Kiste 2007 - Verwaltung

Transcription

Kiste 2007 - Verwaltung
Kiste 07
Was heißt hier Bildung?
Bildungspläne in Kinderbetreuungseinrichtungen
Kinderbetreuungsreferat – Fachabteilung 6B
www.kinderbetreuung.steiermark.at
Die Kinderbetreuung
in der Steiermark
Ausgabe 2007
Die Kiste
xxxxxxx
Vorwort
Zum Geleit
Der Landtag Steiermark hat im Frühjahr 2007 für den
Kinderbetreuungsbereich eine wichtige Gesetzesnovelle
verabschiedet. Aus dem bisherigen Kinderbetreuungsgesetz wurde das Steiermärkische Kinderbildungs- und
-betreuungsgesetz. Damit wurde jenem Verständnis
Rechnung getragen, das in den steirischen Kinderbetreuungseinrichtungen schon lange gelebt wird, nämlich Kinder nicht nur zu betreuen, sondern auch durch
eine altersgerechte Bildungsarbeit die Entwicklung der
Gesamtpersönlichkeit der Kinder zu fördern. Welch hohen Stellenwert die vorschulische Bildung hat, zeigt die
aktuelle Diskussion über die geplante Einführung eines
verpflichtenden Vorschuljahres. Optimale Bildungsarbeit
setzt die Beistellung entsprechender Sach- und Personalressourcen sowie eine den geänderten Anforderungen
entsprechende Aus- und Fortbildung des Kinderbetreuungspersonals voraus. Nur unter diesen Bedingungen
kann Qualität für die Kinder im Spannungsfeld zwischen
Bildung und Betreuung gesichert werden.
Die Fachabteilung 6B des Amtes der Steiermärkischen
Landesregierung ist bemüht, den steirischen KindergartenpädagogInnen, HorterzieherInnen, KinderbetreuerInnen und Tagesmüttern/Tagesvätern bei ihrer wertvollen
pädagogischen Arbeit bestmögliche Hilfestellung zu geben. Neben dem umfangreichen Seminarangebot der
Fortbildungsstelle, der kontinuierlichen pädagogischen
Fachberatung hat sich die »KISTE« – sie erscheint heuer
bereits zum 5. Mal – zu einem nicht mehr wegzudenkenden Bildungsvermittler entwickelt. Die Zeitschrift ist eine
Plattform für alle, die im Kinderbetreuungsbereich aktiv
mitgestalten wollen. Sie setzt Initiativen für künftige
Entwicklungen.
Herzlichen Dank an all jene, die beim Entstehen der
­KISTE 07 mitgewirkt haben. Möge die Zeitschrift dazu
beitragen, dass die in der Steiermark geleistete planvolle
Bildungsarbeit zu noch mehr Bildung mit Plan wird.
Planen wir gemeinsam, wie wir Bildung qualitätsvoll und
erfolgreich den wertvollsten Mitgliedern unserer Gesellschaft vermitteln können: unseren Kindern.
Die fünfte Ausgabe der Fachzeitschrift »KISTE« widmet
sich einem hochaktuellen Thema. Das Thema Bildung
wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet,
wobei der elementaren, oft kontrovers diskutierten Bildungsarbeit ein besonderer Schwerpunkt gewidmet wird.
Nachdem der Begriff Bildung immer auch sprachlich,
kulturell und historisch beeinflusst ist, stellt die Umsetzung der vorschulischen Bildung, Erziehung und Betreuung eine verantwortungsvolle Herausforderung dar.
Bildung beginnt mit der Geburt. In den ersten Lebensjahren werden Basiskompetenzen erworben, auf die weitere
Bildungsprozesse aufbauen. Daher kommt dem frühen
Lernen in der Familie eine enorm wichtige Bedeutung
zu. Weiterführend haben Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen als familienergänzende Institutionen
den Auftrag, allen Kindern rechtzeitig bestmögliche Bildungserfahrungen und -chancen zu bieten. Dieser bildungspolitische Zugang wurde schon im Oktober 2005
durch die Übernahme der Kinderbetreuung in das Bildungsressort bestätigt. Auch die Gesetzesnovelle zum
Steiermärkischen Kinderbetreuungsgesetz betont nun
den Bildungsaspekt auch im Titel des Gesetzes.
»Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile« (Aristoteles), daher werden sich in der Praxis trotz gesetzlicher
Grundlagen und zukünftiger Rahmenpläne täglich neue
Herausforderungen ergeben. Fragestellungen, welche
sich aus der täglichen Arbeit entwickeln, und die Formulierung der adäquaten Antworten auf diese Fragen
sichern letztlich die Weiterentwicklung der Bildungsqualität.
In diesem Sinne bedanke ich mich bei allen Gast­
autorInnen und den MitarbeiterInnen der FA6B für die inhaltliche und redaktionelle Arbeit. Die Inhalte werden die
Diskussion rund um die frühkindliche Bildung anregen
und bereichern. Allen Kindergarten-/HortpädagogInnen
und KinderbetreuerInnen danke ich für die engagierte
und professionelle Bildungs- und Betreuungsarbeit und
den Erhaltern für die aktive Mitwirkung an der Gestaltung
der steirischen Kinderbetreuungslandschaft.
Die Kiste
Dr.in Bettina Vollath
Landesrätin für Jugend, Frauen,
Familie und Bildung
Dr. Albert Eigner
Leiter der Fachabteilung 6B
Die Kiste
Fachabteilung 6B – Kinderbetreuungsreferat
Stempfergasse 4, 8010 Graz, Tel.: 0316/877-0, Fax: 0316/877-4364, E-Mail: [email protected]
Funktion
Politische Referentin:
Leiter der Fachabteilung:
Leiter des Kinderbetreuungsreferates:
Bau- und Personalförderung:
Beihilfen:
Fachberatung:
Fortbildung:
Name
Landesrätin Dr.in Bettina Vollath
Hofrat Dr. Albert Eigner
Elisabeth Janek
Daniela Gomboc
Mag. Franz Schober
Mag.a Regine Draschbacher
Renate Kager
Sabine Fischer
Elfriede Fiedler
Maria Dirry
Klara Seper
Sandra Ully
Erich Marko
Monika Schwarzbauer
Susanne Rainer
Waltraud Jörgler
Ursula Wolf
Peter Wolf
Martina Fritscher
Mag.a Martina Grötschnig, MC
Helene Auer
Ilse Freiberger
Sonja Gaberz
Irmgard Kober-Murg
Claudia Kollmann
Denise Huber
Dr.in Ingeborg Schmuck
Karin Fahrengruber
Helga Harb
Barbara Zechner
Inhaltsverzeichnis
E-Mail
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Nebenstelle
2500
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2099
2100
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3684
2696
3673
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2102
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4643
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5902
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3639
3680
3682
3683
5487
Inhalt
Fachabteilung 6B – Kinderbetreuungsreferat............. Seite 2
Wolfgang Liegle
Anfang gut – alles gut?
Frühkindliches Lernen zwischen PISA-Fieber und Bildungswahn. ......... Seite
27
Mag. Franz Schober
Bildung nach Plan ?................................................. Seite 4
Mag.a Birgit Lacheiner
Landesrätin Dr.in Bettina Vollath
Geschlechtssensible Pädagogik in der außerschulischen Betreuung...... Seite
Ein Bildungssystem, das reagieren kann.................... Seite 5
Rollen ohne Klischees
30
Mag.a Beate Wagner
Pädagogik der Vielfalt und Individualität
FACHBERATUNG – Fortbildung
Bildung betrifft uns alle !......................................... Seite 6
Der Bildungsbegriff
oder haben wir »Bildung« begriffen? . ...................... Seite 7
Der Bildungsauftrag
von Kinderbetreuungseinrichtungen.......................... Seite 9
Frühkindliche Bildungsprozesse............................... Seite 11
Die PädagogIn im Dialog.........................................Seite 14
Vom Eigen-Sinn der Bildung....................................Seite 16
Dr.in Waltraut Hartmann
Der Heilpädagogische Kindergarten als Bildungsund Betreuungseinrichtung............................................... Seite
Katica Brčina
Gleiche Chancen in der Bildung
Verbesserung der Bildungschancen für Kinder
mit Migrationshintergrund. .............................................. Seite
Bildungskonzepte und Bildungspläne für den Kindergarten................Seite
18
Runder Tisch – Kann man Bildung planen?
Eine Psychologin, ein Vater, eine Kindergartenpädagogin,
eine Vertreterin der Wirtschaft und eine Vertreterin der Ausbildung
im Gespräch.............................................................. Seite
34
Christine Kiffmann-Duller
Spielend gebildet
Nur gelebtes Wissen ist lebendiges Wissen. ............................. Seite
36
Dr. Werner Tessmar-Pfohl, Dr. Peter Härtel
Die Zukunft der Bildung – aus Sicht der Industrie
Was hat der Kindergarten mit Industrie zu tun?. ......................... Seite 38
Es war einmal …
Bildung braucht Ziele
32
Ein Blick zurück ins 19. Jahrhundert. ..................................... Seite
40
Literaturhinweise.................................................. Seite 42
22
Statistik .............................................................. Seite 44
www.kinderbetreuung.steiermark.at
Die Kiste
Zum Geleit............................................................. Seite 1
Die Kiste
Bildung nach Plan?
»Fiele Manna vom Himmel, kein Gebildeter rührte es an, ehe nicht ein Hofrat
und vier Professoren in beglaubigtem
Attest seine völlige Unschädlichkeit
dargetan hätten! Keine Sorge! Von
lebenslänglicher Bildung erdrückten
Völkern fällt kein Manna vom Himmel;
da versiegen die Quellen der Unmittelbarkeit! Was Bildung sein sollte: von
den Gipfeln aller Erfahrung, von dem
Kronengrad aller Erkenntnis auffliegen
mit ungebrochenen Schwungfedern zu
eigenstem Erschauen. Das ist sie den
wenigen – Erlesenen. Die vielen fallen
in die Bildung hinein wie in eine Gletscherspalte, um nie wieder die lieben
Sterne zu schauen – sei diese Spalte
nun, der Mode der Zeit entsprechend,
die Weltanschauung des Aristoteles,
die Lehren der Kirchenväter oder die
Dogmen der Aufklärer.«
(Aus »Unfug des Lebens und des
­Sterbens« von Prentice Mulford)
Bildung ist stets ein Produkt ihrer Zeit, somit einem steten Wandel unterlegen und darf
durchaus kritisch betrachtet werden. Zurzeit
wird sie sehr auf Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsanalyse gesehen und weniger als Weg
zu einem erfüllten Leben. Bei aller Unklarheit scheint aber relativ gesichert, dass der
Weg zum Lebensglück nicht zwingend über
die Quadratwurzel führt. Bildung muss also
mehr sein als der Erwerb nützlichen Wissens
oder entsprechender Fertigkeiten, mehr als eine
Gletscherspalte, die unseren Horizont begrenzt
anstatt ihn zu erweitern.
Einigkeit besteht auch darin, dass Kinderbetreuungseinrichtungen Kindern den Zugang zur
Bildung zu ermöglichen haben. Das will auch
der Gesetzgeber so. Die konkreten Inhalte sind
schon weniger klar. Dazu kommt, dass parallel
zur Ölkrise im 30-Jahre-Zyklus die Bildungs­
krise auftritt und uns nach den siebziger Jahren
beide wieder heimsuchen.
Leitartikel
Also erschallt der Ruf nach einem Plan. Ein solcher kann auch
wirklich sinnvoll sein, wenn er die Natur der Menschenkinder berücksichtigt. Und diese hat im Laufe der Evolution das Spiel als
effizienteste Lernform geschaffen und es zu einer der nützlichsten
Handlungen überhaupt gemacht. Andernfalls wäre es schon längst
ausgestorben.
Da nicht nur die Methoden, sondern auch die Inhalte von Bedeutung sind, werden diese gewiss vielfältig sein. Jedenfalls aber müssen sie zur Fähigkeit und zur Lust am »AHA-Erlebnis« führen.
Weil fast alles Nötige ohnedies bereits erforscht und vorhanden ist
und in der Arbeit der PädagogInnen wie die Benutzeroberfläche
eines Computers stets im Hintergrund unsichtbar mitläuft, sind
auch keine Wundertaten nötig. Eine Beschreibung der Bildungsinhalte und Methoden würde so gesehen primär dem Bekenntnis
zu gemeinsamen Werten dienen und diese für alle sichtbar und
verbindlich machen.
Ob und in welcher Weise dies sinnvoll ist, das soll in dieser Ausgabe der
KISTE hinterfragt werden, ganz ohne »PISA und Co«-Hysterie. 
Mag. Franz Schober
Leiter des Kinderbetreuungsreferates
Ein Bildungssystem, das reagieren kann
Landesrätin Dr.in Bettina Vollath über einen Bildungsplan, der ein Rahmenprogramm vorgibt, pädagogische Freiheit aber zulässt,
und die Notwendigkeit einer bundesländerübergreifenden ExpertInnenkonferenz.
Was brauchen Kinder wirklich? Was wünschen
sich Eltern von Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen? Wie »geschieht« Bildung?
Fragen, die unterschiedliche Antworten zulassen, weil Menschen unterschiedlich sind. Die
Ansichten darüber, was denn nun unter Bildung
zu verstehen ist, variieren.
Als Bildungslandesrätin der Steiermark stehe ich
für folgende Grundaussagen:
wird entkräftet, indem das Spiel als pädagogisches Grundprinzip
gelebt wird.
•Ü
bergänge sind durch enge Zusammenarbeit der Bildungsinstitutionen qualitätsvoll aufeinander abzustimmen.
• Alle Orte sind Bildungsorte! Kompetenzen, Wissen und Hal•D
ie Familie (in jeder Form) ist der erste,
tungen werden an unterschiedlichsten Orten erworben. Kinder
umfassendste, am längsten und am stärks­
lernen ständig – wo immer sie sind. Bildungsangebote können
ten wirkende Betreuungs-, Erziehungs- und
daher nicht isoliert von den Lebenswirklichkeiten der Kinder
Bildungsort. Innerhalb des familiären Alltags
betrachtet werden.
können Kinder grundlegende Bindungsfähigkeiten und BasisEin Rahmenplan, der der Orientierung dient
kompetenzen entBildung ist das, was übrigbleibt, wenn wir
und »pädagogische Freiheit« zulässt
wickeln, welche auf
vergessen, was wir gelernt haben.
Die Entwicklung eines nationalen Bildas spätere Leben
(Hartmut von Hentig)
dungsplans für Kinderbildungseinrichentscheidenden
tungen wird seit Jahren diskutiert. Laut
Einfluss haben. DaOECD-Studie
»Starting
Strong«
(2006) würde das System der frühher messe ich in der Steiermark der Elternkindlichen
Bildung,
Erziehung
und
Betreuung von einem gemeinbildung, der Stärkung der elterlichen Komsamen
»Bildungsplan«
profitieren.
Da
das Kinder­betreuungswesen
petenz (dem ElternSEIN) einen besonderen
in der Kompetenz der Länder liegt, ist die Er­arbeitung eines
Stellenwert bei.
nationalen Rahmenplanes nur durch eine Beteiligung aller Länder
• Familienergänzend wird in Kinderbildungszu erreichen. Daher ist die Durchführung einer bundesländerüberund -betreuungseinrichtungen wertvolle, elegreifenden ExpertInnenkonferenz ein wichtiges Ziel. Diesbezüglich
mentare Bildungsarbeit geleistet und Chanwurden bereits erste Schritte gesetzt.
cengleichheit gefördert. In enger Zusammenarbeit mit Eltern werden Basiskompetenzen
Ich bin mir sicher, dass die Bildungsverantwortlichen im Bundesfür schulische Erfolge und ein erfolgreiches
ministerium sowie in den Bundesländern an dieser länderüberLeben erweitert. Der strukturellen Qualität
greifenden Verständigung zur elementaren Bildung interessiert
bezüglich Raum, Zeit und Person kommt besind und eine gemeinsame Vorgehensweise zur Erstellung eines
sondere Bedeutung zu.
österreichweit einheitlichen Rahmenplanes gefunden wird, welcher
auch unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern berück• Die Sorge, dass frühe Bildung eine »Verschusichtigt. 
lung« der vorschulischen Bildung bedeutet,
Die Kiste
Lernprozesse in der frühen Kindheit und damit
die elementare Bildung stehen im Mittelpunkt
zahlreicher bildungspolitischer, kontrovers geführter Diskussionen. Kinder wachsen heute in
einer sozial komplexen, zunehmend hoch technisierten und kulturell vielfältigen Welt auf. Die
Frage, wie das Bildungssystem auf diese und
zukünftige Herausforderungen reagieren kann
bzw. muss, erfordert letztlich auch eine klare
politische Antwort!
Die Kiste
Bildung betrifft uns alle!
Den Begriff »Bildung« auf den Punkt zu bringen« kann nicht mit wenigen Worten gelingen.
In einer Umfrage im Frühjahr 2007 bei steirischen LeiterInnen
von Kinderbetreuungseinrichtungen zur Einführung eines steiermarkweiten Bildungsplanes sprachen sich von den 532 befragten
LeiterInnen nur 2% strikt dagegen aus, 37% hatten dazu keine
Meinung und immerhin 45% zeigten sich positiv gestimmt.
Bildung beginnt nicht erst in der Schule, sondern schon mit der
Geburt. Somit sind sowohl das Elternhaus als auch die elementare
und außerschulische Kinderbetreuung für die »Bildungsbedingungen« mitverantwortlich.
Daher sind die nachfolgenden Beiträge des Teams der Fachberatungs- und Fortbildungsstelle als eine Möglichkeit der Auseinandersetzung mit dem Thema zu verstehen, um einen Zugang zum
Thema Bildung beziehungsweise Bildungspläne im Sinne einer
Qualitätsentwicklung in den Einrichtungen zu ermöglichen.
Es ist viel von der Institution Kindergarten die Rede, natürlich
sind auch die anderen Einrichtungsformen wie Kinderkrippe, Hort,
­Alterserweiterte Gruppe und Kinderhaus sowie das heilpädagogische System mit gemeint.
Im Spannungsfeld zwischen Bildung und Betreuung
In den Artikeln geht es zunächst um eine Annäherung an den
vielschichtigen Bildungsbegriff, es geht um den Bildungsauftrag,
wie er im Steiermärkischen Kinderbildungs- und-betreuungsgesetz
definiert ist und in den Einrichtungen gelebt wird (oder gelebt
werden soll).
Eine Voraussetzung dafür ist die Auseinandersetzung mit den Bildungsprozessen der Kinder, mit den Voraussetzungen, unter denen
das »kindliche Gehirn« lernt und was in den Einrichtungen dafür
getan werden kann. Die vielfältige Rolle der PädagogIn bezieht
sich nicht nur auf den Umgang mit den Kindern, sondern auch mit
den Eltern, mit dem Team und dem Erhalter und dem gesamten
Kontext. Da ist die PädagogIn quasi »NetzwerkarbeiterIn«. Und
bei der Einführung eines Bildungsplanes in der Steiermark geht es
vorrangig um die Implementierung und Umsetzung und die dafür
notwendigen Rahmenbedingungen und Ressourcen. Dies ist durchaus als Herausforderung zu sehen rund um das Spannungsfeld
zwischen Bildung und Betreuung.
Das Magazin zeigt unterschiedliche Positionen zum Thema »Bildungspläne« auf. Neben den internen Beiträgen wurden Artikel
von GastautorInnen aus unterschiedlichen Fachbereichen bereitgestellt, die sich nicht zwingend mit der Meinung des Kinderbetreuungsreferates decken müssen.
Die AutorInnen
der nachstehenden Beiträge:
Das Team der Fachberatungs- und
­Fortbildungsstelle im Kinderbetreuungs­
referat der FA6B, zuständig für Aufsicht, Fachberatung und Fortbildung für
das Kinderbetreuungs­personal in der
­Steiermark
• Leiterin der Fachberatungsstelle:
Mag.a Martina Grötschnig, MC
•P
ädagogische Fachberaterinnen:
Helene Auer
Ilse Freiberger
Sonja Gaberz
Irmgard Kober-Murg
Claudia Kollmann
• L eiterin der Fortbildungsstelle:
Dr.in Ingeborg Schmuck
Einigkeit besteht seitens des Kinderbetreuungsreferates darin, dass Bildung in den steirischen
Kinderbetreuungseinrichtungen nicht beliebig
sein kann, sondern sich an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren muss.
Wesentlich ist es, den PädagogInnen einen
Leitfaden für die Praxis in die Hand zu geben,
um in Bezug auf die unterschiedlichen und
sich ständig wandelnden familiären und gesellschaftlichen Strukturen im Sinne der Kinder
handlungsfähig zu sein.
Ob wir künftig von Bildungsplänen, Programmen oder Positionspapieren sprechen werden,
ändert nichts an der notwendigen Orientierung
am Wohl des Kindes, an der Rolle der ­PädagogIn
und an der Transparenz des Erziehungs- und
Bildungsgeschehens gegenüber den Eltern. 
Fachberatung – Fortbildung
Der Bildungsbegriff oder
haben wir »Bildung«
begriffen?
Bildung ist in aller Munde. Bildung scheint das Allheilmittel der
heutigen Gesellschaft zu sein. Kein politisches Statement ohne die
­Betonung der Notwendigkeit, in Bildung zu investieren.
Welchen Stellenwert nimmt die Bildung jedoch tatsächlich ein?
Von welcher Bildung wird gesprochen?
Wenn man den Begriff »Bildung« in die Internet-Suchmaschine »Google« eingibt, erntet
man 102.000.000 Treffer! Diese Zahl ist ein
Indiz dafür, wie inflationär der Begriff »Bildung« verwendet wird. Viele Professionen unterschiedlichster Fachdisziplinen haben schon
versucht eine gültige Antwort für die Definition
»Bildung« zu finden.
Wirtschaft immer wieder betont wird. Konrad Paul Liessmann
skizziert in diesem Zusammenhang in seinem Buch »Theorie der
Unbildung« den flexiblen Menschen, der, lebenslang lernbereit,
seine kognitiven Fähigkeiten den sich rasch wandelnden Märkten
zur Disposition stellt. Liessmann zeichnet ein nüchternes Bild
des Umgangs mit dem Begriff »Bildung«. Wissen und Bildung
sind demnach en vogue, aber eher im Sinne einer Reform des
Bildungswesens, die auf die Interessen der Industrialisierung und
Ökonomisierung des Wissens abzielt (vgl.
2006, S. 7 f). Eines der Pa»Wo keine Freude ist, ist auch keine Bildung, Liessmann
radoxien der Gegenwart lautet: »Je mehr
und Freude ist der alltägliche Abglanz
der Wert des Wissens beschworen wird,
des Glücks« (Hartmut von Hentig)
desto schneller verliert das Wissen an
Wert« (ebd. 2006, S. 9).
Auch an dieser Stelle
soll und kann keine
Antwort gefunden
werden. Unbestritten
bleibt aber, dass Bildung auch in Kinderbetreuungseinrichtungen stattfindet und eine
Ergänzung und Fortsetzung zur biografischen
Bildung im Elternhaus und im unmittelbaren
sozialen Umfeld ist. Es geht hier um mehr als
bloße Wissensvermittlung. In einem kritischemanzipatorischen Verständnis braucht es Bildung als einen Prozess des sich selbst Entwerfens, Erprobens und Wagens. Immer im Wissen
um den Einfluss bisheriger Erfahrungen, bisherigem Erlebtem, der Erziehung und Mitgestaltung durch die Umwelt. Bildung so verstanden
als Suchbewegung, als Erkenntnisprozess und
Prozess des Verstehens braucht andere Rahmenbedingungen und ein gesellschaftliches
Menschenbild, welches sich an einem in sich
ruhenden, selbstsicheren und selbstbewussten,
an sich arbeitenden, sich selbst hervorbringenden – nämlich sich bildenden – Menschen
orientiert (vgl. Lenz 2007, S. 3 f).
Dies mag oft im Widerspruch zu jener Bildung
stehen, die sich nach ökonomischen Interessen
ausrichten sollte, wie es vor allem seitens der
Die Wissensgesellschaft
Der mittlerweile ebenfalls inflationär gebrauchte Begriff der »Wissensgesellschaft« deutet nicht auf das hohe Gut der Bildung in
einer Gesellschaft hin. In der (Wissens-)Gesellschaft lernt niemand
mehr, um etwas zu wissen, sondern um des Lernens selbst willen.
Denn alles Wissen, so das Credo ausgerechnet der viel zitierten
Wissensgesellschaft, veraltet rasch und verliert seinen Wert.
»Ständiges Lernen wird zu einer Notwendigkeit, genauer, zu einem
Zwang, aber niemand weiß genau, was eigentlich wozu gelernt
werden soll. Und dies vor allem dann, wenn nicht nur jene permanenten Umschulungen gemeint sind, die eine Flexibilisierung der
Arbeit einfordert, sondern vom ›Faktor Bildung‹ die wohltönende
Rede ist« (ebd. 2006, S. 33).
Der in rohstoffarmen Ländern wichtigste Produktionsfaktor »modernes Wissen« muss schnell und effektiv umgesetzt werden. Und
je effektiver das Wissen umgesetzt wird, desto größer sind die
Wettbewerbsvorteile angesichts der Veralterung des ökonomisch
verwertbaren Wissens.
Diese Vergesellschaftung von Bildung, die bedarfsgerechte Bildungsplanung, die sich gesellschaftspolitisch einsetzen lässt, erzeugt Orientierungslosigkeit.
Die Kiste
Kinder brauchen ihre eigenen Erfahrungen
Die Kiste
Der UNESCO-Weltbericht
»Bildung für alle« 2007
(EFA Global Monitoring Report 2007)
Ziel 1: Frühkindliche Förderung und
­Erziehung soll ausgebaut und ver­
bessert werden, insbesondere für
­benachteiligte Kinder
Ziel 2: Bis 2015 sollen alle Kinder
– insbesondere Mädchen, Kinder in
schwierigen Lebensumständen und
Kinder, die zu ethnischen Minderheiten
gehören – Zugang zu unentgeltlicher,
obligatorischer und qualitativ hochwertiger Grundschulbildung erhalten und
diese auch abschließen.
Bildung ist ein Prozess des Verstehens
Ziel 3: Die Lernbedürfnisse von JuDie Bildungsdebatten der Gegenwart sind von großen Widersprüchen gekennzeichnet. Während die einen noch von Fördern und
sozialem Lernen reden, fordern andere längst wieder das Fordern, im Sinne von Wettbewerb, Konkurrenz, Tests, internationalen
Rankings, Evaluationen und Qualitätssicherungsmaßnahmen (vgl.
Liessmann 2006, S. 52).
»Nicht einmal ein diffuser Bildungsbegriff, schon gar nicht ein
gesellschaftspolitisches Konzept von Bildung zeichnet sich hinter
gegenwärtiger Bildungspolitik ab, sondern diese lässt sich auf einen einzigen Satz reduzieren: Wo stehen wir (auf der Rangliste)?«
(ebd. 2006, S. 74).
Im Sinne der Kinder handeln
Um sich diesem »Diktat der Ranglisten« nicht zu unterwerfen, ist
es notwendig, dass sich die frühkindlichen Bildungsinstitutionen
stark machen und auch Eltern professionell beraten und stärken,
sich diesen Zwängen nicht zu beugen, sondern im Sinne der Kinder zu handeln und auf das Recht der Kinder zu pochen, eigene
Erfahrungen machen zu können und auf individuelle Entwicklungsverläufe einzugehen.
Ziel muss die Orientierung an den Bedürfnissen des einzelnen
Kindes sowie die Förderung der Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit sein.
»Bildung ist eine verantwortungsvolle Haltung zur Welt, zur Gesellschaft, zu sich selbst. Zur Bildung gehört die Reflexion der
eigenen Wirklichkeitskonstruktion, das Bewusstsein der Relativität
der eigenen Weltbilder, die Aufgeschlossenheit für fremde und
neue Perspektiven, die Verantwortung für das eigene Denken, ein
Interesse an der Welt …« (Siebert 2005, S. 41).
Auch in der Frage nach der Planbarkeit von Bildung geht es
weniger um Bildungsstandards, sondern vielmehr um den intui-
Bildungsbegriff
gendlichen sollen durch Zugang zu
Lernangeboten und Training von Basisqualifikationen (life skills) abgesichert
werden.
Ziel 4: Die Alphabetisierungsrate unter Erwachsenen, besonders unter
Frauen, soll bis 2015 um 50% erhöht
werden. Der Zugang von Erwachsenen
zu Grund- und Weiterbildung soll gesichert werden.
Ziel 5: Bis 2015 soll das Geschlechtergefälle in der Primar- und Sekundarbildung überwunden werden. Bis 2015
soll Gleichberechtigung der Geschlechter im gesamten Bildungsbereich erreicht werden, wobei ein Schwerpunkt
auf der Verbesserung der Lernchancen
für Mädchen liegen muss.
Ziel 6: Die Qualität von Bildung muss
verbessert werden.
tiven Plan im Kopf. Dadurch kann die ständige
Orientierung am »Bild des Kindes als entdeckendes, forschendes und neugieriges Kind«
gewährleistet werden. Dieses Bild des Kindes
und die entsprechende Haltung als erwachsene ­ BegleiterInnen sollte in Selbstbildungsprozessen laufend reflektiert und neu hergestellt
werden. 
Der Bildungsauftrag von
Kinderbetreuungseinrichtungen
Bildung, Erziehung und Betreuung auf einen gemeinsamen Nenner bringen.
Das Steiermärkische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz beschreibt in den Paragraphen 4 und
5 den Aufgabenbereich der Kinderbetreuungseinrichtungen und versucht dabei, die Aspekte »Bildung, Erziehung und Betreuung« zu vereinen.
Was sind nun die Aufgaben der Kinderbetreuungseinrichtungen, die in der neuesten Literatur als
Bildungsauftrag bezeichnet werden?
7. b
ei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit den Eltern (Erziehungsberechtigten) bzw. den LehrerInnen der Kinder in geeigneter
Weise möglichst eng zusammenzuarbeiten.
§ 5 Zusätzliche Aufgaben der einzelnen Arten
der Kinderbetreuungseinrichtungen
1. K
inderkrippen haben die Aufgabe, unter Berücksichtigung
der individuellen Eigenart der Kinder deren soziale, emotionale, motorische und kognitive Entwicklung zu unterstützen.
2. K
indergärten haben unter Ausschluss jedes schulartigen
Unterrichts auf den Eintritt in die Schule vorzubereiten.
3. H
orte haben Schulkindern außerhalb der Unterrichtszeit
folgende Gelegenheiten zu geben:
• ihre mit dem Schulbesuch verbundenen Pflichten
zu erfüllen
• ihren Neigungen nachzugehen
§ 4 Gemeinsame Aufgaben aller Kinderbetreuungseinrichtungen
Alle Kinderbetreuungseinrichtungen haben:
1. d
ie soziale, emotionale und kognitive
Entwicklung jedes Kindes individuell zu
unterstützen;
2. nach den gesicherten Erkenntnissen und
Methoden der Pädagogik unter besonderer
Berücksichtigung einer altersgerechten
Bildungsarbeit die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit jedes Kindes und seine
Fähigkeit zu einer eigenverantwortlichen,
selbstständigen und mündigen Lebens­
führung in der Gemeinschaft zu fördern;
3. a uf die Bedürfnisse des einzelnen Kindes einzugehen, insbesondere auch die
Familiensituation zu berücksichtigen;
4. d
ie Familienerziehung bis zur Beendigung der Schulpflicht zu unterstützen
und zu ergänzen (Subsidiarität);
5. Integrationsaufgaben im Hinblick auf
Kinder mit besonderen Erziehungsansprüchen oder auf interkulturelle
­Aspekte zu übernehmen
6. z u einer grundlegenden religiösen und
ethischen Bildung beizutragen;
• ihre Begabungen zu fördern und
•d
ie SchülerInnen zu selbstständiger Urteilsfindung und
zu ­sozialem Verständnis zu führen.
4. K
inderhäuser und Alterserweiterte Gruppen haben die Aufgabe, die Kinder altersübergreifend zu integrieren sowie
Kinder im Kindergartenalter unter Ausschluss jedes schulartigen Unterrichts auf den Eintritt in die Schule vorzubereiten. Für Schulkinder haben sie die Aufgaben des Abs. 3
zu übernehmen.
5. T
agesmütter/Tagesväter haben die Aufgabe, für ein
positives, auf das Lebensalter der Kinder abgestimmtes
Umfeld zu sorgen.
6. D
ie Heilpädagogischen Kindergärten und Heilpädagogischen Horte haben neben den im § 4 und in den Abs. 1
bis 4 festgelegten allgemeinen Aufgaben Kinder mit besonderen Erziehungsansprüchen, mit und ohne Bescheide nach
dem Behindertengesetz, LGBl. Nr. 26/2004, in der jeweils
geltenden Fassung, nach anerkannten heilpädagogischen
Grundsätzen, insbesondere in den verschiedenen Integra­
tionsformen, in ihrer Entwicklung zu fördern.
7. D
ie Aufgaben der einzelnen Arten der Kinderbetreuungseinrichtungen können von der Landesregierung durch Verordnung als didaktisch-methodischer Rahmen für die Betreuungsarbeit näher ausgeführt werden.
Stand: 01.09.2007
Die Kiste
Seit der Veröffentlichung der OECD-Bildungsstudien, wie PISA-Studie oder Starting Strong,
neuester Erkenntnisse aus der Entwicklungspsychologie und Hirnforschung sowie internationaler
Reformen im Elementar- und Primärbereich steht
der Bildungsauftrag in den Kinderbetreuungseinrichtungen im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.
Familienerziehung unterstützen
Die Grundlage jeglicher Bildung wird
innerhalb der Familie gelegt. Die Familie ist ein wichtiger Bildungsort, in
der wesentliche Ressourcen wie Zuwendung, Zeit und Zärtlichkeit sowie
positive Einstellungen und Wertorientierungen mitgegeben werden.
Kinderbetreuungseinrichtungen sollen die Familienerziehung niemals
ersetzen, aber bestens unterstützen
und ergänzen.
Die Kiste
Die Basis der Bildungs-, Erziehungsund Betreuungsarbeit in Kinderbetreuungseinrichtungen stellt die poKinder forschen, entdecken und gestalten ihre Welt
sitive Gesamtentwicklung der Kinder dar. Ein Kind entdeckt, erforscht
und gestaltet seine Welt und die zu ihr gehörigen Dinge.
Man kann deshalb festhalten, dass Bildung als Selbsttätigkeit des
Kindes zur Aneignung von Welt zu verstehen ist und Erziehung als
Tätigkeit des Erwachsenen mit dem Ziel, alle Kräfte des Kindes dafür
anzuregen. Die Aufgabe der PädagogIn muss es sein, die Bildungsprozesse der Kinder zu ermöglichen, zu unterstützen und zu erweitern
oder herauszufordern.
• ein wahrnehmendes Beobachten als Grundlage
eines Verständigungsprozesses, der sich darum
bemüht, die Perspektive des Kindes mit einzubeziehen
• Formen der Verständigung, durch die sowohl die
Sinnperspektive des Kindes wie auch das des
sozialen Umfeldes und der sachlichen Inhalte
aufeinander abgestimmt sind
• eine Didaktik forschenden Lernens, welche die
Fragestellung des Kindes aufnimmt und Wege
ausfindig macht, auf welchem das Kind sein
Weltbild entwickeln, differenzieren und mit kulturellen Beständen erweitern kann
• eine PädagogIn/BetreuerIn als kompetente Partnerin in kindlichen Entwicklungsprozessen.
Beobachten, Dokumentieren und Planen
Um diesem Bildungsauftrag als PädagogIn gerecht
werden zu können, werden stärker als bisher die
Beobachtung und Dokumentation betont.
Weil kein einheitlicher, für alle Kinder gleichermaßen »geltender Lehrplan« für Kinderbetreuungseinrichtungen gewollt ist, sucht man nach neuen
Wegen der individuellen Bildungsprozesssteuerung. Dazu wird empfohlen, die Lernwege und
-erfolge der Kinder sorgfältig zu dokumentieren.
Jedes Kind hat Stärken, diese müssen erkannt und gefördert werden.
Wesentliche Unterschiede gibt es aber nicht nur im Hinblick auf die
Beobachtungen erTalente, sondern auch auf die Herkunft der
möglichen die ReflexiKinder. Im Sinne der Chancengleichheit
Der Weg, den ich zu meinem Ziel hin
gilt es, schon in der Kinderbetreuungseineingeschlagen habe, ist weder der kürzeste on der pädagogischen
Arbeit, verändern den
richtung Interkulturalität und Integration zu
noch der bequemste; für mich jedoch ist
leben. Interkulturelle Erziehung und Intees der beste, weil er mein eigener Weg ist. Blickwinkel, sind die
Grundlage für die weigration verlangen Offenheit, Neugierde und
(Janusz Korczak)
teren Planungsarbeiten
Verständnis für andere Kulturen, Einstelund eine professionelle
lungen und Gewohnheiten. Gerade Kinder
Basis für Elterngespräche. Die Dokumentation,
gehen neugierig jeden Tag auf Entdeckungsreise, sie wollen verstehen
ein professionelles Werkzeug der PädagogIn, kann
und sie verständigen sich mit den anderen im gemeinsamen Spiel.
festhalten, wie sich Bildungsprozesse bei Kindern
Im Spiel werden alle Formen körperlicher und geistiger Erfahrung,
gestalten und weiterentwickeln. Daraus können
sprachlichen Denkens und bildhafter Vorstellung benutzt und parallel
Ideen entstehen, wie Bildungsprozesse durch
eingesetzt. Das Spiel bestimmt den Rhythmus des subjektiven Erfahneue Impulse weitergeführt werden.
rungsprozesses, wobei jedes Kind seinen eigenen Rhythmus hat.
Eltern sind die ExpertInnen ihrer Kinder
Ein Erfolgsgarant für die positive Entwicklung der Kinder ist die Zusammenarbeit aller im System Beteiligten, Eltern als die ExpertInnen
ihrer Kinder und im Sinne gelungener Übergänge innerhalb der Bildungsbiografie des Kindes, die Kooperation mit den pädagogischen
Fachkräften der Schule.
Einen Bildungsauftrag kennzeichnen grundlegende Elemente:
• ein Bild vom Kind, das seine Selbstständigkeit anerkennt und zur
Grundlage der pädagogischen Handlungen wird
Bildungsauftrag
10
Wichtig ist, sich immer wieder zu fragen: Was
biete ich den Kindern und was biete ich den
Kindern individuell zusätzlich an, damit sie ihre
Erfahrungen weiterentwickeln können?
Zusammenfassend kann festgehalten werden,
dass der Bildungsauftrag von Kinderbetreuungseinrichtungen in der ganzheitlichen Förderung
besteht. Bildung ist ein prozesshaftes Geschehen
und fördert ein Hineinwachsen in die kulturelle
und soziale Umwelt. Bildung ist stete individuelle
und gesellschaftliche Horizonterweiterung. N
Frühkindliche
Bildungsprozesse
»Fast alles, was wir gelernt haben, wissen wir
nicht. Aber wir können es.« Dieses Zitat des
deutschen Neurowissenschaftlers Manfred
Spitzer passt gut zum vorliegenden Thema:
»Wie lernen Kinder?«
Gerd E. Schäfer hat sich in den letzten
­Jahren intensiv mit Prozessen frühkindlicher
Bildung auseinandergesetzt.
In seinem Buch »Bildungsprozesse im
Kindesalter« sind 10 Thesen zur früh­
kindlichen Bildung formuliert:
Frühkindliche Entwicklung
• ist in erster Linie Selbstbildung
• sucht nach Bedeutungen
• ist zunächst ästhetische Bildung
• ist komplex
• beruht auf Beziehungen
• erzeugt innere Bilder
• ist notwendig kreativ
• hat mit innerer Verarbeitung zu tun
• ist ein sozialer Prozess
•b
raucht die Unterstützung
des Erwachsenen
Neuere Forschungsergebnisse beschreiben, dass Kinder Lern­
expertInnen, experimentierfreudig, mutig im Umgang mit Neuem
oder auch Fremden sind. Sie wollen wissen, wovon und womit sie
umgeben sind, und wollen eigene Lernerfahrungen machen.
Kinder sind ausdauernd, kreativ, neugierig und hoch motiviert, wenn
ihr Interesse an einer Sache oder einer Situation geweckt ist.
Bildungsprozesse sind Selbstbildungsprozesse
In dem Buch von Laewen und Andres (2002): »Forscher, Künstler,
Konstrukteure« ist u. a. zusammenfassend formuliert: »Bildung
ist also die zentrale Aktivität des Kindes, über die es sich die Welt
aneignet.« Aneignung von Welt bedeutet, dass Kinder sich über
ihre Sinneserfahrungen und ihr Handeln, »ein Bild von der Welt
machen«, innere Strukturen entwickeln, auf welchen alles spätere
Denken und Fühlen der Kinder aufgebaut wird.
»Aneignung von Welt« ist ihre Aktivität, ihre Leistung, die niemand für sie übernehmen kann. Nach diesem Verständnis sind
Bildungsprozesse von Anfang an und immer Selbstbildungsprozesse. Das sich selbst bildende Subjekt organisiert und steuert
diese Prozesse. Das Kind wird zum Konstrukteur seiner Welt und
seiner selbst. Aus der Begegnung mit anderen Menschen und
der umgebenden Wirklichkeit erweitert und differenziert es seine
Erfahrungen. Die Aufgabe der Erwachsenen ist es, die Kräfte des
Kindes »von außen« anzuregen.
Die Säuglingsforschung betont deshalb immer wieder die Bedeutung der Sinnesentwicklung als Anfang des Wissens. Über die
11
Die Kiste
Kinder sind LernexpertInnen, experimentierfreudig, mutig im Umgang mit Neuem
und mit dem Fremden.
Die Kiste
»Zeitfenster« im Gehirn
Im »Zeitfenster« lernen Kinder bestimmte Fähigkeiten besonders schnell
Sinne wird die Außenwelt wahrgenommen und weiterverarbeitet.
Drei ausgewählte Beispiele sollen die Leistungen von Neugeborenen aufzeigen.
Riechen und Schmecken
Schon Neugeborene können zwischen Gerüchen unterscheiden,
insbesondere zwischen positiven und negativen, und zeigen dementsprechend eher positive oder negative Gesichtsausdrücke bzw.
annähernde oder abwehrende Tendenzen. Nach einer Lebenswoche
unterscheiden Säuglinge den Brustgeruch ihrer Mutter von dem
fremder Frauen.
Ein Blick auf die wissenschaftlichen Untersuchungen der frühkindlichen Entwicklung
bestätigt, wie wichtig frühkindliche Sinneserfahrungen für die Struktur und Entwicklung
des Gehirns sind. Das Zusammenspiel von Milliarden von Gehirnzellen braucht immer neue
Reize und Anregungen. Je mehr und intensiver diese Inputs aufgenommen werden, desto
dichter werden auch neuronale Verbindungen
geknüpft. Eine entscheidende Rolle spielen
dabei die »sensiblen Phasen« oder »Zeitfens­
ter«, in denen Kinder bestimmte Fähigkeiten
besonders schnell lernen. In solchen Entwicklungsphasen werden neuronale Schaltkreise
angelegt und miteinander verknüpft, und zwar
so dicht und leistungsfähig, wie es später nicht
mehr möglich ist. Die emotionale, sprachliche,
logische, motorische, aber auch musikalische
Entwicklung hängt also entscheidend davon ab,
in welcher Zeit ein Kind Anregung und Förderung bekommt.
Sinnesreize schaffen neuronale
Verbindungen
Zunächst funktioniert das Gehirn des Neugeborenen nach einem »Grundbauplan« – einer Art
Überlebensprogramm für Atmung, Herzschlag,
Körperwärme und Bewegungsreflexe, der durch
Hören
die Gene festgelegt
Der Hörsinn ist bereits ab der 27.
wird. Dazu kommt
Schwangerschaftswoche gut entwickelt.
Kindern einen anregenden Raum und Zeit
das, was bereits im
In einer Studie wurden Mütter gebeten,
zum Ausprobieren geben.
Mutterleib begonnen
in den letzten Schwangerschaftswochen
hat: die Vernetzung
eine Geschichte laut vorzulesen. Ein paar
und Feinverschaltung
Tage nach der Geburt hörten die Babys
des Gehirns. Diese wird angestoßen durch
bevorzugt die vertraute Geschichte gegenüber einer anderen. Dies
Reize und Impulse aus der unmittelbaren Umist ein Nachweis für die Fähigkeit, auditive Informationen aus dem
welt des Kindes. Bleiben diese aus, so werden
vorgeburtlichen Zeitraum für eine längere Zeit zu speichern.
die zahlreichen, im Überschuss angelegten
Verbindungen nicht aktiviert und verkümmern.
Sehen
Nervenzellen, die jedoch durch visuelle, audiDie meisten Erkenntnisse wurden über die Entwicklung der Sehtive oder taktile Sinnesreize angeregt werden,
schärfe gewonnen. Sie ist nach der Geburt sehr schwach. Nach
bilden immer neue und stabilere Verbindungen
zwei bis drei Monaten kann der Säugling feine Details erkennen.
untereinander. Sensible Phasen in der EntwickNach sechs Monaten hat sich die Sehschärfe stark verbessert und
lung des Kindes lösen einen ungeheuren Schub
mit ca. einem Jahr reicht die Sehschärfe fast an das Niveau des
an Verbindungen aus. Ein hoch komplexes
Erwachsenen heran. Säuglinge betrachten bereits ein paar Wochen
­System von Informationsschaltstellen, den Synach der Geburt manche Dinge länger. Es gibt zahlreiche Hinweise
napsen, kann entstehen. Allerdings nur, wenn
dafür, dass Gesichter und gesichtsähnliche Skizzen gegenüber
Sinnesimpulse diesen gewaltigen Lernprozess
anderen Konfigurationen bevorzugt werden. Über das Sehen von
unterstützen.
Farben ist bekannt, dass mit vier Monaten zwischen Rot, Blau
und Grün unterschieden wird. Säuglinge bevorzugen dabei wie die
­meisten Erwachsenen Rot und Blau gegenüber Grün und Gelb.
(Materialien der J. W. Goethe Universität Frankfurt am Main, Institut für Psychologie, September 2001)
Bildungsprozesse
12
Das eben Dargestellte kann nun als Chance
oder als Gefahr verstanden werden. Die Chancen liegen darin, dass das menschliche Gehirn
ein ungeheures Entwicklungspotenzial besitzt
Dem entgegen ein Satz von Welzer (2005):
»Lernen ist ein sich selbst organisierender Vorgang, der eher gestört als gefördert werden
kann.« Welzer hält zu viele Kontroll- und Optimierungsphasen hinsichtlich der Gehirnentwicklung für eine Fehlkonzeption.
Zusammenfassend lässt sich nun
Folgendes sagen:
Was Kinder brauchen, sind Umwelten,
•d
ie sie zu vielfältigen Erfahrungen
­herausfordern,
•d
ie ihnen Lernen unter den oben geschilderten ­Bedingungen ermöglichen,
•d
ie Demotivation verhindern
(Kinder sind von Natur aus motiviert,
sie können gar nicht anders,
so Manfred Spitzer),
• die Sicherheit und Orientierung bieten.
Die Balance finden
Zwischen kindlicher Eigenaktivität und erzieherischem Handeln muss stets eine Balance
gefunden werden. Christiane Schweitzer, Erzieherin, Fachkraft für den Situationsansatz,
schreibt:
»Als Expertin für Bildung sehe ich meine Aufgabe darin, Kindern Mut zu machen, das zu
tun, was sie ohnehin tun würden: hinterfragen,
entdecken, nicht aufgeben und anschließend
eine Antwort finden. Ich möchte folgendes Zitat
unterstützen: »Lernen entsteht nicht in den
Kopf hinein, sondern aus ihm heraus.« Wir
sollten uns in den Kindertagesstätten darauf
konzentrieren, Kindern einen anregenden Raum
und Zeit zum Ausprobieren zu geben und uns
mit ihnen auf einen gemeinsamen Bildungsweg
zu begeben. Durch vorschnelles Handeln, auch
wenn es im Interesse der Kinder erscheint,
nehmen wir den Kindern die Chance auf eigenständiges Lernen. Die Balance zwischen Input,
Struktur und dem eigenständigen Bildungsweg
jeden Kindes ist eine Herausforderung für uns
ErzieherInnen, diese bedarf des ständigen Dialogs und erfordert eine Haltung, die Lehren und
Lernen in Einklang bringen will.«
Stolpersteine:
Wir Erwachsene haben »das Thema« im Kopf, gehen zielgerichtet didaktisch auf ein Ergebnis zu; für Kinder ist der
Lernweg entscheidend, und dafür benötigen sie Zeit. Sie
sind erst dann zufrieden, wenn sie sich ihre eigenen Fragen
beantworten.
•S
ie genießen, eigene Antworten selbst zu suchen und Erkenntnisse selbst zu finden.
•G
erade als Gruppe haben sie eine Menge von Strategien
parat, mehr zu erfahren.
•S
ie wissen von gespeichertem Wissen (in Büchern, im
Internet usw.), wenn sie es selbst noch nicht bedienen
­können, sprechen sie Erwachsene um Hilfe an.
• Sie haben schon einen Eindruck von der Komplexität der
Welt, von ExpertInnenwissen und sollten ermutigt werden,
sich Unterstützung zu holen und ­»MeisterInnen« zu befragen.
• Immer wissen und können Kinder ­Verschiedenes und
können einander ­zunächst weiterbringen (altersgemischte
Gruppe)
• Immer spielen Bildungserfahrungen, gegenseitiges
­Vertrauen eine große ­Rolle. Manchmal ist ein Sachverhalt
auch deshalb so fesselnd, weil die Person, die ihn vertritt,
für das Kind wichtig ist.
•P
ädagogInnenkunst ist es zu beobachten, wann Kinder
mehr wissen möchten als sie selbst herausfinden, und zu
erspüren, wann ihr eigener Prozess ins Stocken gerät.
»Wüchsen die Kinder fort, wie sie sich andeuten, wir hätten lauter
Genies«, bemerkt Goethe in Dichtung und Wahrheit im Hinblick
auf das verschwenderische Entwicklungspozential von Kindern
in frühen Jahren. Der »Horizont« ist durchlässig. Die Fülle des
Vorhandenen spricht zum Kind von der Macht des Möglichen.
Wer angefangen hat in der Welt zu sein, ist unterwegs zu einem
Zuwachs an Welt. 
Kindern einen anregenden Raum geben
13
Die Kiste
und auch im Erwachsenenalter noch über eine
enorme Veränderungsfähigkeit verfügt. Eine
Gefahr könnte sein, dass das Potenzial als Verpflichtung zur übertriebenen Förderung verstanden wird.
Die Kiste
Die PädagogIn im Dialog
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit stellt eine Grundlage für die Umsetzung
der Qualität im Alltag der Kinderbetreuungseinrichtung dar.
Die Rolle der PädagogIn ist gekennzeichnet durch bewusste
­Auseinandersetzung mit Veränderungen hinsichtlich
… eines »neuen Bildes« vom Kind
… der eigenen Persönlichkeit
… fachlicher Anforderungen.
Umfangreiche Anforderungen kennzeichnen das Arbeitsfeld von
PädagogInnen in Kinderbetreuungseinrichtungen. Pädagogische
Fachkräfte tragen Verantwortung in der Begleitung von Bildungsund Erziehungsprozessen, entwickeln pädagogische Konzeptionen
und arbeiten in unterschiedlichen Netzwerken.
ihrer Kinder anerkannt und mit einbezogen.
Eltern sind ExpertInnen für das Leben ihrer
Kinder. Es ist notwendig, die Wahrnehmung
der Eltern als richtig, wichtig und bedeutsam in
Hinblick auf die inneren Stärken des familiären
Systems sowie als hilfreiche und nützliche Informationsquelle über die äußeren Ressourcen
und die Umwelt des Kindes zu erfahren.
Die Auseinandersetzung mit der eigenen
­Persönlichkeit stellt eine Grundlage für die
Umsetzung der Qualität im Alltag der Kinderbetreuungseinrichtung dar. Wie die PädagogIn
Eigeninitiativen unterstützen
sich versteht, wie sie ihre Aufgaben bestimmt,
Eine Veränderung der Sichtweise vom Kind verlangt eine Anpaswie sie mit Kindern umgeht und die Beziehung
sung der Haltung der PädagogIn. Selbstzu ihnen gestaltet,
bewusste, kompetente Kinder erfahren
schlägt sich im pä­
durch die aufgeschlossene PädagogIn BePädagogInnen sind
dagogischen Alltag
gleitung, Anregung und Unterstützung.
EntwicklungsbegleiterInnen.
nieder (vgl. Lill 2001,
Durch einen partnerschaftlichen ErzieS. 265).
hungsstil werden den Kindern selbstDas
Hinterfragen
der
eigenen
Werte und
ständiges Handeln und Denken ermöglicht. Die Individualität der
der ­ ErzieherInnenhaltung kennzeichnen das
Kinder wird von der PädagogIn an-/wahrgenommen und berück­Bewusstsein der pädagogischen Verantworsichtigt, sie unterstützt Eigeninitiativen und ermutigt Kinder zu
tung.
kreativen Lösungen.
PädagogInnen, die sich den Kindern gegenüber auch als Lernende
präsentieren, sind Vorbild dafür, dass Lernen und Entwicklung das
ganze Leben umspannen.
PädagogInnen sind EntwicklungsbegleiterInnen, die nicht nur Kinder in ihrem persönlichen Entwicklungsplan begleiten, sondern
auch Eltern unterstützen. Als pädagogischer ExpertIn ist der ErzieherIn die Notwendigkeit des regelmäßigen Austauschs zwischen
Familie und Institution bewusst. Eltern werden als ExpertInnen
Die reflektierte PädagogIn stellt Fragen an sich
selbst und ihre Arbeit, ist grundsätzlich aufgeschlossen für Neues und setzt sich mit neuen
Impulsen aktiv und kritisch auseinander.
Erziehung ist die Profession der PädagogIn
Professionalität im beruflichen Handeln bezieht
sich auf ein differenziertes Wissen über neue
Erkenntnisse von Kindheit, Bildung und Erziehung und den situationsbezogenen Einsatz der
theoretischen und methodischen Kenntnisse.
Pädagogische Ziele, Methoden und didaktische
Prinzipien erhalten durch die kritische Refle­
xion neue, sich in Veränderung befindliche Impulse.
Reflexion sichert die Qualität und unterstützt
die Qualitätsentwicklung in Kinderbetreuungseinrichtungen (vgl. Lill 2001, S. 247).
Aufgabe der PädagogInnen ist es, das notwendige Wissen im Team zu sichern
PädagogIn
14
Darüber hinaus erfordert die Arbeit in unterschiedlichen Netzwerken Fähigkeiten hinsichtlich Organisation, Kommunikation und
Selbstreflexion.
Die Stärke der pädagogischen Bildungsarbeit
resultiert auch von einem starken Team in der
Kinderbetreuungseinrichtung. Im Sinne von
Empowerment braucht es die gemeinsame
Übernahme von Verantwortung innerhalb der
Bildungsprozesse von Kindern.
Aufgabe der PädagogInnen ist es, das notwendige Wissen im Team zu sichern, in unkomplizierbarer Weise nutzbar zu machen und die MitarbeiterInnen in relevante Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Dazu zählt auch, im Sinne
des Wissensmanagements, MitarbeiterInnen in
kleinen Schritten dazu zu befähigen und die
dafür notwendigen Fähigkeiten zu erwerben.
Der Lehrplan
Die aktuellen Diskussionen rund um die Reformen im Bereich der elementaren Bildungsbereiche beinhalten auch Änderungsforderungen in der Ausbildung der PädagogInnen.
Dazu zählt auch die Anhebung des Ausbildungs­
niveaus auf tertiärer Ebene.
SchülerInnen der Bundesbildungsanstalten für
Kindergartenpädagogik (BAKIP) übernehmen
eine hohe Verantwortung in der Rolle der ErzieherIn/PädagogIn, wie umgekehrt auch die Bundesbildungsanstalten für Kindergartenpädagogik gegenüber den Auszubildenden. Grundsätzlich beinhaltet der Lehrplan der BAKIPs ein
vielseitiges Kompetenzprofil für zukünftige PädagogInnen, wie der folgende Auszug aus dem
Lehrplan verdeutlicht:
Die Absolventinnen und Absolventen sollen folgende Persönlichkeitsmerkmale entwickeln sowie über die angeführten allgemeinen und speziellen berufsrelevanten Kompetenzen verfügen:
Persönlichkeitsmerkmale:
• Wertebewusstsein (Bewusstsein über ethische,
religiöse und soziale Werte als Basis eines allgemeinen Wertesystems)
•S
ensibilität und Offenheit für philosophischexistenzielle und religiöse Fragestellungen,
speziell auch des Kindes
•V
erantwortungsbewusstsein, Bereitschaft zu
Eigenverantwortung und Kritikfähigkeit
• Sensibilität für kultur- und geschlechterspezifische Aspekte von Erziehung und Sozialisation
•B
ereitschaft zu selbstständigem Wissenserwerb sowie Fort- und Weiterbildung
•F
ähigkeit und Bereitschaft zum Reflektieren des eigenen Handelns und seiner
Bedingungen.
Allgemeine berufsrelevante Kompetenzen:
•P
hilosophisch-ethisch-religiöse
Grundkompetenz
• Sprachkompetenz
•S
oziale Kompetenz, insbesondere auch
Empathie, Fähigkeit zum Umgang mit der
eigenen und fremder Emotionalität sowie
Konfliktfähigkeit
•K
ommunikative Kompetenzen (Präsentation, Teamfähigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit Einrichtungen der institutionellen Pädagogik, Öffentlichkeitsarbeit)
Die Eigeninitiativen der Kinder unterstützen
•L
eitungskompetenzen (Gesprächsführung, Moderation von Gruppen, Projektmanagement)
• Kreative Kompetenz
Spezielle Kompetenzen für die beruflichen Erfordernisse:
•K
enntnis wichtiger pädagogischer, psychologischer und soziologischer Erklärungsangebote insbesondere für die (früh)kindliche
Entwicklung und ihre Rahmenbedingungen sowie die Fähigkeit,
sie in der Bildungsarbeit situationsgerecht umzusetzen
•K
ompetenz, die spezifisch kindlichen philosophisch-ethischreligiösen Vorstellungen als eigenständige Größe menschlicher
Entwicklung auf der Suche nach Sinn zu stärken
•u
mfassendes Wissen zum Thema »(sexuelle) Gewalt gegen
Kinder«
•F
ähigkeit zur Planung, Durchführung und Evaluation von personen-, altersgruppen- und aufgabenbezogener Bildungsarbeit
(beispielsweise von Maßnahmen zu interkulturellem Lernen, zu
geschlechtssensibler Pädagogik, zur speziellen Förderung von
Kindern mit besonderem Förderbedarf und deren Integration, des
Gesundheitsmanagements im Sinne der Vorsorge und Erziehung
zu einer gesunden Lebensführung)
•F
ähigkeit und Bereitschaft zur situationsgerechten Beratung von
Eltern und Erziehungsberechtigten
•b
esondere Kenntnisse berufsrechtlicher Grundlagen vor allem in
den Bereichen Sicherheit, Haftung, Hygiene, Ausstattung, Erste
Hilfe und Verkehrserziehung
•K
ompetenzen der Betriebsorganisation und des Managements
institutioneller Kinderbetreuungseinrichtungen unter Berücksichtigung von ökologischen und ökonomischen Zusammenhängen unter Einbeziehung moderner technischer Hilfsmittel sowie
­Qualitätsmanagement (Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung). 
•B
ereitschaft zu Innovation, Flexibilität und
Mobilität
15
Die Kiste
Zusammenarbeit und Austausch stehen für
Anregung, Auseinandersetzung, Weiterentwicklung, Informationsfluss und Wissenstransfer.
Die Kiste
Vom Eigen-Sinn der Bildung
Was wäre, wenn Bildungsprogramme für Kinder im elementaren Bereich und deren Umsetzungs­prozesse
schon Einzug in die steirischen Kinderbetreuungseinrichtungen gehalten hätten?
Einerseits ist Papier geduldig, andererseits hätte sich die Welt ohne
Visionen nicht weiter entwickelt – gemeint ist damit natürlich in die
positive Richtung.
So soll 10 Jahre weiter in die Zukunft geschaut und etwaige Umsetzungsprozesse von Bildungsplänen schon vorweggenommen
werden.
Wir befinden uns im Jahr 2017, ein Bildungsprogramm für die steirischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen ist schon
seit einigen (vielleicht 7) Jahren in Kraft und die PädagogInnen
und KinderbetreuerInnen in den Einrichtungen haben nach anfänglicher Skepsis das Instrument schätzen gelernt. Endlich haben
sie die Gewissheit, dass das, was sie den Kindern anbieten und
ermöglichen, auch im Sinne der Wissenschaft, der Behörde und
der Eltern passiert.
Was hat sich inzwischen getan?
Was waren die notwendigen Schritte, bis alle PädagogInnen und
BetreuerInnen in Kinderkrippe, Kindergarten, Alterserweiterter
Gruppe, Hort und Kinderhaus von der Sinnhaftigkeit eines »Planes«
überzeugt waren?
Selbstverständlich verfügt jede Einrichtung über eine Konzep­
tion, in der die regionalen und durch die Persönlichkeiten der vor
Ort tätigen PädagogInnen gefärbten pädagogischen Inhalte und
Schwerpunkte niedergeschrieben sind. Die Grundlage dafür muss
das allgemeine Programm, wie im Gesetz gefordert und in der
Bildungsrichtlinie festgesetzt, sein.
Die Anpassung der Konzeption bei Veränderungen wird natürlich
vorausgesetzt.
Was heißt das in der Praxis?
Wenn ein Plan vorhanden ist, bedeutet das noch lange nicht, dass
dieser sofort von allen gelesen, verstanden und angemessen umgesetzt werden kann. Es bedarf einer Einführung, einer Begleitung
zur individuellen Umsetzung.
Zurück zur Vision:
Es haben Fortbildungen zu den unterschiedlichen Bildungsbereichen stattgefunden, es
wurden Fachberatungen angeboten und es wurde mit den Ausbildungsstätten kommuniziert,
um die AbsolventInnen der Bundesbildungsanstalt für Kindergartenpädagogik (BAKIP) in
ihrer Ausbildung mit den Zielen der Bildungsarbeit zu konfrontieren und bestmöglich auf
die Praxis vorzubereiten. (Das Gesetz für eine
gemeinsame Ausbildung für Kindergarten- und
HortpädagogInnen und PflichtschullehrerInnen
auf Hochschulniveau, wie es bereits in allen
anderen europäischen Ländern geschieht, steht
vor dem Abschluss.)
Eine weitere Möglichkeit der Implementierung
war auch die Schaffung von Modelleinrichtungen, die in den unterschiedlichen Regionen
der Steiermark installiert wurden. Intensive
Begleitung und Fortbildungsangebote standen
zur Verfügung und im Anschluss daran dienten
diese den anderen Einrichtungen als Hospitationsstätten. Hier konnten noch Änderungen
und Verbesserungen angeregt werden. Auch
eine wissenschaftliche Begleitung unterstützte
die Initiativen.
Ein Bildungsplan oder -programm kann nichts
Statisches, nichts Abgeschlossenes sein, sondern ist wie ein Biotop im Wandel und Wachsen und hat sich an veränderte Bedingungen
anzupassen. Im besten Falle zum Positiven der
Kinder und auch der PädagogInnen.
Wie hat sich das Programm auf die Kinder
ausgewirkt? Was fällt den Eltern auf?
Eigentlich braucht ja jedes Kind seinen eigenen
Bildungsplan, wenn man die Forderung nach
Individualisierung ernst nimmt. So ist klarer geworden, dass die Beobachtung und Dokumentation jedes einzelnen Kindes, auch des unauffälligen, angepassten notwendig ist, um für
das Kind, um für die Gruppe planen zu können
und mit den Kindern das Bildungsprogramm
so spannend wie möglich zu gestalten. Kinder
gehen üblicherweise gerne in die Einrichtung,
Implementierung
16
wo ihnen einerseits etwas angeboten wird, das
sie interessiert, das ihre Neugierde befriedigt
und das sie andererseits als Individuum und als
Teil der Gemeinschaft wahrnimmt. Den Eltern
fällt auf, dass die Kinder regelmäßig ausgeglichen nach Hause kommen, dort auch weiter
erkunden und erforschen wollen, fragend und
suchend nach Neuem durch die Welt gehen.
Das kann manchmal nach einem arbeitsreichen
Tag auch sehr anstrengend sein.
Es gilt noch immer das Konzept des SelbstBildungsprozesses. Lerngelegenheiten werden
den Kindern geboten, in denen sie einerseits
sich selbst und die Umwelt durch Erfahrungen
wahrnehmen und empfinden lernen, andererseits über Anregungen von Erwachsenen sozusagen aus zweiter Hand zu Problemlösungen
finden können.
Bildung als Wissenserwerb und Befähigung zu
einer selbst bestimmten Lebensführung wird
gerade im jungen Alter als »eigen-sinniger Prozess des Subjekts« empfunden (vgl. BMFSFJ;
2001).
Was haben die PädagogInnen davon?
Die PädagogInnen haben sich intensiv in Fortbildungsveranstaltungen mit den vorgegebenen Bildungsprogrammen auseinandergesetzt, sich mit anderen KollegInnen, im Team und nicht zuletzt
über Selbstreflexion mit der persönlichen und gemeinsamen beruflichen Realität beschäftigt. Sie wissen, dass Kinder keine »inszenierte Kinderwelt« brauchen, sondern verlässliche Bindungen und
anregende Umwelterfahrungen mit der Möglichkeit von unmittelbarer Sinneserfahrung, welche die Selbst-Bildung der Kinder erst
sicherstellt. Es ist ihnen bewusst, das es viele »Orte des Lernens«
gibt. Einer dieser Orte befindet sich in der Einrichtung, wird von
den PädagogInnen zur Verfügung gestellt und begleitet und kann
von den Kindern genutzt werden.
Wie reagiert die Gesellschaft darauf?
Die frühe Bildung hat durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse
der letzten Jahre und durch Erfolge in der Praxis an Bedeutung
gewonnen. Der Kindergarten und die anderen außerschulischen
Einrichtungen sind als dynamische Institutionen ein Lebens- und
Erfahrungsraum für Kinder, Eltern, PädagogInnen und andere Erwachsene geworden.
Die Verbindlichkeit eines Basisplans und die Freiräume der
einzelnen Einrichtungen in pädagogischen Belangen sind kein
Widerspruch mehr. So kann der »Schatz der frühen Kindheit«
(vgl. Elschenbroich 2002) lebendig gehalten werden. 
17
Die Kiste
Kinder im Bildungsraum gestalten lassen
Dr.in Waltraut Hartmann, Charlotte-Bühler-Institut, Wien
Bildung braucht Ziele
Die Kiste
Bildungskonzepte und Bildungspläne für den Kindergarten
Gruppengröße, Betreuungsschlüssel und Ausbildung: Die erfolgreiche Implementierung eines neuen Bildungsplans
für den Kindergarten ist nur dann möglich, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
In Österreich ist der Begriff »Bildung« eng mit dem Kindergarten
verbunden. Schon in den Siebzigerjahren wurde ein offenes Curriculum für den Kindergarten entwickelt: »Bildung und Erziehung im
Kindergarten« (Niederle, Michelic & Lenzeder, 1975, 1. Auflage).
1987 erfolgte eine Neubearbeitung. Dieser Rahmenplan wurde in
Österreich in der Ausbildung von KindergartenpädagogInnen sowie
in der praktischen Arbeit in Kindergärten verwendet und fand auch
Eingang in die Bildungsarbeit vieler Kindergärten in Deutschland.
Er ist in elf Bildungs- und Erziehungsbereiche gegliedert, die auf
den Dimensionen kindlicher Entwicklung basieren, wie emotionale
Erziehung, Sozialverhalten, Sexualerziehung, Wertverhalten, Religiös-christliche Erziehung, Kreativität, Denkförderung, Sprachbildung, Bewegungserziehung, Lern- und Leistungsverhalten, Umweltbewältigung.
Transaktionales Bildungskonzept in Österreich
Nachdem dieser Rahmenplan nicht mehr als Schulbuch für die
Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik approbiert wurde,
hat das Charlotte-Bühler-Institut einen ersten wichtigen Teil eines
neuen Bildungskonzepts für den Kindergarten erarbeitet: Bildungsqualität im Kindergarten. Transaktionale Prozesse, Methoden, Modelle. (Hartmann, W. ,Stoll, M., Chisté, N., Hajszan, M.,2000).
Bildung nach Plan: Im Vordergrund steht heute die Qualität der Lernprozesse
Bildungsplan
18
In diesem Bildungskonzept sind pädagogische Grundorientierungen ausformuliert,
denen neue entwicklungspsychologische,
pädagogische und soziologische Erkenntnisse zu Grunde liegen, wie:
•D
as Bild vom Kind als aktiven Gestalter
seiner eigenen Entwicklung
•D
ie Rolle der KindergartenpädagogIn
bei der aktiven Auseinandersetzung der
Kinder mit sich selbst und ihrer Umwelt
•D
ie Funktion des Kindergartens als
eigenständiger Lebensraum, in dem die
Wechselbeziehungen zwischen den Kindern und ihrer Umwelt im Vordergrund
stehen
•D
er transaktionale Ansatz, der die Austauschprozesse zwischen den Kindern
und ihrer Umwelt näher analysiert.
eine rasante Entwicklung von Bildungsplänen für den Kindergarten stattgefunden. In fast allen Bundesländern wurden zielorientierte Bildungspläne entwickelt, wie etwa in Bayern (2006), in
Nord­rhein-Westfalen (2003), Berlin (2004), Brandenburg und
Mecklenburg-Vorpommern (2004) oder in Hessen (2005), um nur
einige Beispiele zu nennen.
Übereinstimmung gibt es bei den Bildungsplänen in Deutschland
hinsichtlich der Formulierung folgender Bildungsziele:
•S
prachliche Bildung, Kommunikation,
häufig inkl. Schriftkultur
• Mathematische Bildung
• Naturwissenschaftliche Bildung
• Technische Bildung
• Ästhetische Bildung oder Bildnerische Bildung
• Kulturelle Bildung
• Soziale Bildung
• Gesundheitliche Bildung
• Bewegungsförderung
Die Qualität der Lernprozesse
Für die komplexen Wechselbeziehungen zwischen Kind und Umwelt, die heute in allen
Bildungsplänen betont werden, wurde – aufbauend auf den Forschungen von Piaget, Bronfenbrenner, Vygotsky, Oerter, Wolf u. a. (zitiert
nach Hartmann, Stoll, Chisté & Hajszan, 2004,
S. 59 ff) – ein Modell erarbeitet, das diese transaktionalen Beziehungen zwischen den Kindern
und ihrer Umwelt analysiert. Transaktionale
Bildungsprozesse basieren auf den gegenseitigen Veränderungen von Kind, kultureller und
sozialer Umwelt innerhalb und außerhalb des
Kindergartens.
Aus postmoderner Perspektive gesehen, steht
dabei nicht ausschließlich das Erreichen von
ganz bestimmten Bildungszielen im Vordergrund, sondern der Blick richtet sich ver­stärkt
auf die Qualität der Lernprozesse. Dabei kommt
den Prozessen der Orientierung an der Realität
(Objektivierung), der Anpassung der Bildungsinhalte an die eigenen individuellen Bedürfnisse
(Subjektivierung) und den Prozessen des Mitgestaltens (Aneignung) bzw. der Verwirklichung
von eigenen Ideen (Vergegenständlichung) zentrale Bedeutung zu.
Zielorientierte Bildungspläne
Im Gegensatz zu diesem sehr offenen systemischen Bildungskonzept in Österreich hat in
den letzten Jahren vor allem in Deutschland
Die Bereiche Religion, Ethik, Philosophie, Werterziehung, Medien,
Politik und Gesellschaft, Umwelt, Emotionale Beziehungen sind
nicht überall verankert (vgl. auch Eichhorn, 2005, S. 20).
Neue Ziele und Schwerpunkte in europäischen
Bildungskonzepten
Die neuen Bildungspläne unterscheiden sich von den älteren Bildungskonzepten durch die Betonung einiger sehr wichtiger Schwerpunkte:
• In internationalen postmodernen Bildungskonzepten wird Bildung
als sozialer Prozess verstanden, an dem Kinder, pädagogische
Fachkräfte und Eltern beteiligt sind. Dieser Sozialkonstruktivismus wird z. B. in Australien vertreten. Bayern, Hessen und
Dänemark wollen die Eltern in Einrichtungsbeiräten oder in Koordinierungsausschüssen zur Mitverantwortung einladen
• Ausweitung der Bildungspläne auf Kinder unter drei Jahren
•A
nstelle von Wissen steht Lernkompetenz im Mittelpunkt. Stärkung von Metakompetenzen. Dem Bild vom Kind wird besonderer
Wert zugemessen: Betonung des Selbstkonzepts, des Selbstwertgefühls und der Selbstregulationsfähigkeit. Das Kind wird als
Regisseur seiner Entwicklung gesehen
• Entwicklung des Selbstvertrauens und der Selbstwirksamkeit
• Sprachkompetenz, häufig ergänzt durch Schriftkultur (Literacy)
• Interkulturelle Kompetenz zur Bewältigung der kulturellen Diversität und sozialen Komplexität
•V
erstärkte Beratungs- und Professionalisierungsangebote für
Fachkräfte
• Soziale Mitverantwortung der Kinder.
(Vgl. Fthenakis, 2003, Hartmann et al., 2004a, b)
19
Die Kiste
• Musik
Die Kiste
Ein zielorientierter Bildungsplan auch für
Österreich?
Im Länderbericht »Starting Strong« der OECD
für Österreich wird empfohlen, »gemeinsame
Wertvorstellungen und Bildungsziele, die Österreich für seine jungen Kinder als wichtig
erachtet, in einem Rahmenplan zu formulieren«
(OECD, 2006).
Wenn in Österreich diesem Ruf nach einem
zielorientierten Bildungsplan gefolgt wird, dann
muss jedenfalls darauf geachtet werden, dass
dieser durch Offenheit, kulturelle Vielfalt und
Komplexität charakterisiert ist.
Vor- und Nachteile eines zielorientierten
Bildungsplans
Die Betonung des Spiels als kindliche Lernform ist besonders wichtig
Brückenschlag zur Schule
Dem Brückenschlag vom Kindergarten zur Schule – heute auch
Transition genannt (Griebel & Niesel, 2004), wird, wie schon in den
Siebzigerjahren, in neuen Bildungskonzepten auch heute wieder
große Bedeutung zugemessen. Aus diesem Grund nähern sich die
Strukturen und die Terminologie der Bildungspläne von Kindergarten und Grundschule aneinander an. Als Bildungsziele werden
in den meisten Bildungskonzepten nicht mehr die Dimensionen
der kindlichen Entwicklung herangezogen, wie noch bei Niederle,
Michelic & Lenzeder (1975), sondern eher Schulfächer, wie etwa
Mathematik, technische Bildung, Medien, Umwelt etc. Auf diese
Weise soll die Anbindung an die Schule leichter gemacht werden.
Der Bildungsschock, den die schlechten Ergebnisse der PISA-Studie 2000 in Deutschland
ausgelöst haben, ist wesentlich für die Ausformulierung von ganz konkreten, verbindlichen
Bildungszielen verantwortlich. Der Vorteil von
zielorientierten Bildungsplänen besteht darin,
dass der Beliebigkeit der Bildungsarbeit in der
Kindergartenpraxis – wie es in offenen, pluralis­
tischen Bildungskonzepten möglich war – ein
Riegel vorgeschoben wird. Ein festgeschriebener Bildungsplan sollte kontrolliert und regelmäßig evaluiert werden.
Die Formulierung von ganz bestimmten, detaillierten Lernzielen und die Betonung der
Lernkompetenz birgt andererseits die Gefahr in
sich, dass das kindliche Spiel zu kurz kommt.
Daher ist die Betonung des Spiels als kindliche
Lernform besonders wichtig!
Die grundlegende Bedeutung des Lernens im
Spiel wurde auch im österreichischen Lehrplan
für die Volksschule und für die Vorschulstufe
von 1986 festgeschrieben. Dazu zählen verschiedenste Formen des Spiels, wie das Freie
Spiel, das Interaktionsspiel, das Experimentierund Konstruktionsspiel, das Regelspiel und das
Bewegungsspiel (Wolf, 2003, S. 29).
Bis heute ist es in Österreich gelungen, Kinder im Kindergarten vor einem verfrühten Leis­
tungsdruck zu bewahren. Der Kindergarten hat
die Frühlernbewegung in den Siebzigerjahren,
die ursprünglich durch den »Sputnik-Schock«
in den USA entstanden ist, gut bewältigt und
muss nun verantwortungsvoll und maßvoll auf
den »Pisa-Schock« reagieren.
Auf jeden Fall muss die Gefahr eines verfrühten
Leistungsdrucks auf Vorschulkinder rechtzeitig
gesehen und vermieden werden: Die überwie-
Bildungsplan
20
Amerikanische Forscher, wie Postman (1987)
und Elkind (1992) warnen in den USA vor dem
»Verschwinden der Kindheit« und vor der Hetzjagd, der die Kinder schon im Kindergartenalter
ausgeliefert sind.
Notwendige Rahmenbedingungen
zur Implementierung eines neuen
Bildungsplans
Literatur
www.charlotte-buehler-institut.at
•D
eutsche Bildungspläne im Internet:
www.bildungsserver.de, Link »Elementar­bildung«,
Link »Zum ­Bildungsauftrag in Kindertagesbetreuung«, 22.2.05
• Elkind, D. (1992)
Das gehetzte Kind. Werden unsere Kleinen zu schnell groß?
­Bergisch-Gladbach: Bastei-Lübbe TB
• F thenakis, W.E. (2003)
Zur Neukonzeptualisierung von Bildung in der frühen Kindheit.
In W.E. Fthenakis (Hrsg.). Elementarpädagogik nach PISA.
Wie aus Kindertagesstätten Bildungseinrichtungen werden können
(19–37). Freiburg i. Breisgau
• F thenakis, W.E. (2003)
Bayrischer Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in Tages­
einrichtungen. Entwurf für die Erprobung. Weinheim: Beltz
Die erfolgreiche Implementierung eines ­neuen
Bildungsplans für den Kindergarten ist nur
dann möglich, wenn die Rahmenbedingungen
stimmen. Im Vergleich zu anderen Ländern
der EU sind in Österreich zentrale Qualitätskriterien, wie z. B. die Gruppengröße, der Personal-Kind-Schlüssel oder die Ausbildung des
Kindergartenpersonals, auf einem zu niedrigen
Niveau. Das Charlotte-Bühler-Institut hat daher
auch für diese Rahmenbedingungen Qualitätsstandards und Empfehlungen zur Qualitätssicherung und Qualitätsoptimierung formuliert
(Vgl. Hartmann, W. & Stoll. M. [2004]).
• Eichhorn, J. (2005)
Konsequenzen aus dem Schock. In Kiga heute, Heft 1
Das Charlotte-Bühler-Institut hat außerdem in
Zusammenarbeit mit PädQuis (Berlin) ein Qualitätsfeststellungsverfahren für den Kindergarten
vorgelegt, das außer der Prozessqualität auch
die Strukturqualität bewertet und die Grundlage
für eine Qualitätsentwicklung im Kindergarten
und auch in Kinderkrippen bietet (siehe www.
charlotte-buehler-institut.at).
• Liegle, L. (2007)
Pädagogische Konzepte und Bildungspläne – wie stehen sie
­zueinander? kindergarten heute, 1/2007
Integration von Bildungskonzepten und
Bildungsplänen
Bildungskonzepte und zielorientierte Bildungspläne können einander nicht ersetzen (Liegle,
2007). Sie können einander aber sehr gut ergänzen: Ein Bildungskonzept bildet immer das
Grundgerüst, in dem die pädagogische Position
und pädagogische Prinzipien festgelegt sind,
denen sich die Lernziele und Methoden anpassen müssen. Insofern lassen sich auch in
Österreich vorhandene Bildungskonzepte durch
konkrete Lernziele erweitern und präzisieren
und in einen neuen, offenen Bildungsplan integrieren. 
• Griebel, W. & Niesel, R. (2004)
Transitionen. Fähigkeiten von Kindern in ­Tageseinrichtungen
­fördern, Veränderungen ­erfolgreich bewältigen. Weinheim: Beltz
•H
artmann, W. & Stoll. M. (2004a)
Mehr Qualität für Kinder. Qualitätsstandards und Zukunfts­
perspektiven für den Kindergarten. Bd. 1 d. Schriftenreihe d.
Charlotte-Bühler-Instituts, 1. Aufl. Nachdruck, Wien: öbv&hpt
• Hartmann, W., Stoll, M., Chisté, N. & Hajszan, M. (2004b)
Bildungsqualität im Kindergarten. Transaktionale Prozesse,
­Methoden, Modelle. Bd. 2 d. Schriftenreihe d. Charlotte-BühlerInstituts, 1. Aufl. Nachdruck. Wien: öbv&hpt
• Niederle, Ch., Michelic, E. & Lenzeder, F. (1987)
Bildung und Erziehung im Kindergarten. Bildungs- und
­Erziehungsziele, Methodische Hinweise, Praktische Anregungen.
1. Aufl. 1975.
• OECD (2006)
Starting Strong. Early Childhood Education and
Policy. ­Länderbericht für Österreich.
www.oecd.org/dataoecd/57/58/36657509.pdf
• Postman, N. (1987)
Das Verschwinden der Kindheit. Frankfurt/Main: Fischer TB
• Rauschenbach, Th. (2004)
Bildung für alle Kinder: Zur Neubestimmung des Bildungsauftrags
in Kindertageseinrichtungen. In: I. Wehrmann (Hrsg.) Kinder­
gärten und ihre Zukunft. Weinheim: Beltz
• Wolf, W. (2001)
Grundzüge der Entwicklung der Volksschullehrpläne.
In W. Wolf (Hrsg.). Kommentar zum Lehrplan der Volksschule.
Wien: öbv&hpt
• Wolf, W. (2003)
(Hrsg.). Lehrplan der Volksschule. Wien: öbv&hpt
21
Die Kiste
gend spielerische Aneignung von Welt, die nicht
durch standardisierte Tests, sondern die durch
individuelle Rückmeldung geprägten Interak­
tionsformen zwischen Erzieher(inne)n und Kindern eröffnen die Möglichkeit einer anderen
Form, eines individuelleren Konzeptes des Lernens (Rauschenbach, 2004, S. 118).
»Kann man Bildung planen?«
Die Kiste
Festschreiben von Bildungszielen – weg von einer pädagogischen Beliebigkeit.
Michaela Marterer,
Mitarbeiterin der Steirischen volkswirtschaftlichen Gesellschaft.
Diese versteht sich als
Bildungseinrichtung und
als Schnittstelle zwischen
Bildung und Wirtschaft.
Sighilt Petritsch,
Kindergartenpädagogin,
unterrichtet an der Bundesbildungsanstalt für Kindergartenpädagogik Graz,
Abteilungsvorständin.
Luise Hollerer,
Psychologin und Koordinatorin der Humanwissenschaften an der Pädagogischen Akademie GrazEggenberg, im Mo­ment
betraut mit der Umstrukturierung der Pädagogischen
Akademie in die Kirchliche
pädagogische Hochschule
der Diözese Graz Seckau.
Eine Psychologin, ein Vater, eine Kindergartenpädagogin, eine Vertreterin der Wirtschaft und eine Vertreterin der Ausbildung haben
auf Einladung der FA 6B an einem Gespräch zum Thema Bildung
und Qualität in der Betreuung von Kindern im außerschulischen
elementaren Bereich teilgenommen.
Ingrid Krammer,
Kindergartenpädagogin
und Leiterin eines
Privatkindergartens in
Graz-Waltendorf.
Bernhard Seidler,
Vater eines vierjährigen
Sohnes, der zurzeit die
Integrationsgruppe des
Heilpädagogischen Kindergartens des Landes Steiermark am Rosenberggürtel
besucht.
Was wünschen Sie sich als Vater von einer
Kinderbetreuungseinrichtung?
Bernhard Seidler Ich erlebe den Kindergarten
als einen wunderbaren Ort, mein Sohn geht
gerne hin, es gibt Tage, wo er gar nicht heimZur Diskussion stand die Frage nach der Festschreibung von Bilgehen mag. Ich habe das Gefühl, es gefällt ihm
dungszielen – weg von einer pädagogischen Beliebigkeit.
dort. Er ist fröhlich, hat keinen Zeitdruck und
keinen Leistungsdruck. Er kann Kind sein. Ich
Ist die Steiermark reif für einen Bildungsplan? Und: Was passiert
erwarte mir von dieeigentlich jetzt in den Einrichtungen?
ser Einrichtung, dass
Was steht im Gesetz? Was ist der Auftrag
»Ich erwarte mir vom Kindergarten, dass das dort das Wohl meines
der PädagogInnen? Was wünschen sich
Kindes im MittelWohl meines Kindes im Mittelpunkt steht.«
die Eltern? Was erwartet sich die Wirtpunkt steht, dass er
(Bernhard
Seidler)
schaft? Und was brauchen die Kinder?
bestmöglich gefordert
Worauf werden zukünftige PädagogInnen
und gefördert wird.
in der Ausbildung vorbereitet?
Und ich erwarte mir, dass der Kindergarten
Diese und andere Fragen wurden am Runden Tisch diskutiert, modie Funktion der Kinderbetreuung übernimmt,
deriert von Dr.in Ingeborg Schmuck und Mag.a Martina Grötschnig,
im ganz klassischen Sinn. Genauso wie ich mir
beide aus der Fachabteilung 6B.
von den PädagogInnen regelmäßige Rückmeldungen erwarte.
Runder Tisch
22
Ingrid Krammer Ich könnte mir vorstellen,
dass KindergartenpädagogInnen mit einem
Bildungsplan etwas unter Druck kommen, da
der Bildungsplan konkrete Vorgaben beinhaltet.
Obwohl: Bildung im Kindergarten ist nicht neu!
Wir haben in unserem Kindergarten zum Beispiel einen mathematischen oder sprachlichen
Bereich, der kindgerecht aufbereitet wurde und
jederzeit nach Interesse einsetzbar ist.
ren, dass ihr Kind im Kindergarten die Möglichkeit hat, sich selbst
zu erfahren, sich mit sozialen Konflikten und deren Lösungen auseinanderzusetzen, Freude am Singen und Spaß am Theaterspielen
zu entdecken oder Bewegungsmöglichkeiten auszuprobieren uvm.
Lesen, Schreiben, Rechnen sehe ich als Aufgaben der Schule, obwohl ein erstes Vertrautwerden mit Zahlen und Buchstaben auch
schon im Kindergarten angeboten und genutzt wird. Der Übergang
vom Kindergarten in die Schule sollte unbedingt verbessert werden. Unsere Kinder verfügen über ein großes soziales Erfahrungsfeld – sie sind sehr kreativ im Finden von Lösungen jeglicher Art
und diskutieren schon tüchtig mit. Dann kommen sie in die Schule
und lernen dort: »Einer sagt, was richtig ist, und wenn ich das
nicht schaffe, dann bin ich schlecht.« Dieses System ist für mich
sehr fragwürdig.
Durch den Bildungsplan erhält das Kind eine
neue Rolle: Es ist nicht mehr das zu formende
oder das zu belehrende Kind. Statt dessen
bringt sich das Kind als ein aktiver Mitgestalter
Was hat denn die Ausbildung für eine Position zum Bildungsplan?
ein. Das heißt: Das Kind bestimmt, in welchen
Sighilt Petritsch Natürlich bin ich dafür, dass es einen BildungsBereichen es wann lernen will, wie viel Bildung
plan
für Vorschulkinder gibt. In diesem sollten Richtlinien festgees annehmen wird. Dementsprechend setze
legt werden, die kulturelle, pädagogische,
ich meine Angebote
psychologische, soziologische, musischund erweitere die»Ein Bildungsplan soll Richtlinien festlegen.« kreative, natürlich auch religiöse und nase schrittweise. Von
turwissenschaftliche Erziehungsaspekte
(Sighilt Petritsch)
einem Bildungsplan
beinhalten.
erwarte ich mir, dass
klare, konkrete Anregungen gegeben werden, wie Kinder durch LerWer sollte diesen Bildungsplan entwerfen?
nen und Reflektieren zunehmend SelbstkomSighilt Petritsch ExpertInnen aus den unterschiedlichsten Forpetenz in vielen Bereichen entwickeln können,
schungsrichtungen. PädagogInnen, PsychologInnen und Natur­
welche sie für ihr weiteres Leben bei ÜbergänwissenschaftlerInnen anderer Disziplinen, SoziologInnen und
gen und bei unvorhersehbaren Veränderungen
­natürlich auch KünstlerInnen. Das heißt: Die PraktikerInnen – die
unbedingt brauchen. Sollte der Kindergarten
KindergartenpädagogInnen – sollten den Bildungsplan umsetzen,
mit einem Bildungsplan künftig mehr als Bildie TheoretikerInnen sollten ihn entwerfen.
dungseinrichtung wahrgenommen werden, würde mich das sehr freuen. Natürlich müsste
Ingrid Krammer Für mich ist es inakzeptabel, dass die Praktikedafür auch die Ausbildung der PädagogInnen
rInnen
nicht dabei sein sollen. Eine gute Mischung aus Theoretikeneu konzipiert werden.
rInnen und PraktikerInnen wäre fein, damit der Bildungsplan auch
gut umgesetzt werden kann.
Eltern erwarten sich Fördern und Fordern.
Zwei Bereiche, die sozusagen auf zwei verschiedenen Polen liegen. Wie stehen Sie als Pädagogin
zu diesen Erwartungen?
Ingrid Krammer Eltern haben prinzipiell den
Wunsch, dass ihr Kind bestmöglich gefördert
wird. Durch die Pisa-Ergebnisse der letzten
Jahre sind Eltern verunsichert: Viele wollen
Frühförderungen in möglichst vielen Bereichen
wie Englisch, Turnen, Musik uvm. Wenn wir
diese Bereiche im Kindergartenalltag alle jeden
Tag anbieten würden, hätten die Kinder kaum
mehr für sich und ihre Spiele Zeit. Mein pädagogischer Ansatz ist es, Kinder ihren Bedürfnissen entsprechend abzuholen: welche Interessen, Bedürfnisse haben sie und wie kann ich
diese mit einem Angebot im Kindergartenalltag
eingliedern. Den Eltern versuche ich zu erklä-
Einige KindergartenpädagogInnen fühlen sich schon heute sehr
überfordert: Kinder mit Migrationshintergrund, Sprachticket, Vorschule, die vielen sozialen Konflikte, die sich im Kindergarten
abspielen. Für sie kann der Bildungsplan eine weitere Bürde sein:
die vielen verschiedenen Bereiche anbieten, das Evaluieren braucht
Zeit, mit Eltern das Ergebnis besprechen uvm. Die Kindergarten­
pädagogIn bekommt immer mehr Aufgaben, die ihr vorgelegt
werden, mit der Umsetzung wird sie aber oft allein gelassen und
es bleiben Machtlosigkeit und Frustration zurück.
Sighilt Petritsch Nichts ist praktischer als eine gute Theorie. Und
das eine ist die Aufgabe der TheoretikerInnen und das andere ist
die Aufgabe der PraktikerInnen. WissenschafterInnen haben erheblich weniger freie Zeit zur Verfügung, als so manche KindergartenpädagogIn sich das vorstellen kann. Man hat oft den Eindruck,
dass einzig KindergartenpädagogInnen schwer über- und belastet
seien. So ist es nicht.
23
Die Kiste
Was erwarten Sie sich als Pädagogin von einem
Bildungsplan?
Die Kiste
Was ist denn die Position der Wissenschaft in Bezug auf Bildungs­
pläne? Und: Was brauchen die Kinder?
bedeutet denn Bildung und was bedeutet Betreuung? Mit den Bildungsplänen sehe ich die
Gefahr der Normierung. Auf der Betreuungs­seite
muss auf die Individualisierung stärker Wert gelegt werden. Das ist eine Sache, die ich eher
gefährdet sehe.
Luise Hollerer Es braucht die abgesicherte Betreuung im sozial­
emotionalen Bereich, um überhaupt eine Grundlage für Bildung zu
legen. Das ist eine wissenschaftliche Voraussetzung, hat aber auch
wirtschaftliche, soziale oder gesellschaftspolitische Komponenten.
Daher ist es wichtig, dass diese GrundNun zur Seite der Wirtbetreuung der Kinder gewährleistet und
»Mit einem Bildungsplan besteht die Gefahr schaft, der es ja auch
gesichert ist. Darauf wird Bildung indivifrüher Normierung.«
um die Brauchbarkeit
duell aufbauen. Mir gefällt es, dass wir
und Ökonomisierung
(Luise
Hollerer)
in Österreich eine Terminologie haben,
von Wissen geht. Wie
die sogar in den englischen Wortschatz
also steht die Wirtübernommen wurde, nämlich der Begriff »Kindergarten«. Dieschaft
zur
Bildung
nach
Plan
im Vorschulalter?
ser impliziert: Wachstum, Werden, Raum geben, Zulassen, mit
Michaela Marterer Auch Industrie und WirtBedingungen, an die man sich anpassen muss – assimilieren,
schaft haben sich Gedanken im Sinne unserer
akkommodieren im Piaget'schen Sinn. Die Frage ist, ob wir mit
veränderten Lebensbedingungen gemacht. Wie
Bildungsplänen von einem Garten in ein Treibhaus gehen oder in
könnte eine Schule anders aussehen? Festgeeine zurechtgestutzte Obstbauanlage. Das sind so Bilder, die mir in
halten wurden die Ideen dazu in »Zukunft der
den Sinn kommen. Hier Pläne zu machen bietet natürlich Vorteile.
Bildung Schule 2020«. Hier kann man die vorBietet doch die Wissenschaft gut gesicherte Erkenntnisse über
schulische Erziehung nicht ganz fallen lassen.
spezifische Entwicklungsleistungen und Bedürfnisse. Diese könnte
Wobei hier keine vorschulische Erziehung im
man gezielt für Förderung nutzen.
Kindergarten gebunden an fachliche QualifikaWelche Chancen bieten Bildungspläne im Hinblick auf die Förderung?
tionen gefordert
wird. Viel eher
Luise Hollerer Bei der Hochbegabungsförderung sieht man, welgeht es darum, diesen
che Auswüchse das in alle Richtungen haben kann, nicht zuletzt,
weil natürlich auch Wirtschaftsinteressen dahinterstehen, früh in
diese Bildung zu investieren, und das, was die Wissenschaft etabliert, umzusetzen, um doch in Richtung Treibhaus zu gehen.
Das ist eine Sache, die ich sehr stark orte.
Auf der anderen Seite konnte ich ja als Mutter von drei
Kindern die Möglichkeit nutzen, diese Institution, in der
meine Kinder außerhäuslich gebildet werden, auch intern
kennenzulernen. Ich konnte die qualitätsvolle Arbeit wahrnehmen, wo ich auch als Mutter viel lernen konnte. Ich sehe
nun aber auch die Friktionsflächen. In Staaten mit Bildungsplänen gibt es eine klare Nennung, wie weit Kinder in ihrer
Entwicklung sein sollten. Das bringt alle unter Druck. Eltern
nehmen diesen besonders stark wahr, weil sie spüren, welche
Anforderungen in einer leistungsorientierten Gesellschaft an
sie gestellt werden, mit welchen Unwägbarkeiten und Unsicherheiten sie zu Rande kommen müssen. Viele glauben
daher, dass ein möglichst hoher Bildungsabschluss das wichtigste ist, das sie ihren Kindern mitgeben können. Das führt
zu stärkerer und früherer Leistungsorientierung. Ich erlebe es
auch als klinische Psychologin komplett zweigespalten. Auf
der einen Seite bin ich in der integrativen Zusatzbetreuung
mit Kindern konfrontiert, wo ich weiß, die brauchen Zeit
im Garten, um zu wachsen. Mit all den Anregungsmöglichkeiten und Bedingungen, mit all den Kletter- und
Rankhilfen, die es da gibt. Und: Es braucht bei einem
fünfjährigen Kind, das sechsstellige Zahlen addiert
und subtrahiert, andere Möglichkeiten, um darüber
hinauszuwachsen. So stelle ich mir die Frage: Was
Runder Tisch
24
entstanden ist. Es gibt Kinder, die überfordert sind, sie haben
nicht die gleichen Chancen, schon beim Einstieg. Daher auch die
Überlegung des Startschuljahres im fünften Lebensjahr, staatlich
finanziert, wo auf einer gemeinsamen Basis gebildet wird, so dass
auch jedes Kind den Übergang in die Schule bewältigen kann.
Natürlich muss dazu auch die Schule reformiert werden, das ist
selbstverständlich.
Bildungspläne sollten
darauf ausgerichtet
»Mit einem Startschuljahr
Dieses Startschuljahr sollte im
sein, die PersönlichKinder­garten
stattfinden?
den
Übergang
leichter
machen.«
keit des Kindes zu
So, wie es definiert
(Michaela
Marterer)
Michaela
Marterer
stärken. Keinesfalls
ist,
ist
es
ein
Startschuljahr,
das als eigesollte schulische Bilne
Bildungsphase
im
letzten
Kindergardung vorweggenommen werden, sondern der
tenjahr
definiert
ist
und
nach
kindergartenpädagogischen
MethoÜbergang sollte den Kindern leichter gemacht
den aufbereitet wird.
werden. Im Bereich der sozialen Kompetenzen,
Bernhard Seidler Wo sehen Sie die Mängel? Oder: Wo hat Ihrer
im Bereich des kommunikativen Verhaltens und
Ansicht nach der Kindergarten einen Aufholbedarf?
Ausbau der sprachlichen Fähigkeiten. Keine
fachlichen Qualifikationen also.
Michaela Marterer Der Kindergarten sollte die Kinder besser
Ingrid Krammer Sozialer Schwerpunkt, Kommunikation, Ausbau der sprachlichen Fähigkeiten, Persönlichkeitsstärkung
– das sollte heute eigentlich
überall schon passieren.
auf den Umstieg in ein schulisches System vorbereiten. Einfach
zu schauen, wie könnte man vielleicht Konzentrationsphasen einbauen, offenere Lernformen einzuführen, weg vom Frontalen und
ohne Leistungsdruck natürlich aber mit Motivation, Lernfreude und
Begeisterung.
Michaela Marterer Sollte,
ja. Tatsache ist aber, dass
durch die verstärkte Migration und veränderte
familiäre Situationen
ein großer Bruch
Ingrid Krammer Wenn wir einen Bildungsplan haben, dann benötige ich kein Vorschul- oder Startschuljahr. Durch den Bildungsplan
bekommt der Kindergarten einen anderen Wert – wir werden zu
einer Bildungseinrichtung. Eltern sehen uns anders, sie haben die
Möglichkeit, sich an objektiven Kriterien zu orientieren. Dieser
Bildungsplan wird zum Zwischendokument zwischen Eltern
und KindergartenpädagogIn.
Ein Bildungsplan schafft außerdem einen einheitlichen
Standard – der Kindergarten braucht eine messbare Leis­
tung.
Brauchen wir für die Steiermark einen Bildungsplan? Gäbe es da einen Unterschied zu jetzt?
Oder läuft ohnehin schon alles nach Plan?
Ingrid Krammer Wir brauchen für ganz Österreich einen Bildungsplan, nicht nur für die
Steiermark.
Mit einem Bildungsplan wäre unsere Arbeit für
Eltern wesentlich transparenter, da allgemein
gültige Richtlinien aufliegen und eingesehen
werden können. Das heißt: Ich muss meine
Arbeit und die Prozesse erklären können warum
arbeite ich so und nicht anders. Es werden vielmehr Elterngespräche stattfinden. In unserem
Kindergarten werden Elterngespräche außerhalb
der Kindergartenzeit angeboten. Teamgespräche
und Supervison unterstützen uns bei dieser Auf­
gabe. Meine Arbeit als Kindergartenpädagogin teile
ich wie folgt ein: ein Drittel besteht aus Arbeit mit
den Kindern, ein Drittel Elternarbeit und ein Drittel Ar-
25
Die Kiste
Übergang vom Kindergarten in die Schule besser zu schaffen. Angedacht ist dazu ein sogenanntes Startschuljahr, das jetzt nicht nur mit
dem Vorschuljahr in Verbindung gebracht wird,
sondern ein Startschuljahr, das mit Kindergartenpädagogik geführt wird.
Die Kiste
beit mit mir selbst. Auch ich habe meine Schwächen und brauche
jemanden, der mich darauf aufmerksam macht, damit ich an mir
arbeiten kann.
Sighilt Petritsch Da ein Bildungsplan der kindlichen Entwicklung
im gesamtgesellschaftlichen Kontext gerecht zu werden hat, gilt
dieser gesellschaftliche Kontext grundsätzlich für ein ganzes Land,
einen ganzen Staat. Daher ist ein eigener Bildungsplan für einzelne
Bundesländer abzulehnen.
Sind Bildungspläne im Kindergarten auch für Eltern wichtig?
Bernhard Seidler Ja, schon. Ich denke, wir dürfen keine Angst
vor Bildung haben. Es muss transparent sein, es muss mehr
kommuniziert werden. Ich habe den Eindruck, dass die einzelnen
Zuständigen nicht miteinander kommunizieren. Das erwarte ich mir
als Elternteil. Dass mit mir kommuniziert wird und dass aber ich
auch kommunizieren muss, dass dafür quasi ein fixer Rahmen geschaffen wird. Momentan finden diese Gespräche eher sporadisch
statt, dann, wenn es eben passt.
Hätte ein Bildungsplan das Potenzial, die PädagogInnen in ihrer Arbeit zu unterstützen?
Ingrid Krammer Jede KindergartenpädagogIn
hat natürlich Stärken und Schwächen. Es gibt
sicher Bereiche, die man vernachlässigt – ein
Bildungsplan würde alle Bereiche, die vielleicht momentan zu wenig Inhalt haben, sicher
verbessern. Wobei: Ein Bildungsplan macht
aber noch lange keine Qualitätssteigerung aus.
Diese muss mit den PädagogInnen besprochen,
mit Fortbildungen und Persönlichkeitsbildung
begleitet werden.
Braucht die Selbstbildung der KindergartenpädagogInnen einen höheren Stellenwert?
Luise Hollerer Ich denke, das ist auch so ein
Knackpunkt. KindergartenpädagogInnen, die
nach der Bundesbildungsanstalt für Kindergartenpädagogik in den Beruf einsteigen, sind
noch nicht in der Stufe der Adoleszenz. Weil
Bedeutet Bildung: ständig mit dem Kind arbeiten?
ich sowohl an der Universität als auch an der
Oder hat die Pädagogin auch die Aufgabe einfach zu beobachten?
pädagogischen Hochschule mit Personen in der
Ingrid Krammer Nein, auf keinen Fall. Bildung am Kind geschieht
Ausbildung zu tun habe, weiß ich, was in dieser
auch, wenn ich nicht mit den Kindern arbeite, da in dieser Zeit ganz
Phase eigentlich passiert. Kindergartenpädagoandere Prozesse ablaufen – ganz andere Spiele gespielt werden.
gInnen sind ähnlich wie Studierende zwischen
Hier kann ich wahrnehmen, was sie bisher gelernt haben. Wenn
18 und 21 Jahre alt. Sie orientieren sich stark
ich den Bewegungsraum betrete, ändert sich das Spielverhalten
an der Benotung der MentorInnen und Praxis– deshalb beobachte ich sehr gerne. Für mich ist es ein Zeichen
betreuerInnen. Und: Sie haben einen gewissen
der Schulreife, wenn Kinder es schaffen,
Anpassungsdruck.
eine Spieleinheit im Turnsaal zu sechst
Sie entwickeln ihre
mit diversen Materialien wie eine Hän»Durch den Bildungsplan wird der
persönliche Identigematte, Matratzen, Langbank, Tüchern,
Kindergarten für die Eltern zu einer
tät innerhalb dieser
Bällen, Bauklötzen zu verbringen. Sie
pädagogischen Einrichtung.«
Anpassungsleistung.
bauen dort Inseln, unterirdische Gänge
(Ingrid Krammer)
Und doch braucht
und vermessen diese. Sie legen Laufstrees die Individualisiecken durch den Turnsaal und messen die
rung. Um einen Beruf
Zeit mit Stoppuhren. Sie schreiben Startnummern auf, laden Gäste
auszuüben, der sie nicht ausbrennt, der Freude
zum Zuschauen ein usw. Wenn sich ein Kind leicht verletzt, verbereitet. Erst dann haben sie die Möglichkeit,
sorgt zuerst die Gruppe das Kind mit einem »Kühlbärli«. Natürlich
auf Kinder einzugehen, auf Eltern einzugehen.
biete ich meine Hilfe an, aber sie antworten: »Nein, wir machen das
Das kann erst dann erfolgen, wenn die junselber!« In solchen Situationen habe ich das Gefühl, dass ich gute
ge PädagogIn als »Ich-Person« dasteht, die in
Arbeit geleistet habe, und ich sehe, dass Kinder Selbstkompetenz
der Lage ist zu reflektieren. Der Selbstbildung
und Selbstverantwortung kennen. Diesen Arbeitsprozess muss
sollte mit Fort- und Weiterbildung ein hoher
ich den Eltern erklären, da sie es oft nur als Spielerei der Kinder
Stellenwert eingeräumt werden.
wahrnehmen. Mir sind diese Prozesse sehr wichtig, denn gerade
Am Ende des Gesprächs waren sich alle einig,
im Kindergartenalltag ist dafür ein guter Platz. Wenn sechs Kinder
dass ein Bildungsplan im elementaren Bereich
unter sich sind, übernehmen sie ein hohes Maß an sozialer Verantsinnvoll ist. 
wortung. Sie sind in der Lage, sich alles mit Worten auszumachen
– wer welches Lager hat, wer mit wem spielt, wer wann an die
Reihe kommt, nach welchen Regeln der Gewinner der Laufstrecke
ermittelt wird usw. Bei diesen Lösungsprozessen fühlt sich das
Kind ernst genommen, das Spiel wird ernst genommen. Meine Aufgabe ist es in solchen Situationen zu beachten, dass alle Kinder zu
Wort kommen, vor allem die jüngeren, ruhigeren Kinder, die noch
nicht so geübt sind. Ich liebe es, den Kindern beim Wachsen ihrer
Potenziale zuzusehen.
Runder Tisch
26
Wolfgang Liegle, Diplompädagoge und -theologe, lehrte an der Hochschule für Soziale Arbeit Reutlingen-Ludwigsburg.
Anfang gut – alles gut?
Frühkindliches Lernen zwischen PISA-Fieber und Bildungswahn.
achten, sie zu begleiten, sie zu fördern, sie zu stärken, sie herauszufordern und zu ermutigen auf ihrem Weg, die Welt zu entdecken
und zu erforschen – das ist die pädagogische Aufgabe.
Und nun noch zu den »Kuschelecken«. Mit diesem Begriff, bisweilen auch mit Kuschelpädagogik umschrieben, werden gegenwärtig viele Bemühungen – gerade auch in den Kindergärten
– abgewertet, herabgesetzt, diskriminiert. Sie haben aber zum
Ziel, für Kinder eine anregungsreiche Erfahrungswelt zu schaffen,
Bildung ist zu einem Müllwort geworden, ein
in der sie zwanglos – also ohne Zwang und Druck – lernen können.
Begriff für den Container, völlig beliebig verUnd das heißt: Kinder möchten erforschen, erkunden, erfahren,
wendbar. Nachdem die Schockwelle nach
experimentieren, erleben, Gedanken aufbauen und entwickeln. In
den verschiedenen
einem Text der Reggio-Pädagogik lesen
PISA-Studien über
wir dazu: »Die Lust am Lernen, am Wahr»Die wichtigste und nützlichste Regel jeder
Deutschland gerollt
nehmen und Verstehen ist eine der ersten
Erziehung lautet nicht, Zeit zu gewinnen,
ist, kann es jeder mit
fundamentalen Erfahrungen, die sich ein
sondern Zeit zu verlieren.«
Kind allein, mit Gleichartigen oder mit
seiner eigenen Deu(Jean J. Rousseau)
Erwachsenen erhofft. Kinder haben ein
tung benutzen. Von
großes Vergnügen daran, zu lernen, zu
den Parteien wird es
verstehen, zu wissen und sich an Problemen zu messen, die größer
in die politischen Aus­einandersetzungen hisind als sie.« Mehr Rücksicht auf die Eigenart von Kindern darf also
neingerissen. Wahlen sollen damit gewonnen
nicht als »Kuschelpädagogik« herabgewürdigt werden.
werden. Ein gutes altes Wort hat Hochkonjunktur. Vor Missbrauch ist es nicht geschützt, und
Das Diktat der Wirtschaft(lichkeit) relativieren
es wird gründlich missbraucht.
Angemessen von »Bildung und Erziehung« zu sprechen gelingt nur
Die pädagogische Aufgabe
dem, der Kinder ernst nimmt. Also für sie und mit ihnen Lernen
Der pädagogische Blick richtet sich auf Entund Entwicklung ermöglicht, nicht etwa für abgeleitete Zwecke.
wicklungsschritte jedes einzelnen Kindes, auf
Diese Meinung wendet sich ausdrücklich auch gegen den neuen
diesen Jungen, auf dieses Mädchen. Auf sie zu
Gott der »Ökonomisierung« von Bildung, der alles unter den Aspekt
27
Die Kiste
Könnte ich einen Vorschlag für das »Unwort
des Jahres« einreichen, fiele meine Wahl auf
das Wort »Bildungsoffensive«. Begleitet werden könnte diese Idee von weiteren Wortungetümen: Wir kennen mittlerweile Bildungsdebatte, Bildungschance, Bildungspläne, Bildungsstandards und – das fragwürdigste – Bildungspolitik. Inflation pur.
Die Kiste
neimittelmissbrauch. Der Druck steigt, Kinder
schon mit fünf Jahren einzuschulen und sie binnen acht Jahren zum Abitur zu treiben. Diese
Gesellschaft scheint davon überzeugt, dass es
gut für Kinder ist, schnell erwachsen und reif
zu werden, immer nach dem Motto des olympischen Wahnsinns.
Was Kinder lernen ist zum großen Teil das Werk ihrer Selbstlernprozesse
der Nützlichkeit stellt. Etwa so: Wenn ihr in den Kindergarten geht,
nachher in der Schule immer aufpasst, eure Hausaufgaben macht,
bei den Klausuren gut abschneidet, dazu euch richtig benehmt,
dann, ja dann werdet ihr mit einem guten Job belohnt.
»Schneller, höher, weiter«, was, wie wir wissen,
heute nur noch mit viel Doping erreicht wird.
Man kann die Prognose wagen, dass der Anteil
der jungen Leute, die im Hamsterrad einer so
verstandenen »Bildung« verschlissen werden,
wie ihre Eltern im Dauerstress der Betriebe,
in Zukunft beträchtlich steigen wird. An dieser
Stelle lohnt es sich, an eine Aussage von Jean
J. Rousseau zu erinnern, ein Klassiker pädagogischen Denkens. Sie lautet: »Die wichtigste
und nützlichste Regel jeder Erziehung (und Bildung) lautet nicht, Zeit zu gewinnen, sondern
Zeit zu verlieren.«
Wer spricht heute noch vom Spiel
der Kinder?
Der immer stärker werdende PISA-LeistungsKindergärten und Schulen sind aus dieser Sicht dazu da, Kinder
wahn hat auf allen Ebenen panikartige Reakauf den Eintritt in das Wirtschaftsleben vorzubereiten. Jede Aktitionen zur Folge. BildungspolitikerInnen fühlen
vität, die nicht darauf angelegt ist, diesem Zweck zu dienen, wird
sich herausgefordert und antworten mit üblichen
als Luxus oder »Kuschel« angesehen, mit anderen Worten: als
Maßnahmen: Es mussten »Bildungspläne« für
Verschwendung wertvoller Zeit. Wer kennt nicht die Meinung, auf
Kindergärten und Schulen hergestellt und
Kunst, Musik, Bewegung oder Spiel kön»Bildungsstandards«
ne ein Stundenplan leichter verzichten
festgesetzt werden.
»Ein Kind ist eine Art Planet,
als auf sogenannte »Hauptfächer« wie
Natürlich sind auch
den wir erst ein wenig kennen lernen.«
Mathematik, Deutsch, Englisch …
Erfolgskontrollen
(Janusz Korczak)
In der gegenwärtigen Debatte über »Bil(neudeutsch »Evaludung« herrscht zuviel Nützlichkeitszwang.
ation« genannt, ein
»Bildung« aber ist etwas, das man nicht
zweiter Anwärter auf das Unwort des Jahres),
»machen« kann und das man nicht wollen kann. Bei Hans Georg
möglichst häufig und streng, nötig, und zwar für
Gadamer, einem nicht unbedeutenden Philosophen, findet sich folalle: für LehrerInnen, ErzieherInnen und Kinder
gendes Zitat: »Bildungsziele gehören zu dem schlechtesten Jargon
(wo bleiben eigentlich die Eltern?).
der Pädagogik. Bildung ist etwas, das wachsen muss, Zeit braucht
Für den Kindergarten erfanden diese Experten
und am Ende keinen überzeugenden Ausweis zu haben scheint.«
ein neues Zauberwort: die »Frühförderung«.
Hartmut von Hentig, einer der großen ReformSchneller, höher, weiter: Der Druck steigt
pädagogen der Gegenwart, beschreibt die SituEs wäre dringend geboten, dass in die aufgeregte Diskussion Ruhe
ation treffend: »Bildungspolitiker dekretieren
einkehrt und Vorstellungen infrage gestellt werden, die aus Kindern
in großer Hektik sogenannte‚ ›basale Schulleis­
»Kunden« und aus Kindergärten (Schulen) »Dienstleistungsbetungen‹: Frühlesen, Frührechnen, Frühschreitriebe« machen möchten, die in möglichst kurzer Zeit hochwertige
ben, Frühenglisch sollen eingeführt werden. Es
»Produkte« erzeugen sollen.
ist zu befürchten, dass sie es auch tun, nicht
Kinder sollten nicht für den »Markt« dressiert, sondern für ein
zuletzt getrieben von beunruhigten und beselbstbestimmtes Leben gewappnet werden. Ein Leben nach der
sorgten Eltern. Niemand ahnt dabei, wie heikel
Devise »Ich eile, also bin ich!« schlägt nicht nur Erwachsenen auf
das ist, nicht zuletzt, weil es ja widerstandslos
den Magen, sondern geht auch den Kindern auf den Geist.
geht – und man die schädlichen Folgen nicht
gleich sieht.« Er fordert dagegen: Bildung muss
Überall, wo Kinder und Jugendliche in Kindergärten oder Schulen
Kinder ernst nehmen.
oft oder immer Zeitnot verspüren, häufen sich die Fälle von Arz-
Frühkindliches Lernen
28
Kraft zur Gestaltung des
eigenen Lebens nannte man einst »Bildung«.
Bildung ist deshalb von
Ausbildung zu unterscheiden. Diese ist ein Mittel
zur Qualifikation für den
Arbeitsprozess, jene ist
als Entfaltung des Individuums ein Selbstzweck.
Selbstverständlich brauchen wir beides, Bildung und Ausbildung. Es geht aber doch nicht,
dass man einem Kind den Lebenslauf in einem
schwarzen Aktenkoffer samt Laptop schon in
die Wiege legt. Auf diese Weise wird niemand
auf die viel zitierte »Wissensgesellschaft« vorbereitet, die – betrachtet man die Medienlandschaft von Zeitungen, Fernsehen, Rundfunk –
zunehmend zu einer »Verblödungsgesellschaft«
entartet.
Alternative Modelle
»Menschen stärken, Dinge klären« ist die Leitidee der Laborschule Bielefeld, deren Gründer
Hartmut von Hentig ist. Bildung heißt »klären«, aufklären. Es liegt nahe, hier an den
Philosophen Immanuel Kant zu erinnern. Seine
klassische Forderung lautet: »Aufklärung ist
der Ausgang des Menschen aus seiner selbst
verschuldeten Unmündigkeit – wage es, dich
deines eigenen Verstandes zu bedienen!«
Wenn heute vom »Bildungsauftrag« des Kindergartens die Rede ist, bleibt zu hoffen, dass
dieses Schlagwort nicht wieder zu einer Verschulung von Kindheit beiträgt. Diese Diskussion hatten wir schon einmal, in den 1970er
Jahren, unter dem Titel: »Der Streit um die
Vorschulerziehung« mit Arbeitsmappen, Früh­
lesebewegung und logischen Blöcken.
Wenn »Bildung« Vorrang haben soll in unseren
Kindergärten, ist dieser Aufruf nur dann sinnvoll
und notwendig, wenn mit Bildung nicht Beleh-
rung gemeint ist. Mit Kindern auf Forschungsreise zu gehen wäre
danach die Auf­gabe des Erwachsenen. Mit ihnen das Abenteuer der
Entdeckungen zu erleben bedeutet aber auch, zu Umwegen bereit
zu sein, und nicht insgeheim als Zeitverlust zu beklagen, sondern
in das »Lob des Fehlers« einzustimmen.
Ein Kind braucht Erwachsene, die ihm die Antworten gerade nicht
abnehmen, sondern warten, Impulse geben oder mit Provokationen
herausfordern. »Wir wollen nicht einem passiven Kind etwas lehren, sondern ein aktives Kind bei seinen Lernprozessen unterstützen«, sagen die »Reggioaner«. Was Kinder lernen, ergibt sich nicht
automatisch aus dem, was ihnen beigebracht wird, sondern ist zum
großen Teil das Werk ihrer Selbstlernprozesse. Dieses selbstständige Lernen als wichtiges Moment einer neuen Lernkultur bedarf
allerdings der Freiräume, in denen Kinder »ihre selbstgesetzten
Ziele auf selbstgewählten Wegen durch selbstständig genutzte
Hilfsmittel zu erreichen versuchen« (H. v. Hentig).
Und dennoch gilt: Kinder sind immer anders. Ein Kind ist eine Art
Planet, den wir erst ein wenig kennen lernen, sagt Janusz Korczak,
der »Pestalozzi aus Warschau«. Von ihm entleihe ich ein Trostwort:
»Kinder sind wie ein Buch, das in fremder Sprache verfasst ist.
Anhand von fünf verständlichen Ausdrücken soll die Erzieherin eine
ganze Seite entziffern. Und von zehn verständlichen Ausdrücken
widersprechen drei einander. Es ist keine leere Phrase, wenn ich
sage: Zum Glück für die Menschheit können wir Kinder nicht dazu
zwingen, erzieherischen Einflüssen und didaktischen Anschlägen
auf ihren gesunden Menschenverstand und ihrem Willen nachzugeben.«
Dieser Artikel ist in ungekürzter Form in der Fachzeitschrift
»Unsere Kinder 2/2007« erschienen.
29
Die Kiste
»Das Gefühl selbstverständlicher Zugehörigkeit,
die Erfahrung, gebraucht
zu werden; die Gewissheit,
erwünscht zu sein – das
sind die wichtigsten Bedingungen für das Aufwachsen von Menschenkindern.
Sie sind Voraussetzung für
ein gelingendes Leben
und Grundlage für erfolgreiches Lernen.«
Mag.a Birgit Lacheiner, AG TechnikA
Die Kiste
Rollen ohne Klischee
Geschlechtssensible Pädagogik und ihr Einsatz in der außerschulischen Betreuung.
»Frauen in die Technik!« ist eine oft gehörte Forderung im medialen
terrolle zu entsprechen. Das Eröffnen von vielund wirtschaftspolitischen Bereich. Diskutiert wird die Notwenfältigen Möglichkeiten des Agierens führt zum
digkeit, Frauen für technische Berufssparten zu qualifizieren, vor
Erwerb eines möglichst breiten Spektrums an
Fähigkeiten und Fertigkeiten. Durch das spieleallem, um den FacharbeiterInnenmangel auszugleichen. Wo be­
ginnt Chancengleichheit am Arbeitsmarkt? Erst beim Berufseintritt
rische Erlernen geschlechtsuntypischer Handoder kann schon die Kleinkindpädagogik zukünftige Handlungslungsmöglichkeiten kann zukünftig wirkliche
spielräume der Kinder erweitern? Ein
Chancengleichheit
Konzept hilft, jahrzehntelang wirksame
hinsichtlich BerufsTraditionelle Geschlechterrollen
stereotype Berufsbilder und traditionelle
wahl, Partnerschaft
Geschlechterrollen schon in der Kinderund Kindererziehung
sind schon in der Kinderkrippe
krippe zu hinterfragen.
geschaffen werden.
zu hinterfragen.
Geschlechtssensible Pädagogik
Geschlechtssensible Pädagogik ist das Konzept, um geschlechtsspezifische Stereotypen überwinden zu können. Es basiert auf dem
Wissen, dass das Geschlecht eines Menschen Einfluss auf seine
Lerngeschichte hat und die Ausbildung von Fähigkeiten und Fertigkeiten beeinflusst. Kinder lernen von Geburt an, ihrer Geschlech-
Bei geschlechtssensibler Arbeit mit Kindern geht es nicht darum, alle Mädchen in
männertypische Berufssegmente zu drängen,
um eine Nachfrage des Arbeitsmarktes zu bedienen. Die Feststellung, dass nicht alle Mädchen und genauso wenig alle Buben gleich
sind, ist zentral im Konzept Geschlechtssen­
sible Pädagogik. Einschränkungen, die einzelne
Kinder bewusst oder unbewusst aufgrund ihres
Geschlechtes erfahren, sollen aber erkannt
werden. Gemeinsam mit den Kindern sollen
Handlungsmöglichkeiten erarbeitet werden,
die es dem Kind ermöglichen, gesellschaftlich
generierte Defizite in erweiterte Kompetenzen
umändern zu können.
Geschlechtssensible Pädagogik
• ist Alltagsarbeit in der
Kinderbetreuungseinrichtung
• ist eine Haltung,
die Wertvorstellungen widerspiegelt
• ist permanentes Reflektieren und
Infragestellen von gegebenen
­Strukturen und Abläufen
• ist bewusstes Schaffen von Rahmen­
bedingungen, um Gleichberechtigung
und Chancengleichheit zu erarbeiten
Das persönliche Talent des Kindes fördern
Geschlechtssensible Pädagogik
30
Eine Möglichkeit der Verankerung geschlechtssensibler Pädagogik im Kinderbetreuungsalltag
ist das Gestalten offener Spielbereiche. Ohne
Puppen- und Bauecken ist kein Eindringen in
Mädchen- oder Bubendomänen notwendig und
die Kombination verschiedener Spiele wird erleichtert. Idealerweise arbeiten Männer und
Frauen im Betreuungsteam, so ergeben sich
unterschiedliche Rollenvorbilder beider Geschlechter für Kinder. Sie sollen erleben, dass
auch Männer für Kindererziehung und hauswirtschaftliche Tätigkeiten gerne zuständig sind.
Kinder erfahren, dass Männer und Frauen in
unterschiedlichen hierarchischen Positionen
und Tätigkeitsbereichen arbeiten. Das Überarbeiten von Bildungsgut und Spielmaterial
gehört ebenso zu geschlechtssensibler Arbeit
wie das bewusste Einbeziehen der Väter in die
Elternarbeit. Gezielte Strategien und Angebote
für Mädchen und Buben sind:
Mädchen:
• geschlechtergerechter Sprachgebrauch
•M
ädchenorte:
neue Plätze entdecken und erobern
•W
ünsche, Bedürfnisse und Abneigungen
artikulieren (»Nein, geh weg, ich mag das
nicht, ich kann das alleine…«)
• Offensives Zugehen auf Unbekanntes
• Wehren und Verteidigen
• Schreien und Aufmerksamkeit erwecken
Durch geschlechtssensible Pädagogik Chancengleichheit schaffen
Österreichweit gibt es bereits einige Kinderbetreuungseinrichtungen, die mit geschlechtssensiblem Schwerpunkt arbeiten. Die
Stadt Linz startete im September 2005 ein Pilotprojekt im Kindergarten Römerstraße, in Graz gibt es mit dem Verein Modellino
schon seit 2003 Kinderbetreuung mit dieser Ausrichtung. Bereits
1999 wurde in Wien fun & care im Zuge des Projektes »1. geschlechtssensibler Kindergarten in Wien« gegründet. Diese drei
Einrichtungen sind vernetzt und auch in die Arbeit der AG TechnikA
involviert (siehe Infobox).
Wichtig für die Zukunft unserer Kinder ist, dass sie ihr Potenzial
nicht mehr nur in typischen Frauen- oder Männerberufen beweisen,
sondern sich nach dem persönlichen Talent für eine Sparte entscheiden können. Traditionell männlich besetzte Bereiche werden
dabei schwerer aufzubrechen sein, das gesellschaftliche Prestige
ist wesentlich höher als bei traditionell weiblichen Tätigkeiten und
Berufen. Geschlechtssensible Pädagogik macht es möglich, diese
festgefahrenen Strukturen schon frühzeitig auszuhebeln. »Frauen
in der Technik!« ist im ganzen Prozess dann nur ein positives Ergebnis unter vielen. 
• Technik, Werken, Computer
Buben:
• positive Körperwahrnehmung
•p
ositive Bewertung »weiblicher« Rollen
(Verkleiden, Rollenspiele)
•U
nterstützung beim Ertragen von
­Frustration, beim Warten und
Hilfsbedürftigkeit zugeben
AG TechnikA
Die Arbeitsgruppe TechnikA besteht aus dem Frauendokumentations- und Projektzentrum Graz, dem Verein Mafalda
und dem Verein Modellino.
•K
onflikte begleiten
(alternative Lösungs­strategien aufzeigen)
•E
rlernen von Umgang mit Puppen
(der Puppenvater)
•E
rlernen von hauswirtschaftlichen
­Tätigkeiten (der Hausmann)
31
Die Kiste
Die Praxis
Mag.a Beate Wagner, Sonderkindergartenpädagogin, Heilpädagogischer Kindergarten Mosaik in Graz
Die Kiste
Pädagogik der Vielfalt und der Individualität
Der Heilpädagogische Kindergarten als Bildungs- und Betreuungseinrichtung für Kinder muss als Ort
der Pädagogik der Vielfalt verstanden werden, der Inklusion lebt.
Die harmonische Entfaltung von Kindern ist ein natürlicher und darum langsamer Prozess. Unsere
Aufgabe ist es, die rechten Bedingungen dafür zu schaffen, aber nicht, den Prozess zu beschleunigen. Bringen wir es als Erwachsene fertig, diese inneren Prozesse nicht durch unsere Ungeduld
zu stören, sondern ihnen den nötigen Nährstoff zu liefern, so lernt das Kind auf eigenen Füßen zu
stehen und nicht sein Leben lang von äußerer Führung abhängig zu sein. Rebecca Wild
Pädagogik der Vielfalt bezieht sich grundsätzlich auf die Anerkennung heterogener Lern- und Lebensformen, zum Beispiel der
Menschen mit Behinderung, der Menschen mit verschiedenen geschlechtlichen Lebensentwürfen und der Menschen aus verschiedenen Kulturen. Auch in der Arbeit und im Zusammenleben mit
Kindern muss die Pädagogik der Vielfalt zum Ausdruck kommen
sowie die Gleichheit der Kinder, etwa hinsichtlich des Rechtes
auf Bildung, gelebt werden. Das Gleichheitsrecht auf Bildung
wird umso mehr eingelöst, je mehr verschiedene Bildungssysteme
gleichen Zugang zu Bildung gewährleisten und Chancengleichheit
fördern (Prengel 2007, S. 6 f).
Unterschiede einschließen
Der Heilpädagogische Kindergarten als Bildungs- und Betreuungseinrichtung für Kinder muss demnach auch als Ort der Pädagogik
der Vielfalt verstanden werden, der Inklusion lebt. Der Grundgedanke der Inklusion ist, »dass sie jedwelche Unterschiede zwischen
(jungen) Menschen einschließt – also Konzepte entwickelt, damit
alle miteinander leben und lernen, unabhängig von ihren physischen, intellektuellen, sozialen und emotionalen, sprachlichen
oder anderen Fähigkeiten, behinderte und begabte Kinder (…)«
(Schnell Irmtraud, Welt des Kindes 4/2006).
Da es Regeln gibt, die nicht für alle gelten können, da manche
Kinder mit manchen Situationen anders umgehen können bzw. aufgrund ihrer Behinderung anders umgehen müssen, braucht es die
Vielfalt trotz der Gleichheit. Kinder mit einer Behinderung verfügen
meist über andere Möglichkeiten und Fähigkeiten und fordern und
ermöglichen so ein Mehr an sozialer Kompetenz. Andere Kinder
der Gruppe haben so die Chance, Andersartigkeit als solche zu
erkennen und durch den behutsamen Umgang der Kindergarten­
pädagogIn diese Thematik als Gleichwertigkeit zu erleben.
Eine Auswahl an Angeboten
Da legt der Kindergarten den Grundstein für das Erfahren von Andersartigkeit als gleichwertig und von Toleranz. Es ist das Vorbild
der Erwachsenen, das solche wichtigen Lernerfahrungen ermög­
licht. Kinder, die sozial und emotional gestärkt sind, freuen sich
voll Neugier und Interesse auf die Auseinandersetzung mit ihrer
Welt. Sie finden im Kindergarten eine Auswahl an Angeboten vor,
die ihren Entwicklungsaufgaben – zu entdecken, zu differenzieren,
zu probieren und zu verändern – entgegenkommen.
Ein Auszug aus der Konzeption des Heilpädagogischen Kindergartens Liezen unterstreicht
den Aspekt der ganzheitlichen Förderung und
Bildung:
Das Ziel unseres Teams ist es, den Kindern bestmögliche Betreuung und Förderung zur Anregung von Selbsttätigkeit
und Selbstständigkeit zu bieten. Um dies
zu gewährleisten, orientieren wir uns am
Kind, seiner jeweiligen Lebenssituation
und an seinen individuellen Bedürfnissen.
Dabei wird darauf geachtet, Körper, Geist
und Seele mit einzubeziehen.
»Ganzheitliche Förderung«
bedarf einer umfassenden Wahrnehmung
jedes einzelnen Kindes. Dabei sollten
folgende Grundsätze besonders beachtet
werden:
•d
ie Würde jedes einzelnen Menschen
wahren
• respektvoller Umgang mit anderen
Weltbildern
• genügend Raum für Individualität geben
Dafür ist es wichtig, die Ressourcen des
Kindes zu nutzen, seine Persönlichkeit zu
stärken und lebenspraktische Fertigkeiten
einzuüben. Klare, überschaubare und gegebenenfalls individuelle Regeln und Grenzen
für das soziale Zusammenleben und den
Alltag werden mit den Kindern erarbeitet,
festgehalten und weiterentwickelt.
Heilpädagogisches System
32
In der sprachlichen Entwicklung berücksichtigt
eine Pädagogik der Vielfalt die »Entwicklung der
Kommunikationsfähigkeit« bei allen Kindern.
Kinder, die über keine (verständliche) Lautsprache verfügen, haben es erfahrungsgemäß
schwerer, Sozialkontakte aufzubauen und zu
festigen. Im Gegenzug dazu schulen aber diese
Kinder gleichermaßen bei Erwachsenen wie bei
anderen Kindern die Fähigkeit, zu beobachten
und zu deuten und hineinzuspüren.
Mobilität gewährleisten
In der Auseinandersetzung mit ihrer Welt brauchen Kinder, deren Bewegungsmöglichkeiten
aufgrund ihrer Behinderung (z. B. Cerebralparese) nicht vorhanden ist, ideale Rahmenbedingungen, die eine gewisse Mobilität gewährleisten und ihnen auch Zugang zu allen
Spielangeboten schaffen. Der Kindergarten ist
auch ein Ort, wo Erfahrungen gemacht werden
können, die stark bewegungseingeschränkte
Kinder sonst nicht machen könnten. Letztlich
ist es aber wiederum eine soziale Anforderung
und Bereicherung für die Gruppe, dafür ­Sorge
zu tragen, dass auch die Kinder, die eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten haben,
am Gruppengeschehen – ihrer Situation angepasst – teilhaben können.
Ganzheitliche Förderung heißt Körper, Seele und Geist des Kindes miteinbeziehen
Soziales Lernen
Als höchstes Bildungsziel sollte das des sozialen Lernens betrachtet werden. Der Alltag im Kindergarten, besonders in der
Integration, bietet zahlreiche Übungsmöglichkeiten dafür. Ein empathisches ErzieherInnenverhalten ist die
Dazu kommen das
Voraussetzung dafür, da sich Kinder weit
Erleben zeitlicher
Bildung bezieht sich auf die individuelle
mehr daran orientieren, was Erwachsene
Abläufe und das der
Entfaltung der Persönlichkeit in einem
vorleben, als was sie sagen. Dies gilt für
Sicherheit von Struksozialen
Rahmen.
PädagogInnen und für Eltern. Ein weturen und Ritualen,
sentlicher Bestandteil der Tätigkeit als
die den Alltag überKindergartenpädagogIn oder Sonderkinschaubar machen. Auch das Feiern als eine bedergartenpädagogIn ist das Miteinander von Eltern, Therapeusondere Form des Miteinanders, vertieft durch
tInnen und weiteren PartnerInnen im System.
die Vorfreude und das Wissen um dessen WieMit allen diesen Aufgaben ist das Vorschulalter eine reichlich ausderholung, stärkt das Gefühl der Zugehörigkeit.
gelastete Zeit. Kindergartenpädagogik ist somit ein Berufsfeld, das
Mit vielen Inhalten und wachsender Erfahrung
eine große soziale Verantwortung trägt: den Grundstock zu legen
lernen Kinder auch zu vergleichen und einfür Selbstbestimmung, für Mitbestimmung und für Solidarität. 
zuordnen, zu unterscheiden und sensibel zu
sein.
33
Die Kiste
Eine Möglichkeit im kreativen Bereich bietet
zum Beispiel das bewusste abstrakte Gestalten
mittels zahlreicher unterschiedlicher Techniken,
wo noch einmal mehr das Tun im Vordergrund
steht und die angewandte Technik gleichzeitig ein ansprechendes Ergebnis gewährleistet
(z. B. Klatschtechnik, Walzen …). So haben
auch die Kinder, deren Graphomotorik nicht so
weit entwickelt ist, das gleiche Erfolgserlebnis
wie andere.
Katica Brčina, Diplompädagogin, Projektleiterin »Interkulturelle Pädagogik in (und um) Kinderbetreuungseinrichtungen in der Steiermark«
Die Kiste
Gleiche Chancen in der Bildung
Verbesserung der Bildungschancen von Kindern mit Migrationshintergrund: Ein notwendiger Schritt
auf dem Weg zu einer modernen Integrationspolitik.
Wir leben in einem Einwanderungsland, zu dieser Tatsache bekennt
sich Österreich noch immer nicht gerne. Sie lässt sich aber nicht
länger verdrängen. Am wenigsten in jenen Einrichtungen, die für
MigrantInnen oft den ersten Kontakt mit einer öffentlichen Einrichtung darstellen – in den außerschulischen Institutionen.
Eine Bildungspolitik, die diese Tatsachen nicht in vollem Ausmaß
anerkennt und in ihre Arbeit einbezieht, hinkt der gesellschaftlichen
Entwicklung um einiges hinterher. Das spürt man nicht selten im
Alltag von Kindergärten, Kinderkrippen und Horten. Nicht selten ist
der Wille einer Einrichtung hin zur interkulturellen Öffnung etwas,
das zwar als lobenswertes, jedoch nicht unbedingt als nötiges oder
gar verbindliches Engagement gesehen wird.
Integration als pädagogisches Prinzip
Dabei braucht es gerade in der vorschulischen pädagogischen Arbeit, welche die Grundlagen für den weiteren Lern- und Erfolgsweg
darstellt, ein Bekennen, ein deutliches »JA« zur Integration und zu
einer damit verbundenen Offenheit. Dies muss als pädagogisches
Prinzip in die Arbeit von außerschulischen elementaren Bildungseinrichtungen eingehen, es darf nicht länger eine Sache des guten
Willens und des freiwilligen Engagements bleiben. Natürlich erhebt dies hohe Ansprüche an
einen Bildungsplan für diese Einrichtungen.
Und es fordert natürlich auch von Kindergarten- und HortpädagogenInnen einiges ein: den
Willen zur Veränderung, das Hinterfragen von
eingefahrenen Verhaltensmustern, die Fähigkeit, Kritik an sich selbst zu üben ... Leicht ist
der Weg dorthin nicht, das muss auch festgehalten werden. In Zeiten, in denen sich pädagogisches Personal immer mehr mit Kürzungen
von finanziellen und zeitlichen Ressourcen, mit
Personalknappheit und mit mangelndem Ansehen der eigenen Arbeit konfrontiert sieht, kann
es schwerfallen, in aller Offenheit und mit der
nötigen Energie zu arbeiten!
Ohne Trennlinien
Ein Bildungsplan ist hier natürlich nicht das
pädagogische Allheilmittel, aber er ist nötig, um
Nur ein Bildungsplan, der auch die Migration zum Thema macht, schafft gleiche Chancen für alle Kinder
Migration
34
erlangen, es gehören zwei Seiten dazu. Integration ist also nicht
allein die Bringschuld derjenigen, die »sich zu integrieren haben«.
Die Mehrheitsgesellschaft hat hier tatsächlich mehr Möglichkeiten,
eine solide Grundlage zu schaffen, die Menschen nicht nur auf den
kulturellen Hintergrund reduziert, sondern auch weitere bestehende Identitäten zulässt. »Im normalen Leben verstehen wir uns als
Mitglieder einer Vielzahl von Gruppen, denen allen wir angehören.
[...] Jedes dieser Kollektive, denen ein Mensch gleichzeitig angehört, verleiht ihm eine bestimmte Identität. Keine seiner Identitäten darf als seine einzige Identität oder Zugehörigkeitskategorie
verstanden werden.« (Sen 2007)
In so einen Bildungsplan gehören ganz selbstverständlich – als ein durchgängiges Prinzip –
der Aspekt der Migration und seine Auswirkungen auf die pädagogische Arbeit. Dieser
Aspekt darf nicht als gesondertes Thema
­behandelt werden unter dem Motto: »zuerst unsere Kinder, dann schauen wir, wie wir die Kinder mit Migrationshintergrund da reinkriegen
Bildung in verschiedenen Dimensionen
...« Wenn unser Ziel ernsthaft die Integration
In einem Bildungsplan, der auf die Chancengleichheit aller Kinder
und ein friedliches Miteinander ist, dann ist der
abzielt, ist die Einbeziehung der kindlichen Lebenswelt in allen seierste Schritt weg von der Trennungslinie zwinen Facetten zu berücksichtigen. Das Berliner Bildungsprogramm
schen »einheimischen« und »ausländischen«
betrachtet beispielsweise in seinen AusKindern. Weg von den
führungen zum Bildungsverständnis den
Zuschreibungen bezoEs
braucht
einen
differenzierten
Blick
auf
kulturellen Aspekt unter verschiedenen
gen auf Kulturen und
Gesichtspunkten. Hier wird von Bildung
unsere in der Veränderung begriffene
Herkünfte, die unweiin seinen verschiedenen Dimensionen
gerlich in Klischees
Gesellschaft.
gesprochen – Bildung als kultureller Proenden!
zess setzt sich mit Gleichheit und mit
Unterschieden auseinander. Die behandelten Unterschiede bezieGrundlagen schaffen
hen sich auf geschlechtlich-kulturelle, sozial-kulturelle, ethnischNötig ist ein differenzierter Blick auf unsere in
kulturelle und individuelle Unterschiede sowie auf die ethische und
der Veränderung begriffene Gesellschaft und
religiöse Bildung (vgl. Berliner Bildungsprogramm 2004). Würden
auf die daraus entstehenden Lebensrealitäten.
wir uns nun bei Kindern mit Migrationshintergrund rein auf den
Weg von Zuschreibungen und Klischees bedeuethnisch-kulturellen Aspekt beziehen, erklärt sich die daraus enttet aber nicht das Negieren von Unterschieden
stehende Einseitigkeit von selbst.
– wir sind nicht alle gleich, aber jeder Mensch
verdient in seiner Eigenheit dieselbe Wertschätzung und denselben Respekt. Wertschätzung
und Respekt kann man nur in Gegenseitigkeit
Chancengleichheit bedeutet die Verbesserung der Bildungschancen von Kindern mit Migrationshintergrund als verbindliches Qualitätskriterium in allen Bildungsbereichen. 
35
Die Kiste
die professionelle pädagogische Arbeit verbindlich weiterzuentwickeln und dem gesellschaftlichen Kontext und den Erfordernissen unserer
Zeit entsprechend zu gestalten.
Christine Kiffmann-Duller, Vorsitzende der Berufsgruppe der Kindergarten- und HortpädagogInnen
Die Kiste
Spielend gebildet
Nur gelebtes Wissen ist lebendiges Wissen: Bildung in einem Gesetz festzuschreiben genügt alleine nicht.
Wie viel darf es kosten?
Bildung braucht Rahmenbedingungen. Wenn eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung des Bildungssystems angestrebt ist, muss
der Blick auf internationale Studien (Bsp. OECD Studie »Starting
strong«, 2006 oder Sell S., »Der volkswirtschaftliche Nutzen der
Kinderbetreuung«, 2004) gerichtet sein. Bildung in einem Gesetz
festzuschreiben genügt alleine nicht. Es gilt die Umsetzung durch
einen entsprechenden Rahmen, d. h. durch in der Praxis umsetzbare Bildungspläne mit ausgewiesenem Bildungsbudget zu sichern.
Planvolles Tun ist Kindergarten- und HortpädagogInnen nicht neu.
Notwendig sind öffentliche Anerkennung, wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung, um das, was den frühen Bildungsalltag trägt,
nach außen zu bringen. In einem Bildungsplan sind Bildungsinhalte
für die pädagogische Arbeit im frühen Bildungsbereich umfassend
dargestellt und festgeschrieben. Es ist wünschenswert, dass ein
Bildungsplan nur gemeinsam mit PädagogInnen, Eltern, Vertretern
der Behörde und Politik für ein Land und seine Kinder entwickelt
wird und es sollte auf keinen Fall eine Vorverlegung schulischer
Bildung oder eine feste Standardisierung sein.
Soll Bildung Spaß machen?
Ja, auch. In freudvoller Eigenaktivität erobern Kinder Weltwissen
und legen so die Basis für lebenslanges Lernen. Eltern und professionelle PädagogInnen begleiten, fördern und unterstützen Kinder
Austausch mit anderen und der Welt stehen,
in diesen elementaren Bildungsprozessen. Es besteht ein Zusamsich einlassen, kommunizieren, fremde Lebensmenhang von Arbeitszufriedenheit des pädagogischen Fachpersoäußerungen versuchen zu verstehen, Gefühle
nals und Qualität in der elementaren Bildung. Ich kann Menschen
empfinden und in anderen auslösen, haben die
nur dorthin begleiten, wohin ich selbst bereit bin zu gehen. Bildung
Chance, Wissen zu erlangen und dieses immer
braucht die Selbstbildung – Ich-, Sozial- und Fachkompetenz – der
wieder zu erweitern und zu revidieren.
PädagogInnen. Ziel ist der Abbau und die Umwandlung von bloWie wird Wissen lebendig?
ckierenden Energien, wie Stress und Erschöpfung, einen konstrukNur gelebtes Wissen
tiven Umgang mit Konflikten, das Erist lebendiges Wissen.
kennen geistiger Gesetzmäßigkeiten, ein
Bleibt Bildung bloßes
Gesundheits- und Umweltbewusstsein,
Lebendiges Wissen inkludiert
körperliche und geistige Beweglichkeit
Herzensbildung und emotionale Intelligenz. Wissensmanagement
kann eher von Aussowie die Möglichkeit der Entspannung
bildung gesprochen
und Ruhe für mehr Lebensqualität und
werden, von – wie
Freude und somit ein Freisetzen des inGoeudevert es formuliert – Wissen ohne Generen Kraftpotenzials.
wissen. Lebendiges Wissen inkludiert HerzensWissen und Erfahrung gehören zusammen, sie können wie Lust und
bildung, emotionale Intelligenz, die sich nur
Leistung als unzertrennliches Zwillingspaar bezeichnet werden.
in absichtsloser Emotionalität ausbildet. Wenn
Wer Erfahrung macht, gelangt zu Wissen, ohne das wiederum die
Kinder nicht erfahren, dass sie nicht nur wegen
Erfahrung blind bliebe. Ein mit Kenntnissen gefüllter Mensch weiß
ihrer Leistungen, ihres Gehorsams oder äußerer
so wenig wie ein Lexikon oder eine Festplatte. In der BildungsAttribute geliebt werden, sondern ihrer selbst
diskussion geht es um Anteilnahme und Verantwortung sowie
willen, werden sie zu anerkennungssüchtigen,
um ein Höchstmaß an Teilnahme: auf die Liebe kommt es an.
leicht lenkbaren Menschen. Kindergarten- und
Kindergarten- und HortpädagogInnen, die selbst in lebendigem
Berufsgruppe
36
Die Vorgabe eines Bildungsplanes, ein längst
fälliger Schritt, braucht zur Umsetzung wiederum Professionalität und Kompetenz der
PädagogInnen, genauso wie die dafür nötigen
strukturellen Ressourcen. Qualitätsentwicklung
in der elementaren Bildung zielt auf nachhaltige Sicherung der Rahmenbedingungen, Anhebung des Ausbildungsniveaus der PädagogInnen, maßgeschneiderte berufsbegleitende
Fortbildung und bedarfsorientierte Adaptierung
des Angebotes an pädagogischen Tageseinrichtungen. Die Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen durch erweiterte Flexibilisierung
ist nur ein Beitrag dazu. Eltern wollen Qualität.
Eltern erfahren in Kinderkrippe, Kindergarten
und Hort Unterstützung, erhalten Impulse und
Anregungen für die Gestaltung des Alltags mit ihrem Kind. Die
Intentionen von Kindergarten- und HortpädagogInnen richten sich
immer an Kinder und deren Eltern.
Die intensive Zusammenarbeit mit den Eltern nimmt zum einen gerade in einer Zeit des ständigen Wandels, einer Zeit des
­Werteverlustes und der Desorientierung einen immer größeren
Raum ein. Andererseits suchen Eltern immer häufiger die enge
Zusammenarbeit, den verbindlichen Austausch zum Wohle ihrer
Kinder. Die wertschätzende Kooperation mit den Eltern der Kinder,
die in pädagogischen Einrichtungen betreut werden, nennen wir
»Bildungspartnerschaft«.
In Kinderbildungseinrichtungen entwickelt sich eine neue Kommunikationskultur, die von Wertschätzung und Respekt vor der
persönlichen Realität jedes Einzelnen getragen ist. 
37
Die Kiste
HortpädagogInnen sind als Modell für Kinder
und Eltern herausgefordert in der Aneignung
und Umsetzung von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. In der Gemeinschaft der
Kindergruppe oder im Team verwirklichen Kindergarten- und HortpädagogInnen Ziele, die in
der pädagogischen Konzeption niedergeschrieben sind.
Dr. Werner Tessmar-Pfohl, Vizepräsident der Industriellenvereinigung Steiermark
Dr. Peter Härtel, Wissenschaftlicher Beirat »Zukunft der Bildung – Schule 2020«
Die Zukunft der Bildung – aus Sicht der Industrie
Was hat der Kindergarten mit Industrie zu tun? Sollen jetzt schon die Jüngsten für künftige Anforderungen
in Wirtschaft und Beruf ausgebildet werden? Dürfen Kinder nicht mehr Kinder sein, einfach so,
ohne durch Arbeit, Beruf, Leistung unter Druck gesetzt zu werden?
und Lebensperspektiven zu tun hat, das ist im
Sinne eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses unverzichtbar.
Aber nachdenken über den Wandel in Gesellschaft und der Welt,
über veränderte familiäre Lebensbedingungen von Kindern und
Jugendlichen und was dies mit späteren Entwicklungs-, Bildungs-
Ein Blick in die Zukunft: Schule 2020
Die Kiste
Natürlich will niemand vorschulische Erziehung oder den Kindergarten unmittelbar an fachlich-beruflichen Qualifikationsanforderungen der Industrie ausrichten.
Die Industriellenvereinigung hat sich dieser Thematik angenommen und mit ihrem Programm
»Zukunft der Bildung – Schule 2020« umfassend Position zu Bildungsfragen bezogen. Im
Zentrum dieses Programms steht die Schule als
jener formelle Bildungssektor, in dem Grundkompetenzen vermittelt, entscheidende Phasen
der Persönlichkeitsbildung begleitet und die
Grundlagen für weitere allgemeine berufliche
Ausbildungen gelegt werden.
Aus Sicht von Wirtschaft und Industrie geht
es nicht ausschließlich um Fertigkeiten und
beruflich verwertbare Qualifikationen, sondern
darum, dass das wichtigste Anliegen der Bildung das Heranbilden und die Stärkung einer
wertorientierten, ganzheitlichen Persönlichkeit
ist, dass im Bildungswesen alle Talente und
Potenziale erkannt, entwickelt und gefördert
werden müssen und dass diese Aufgabe nicht
allein von der Schule bewältigt werden kann.
Für eine wachsende Anzahl von Kindern hat
sich die Umgebung in den letzten Jahrzehnten
entscheidend verändert. Scheidungsrate und
Kinderanzahl, gestiegene Beschäftigungsquoten – insbesondere der Frauen, gestiegener
Anteil von Mitbürgern mit nicht deutscher Muttersprache, veränderte Kommunikationsumgebungen und vieles mehr beeinflussen das
Heranwachsen unserer Kinder und führen – je
nach sozialer Umgebung – zu wesentlichen
Unterschieden in Entwicklungsstand und Reifegrad zum Zeitpunkt des Eintritts ins formale
Schulwesen.
Altersgerechte Bildung: Die Zeit im Kindergarten nutzen
Wirtschaft
38
Es darf die Vermutung geäußert werden, dass
viele Schwierigkeiten – etwa die Beherrschung
von Grundkulturtechniken, der Umgang mit der
Sprache, das soziale Verhalten –, die sich später
beim Eintritt in eine berufliche Ausbildung oder
Beschäftigung zeigen, ihren Ausgang nicht erst
in schulischen Bildungswegen, sondern schon
in Entwicklungsphasen davor nehmen.
Das Startschuljahr
Ausdrücklich betont das Programm der Industriellenvereinigung, dass dieses »Startschuljahr«
mit altersgerechter »Kindergarten-Pädagogik«
geführt werden muss. Die Industrie maßt sich
dabei keine Kompetenz in der konkreten erzieherischen oder didaktischen Ausprägung dieser
Altersphase an, sie ist jedoch der Überzeugung,
dass im Interesse von Kindern und Familien,
der Gesellschaft, der späteren Bildungsphasen
und auch der Arbeits- und Berufswelt diese
Zeit genutzt werden muss, um allen Kindern
vergleichbare Chancen in ihrer persönlichen
Bildungsentwicklung zu bieten.
Zu viele Bildungsdefizite
Die heutige Situation, in der ein zu großer Anteil
junger Menschen je nach sozialem Hintergrund,
sprachlicher Kompetenz oder fehlender familiärer Unterstützung dramatisch schlechtere
Bildungschancen vorfindet (allein die PISARisikogruppe beträgt 20 %), ist schon aus sozialem Verständnis und bildungspolitischem
Gerechtigkeitsdenken untragbar: Es ist auch
aus wirtschaftlicher Sicht nicht vertretbar, ­einer
so großen Gruppe junger Menschen aufgrund
von Bildungsdefiziten den Zugang zu Ausbildung und Beschäftigung zu erschweren. Vieles
von dem, was in frühen Bildungsphasen versäumt wird, ist später nicht oder nur mit hohen
Aufwendungen ersetzbar – umso mehr ist die
Herausforderung aufzugreifen, auch die Zeit
vor dem Eintritt in das formale Schulwesen
für eigenständige, kindgerechte Bildungs- und
Persönlichkeitsentwicklung zu nutzen.
Dies gilt natürlich auch für die Zeiten vor dem
5. Lebensjahr, wobei gelten muss, je früher
in der persönlichen Entwicklungsphase, desto
wichtiger ist die integrierte Abstimmung mit
den persönlichen und familiären Lebensumgebungen. Je weniger Einrichtungen außerhalb
der Familien reine »Betreuungsplätze« sind,
Die Talente und Potenziale rechtzeitig erkennen
je mehr sie auch Beziehung, Förderung, Kommunikation und Entwicklung bieten können, desto besser werden auch nachfolgende
Bildungs- und Entwicklungsphasen wirksam werden können.
Wirksame Antworten finden
Auch die Industrie und die Wirtschaft sind herausgefordert, ihre
Arbeitsbedingungen und Berufsentwicklungen an Lebensum­stände
von Familie und Gesellschaft anzupassen. Dafür gibt es viele
Initiativen in Unternehmen, im Diskurs der Sozialpartner und im
Arbeitsrecht.
Entscheidend ist, dass Bildung, Wirtschaft und Industrie die
­Herausforderungen der veränderten gesellschaftlichen Lebensumgebung annehmen und dafür gültige und wirksame Antworten finden. Kindergarten und vorschulische Erziehung haben schon heute
in vielen Bereichen eine bunte, vielfältige, auf die individuelle
Entwicklung von jungen Persönlichkeiten ausgerichtete Pädagogik
entwickelt und eingesetzt. Dies weiter zu verbreiten und für alle
in unserem Lande wirksam werden zu lassen ist zuallererst im
Interesse der unmittelbar betroffenen jungen Menschen und deren
künftiger Lebensperspektive sowie deren Familien, aber auch im
Interesse der gesamten Gesellschaft. Die Industrie wird daher aus
ihrer Verantwortung für hunderttausende MitarbeiterInnen und
deren Familien, aus der Erfahrung der Personalentwicklung, insbesondere auch der Aufnahme und Ausbildung junger Menschen
heraus diese Fragen auch in Zukunft mit Engagement und Initiative
verfolgen. 
39
Die Kiste
Die Industrie ist daher der Überzeugung, dass
es erforderlich ist, schon vor dem Zeitpunkt
des heutigen Schuleintritts ein verpflichtendes,
staatlich finanziertes »Startschuljahr« ab dem
5. Lebensjahr einzuführen, das insbesondere
dem Ausbau der sprachlichen, kommunikativen
und sozialen Fähigkeiten zur besseren Vorbereitung auf die Grundstufe dienen soll.
Die Kiste
Es war einmal …
Alle reden über Bildung im frühkindlichen Bereich, als ob es etwas wäre, was nicht ohnehin schon lange »passiert«,
als ob das Rad neu erfunden werden müsste, und von jedem womöglich ein anderes Rad, ein anderer
neuerer Ansatz in der Pädagogik. Dazu ein Blick zurück ins 19. Jahrhundert.
Natürlich hat sich im Laufe der Jahre, der Jahrhunderte einiges
geändert an den Bedürfnissen der verschiedenen Beteiligten, die
Interesse an Bildung und Erziehung unserer Kinder haben. Einiges
davon wurde einfach anders formuliert, war aber in Ansätzen immer
schon vorhanden.
Das Bedürfnis der Kinder nach Zuwendung, Wertschätzung, Geborgenheit, Einbindung in die Gemeinschaft und die Möglichkeit,
eigene Potenziale zu nutzen und auszubauen, ist gleichgeblieben.
Das Recht auf Bildung ist als eines der Grundrechte von Kindern
niedergeschrieben.
Die Früherziehung
In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es einige
Initiativen im deutschsprachigen Raum, nach festgeschriebenen
Plänen für die elementare Erziehung hier auch den Bildungsgedanken zu verankern. Getragen vom Gedanken der Chancengleichheit
wurde die Frühförderung als wichtig angesehen und viele didaktische Materialien vor allem auf kognitivem Gebiet entwickelt. Dazu
entstanden auch »curriculare Ansätze«, die aber eher zu einer
Verschulung in den Kindergärten führten. Einige dieser »Arbeitsblätter« kann man auch noch heute in den Einrichtungen finden.
Gescheitert ist vieles an den Umsetzungen, an den finanziellen
Mitteln und an veränderten gesellschaftlichen Bedingungen sowie neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen auf dem Gebiet
der Hirnforschung. Geblieben sind viele Ideen, die in den letzten
Jahren wieder aus den Schubladen hervorgeholt werden und auf
zeitgemäße Implementierung warten.
Schon im 19. Jahrhundert gab es einige bahnbrechende Leitgedanken, die die neue Einrichtung Kindergarten betrafen und die
bei einiger Übersetzungs-Phantasie durchaus heute auch noch
gelten können.
In den nachfolgenden Passagen sollen Einblicke in die »Praktische
Kindergärtnerei« aus dem Jahr 1887 nach dem Pädagogen Friedrich Fröbel gegeben werden. Machen Sie sich Ihr Bild darüber
selbst!
1. Was ist der Kindergarten?
Der Kindergarten ist eine Erziehungsanstalt,
welche Kinder vom 3. bis zum 7. Jahre nicht
nur in Aufsicht nimmt, sondern auch ihnen ihrem Wesen entsprechende Tätigkeit gibt, ihren
Körper kräftigt, ihre Sinne übt und den erwachenden Geist beschäftigt, sie sinnig mit Natur
und Menschenwelt bekannt macht, besonders
auch Herz und Gemüt richtig leitet und zum
Urgrund allen Lebens, zur Einigkeit mit sich
führt (Fr. Fröbel).
2. Welche Stellung nimmt der Kindergarten
zu Haus und Schule ein?
Er steht als Vermittlungsglied zwischen beiden,
indem er die große Kluft ausfüllt, welche die
Schule von der Familie trennt.
3. Inwiefern tut er dies?
Insofern er dies aus mancherlei Verhältnissen
und Umständen unzureichende Hauserziehung
durch gemeinsame Spiele und Beschäftigungen
ergänzt und durch eine harmonische Entwicklung aller Körper- und Geisteskräfte die Kinder
auf die Lernschule vorbereitet.
Rückschau
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4. Gegen welche falschen Deutungen muss sich
der Kindergarten verwahren?
Einmal, dass er die elterliche Erziehung überflüssig machen und zweitens, dass er in die Rechte
und Pflichten der Schule eingreifen wolle.
36. Welches ist der oberste leitende Grundsatz
der Pädagogik Fröbels?
Das Kind wird entwickelnd erzogen.
37. Wie ist das zu verstehen?
Das Kind soll von innen heraus gebildet werden
durch harmonische Entwicklung aller in ihm
wohnenden Kräfte und Triebe; hingegen soll
alles und jedes von außen kommende bloße
Anlernen vermieden werden.
38. Wie geschieht das?
Nicht durch bloßes Auswendiglernen, sondern
durch Anschauen, Begreifen, Sprechen und
Tun, oder Schaffen.
39. Welcher Grundsatz schließt sich diesem an?
Das innerlich Empfundene und Erkannte wird
äußerlich dargestellt.
40. Ist dieser Grundsatz so wichtig, und warum?
Er ist von großer Wichtigkeit, weil der Mensch
nicht nur ein denkendes und fühlendes, sondern auch ein wollendes, schaffendes Wesen
ist, das seine hohe Bestimmung ohne gute und
schöne Entfaltung des Tätigkeitstriebes nicht
erreicht, ja vielmehr durch einen verdumpften
und irregeleiteten Trieb des Schaffens und Tuns
zu einer tierischen Kreatur herabsinkt. Fröbel
ist der erste Pädagoge, der diesen Grundsatz
betont und anwendet.
41. Wodurch wird dieser Grundsatz
im Kindergarten zur Anwendung gebracht?
Durch Spiel und Beschäftigung (Arbeit).
Vieles mag natürlich heute sprachlich schwer verstehbar sein,
aber die Grundgedanken waren die »angemessene Tätigkeit und
bildende Beschäftigung« der Kinder, womit vor allem das Spiel
gemeint war.
Der Spagat zwischen Betreuung und Bildung
Nach dem Sprung in die Vergangenheit wieder zurück in die Zukunft: Viele Eltern sind auf qualitätsvolle Kinderbetreuung in Kinderkrippe, Kindergarten und Hort, wie sie in den steirischenKinderbetreuungseinrichtungen angeboten wird, angewiesen. Die Kinder
haben sozusagen ein Recht darauf. Strukturen stellt die Politik zur
Verfügung, die sowohl für die Ausbildung als auch für die Praxis
die notwendigen Rahmenbedingungen in Form von Gesetzen und
monetären Unterstützungen für Eltern, Erhalter und PädagogInnen
schaffen. Es gilt den Spagat zwischen Bildung und Betreuung zu
schaffen. Dafür braucht es genügend Plätze und ausreichende und
flexible Öffnungszeiten. In den »Bildungs-Einrichtungen« werden
Wissensinhalte, Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie für eine globalisierte Welt notwendig sind, vermittelt. Werte wie Demokratie,
Mündigkeit und Toleranz werden als »lebensnotwendig« angesehen
und gelebt. 
Das zitierte Buch wurde von Renate Jäger, Kindergartenpädagogin, zur ­Verfügung
­gestellt. Seidel, F.: Katechismus zur Praktischen Kindergärtnerei.
Leipzig, Verlagsbuchhandlung J.J. Weber 1887
41
Die Kiste
Inneres Leben des Kindergartens
Allgemeine Grundsätze und Gesetze
Die Kiste
Literaturhinweise
Zusammenfassend werden die Literaturangaben der vorangestellten Artikel und
weiterführende Literatur zum Thema sowie ausgewählte Links angeführt.
• A martya, S.:
Die Identitätsfalle. Warum es keinen Krieg der Kulturen
gibt. München, C. H. Beck 2007
• A nhammer Ch. :
Mädchenarbeit »… weil ich ein Mädchen bin«.
Wien, Katholische Jungschar 2002
• Baum, I.:
»Wege zum Licht«.
St. Margarethen/Raab, Eigenverlag 1987
• BMFSFJ (Hrsg.):
11. Kinder- und Jugendbericht.
Berlin 2002
• Eichhorn, J.:
Konsequenzen aus dem Schock.
Eine Übersicht über den Stand der Bildungspläne und
Bildungsempfehlungen in den Bundesländern.
In: Kindergarten heute, Heft 1/2005. S. 20 – S. 26
• Griebel, W., Niesel, R.:
Transitionen. Fähigkeiten von Kindern in Tageseinrichtungen fördern, Veränderungen erfolgreich zu bewältigen.
In: Fthenakis W. E. (Hrsg.): Beiträge zur Bildungsqualität.
Weinheim, Beltz 2004
• Hartmann, W., Stoll, M.:
Mehr Qualität für Kinder.
Qualitätsstandards und Zukunftsperspektiven
für den Kindergarten.
Bd. 2 d. Schriftenreihe d. Charlotte-Bühler-Instituts,
1. Aufl. Nachdruck.
Wien, öbv&hpt 2004a
• Hartmann, W., Stoll, M., Chisté, N., Hajszan, M.:
Bildungsqualität im Kindergarten.
Transaktionale Prozesse, Methoden, Modelle.
Bd. 2 d. Schriftenreihe d. Charlotte-Bühler-Instituts,
1. Aufl. Nachdruck. Wien,
öbv&hpt 2004 b
• Hentig, H. v.:
Bildung. Ein Essay.
München, Hanser 1995
• Elkind, D.:
Das gehetzte Kind:
Werden unsere Kleinen zu schnell groß?
Bergisch Gladbach, Gustav H. Lübbe 1992
• Hüther, G.:
»Die Macht der inneren Bilder«.
Göttingen, Vandenhoek & Ruprecht 2006
• Elschenbroich, D.:
Weltwissen der Siebenjährigen.
München, Goldmann 2002
• Fthenakis, W. E. (Hrsg.):
Auf den Anfang kommt es an!
Perspektiven zur Weiterentwicklung des Systems
der T­ageseinrichtungen für Kinder in Deutschland.
Weinheim, Beltz 2003
• Fthenakis, W. E.:
Zur Neukonzeptualisierung von Bildung
in der frühen Kindheit.
In: Fthenakis, Wassilios E. (Hrsg.): Elementarpädagogik
nach PISA. Wie aus Kindertagestätten Bildungseinrichtugen werden können.
Freiburg im Breisgau, Herder 2003
• Fthenakis, W. E. (Hrsg.):
Bayerischer Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in
Tageseinrichtungen bis zur Einschulung.
Entwurf für die Erprobung.
Weinheim, Beltz 2003
• Gehring, G., Marbot M.:
Wir lassen ROLLEN rollen.
Thema: Berufs- und Geschlechterrollen in Kindergarten
und Unterstufe.
Bern 1997
• Goeudevert, D.:
»Der Horizont hat Flügel. Die Zukunft der Bildung«.
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Literaturhinweise
42
• K neidinger L.:
»Wie lernt unser Gehirn?«
Neurobiologie und frühes Lernen.
In: Unsere Kinder 5/2006
• K reusch-Jakob D.:
Musik macht klug.
Wie Kinder die Welt der Musik entdecken.
München, Kösel 1993
• K rommer, O., Pröstler I.:
Mannsbild. Geschlechtsbezogene Bubenarbeit.
Wien, Katholische Jungschar 2002
• L aewen, H.-J., Andres, B. (Hrsg.):
Forscher, Künstler, Konstrukteure.
Werkstattbuch zum Bildungsauftrag
von Kindertageseinrichtungen.
Neuwied, Luchterhand 2002
• L ehrplan der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik.
BGBl. II – Ausgegeben am 12. August 2004 – Nr. 327
• L enz, W.:
Perspektiven des Lebenslangen Lernens.
Online im Internet:
http://www.erwachsenenbildung.at/magazin/07-1/mebausgabe 07-0.pdf.
ISSN 19993-6818. Wien 2007.
Veröffentlicht März 2007
• Liessmann, K. P.:
Theorie der Unbildung.
Die Irrtümer der Wissensgesellschaft. Wien, Zsolnay 2006
• Lill, G.:
Von Abenteuer bis Zukunftsvisionen – Qualitätslexikon
für Kindergartenprofis. Weinheim, Beltz 2001
• Niederle, Ch., Michelic, E., Lenzeder, F.:
Bildung und Erziehung im Kindergarten. Bildungs- und
­Erziehungsziele, Methodische Hinweise, Praktische
­Anregungen. 1. Aufl. Westermann Schulbuchverlag 1975
• Siebert, H.:
Pädagogischer Konstruktivismus.
Lernzentrierte Pädagogik in Schule und
­Erwachsenen­bildung.
Weinheim und Basel, Beltz 2005
• Wolf, W.:
Grundzüge der Entwicklung der Volksschullehrpläne. W.
In: Wolf W. (Hrsg.): Kommentar zum Lehrplan
der Volksschule.
Wien, öbv&hpt 2001
• Wolf, W. (Hrsg.):
Lehrplan der Volksschule.
Wien, öbv&hpt 2003
• OECD (2006).
Starting Strong. Early Childhood Education and Policy.
Länderbericht für Österreich.
www.oecd.org/dataoecd/57/58/36657509.pdf
Eine Auswahl von Links zum Thema:
• Postman, N.:
Das Verschwinden der Kindheit.
Frankfurt /Main, Fischer TB 1987
• w ww.arbeitskreis-neue-erziehung.de
• Prengel, A.:
Pädagogik der Vielfalt.
In: TPS, Theorie und Praxis der Sozialpädagogik,
Ausgabe 2/2007, S. 6 – S. 9.
• w ww.kinder-frueher-foerdern.de
• Rauschenbach, Th.:
Bildung für alle Kinder: Zur Neubestimmung des Bildungsauftrags in Kindertageseinrichtungen.
In: Wehrmann I. (Hrsg.): Kindergärten und ihre Zukunft.
Weinheim, Beltz 2004
• Schäfer, Gerd E.:
Beobachten und Dokumentieren als Aufgabe
der Bildungsvereinbarung 1/30/04,
www.gew-nrw.de/binarydata/download/Schaefer.pdf,
am 04.06.2007
• Schäfer, G. E.:
Bildungsprozesse im Kindesalter. Selbstbildung, Erfahrung
und Lernen in der frühen Kindheit.
Dortmund, Juventa 1995
• w ww.forum-bildung.de
• w ww.bildungsserver.de
• w ww.aktiv-für-kinder.de
• w ww.migration-info.de
• w ww.kigaweb.de
• w ww.kinderbetreuung.de
• w ww.efareport.unesco.org
Zahlreiche Fach- und Bilderbücher stehen in der
Mediathek/Fortbildungsstelle, Stempfergasse 1/2,
8010 Graz für das Personal der Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung.
Nähere Informationen erhalten Sie
in der Mediathek bei Barbara Zechner
unter der Telefonnummer: 0316/877-5487.
E-Mail: [email protected]
• Schnell, I.:
Stichwort Inklusion.
In: Welt des Kindes, Heft 4, Juli/August 2006
• Sen, A.:
Die Identitätsfalle.
Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt.
München, C. H. Beck 2007
• Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport (Hrsg.)
Berliner Bildungsprogramm. Berlin, Das Netz 2004
43
Die Kiste
• Liegle, L.:
Pädagogische Konzepte und Bildungspläne – wie stehen
sie zueinander?
In: kindergarten heute, 1/2007 S. 6 – S. 10
Kinderbetreuungseinrichtungen in der Steiermark
»Alterserweiterte Gruppe«: 90
»Alterserweiterte Gruppe«: 1.637
Betriebsjahr 2006/07, Stand: 25. Mai 2007
*Zusätzlich werden in 19 Heilpädagogischen Kindergärten 84 IZB-Gruppen geführt
Kinderbetreuungseinrichtungsgruppen inklusive IZB-Gruppen: 1.586
Personal in den Kinderbetreuungseinrichtungen
»Alterserweiterte Gruppe«: 131
Betriebsjahr 2006/07, Stand: 5. März 2007
»Alterserweiterte Gruppe«: 131
Die Kiste
Statistik
Personal gesamt: 5.356
Steiermarkweit werden 2.558 Kinder von 618 Tagesmüttern betreut. Stand: 30. Jänner 2007
Statistik
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Die Kiste
Impressum:
Eigentümer und Herausgeber: Amt der Steiermärkischen ­Landesregierung, Fachabteilung 6B – Kinderbetreuungsreferat.
Für den Inhalt verantwortlich: Mag. Franz Schober; Redaktionsteam: Mag.a Martina Grötschnig, Mag.a Petra Prascsaics, Dr.in Ingeborg Schmuck;
Gestaltung und Layout: RoRo + Zec, Graz; Druck: Medienfabrik Graz. Fotos: Mag. Franz Schober (Cover, Seite 4, 7, 8, 12, 14, 15, 17, 18, 19, 20,
22, 24, 25, 30, 35 und 39), Irmgard Kober-Murg (Seite 10, 11, 13, 27, 28, 29, 31, 33, 34 und 36–38) , Maitz (Seite 16).
Die in den Beiträgen angeführte Berufsbezeichnung KindergartenpädagogIn gilt auch für ErzieherInnen in Horten und Sonderkindergarten­pädagogInnen.
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Kiste 07
Die Kinderbetreuung in der Steiermark