eltern und Pädagogen – Herausgegeben und bearbeitet von Marielle Seitz. München, Kösel Verlag 2009 Jedes Kind ist ein kleiner Künstler. Kinder möchten sich nicht nur in Worten, sondern auch in Bildern ausdrücken. In den Zeichnungen dokumentiert sich ihre wachsende Wahrnehmung der Welt. Rudolf Seitz verdeutlicht in diesem umfassenden Praxisbuch die einzelnen Entwicklungsphasen der Kinderzeichnung und zeigt, wie wichtig es ist, die Kreativität der Kinder zu fördern und wie Kreativität die Persönlichkeitsentwicklung fördert. Mit vielen Anregungen für den pädagogischen Alltag. Das Lebenswerk eines Verfechters der kindlichen Kreativität. Handlexikon der Reggiopädagogik. Lingenauber, S.(Hrsg.). Bochum, Projekt Verlag 2004 Das unter Leitung von Prof. Dr. Sabine Lingenauber erarbeitete Handlexikon erschließt in 23 Artikeln die Reggio-Pädagogik, ein Ansatz, dessen Bedeutung in den letzten Jahren weltweit zugenommen hat. Die von namhaften Autorinnen und Autoren verfassten Beiträge enthalten grundlegende und praxisbezogene Informationen zu den aktuellen und historischen Aspekten des jeweiligen Stichwortes. Kompetent und in großer Theorie-Praxis-Ausgewogenheit bereitet das Handlexikon gut verständlich ein umfassendes Wissen auf. Das Buch berücksichtigt die Rezeption der Reggio-Pädagogik in der Bundesrepublik Deutschland und erleichtert durch zahlreiche Verweise auf andere Stichworte eine vertiefende Auseinandersetzung. Weiterführende Literaturhinweise und die Übersetzung zentraler Textstellen aus der italienischen Primärliteratur machen das Buch zu einem unersetzlichen Nachschlagewerk. Eine Auswahl von Büchern zum Thema – in der Mediathek der Fortbildungsstelle entlehnbar Zahlreiche Fach- und Bilderbücher stehen in der Mediathek/Fortbildungsstelle, Stempfergasse 1/2, 8010 Graz für das Personal der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen zur Verfügung. Nähere Informationen erhalten Sie in der Mediathek bei Barbara Zechner unter der Telefonnummer: 0316/877-5487 oder per E-Mail: [email protected] 41 LITERATUR Quellenverzeichnis und Literatur Seiten 6–7: »Dem Eindruck einen Ausdruck geben« von Prof.in Dr.in Cornelia Wustmann Becker-Textor, I.: Kreativität im Kindergarten. Anleitung zur kindgemäßen Intelligenzförderung im Kindergarten. Freiburg, Herder 2001 Hümpel-Lutz, Ch.: Elementarästhetisches Lernen im Unterricht der Grundschule. Entwicklung und Evaluation eines medienintegrierenden Unterrichtskonzepts. Bad Heilbrunn, Klinkhardt 2006 Krenz, A.: Kinder spielen sich ins Leben. Zum Zusammenhang von Spiel- und Schulfähigkeit. In: WWD 2001, Ausgabe 75, S. 8–9 Lingenauber, S.: Handlexikon der Reggio-Pädagogik. Bochum, Projekt Verlag 2004 Reggio Children [Hrsg.]: Hundert Sprachen hat das Kind. Das Mögliche erzählen. Kinderprojekte der städtischen Krippen und Kindergärten von Reggio-Emilia. Neuwied-Berlin, Luchterhand 2002 Reggio Children [Hrsg.]: Alles hat einen Schatten, außer den Ameisen. Wie Kinder im Kindergarten lernen. Weinheim, Beltz 2002 Schäfer, G. E.: Bildung beginnt mit der Geburt. Förderung von Bildungsprozessen in den ersten sechs Lebensjahren. Weinheim, Beltz 2003 Schäfer, G. E.: Vielfalt der Bildung – Vom konkreten zum symbolischen Denken. I: Neue Perspektiven der Bildungsarbeit im Elementarbereich. Lebensort Kindertageseinrichtung: Bilden – Erziehen – Fördern. Dokumentation des 7. Workshops am 25. Juni 2004 in Dortmund. S. 11–16. Schäfer, G. E.: Beobachten und Dokumentation in der Praxis. Arbeitshilfen zur professionellen Bildungsarbeit in Kindertageseinrichtungen. Kronach: Link DKV 2006 Seiten 8–9: »Der Reiz der Dinge« von Mag.a Birgit Parz 42 Duncker L.; Lieber G.; Neuss N.; Uhlig B. [Hrsg.]: Bildung in der Kindheit. Das Handbuch zum Lernen in Kindergarten und Grundschule. Seelze: Kallmeyer in Verbindung mit Klett, Friedrich Verlag GmbH 2009 Kathke P.: Vom Reiz des Unfertigen und Wert des Wertlosen. In: TPS – Theorie und Praxis der Sozialpädagogik. Leben, Lernen und Arbeiten in der Kita. Ausgabe 5/2007, S. 10–19. Hoffmann H.: In: Bildung in der Kindheit. Das Handbuch zum Lernen in Kindergarten und Grundschule. Friedrich Verlag 2010, S. 121–125 BDK e. V. Fachverband für Kunstpädagogik – AG Grundschule [Hrsg.]: Frühkindliche ästhetische Bildung. Eine Denkschrift. Hannover, 2009 Charlotte Bühler Institut: Bundesländerübergreifender BildungsRahmenPlan für elementare Bildungseichrichtungen in Österreich. Wien 2009 Schäfer G. E.: Thesen frühkindlicher Bildung. In: Klein und Gross. Ausgabe 9/2001, S. 6–11 Seiten 10–11: »Stören wir diese Kreise nicht« von Dr.in Luise Hollerer Baake D.: Die 6- bis 12-jährigen. Einführung in die Pro bleme des Kindesalters. Weinheim/Basel, Beltz 1999 Eichelberger H.: Zukunft Reformpädagogik. Innsbruck, Studienverlag 2007 Krampen G.: Diagnostik der Kreativität. In: Trost, G.; Ingenkamp, K. & Jäger, R. S.: Tests und Trends 10. Weinheim/Basel, Beltz 1993 Krebs, M.: Kreativität & Phantasie – Dimensionen der Entwicklung. 2010. http://www.opp.udk-berlin.de/opp/ uploads/d/d0/Entwicklung.pdf Oerter, R.; Montada, L.: Entwicklungspsychologie. Weinheim, Beltz PVU 2006 Siegler, R. S.; DeLoache, J. S.; Eisenberg, N. In: Pauen, S. [Hrsg.]: Entwicklungspsychologie im Kindesund Jugendalter. Heidelberg, Spektrum Akademischer Verlag 2005 Seiten 12–13: »Kreativität – wenn ja, welche?« von Prof. Gustav Zankl Csikszentmihalyi, M.: Kreativität. Wie Sie das Unmögliche schaffen und Ihre Grenzen überwinden. Stuttgart, Klett-Cotta 1996 Cohen, D.: Lexikon der Psychologie. Namen, Daten, Begriffe. Weyarn, Verlag Seehamer 2000 Seiten 14–15: »Die Natur als ästhetisches Paradies« von Manfred Faist Faist, M.: LandArt – Landschaft als Material und Ort der Kunst. Diplomarbeit 2003 Güthler, A.; Lacher, K.: Naturwerkstatt LandArt. Baden/ München, AT Verlag 2007 Brohl, Ch.: Ästhetische Erfahrungen in der Landschaft. In: Kunst + Unterricht. 1997 LITERATUR Goldsworthy, A.: Holz. Frankfurt am Main, Verlag 2001 1996 Liessmann, K. P.: Philosophie der modernen Kunst – eine Einführung. Wien, WUV 1999 Seite 19: »Erlebniswelt Museum« von Angelika Alexandra Kupfer Schmidt, M., Wunderli, M.: Museum experimentell. Wochenschau-Verlag 2008 (Seite 27–28 – Fußnote 5+6, Seite 11 – Fußnote 7+8, Seite 8 – Fußnote 9+10) Schreiber, U.: Ein Museum für Kinder und Jugendliche. Münster, LKD-Verlag 1996 (Seite 11 Fußnote 3+4) Deutscher Museumsbund [Hrsg.]: Standards für Museen. Berlin, MK-Druck 2006 Seiten 26–27: »Musik für alle« von Mag.a Shirley Salmon Buber, M.: Reden über Erziehung. Gerlingen, Lampert Schneider 1998 Feuser, G.: Thesen zu: »Gemeinsame Erziehung, Bildung und Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder und Jugendlicher in Kindergarten und Schule (Integration), 2000; Im Internet: http://bidok.uibk.ac.at/ libary/feuser-thesen.html Haselbach, B.: Das Phänomen des Ausdrucks in der Ästhetischen Erziehung. In: Orff-Schulwerk Informationen Nr. 70., Salzburg 2003, S. 66–72 Jungmair, U.: Das Elementare. Zur Musik- und Bewegungserziehung im Sinne Carl Orffs. Mainz, Schrott 1992 Keller, W.: Ziele und Aufgaben des Instituts für Musikalische Sozial- und Heilpädagogik. 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Hamburg, Verlag Friedrich Oetinger GmbH 1994 Janisch, H., Wolfsgruber, L.: Wie war das am Anfang. Wien, Dom Verlag 2009 Jörg S.: Der Ernst des Lebens. Stuttgart, Thienemann Verlag GmbH 2003 Pauli, L.: Mutig, mutig. Zürich, Atlantis Verlag 2006 Seidl, M.: Vorlesesituationen mit mehrsprachigen Kindern. In: Jampert, K.; Zehenbauer, A.; Best, P. [Hrsg.]: KinderSprache stärken! Weimar/ Berlin, Verlag das Netz 2009 43 STATISTIK Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen in der Steiermark Betriebsjahr 2009/2010, Stand: 20. April 2010 200 10.000 100 5.000 0 0 Horte: 2.587 15.000 Kinderhäuser: 387 300 Alterserweiterte Gruppen: 2.235 20.000 Horte: 60 400 Kinderhäuser: 12 25.000 Alterserweiterte Gruppen: 113 500 Kindergärten (ohne IZB)*: 582 30.000 Kinderkrippen: 98 600 Kindergärten (ohne IZB)*: 25.942 Anzahl der Kinder Summe: 32.698 Kinderkrippen: 1.547 Anzahl der Einrichtungen Summe: 865 *Zusätzlich werden in 19 Heilpädagogischen Kindergärten 104 IZB-Gruppen geführt. Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungsgruppen inklusive IZB-Gruppen: 1.726 Personal in den Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen Betriebsjahr 2009/2010, Stand: 20. April 2010 Horte: 162 Kinderhäuser: 56 Alterserweiterte Gruppen: 180 Kindergärten (ohne IZB)*: 1.517 2.000 1.800 1.600 1.200 1.000 800 600 400 200 0 Kinderkrippen: 350 Horte: 192 KinderbetreuerInnen inkl. AssistentInnen Summe: 2.265 Kinderhäuser: 36 Alterserweiterte Gruppen: 181 Kindergärten (ohne IZB)*: 1.933 2.000 1.800 1.600 1.200 1.000 800 600 400 200 0 Kinderkrippen: 261 Pädagogisches Fachpersonal Summe: 2.603 Personal gesamt: 6.045 44 Tagesmütter/-väter: Steiermarkweit werden 3.393 Kinder von 712 Tagesmüttern/-vätern betreut. Impressum KiSte 10: Eigentümer und Herausgeber: Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 6E – Kinderbildungs und -betreuungsreferat Für den Inhalt verantwortlich: Mag. Franz Schober Redaktionsteam: Dr.in Ingeborg Schmuck, Mag.a Birgit Parz, Katica Brčina, MAS Gestaltung und Layout: Werbeagentur RoRo + Zec Hugo-Schuchardt-Straße 7 8010 Graz www.roro-zec.at Druck: Medienfabrik Graz Fotos: KK: Titelfoto; Pichler: Seite 5, 6; Kober-Murg: Seite 4, 7, 9, 12, 19, 23–26, 28; Faist: Seite 14–15; Seyrl: Seite 16–17; Angerer: Seite 18; KK : Seite 20; Stummer: Seite 22; Hort Am Damm, Graz: Seite 30, 39; Kinderkrippe Förderzentrum, Graz: Seite 31; Kindergarten Thörl: Seite 32; Kindergarten Kocher, Graz: Seite 33; Kindergarten St.Oswald ob Plankenwarth: Seite 34; Heilpädagogischer Kindergarten Scheifling: Seite 35; Pfarrkindergarten Kindberg: Seite 36, 21; Kindergarten Dornschneidergasse, Graz: Seite 37; Pfarrkindergarten Heiligenkreuz am Waasen: Seite 38; Die in den Beiträgen angeführte Berufsbezeichnung KindergartenpädagogIn gilt auch für ErzieherInnen in Horten und SonderkindergartenpädagogInnen KiSte 10 www.kinderbetreuung.steiermark.at