Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk Teil 2
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Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk Teil 2
158 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Auch wenn angesichts der deutlich geringeren Zuschaueranteile der zuzurechnenden Programme die Bezeichnung als „dritte Kraft im bundesweiten Fernsehen“ ein wenig hoch gegriffen erscheinen mag, so ist doch die Ausweitung der Aktivitäten der EM.TV & Merchandising AG und der Tele-München-Gruppe in diesem Bereich bemerkenswert. Die Tele-München-Gruppe hat ein Vollprogramm unter dem Namen Tele 5 gestartet; die EM.TV & Merchandising AG hat gemeinsam mit der KarstadtQuelle AG die Mehrheit an der Veranstalterin des Sportspartenprogramms DSF übernommen. Beiden Unternehmen sind aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen die Programme Tele 5, RTL II, DSF und Junior zuzurechnen. Neben den drei genannten Sendergruppierungen halten die Medienkonzerne Vivendi Universal S. A., AOL Time Warner, Inc., Viacom, Inc. und The Walt Disney Company relevante Beteiligungen an deutschsprachigen Fernsehprogrammen. Die Konzerne News Corporation Limited und Fininvest S. p. A. bzw. Mediaset S. p. A. haben sich nicht zuletzt infolge der Kirch-Insolvenz aus Deutschland zurückgezogen. Allerdings werden sie weiterhin als potenzielle Wettbewerber oder Partner für Bereiche des deutschen Fernsehens angesehen. Bei Vivendi Universal und AOL Time Warner stehen deren Großfusionen der vergangenen Jahre auf dem Prüfstand. Hieraus können auch künftige Veränderungen für deren deutsche Fernsehbeteiligungen resultieren. Viacom ist über das MTV Network auch in Deutschland stark bei jungen und musikinteressierten Fernsehzuschauern präsent. In diesem Feld besteht ein intensiver Wettbewerb mit den Musikkanälen von VIVA. An letzteren hat AOL Time Warner ihr Einflusspotenzial vergrößert. Walt Disney trifft auch in Deutschland mit seinen markengeprägten Filmen, Fernsehprogrammen und Printprodukten auf einen starken Zuspruch der Medienkonsumenten. Im Fernsehbereich wird dies anhand der Zuschaueranteile von Super RTL im Alterssegment der Kinder und an den Spartenkanälen Disney Channel und Fox Kids auf Premiere sichtbar. 2 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Die Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags zur Sicherung der Meinungsvielfalt sehen vor, dass bei der Beurteilung vorherrschender Meinungsmacht eines Fernsehveranstalters auch medienrelevante verwandte Märkte einzubeziehen sind (§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV). Erreichen danach die einem Unternehmen zurechenbaren Programme einen Zuschaueranteil von 25 %, so wird vorherrschende Meinungsmacht vermutet, wenn das Unternehmen auf einem medienrelevanten verwandten Markt eine marktbeherrschende Stellung hat oder die Gesamtbeurteilung der Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, dass der dadurch erzielte Meinungseinfluss dem eines Unternehmens mit einem Zuschaueranteil von 30 % entspricht. Darüber hinaus gewinnen die medienrelevanten verwandten Märkte bei der Prüfung des Grundtatbestands des § 26 Abs. 1 RStV Bedeutung.417 Wie der potenzielle Meinungseinfluss der einzelnen Märkte für sich genommen und im Zusammenspiel mit der Veranstaltung von bundesweitem Fernsehen einzuschätzen ist, wurde im Auftrag der KEK in einem kommunikationswissenschaftlichen Gutachten untersucht (siehe Kap. IV 2.1.1.2.2). Der Begriff des medienrelevanten verwandten Marktes ist im Rundfunkstaatsvertrag nicht definiert. Die amtliche Begründung zu § 26 RStV zählt exemplarisch Werbung, Hörfunk, Presse, Rechte und Produktion auf. Die Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Zu beurteilen sind 417 Ständige Spruchpraxis der KEK; vgl. ausführlich Beschlüsse der KEK vom 26. 01. 1999 i. S. Premiere digital, Az.: KEK 026, II 3.2.2, und vom 21. 09. 1999 i. S. RTL, Az.: KEK 040, II 2. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 159 insbesondere alle Aktivitäten, die zwar nicht unmittelbar zum bundesweiten Fernsehen gehören, die aber gleichwohl in ihrer Zusammenfassung ein erhebliches publizistisches Gewicht haben können. Eine vorgehobene Bedeutung kommt dabei den „fernsehnahen“ Aktivitäten eines Veranstalters zu.418 Die wichtigsten Hinweise auf Märkte, deren Beherrschung nach § 26 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. RStV medienrelevant ist, können der Entscheidungspraxis der Kartellbehörden und Gerichte zur Fusionskontrolle im Rundfunk entnommen werden.419 Untersucht werden im Folgenden die Märkte für – – – – – – – – – – – – – Fictionrechte (2.1), Kinderprogramme (2.2), Sportrechte (2.3), Nachrichtenmaterial (2.4), Programmzeitschriften (2.5), Fernsehwerbung (2.6), technische und administrative Dienstleistungen für digitales und Pay-TV (2.7), Übertragungswege (2.8), Ballungsraumfernsehen (2.9), Teleshopping (2.10), Presse (2.11), Hörfunk (2.12), Online-Medien (2.13). Für die Beurteilung der Medienkonzentration sind die medienrelevanten verwandten Märkte insbesondere dann von Bedeutung, wenn Fernsehveranstalter mit Unternehmen, die auf vorgelagerten Produktionsstufen tätig sind, vertikal integriert sind. Vertikale Verflechtungen mit medienrelevanten verwandten Märkten können in erheblichem Umfang beobachtet werden und erstrecken sich über sämtliche Ebenen der Fernsehbereitstellung.420 Durch den direkten Zugang zu Absatz- und Beschaffungsmärkten können u. a. Kostenvorteile und eine größere Risikostreuung erreicht werden. Vertikale Verflechtungen sind nicht schon an sich bedenklich. Problematisch können sie aber dann werden, wenn die horizontale Konzentration auf den vor- und nachgelagerten Märkten so weit fortgeschritten ist, dass der Zugang von konkurrierenden TV-Unternehmen zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten durch eine solche vertikale Verbindung eines Programmveranstalters eingeschränkt oder gefährdet wird. Daher werden im Folgenden diejenigen Märkte genauerer Betrachtung unterzogen, auf denen Fernsehveranstalter direkt – oder indirekt über verbundene Unternehmen – über starke Marktstellungen verfügen. Auch wenn die Übertragungswege derzeit keinem maßgeblichen Einfluss von Veranstaltern von 418 Vgl. Immenga/Mestmäcker, GWB Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Auflage, München 2001, Vor § 35 Rn. 114 f. 419 Vgl. Immenga/Mestmäcker, GWB Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Auflage, München 2001, Vor § 35 Rn. 112, 78 ff. 420 Daneben bestehen auch vertikale Verflechtungen mit Märkten, die nicht als medienrelevante verwandte Märkte i. S. d. § 26 Absatz 2 RStV einzuordnen sind bzw. deren Einordnung bislang offen gelassen wurde. Dafür lassen sich u. a. folgende Beispiele anführen: Der KarstadtQuelle-Konzern plant, seinen Absatz von Sportartikeln durch die Beteiligung an der Veranstalterin von DSF zu fördern; DSF solle als reichweitenstarke Plattform fungieren, über die mit den Kunden kommuniziert werden könne; Pressemitteilung der KarstadtQuelle AG vom 12. 05. 2003. Der Unternehmer Thomas Hornauer hat den Sender BTV 4 U (ehemals B.TV) übernommen. Thomas Hornauer ist der Inhaber der Telekontor GmbH, die im Bereich der Technologie der Telefonmehrwertdienste tätig ist; das Programm BTV 4 U ist als „Transaktionsfernsehen“ darauf ausgerichtet, Zuschauer zur Beteiligung per Telefon zu animieren. Ebenfalls als vertikale Integration ist die Erhöhung der Beteiligung der Warner Music Group an der VIVA Media AG und der Beteiligung an der VIVA Plus Fernsehen GmbH anzusehen, deren Programme als Abspielstationen für die Musikvideos des Unternehmens dienen. 160 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Vertikale Konzentration Vertikale Dekonzentration Vorwärtsintegration der Rechte- in die Veranstalterebene –nDie KirchMedia veräußert die Mehrheit der Anteile an der ProSiebenSAT.1 Media AG. –nDie Deutsche Fernsehnachrichtenagentur GmbH (DFA) veräußert ihre Beteiligung am Nachrichtensender n-tv. Rückwärtsintegration der Veranstalter- in die Rechteebene –nDie RTL Group weitet ihre internationalen Aktivitäten im Sportrechtehandel durch Gründung der SPORTFIVE S. A. aus. –nDie ProSiebenSAT.1 Media AG veräußert ihre 100 %ige Beteiligung an der Nachrichtenagentur ddp. –nDie EM.TV & Merchandising AG veräußert ihre Beteiligung an der Formel-1-Vermarktungsgesellschaft SLEC. –nDie KirchMedia veräußert ihre Beteiligung an der KirchSport AG, die u. a. die TV-Rechte an der Fußballbundesliga hält. –nDie KirchMedia verliert ihre Beteiligung an der Formel-1-Vermarktungsgesellschaft SLEC. Vorwärtsintegration der Produktions- in die Veranstalterebene –nDas Hollywood-Studio MGM gründet den MGM Channel. –nDie Universal Studios gründen den Sci-Fi Channel. –nDie Spiegel TV GmbH veranstaltet gemeinsam mit DCTP den Sender XXP. –nDie Beate Uhse AG und Erotic Media AG veranstalten das Programm Beate Uhse TV. Rückwärtsintegration der Veranstalter- in die Produktionsebene –nDie VIVA Media AG übernimmt das Produktionsunternehmen Brainpool TV AG. –nDie KirchMedia gründet das auf Unterhaltungsformate spezialisierte Produktionsunternehmen Kirch Media Entertainment. –nDie EM.TV & Merchandising AG übernimmt das auf Sportübertragungen spezialisierte Produktionsunternehmen Plazamedia. –nDie EM.TV & Merchandising AG veräußert ihre Beteiligungen an der Constantin Film AG und verschiedenen kleineren Produktionsunternehmen. –nDie KirchMedia trennt sich von ihrer 90 %igen Beteiligung an der Neuen Deutschen Filmgesellschaft (NDF). –nDie KirchMedia trennt sich von ihrer Beteiligung an der Constantin Film AG. Vorwärtsintegration der Veranstalterebene in den Bereich von Dienstleistungen für das Digitalfernsehen –nPremiere übernimmt das Playout-Center Beta Digital (nunmehr umfirmiert in DPC Digital Play-Out-Center GmbH). –nDie für die Verschlüsselungs- und Decodertechnik von Premiere zuständige Beta Research GmbH wird an ein nicht mit Premiere verflochtenes Unternehmen verkauft.421 Rückwärtsintegration der Vertriebs- in die Veranstalterebene –nVerschiedene regionale Kabelgesellschaften der Kabel Deutschland GmbH (KDG) bieten über digitale Pay-TV-Plattformen fremdsprachige Programmpakete an. –nDie Kabelnetzbetreiberin PrimaCom AG bietet Pay-TVProgrammpakete unter dem Namen PrimaTV an. –nDer niederländische Kabelnetzbetreiber UPC beteiligt sich an der Veranstalterin des Programms Extreme Sports Channel. –nDie Deutsche Telekom stellt den Betrieb ihrer bundesweiten digitalen Programmplattform Media Vision ein. Tabelle II-26: Aktuelle Beispielsfälle vertikaler Konzentration und Dekonzentration von Fernsehveranstaltern und medienrelevanten verwandten Märkten 421 Premiere beabsichtigt, ab Herbst 2003 statt Betacrypt von BetaResearch das Verschlüsselungssystem Nagravision der Kudelski-Gruppe zu verwenden, vgl. Kap. II 2.7.5. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 161 bundesweitem privatem Fernsehen unterliegen, so werden sie hier dennoch aufgrund ihrer potenziellen Relevanz für die Meinungsvielfalt behandelt.422 Im Berichtszeitraum waren sowohl Tendenzen zur vertikalen Konzentration als auch die Auflösung derartiger Verflechtungen zu verzeichnen. Die der Konzentrationstendenz gegenläufigen Beispiele gehen zu einem großen Teil auf die Insolvenz der KirchGruppe zurück. Eine aktuelle Übersicht gibt Tabelle II-26. Als weitere medienrelevante, der Veranstaltung von bundesweitem Fernsehen nahe stehende Märkte werden Ballungsraumfernsehen und Teleshopping untersucht. Während im Bereich des Ballungsraumfernsehens eine deutliche dekonzentrative Entwicklung stattgefunden hat, werden Fernsehveranstalter zunehmend im Teleshoppingmarkt aktiv. Auch diagonale Verflechtungen, d. h. unternehmerische Verflechtungen zwischen Fernsehveranstaltern und Medienmärkten, deren Produkte weder von der Produktions- noch von der Absatzseite miteinander verbunden sind, sind in erheblichem Ausmaß zu verzeichnen. Auch hier gilt: Diagonale Verflechtungen sind nicht als solche problematisch für Wettbewerb oder Meinungsvielfalt. Allerdings verdienen solche Verflechtungen besondere Aufmerksamkeit, da sie die Gefahr einer Vervielfältigung des publizistischen Einflusses in Form von multimedialer Meinungsmacht in sich bergen. Beispiele für ein Fortschreiten der diagonalen Konzentration sind u. a. der Erwerb der AVEHörfunkbeteiligungen durch die RTL Group, die Online-Aktivitäten aller Veranstalter und die Aktivitäten der Bertelsmann AG im Printbereich. Als ein Fall diagonaler Dekonzentration ist der Verlust des 40-Prozent-Anteils der Kirch Beteiligungs GmbH & Co. KG an der Axel Springer AG zu werten.423 2.1 Fiction-Rechte Das Gebot der Vielfaltsicherung erfordert es, auch die vertikale Verflechtung von Rundfunkveranstaltern mit Produktionsfirmen und Inhabern von Film- und Sportübertragungsrechten zu berücksichtigen.424 Die öffentliche Meinungsbildung beschränkt sich nicht auf „Nachrichtensendungen, politische Kommentare, Sendereihen über politische Probleme der Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft“, sondern „jedes Rundfunkprogramm (wird) durch die Auswahl und Gestaltung der Sendungen eine gewisse Tendenz haben“.425 Demnach kommt auch fiktionalen Programmen ein meinungsbildender Charakter zu. Dies bringt auch die Begründung zum 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zum Ausdruck, wonach u. a. Rechte und Produktion als Indikatoren bei der Beurteilung, ob gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV vorherrschende Meinungsmacht vorliegt, einzubeziehen sind. In der kartellrechtlichen Praxis wurde für den relevanten Markt der Produktion von Fernsehprogrammen bislang offen gelassen, ob je nach der Art der Programme und ihrer Bedeutung für verschiedene Veranstalter gesonderte Teilmärkte anzuneh422 Eine Vorwärtsintegration eines Veranstalters in den Bereich der Übertragungswege hat sich bislang in Deutschland nicht realisiert: Der Erwerb von sechs regionalen Kabelgesellschaften der Deutsche Telekom AG durch die Liberty Media Corporation, die u. a. über eine Beteiligung an der Veranstalterin des Discovery Channel verfügt, wurde 2002 vom Bundeskartellamt untersagt; vgl. BKartA, Beschluss vom 22. 02. 2002, Az. B7-168/01. 423 Ein weiteres Beispiel ist die Einstellung des bundesweiten Hörfunkprogramms von Radio GoldStar. Die Veranstalterin dieses Hörfunkprogramms war eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Veranstalterin des gleichlautenden TV-Programms, die sich nach dem Ausscheiden der Kirch PayTV GmbH & Co. KGaA als Gesellschafterin nun im alleinigen Besitz von Gottfried Zmeck befindet. Die anfangs noch mittelbar zu 50 % beteiligte Kirch PayTV GmbH & Co. KGaA hatte ihre Anteile an Gottfried Zmeck veräußert; vgl. Beschlüsse der KEK i. S. GoldStar TV vom 22. 07. 2002, Az.: KEK 148, und vom 10. 09. 2002, Az.: KEK 148-1. 424 BVerfGE 95, 163, 173. 425 BVerfGE 12, 205, 260. 162 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten men sind.426 Für den Bereich des Programmrechtehandels sind eigenständige Märkte für FictionProgramme und Sportrechte abgegrenzt worden. Mit der Bezeichnung Fiction-Programme soll fiktionale Unterhaltung als Bestandteil von Fernsehprogrammen erfasst werden. Darunter fallen sowohl für die Kinoausstrahlung produzierte und in Fernsehprogrammen nachverwertete Kinofilme (Spielfilme) als auch Fernsehproduktionen, die ausschließlich und speziell für die Verwendung in Fernsehprogrammen produziert werden (Fernsehfilme/TV-Movies, Reihen, Serien). Eine weitere Segmentierung kann z. B. nach verschiedenen Programmgenres (Action, Krimi, Science Fiction etc.), erwarteter Zuschauerattraktivität (Premium-Filme) oder nach den Stufen der Verwertungskette (Erstausstrahlung, Pay-TV, Free-TV etc.) erfolgen. 2.1.1 Stellenwert fiktionaler Programme Das zur inhaltlichen Gestaltung eines Fernsehprogramms benötigte Programmmaterial stellt für den Fernsehveranstalter einen im Qualitätswettbewerb entscheidenden Inputfaktor dar. Im Folgenden soll das Gewicht der Fiction-Programme gegenüber anderen Programmkategorien anhand der Zusammensetzung des täglichen Fernsehkonsums der Zuschauer dargestellt werden. Ein hoher Anteil fiktionaler Unterhaltung im Programm ist aus Sicht privatwirtschaftlicher Fernsehveranstalter nur dann sinnvoll, wenn dieser Faktor die Sehentscheidung der Zuschauer zugunsten eines Fernsehprogramms positiv determiniert. 2.1.1.1 Frei empfangbares Fernsehen Tatsächlich verbringen die Fernsehzuschauer im Vergleich der Programmsparten den größten Teil ihrer täglichen Sehdauer mit dem Konsum fiktionaler Unterhaltung. Dies gilt für die Sender RTL, ProSieben und – mit Ausnahme des Jahres 2002, wo die Nutzung nichtfiktionaler Unterhaltung überwog – für SAT.1. Bei ARD und ZDF überwog die Nutzung des Genres Information (siehe Tab. II-27). Der Zugang zu fiktionaler Unterhaltung erlangt somit strategische Bedeutung für Fernsehveranstalter im frei empfangbaren Fernsehen. Tabelle II-28 gibt einen Überblick über Angebot und Nutzung von Programmsparten. Im Gesamtprogrammangebot dominiert das Genre Information; 40 % des gesamten Programmangebots sind nach dieser Untersuchung diesem Genre zuzuordnen. Die Nutzung dieses Genres macht 30 % der Nutzung des Gesamtangebots aus. Im Bereich Fiction ist das Verhältnis umgekehrt. Der Anteil fiktionalen Programms am Gesamtangebot beträgt 30 %, fiktionale Angebote werden aber mit einem Anteil von 37 % an der Gesamtnutzung überproportional genutzt. Bei getrennter Betrachtung der öffentlich-rechtlichen und der privaten Programme entsprechen sich Angebot und Nutzung des fiktionalen Programms weitgehend. Ein den Angebotsanteil deutlich übertreffender Nutzungsanteil ist beim Sportangebot der öffentlichrechtlichen Programme und bei dem Informationsangebot der Privatsender zu verzeichnen. Tabelle II-29 gibt den Anteil von Fiction-Programmen am Gesamtprogramm der zuschauerstärksten privaten Vollprogramme sowie der öffentlich-rechtlichen Anstalten wieder. Es zeigt sich, dass der Anteil von Fiction am Gesamtprogramm bei den privaten Veranstaltern seit 1997 zunächst überwiegend kontinuierlich gesunken ist. Im Jahr 2001 ist bei den Sendern der RTL Group ein erneuter Anstieg des Fiction-Anteils zu verzeichnen, bei den Sendern der ProSiebenSAT.1 Media AG nimmt der Anteil dagegen größtenteils weiter ab. Bei den untersuchten privaten 426 Vgl. Immenga/Mestmäcker, Kommentar zum GWB, 3. Aufl., München 2001, Vor § 35 Rn. 87. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk Sender 163 Information Fiction Nonfiktionale Unterhaltung Sport Werbung und Sonstiges Sehdauer des Programms in Minuten RTL 1999 2000 2001 2002 22,7 21,7 21,1 21,5 37,8 32,8 31,7 31,0 19,3 20,8 21,4 21,9 05,0 06,8 08,4 07,7 15,1 17,8 17,4 17,9 27 27 28 29 SAT.1 1999 2000 2001 2002 15,7 15,9 18,9 13,4 39,9 36,5 33,3 29,4 21,3 22,5 23,2 31,3 07,2 06,5 05,4 06,1 16,0 18,7 19,1 19,7 20 19 19 20 ProSieben 1999 2000 2001 2002 22,4 20,7 22,3 22,9 60,4 60,6 54,8 52,4 02,8 04,0 07,0 08,2 00,1 00,0 00,0 00,0 14,4 14,7 16,0 16,1 16 16 16 14 ARD1) 1999 2000 2001 2002 38,6 36,2 39,1 37,2 31,7 31,1 31,3 30,1 15,6 15,3 15,6 13,9 11,4 13,9 10,6 15,7 02,8 03,6 03,3 03,1 26 27 27 29 ZDF 1999 2000 2001 2002 37,1 35,9 39,1 36,6 35,8 33,4 35,9 33,4 13,3 11,9 15,6 10,6 09,8 14,1 10,6 15,1 03,8 04,9 03,3 04,2 24 25 27 28 1) ARD-Gemeinschaftsprogramm „Das Erste“ Tabelle II-27: Zusammensetzung des täglichen Fernsehkonsums nach Programmsparten und Sendern (Zuschauer ab 3 Jahren in Prozent) Quelle: Wolfgang Darschin, Susanne Kayser, Tendenzen im Zuschauerverhalten, in: Media Perspektiven 4/2000, S. 151, sowie Wolfgang Darschin, Heinz Gerhard, in: Media Perspektiven 4/2002, S. 158, und 4/2003, S. 162 Anteil der öffentlich-rechtlichen Programme1) an dem gesamten Angebot/der gesamten Nutzung des Genres in Prozent Angebot Nutzung Anteil der privaten Programme2) an dem gesamten Angebot/der gesamten Nutzung des Genres in Prozent Angebot Nutzung Anteil der Genres an dem gesamten Angebot/der gesamten Nutzung in Prozent Angebot Nutzung Information Sport Unterhaltung Fiction Werbung 84 23 58 32 02 67 54 45 34 08 16 77 42 68 98 33 46 55 66 92 ≈ 040 ≈ 009 ≈ 011 ≈ 030 ≈ 009 030 009 014 037 010 Gesamt 53 44 47 56 ≈ 100 100 1) ARD/Das Erste, 8 Dritte Programme, ZDF, 3sat 2) RTL, SAT.1, ProSieben, RTL II, VOX, Super RTL, Kabel 1, tm3, DSF, Eurosport Tabelle II-28: Spartenangebot und Spartennutzung im Fernsehen 2000 (Mo. bis So., 03:00 bis 03:00 Uhr, Zuschauer ab 3 Jahren, Anteile am gesamten Programmangebot und an der in Sehdauer gemessenen Nutzung der Sparten in Prozent) Quelle: Maria Gerhards, Andreas Grayczyk, Walter Klingler, Programmangebote und Spartennutzung im Fernsehen 2000, in: Media Perspektiven 5/2001, S. 254 164 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Programme Fiction (Min./p. a.) Spielfilm (Min./p. a.) Fernsehfilm (Min./p. a.) Serie (Min./p. a.) GesamtSendezeit (Min./p. a.)1) Anteil Fiction am Gesamtprogramm 035.713 026.787 023.739 024.542 023.215 024.820 03.871 05.717 06.241 06.475 05.873 08.738 189.633 185.040 172.935 155.874 151.804 153.924 452.148 446.726 454.174 451.814 451.322 440.217 50,7 % 48,7 % 44,7 % 41,4 % 40,1 % 42,6 % RTL 1996 1997 1998 1999 2000 2001 229.217 217.544 202.916 186.890 180.892 187.482 RTL II 1996 1997 1998 1999 2000 2001 349.300 357.869 339.960 304.091 314.877 126.365 118.449 116.957 114.055 114.491 keine Angaben 222.935 135.320 129.373 112.068 110.303 457.851 452.244 444.758 452.014 452.835 76,3 % 79,1 % 76,4 % 67,3 % 69,5 % Super RTL 1996 1997 1998 1999 2000 2001 252.294 276.113 263.774 273.886 273.803 271.905 39.469 51.081 51.979 50.967 33.561 31.661 212.825 225.032 211.795 222.918 240.242 240.244 357.276 362.137 370.229 362.489 349.078 341.348 70,6 % 76,2 % 71,2 % 75,6 % 78,4 % 79,7 % VOX 1996 1997 1998 1999 2000 2001 259.619 252.326 258.853 247.629 255.941 118.536 114.464 98.543 99.476 109.795 keine Angaben 141.083 137.862 160.310 148.153 146.146 370.891 369.848 387.404 374.163 374.962 70,0 % 68,2 % 66,8 % 66,2 % 68,3 % SAT.1 1996 1997 1998 1999 2000 2001 232.612 221.308 222.055 209.298 186.895 163.951 81.690 83.173 83.901 73.303 43.900 44.400 150.922 138.135 138.154 135.995 142.995 119.951 456.378 453.400 450.851 448.304 442.695 427.034 51,0 % 48,8 % 49,3 % 46,7 % 42,2 % 38,4 % ProSieben 1996 1997 1998 1999 2000 2001 343.378 338.527 328.600 286.265 280.391 274.366 122.976 124.234 123.654 116.516 127.257 131.899 220.402 214.527 204.946 169.749 153.134 142.467 447.547 423.234 418.911 422.665 432.760 434.689 76,7 % 80,0 % 78,4 % 67,8 % 64,8 % 63,1 % Kabel 1 1996 1997 1998 1999 2000 2001 425.131 420.678 391.855 371.187 366.894 338.742 282.979 283.772 258.172 223.063 206.255 206.810 471.125 458.962 434.380 466.764 449.098 425.732 90,2 % 91,7 % 90,2 % 79,5 % 81,7 % 79,6 % ARD 1996 1997 1998 1999 2000 2001 092.681 100.285 109.994 112.699 109.893 116.119 379.978 380.547 421.182 417.428 418.947 420.060 24,4 % 26,4 % 26,1 % 27,0 % 26,2 % 27,6 % 1996 1997 1998 1999 2000 2001 127.424 127.014 131.758 138.342 131.342 141.376 390.816 385.968 465.876 466.778 467.724 466.420 32,6 % 32,8 % 28,3 % 29,6 % 28,1 % 30,3 % ZDF 134.550 132.151 127.661 137.627 151.321 124.327 07.602 04.755 06.022 10.497 09.318 07.605 keine vergleichbaren Angaben 068.114 067.614 064.919 062.281 044.212 052.377 29.227 31.735 36.899 42.588 49.064 49.265 030.083 027.665 029.940 033.473 038.066 039.734 Tabelle II-29: Anteil fiktionaler Unterhaltung an der Sendezeit der Vollprogramme 1996–2001 (Fortsetzung nächste Seite) Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 165 Durchschnittlicher Fiction-Anteil bei den untersuchten privaten Programmen öffentlich-rechtlichen Programmen 1996 1997 1998 1999 2000 2001 67,8 % 69,4 % 68,7 % 64,9 % 63,0 % 63,0 % 28,5 % 29,6 % 27,2 % 28,3 % 27,2 % 29,0 % 1) ohne Werbung Tabelle II-29: Anteil fiktionaler Unterhaltung an der Sendezeit der Vollprogramme 1996–2001 Quelle: Media Perspektiven, Basisdaten 1997, 1998, 1999, 2000 und 2001 Sender Spielfilm Fernsehfilm Serie1) Anteil Fiction2) am Gesamtprogramm 02,2 % 18,9 % 21,9 % 02,7 % 19,8 % 22,4 % 12,1 % 06,9 % 2,3 % 3,1 % 5,2 % 3,4 % 4,1 % 6,6 % 8,3 % 9,3 % 37,2 % 45,7 % 31,0 % 30,6 % 32,7 % 48,3 % 14,7 % 15,8 % 41,6 % 67,7 % 58,2 % 36,7 % 56,9 % 77,3 % 35,1 % 32,4 % RTL RTL II VOX SAT.1 ProSieben Kabel 1 ARD ZDF Durchschnittlicher Fiction-Anteil der untersuchten Programme: 50,7 % 1) einschließlich Fernseh-, Sitcom-, Zeichentrickserien 2) einschließlich fiktionaler Programmangebote für Kinder Tabelle II-30: Stellenwert von Fiction-Programmen innerhalb des Gesamtprogramms (ohne Werbung) 2001 Quelle: ALM Programmbericht 2000/2001, S. 159, Programmstruktur nach einer Stichprobe im Jahr 2001 (15. KW) in Prozent, 3:00 bis 3:00 Uhr; eigene Berechnungen Programmen stellt Fiction mit zuletzt durchschnittlich 63 % der gesamten Sendezeit (ohne Werbung) nach wie vor den deutlich größten Programmbereich dar. Eine ergänzende, auf einen durchschnittlichen Sendetag bezogene Analyse der Programmstruktur führt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Fiction-Programmen ein Großteil der Sendezeit eingeräumt wird. Der durchschnittliche Fiction-Anteil der untersuchten Programme liegt danach bei 50,7 %. Es ist festzustellen, dass fiktionaler Unterhaltung im frei empfangbaren Fernsehen ein hoher Stellenwert zukommt. Bei den untersuchten privaten Sendern bestand das Programm größtenteils aus Fiction-Beiträgen; in dieser Sparte wurden auch die höchsten Zuschaueranteile erzielt. Innerhalb dieser Kategorie dominieren Serien, gefolgt von Spielfilmen (s. o. Tab. II-29 und II-30). Fernsehfilme machen lediglich einen geringeren Anteil am Gesamtprogramm aus. 2.1.1.2 Pay-TV Der exklusive Zugang zu attraktiven Programmrechten ist insbesondere für die Veranstaltung von digitalem Pay-TV eine entscheidende Voraussetzung, um im Wettbewerb mit anderen Anbietern, insbesondere mit frei empfangbaren TV-Programmen, bestehen zu können. Für diese „ist der Zugang zu Programmrechten noch bedeutsamer als für die Veranstaltung von frei empfangbarem 166 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Fernsehen, da nur bestimmte Inhalte geeignet sind, den Verbraucher zu einem Abonnement oder zum Einzelbezug bestimmter Programmveranstaltungen mittels Pay-TV zu bewegen“.427 Als ausschlaggebend für die Abonnemententscheidung werden vor allem so genannte PremiumProgramme wie Erstausstrahlungen von Filmproduktionen großer Hollywoodstudios oder exklusive Übertragungsrechte an Sportveranstaltungen angesehen. Dies spiegelt sich in der Angebotstruktur der Premiere-Plattform wider. Dort dominieren zahlenmäßig fiktionale Spartenprogramme (siehe Tab. II-31). Soweit Daten zur Nutzung des Programmangebots von Premiere vorhanden sind, lässt sich auch anhand dieser die herausragende Bedeutung von fiktionalem Programm im Pay-TV erkenAngebotsform/-Name Fiction Sport Information Musik Erotik Sonstiges Einzelkanäle – Premiere Start alle Sparten Pakete – Premiere Film – Premiere 1 – Premiere 2 – Premiere 3 – Premiere 4 – Premiere 5 – Premiere 6 – Premiere 7 – Disney Channel – Premiere Sport – Premiere Plus – Goldstar Extra – Premiere Sport 1 – Premiere Sport 2 – Premiere Serie – Discovery Channel – Krimi & Co. – Junior TV – K-toon – Fox Kids – Premiere Nostalgie – Studio Universal – 13th Street – Planet – Heimatkanal2) – Classica – Beate Uhse TV – Sonnenklar TV1) (Reiseshopping) – Goldstar TV Pay-per-View – Premiere Direkt 1 – Premiere Direkt 2 – Premiere Direkt 3 – Premiere Direkt 43) – Premiere Erotik 1 – Premiere Erotik 2 – Premiere Erotik 3 1) nur per Satellitenempfang 2) Programm enthält auch Beiträge der Sparte Musik 3) z. T. auch Beiträge anderer Sparten (Fiction, Musik etc.) Tabelle II-31: Pay-TV-Programmangebot von Premiere nach Sparten (Stand: 01. 03. 2003) 427 Vgl. Entscheidung der Europäischen Kommission in Sachen IV/M.993 – Bertelsmann/Kirch/Premiere, Tz. 48. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 167 nen. Legt man die von Premiere veröffentlichten Zahlen zur (in Sehdauer gemessenen) Nutzung der Programme der Premiere-Plattform zu Grunde,428 so liegt der Anteil der Fiction-Programme Premiere 1–7, Krimi & Co., 13th Street, Disney Channel und Premiere Serie an der gesamten Premiere-Sehdauer bei 54,7 %. Auf die Sportkanäle Premiere Sport 1 und 2 entfallen immerhin noch 21,8 %, auf das Informationsspartenprogramm Discovery Channel 7 %. Die verbleibenden 16,5 % der Sehdaueranteile sind nicht für einzelne Kanäle ausgewiesen. Betrachtet man die Spartenzugehörigkeit der nicht einzeln ausgewiesenen Programmangebote, so ist anzunehmen, dass ein großer Teil der 16,5 % an nicht spezifizierter Nutzung auf fiktionale Angebote, darunter auch die Erotikprogramme, entfällt. 2.1.2 Der Markt für die Beschaffung von Fiction-Programmen Auf dem Markt für die Beschaffung von Fiction-Programmen für die Fernsehveranstaltung im Rundfunk treten Produzenten von Kino- und/oder Fernsehproduktionen, Rechtehändler und auch Fernsehveranstalter als Anbieter und – sieht man vom Zwischenhandel ab – Fernsehveranstalter als Endnachfrager auf. Fiction-Programme werden gemäß einer Make-or-Buy-Entscheidung der Fernsehveranstalter – als Lizenzprogramme (Kaufproduktionen) am Markt, – als Auftragsproduktionen bei (mehr oder weniger) unabhängigen Produktionsfirmen erworben oder – als Eigenproduktionen der Fernsehveranstalter selbst produziert.429 Tabelle II-32 zeigt den Anteil von Kaufprogrammen, Eigen-/Auftrags- und Koproduktionen bei privaten Vollprogrammen und den öffentlich-rechtlichen Programmen ARD (Das Erste) und ZDF.m Bei den im Auftrag der ALM untersuchten privaten Programmen lässt sich zum Jahr 2001 eine deutliche Abnahme der Kaufprogramme und größtenteils eine Zunahme der Eigen-, Auftragsund Koproduktionen gegenüber den Werten für 1999 feststellen. Im Jahr 2002 nimmt der Anteil von Kaufprogrammen bei fast allen Sendern wieder zu, erreicht aber (mit Ausnahme des ZDF) nicht das Niveau von 1999. Mit einem höheren Anteil eigen-, auftrags- und koproduzierten Programms nehmen mögliche Verflechtungen zwischen Fernsehproduzenten und Fernsehveranstaltern für die Beurteilung der Medienkonzentration an Bedeutung zu, der Handel mit Übertragungsrechten von fiktionalen Programmbeiträgen nimmt dagegen im langfristigen Vergleich eher an Bedeutung ab. Dies gilt allerdings nicht für den Bereich von Pay-TV oder Pay-per-View-Diensten; dort wird der Programmbedarf ganz überwiegend mit Kaufprogrammen gedeckt. Dies verdeutlicht Tabelle II-33. Auf Pay-TV-Veranstalter entfielen 30,97 % der Aufwendungen für Kaufprogramme insgesamt und mehr als ein Drittel der Aufwendungen für Fiction-Kaufprogramme im Jahr 2000. Ihr Anteil bei Aufwendungen für Auftragsproduktionen liegt dagegen bei lediglich 0,32 %. Für Auftragsproduktionen und Kaufprogramme wurden im Jahr 2000 insgesamt 5,2 Mrd. Euro von den deutschen Fernsehveranstaltern ausgegeben. Gemessen an den Gesamtaufwendungen für Kaufprogramme wurden 83,26 % in Fiction-Programme investiert, der Anteil der Aufwendungen für Fiction-Produktionen an den gesamten Investitionen für Auftragsproduktionen lag bei 75,05 %.m 428 Vgl. Premiere in Zahlen, Präsentation von Premiere zur Programm-Medienkonferenz vom 13. 02. 2003. 429 Vgl. Jochen Zimmer, Auftrieb für fiktionale Fernsehproduktion in Deutschland, in: Media Perspektiven 1/98, S. 2 ff., hier: S. 2. 168 Sender Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Kaufproduktionen Eigen-/Auftrags- und Koproduktionen Wiederholungen Trailer, Werbung, Sponsoring etc. RTL 1997 1999 2001 2002 29,0 19,0 14,2 14,9 34,2 42,0 39,6 41,2 18,4 19,2 24,1 19,3 18,4 19,8 22,1 24,7 RTL II 1997 1999 2001 2002 43,8 50,8 46,7 50,5 10,0 11,1 20,0 14,1 28,2 17,1 13,0 15,3 18,0 21,0 20,3 20,2 VOX 1997 1999 2001 2002 28,3 34,7 27,4 32,1 11,6 11,4 16,5 12,8 24,6 28,3 28,3 23,6 35,5 25,6 27,8 31,6 SAT.1 1997 1999 2001 2002 25,4 22,4 14,6 15,6 38,6 40,6 45,8 44,4 17,4 17,5 13,8 14,1 18,6 19,5 25,8 26,0 ProSieben 1997 1999 2001 2002 47,2 38,0 36,9 33,1 10,7 19,6 20,7 25,2 22,2 21,5 24,9 23,3 19,9 20,9 17,5 18,5 Kabel 1 1999 2001 2002 49,3 43,5 44,1 04,8 07,1 05,7 26,6 24,8 24,9 19,3 24,6 25,4 ARD 1997 1999 2001 2002 20,5 18,0 16,5 17,0 63,1 66,9 65,0 67,2 12,4 10,8 13,7 11,7 04,0 04,3 04,8 04,2 ZDF 1997 1999 2001 2002 17,9 15,8 12,1 16,1 62,3 68,4 69,6 68,0 14,2 10,4 13,2 11,4 05,6 05,4 05,1 04,6 Tabelle II-32: Produktionscharakteristika des redaktionellen Programms 1997, 1999, 2001 und 2002 in Prozentm Quelle: ALM Programmberichte 1998/99, 2000/2001, ALM-Fernsehprogrammanalyse, Sendebericht Herbst 2002, veröffentlicht unter www.alm.de. Aus den dort angegebenen zwei Stichprobenwerten für 2002 wurde hier ein Durchschnittswert errechnet. Festzustellen ist die Zunahme einheimischer und der Rückgang US-amerikanischer Fiction im deutschen Fernsehprogramm in den Jahren 1996 bis 2000. Der Anteil von US-amerikanischer Fiction ist aber nach wie vor erheblich. Ein unterschiedliches Bild ergibt sich dabei je nach Sendezeit. Während im Jahr 2000, über den ganzen Tag betrachtet, 36 % einheimische und 57 % US-amerikanische Produktionen (5 % europäische und 2 % sonstige Produktionen) ausgestrahlt wurden, stehen in der Prime Time 56 % an einheimischer Produktion 44 % US-amerikanischen Produktionen gegenüber. Die Dominanz einheimischer Fiction in der Prime-Time-Sendezeit verdeutlicht die größere Bedeutung der deutschen Produzenten für die Programmbeschaffung der Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk TV-Veranstalter in Mio. ; 1996 in Prozent 169 in Mio. ; 2000 in Prozent Veränderung 1996/2000 in % (1996 = 100 %) 2.037 100 2.641 100 130 0.337 1.700 16,54 83,46 0.366 2.275 13,86 86,14 108 134 davon Fiction-Programme2) Free-TV-Veranstalter Pay-TV-Veranstalter 1.746 1.450 0.297 85,71 71,18 14,58 2.1993) 1.176 0.818 83,26 44,53 30,97 126 081 276 Auftragsproduktionen 1.429 100 2.521 100 176 Öffentlich-Rechtliche Private 0.578 0.851 40,45 59,55 0.698 1.823 27,69 72,31 121 214 1.153 1.148 000.5 80,69 80,34 00,35 1.892 1.884 000.8 75,05 74,73 00,32 164 164 150 Kaufprogramme insgesamt1) Öffentlich-Rechtliche Private davon Fiction-Programme2) Free-TV-Veranstalter Pay-TV-Veranstalter 3) 1)nEinschließlich Übertragungsrechte. 2)nAufwand für Lizenzen und ca. 10 % Synchronisationskosten. 3)nBei Addition der Aufwendungen der Free- und Pay-TV-Veranstalter verbleibt eine ungeklärte Differenz zum Gesamtbetrag von 205 Mio. Euro. Tabelle II-33: Aufwendungen der Fernsehveranstalter für Kaufprogramme und Auftragsproduktionen in Mio. Euron Quelle: DIW Berlin, DLM-Studie zur Film- und Fernsehwirtschaft in Deutschland 2000/2001, S. 57; eigene Berechnungen. Die in der Studie verwendeten gerundeten DM-Werte wurden für die Umrechnung in Euro (1 Euro = 1,95583 DM) abermals gerundet, daher kann es zu Abweichungen gegenüber den Veränderungswerten kommen. Fernsehsender gegenüber vornehmlich ausländischen Lizenzprogrammen. Allerdings ist eine Zunahme US-amerikanischer Fiction zur Prime Time zu verzeichnen: 1999 lag ihr Anteil noch bei 30 %.430 2.1.3 Der Markt für Auftragsproduktion Mit dem Markt für Auftragsproduktion (Fiction- und Non-Fiction-Produktion) befassen sich eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) für die DLM (DLM-Studie)431 und eine Studie des FORMATT-Instituts im Auftrag der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen (FORMATTStudie).432 Sowohl die DLM-Studie als auch die Studie des FORMATT-Instituts befassen sich mit der Marktsituation im Jahr 2000. Die Auswirkungen der Krise am Werbemarkt auf die Nachfrage der Sender nach TV-Produktionen wurden bislang noch nicht systematisch erfasst. Der Markt für Auftragsproduktion ist durch eine Vielzahl von Anbietern geprägt. Die DLMStudie geht, angelehnt an die Umsatzsteuerstatistik, von der Existenz von 1.600 Unternehmen mit Schwerpunkt TV-Produktion im Jahr 2000 aus.433 Die Anzahl der im Jahr 2000 aktiven Produktionsunternehmen beziffert das FORMATT-Institut in seiner Untersuchung mit 717 Unternehmen.434 430 Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle vom 09. 10. 2001 zur Eurofiction Studie 2001, Stichwoche der Untersuchung für 2000: 12. bis 18. 03. 2000. 431 Vgl. DLM-Studie zur Film- und Fernsehwirtschaft in Deutschland 2000/2001, Schriftenreihe der Landesmedienanstalten Band 26, Berlin 2002, S. 59. 432 Vgl. FORMATT-Institut, Fernseh- und Filmproduktionsmarkt Deutschland, 2002. 433 Vgl. DLM-Studie, a. a. O., S. 59. 434 Vgl. FORMATT, a. a. O., S. 22. 170 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Die Anzahl der im Bereich der Fiction-Produktion tätigen Unternehmen ist deutlich geringer (vgl. Tab. II-37). Nach der DLM-Studie hatte der Markt für Auftragsproduktion im Jahr 2000, gemessen anhand der Aufwendungen der TV-Veranstalter, ein Volumen von 2,52 Mrd. Euro. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie von HMR International.435 Diese Studie legt einen Gesamtumsatz im Bereich TV-Produktion für die Geschäftsjahre 1999/2000 von umgerechnet 2,34 Mrd. Euro zugrunde. Das FORMATT-Institut hat hingegen die Struktur im Markt der Auftragsproduktion anhand des in Minuten gemessenen Produktionsvolumens der Unternehmen untersucht.436 Die Ergebnisse sind nur bedingt vergleichbar, da nicht zwingend ein Zusammenhang zwischen Umsatzhöhe und Produktionsvolumen bestehen muss. Z. B. gelten Daily Soaps als vergleichsweise billig in der Produktion, bewirken aber ein hohes Produktionsvolumen. Auffallend ist jedoch die Übereinstimmung der Größenverhältnisse mit jeweils nur einem Unternehmen mit mehr als 10 % Marktanteil, 2 bzw. 3 Unternehmen mit mehr als 5 % und zahlreichen Unternehmen mit geringeren Anteilen (siehe Tab. II-34). Nach beiden Untersuchungsansätzen ist die RTL Group marktführend mit einem Anteil von 12,37 % beim Umsatz und 13,32 % beim Produktionsvolumen. Es folgte die KirchGruppe, wenn man in der Aufstellung zum Produktionsvolumen einmal vom Unternehmen Endemol absieht, das im Jahr 2000 aufgrund der Produktion der täglichen „RealityTV“-Sendung Big Brother einen besonders großen Output erzielen konnte. Nach der FORMATT-Studie ist das für deutsche Fernsehsender produzierte Auftragsvolumen von 1999 zum Jahr 2000 um 12 % gewachsen. Dies ist nach den Erkenntnissen von FORMATT nahezu ausschließlich auf die Aktivitäten der „Sender der zweiten Generation“, darunter VOX, Kabel 1 und RTL II, zurückzuführen, die aufgrund des größeren Zuschauerzuspruchs und der zunehmenden Akzeptanz bei den Werbeagenturen vermehrt in Auftragsproduktionen investierten und sich vom Image der Abspielstätte für US-Produktionen entfernen konnten. Der Volumenzuwachs im Bereich Fiction-Produktion hat sich dagegen stark verringert. U. a. dürfte dies auf die Ausweitung von Reality-, Talk- und Quizshows im Fernsehprogramm zurückzuführen sein.m Zu einer anderen Einschätzung der Rolle der kleineren Privatsender bei der Auftragsproduktion kommt die Studie Eurofiction 2001 für den Bereich der Fiction-Produktion.437 Nach dieser Untersuchung tragen kleinere Privatsender wie VOX und RTL II nur noch minimal zum Angebot an fiktionaler Eigen- bzw. Auftragsproduktion bei. Sie werden in ihren Senderfamilien fast ausschließlich als Abspielorte für Wiederholungen genutzt, die in Erstausstrahlungen auf den Hauptsendern der Gruppe gezeigt wurden.438 Öffentlich-rechtliche Sender stellten 68 % der erstausgestrahlten fiktionalen Produktionen her, Privatsender lediglich 32 %. Eine Übersicht über die Anzahl und den Anteil einzelner Sender an erstausgestrahlten einheimischen Fiction-Produktionen gibt Tabelle II-35. Dabei werden Daily Soaps ebenso als eine einzelne Produktion gezählt wie jede andere Serie oder ein TV-Movie. Die Anzahl der Produktionen ist insgesamt deutlich gestiegen. Die Krise im Werbemarkt seit dem Jahr 2001 und der Trend zu nichtfiktionaler Unterhaltung ließen eher einen Rückgang erwarten. Es fällt jedoch auf, dass der Zuwachs lediglich auf die öffentlich-rechtlichen Veranstalter zurückzuführen ist; bei den Privatsendern ist hingegen ein Angebotsrückgang zu verzeichnen.m Die weitere Entwicklung der Produktionsbranche ist angesichts der fortbestehenden Krisenlage nicht absehbar. Nach Presseberichten büßten die Produzenten im Jahr 2002 durch Ein435 Vgl. HMR International, Fernsehmarkt Deutschland: Strukturen der TV-Produktion, Februar 2001. 436 Vgl. FORMATT, a. a. O., 2002. 437 Vgl. Gerd Hallenberger, Eurofiction 2001: Stabiles Angebot an fiktionaler Eigenproduktion, in: Media Perspektiven 10/2002, S. 501 ff. 438 Ebenda, S. 505. UFA Gruppe KirchMedia GmbH & Co. KGaA Bavaria Film GmbH Studio Hamburg GmbH Endemol Entertainment Holding GmbH AS Media GmbH Otto Meissner KG Spiegel TV GmbH action concept Producers AG 2.340 100,00 58,95 MME Tele München Gruppe Bavaria D & D Film & Fernsehproduktion DCTP RTL Group/CLT-UFA Endemol KirchGruppe Springer Spiegel TV Columbia Das Redaktionsbüro Holtzbrinck Couch Potatoes Televersal Studio Hamburg Gesamtproduktionsvolumen 01–20 Gesamt 11–20 Gesamt 18 Brainpool 19 Drefa 20 TV IIIa 17 Bonito-TV 11 12 13 14 15 16 01–10 Gesamt 06 07 08 09 10 01 02 03 04 05 Unternehmen/Gruppe 737.635 433.595 90.099 7.436 7.013 6.275 8.544 11.013 10.324 10.250 10.200 9.758 9.286 345.496 16.177 14.400 14.038 12.173 11.752 98.267 66.668 46.034 40.354 23.633 Anteiliges Produktionsvolumen 2000 in Minuten1) 100,00 58,78 12,21 1,01 0,95 0,85 1,16 1,50 1,40 1,39 1,38 1,32 1,26 46,57 2,19 1,95 1.90 1,65 1,59 13,32 9,04 6,24 5,47 3,20 Anteil am gesamten Produktionsvolumen 2000 in Prozent Tabelle II-34: Die größten Produktionsunternehmen nach Umsatz und nach Produktionsvolumen Quelle: HMR, FORMATT, eigene Berechnungen 1) Das Produktionsvolumen wurde entsprechend der Höhe der Beteiligungen an den Produktionsunternehmen gebildet. Berücksichtigt man das Produktionsvolumen von Tochtergesellschaften in voller Höhe, so vergrößert sich der Abstand der RTL Group vor der KirchGruppe nochmals deutlich. Gesamtumsatz 1.379 01–20 Gesamt 0,81 19 12,19 1,03 0,98 0,87 1,03 24 24 23 20 1,75 1,57 1,53 1,42 1,20 41 37 36 33 28 285 Novamedia Gruppe Brainpool TV AG Tele München Gruppe Ziegler Film GmbH & Co. KG Telenova/Neue Münchener MME Me, Myself & Eye Entertainment AG Columbia TriStar Film und Fernseh Produktion Phoenix Film FFP Entertainment GmbH AVE Gesellschaft für Fernsehproduktion mbH 46,76 4,02 2,84 2,40 2,18 2,01 1,97 94 66 56 51 47 46 1.094 12,37 7,76 6,88 4,33 Anteil am Gesamtumsatz im Bereich TV-Produktion 1999/2000 in Prozent 289 182 161 101 ∅ Umsatz 1999/2000 (umgerechnet) in Mio. Euro 11–20 Gesamt 18 19 20 17 11 12 13 14 15 16 01–10 Gesamt 06 07 08 09 10 01 02 03 04 05 Unternehmen/Gruppe Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 171 172 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Sender 1998 Anzahl Produktionen 1999 2000 2001 Produktionen in Prozent 1998 1999 2000 2001 Öffentlich-Rechtliche gesamt 241 212 239 264 064,6 061,1 066,2 068,2 ARD ZDF Andere 089 108 044 081 101 030 085 094 060 101 099 064 023,9 028,0 011,8 023,3 029,1 008,7 023,5 026,0 016,6 026,1 025,6 016,5 Private Sender gesamt 132 135 122 123 035,5 038,9 033,8 031,8 RTL RTL II VOX SAT.1 ProSieben Andere 054 00– 002 049 022 005 053 001 002 050 028 001 054 00– 00– 047 020 001 052 00– 001 044 023 003 014,5 000,– 000,5 013,1 005,9 001,3 015,3 000,3 000,6 014,4 008,1 000,3 015,0 000,– 000,– 013,0 005,5 000,3 013,4 000,– 000,3 011,4 005,9 000,8 Gesamt 373 347 361 387 100,0 100,0 100,0 100,0 Tabelle II-35: Erstausstrahlungen einheimischer Fiction-Produktionen Quelle: Gerd Hallenberger, Eurofiction 2001: Stabiles Angebot an fiktionaler Eigenproduktion, in: Media Perspektiven 10/2002, S. 501 ff., dort angegebene Quelle: Eurofiction sparungen der Sender rund 15 % ihrer Umsätze gegenüber 2001 ein.439 Erwartet wurde das Wegbrechen eines Drittels der Auftragsproduktion.440 2.1.3.1 Horizontale Konzentration Bemisst man den Konzentrationsgrad in der Produktionsbranche anhand des Produktionsvolumens der outputstärksten Unternehmen, so ergibt sich folgendes Bild (s. Tab. II-36). Der Anteil der 10 größten Produktionsunternehmen im Jahr 2000 ist gegenüber dem Vorjahr auf hohem Niveau gleich geblieben: Die 10 größten Unternehmen stellen nahezu die Hälfte des Volumens der insgesamt beauftragten Produktionen her. Innerhalb dieser Gruppe hat jedoch eine Verlagerung zu Gunsten der größten Unternehmen stattgefunden. Der Anteil der 3 größten Unternehmen ist um knapp 5 Prozentpunkte und der Anteil der 5 größten um knapp 4 Prozentpunkte gestiegen. Die Spitzengruppe konnte demnach, was das produzierte Volumen angeht, den Abstand zu den Wettbewerbern deutlich vergrößern. Die Studie des FORMATT-Instituts konstatiert eine anhaltende Konzentrationsentwicklung, aber auch eine anhaltende Gründungswelle bei den Produktionsunternehmen.441 Ihre Anzahl ist zum Jahr 2000 angestiegen. Das Marktvolumen für Auftragsproduktion hat aber nicht im gleichen Produktionsunternehmen Die 3 größten Die 5 größten Die 10 größten 1998 Anteil am Produktionsvolumen in Prozent 1999 2000 21,6 32,6 47,5 23,8 33,9 48,6 28,5 37,7 48,6 Tabelle II-36: Anteil der größten Produktionsunternehmen am gesamten Produktionsvolumen Quelle: FORMATT-Studie, S. 25 439 Vgl. Handelsblatt vom 18. 07. 2002. 440 So Nico Hofmann (Teamworx) in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 07. 10. 2002. 441 Vgl. FORMATT, a. a. O., S. 20. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 173 Maße zugenommen, so dass das durchschnittliche Produktionsvolumen der Unternehmen insgesamt rückläufig ist. Dies deutet auf eine Intensivierung des Wettbewerbs hin. Ein Teil der Neugründungen basiert auf der Diversifizierung bereits etablierter Produktionsunternehmen. Als Beispiele können die Gründung der KirchMedia Entertainment (KirchMedia), der MedienKontor Movie GmbH (MedienKontor), der First Entertainment und der Odeon Animation GmbH442 (ARD) angesehen werden. Damit erweiterte KirchMedia ihre Geschäftsfelder um den Bereich Unterhaltung, die ARD um Unterhaltung und Zeichentrick; die bislang auf Talkshows und Reportagen spezialisierte MedienKontor-Gruppe dringt in den Fiction-Bereich vor. Weitere Neugründungen beruhen auf einer Ausgliederung der Produktion einzelner TV-Formate auf die jeweiligen Protagonisten (z. B. Moderatoren, Hauptdarsteller). Anders als z. B. die die Harald Schmidt Show produzierende Bonito TV GmbH und die PRO GmbH von Alfred Biolek und Dirk Bach fungieren neuere Firmen (z. B. Lady Kracher TV, J. B. K. TV-Production GmbH & Co. KG und Jörg Pilawas Firma White Balance) laut FORMATT häufig nur als stille Koproduzenten und führen kein operatives Geschäft.443 Als Fälle horizontaler Konzentration durch externes Wachstum sind aus jüngerer Zeit vor allem die Übernahme der hauptsächlich in der Serienproduktion tätigen Phoenix Film Karl-Heinz Brunnemann GmbH & Co. durch die CLT-UFA Film & TV Produktion und der Erwerb der Mehrheit an der Odeon Film AG durch die Bavaria zu nennen. Nicht zuletzt im Zusammenhang mit den Einbrüchen am Neuen Markt hat sich die Konzentrationswelle verlangsamt.444 Dies zeigt sich u. a. an Veräußerungen von Beteiligungsunternehmen durch Firmen wie die EM.TV & Merchandising AG, Kinowelt Medien AG, TV Loonland und RTV Family Entertainment AG. Größere Umstrukturierungen sind bei den Produktionstöchtern der Öffentlich-Rechtlichen zu verzeichnen. So beteiligte sich die Bavaria Film GmbH an 8 Tochterunternehmen der DREFA Media Holding, einer 100 %igen Tochtergesellschaft des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) aus dem Produktions- und Dienstleistungsbereich. Sie hält danach 51 % der Anteile an den Produktionsunternehmen Ottonia Media GmbH (Show-Formate, Reportagen, nonfiktionale Beiträge), Saxonia Entertainment GmbH (Unterhaltung), auf die in diesem Zusammenhang die Mitteldeutsches Filmkontor GmbH verschmolzen wurde, und MotionWorks GmbH (Trickfilm). Im Gegenzug trat die DREFA Media Holding GmbH gegen eine Beteiligung in Höhe von 16,64 % in den Gesellschafterkreis der Bavaria ein. Weitere Gesellschafter sind die Westdeutsche Rundfunkwerbung (WWF) GmbH (33,35 %) sowie die Bavaria Filmkunst GmbH, LfA Gesellschaft für Vermögensverwaltung mbH und SWR Holding GmbH zu jeweils 16,76 %.445 Das Vorhaben war starker Kritik von Seiten der Produzentenverbände ausgesetzt, die eine Bevorzugung der öffentlich-rechtlichen Tochterfirmen bei der Auftragsvergabe befürchteten.446 Zudem wird dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorgeworfen, durch gebührenfinanzierte Produktionstöchter wettbewerbsverzerrend im Markt zu agieren.447 Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Es wird eine deutliche Reduzierung der Anzahl von kleinen und mittelständischen Produktionsunternehmen erwartet. 442 443 444 445 446 50,01 % der Anteile der Odeon Film AG hält die Bavaria. Vgl. FORMATT, a. a. O., S. 20. Vgl. FORMATT, a. a. O., S. 164. Vgl. Pressemitteilung Bavaria vom 26. 09. 2002. So Bernd Burgemeister, Bundesverband deutscher Fernsehproduzenten, in: epd medien vom 07. 08. 2002; Pressemitteilung film20 vom 25. 09. 2002. 447 So u. a. die Generalsekretärin der Interessengemeinschaft Filmproduktion film20, Georgia Tornow, in: ProMedia 9/2002. 174 2.1.3.2 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Vertikale Integration Die Beziehung zwischen Produktionsunternehmen und Fernsehveranstaltern ist durch eine hohe Abhängigkeit der auf Fernsehfilme und -serien spezialisierten Produzenten gekennzeichnet. Die Nachfragemacht der Fernsehveranstalter ist umso größer, je stärker der Fernsehmarkt konzentriert ist. Die Absatzchancen unabhängiger Produzenten werden geringer, je stärker die Fernsehveranstalter durch Rückwärtsintegration mit der Produktionsebene verbunden sind. Für Fernsehveranstalter bietet eine solche Verbindung u. a. den Vorteil einer Verringerung des Beschaffungsrisikos für attraktiven Programm-Input sowie der Senkung von Transaktionskosten, weil die im Fall einer unsicheren Beschaffungssituation entstehenden Informations- und Verhandlungskosten entfallen. Umgekehrt versuchen Produzenten durch Vorwärtsintegration, d. h. durch Beteiligung an einem Fernsehsender, ihre Marktmacht mit Hilfe eigener Abspielkanäle zu festigen und ihr Distributionsrisiko zu mindern. Ein Beispiel hierfür ist die Gründung der TVSender Studio Universal, 13th Street und Sci-Fi Channel durch die Universal Studios, MGM Channel durch die MGM-Gruppe sowie Disney Channel durch die Walt Disney Company. Nach Presseberichten plant auch Sony Pictures Entertainment, der Unternehmensbereich der Sony Corporation, zu dem das Hollywood Studio Columbia TriStar gehört, die Gründung eines eigenen Pay-TVKanals.448 Als weiteres Beispiel kann die Gründung des Senders XXP Das Informations-Programm durch die Produktionsgesellschaften DCTP und Spiegel TV angesehen werden, allerdings werden dort größtenteils nichtfiktionale Produktionen gesendet. Die zehn nach Umsatz und Produktionsvolumen größten Produktionsunternehmen (s. oben Tab. II-34) sind nahezu alle – außer Endemol und Producers’ AG – mit öffentlich-rechtlichen oder privaten Fernsehveranstaltern in Deutschland verflochten.449 Sowohl nach Umsatz als auch nach Produktionsvolumen sind die verflochtenen Produzenten den unverflochtenen gegenüber offenbar deutlich im Vorteil. Nach der DLM-Studie war der Umsatz der mit TV-Veranstaltern verflochtenen Produzenten im Durchschnitt mehr als viermal so groß wie derjenige der unabhängigen Produzenten.450 Das FORMATT-Institut hat in seiner Studie die Auswirkungen der vertikalen Integration auf die Größe des Produktionsvolumens untersucht. Dabei wurden als senderabhängige Unternehmen Tochter- und Beteiligungsunternehmen ab einer Beteiligungshöhe von 25 % definiert. Gleiches gilt wiederum für deren Beteiligungs- und Tochterunternehmen. Wesentliche Eigner eines Senders, d. h. mindestens zu 25 % an den Sendern Beteiligte, werden in der Vorgehensweise wie Sender behandelt. Die nach dieser Definition abhängigen Produzenten erreichten 1998 1999 2000 Anzahl Fiction-Produzenten insgesamt 171 183 183 Anzahl abhängiger Produzenten in Prozent Anzahl unabhängiger Produzenten in Prozent Produktionsvolumen abhängiger Produzenten in Prozent Produktionsvolumen unabhängiger Produzenten in Prozent 26,3 73,7 55,3 44,7 29,5 70,5 53,1 47,0 30,6 69,5 46,7 53,3 ∅ Jahresproduktion von abhängigen Produzenten in Minuten ∅ Jahresproduktion von unabhängigen Produzenten in Minuten 1.481 0.427 1.382 0.514 1.202 0.517 Tabelle II-37: Anteil abhängiger und unabhängiger Unternehmen an der Fiction-Produktion Quelle: FORMATT-Studie, S. 169 448 Vgl. Handelsblatt vom 30. 05. 2003. 449 Laut Süddeutscher Zeitung vom 11. 07. 2002 ist an der bis dahin als unabhängig geführten Otto Meissner KG die KirchGruppe beteiligt. 450 Vgl. DLM-Studie, a. a. O., S. 74. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 175 im Jahr 2000 durchschnittlich einen Anteil am gesamten Produktionsvolumen von 46,7 %. Im Bereich der Fiction-Produktion wurden im Jahr 2000 30,6 % der Produzenten als abhängig eingestuft. Diese produzierten 46,7 % des gesamten Volumens an Fiction-Produktionen. Es zeigt sich, dass der zahlenmäßige Anteil der mit Sendern verflochtenen Unternehmen zugenommen hat; ihr Anteil am insgesamt produzierten Volumen ist jedoch rückläufig. Die durchschnittliche Jahresproduktion von abhängigen Unternehmen ist im Jahr 2000 aber immer noch mehr als doppelt so groß wie die der unabhängigen Unternehmen. Besonders deutlich ist die Dominanz der abhängigen Produzenten im Bereich der Serienproduktion, die, wie oben gezeigt (Tab. II-29 und II-30), den Großteil des fiktionalen Programms stellt. Abhängige Produzenten produzierten im Jahr 2000 in diesem Bereich 54,9 % des gesamten Volumens, im Bereich TV Movies und Reihen waren es 42,7 %. Die abhängigen Produzenten haben laut FORMATT im Jahr 2000 deutlich über 60 % ihrer Jahresproduktion im Auftrag ihrer jeweiligen Muttersender produziert. Dies spricht für eine Bevorzugung der eigenen Produktionsunternehmen gegenüber unabhängigen Produzenten durch die Sender. Die oben erwähnten Fälle horizontaler Konzentration – die Gründung neuer oder der Zukauf weiterer Produktionsunternehmen bei der CLT-UFA Film & Fernsehproduktion (RTL Group), KirchMedia und Bavaria (ARD) – sind zugleich Beispiele für die vertikale Integration von Produktionsunternehmen in den Senderbetrieb. Ein weiteres Beispiel für die vertikale Integration ist die Übernahme der Brainpool TV AG durch die VIVA Media AG. Die Brainpool TV AG ist auf ComedyFormate spezialisiert und produziert u. a. „TV total“ für ProSieben und „Die Wochenshow“ für SAT.1. Ziel der Verbindung scheint es nicht vorrangig zu sein, sich den Zugriff auf Programm für den eigenen Sender zu sichern: Von den Brainpool-Produktionen wurde geraume Zeit nur ein Format, eine Koproduktion mit VIVA, im Programm von VIVA ausgestrahlt.451 Die Vorteile dieser Verbindung liegen auf anderem Gebiet. Die Brainpool-Produktionen werden nicht als Auftragsproduktionen, sondern auf eigene Rechnung der Brainpool TV AG hergestellt und an andere Sender (SAT.1, ProSieben, RTL) für eine begrenzte Zahl von Ausstrahlungen lizenziert. Die Zweitverwertungsrechte452 verbleiben bei der Brainpool TV AG. Die VIVA Media AG verspricht sich durch die Lizenzeinnahmen zusätzliche Erlöse und eine größere Unabhängigkeit vom Werbemarkt. Zudem gehört es zu ihrer Strategie, die von VIVA bzw. Brainpool „entdeckten“ Moderatoren oder Künstler wirtschaftlich langfristig an das Unternehmen zu binden. Zu diesem Zweck gründete Brainpool Joint Ventures mit ihren Künstlern, wie z. B. mit Anke Engelke (Ladykracher TV-Produktions GmbH) und Stefan Raab (Raab TV-Produktion GmbH), um langfristig vom Erfolg von Künstler und Format profitieren zu können. Zudem können die nationalen und internationalen Sender der VIVA-Gruppe als Testplattform für neue TV-Formate dienen.453 Über eine starke Stellung im Markt für TV-Produktion verfügt die RTL Group mit mehr als 30 Produktionsbetrieben. Durch die Fusion mit Pearson TV hat die ohnehin schon über die UFAGruppe und Trebitsch-Gruppe im Produktionsmarkt stark vertretene RTL Group ihre Stellung noch weiter ausgebaut. Trotz der zu erwartenden beachtlichen Verstärkung hatte die EU-Kommission bei der Zusammenschlusskontrolle keine spürbaren negativen Auswirkungen für den Wettbewerb in der Europäischen Gemeinschaft oder einem wesentlichen Teil davon feststellen können. Für Deutschland wurde der gemeinsame Marktanteil im Bereich der TV-Produktion wie auch im 451 Vgl. Unternehmensbericht/Emissionsprospekt der VIVA Media AG, 20. 10. 2002, S. 44. Künftig sollen aber nach Presseberichten mehr Brainpool-Produktionen bei VIVA gesendet werden, vgl. Financial Times Deutschland vom 10. 04. 2003. 452 Siehe dazu weiter unten. 453 Vgl. Unternehmensbericht/Emissionsprospekt der VIVA Media AG, 20. 10. 2002, S. 41 ff.; Unternehmensangaben unter http://www.vivamediaag.com. 176 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Unternehmen RTL-Nord GmbH Beteiligung in Prozent Produktionsvolumen in Minuten 100,0 17.000 Stormy Entertainment GmbH 66,0 542 Andreas Geier Entertainment GmbH 65,0 1.530 RTLplus Hessen TV GmbH 60,0 6.250 Tele West Rheinisch-Westfälische Fernsehgesellschaft mbH & Co. KG 51,0 6.250 Clou Entertainment TV-Produktions GmbH 56,0 0 CreaTV Fernsehproduktions GmbH 48,0 28.105 MMC Independent GmbH 25,1 501 Fremantle/Grundy Fremantle (Deutschland) Fernsehproduktions GmbH 100,0 4.685 Grundy Light Entertainment GmbH (ehemals Pearson Television GmbH) 100,0 12.845 Cologne-Sitcom Produktionsgesellschaft mbH 50,2 276 Geh aufs Ganze Fernsehproduktion GmbH 50,0 9.216 Janus Pearson Television GmbH 50,0 1.152 Grundy Ufa TV Produktions GmbH 49,5 21.055 UFA-Gruppe UFA Entertainment GmbH 100,0 4.760 UFA Filmproduktion GmbH 100,0 0 UFA Film München GmbH 100,0 990 UFA-Fernsehproduktion GmbH 100,0 480 UFA International Film & TV Produktion GmbH 100,0 252 UFA Film & TV Produktion GmbH 100,0 48 UFA Film- und Medienproduktion GmbH 100,0 540 Westdeutsche Universum-Film GmbH 100,0 1.133 Avec TV-Produktions GmbH 100,0 3.250 CLT-UFA Deutschland 100,0 360 Teamworx Produktion für Kino und Fernsehen GmbH 77,0 1.530 HDTV-Entertainment Holm Dressler Television GmbH 70,0 450 Grundy UFA TV Produktions GmbH 50,5 s. o. Trebitsch-Gruppe TPI Trebitsch Produktion International GmbH 64,0 90 Arbor TV Filmproduktion GmbH 64,0 633 Objektiv Film GmbH 64,0 600 Real-Film GmbH 64,0 184 Gyula Trebitsch Fernsehproduktion GmbH 64,0 270 Trebitsch Media AV GmbH 64,0 390 Die Berliner Produktion GmbH 64,0 90 RTL Group insgesamt 125.457 Gesamtes Produktionsvolumen 737.635 Anteil RTL Group in Prozent Tabelle II-38: Produktionsunternehmen und -volumen der RTL Group im Jahr 2000 Quelle: FORMATT-Studie, S. 30 f.; eigene Berechnungen 17,01 Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 177 Bereich des Handels mit fiktionalen und nichtfiktionalen TV-Rechten auf zwischen 5 und 15 % geschätzt.454 Die KEK kam bei der Beurteilung dieser Beteiligungsveränderung zu dem Ergebnis, dass zwar die verbesserte und erleichterte Programmbeschaffung für die deutschen Sender der RTL Group zu deren Stärkung auf einem medienrelevanten Markt beitrage, sich die Verbindung mit Pearson jedoch eher im internationalen Mediengeschäft auswirken werde.455 Die Tabelle II-38 zeigt die Verteilung des Produktionsvolumens auf die einzelnen Produktionsunternehmen der RTL Group im Jahr 2000. Auf einen besonders hohen Output kommen die CreaTV Fernsehproduktions GmbH (u. a. Daily Talk, Entertainment, TV-Movies),456 die auf Serien und Daily Soaps spezialisierte Grundy-UFA TV Produktions GmbH, die RTL Nord GmbH (Ländermagazine, Nachrichten) und die auf Quizshows spezialisierte Grundy Light Entertainment GmbH. Nach der Studie des FORMATT-Instituts nahm die RTL Group im Bereich der Auftragsproduktion für deutsche Fernsehsender im Jahr 2000 eine überragende Spitzenstellung ein (s. o. Tab. II-34).457 Bei voller Zurechnung des Produktionsvolumens der Beteiligungsunternehmen zur RTL Group ergibt sich ein Anteil der RTL Group am gesamten Produktionsvolumen von 17,01 %.458 Das hohe Produktionsvolumen ist auch auf die überlegene Stellung der Grundy-UFA TV Produktions GmbH im Bereich der Daily-Soaps zurückzuführen: Nach einer weiteren Studie des FORMATT-Instituts kommt Grundy-UFA auf 2/3 des Produktionsvolumens in diesem Bereich.459 Die Dachgesellschaft für die Produktionsaktivitäten von Fremantle in Deutschland, die UFA Film & TV Produktion GmbH, bezeichnet sich als mit jährlich über 2.000 gesendeten Programmstunden größter deutscher Fernsehproduzent und geht von einem eigenen Marktanteil von ca. 12 % aus.460 Zwei weitere Marktstudien kamen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die RTL Group im Bereich der TV-Produktion in Deutschland führend ist.461 Die Stellung der KirchMedia im medienrelevanten verwandten Produktionsmarkt ist derzeit nicht einschätzbar. Von der Vielzahl der ehemals zur KirchGruppe gehörigen TV-Produktionsunternehmen wurden maßgebliche Beteiligungen veräußert. Zu nennen ist im Bereich der FictionProduktion vor allem die 90 %ige Beteiligung an der Neuen Deutschen Filmgesellschaft NDF, die im April 2003 vom Management von NDF übernommen wurde.462 NDF hält Beteiligungen an über 10 weiteren Produktionsunternehmen. Zuvor hatte die KirchGruppe bereits ihre Beteiligung von 21,1 % an der Constantin Film AG an die Highlight Communications AG veräußert.463 454 Vgl. Europäische Kommission, Entscheidung vom 29. 06. 2002 in der Sache COMP/M.1958 – Bertelsmann/GBL/ Pearson TV. 455 Vgl. Beschluss der KEK vom 19. 09. 2000 i. S. CLT-UFA, Az.: KEK 080. 456 Nach Presseberichten hat RTL seine Anteile an CreaTV verkauft, die Zusammenarbeit solle jedoch fortgesetzt werden; vgl. Meldung von Blickpunkt Film vom 02. 07. 2003. 457 Vgl. FORMATT, a. a. O., S. 28. 458 Bei nur anteiliger Berücksichtigung des Produktionsvolumens der Beteiligungsunternehmen ergibt sich ein Anteil von 13,32 %, s. Tabelle II-34. 459 Vgl. Expertise des FORMATT-Instituts im Auftrag der DLM, Zur Lage der mittelständischen Fernsehproduzenten in Deutschland, Düsseldorf 2000, S. 21. 460 Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.ufa.de. 461 Vgl. HMR International, Fernsehmarkt Deutschland: Strukturen der TV Produktion, Köln 2001, S. 102 (s. o. Tab. II-34); Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Jahrbuch 2002, Bd. 5, Straßburg 2002, S. 82. 462 Vgl. Pressemitteilung von NDF vom 11. 04. 2003. 463 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. 05. 2002. 178 2.1.3.3 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Abhängigkeit der TV-Produzenten von Fernsehveranstaltern Die EU-Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“464 verpflichtet in Art. 5 die Mitgliedstaaten, dafür Sorge zu tragen, dass Fernsehveranstalter mindestens 10 % ihrer Sendezeit oder ihrer Programmaufwendungen der Sendung europäischer Werke vorbehalten, deren Hersteller von den Fernsehveranstaltern unabhängig sind. Zur Definition des „unabhängigen Produzenten“ sind die Mitgliedstaaten selbst aufgefordert. Als Kriterien sollen gemäß Erwägungsgrund 31 der Richtlinie „das Eigentum an der Produktionsgesellschaft, der Umfang der ein und demselben Fernsehveranstalter gelieferten Programme und das Eigentum an sekundären Rechten“ dienen. Art. 5 der Fernsehrichtlinie wurde in § 6 RStV lediglich im Hinblick auf eine Quote für europäische und deutsche Produktionen umgesetzt. Anders als z. B. in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden existiert hierzulande keine gesetzliche Definition des Begriffs. Den Ausführungen zur Fernsehrichtlinie ist jedoch zu entnehmen, dass Abhängigkeit der TV-Produzenten von den Fernsehsendern nicht nur bei entsprechenden Kapitalverflechtungen festzustellen ist. Vielmehr kann auch eine faktische Abhängigkeit bestehen. Umfang der ein und demselben Fernsehveranstalter gelieferten Programme Faktische Abhängigkeit kann u. a. bei Exklusivitätsvereinbarungen zwischen Produzent und Sender bestehen. Als Beispiel kann die Action Concept Film- und Stuntproduktion GmbH dienen, an der die RTL Television GmbH lediglich zu 10 % beteiligt ist. Das Produktionsunternehmen wird in der Serienproduktion exklusiv für RTL tätig; es ist ihm untersagt, für andere private Sender zu arbeiten. Beide Partner sind bis 2005 aneinander gebunden.465 Auch die relative Bedeutung des wichtigsten Kunden des Produktionsunternehmens kann als Indikator für die faktische Abhängigkeit der TV-Produzenten von den Fernsehveranstaltern dienen. Einer Vielzahl von Produzenten steht auf der Abnehmerseite eine relativ geringe Zahl von Sendern gegenüber. Dauerhafte, stabile Kundenbeziehungen können zu einer Überlebensgarantie im umkämpften Markt werden. Nach der DLM-Studie trug der wichtigste Kunde der TV-Produzenten im Durchschnitt 49 % zu deren Umsatz im Jahr 2000 bei, auf die drei größten Abnehmer entfielen 67 %. Von allen TV-Produzenten haben 21 % nur für einen Abnehmer gearbeitet, bei den Fiction-Produzenten liegt der Anteil mit 31 % noch deutlich höher.466 Eigentum an sekundären Rechten In Deutschland tragen die Fernsehveranstalter in der Regel den Großteil der Produktionskosten und erhalten dafür alle Rechte an den Produktionen. In den USA oder in Frankreich dagegen übernehmen die auftraggebenden Rundfunksender die Produktionskosten nur anteilig, so dass die Rechte an den Produktionen nach einer gewissen Zeit wieder an den Produzenten zurückfallen. Dieser kann die Rechte zur Refinanzierung der restlichen Produktionskosten auf dem inländischen Zweitmarkt, dem sog. Syndikationsmarkt, oder auf dem ausländischen Markt weiterverwerten. Als inländischer Zweitverwertungsmarkt kommt u. a. die Kino-, Video-, Pay-TV-, Free-TV- und Online-Verwertung nach der Erstausstrahlung im Fernsehen in Betracht. Ob die Rechte beim Produzenten verbleiben oder auf den Sender unbegrenzt oder für einen bestimmten 464 Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. 06. 1997 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit. 465 So der Geschäftsführer von Action Concept, Hermann Joha, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 06. 01. 2003. 466 DLM-Studie, a. a. O., S. 71. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 179 Zeitraum übergehen, unterliegt in Deutschland der Vertragsfreiheit der Geschäftspartner. Sofern allerdings eine Produktion nach dem Filmförderungsgesetz in seiner Fassung vom 06. 08. 1998 gefördert wird, ist die Mittelvergabe an einen Rückfall der Fernsehnutzungsrechte nach spätestens sieben Jahren gekoppelt. Die DLM-Studie hat die Frage des Rechtebesitzes an den Produktionen im Jahr 2000 untersucht und gelangt zu dem Ergebnis, dass unverflochtene Produzenten in diesem Punkt besser gestellt sind als verflochtene Unternehmen, also über einen größeren Anteil der Zweitverwertungsrechte an ihren Produktionen verfügen. Aber auch bei den unverflochtenen Produzenten lag der Anteil der Produktionen, an denen der Produzent die Zweitverwertungsrechte behielt, unter 20 %. Der einzige Bereich, in dem die Produzenten umfangreichere Zweitverwertungsrechte besitzen, ist nach dieser Studie die TV-Auslandsverwertung.467 Von deutscher Senderseite wird häufig die Auffassung vertreten, dass im Gegenzug zur Vollfinanzierung einer Produktion dem Sender sämtliche Verwertungsrechte zustünden, zumal der Sender auch das volle Erfolgsrisiko trage. Von Seite der Produzenten wird dagegen eingewandt, dass eine Vollfinanzierung faktisch gar nicht stattfinde. Nur gut 90 % der tatsächlichen Kosten würden in der Regel vom ausstrahlenden Sender finanziert.468 Eine Beteiligung an den u. U. erheblichen Erlösen aus der Nebenrechteverwertung finde nicht statt. Während die Etats der Sender für Produktionen stagnierten oder sogar zurückgefahren würden, seien die Produktionskosten besonders im Personalbereich gestiegen, was den Kostendruck erhöhe.469 Die DLM-Studie konstatiert, dass aus Produzentensicht die bestehende Geschäftspraxis zu einer chronischen Unterkapitalisierung führe, da aufgrund von branchenüblichen Auftragsschwankungen Durststrecken durch Kreditaufnahmen überbrückt werden müssten und nicht durch Lizenzeinnahmen aus den Zusatzverwertungen nach der Erstausstrahlung im Fernsehen kompensiert werden könnten. Den Produzenten fehle so häufig das notwendige Investitionspotenzial für neue Kreativität470 und damit für weitere Beiträge zur Angebotsvielfalt. Zudem berge die laut Branchenvertretern bestehende problematische Finanzlage vieler Produktionsunternehmen die Gefahr, dass sich bislang unabhängige Produzenten unter das Dach von großen Produktionsunternehmen und TV-Veranstaltern flüchten und so die Konzentration im Markt weiter zunimmt. Auswirkungen der Konzentration im Produktionsbereich auf die inhaltliche Programmvielfalt sind empirisch schwer feststellbar. Es besteht jedoch Anlass zu der Vermutung, dass Meinungsmacht sich leichter entwickeln kann, wenn Programmveranstalter und Programmproduzent identisch sind.471 2.1.4 Der Markt für Kaufprogramme Auch wenn der Anteil von Kaufproduktionen im Bereich fiktionaler Unterhaltung zurückgeht (s. o. Tab. II-32), spielt dieses Segment nach wie vor – und insbesondere für Pay-TV-Anbieter – eine herausragende Rolle. Zahlreiche Beteiligungen von Fernsehveranstaltern bzw. von in- und 467 468 469 470 471 Vgl. DLM-Studie, a. a. O., S. 70. Wolf Bauer laut epd medien vom 20. 10. 2001. Vgl. Bundesverband Deutscher Fernsehproduzenten e. V., Positionsbestimmung unter http://www.tvproduzenten.de. Vgl. Bundesverband Deutscher Fernsehproduzenten e. V., siehe oben. Von dieser Vermutung ging eine vergleichende Studie im Auftrag der LfM (ehemals: LfR) aus (Andrea Koenen, Helga Schmid, Runar Woldt, Situation unabhängiger Produzenten in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden, Expertise des EIM im Auftrag der LfR, LfR-Dokumentation Band 14). Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass in einzelnen Bereichen, z. B. Kultur, Dokumentation und so genannte Minderheitsthemen, gerade die unabhängigen Produktionsunternehmen originäre und innovative Beiträge leisten. 180 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten ausländischen Veranstaltergruppen an Rechtehändlern und Spielfilmproduzenten sowie die nach wie vor erhebliche Nachfrage nach Spielfilmen der Hollywood Major Studios verdeutlichen die Relevanz von vertikalen Verflechtungen zwischen Fernsehveranstaltern und dem Rechtehandel im Fiction-Bereich. Der Markt für Kaufprogramme ist von Intransparenz geprägt. Eine gründliche Marktuntersuchung liegt zu diesem Bereich nicht vor. Nach der DLM-Studie wurden im Jahr 2000 von den Veranstaltern umgerechnet 2,64 Mrd. Euro in Kaufprogramme investiert (s. o. Tab. II-33). Programm- bzw. Rechteeinkäufe erfolgten danach – zum Teil über Zwischenhändler – meist im Ausland, wohingegen im Inland vorwiegend Auftragsproduktionen nachgefragt wurden.472 Im Bereich des Rechtehandels mussten zunehmend finanzielle Einbußen hingenommen werden. Die Einbrüche am Werbemarkt führten zu vermehrten Einsparungen der Sender beim Programmeinkauf und verstärkter Eigenproduktion. Vielfach befand man, dass in der Vergangenheit überhöhte Preise für Filmrechte gezahlt worden seien. So wurde z. B. nach Abschluss neuer Verträge mit Hollywood Majors für das Programm Premiere berichtet, Premiere habe den Preis im Vergleich zu früheren Lieferungen durchschnitlich um 50–60 % senken können.473 Z. T. wird nunmehr beim Erwerb von Fiction-Rechten nach einem so genannten „Erlösbeteiligungsmodell“ verfahren, wonach für Filme oder Filmpakete keine festen Preise gezahlt werden, sondern der Rechteverkäufer an den mit diesen Programmen eingenommenen Werbeerlösen beteiligt wird. Auf diese Weise sollen das Erfolgsrisiko auf den Rechtehändler und den Sender verteilt und die Programmkosten gesenkt werden. Derartige Vereinbarungen haben die ProSiebenSAT.1 Media AG für Programmzulieferungen aus der Rechtebibliothek der Kirch Media GmbH & Co. KGaA474 und die Veranstalterin von Super RTL für Filme und Serien aus der Bibliothek von Walt Disney475 getroffen. In der Presse wird über das Ende von Output-Deals und Paketverträgen berichtet, der Trend gehe zu gezielten Einzelkäufen. Der Bedarf an Ware aus Hollywood sei dramatisch gesunken, der Markt habe sich von einem „Verkäufermarkt“ zu einem „Käufermarkt“ gewandelt.476 Zudem bestehe ein Trend zur „Umgehung“ der Zwischenhändler; die Studios verkauften zunehmend direkt an die Sender.477 Bemerkenswert ist auch die neuere Entwicklung, dass Studios ihre Filme im Internet zum Abruf bereitstellen. So haben Sony, AOL Time Warner, Vivendi Universal, Viacom und Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) die Internetplattform Movielink gegründet.478 Die Filme sollen einige Zeit nach Beginn der Videoverwertung, also nach der üblichen Verwertungsabfolge,479 noch vor der Pay- und Free-TV-Ausstrahlung abrufbar sein. Hierdurch erwächst vor allem Video-, DVD- und Pay-per-View-Anbietern Konkurrenz. Das Angebot ist bislang nur in den USA verfügbar. Angefangen mit dem massiven Ertrags- und Aktienkurseinbruch bei der EM.TV & Merchandising AG Mitte 2000 und dem Niedergang des Neuen Markts gerieten zahlreiche börsennotierte Filmhändler in finanzielle Schwierigkeiten. Auch wenn die Ursachen für die Krise im Rechtehandelsgeschäft vielfältig sein mögen, so fällt doch die Häufung der negativen Geschäftsergeb- 472 473 474 475 476 477 478 479 Vgl. DLM-Studie, a. a. O., S. 54. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 10. 02. 2003. Vgl. Druckfassung der Rede von Urs Rohner anlässlich der Hauptversammlung am 16. 06. 2003, S. 16. Vgl. Funkkorrespondenz vom 16. 05. 2003. Vgl. Financial Times Deutschland vom 16. 04. 2002. Vgl. Die Welt vom 09. 04. 2002. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. 11. 2002. Die üblichen Verwertungsstufen für US-Spielfilme sind: US-Kinos, Übersee-Kinos, US-Videomarkt, Übersee-Videomarkt, Erstausstrahlung US-Kabel-Pay-TV, US-Fernsehsender, Übersee-Fernsehsender, Zweitausstrahlung USKabel-Pay-TV, Syndication für lokale Fernsehsender, siehe Jürgen Heinrich, Medienökonomie Band 2, Opladen 1999, S. 168. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 181 nisse in jüngerer Zeit auf: Insolvenzanträge stellten u. a. KirchMedia, KirchPayTV, Helkon Media AG, Kinowelt Medien AG, H5B5 Media AG und die Peppermint GmbH. Zahlreiche Unternehmen gaben Geschäftsbereiche auf und konzentrierten sich auf ihr jeweiliges Kerngeschäft: Die EM.TV & Merchandising AG veräußerte verschiedene Produktionsunternehmen und ihre maßgebliche Beteiligung an der Formel 1, die Advanced Medien AG gab den Filmverleih auf,480 die Cine Media AG zog sich aus Rechtehandel und Produktion zurück,481 die RTV Family Entertainment AG konnte die Insolvenz abwenden und leitete eine Phase der Restrukturierung ein (siehe auch Kapitel II 2.2.3.2).482 Die Insolvenzen in der KirchGruppe machten die Absetzbarkeit von Filmrechten insbesondere für Pay-TV ungewiss. Die Helkon Media AG hat infolgedessen den Wert ihres Bestands an Pay-TV-Rechten im Wege der Sonderabschreibung abweichend vom bisherigen Bewertungsansatz von 15–25 % auf nur noch 5 % Werthaltigkeit abgeschrieben.483 Als ein besonderer Fall ist das Scheitern der Kinowelt Medien AG zu bewerten. Das Unternehmen hatte im Jahr 1999 – als der Kurs seiner Aktie sich auf dem Höchststand befand – ein Filmrechtepaket von Warner Brothers nach Brancheneinschätzung für einen stark überhöhten Preis von mehr als 300 Mio. Euro484 ersteigert und damit die KirchGruppe überboten. Das Paket aus rund 270 Spielfilmen und mehr als 600 Serienstunden enthielt, wie bei Paket-Deals üblich, neben Blockbustern auch ältere Produktionen und Durchschnittsware. Der Kinowelt Medien AG gelang es nicht, in ausreichendem Maße Filme aus diesem Paket weiterzuveräußern. Lediglich mit ARD und ZDF kam ein Abschluss über einzeln ausgewählte Spitzenfilme zustande; RTL Group und KirchGruppe nahmen keine Filme ab. Auf die Ankündigung der Kinowelt Medien AG, einen eigenen Fernsehsender gründen zu wollen, reagierte die Börse mit einem Kurseinbruch, und die Pläne wurden zurückgenommen. Stattdessen sollte mit kleineren Fernsehsendern (z. B. mit NBC Europe) kooperiert werden. Der Kaufpreis für das Filmpaket konnte letztlich nicht finanziert werden, so dass sich die Kinowelt Medien AG gezwungen sah, das Paket an Warner Bros. zurückzugeben. Dieses Beispiel verdeutlicht das Risiko hochpreisiger Lizenzkäufe für Rechtehändler, die über keine eigenen Absatzkanäle verfügen, insbesondere wenn die RTL Group und das damals noch bestehende Unternehmensgeflecht der KirchGruppe als Abnehmer ausfallen. 2.1.4.1 Fiction-Rechtehändler Die KirchGruppe galt bis zu ihrer insolvenzbedingten Auflösung unbestritten als größter Rechtehändler in Deutschland. Die Rechtebibliothek der Kirch Media GmbH & Co. KGaA und ihrer Tochtergesellschaften, der Taurus Lizenz GmbH & Co. KG und der Beta Film GmbH, ist nach Einschätzung des Bundeskartellamts mit einer gesamten Sendezeit von über 60.000 Stunden eine der größten der Welt und mit Abstand die größte in Deutschland.485 Die Saban Capital Group hatte ursprünglich beabsichtigt, im Zusammenhang mit ihrem Einstieg bei der ProSiebenSAT.1 Media AG auch die Rechtebibliothek zu übernehmen und weiterzuführen, von diesem Vorhaben wurde jedoch wieder Abstand genommen. Der aktuelle Wert des Filmrechtevermögens ist schwer einzuschätzen. Angesichts der schon länger bestehenden finanziellen Schwierigkeiten der KirchGruppe ist fraglich, ob der Programmstock kontinuierlich ausgebaut wurde oder ob es sich überwiegend um veraltetes Filmmaterial handelt. Laut Presseberichten gibt es verschiedene Interessenten für eine 480 481 482 483 484 485 Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 10. 11. 2001. Vgl. Handelsblatt vom 14. 06. 2002. Vgl. Tagesspiegel vom 13. 08. 2002. Vgl. Pressemitteilung der Helkon Media AG vom 24. 04. 2002. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. 11. 2002. Vgl. Pressemitteilung des Bundeskartellamts vom 24. 04. 2003. 182 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Übernahme der Filmrechtebibliothek;486 der Wert gilt jedoch auch aufgrund des langfristigen und umfangreichen Programmvertrags mit der ProSiebenSAT.1 Media AG als geschmälert.487 Die KirchGruppe besteht als Zurechnungseinheit nicht mehr, bislang bestehende konzerninterne Zulieferungsbeziehungen wurden teilweise unterbrochen. Die Veranstalterin des Pay-TVProgramms Premiere hat selbst mit 8 Hollywood Majors neue Verträge abgeschlossen (s. Tab. II-39). Die ProSiebenSAT.1 Media AG hat einen umfangreichen Volumenvertrag mit der KirchMedia über Programmrechte aus ihrer Bibliothek geschlossen. Neue Filme und Serien will die ProSiebenSAT.1 Media AG jedoch nicht mehr über die KirchMedia, sondern unmittelbar von den Studios und Produzenten erwerben (siehe auch Kapitel II 1.2.2 ProSiebenSAT.1 Media AG).488 Die Tele-München-Gruppe (TMG) wird als der zweitgrößte deutsche Lizenzhändler eingeschätzt.489 Diese Position hat die TMG nach eigenen Angaben im Jahr 2001 mit einem über 300 Mio. DM liegenden Investitionsbudget in die Filmbibliothek weiter gefestigt.490 Danach verfügt sie über eine Filmbibliothek von über 2.700 Spiel- und Fernsehfilmen, mehr als 7.400 Serienepisoden und 3.000 halbstündigen Zeichentrickepisoden. Ihr Programmportfolio deckt alle Genres ab, von Kinofilmen („James Bond“, „Notting Hill“), TV-Movies, Serien und Reihen („Beverly Hills 90210“, „Stargate“), Zeichentrick („Der rosarote Panther“), Dokumentarreihen, Nachrichten und Shows bis hin zu Formatrechten. Der Großteil des Rechtehandels wird vom Geschäftsbereich TM Distribution abgewickelt. Mit dem Hermes Filmstudio besteht ein auf Action-Spielfilme spezialisiertes Lizenzhandelsunternehmen, das über einen Programmstock von ca. 1.000 Spielfilmen verfügt. Mit der französischen Gesellschaft AB Productions gründete TMG das Joint Venture Caravelle Entertainment, das den Programmkatalog von AB Productions exklusiv im deutschsprachigen Raum vertreibt. Ein Agenturvertrag mit dem internationalen Vertriebsarm des USamerikanischen TV-Networks CBS, CBS Broadcast International, sichert TMG die exklusiven Vermarktungsrechte für den CBS-Programmkatalog im deutschsprachigen Raum.491 Die RTL Group bezeichnet sich als größten unabhängigen Rechtehändler außerhalb der USA mit einem Rechtestock von 17.500 Stunden.492 In ihrer Entscheidung in Sachen RTL/n-tv legte die EU-Kommission für die Segmente des Fiction-, Non-Fiction- und Sportrechtehandels einen Marktanteil der RTL Group von [0–10 %] bis [10–20 %] zugrunde.493 Auch die RTL Group hat sich den Zugriff auf Programmrechte über Output-Deals mit Hollywood Studios gesichert. Neben diesen großen, vertikal integrierten Rechtehändlern gibt es verschiedene international ausgerichtete Rechtehändler, die nicht mit TV-Sendern verflochten sind (z. B. die Highlight Communications AG, Constantin Film AG,494 Senator Entertainment AG, Advanced Medien AG, Splendid Medien AG, IM Internationalmedia AG). Nach den vorhandenen Daten verfügen diese Unternehmen jedoch über einen deutlich kleineren Bestand an Filmrechten. Der Filmstock der Highlight Communications AG, die auch im Bereich des Sportrechtehandels tätig ist, umfasst 486 Genannt wird u. a. die Tele-München-Gruppe; vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 07. 2003. 487 Die für einen Zeitraum von zehn Jahren geschlossene Programmvereinbarung umfasst 2.000 Titel, so Urs Rohner, in: Der Spiegel vom 16. 06. 2003. Angeblich stellt dieser Teil der Bibliothek 80 % ihres Wertes dar, vgl. Kirchs Filmrechtehandel wird liquidiert, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. 06. 2003. 488 Vgl. Geschäftsbericht der ProSiebenSAT.1 Media AG 2002, Teil II, S. 26 f. 489 Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 18. 05. 2002. An erster Stelle stand die KirchGruppe. 490 Diese und die folgenden Angaben sind – soweit keine andere Quelle angegeben – Unternehmensangaben unter http://www.tmg.de. 491 Vgl. Pressemitteilung der TMG vom 21. 01. 2002. 492 Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.rtlgroup.com. 493 Vgl. Entscheidung der EU-Kommission vom 05. 11. 2002, COMP/M.2996 – RTL/CNN/ Time Warner/N-TV, Rn. 14.m 494 Die Constantin Film AG wird nicht als Auftragsproduzent tätig, sondern lizenziert die TV-Senderechte für ihre Produktionen zeitlich begrenzt an die Sender; Unternehmensangaben unter http://www.constantinfilm.de. Ähnlich verfährt auch die Brainpool TV AG; siehe oben unter II 2.1.3.2. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 183 beispielsweise 750 Filme,495 die der Splendid Medien AG über 700 Filme.496 Die IM Internationalmedia AG verfügt über die weltweiten Verwertungsrechte an mehr als 100 Filmen.497 2.1.4.2 Output-Deals und Paketverträge Eine Zusammenstellung der bekannt gewordenen Output-Deals und Paketverträge zeigt die folgende Übersicht (Tab. II-39). Es wird geschätzt, dass sich die Hälfte der weltweit produzierten, im deutschen Fernsehen verwertbaren Spielfilme (ca. 15.000) im Besitz der großen amerikanischen Produktionsstudios befindet.498 Durch Output-Deals, bei denen die Rechte für sämtliche Neuproduktionen eines Studios für einen festgelegten Zeitraum vorab verkauft werden, werden – häufig besonders attraktive – Rechte langfristig dem Zugriff der Wettbewerber entzogen. Die EU-Kommission weist in ihren Entscheidungen darauf hin, dass beliebte Spielfilme und Fußballspiele auf dem Markt zu Wettbewerbsbedingungen verfügbar sein müssen, da diese Premium-Inhalte den Hauptanreiz für ein Pay-TV-Abonnement darstellen. Die Preise für Pay-TVRechte, insbesondere beim Abschluss von Output-Deals, werden üblicherweise in Relation zur Abonnentenzahl festgelegt. Sie beinhalten häufig die Garantie einer Mindestzahl von Abonnenten. Beim Verkauf an etablierte Pay-TV-Anbieter mit einer großen Abonnentenbasis können die Studios daher in der Regel höhere Preise erzielen als beim Verkauf an einen Newcomer. Hierdurch kann der Markteintritt für potenzielle Wettbewerber erschwert werden.499 Den Zusammenschluss der Pay-TV-Plattformen Stream und Telepiù, der zu einem Beinahemonopol im italienischen Pay-TVMarkt führte, hatte die EU-Kommission u. a. unter der Auflage genehmigt, dass die fusionierte Plattformbetreiberin ausschließliche Rechte nur für den Bereich der Satellitenübertragung beanspruchen kann. Für Satellitenwettbewerber soll der Markteintritt dadurch erleichtert werden, dass die Laufzeit zukünftiger Verträge über Filmrechte auf drei Jahre und Verträge über Sportrechte auf zwei Jahre beschränkt werden soll. Zudem wird die Plattformbetreiberin verpflichtet, auf den Erwerb von Rechten für das „zweite Fenster“ im Pay-TV, d. h. die zeitverzögerte Ausstrahlung nach der Erstausstrahlung im Pay-TV, zu verzichten.500 Nach Presseberichten hat die EU-Kommission Ermittlungen bezüglich der Vertragsbeziehungen zwischen Major Studios und Pay-TV-Veranstaltern in Europa aufgenommen.501 Anlass der Untersuchungen sind u. a. die langen Vertragsdauern sowie Meistbegünstigungsklauseln, die die europäischen Sender verpflichten, US-Produktionen der Hollywood Studios zu identischen Bedingungen und Preisen abzunehmen. Solche Klauseln könnten den Wettbewerb zwischen den Studios verringern und die Preise dadurch künstlich hoch gehalten werden. In Deutschland hat für den Pay-TV-Bereich Premiere mit allen großen Hollywood Studios Output-Deals bzw. langfristige Paketverträge geschlossen. Im frei empfangbaren Fernsehen verfügen die RTL Group und KirchMedia bzw. die ProSiebenSAT.1 Media AG über umfassende vertragliche Zugriffsrechte auf Produktionen der Hollywood Majors. KirchMedia hat neue Vertragsschlüsse mit Buena Vista International Television502 und Paramount (u. a. „Vanilla Sky“, „Enterprise“)503 über umfangreiche Filmzulieferungen bekannt gegeben. Die Vereinbarung mit 495 496 497 498 499 500 501 502 503 Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.highlight-communications.ch. Vgl. http://www.splendid-medien.de. Vgl. http://www.internationalmedia.de. Vgl. Siegbert Messmer, Digitales Fernsehen in Deutschland, Frankfurt am Main 2002, S. 96. Vgl. Entscheidung der EU-Kommission vom 02. 04. 2003, COMP/M. 2876 – Newscorp/ Telepiù, Rn. 186. Vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission vom 02. 04. 2003, IP/03/478. Vgl. Financial Times vom 15. 01. 2003 und vom 20. 03. 2003. Vgl. Pressemitteilung der KirchMedia vom 21. 11. 2002. Vgl. Pressemitteilung der KirchMedia vom 12. 12. 2002. Art: mehrjähriger Programmvertrag über Kinofilme („Gladiator“, „Hannibal“, „Jurassic Park III“) und TV-Produktionen Vertragsabschluss: August 20023) Art: Paket (u. a. „Harry Potter“, „Herr der Ringe“) Vertragsabschluss: Oktober 20026) Output-Deal9) Bisher: Output-Deal9) Neuer Vertragsabschluss: 20023) Art: 5-jähriger Programmvertrag über Kinofilme (u. a. „Vanilla Sky“) und TV-Movies Vertragsabschluss: Dezember 200213) Art: mehrjähriger Vertrag über Kinofilme von Disney, Touchstone, Miramax (u. a. „Pearl Harbour“, „Chicago“)15) Vertragsabschluss: 2003 Art: Output-Deal über alle Kinofilme (u. a. neuster James Bond „Die Another Day“)17) Vertragsabschluss: Oktober 2002 Universal Studios (Vivendi Universal) Warner Bros. (AOL Time Warner) New Line (AOL Time Warner) 20th Century Fox (News Corp.) Paramount (Viacom) Buena Vista (Disney) MGM Metro Goldwyn Mayer/United Artists 1) PAY-TV-RECHTE Art: umfangreiches Filmpaket Vertragsabschluss: Dezember 2002 Premiere Sony Pictures Entertainment (z. B. Columbia TriStar) Produzent bzw. Studio Programme: ProSiebenSAT.1-Gruppe Zeitraum: 2003–2007 Art: Volumenvertrag (20 bis 30 Spielfilme, eine Auswahl von TV-Movies, 3 bis 4 Serien pro Jahr) 16) Zeitraum: bis 2011 Wert: 500 Mio. Euro Art: Free-TV-Rechte für neue und Katalogfilme14) Art: Paket mit Spielfilm-Output der Jahre 2001–2003: über 80 Spielfilme („Spider-Man“, „Terminator 3“, „3 Engel für Charlie – Volle Power“), 4 US-Fernsehserien2) KirchMedia/ProSiebenSAT.1 Wert: 14 Mio. Euro (geschätzt) Art: Paket mit neustem („Die Another Day“) und vier älteren James-Bond-Filmen18) Programme: RTL, Super RTL Art: Output-Deal5) Zeitraum: bis 2001, nicht verlängert4) Zeitraum: bis 200511) Wert: 500 Mio. DM12) (ca. 256 Mio. Euro) Art: Output-Deal Programm: RTL Art: Paket mit Free-TV-Rechten für 144 Titel (u. a. „Harry Potter“, „Herr der Ringe“) Wert: 212 Mio. Euro (Schätzung)7) Programm: RTL Zeitraum: 1996–20064) Art: Output-Deal FREE-TV-RECHTE RTL Group a)nAbnehmer: Tele München Wert: 50 Mio. $5) b)nAbnehmer: Degeto Zeitraum: 1984–201419) c)nAbnehmer: ARD Zeitraum: bis 2006 Wert: 112 Mio. EUR20) Kinowelt hat Output-Deal von 1998 beendet10) Tele-München-Gruppe Art: Film- und Serienpaket („Austin Powers“, „Alf“, „Six feet under“) 8) Andere 184 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Programm: ProSieben Zeitraum: mindestens 10 Jahre Art: Paket von Telepool5) KirchMedia/ProSiebenSAT.1 Vgl. Pressemitteilung von Premiere vom 20. 12. 2002. Vgl. Pressemitteilung der ProSiebenSAT.1 Media AG vom 16. 07. 2003. Vgl. Pressemitteilung von Premiere vom 19. 08. 2002. Vgl. Financial Times Deutschland vom 16. 04. 2002. Vgl. Statistisches Jahrbuch 1998 der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle. Vgl. DigiTV vom 15. 10. 2002. Vgl. Handelsblatt vom 27. 06. 2002. Vgl. Pressemitteilung der Tele-München-Gruppe vom Januar 2003. Vgl. Entscheidung der Europäischen Kommission vom 27. Mai 1998 im Fall Kirch/Bertelsmann/Premiere. Vgl. Pressemitteilung Kinowelt vom 16. 10. 2001. Vgl. Pressemitteilung CLT-UFA vom 21. 01. 2000. Vgl. epd medien vom 26. 01. 2000. Vgl. Pressemitteilung von Premiere vom 19. 12. 2002. Vgl. Pressemitteilung der KirchMedia vom 12. 12. 2002. Vgl. Pressemitteilung von Premiere vom 11. 02. 2003. Vgl. Pressemitteilung KirchMedia vom 21. 11. 2002, DigiTV.de vom 21. 11. 2002. Vgl. Pressemitteilung Premiere vom 15. 10. 2002. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. 04. 2002. Vgl. Studie von London Economics im Auftrag der ARD vom Februar 1998. Vgl. Handelsblatt vom 26. 03. 2002. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. 07. 2002. Vgl. DigiTV vom 09. 08. 2000. Vgl. Pressemitteilung RTL Television vom 10.04.2000. Tabelle II-39: Output-Deals und Paketverträge mit Hollywood Studios 01) 02) 03) 04) 05) 06) 07) 08) 09) 10) 11) 12) 13) 14) 15) 16) 17) 18) 19) 20) 21) 22) 23) Output-Deal9) Fortbestand unklar Hallmark Entertainment PAY-TV-RECHTE Neuer Vertragsabschluss: 2002 (zuvor: durchschnittlich 8 Filme pro Jahr)9) Preis gegenüber früherer Vereinbarung um 50 % gesenkt21) Premiere SKG Dreamworks (Steven Spielberg) Produzent bzw. Studio Programm: RTL Zeitraum: 2001–2004 Art: Output-Deal23) FREE-TV-RECHTE RTL Group Abnehmer: Telepool19) / Degeto22) Zeitraum: 1996–200619) Andere Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 185 186 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Buena Vista umfasst Spielfilme der Studios Touchstone, Walt Disney Pictures, und Miramax sowie Fernsehserien von ABC/ Touchstone und Walt Disney. Die ProSiebenSAT.1 Media AG hat ein umfangreiches Programmpaket mit über 80 Spielfilmen (u. a. „3 Engel für Charlie – Volle Power“, „Terminator 3“) von Sony Pictures Entertainment erworben. Die RTL Group schloss mit Universal MCA einen Output-Deal bis zum Jahr 2006, ein weiterer Output-Deal besteht mit 20th Century Fox bis 2005. Der Vertrag über den Kauf sämtlicher Produktionen des Disney Studios Buena Vista lief 2001 aus und wurde nicht verlängert.504 Bekannt wurden auch ein Paketvertrag mit MGM (James-Bond-Filme), dessen Preis auf 14 Mio. Euro geschätzt wird,505 und ein Vertrag über die Free-TV-Rechte an 144 Filmen von Warner Bros. (darunter u. a „Harry Potter und der Stein der Weisen“, „Herr der Ringe I: Die Gefährten“ „Matrix“ und fünf TV-Serien),506 dessen Kaufpreis auf 210 Mio. Euro geschätzt wird.507 Nicht zuletzt „Harry Potter“ und „Der Herr der Ringe“ hatten im ersten Halbjahr 2002 in den deutschen Kinos zu einem Spitzenergebnis beim Halbjahresumsatz geführt.508 2.1.5 Fazit Im Markt für die Beschaffung von Fiction-Programmen für das Fernsehen hat die Insolvenz der ehemaligen KirchGruppe dekonzentrative Entwicklungen bewirkt. Neben der hierdurch bedingten Lösung horizontaler und vertikaler Verflechtungen sind jedoch auch gegenläufige Tendenzen zu verzeichnen. Die 10 outputstärksten Produktionsunternehmen produzierten nach Marktuntersuchungen im Jahr 2000 nahezu 50 % des gesamten Produktionsvolumens im Bereich der Auftragsproduktion. Zudem werden zunehmend Produktionsunternehmen von Programmveranstaltern vertikal in die Wertschöpfungskette integriert. Mit Programmveranstaltern verflochtene Produktionsunternehmen sind sowohl in Hinblick auf erzielte Umsätze als auch auf das Produktionsvolumen den unabhängigen Produzenten überlegen. Die RTL Group erscheint nach diesen Erkenntnissen als im Bereich der TV-Produktion führend, ohne allerdings marktbeherrschend zu sein. Ob die angesichts der Sparpolitik der Fernsehsender prognostizierte Reduzierung der Anzahl von kleinen und mittelständischen Produktionsunternehmen tatsächlich eingetreten ist, kann mangels aktueller Marktuntersuchungen nicht allgemein beantwortet werden. Im Bereich der fiktionalen Kaufprogramme sind eine eher schwächere Nachfrage im frei empfangbaren Fernsehen und ein Trend zum direkten Abschluss zwischen Veranstaltern und Studios zu beobachten. Ein Preisrückgang bei Kaufprogrammen ist nach Presseberichten vor allem im Bereich der US-amerikanischen Filme und Serien zu verzeichnen; die Nachfrage nach zuschauerattraktiven „Blockbustern“ ist hingegen ungebrochen. Eine bedeutende Rolle spielen Kaufprogramme nach wie vor für die Veranstaltung von Pay-TV; mit der Digitalisierung und der damit einhergehenden Kanalvervielfachung ist noch mit einer Verstärkung der Nachfrage zu rechnen. In der Regel müssen neue Veranstalter, um im Wettbewerb mit dem umfangreichen etablierten Angebot bestehen zu können, über Zugang zu exklusiven, attraktiven Programminhalten wie z. B. Premium-Spielfilmen verfügen. 504 Vgl. Financial Times Deutschland vom 16. 04. 2002. 505 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. 04. 2002. 506 Es handelt sich dabei weitgehend um das zuvor von der Kinowelt erworbene Paket, welcher ein Weiterverkauf nicht gelang. Die Rechte waren aufgrund der Insolvenz des Unternehmens an Warner Bros. zurückgefallen, vgl. Financial Times Deutschland vom 26. 06. 2002. 507 Vgl. epd medien vom 06. 07. 2002. 508 Vgl. FFA – Aktuelle Informationen aus der Filmwirtschaft 2/2002 vom 13. 08. 2002. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 2.2 187 Kinderprogrammrechte Eine gesonderte Betrachtung der Kinderprogrammrechte innerhalb des Bereichs der Fictionrechte ist aus verschiedenen Gründen sinnvoll:509 Die Zielgruppe der Kinder, d. h. der Zuschauer von 3–13 Jahren, ist sowohl für die Fernsehveranstalter als auch für die Werbewirtschaft wichtig. Werbebotschaften erzielen bei Kindern wegen höherer Beeinflussbarkeit größere Wirkung. Außerdem ist der Einfluss auf Kaufentscheidungen der Eltern nicht unbedeutend. Die Fernsehnutzung bei Kindern ist mit einer durchschnittlichen täglichen Sehdauer von zuletzt 97 Minuten im Jahr 2002 erheblich.510 Insbesondere Serien sind dazu geeignet, Kinder langfristig an ein Programm und die darin vorkommenden Charaktere zu binden. Die Popularität des Programms und die Vermarktung durch MerchandisingProdukte (Figuren, Spiele, Textilien etc.) bedingen sich gegenseitig und können die Erfolge auf dem jeweils anderen Gebiet noch steigern. Die Merchandisingaussichten beeinflussen möglicherweise bereits die Produktionsentscheidung.511 Durch die langfristige Bindung an Kinderformate eines Senders kann auch das künftige Fernsehverhalten der erwachsenen Zuschauer zugunsten bestimmter Sender beeinflusst werden. Derartige Bindungen werden auch durch entsprechende Internetangebote der Sender unterstützt. Programmbegleitende Informationen, Spiele und Clubs für Kinder werden im Internet von Super RTL (unter der Dachmarke „toggo“), Fox Kids, Disney, SAT.1 sowie vom KI.KA und ZDF (unter der Dachmarke „tivi“) angeboten. Darüber hinaus gibt es Internetangebote zu einzelnen Formaten (z. B. von der ARD für „Die Sendung mit der Maus“, www.die-maus.de). 2.2.1 Kinderprogrammangebote im bundesweiten Fernsehen Kinderprogramm wird im privaten frei empfangbaren Fernsehen wochentags lediglich von den Sendern Super RTL, RTL II und Tele 5 angeboten. Am Wochenende werden Kinderprogrammblöcke auch von RTL, SAT.1 (Junior), ProSieben sowie von ARD und ZDF (tivi – Kinder-TV) ausgestrahlt. Daneben existieren die Pay-TV-Spartenprogramme Junior, Disney Channel und Fox Kids sowie der öffentlich-rechtliche Kinderkanal (KI.KA). Mit Fortschreiten der Digitalisierung ist mit einer Zunahme an Kinderspartenprogrammen zu rechnen. Dies legt auch ein Vergleich mit dem Angebot solcher Programme auf der digitalen Plattform von BSkyB in Großbritannien nahe, wo derzeit über 10 Kinderkanäle ausgestrahlt werden. Der GET ON AIR GmbH, an der Tele-5Geschäftsführer Jochen Kröhne zu 75 % beteiligt ist, wurde bereits im Dezember 2001 die Lizenz zur Veranstaltung des digitalen Spartenprogramms KidsGate (zwischenzeitlich umbenannt in ToonGate) erteilt. Das Vorhaben wurde aber wegen der Verzögerungen bei der Digitalisierung des Breitbandkabels in der Bundesrepublik zunächst zurückgestellt.512 In Hinblick auf die Zuschaueranteile bei 3- bis 13-jährigen Kindern ist der Sender Super RTL mit einem durchschnittlichen Anteil von 18,7 % im Jahr 2002 marktführend vor RTL (12,7 %) und RTL II (10,9 %). Während alle aufgeführten Sender – bis auf KI.KA und VOX – seit 1995 eher Zuschaueranteile verloren haben, konnte Super RTL seinen Vorsprung vor den Konkurrenten kontinuierlich ausbauen (siehe Tab. II-40). Der Zuschaueranteil bei Kindern liegt nicht nur bei den auf diese Zielgruppe fokussierten Sendern KI.KA und Super RTL deutlich über den Zuschauer509 Vgl. zur Bedeutung von Kinderprogrammen eingehend Konzentrationsbericht der KEK 2000, S. 162 ff. 510 Vgl. Sabine Feierabend, Walter Klingler, Was Kinder sehen, in: Media Perspektiven 4/2003, S. 168. 511 Vgl. Tilmann P. Gangloff, Kinderfernsehen in der Krise, veröffentlicht unter: http://www.medientage-muenchen.de/ archiv/pdf/gangloff.pdf. 512 So Jochen Kröhne in epd medien vom 20. 03. 2003. 188 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Jahr ARD1) ZDF KI.KA2) RTL RTL II Super RTL VOX SAT.1 ProSieben Kabel 1 Sonstige 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 15,0 13,7 13,8 13,6 11,5 10,3 09,9 10,0 6,2 6,1 5,2 5,8 5,4 5,0 5,0 5,5 00,– 00,– 05,6 08,2 11,5 09,9 10,2 10,2 17,6 16,1 15,3 14,5 13,8 12,8 13,2 12,7 13,1 11,3 09,4 08,7 08,7 12,3 11,2 10,9 03,5 12,0 13,0 17,7 18,7 19,6 19,7 18,7 1,2 1,8 1,8 1,8 1,8 1,9 2,1 2,4 9,8 8,3 6,7 6,8 6,9 7,3 6,7 6,6 19,4 17,2 15,4 11,9 10,3 10,0 09,5 09,0 6,3 4,9 3,3 2,2 2,4 2,0 2,0 2,0 07,9 08,6 10,5 08,8 09,0 08,9 10,5 12,0 1) inklusive Dritte Programme 2) KI.KA sendete im Untersuchungszeitraum lediglich von 6:00 bis 19:00 Uhr. Tabelle II-40: Zuschaueranteile bei 3- bis 13-jährigen Kindern (03:00 bis 03:00 Uhr) Quelle: Media Perspektiven 4/1997, 4/1998, 4/2000, 4/2002, 4/2003, dort angegebene Quelle: AGF/GfKFernsehforschung, Panel D anteilen der gesamten Zuschauer ab 3 Jahren, sondern auch bei RTL II und in geringerem Maße bei ProSieben. RTL II erreichte im Jahr 2002 mit einem Anteil von 10,9 % mehr als dreimal so viele Zuschaueranteile bei den 3- bis 13-Jährigen wie bei allen Zuschauern ab 3 Jahren (3,3 %).513 Ein etwas verändertes Bild ergibt sich, wenn man die Sendezeit des Kinderkanals im Untersuchungszeitraum (06:00 Uhr bis 19:00 Uhr) zugrunde legt (siehe Abb. II-17). Zwar erreichte auch hier Super RTL im Jahr 2002 die höchsten Zuschaueranteile (22,0 %). An zweiter Stelle liegt aber der Kinderkanal mit 16,8 % vor RTL II (11,3 %) und RTL (8,4 %). Die Gegenüberstellung der Werte verdeutlicht, dass insbesondere im Programm von RTL in hohem Maße Sendungen nach 19:00 Uhr zu den hohen Zuschaueranteilen bei Kindern beitragen, die nicht als Kinderprogramm einzuordnen sind. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass die nutzungsintensivste Zeit bei Kindern zwischen 18:00 und 22:00 Uhr liegt. Der Anteil der fernsehenden Kinder erreicht im Tagesverlauf um 20:00 Uhr den Höhepunkt und geht erst um 22:00 Uhr unter die 10-Prozentmarke zurück.514 Obwohl also gerade am Abend die Fernsehnutzung bei Kindern besonders intensiv ist, existieren derzeit im frei empfangbaren Fernsehen nach 19:00 Uhr nur zwei spezielle Kinderangebote: KI.KA, dessen Sendezeit seit dem 01. 01. 2003 bis 21:00 Uhr ausgedehnt wurde,515 und Super RTL bis 20:15 Uhr. Gemessen an den Zuschaueranteilen ist die RTL Group mit ihren Angeboten bei 3- bis 13-jährigen Kindern marktführend. Ihre Sender RTL, RTL II, Super RTL und VOX erreichten innerhalb dieser Altersgruppe im Jahr 2002 zusammen einen Zuschaueranteil von 44,7 %. Die öffentlichrechtlichen Sender kamen auf 25,7 %, die Sender der ProSiebenSAT.1 Media AG auf 17,6 %. Sowohl die RTL Group als auch die öffentlich-rechtlichen Sender (mit Etablierung des KI.KA im Jahr 1997) konnten ihre Zuschaueranteile innerhalb der letzten Jahre größtenteils zu Lasten der Sender der ProSiebenSAT.1 Media AG steigern (siehe Tab. II-41). Ein Großteil der Fernsehnutzung von Kindern entfällt auf fiktionales Programm (56 % im Jahr 2002). Innerhalb dieses Genres dominiert mit einem Anteil von 56 % an der gesamten Nutzung fiktionaler Programme die Kategorie Animation (v. a. Zeichentrick), gefolgt von Unterhaltung (z. B. Familienserien, Daily Soaps), Spannung und Komödie (siehe Tab. II-42). 513 AGF/GfK-Fernsehforschung, Panel D, inklusive EU-Haushalte liegt der Wert bei 3,8 %. 514 Vgl. Sabine Feierabend, Walter Klingler, Was Kinder sehen, in: Media Perspektiven 4/2003, S. 167 ff., hier S. 171. 515 Bundesweit gilt dies für die Ausstrahlung per Satellit. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 189 Auch wenn die hier ausgewiesene Sehdauer sich nicht auf speziell für Kinder konzipiertes Programm beschränkt, so lässt der hohe Stellenwert von fiktionaler Unterhaltung und insbesondere von Zeichentrickfilmen und -serien doch auf die große strategische Bedeutung des Zugriffs auf Kinderprogrammrechte schließen. 25 22,0 20 18,7 in Prozent 16,8 15 12,7 10 10,9 11,3 10,2 10,0 8,9 9,0 8,4 7,1 6,6 5,5 4,7 4,4 5 0 ARD ZDF KI.KA RTL RTL II 03:00 bis 03:00 Uhr Super RTL SAT.1 ProSieben 06:00 bis 19:00 Uhr Abbildung II-17: Marktanteile bei 3- bis 13-jährigen Kindern 2002, Mo.–So. (03:00 bis 03:00 Uhr und 06:00 bis 19:00 Uhr) in Prozent Quelle: Sabine Feierabend, Walter Klingler, Was Kinder sehen, in: Media Perspektiven 4/2003, S. 167 ff., hier S. 173, dort angegebene Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung, Fernsehpanel D Jahr RTL Group ProSiebenSAT.1 Media AG öffentlich-rechtliche Sender 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 35,4 41,2 39,5 42,7 43,0 46,6 46,2 44,7 35,5 30,4 25,4 20,9 19,6 19,3 18,2 17,6 15,4 14,6 18,9 22,2 23,7 25,5 25,1 25,7 Tabelle II-41: Zuschaueranteile bei 3- bis 13-jährigen Kindern nach Sendergruppierungen in Prozent Quelle: Media Perspektiven 4/1997, 4/1998, 4/2000, 4/2002, 4/2003; eigene Berechnungen 190 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten kumulierte Sehdauer in Stunden im Jahr 2001 Sehdauer in Prozent nach Genres Fiction Information Werbung Unterhaltung Sport Sonstiges 229 052 045 048 018 014 056 013 011 012 004 003 Gesamt 405 100 innerhalb des fiktionalen Genres Animation Unterhaltung Spannung Komödie 124 034 033 031 056 015 015 014 Tabelle II-42: Sehdauer von 3- bis 13-jährigen Kindern nach Programmsparten für die Sender ARD, ZDF, RTL, RTL II, Super RTL, SAT.1 und ProSieben im Jahr 2002 Quelle: Sabine Feierabend, Walter Klingler, a. a. O., S. 177, dort angegebene Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung, Fernsehpanel D 2.2.2 Gesellschafterveränderungen bei Kinderspartenprogrammen Im privaten Fernsehen existieren derzeit drei Pay-TV-Spartenprogramme (Junior, Disney Channel und Fox Kids) sowie ein werbefinanziertes frei empfangbares Programm (Super RTL) mit Kindern bzw. Familien als Hauptzielgruppe. Die Veranstalterin des Programms Junior wird sich mit dem bereits angekündigten Rückzug der Kirch Media GmbH & Co. KGaA im Alleinbesitz der EM.TV & Merchandising AG befinden.516 Die übrigen drei Programme sind der Walt Disney Company zuzurechnen. Die Veranstalterin des Programms Fox Kids hatte Disney im Jahr 2001 von der News Corporation Ltd. und der Haim-Saban-Gruppe übernommen.517 Das Programm Super RTL ist darüber hinaus der RTL Group zuzurechnen, die wie die Walt Disney Company 50 % der Anteile an der Veranstalterin hält. Demnach hat sich mit dem Ausscheiden der News Corporation und der Haim-Saban-Gruppe die Zahl der Anbieter von privaten Kinderspartenprogrammen in Deutschland auf vier Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen reduziert. Nach dem Ausscheiden der KirchMedia wären es nur noch drei: die EM.TV & Merchandising AG, die Walt Disney Company und die RTL Group. Dies mag mit daran liegen, dass die internationalen Anbieter von Kinderprogrammen wie z. B. Viacom (Nickelodeon) den deutschen Markt für Kinderprogramme aufgrund der starken gebührenfinanzierten Angebote als schwierig einschätzen. 2.2.3 Der Markt für die Beschaffung von Kinderprogrammrechten Wie auch im Bereich der Fictionrechte insgesamt fehlt es an einer hinreichenden Datengrundlage zu Marktvolumen und Marktanteilen von Produzenten und Rechtehändlern im Bereich der Kinderprogramme. Eine Schätzung geht von einem Volumen des weltweiten Markts für Kinderund Jugendprogramme von mehr als 2 Mrd. Euro aus, davon sollen 0,7 Mrd. Euro auf den europäischen Markt entfallen. Das Gesamtbudget für TV-Kinderprogramm in Deutschland liege mit 516 Vorbehaltlich medienkonzentrationsrechtlicher Genehmigung der KEK im Verfahren Az.: KEK 169. 517 Vgl. Beschluss der KEK vom 02. 10. 2001 i. S. Fox Kids, Az.: KEK 128. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 191 ca. 130 Mio. Euro hinter Frankreich und Großbritannien mit jeweils 210 Mio. Euro.518 Es wird vielfach von einem derzeitigen Überangebot an Kinderprogrammen berichtet; als Ursache hierfür wird eine restriktive Einkaufspolitik der Sender infolge der Werbekrise angesehen. Infolgedessen seien eine Verkürzung der Wiederholungsintervalle für bereits vorhandene Programme und ein Preisverfall für neue Kinderprogramme zu verzeichnen.519 Verglichen mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten betreiben die privaten Sender nur in weitaus geringerem Umfang Eigen-, Ko- und Auftragsproduktion von Kinderprogramm.520 Eine entsprechend wichtigere Rolle spielt bei privaten Veranstaltern der Erwerb von Lizenzen bei Produzenten und Rechtehändlern. Vor allem Animationsprogramme eignen sich wegen der ihnen in der Regel eigenen Abstraktheit und der einfacheren Synchronisation besonders für die internationale Verwertung. Im Markt für die Beschaffung von Kinderprogrammrechten agieren neben weltweit tätigen Medienkonzernen wie der Walt Disney Company, Viacom und AOL Time Warner verschiedene, nicht mit den großen Medienkonzernen verflochtene Unternehmen, die sich auf die Produktion, (internationale) Distribution und das Merchandising von Kinderprogrammen spezialisiert haben. Als solches ist z. B. die HIT Entertainment plc., London, zu nennen, die sich als weltweit führenden unabhängigen Produzenten und Rechtehändler für Kinderprogramm bezeichnet. Sie unterhält Tochtergesellschaften bzw. Büros in Großbritannien, den USA, Japan und Deutschland, die den Programmhandel für 150 Länder und Territorien betreiben.521 Eine Studie im Auftrag des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI)522 kommt zu dem Ergebnis, dass sich im Bereich des Rechtehandels in Deutschland neben den „Global Majors“ nur wenige, dafür aber starke Marktteilnehmer befinden. Die Befragung von 86 Unternehmen, die im Bereich des Kinderfernsehens tätig sind, habe ein eher kollegiales denn konkurrenzgeprägtes Verhalten der Marktteilnehmer untereinander offenbart, was nach Ansicht der Autoren den Schluss nahe legt, dass diese zu einer Aufteilung des Marktes untereinander gefunden haben. Dies werde sich jedoch im Zuge einer Neugruppierung nach dem Zusammenbruch der KirchGruppe und den finanziellen Schwierigkeiten der EM.TV & Merchandising AG ändern.523 2.2.3.1 Vertikale Verflechtungen von Veranstaltern und Produzenten bzw. Rechtehändlern Zu den größten Unternehmen im Bereich des internationalen Handels mit fiktionalem Kinderprogramm gehört die Walt Disney Company. Der Disney-Konzern hat sich in Deutschland durch Gründung bzw. Erwerb der Kinderprogrammsender Disney Channel und Fox Kids sowie die Beteiligung an Super RTL Abspielkanäle für seine umfangreiche Bibliothek an Kinderprogrammrechten geschaffen. Der Sender Super RTL sieht sich nach eigenen Angaben als Marktführer bei Kindern in der glücklichen Lage, die meisten neuen Produktionen als Erster angeboten zu bekommen und sich die erfolgversprechenden Formate sichern zu können; auch zeige er als 518 Vgl. TV Loonland AG, Geschäftsbericht 2001, S. 26, unter Berufung auf eine Untersuchung der Investment Bank Barclays Capital. 519 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. 06. 2002; Geschäftsbericht der EM.TV & Merchandising AG 2002, S. 27 f. 520 Vgl. Ole Hofmann, Oliver Schmid, Wertschöpfungskette Kinderfernsehen. Strukturen des deutschen Kinderfernsehmarkts, in: TELEVIZION Forschung, 15/2002, S. 6. 521 Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.hitentertainment.com. 522 Vgl. Ole Hofmann, Oliver Schmid, Wertschöpfungskette Kinderfernsehen. Strukturen des deutschen Kinderfernsehmarkts, in: TELEVIZION Forschung, 15/2002. 523 Vgl. Ole Hofmann, Oliver Schmid, a. a. O., S. 5. 192 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten einziger Sender Zeichentrick aus den Studios Disney, Warner und Nickelodeon (Viacom).524 Die zum Disney-Konzern gehörige Buena Vista International TV liefert dem Sender jährlich 700 Serienstunden bis einschließlich zum Jahr 2003 zu. Zur Prime Time wird der Sender aber hauptsächlich von RTL mit Programm versorgt.525 Der Abschluss neuer Zuliefervereinbarungen ist angekündigt.526 Laut Presseberichten wird Disney mehr als 1.000 Serien und Filme für die Prime Time an Super RTL liefern.527 Zum Umfang des Kinderprogrammrechtestocks der Walt Disney Company liegen keine konkreten Zahlen vor. Allein schon die Rechtebibliothek der Fox Kids Europe N. V. umfasst nahezu 6.300 Episoden Kinderprogramm.528 Die Fox Kids Europe N. V., an der Disney mittelbar zu 75,7 % beteiligt ist, bezeichnet sich als führendes paneuropäisches Unternehmen im Bereich der Kinderunterhaltungsindustrie. Unter der Marke Fox Kids werden in zahlreichen Ländern Kinderprogramme veranstaltet. Die Programme erreichen nach Unternehmensangaben mehr als 32 Mio. Haushalte in 57 Ländern. Fox Kids Europe beliefert zudem mehr als 120 Sender in über 50 Märkten in Europa und dem Mittleren Osten mit Programm.529 Zum Programmstock zählen u. a. die Rechte an „Power Rangers“, „Spiderman“, „Digimon“ und „X-Men“. Das Merchandising betreibt die ebenfalls zum Konzern gehörige Saban Consumer Products Europe. In Deutschland sind zwei weitere Kinderprogrammrechtehändler mit Programmveranstaltern verflochten: die Tele-München-Gruppe und die EM.TV & Merchandising AG. Die Tele-MünchenGruppe, an der auch die EM.TV & Merchandising AG beteiligt ist, ist mit ihren Beteiligungen an den Sendern RTL II und Tele 5 vertikal integriert. Auf RTL II werden wochentags v. a. japanische Zeichentrickserien, so genannte „Manga“-Comics gesendet, darunter die in Hinblick auf Zuschauerzahlen und Merchandising besonders erfolgreiche Serie „Pokémon“. Die TV-Rechte hatte RTL II von der EM.TV & Merchandising AG erworben. Auf Tele 5 wird täglich das Kinderprogrammformat „ToonGate“ gezeigt. Kinderprogramme machen nur einen Teil des Programmportfolios der TeleMünchen-Gruppe aus. Sie hält nach eigenen Angaben die Rechte an 3.000 halbstündigen Zeichentrickepisoden („Pink Panther“, „Teenage Mutant Hero Turtles“).530 Die EM.TV & Merchandising AG (Umsatz 2002: 249,9 Mio. Euro) hat sich auf den Handel mit Kinderprogrammrechten spezialisiert.531 Sie verfügt – soweit die unzureichende Datengrundlage einen Vergleich zulässt – über einen besonders großen Bestand an diesen Rechten in Deutschland. Zu ihrem Bestand zählen 26.000 halbstündige Episoden Kinder- und Jugendprogramm, davon 22.000 unter der Dachmarke Junior (u. a. „Biene Maja“, „Pippi Langstrumpf“, „Tabaluga“, „Poochini“). Die im Juni 2000 von EM.TV erworbene Jim Henson Company, die über einen Rechtestock von 500 Programmstunden (u. a. „The Muppet Show“) verfügt, wurde hingegen im Mai 2003 an die Henson-Familie zurückveräußert.532 Die EM.TV & Merchandising AG ist durch ihre Beteiligung an der Junior.TV GmbH & Co. KG vertikal mit diesem Programmveranstalter verbunden. Sie hat aber auch umfangreiche Zulieferverträge mit anderen Sendern abgeschlossen. Ein Programmblock der Marke Junior wird bei SAT.1 gesendet; ihm liegt ein Fünfjahresvertrag über die Ausstrahlung von 6.000 halben Stunden Programm zu Grunde. Mindestens 300 Programm524 Vgl. Claude Schmit (Geschäftsführer von Super RTL), Kindgerechte Unterhaltung, die keine Diskussion scheuen muss, in TELEVIZION Forschung, 15/2002. 525 Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.superrtl.de. 526 Vgl. Meldung vom 08. 05. 2003 unter http://de.news.yahoo.com. 527 Vgl. Funkkorrespondenz vom 16. 05. 2003. 528 Vgl. Unternehmensdarstellung unter http://www.foxkidseurope.com. 529 Vgl. Unternehmensdarstellung unter http://www.foxkidseurope.com; zu Fox Kids Europe siehe auch Kapitel II 1.2.7 The Walt Disney Company. 530 Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.tmg.de. 531 Zu EM.TV siehe auch weiter oben, Kap. II 1.2.3. 532 Vgl. Pressemitteilung der EM.TV & Merchandising AG vom 07. 05. 2003. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 193 stunden werden an Tele 5 geliefert,533 an den Disney Channel liefert EM.TV jährlich 220 halbstündige Episoden. Ein weiterer Volumenvertrag über 300 halbe Programmstunden wurde mit dem Kinderkanal geschlossen.534 Des Weiteren werden ZDF, RTL, RTL II, Super RTL und ProSieben mit Programm aus dem Junior-Portfolio beliefert. Junior-Programmblöcke werden international von europäischen Sendern (in der Schweiz, Spanien, Finnland, Polen und der Türkei) sowie in Russland, Australien, China und Lateinamerika gesendet. Die KEK hatte im Rahmen des Zulassungsverfahrens in Sachen Junior/K-toon im Jahr 1999 festgestellt, dass der Programmstock der Veranstalterin zwar einen wesentlichen Anteil des Beschaffungsvolumens im Segment der Kinder- und Jugendprogramme ausmacht. Angesichts der Konkurrenz durch die „großen“ Wettbewerber Disney und Fox Kids (damals noch zur News Corporation gehörig) sowie der Eigenproduktionen anderer Fernsehveranstalter (z. B. des Kinderkanals) war jedoch nicht von der Gefahr der Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung auszugehen.535 An dieser Einschätzung hat sich nichts Grundlegendes verändert; verschiedene Beteiligungsverkäufe im Bereich der Produktion und Distribution im Zuge des Restrukturierungsprozesses bei der EM.TV & Merchandising AG sprechen eher für einen Rückgang ihrer Marktmacht bei Kinderprogrammrechten. In der Rechtebibliothek der Kirch Media GmbH & Co. KGaA dürften sich kaum noch Kinderprogrammrechte befinden. Die KirchGruppe hatte ihren ca. 20.000 halbstündige Episoden umfassenden Bestand an fiktionalem Kinderprogramm bereits unter der Marke „Junior“ in das Gemeinschaftsunternehmen Junior.TV eingebracht, das sie gemeinsam mit der EM.TV & Merchandising AG führt.536 Ob sich die Aktivitäten der ProSiebenSAT.1 Media AG unter dem neuen Mehrheitsgesellschafter Haim Saban künftig auch auf den Bereich des Rechtehandels erstrecken, bleibt abzuwarten. Haim Saban war als Mitbegründer des Kinderspartenprogramms Fox Kids in der Vergangenheit in größerem Umfang in diesem Bereich tätig (vgl. auch Kapitel II 1.2.2 ProSiebenSAT.1 Media AG). Zum Programmvermögen der ProSiebenSAT.1 Media AG gehören laut Geschäftsbericht 2002 auch 2.765 Zeichentrickstunden; der Programmstock ist innerhalb der Senderfamilie bei der ProSieben Television GmbH angesiedelt. 2.2.3.2 Produzenten bzw. Rechtehändler ohne maßgebliche Veranstalterbeteiligung Neben den genannten in den Bereich der Programmveranstaltung vorgedrungenen Produzenten und Rechtehändlern gibt es verschiedene nicht bzw. nicht maßgeblich mit Veranstaltern verflochtene Unternehmen. Von diesen sollen hier exemplarisch zwei in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Unternehmen erwähnt werden, die auf Produktion und Distribution von Kinderprogramm spezialisiert sind: die RTV Family Entertainment AG und die TV Loonland AG.537 Die RTV Family Entertainment AG, München, zeichnet sich durch vielfache, z. T. stabile Zulieferbeziehungen im bundesweiten Fernsehen aus. Mehrheitsgesellschafterin ist der Spieleund Buchkonzern Ravensburger AG, aus dessen Betätigungen im Bereich Neue Medien die RTV Family Entertainment AG hervorgegangen war. Sie verfügt über einen umfangreichen TV-Rechtestock (z. B. „Gnarfs“, „Roboroach“, „Moorhuhn“). Im Februar 2000 hatte sie die gesamte Kinder-, Jugend- und Familienprogrammrechtebibliothek (565 Programmstunden, darunter z. B. Enid533 534 535 536 537 Vgl. Pressemitteilung der EM.TV & Merchandising AG vom 02. 05. 2002. Vgl. Pressemitteilung der EM.TV & Merchandising AG vom 08. 10. 2002. Vgl. Beschluss der KEK vom 21. 09. 1999 i. S. Junior.TV, Az.: KEK 042. Die Veräußerung der Anteile der KirchGruppe an die EM.TV & Merchandising AG ist angemeldet, Az.: KEK 169.m Weitere Beispiele sind u. a. die BKN International AG, Köln, und die MIM Mondo Igel Media AG, Hamburg. 194 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Blyton-Abenteuerserien) von der CLT-UFA erworben. Im Gegenzug beteiligte sich die CLT-UFA zu 4 % am Grundkapital von RTV. Gegenstand der Vereinbarung war auch ein erleichterter Zugang von RTV als Zulieferer zu den Sendern der CLT-UFA.538 Zum 31. 12. 2001 verfügte RTV über einen Filmrechtebestand von über 6.000 Episoden, davon fast 80 % Zeichentrickprogramm.539 Eine langfristige Programmzuliefervereinbarung besteht mit dem Sender Super RTL. Die seit Juni 2001 bestehende Kooperation, wonach an sechs Tagen der Woche ein zweistündiges Programmfenster unter dem Ravensburger Markenzeichen ausgestrahlt wird, wurde bis 2005 verlängert.540 Darüber hinaus liefert RTV Programm u. a. an KI.KA, Fox Kids, Junior.TV und RTL II. Auf die im Firmenverbund generierten Ideen hat RTV einen von ihr als „First-Look-Recht“ bezeichneten bevorzugten Zugriff.541 Durch die Einbindung in den Ravensburger-Konzern verfügt sie auch über Vorteile beim Merchandising. Sie vermarktet ihre Lizenzthemen in verschiedenen Produktkategorien (Figuren, Spiele, Bücher etc.) in Zusammenarbeit mit der Ravensburger AG. Der Umsatz des Geschäftsbereichs Merchandising machte im Jahr 2001 9 % des Gesamtumsatzes der RTV Family Entertainment AG (60,35 Mio. Euro) aus.542 Nach zwischenzeitlich eingetretener Zahlungsunfähigkeit und entsprechenden Sanierungsmaßnahmen lag der Umsatz im Jahr 2002 bei 24,4 Mio. Euro und ging somit gegenüber dem Vorjahr um mehr als 60 % zurück. Als Ursache für die finanzielle Schieflage gab das Unternehmen u. a. die Insolvenz der KirchMedia und die schwierige Marktlage in Hinblick auf Programmverkäufe an Sender an.543 Die TV Loonland AG, München, hat sich auf Produktion, Distribution, Home Entertainment und Merchandising im Bereich des Zeichentrickfilms spezialisiert (u. a. „Pettersson und Findus“, „The Cramp Twins“). Sie bezeichnet sich als einen der „weltweit führenden Independent Majors“.544 Ihr Umsatz lag im Jahr 2002 bei 36,75 Mio. Euro; davon wurden 23,58 Mio. Euro durch Rechtehandel erwirtschaftet. Rund 80 % der Umsätze erzielte das Unternehmen außerhalb Deutschlands. Der Geschäftsbereich Merchandising trug ca. 2 % zum Umsatz bei.545 Die Rechtebibliothek von TV Loonland umfasst u. a. 800 eigenproduzierte Episoden und die weltweiten Rechte an über 2.500 halbstündigen Episoden. Die 100 %ige Tochtergesellschaft Salsa Distribution S. A. R. L. verfügt über die Vertriebsrechte an 2.000 weiteren Episoden. Die Produktion von Zeichentrickfilmen sieht die TV Loonland AG als eines der attraktivsten Segmente des internationalen Medien- und Entertainmentmarktes. Betont wird das gegenüber anderen Filmen besonders effektiv nutzbare Verwertungspotenzial von Trickfilmen: „Gegenüber so genannten Realfilmen stechen Zeichentrickfilme durch langfristige Verwertungsmöglichkeiten hervor: Sie veralten nicht, sie sind einfach zu synchronisieren, und sie spielen in einer künstlichen Welt. Faktoren, die eine dauerhafte und internationale Vermarktung wesentlich erleichtern.“546 Kinder- und Jugendprogramme sind darüber hinaus bezüglich der Verwertungshäufigkeit anderen Programmen gegenüber im Vorteil, denn: „Die Kundenbasis wird regelmäßig ausgetauscht. Automatisch wächst alle paar Jahre ein völlig neues Publikum heran. Dies erlaubt regelmäßige Wiederholungen erfolgreicher Serien, die erneut hohe Einschaltquoten noch während des üblicherweise 5 bis 7 Jahre dauernden Lizenzzeitraums erzielen.“547 TV Loonland musste im Jahr 2002 gegenüber dem Vorjahr einen 538 539 540 541 542 543 544 545 546 547 Vgl. Pressemitteilung der RTV AG vom 23. 02. 2000. Vgl. Unternehmensangaben der RTV AG unter http://www.rtv-ag.de. Vgl. Pressemitteilung der RTV AG vom 28. 01. 2003. Vgl. Unternehmensdarstellung der RTV AG unter http://www.rtv-ag.de. Vgl. Unternehmensdarstellung der RTV AG unter http://www.rtv-ag.de. Vgl. Pressemitteilungen der RTV AG vom 17. 06. 2002 und 01. 10. 2002. Vgl. Geschäftsbericht der TV Loonland AG 2002, S. 15. Vgl. Geschäftsbericht der TV Loonland AG 2002. Vgl. Geschäftsbericht der TV Loonland AG 2001, S. 25. Vgl. Geschäftsbericht der TV Loonland AG 2001, S. 24. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 195 Umsatzrückgang um 53 % hinnehmen. Dennoch spricht das Unternehmen von einer Festigung seiner Marktposition; das Marktvolumen habe sich insgesamt deutlich verringert.548 2.2.4 Fazit Die zur RTL Group gehörigen Sender Super RTL, RTL und RTL II sind – unter Zugrundelegung der Sehdauer von 03:00 Uhr bis 03:00 Uhr – die von Kindern am meisten gesehenen Programme im frei empfangbaren Fernsehen. Die höchsten Zuschaueranteile erreicht der Sender Super RTL, der u. a. auf umfangreiche Programmressourcen seiner Gesellschafterin Walt Disney Company zurückgreifen kann. Die starke Position der RTL Group im Segment der Kinderprogramme ist im Hinblick auf die u. U. langfristige Bindung von Zuschauern an Programme der RTL Group bedeutsam. Konkurrenz besteht vornehmlich durch die öffentlich-rechtlichen Programme. Im international ausgerichteten Rechtehandel mit Kinderprogrammen finden sich mehrere starke Marktteilnehmer. In Deutschland ist hier insbesondere die EM.TV & Merchandising AG zu nennen, die nach dem Kenntnisstand der KEK im Marktsegment der Kinder- und Jugendprogramme aber nicht marktbeherrschend ist. 2.3 Sportrechte Übertragungsrechte an massenattraktiven Sportereignissen sind für Fernsehveranstalter im Wettbewerb um die Zuschauergunst und damit für ihre Marktstellung von großer strategischer Bedeutung.549 Der wirtschaftliche Wert dieser Rechte ist zudem wegen ihrer Knappheit hoch. Massenattraktive Sportveranstaltungen – je nach Rang des Ereignisses, Beliebtheit der Sportart und der beteiligten Sportler – sind in ihrer Zahl begrenzt550 und die TV-Rechte daran nur kurzfristig verwertbar: Sie ziehen nur so lange ein großes Publikum an, als ihr Ergebnis noch offen ist und so Spannung erzeugt wird. Daher ist die Direktübertragung (Erstverwertung) von herausragender Bedeutung. Die weitere Verwertung durch Aufzeichnungen und Kurzberichte ist noch während einer begrenzten Zeitspanne von Interesse. Allerdings entwickelten sich in jüngerer Zeit, entgegen der sonst eher geringen Zuschauerelastizität im Sportbereich, neben hierzulande stets populären Sportereignissen wie Spitzenfußball- und Olympischen Spielen551 einzelne Disziplinen von Randsportarten zu Magneten für das Fernsehpublikum. Beispiele sind das auf RTL übertragene Skispringen und die bei ZDF, RTL, DSF und Premiere gezeigten Boxkämpfe (s. u. Kap. II 2.3.1). Man führt dies nicht nur auf die Teilnahme erfolgreicher deutscher Sportler zurück, sondern auch auf die jeweilige Fernsehinszenierung als „Event“.552 Dies ist nur ein Beispiel für die mittlerweile engen Wechselbeziehungen zwischen 548 Vgl. Geschäftsbericht der TV Loonland AG 2002, S. 7. 549 Vgl. ausführlich Konzentrationsbericht der KEK 2000, Kap. II 1.2.3.2. 550 Nur zuschauerattraktive Massensportereignisse rechtfertigen wirtschaftlich angesichts der hohen Fixkosten bei der Produktion ihre Übertragung. 551 Der Gesetzgeber hat bei der Umsetzung von Art. 3 a der Fernsehrichtlinie in die Liste der im frei empfangbaren Fernsehen zu übertragenden Großereignisse nach § 5 a Abs. 2 RStV neben den Olympischen Sommer- und Winterspielen ausschließlich Fußballturniere aufgenommen. Die entsprechenden Regelungen anderer europäischer Länder spiegeln andere Präferenzen der Bevölkerung wider: Z. T. werden auch Handball, Radsport und Rugby aufgeführt, vgl. Peter Duvinage, Der Sport im Fernsehen. Die Sicht der Rechteagenturen, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 130, Juni 2000, S. 3. 552 Umgekehrt verloren Sportarten, gemessen an den Einschaltquoten, an Beliebtheit, etwa Tennis und Leichtathletik. Im letzteren Fall wird dies auch auf Fehler bei der Medieninszenierung der Turniere zurückgeführt. Ein anderes Beispiel ist die zeitliche Abstimmung von Turnieren mit der Programmplanung von Fernsehsendern, etwa der Sonntagsspiele der 1. Bundesliga mit Bundesligaberichten. 196 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Spitzensport und Fernsehen. Grundlegende Einflusspotenziale der Fernseh- auf die Sportveranstalter ergeben sich aus der finanziellen Abhängigkeit der Vereine von den Fernseheinnahmen und den vom Fernsehauftritt indirekt abhängigen Einnahmen, vor allem den Sponsorengeldern.553 Umgekehrt wird Sportinhalten eine wichtige Funktion als Antriebsfeder für die Entwicklung der Medienmärkte zugeschrieben: in der Vergangenheit für die Etablierung der Veranstalter werbefinanzierten Fernsehens, gegenwärtig für die Entwicklung des Pay-TV und zukünftig etwa für die Durchsetzung von Internet und UMTS.554 Die Bedeutung des Sports für die Meinungsvielfalt ergibt sich aus seiner wichtigen Funktion als Gegenstand der Meinungsbildung, der Identifikation und der öffentlichen Kommunikation.555 Berichte über herausragende Sportereignisse gehören nach der Rechtsprechung des BVerfG zur Information im Sinne des klassischen Rundfunkauftrags. Einer Monopolisierung der Berichterstattung bei einem einzelnen Rundfunkveranstalter ist daher entgegenzuwirken. Entwicklungen auf dem Markt für Sportübertragungsrechte sind auch aufgrund der besonderen Gefahren durch vertikale Konzentration zwischen den Inhabern dieser Rechte und den Fernsehveranstaltern zu berücksichtigen.556 2.3.1 Sportprogramme im Fernsehen 2.3.1.1 Sportsendungen in Vollprogrammen Der Stellenwert von Sportprogrammen im Fernsehen zeigt sich an den Spitzenreichweiten, die Übertragungen populärer Sportereignisse erzielen. So war das entscheidende Springen der Vierschanzentournee in Bischofshofen mit 13,39 Mio. Zuschauern die meistgesehene Sendung des Jahres 2002 bei RTL, gefolgt vom Formel-1-Rennen „Großer Preis von San Marino“ (12,65 Mio. Zuschauer).557 Die ersten acht Plätze der Rangliste der ARD für dieses Jahr belegten sämtlich Sportübertragungen (sechs Fußball-Länderspiele und zwei olympische Skispringen).558 Zu den zwanzig meistgesehenen Sendungen aller bundesweiten Programme zählten 2001 vierzehn 553 Die Fernsehgelder betragen bis zu 35 % der Einnahmen der Bundesligaclubs, in der 2. Liga soll der Prozentsatz noch darüber liegen, vgl. Der Spiegel 8/2002. 554 Zum frei empfangbaren Fernsehen vgl. Konzentrationsbericht der KEK 2000, Kap. II 1.2.3.2. Für Pay-TV, Internet und UMTS vgl. Studie SCORE von Arthur Andersen für das Medienforum NRW 2002, Ist die Party vorbei? Die Zukunft der Sportrechtevermarktung, S. 6. Für diese Technologien erhofft sich auch die EU-Kommission den Durchbruch mit Hilfe des „Zugpferds“ Sportberichterstattung; darin liegt ein Grund für ihr besonderes Augenmerk auf den freien Wettbewerb im Sportrechtemarkt, vgl. Mitteilung der EU-Kommission zur gemeinsamen Vermarktung der Medienrechte an der UEFA-Champions-League auf Ausschließlichkeitsgrundlage, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 17. 08. 2002, C 196/3, Rz. 6. 555 BVerfG, Urt. vom 17. 02. 1998, E 97, 228, 285, 286 – Kurzberichterstattung: „Die Bedeutung solcher Sportereignisse erschöpft sich nicht in ihrem Unterhaltungswert. Sie erfüllen darüber hinaus eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Der Sport bietet Identifikationsmöglichkeiten im lokalen und nationalen Rahmen und ist Anknüpfungspunkt für eine breite Kommunikation in der Bevölkerung. Eine umfassende Berichterstattung, wie sie von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gefordert wird, lässt sich daher unter Verzicht auf Sportereignisse nicht verwirklichen.“ Die besondere soziale, integrative und kulturelle Bedeutung des Sports betonte auch der Europäische Rat in seiner Erklärung von Nizza 2000 zur besonderen Bedeutung des Sports. Vgl. dazu Mitteilung der Kommission vom 20. 07. 2001, s. u. Fn. 48. 556 BVerfGE 95, 163 (173) – „DSF“. 557 Vgl. http://www.rtl.de „Top 25 RTL“. Unter den 6 meistgesehenen Sendungen befanden sich außerdem drei LiveÜbertragungen von Formel-1-Rennen und das Finale der Champions-League. Die Vierschanzentournee erreichte 2002 im Durchschnitt 8,72 Mio. Zuschauer (a. a. O.: Entwicklung Vierschanzentournee). Für Formel-1-Übertragungen wurden 2003 erstmals seit 10 Jahren rückläufige Einschaltquoten verzeichnet, vgl. Handelsblatt vom 26. 06. 2003.m 558 Platz 1 belegte das Fußball-WM-Spiel Deutschland gegen Südkorea mit 20,24 Mio. Zuschauern. Programmdirektion Erstes Deutsches Fernsehen/Medienforschung: Rangliste der meistgesehenen Fernsehsendungen des Ersten im Jahr 2002 (Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung), http://www.ard.de. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk RTL SAT.1 ARD1) ZDF 197 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 3,8 6,5 4,7 3,3 2,6 4,8 5,2 5,5 2,4 5,6 4,6 4,5 7,3 7,5 3,6 4,2 2,4 3,9 4,5 2,8 7,9 3,2 3,8 3,3 6,1 3,8 4,1 6,6 4,2 3,2 3,5 5,2 3,5 4,7 8,2 6,4 1,9 2,8 4,9 6,0 00,9 03,4 11,1 10,9 2,8 2,0 6,8 6,0 1) ohne Dritte Programme Tabelle II-43: Anteil der Sportsendungen in den Programmen von RTL, SAT.1, ARD und ZDF von 1990–2001 (Sendedauer in Prozent der Gesamtsendezeit) Quelle: Programmanalyse Udo Michael Krüger, in: Media Perspektiven, Basisdaten 1999 und 2002 Sender RTL Information Unterhaltung Fiction Sport Werbung und Sonstiges SAT.1 2001 2002 2001 2002 18,9 23,2 33,3 5,4 19,1 21,5 21,9 31,0 7,7 17,9 21,1 21,4 31,7 8,4 17,4 13,4 31,3 29,4 6,1 19,7 ZDF ARD1) 2001 2002 2001 2002 39,1 15,6 31,3 10,6 3,3 35,3 13,9 35,9 10,2 4,8 36,6 10,6 33,4 15,1 4,2 37,2 13,9 30,1 15,7 3,1 1) ohne Dritte Programme Tabelle II-44: Zusammensetzung des täglichen Fernsehkonsums nach Programmsparten und Sendern 2001 und 2002 in Prozent Quelle: Wolfgang Darschin/Heinz Gerhard, Tendenzen im Zuschauerverhalten, in: Media Perspektiven 4/2002 und 4/2003 Fußball- oder Formel-1-Übertragungen, und das vom ZDF übertragene Fußball-WM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und der Ukraine war das populärste Fernsehereignis des Jahres überhaupt.559 Der WM-Titelkampf im Schwergewichts-Boxen zwischen Lennox Lewis und Vitali Klitschko am 22. 06. 2003 erreichte 4,6 Mio. Zuschauer, dies entsprach in den frühen Morgenstunden einem Marktanteil von 83,4 %.560 Die Beliebtheit der Programmsparte insgesamt lässt sich an ihrer überproportional hohen Nutzung erkennen:561 Gemessen an der Gesamtsendedauer der Sportsendungen, nehmen sie in den Vollprogrammen im Vergleich zu anderen Programmarten einen verhältnismäßig geringen Raum ein, was auf die Begrenztheit der zuschauerattraktiven Ereignisse zurückzuführen sein dürfte. Deutlich höher ist der prozentuale Anteil der Sportberichterstattung an der Gesamtsehdauer der Zuschauer. 2.3.1.2 Sportspartenprogramme Seit mehreren Jahren sind im frei empfangbaren bundesweiten Fernsehen die beiden Sportspartenprogramme DSF und Eurosport zu empfangen. Ihre Zuschaueranteile bewegen sich relativ konstant um ca. 1 %. 559 Es erreichte einen Zuschaueranteil von 27,4 %. Vgl. Television 2002, Key Facts (Hrsg. IP Deutschland), Top Programmes All Channels, S. 142. Deutlich unterdurchschnittlich ist allerdings die Präferenz für Sportsendungen bei jüngeren Kindern (3–13 Jahre) und der Gruppe der 20- bis 49-Jährigen mit Kindern (vgl. Tab. 2: Verteilung der 200 meistgesehenen Sendungen im Jahr 2000 nach Programmbereichen, TELEVIZION 14/2001/1, S. 4). 560 Nach Angaben des ZDF war dies die höchste bis dahin senderübergreifend gemessene Quote einer Nachtsportsendung, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. 06. 2003. 561 Dies lässt sich auch für die Programmgattung Fiction beobachten, s. o. Kap. II 2.1.1. 198 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Monat 1/02 2/02 3/02 4/02 5/02 6/02 7/02 8/02 9/02 10/02 11/02 12/02 DSF Eurosport 0,8 1,0 0,9 1,0 1,0 0,7 1,0 0,7 0,8 0,9 0,9 0,7 0,8 0,8 0,9 0,8 1,0 0,9 1,0 0,7 0,9 0,7 0,8 0,7 Monat 1/03 2/03 3/03 4/03 5/03 6/03 7/03 DSF Eurosport 0,8 0,9 0,8 0,7 0,9 0,7 1,0 0,8 1,2 0,9 1,0 1,2 1,1 1,1 Tabelle II-45: Zuschaueranteile der Sportspartensender DSF und Eurosport im Jahr 2002 und im 1. Halbjahr 2003 in Prozent Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung Sowohl bei DSF als auch bei Eurosport haben Beteiligungsveränderungen stattgefunden: Die DSF Deutsches Sportfernsehen GmbH wurde im Mai 2003 von ihrer insolventen Muttergesellschaft Kirch Media GmbH & Co. KGaA an die Sport Media Holding GmbH, ein Konsortium aus der EM.TV & Merchandising AG und Unternehmen des Konzerns KarstadtQuelle AG und den im Sportartikelbereich und bei der Vermarktung von Sportlern und Sportereignissen tätigen Kaufmann Dr. h. c. Hans-Dieter Cleven, verkauft. Die Sport Media Holding hält 81,13 %, Cleven 18,87 % der Anteile.562 Parallel erwarben EM.TV und KarstadtQuelle AG das Internet-Sportrechteportal Sport.1, EM.TV übernahm auch die Produktionsfirma PLAZAMEDIA GmbH, die u. a. die Technik für die Bundesliga-, Formel-1- und Champions-League-Übertragungen von Premiere zur Verfügung stellt. EM.TV begründete den Einstieg bei DSF mit der Absicht, den Sportbereich als zweite Säule des operativen Geschäfts neben der Kinder- und Jugendunterhaltung zu etablieren und dabei vom Lizenzhandel über die Produktion bis hin zur multimedialen Präsentation und Vermarktung sämtliche Stufen der Verwertungskette zu nutzen.563 Der Warenhauskonzern KarstadtQuelle, der einen Schwerpunkt auf den Ausbau seines elektronischen Geschäftsbereichs einschließlich Teleshopping legt und zusammen mit EM.TV die Merchandising-Rechte für die WM 2006 besitzt, teilte mit, man verspreche sich von einer höheren Medienpräsenz eine Forcierung des Sportartikelhandels.564 Mit dem Ausbau des Merchandising soll ein neues Erlösmodell jenseits der Fernsehwerbung etabliert werden. Im Zusammenhang mit der Veräußerung der Bundesliga-Übertragungsrechte für die Spielzeiten 2001/2002 hatte die KirchGruppe der Deutschen Fußball-Liga GmbH (DFL) eine Option auf eine 25 %ige Beteiligung bei DSF eingeräumt, um ihr notfalls die Grundlage zur Schaffung eines eigenen Abspielkanals zu sichern. Die Beteiligungsoption wurde im Zusammenhang mit dem Verkauf von DSF aufgehoben. Eurosport ist ein gesamteuropäisches Programm, das europaweit und darüber hinaus in insgesamt 54 Ländern und 18 Sprachen ausgestrahlt wird. Die Unternehmenszentrale ist in Paris. Die Programmgestaltung und -verantwortung obliegt dem „Eurosport-Konsortium“, d. h. Mitgliedern der European Broadcasting Union (EBU), einem Branchenverband von Hörfunk- und Fernsehanstalten, die nach der Satzung der EBU auf die Wahrnehmung eines besonderen Programmauftrags verpflichtet sind.565 Daher überträgt das Programm auch Minderheitensportarten und Sportereignisse für gesundheitliche oder humanitäre Anliegen, z. B. Behindertenwettkämpfe. 562 Vgl. Beschlüsse der KEK i. S. DSF vom 13. 05. 2003, Az.: KEK 179, und vom 12. 08. 2003, Az.: KEK 183. 563 Vgl. Pressemitteilung von EM.TV vom 29. 04. 2003. 564 Vgl. Peter Gerard, Vorstandsvorsitzender der KarstadtQuelle New Media AG, in: Pressemitteilung von EM.TV vom 16. 04. 2003. 565 Vgl. Angaben unter http://www.ebu.ch und Dieter Frey, Das Eurovisions-System der EBU: Kartellrechtlicher Dauerbrenner in Brüssel und Luxemburg, ZUM 12/2002, S. 917, 918. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 199 Den Programmbetrieb, die technischen Funktionen, die Verwaltung und Vermarktung hat die Eurosport S. A. übernommen, eine 100 %ige Tochtergesellschaft der privaten französischen Veranstalterin Télévision Française 1 („TF1“), die Mitglied des Eurosport-Konsortiums ist.566 Für Deutschland hat Eurosport neben ARD und ZDF die Live-Übertragungsrechte an der Olympiade 2004 erworben. Im Pay-TV-Bereich werden auf der Plattform Premiere zwei Sportspartenkanäle, Premiere Sport 1 und Premiere Sport 2, veranstaltet, die insbesondere Live-Übertragungen von Bundesliga- und Champions-League-Spielen, Formel-1-Rennen und Veranstaltungen anderer beliebter Sportarten wie Golf, Boxen oder Basketball zeigen. Diese Sportangebote gelten neben den FictionProgrammen als ausschlaggebend für die Abonnemententscheidung.567 Nach Unternehmensangaben erreichen die Sportkanäle einen Anteil von 21,8 % an der gesamten Sehdauer der Abonnenten und liegen damit in der Zuschauergunst auf dem zweiten Rang nach den fiktionalen Programmen (54,7 %).568 Zusätzlich überträgt Premiere einzelne Sportereignisse über Pay-perView-Kanäle. Auch Premiere hat sich vollständig von den Unternehmen der ehemaligen KirchGruppe gelöst: Im Frühjahr 2003 übernahmen sechs Fonds der im Medienbereich bis dahin nicht aktiven europäischen Private-Equity-Beratungsgesellschaft Permira die Anteilsmehrheit (zusammen 65,14 %) von der PayTV Beteiligungs GmbH in Liquidation, einer Tochtergesellschaft der ebenfalls insolventen Kirch PayTV GmbH & Co. KGaA. Minderheitsbeteiligungen erwarben drei Gläubigerbanken von Premiere bzw. KirchPayTV: die Bayerische Landesbank, Anstalt des öffentlichen Rechts, und die Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG jeweils 10 % und die österreichische Bank für Arbeit und Wirtschaft AG 3,5 %, sowie Mitglieder der Geschäftsführung von Premiere (Dr. Georg Kofler: 10,09 %, Michael Börnicke und Hans Seger: jeweils 0,64 %).569 Nach der Geschäftsstrategie von Permira will sie mittelfristig die Anteilsmehrheit weiterverkaufen oder an der Börse platzieren. Premiere agiert nunmehr als gruppenunabhängige Fernsehveranstalterin und Plattformbetreiberin. Als weiteres Pay-TV-Programm ist der Sportspartenkanal Extreme Sports Channel, teils in englischer Sprache, teils deutsch synchronisiert, auf Sendung. Das Programm wird auf Grundlage einer niederländischen Lizenz veranstaltet und in verschiedenen europäischen Ländern – neben den Niederlanden und Deutschland auch Schweden und Norwegen – ausgestrahlt. Im Mittelpunkt stehen so genannte Extremsportarten wie Motorradsport, Surfen, Snowboarden und Mountainbiking. Damit kann das Programm als (allerdings in Deutschland bislang, soweit ersichtlich, einziger) Beleg für die Prognose dienen, dass mit Einführung des Digitalfernsehens die Spezialisierung von Veranstaltern auf Randsportarten eine Chance haben könnte.570 566 Anmeldung einer Zusammenarbeitsvereinbarung (Sache COMP/C2/38.464 – TF1/Eurosport SA/Consortium Eurosport), Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 14. 09. 2002 (C 218/4). 567 S. o. Kap. II 2.1.1.2. 568 Vgl. Premiere in Zahlen, Präsentation von Premiere zur Programm-Medienkonferenz vom 13. 02. 2003. 569 Vgl. Beschluss der KEK i. S. Premiere vom 11. 03. 2003, Az.: KEK 166. 570 Vgl. Siegbert Messmer, Digitales Fernsehen in Deutschland: eine industrieökonomische Analyse des wirtschaftspolitischen Handlungsbedarfs (zugleich: Univ. Diss.), Frankfurt a. M. 2002, S. 106. Rahmenvertrag (Preise werden jeweils mit den Vereinen/ihren Agenturen ausgehandelt) bis 2009 2002 2002/2003 bis 2004/2005 Nationalelf Heimspiele UEFA-Cup UEFA/teilnehmende Vereine DFB (Auswärtsspiele: jew. Gastgeber. Für 2004, EM-Qualifikation: auch diese Rechte bei ARD) UEFA DFB DFB SportA T. E. A. M. Infront, SportA Infront Infront ARD/ZDF RTL ARD/ZDF ARD/ZDF Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte (1 Spiel live) und Zweitverwertung DSF ARD/ZDF Erstsenderechte im Pay-TV Premiere Erstsenderechte an den zwei Sonntagsspielen und Zweitverwertung Erstsenderechte (Liveübertragung nur für 2 Spiele) und Zweitverwertung Erstsenderechte und Zusammenfassungen im Pay-TV Zweit- und Drittverwertung Erstsenderechte (Liveübertragung bis auf 2 Spiele nur im Pay-TV) Rechteart Tabelle II-46: Sportveranstaltungen und Übertragungsrechte im deutschen Fernsehen Quelle: Die Angaben entstammen Presse- und Internetveröffentlichungen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. (Fortsetzung nächste Seite) 65 Mio. ; bis 2009 DFB-Pokal im Paket mit Regionalliga, Bundesliga und Länderspiele Frauen: insgesamt ca. 400 Mio. ; 390 Mio. ; bis 2009 Ligaverband (DFL) DSF Premiere insgesamt 11 Mio. ; Infront ARD Ligaverband (DFL) insgesamt 60–65 Mio. ; 150 Mio. ; ARD/ZDF, DSF u. v. m. Premiere Ausstrahlender Sender 30 Mio. ; KirchSport AG Rechtevermarkter SAT.1 Ligaverband (DFL) Rechteinhaber 80–85 Mio. ; 142 Mio. ; Regional- und Oberligen 2003/2004 2002/2003 Preis pro Jahr 2003/2004 1. Bundesliga Fußball Zeitraum 2. Bundesliga Veranstaltung Sportart 200 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten 2003 EM EM, WM PGA-EuropeanTour Eiskunstlauf Golf bis 2004 ehemals insgesamt 4,09 Mio. ;, Preis mittlerweile reduziert Fairway Marketing ISU DEL Deutsche Eishockey Liga (DEL) die Sportler/ihre Boxställe FIBA FIBA Deutscher Basketballbund FIFA FIFA UEFA UEFA UEFA Rechteinhaber EBU Taurus Sport Taurus Sport Sportfive Sportfive/SportA Sportfive/SportA Basketball Bundesliga GmbH Infront KirchSport AG EBU T. E. A. M. T. E. A. M. Rechtevermarkter ARD ARD/ZDF DSF DSF RTL ARD/ZDF Premiere (auch Pay-per-View) ARD/ZDF ARD DSF (SAT.1 bis 2003/2004) ARD/ZDF ARD, ZDF SAT.1 Premiere RTL Premiere Ausstrahlender Sender Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte im Pay-TV Erstsenderechte (ARD und ZDF Zweitverwertung) Erstsenderechte (Zweitverwertung) Erstsenderechte (weniger als 50 % der 64 Spiele gezeigt) Erst- und Zweitverwertung (39 Live-Spiele und Highlights) Erstsenderechte im Pay-TV Erstsenderechte Erstsenderechte im Pay-TV Rechteart Tabelle II-46: Sportveranstaltungen und Übertragungsrechte im deutschen Fernsehen Quelle: Die Angaben entstammen Presse- und Internetveröffentlichungen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. (Fortsetzung nächste Seite) Bundesliga z. B. Kämpfe H. Maske, A. Schulz z. B. Kämpfe der Brüder Klitschko, Rocchigiani etc. 1999–2004 2002 WM z. B. Kämpfe Lennox Lewis 2002–2005 Bundesliga Herren Option ARD/ZDF angeblich für 250 Mio. ; 2006 Eishockey Boxen Basketball ca. 128 Mio. ; (225 Mio. DM) 2002 ca. 23 Mio. ; (andere Angaben 28 bzw. 35 Mio. ;) ca. 50 Mio. ; ca. 80 Mio. ; WM 2003–2006 2002 Preis pro Jahr 2004 Champions League Fußball Zeitraum EM Veranstaltung Sportart Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 201 Winterspiele Sommerspiele Motorrad: Großer Preis von Deutschland und den Niederlanden IOC IOC 2002 IOC 2004 2002–2008 IOC 2002–2008 2003 FIA (SLEC) 2003–2007 80–85 Mio. ; FIA (SLEC) 2000–2006 Formel 1 (Grand Prix und WM) Deutscher Motor Sport Bund 2003 Formel 3 Euroserie (F3V-Cup) ADAC DLV 2003 2002–2005 EM DLV Internationaler Leichtathletikverband DHB DHB Rechteinhaber Deutsche Tourenwagenmeisterschaft 2003 GoldenLeague 2,5 Mio. ; Preis pro Jahr EBU EBU EBU EBU FOA FOA SportA EBU SportA SportA Rechtevermarkter Eurosport ARD/ZDF Eurosport ARD/ZDF RTL RTL Premiere Zweitverwertung Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte im Pay-TV Zweitverwertung DSF, n-tv DSF Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte ARD/ZDF ARD/ZDF DSF ARD/ZDF Erstsenderechte Zweitverwertung und „Spiel der Woche“ DSF ARD/ZDF Erstsenderechte für alle Spiele Rechteart ARD (ZDF) Ausstrahlender Sender Tabelle II-46: Sportveranstaltungen und Übertragungsrechte im deutschen Fernsehen Quelle: Die Angaben entstammen Presse- und Internetveröffentlichungen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. (Fortsetzung nächste Seite) Olympia Motorsport 2001–2005 WM 2002 (künftig evtl. Einzelvermarktung) WM Leichtathletik 01. 07. 1999 bis 30. 06. 2003 Bundesliga Herren Handball Zeitraum Veranstaltung Sportart 202 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten 2003 ATP Masters Series DTB Association of Tennis Professionals DTB Sportfive SportA SportA IMG EBU/IMG (bis 2005, dann APF) SportA SportA SportA SportA Rechtevermarkter ARD/ZDF Erstsenderechte Erstsenderechte im Pay-TV Erstsenderechte ZDF/Eurosport, z. T. auch DSF Premiere Erstsenderechte im Pay-TV Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Erstsenderechte Rechteart Premiere ARD ARD/ZDF ARD, DSF (bis Halbfinale und Zusammenfassungen) ARD RTL ARD/ZDF ARD/ZDF ARD/ZDF ARD/ZDF DSF/RTL ARD/ZDF Ausstrahlender Sender Tabelle II-46: Sportveranstaltungen und Übertragungsrechte im deutschen Fernsehen Quelle: Die Angaben entstammen Presse- und Internetveröffentlichungen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Davis Cup Heimspiele Deutschland 2003 World Team Cup Wimbledon Club 2003 2003 Wimbledon Club 2002 bis 2006/2007 French Open Wimbledon DSV Skispringen (Vierschanzentournee) Tennis FIS Weltmeisterschaften Nordisch und Alpin FINA, DSV Ski 2003 WM, Deutsche Meisterschaft Deutsche Reiterliche Vereinigung Schwimmen 2003–2006 2003 Deutschland Tour, Radsport-klassiker, Straßenrad-WM Société du Tour Rechteinhaber Deutsche Turniere, Weltcup 2003 Tour de Suisse Preis pro Jahr Reiten 1999–2004 Tour de France Radsport Zeitraum Veranstaltung Sportart Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 203 204 2.3.2 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Entwicklungen im Sportrechtehandel Kartellrechtlich wird in Abgrenzung zum Fictionrechte-Markt ein eigenständiger Markt für den Erwerb von TV-Sportübertragungsrechten angenommen.571 Als Anbieter treten gegenüber den nachfragenden Fernsehveranstaltern die originären Rechteinhaber auf; dies sind neben einzelnen Sportlern (etwa Boxern) die „Veranstalter“ der Sportereignisse – wozu jedenfalls die Heimvereine und nach verbreiteter Ansicht auch die mitorganisierenden Verbände und die Gastvereine zählen572 –, oft zentral vertreten durch die Verbände oder Ligen. Als Zwischenhändler werden z. T. auf beiden Seiten Rechteagenturen tätig. Sie versprechen den Rechteinhabern insbesondere eine effiziente Gesamtvermarktung, d. h. eine Verwertung der Medienrechte im Paket mit anderen Vermarktungsrechten, wie Merchandising-Rechten und Rechten am Sportereignis, und mit weiteren Dienstleistungen wie Einbeziehung von Sponsoren und Ticketing. Obwohl die Rechte nach Marktwert und Modalitäten des Erwerbs und der Verwertung untereinander stark differieren und nur sehr begrenzt austauschbar sind, konnte die EU-Kommission bislang für die sonstigen Sportarten außer dem Fußball dahinstehen lassen, ob für den Erwerb der jeweiligen Sportrechte gesonderte Teilmärkte abzugrenzen sind.573 Die Rechte an Fußballereignissen hat sie in den Entscheidungen Canal+/RTL/Groupe Jean-Claude Darmond und NewsCorp/ Telepiù von denjenigen an anderen Sportereignissen abgegrenzt574 und im Hinblick auf den Erwerb von Übertragungsrechten an Fußballturnieren noch weitergehend zwischen zwei eigenständigen Teilmärkten unterschieden.575 In den jüngsten Entscheidungen zu den Regeln der EBU über den Erwerb von Sportfernsehrechten haben die EU-Kommission und das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften sich lediglich mit der Bestimmung des „engstmöglichen“ Marktes befasst, ohne diesen verbindlich als relevanten Produktmarkt zu benennen. Im konkreten Fall war dies der vorgelagerte Markt für den Erwerb von Sportübertragungsrechten, die normalerweise europaweit erworben werden (z. B. an den Olympischen Spielen), und der nachgelagerte Markt der Übertragung dieser Rechte, wobei die EU-Kommission für letzteren weiter zwischen Pay-TV und frei empfangbarem Fernsehen differenzierte.576 Für die Vermarktung von Sportrechten hat der BGH eine vergleichbar enge Marktabgrenzung vorgenommen und als relevanten Markt denjenigen für die Gestattung von Fernsehübertragungen von Europapokalspielen in Deutschland zugrunde gelegt.577 571 Vgl. EU-Kommission, Entscheidung vom 02. 04. 2003, COMP./M.2876 – Newscorp/ Telepiù, Rz. 69. 572 Der Begriff des „Veranstalters“ soll aufgrund der Integration der Einzelspiele in einen Gesamtwettbewerb nicht nur den Heimverein einschließen, sondern auch den Gastverein und den den Wettbewerb organisierenden Verband, vgl. Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 31 Rn. 8 ff., 11. Der BGH lässt die Frage der Veranstaltereigenschaft des Gastvereins und des Verbandes in seiner Entscheidung zur Zentralvermarktung von TV-Rechten an Europapokalheimspielen offen, Urt. vom 11. 12. 1997 (KVR 7/96), Rn. 5.b. 573 Vgl. EU-Kommission, Entscheidung Newscorp/ Telepiù, Rz. 69. 574 Vgl. EU-Kommission, a. a. O., Rz. 55, und Entscheidung vom 13. 11. 2001, Comp./M. 2483 – Groupe Canal+/ RTL/GJCD, Pressemitteilung der EU-Kommission vom 13. 11. 2001, IP/01/1579; vgl. auch Wirtschaft und Wettbewerb (WuW), Heft 01/2002, S. 36/37. 575 Die EU-Kommission unterschied zwischen einem Markt für den Erwerb exklusiver Rundfunkübertragungsrechte für jährlich stattfindende Fußballtourniere mit Teilnahme nationaler Teams (z. B. nationale Spitzenligen und -Cups, die UEFA Champions League und der UEFA Cup) und einem Markt für Übertragungsrechte für Fußballveranstaltungen mit teilnehmenden nationalen Mannschaften, die „nicht regelmäßig“ stattfinden („do not take place regularly“); sie dürfte damit, entsprechend ihrer Marktabgrenzung in der Entscheidung Canal+/RTL/GJCD, in größeren Zeitabständen stattfindende Turniere meinen, da sie beispielhaft Welt- und Europameisterschaften nannte, vgl. EU-Kommission, Entscheidung Newscorp/ Telepiù (Fn. 23), Rz. 64 bis 66. 576 Vgl. Gerichtshof erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 08. 10. 2002 – T-185/00, T-216/00 und T 300/00, Verfahren und Anträge der Parteien, Rz. 52, und Entscheidungsgründe, Rz. 53 und 57. Auch die Abgrenzung des geografisch relevanten Marktes war nicht erforderlich. Abgedruckt in: ZUM 12/2002, S. 910 ff.m 577 Vgl. BGH Urteil vom 11. 12. 1997 zur Zentralvermarktung von Fernsehübertragungen der Europapokalheimspiele deutscher Lizenzvereine, Az.: KVR 7/96, BGHZ 137, 297–314 (Leitsatz 5). Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 2.3.2.1 205 Die originären Rechteinhaber Streitpunkt Zentralvermarktung Medienrechte für Wettbewerbe des Spitzensports werden üblicherweise nicht jeweils gesondert von einzelnen teilnehmenden Vereinen, sondern zentral für den Gesamtwettbewerb von einem Verband oder einer Liga vergeben. Sowohl kartellrechtlich als auch sportpolitisch ist diese Praxis stark umstritten. So ist man in anderen Ländern wie Italien oder Spanien für die Vermarktung der Fußball-Erstligaspiele zur dezentralen Vermarktung zurückgekehrt; hierzulande wird dies bisweilen von finanzkräftigen Bundesligisten gefordert und derzeit vom DFB für die FußballRegionalliga erwogen.578 Einerseits stellt die Zentralvermarktung die Gesamtorganisation und die einheitliche Vermarktung und Präsentation des Wettbewerbs sicher, der für die (wirtschaftliche) Bedeutung auch der Einzelspiele ausschlaggebend ist.579 Zudem bietet die Rechtevergabe im Paket den finanzschwächeren Vereinen die Vorteile, mit-vermarktet zu werden und eventuell aus einem zentralen „Topf“ Ausgleichszahlungen zu erhalten, und gewährleistet so eine gewisse Chancengleichheit als Voraussetzung für den Bestand des Wettbewerbs als solchen. In der Notwendigkeit des Erhalts der Konkurrenten liegt eine Besonderheit des Sports im Vergleich zum wirtschaftlichen Wettbewerb.580 Umstritten ist jedoch, ob die finanzschwächeren Clubs tatsächlich von der Zentralvermarktung der Bundesliga profitieren. Eingewandt wird, sie würden dadurch von lukrativen Live-Sendeplätzen fast vollständig verdrängt.581 Die zentrale Vergabe verhindert den Wettbewerb der Vereine als Anbieter, wird daher für höhere Preise verantwortlich gemacht und reduziert die Anzahl der mitbietenden Fernsehveranstalter auf wenige finanzstarke (daher im Zweifel konzerngebundene) Unternehmen, insbesondere bei mehrjährigen Vertragslaufzeiten. Andererseits könnte auch die Einzelvermarktung eine Konzentrationsentwicklung zugunsten der großen Vereine als Rechteanbieter zur Folge haben. Die Meinungsvielfalt gebietet den Zugang einer möglichst breiten Öffentlichkeit zu möglichst vielen Sportereignissen – was für eine Zentralvermarktung der Einzelveranstaltungen eines Wettbewerbs sprechen mag, sofern sie mit einer Verpflichtung des Fernsehveranstalters zur möglichst vollständigen Übertragung des Gesamtwettbewerbs einhergeht. Andererseits erfordert sie eine Vielfalt der Informationsquellen; diese wird durch die bei der Zentralvermarktung typischerweise praktizierte Vergabe der (Erst-)Verwertungsrechte an einen Anbieter je Land auf Ausschließlichkeitsbasis eingeschränkt. Beispiel Bundesliga Die Verwertung der Medienrechte und sonstige Vermarktung der 1. und 2. Bundesliga (z. B. durch Sponsoring, Sonderwerbeformen, Vermarktung von Ligalogo, Mannschaftsbildern, Erkennungs578 Vgl. Bericht vom 31. 10. 2002 von der Tagung des Regionalliga-Präsidiums des DFB, unter: http://www.dfb.de. 579 Duvinage zufolge ist daher der Wettbewerb selbst der eigentliche Vermarktungsgegenstand. Zudem sei die Vergabe der verschiedenen Vermarktungsrechte in kontrollierten Verwertungsketten bei ständig wechselnden Rahmenbedingungen ein sehr komplexes Geschäft, das ein einzelner Verein in der Regel nicht leisten könne (z. B. die Notwendigkeit der Abstimmung der nationalen TV-Rechte mit den Auslandsrechten oder die schnelle technische Entwicklung im Hinblick auf neue Vermarktungsformen), Duvinage, a. a. O., S. 1, 2, 5. 580 So heißt es in der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses des Bundesrats zur Freistellung der Zentralvermarktung vom Kartellverbot nach § 31 GWB: „Der sportliche Wettbewerb hat einen von der Wirtschaft unterschiedlichen Charakter. Er ist seiner Natur nach auf den Erhalt des Gegners ausgerichtet. Vereine sind nicht nur am Sieg, sondern auch an einer guten Spielstärke eines größten Teils der teilnehmenden Vereine interessiert.“ Auch der EuGH betont, Voraussetzung für einen sportlichen Wettbewerb sei ein Gleichgewicht zwischen den beteiligten Vereinen unter Bewahrung einer gewissen Chancengleichheit und die Gewährleistung ungewisser Ergebnisse (EuGH, Urt. vom 15. 12. 1995, Slg. 1995 I, 5040, 5071, Rn. 106 – „Bosman“). 581 Vgl. Dr. Michael Drewes (Mitglied des Arbeitskreises Sportökonomie), Leserbrief in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 16. 06. 2003. 206 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten und Vereinsmelodien) nimmt seit 2002 die DFL für den Ligaverband wahr. Die Erlöse aus den TV-Übertragungsrechten werden an die 18 Mitglieder des Ligaverbands (die Lizenzvereine bzw. deren Kapitalgesellschaften) ausgeschüttet, derzeit jeweils zur Hälfte in Form eines festen Sockelbetrags und eines leistungsbezogenen Betrags.582 Für 2004 plant die DFL, einen neuen Verteilungsschlüssel einzuführen.583 Nach nationalem Recht ist die Zentralvermarktung von Sportrechten seit 1998 unter den Voraussetzungen des § 31 GWB vom Kartellverbot ausgenommen.584 Nach EG-Recht gilt dafür das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen nach Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag (EG), von dem die EU-Kommission nach Art. 81 Abs. 3 EG eine individuelle Freistellung erteilen kann, wenn die Vereinbarungen „unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen“. 1998 erteilte die EU-Kommission für die Zentralvermarktung der Bundesligarechte eine solche Freistellung. Über einen erneuten Freistellungsantrag des DFB für die Beibehaltung dieser Praxis hat sie noch nicht entschieden. Sie steht der Zentralvermarktung nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, sofern sie nicht zu restriktiv zum Nachteil der Wettbewerber gehandhabt wird; dies könnte durch eine Genehmigung, verbunden etwa mit Auflagen an die DFL zum entbündelten Verkauf einzelner Rechte, sichergestellt werden. Die DFL hat im Juli 2003 einen Reformvorschlag für die künftige Vermarktung vorgelegt: Durch das Angebot zweier Rechtepakete für Spiele der ersten und der zweiten Bundesliga, die jeweils auch Liveübertragungsrechte enthalten, soll mehreren Fernsehveranstaltern die Möglichkeit geboten werden, diese Rechte an Erstligaspielen zu erwerben. Ein „Sonderpaket“ speziell für frei empfangbare Sender (wie bisher: zwei Livespiele und Zusammenfassungen) soll gewährleisten, dass nicht alle Liveübertragungen ausschließlich im Pay-TV stattfinden. Die Liveübertragung im Internet und die Direktvermarktung nicht genutzter Senderechte durch die Clubs sollen ermöglicht werden.585 Mit einer Entscheidung der EU-Kommission wird für Ende 2003 gerechnet.586 Konkrete Bedenken der Wettbewerbsbehörde löste jedoch eine im Dezember 1999 geschlossene, der DFL entgegen dem Ligastatut nicht angezeigte Vereinbarung zwischen dem FC Bayern München und der KirchGruppe aus, die im Frühjahr 2003 bekannt wurde.587 Darin soll der Club einzelne Vermarktungsrechte an Rechtehandelsunternehmen der KirchGruppe übertragen und als Gegenleistung dafür, den Widerstand gegen die Zentralvermarktung der Bundes- 582 In der Saison 2002/2003 erhielten die 18 Bundesligisten insgesamt 232 Mio. Euro; die leistungsbezogene Hälfte gestaffelt je nach einer Dreijahreswertung (75 %) und nach Tabellenstand (25 %). Kleinere Vereine fordern eine höhere Beteiligung mit Verweis auf Umsatzeinbrüche infolge des Preisverfalls nach der Insolvenz der KirchGruppe. Finanzstärkere Vereine sind gegen eine Umverteilung, vgl. Financial Times Deutschland vom 17. 04. 2003. 583 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. 05. 2003. 584 § 31 GWB („Sport“) wurde eingeführt als Reaktion auf die Untersagung der zentralen Vermarktung der TV-Rechte an den UEFA-Pokalheimspielen deutscher Ligavereine durch den DFB durch das Bundeskartellamt, bestätigt durch Beschluss des BGH vom 11. 12. 1997 (WuW/E DE-R 17), vgl. Begründung des Bundesrats, zit. in Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 31, Rn. 1. Die Vorschrift lautet: „§ 1 findet keine Anwendung auf die zentrale Vermarktung von Rechten an der Fernsehübertragung satzungsgemäß durchgeführter sportlicher Wettbewerbe durch Sportverbände, die in Erfüllung ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung auch der Förderung des Jugend- und Amateursports verpflichtet sind und dieser Verpflichtung durch eine angemessene Teilhabe an den Einnahmen aus der zentralen Vermarktung dieser Fernsehrechte Rechnung tragen.“ 585 Vgl. Financial Times Deutschland vom 01. 07. 2003. 586 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. 06. 2003. 587 Die EU-Kommission hat vom DFB Informationen über die Einzelheiten dieses Vermarktungsvertrags angefordert. Mario Monti, zitiert nach: FAZ vom 06. 03. 2003; Hess, Archiv für Presserecht (AfP) 2003, S. 128, 130. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 207 liga-Übertragungsrechte aufzugeben, einen zweistelligen Millionenbetrag erhalten haben.588 Derartige Absprachen einzelner Vereine mit Vermarktungsgesellschaften stellen das Hauptargument für die Freistellung der Zentralvermarktung, die innerhalb der Liga praktizierte Gruppensolidarität, für die Bundesliga in Frage.589 Beispiele Champions League, Einkaufsgemeinschaft EBU und andere Auch über den Antrag des Europäischen Fußballbundes (UEFA) vom 01. 02. 1999 auf Negativattest oder Freistellung seiner Zentralvermarktung der TV-Rechte an dem von ihm ausgerichteten Fußballwettbewerb Champions League hat die EU-Kommission bislang nicht formal entschieden. Nach einer Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 19. 07. 2002 ist das von der UEFA praktizierte System der exklusiven Rechtevergabe an einen einzigen Anbieter je Territorium für mehrere Jahre ohne einen adäquaten Ausgleich durch Unterlizenzen an andere Veranstalter nicht geeignet, die Nachteile der Zentralvergabe auszugleichen. Die bisherige Praxis hemme die Entwicklung neuer Technologien und den Zugang von Medienunternehmen zu Übertragungsrechten.590 Die UEFA veröffentlichte daraufhin den Entwurf einer neuen Zentralvermarktungsvereinbarung, die ab der Spielzeit 2003/2004 in Kraft treten soll.591 Sie sieht die Verwertungsmöglichkeit auch aller sonstigen Medienrechte an der Champions League (Radio, Internet, UMTS und sonstige Auswertung etwa durch DVD, VHS, CD-ROM etc.) und ihre Aufteilung und gesonderte Vermarktung in Einzelpaketen vor. Die Dauer der Rechteverträge wird auf höchstens drei Jahre begrenzt. Fußballclubs dürfen auf nicht-exklusiver Basis parallel einzelne Medienrechte selbst vermarkten. Die Kommission hat im Vorfeld der Anhörung Dritter die vorläufige Einschätzung abgegeben, dass die neuen Regeln die bislang geäußerten Bedenken ausräumen.592 Die European Broadcasting Union (EBU) erwirbt seit Jahren für ihre Mitglieder, überwiegend öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, Free-TV-Rechte an internationalen Sportereignissen zur Verwertung im Rahmen des Eurovisionssystems. Obwohl die Bedeutung dieser Einkaufsgemeinschaft nach den Feststellungen der EU-Kommission in den letzten Jahren aufgrund des Wettbewerbs durch internationale Rechteagenturen stark zurückgegangen ist, gilt sie immer noch als wichtige Sammeladresse für Rechteinhaber beliebter Sportereignisse. So wurden die Europarechte für die Olympischen Spiele bislang immer an die EBU verkauft.593 Auf Beschwerden mehre588 Angeblich 21,5 Mio. ;, vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27. 02. 2003, Financial Times Deutschland vom 07. 03. und vom 16. 05. 2003, Süddeutsche Zeitung vom 25. 03. 2003. Als pikant wurde auch der Umstand empfunden, dass der Club-Vorstand Uli Hoeneß zur Zeit des Vertragsschlusses auf Seiten des DFB an den Verhandlungen um die Vergabe der Bundesliga-Übertragungsrechte beteiligt war, die im Mai 2002 zum Abschluss eines vierjährigen Vermarktungsvertrags mit der KirchGruppe führte; die DFL bezeichnete den „Geheimvertrag“ deshalb als „moralisch verwerflich“, vgl. Pressemitteilung der DFL vom 12. 04. 2003. 589 Die DFL geriet auch gegenüber der Öffentlichkeit unter Druck, Sanktionen gegen den FC Bayern zu verhängen, um die Funktionsfähigkeit des Solidarsystems zu demonstrieren, vgl. Stellungnahme des Sportrechtlers Dr. Martin Stopper, in: Süddeutsche Zeitung vom 26. 02. 2003. Die Diskussion um die Sanktionen löste einen Streit zwischen der DFL und Bayern München aus; der Verein drohte mit seinem Austritt aus dem Ligaverband und der eigenen Vermarktung seiner Heimspiele. In einem Vergleich mit der DFL verpflichtete sich Bayern München schließlich zur Zahlung von 3 Mio. ;, vgl. Pressemitteilung der DFL vom 12. 04. 2003. 590 Vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission vom 20. 07. 2003 (IP/01/1043), abrufbar unter: http:europa.eu.int/; Torben Toft, TV Rights of Sports Events, Rede vom 15. 01. 2003, abrufbar unter: http://www.site_sources/comm/ competition/speeches/text/sp2003_002_en.doc, S. 12 ff. 591 Abrufbar unter: http://www.uefa.com. 592 Vgl. Mitteilung vom 17. 09. 2002 gemäß Art. 19 (3) der Verordnung Nr. 17 des Rates in der Sache COMP/C.2/ 37.398 – Gemeinsame Vermarktung der Medienrechte an der UEFA Champions League auf Ausschließlichkeitsgrundlage, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002, C 196/3, und Pressemitteilung vom 03. 06. 2002 (IP/02/806). 593 Vgl. Gerichtshof erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 08. 10. 2002 zu den Regeln der EBU über den Erwerb von Sportfernsehrechten, Entscheidungsgründe, Rz. 62, abgedr. in Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM) 2002, S. 910 ff. (914). 208 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten rer europäischer Fernsehveranstalter, die nicht Mitglied der EBU sind, u. a. DSF, wurde bereits zum zweiten Mal die von der EU-Kommission erteilte Freistellungsgenehmigung für die EBU vom Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften aufgehoben. Das Gericht kam – anders als die EU-Kommission – zu dem Befund, dass trotz der von der EBU vorgegebenen Unterlizenzierungsregelungen für Nichtmitglieder die Konkurrenzsender in der Praxis kaum Zugang zu den Eurovisionsrechten erhielten.594 Die EBU hat daraufhin ihre Unterlizenzregelungen geändert.595 Derzeit ist auf ihre Berufung hin das Verfahren beim EuGH anhängig. Ende 2002 leitete die EU-Kommission auch ein Verfahren gegen den englischen Ligaverband FAPL wegen der gemeinsamen Vermarktung der Medienrechte für die erste englische Fußballliga (Premier League) ein.596 Sie bemängelte, dass von fast 400 Spielen der Premier League in der damals laufenden Saison lediglich ca. 100 Spiele live im Fernsehen übertragen wurden. Auch seien möglicherweise die Rechte für neue Medien und Technologien nur begrenzt erhältlich, was die Einführung der Mobilfunkgeräte der dritten Generation verzögern könne. Der Aspekt des Zugangs der Zuschauer zur Übertragung von Sportereignissen spielte auch bei der Entscheidung der Niederländischen Wettbewerbsbehörde im November 2002 eine Rolle, die Zentralvermarktung der TV-Übertragungsrechte für die Niederländische Fußball-Erstliga (Eresdivisie) mit Wirkung zum 1. August 2003 zu untersagen. Nur ein geringer Teil der Spiele war im Fernsehen empfangbar. Künftig werden die dortigen Vereine ihre Übertragungsrechte einzeln vermarkten.597 In Frankreich suspendierte im Januar 2003 auf Beschwerde des Pay-TV-Veranstalters TPS die Wettbewerbsbehörde (Conseil de la Concurrence) die Entscheidung des Fußball-Ligaverbands LFP, die Verwertungsrechte der Ligaspiele von 2004 bis 2007 einschließlich der Pay-TV- und Pay-perView-Rechte allein an Canal+ zu vergeben, als Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung von LFP.598 Insgesamt stehen die nationalen Wettbewerbsbehörden anderer europäischer Länder der Zentralvermarktung kritischer gegenüber als die Europäische Kommission.599 Entflechtung bei den Formel-1-Rechten Sowohl die Anteile der KirchGruppe (75 %) als auch die der EM.TV & Merchandising AG (zuletzt 22,3 %) an der Speed Investments Ltd., die für den internationalen Verband der Automobilclubs FIA die Vermarktungsrechte an Formel-1-Rennen hält, wurden mittlerweile an eine Tochtergesellschaft der Bayerischen Landesbank als Treuhänderin der Gläubigerbanken Bayerische Landesbank, J. P. Morgan und Lehman Brothers veräußert.600 Damit entfällt die vertikale Verbindung zwischen dem Rechteinhaber an den Formel-1-Vermarktungsrechten und den ehemals der KirchGruppe zugerechneten Fernsehveranstaltern. Die Anteile waren bereits seit Juni 2002 von den Gläubigerbanken verwaltet worden, an die Kirch sowohl die eigene wie auch die EM-TVBeteiligung für einen Kredit verpfändet hatte. 594 Bis auf wenige Ausnahmen konnten die Nichtmitglieder in der Praxis keine Unterlizenzen für nicht genutzte Erstverwertungsrechte erwerben. Nur unter sehr engen Bedingungen erhielten sie Rechte für Zusammenfassungen der Wettbewerbe. 595 EBU non-members’ access to Eurovision sports programmes, abrufbar unter: http://www.ebu.ch/departments/ legal/activities/leg_rules_tv_sublicensing.php. 596 Vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission vom 19. 12. 2002 (IP/02/1951). 597 Vgl. Torben Toft, TV-Rights to Sports Events (Fn. 42), S. 9. 598 Vgl. MultiMedia und Recht (MMR) 06/2003, S. XXIV. 599 Vgl. Torben Toft, a. a. O. 600 Vgl. Financial Times vom 06. 05. 2003. Der Kaufpreis soll 8,5 Mio. ; betragen haben; Kirch hatte für den Erwerb des zunächst 50 %igen Anteils 1,7 Mrd. ; (nach anderen Angaben: 1,55 bzw. 1,6 Mrd. ;) bezahlt, vgl. Die WELT vom 22. 04. 2003, Süddeutsche Zeitung vom 23. 02. 2002 und Financial Times Deutschland vom 28. 02. 2002. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 2.3.2.2 209 Die Rechte: Korrektur bei der Preisentwicklung Seit Einführung des Privatfernsehens in Deutschland stiegen die Preise für attraktive Sport-Übertragungsrechte kontinuierlich.601 Nunmehr ist eine Korrektur dieses Trends festzustellen, wie die Beispiele Bundesliga-, Champions-League- und WM-Rechte belegen. Noch wenige Wochen vor Beginn der Bundesligasaison 2003/2004 war ungewiss, ob überhaupt ein frei empfangbarer Fernsehsender zeitnah von den Spielen der 1. Fußballbundesliga berichten würde.602 SAT.1, seit 1992 Inhaberin der Free-TV-Erstverwertungsrechte, nahm gegenüber der Rechteagentur Infront angesichts hoher Verluste bei der Refinanzierung der zuletzt mit 80 Mio. Euro pro Spielzeit bezahlten Bundesligarechte ihre Option auf Vertragsverlängerung nicht wahr. Später gaben sie und ihre Muttergesellschaft ProSiebenSAT.1 Media AG nach Pressemeldungen ein Angebot zum Preis von 40 bis 50 Mio. Euro pro Saison ab.603 RTL hatte lediglich Interesse an der Übertragung einzelner Live-Spiele bekundet, die aber aufgrund laufender Verträge mit Premiere nur für zwei Partien im frei empfangbaren Fernsehen möglich ist. Die Vertreter der werbefinanzierten Fernsehveranstalter sprachen von einer notwendigen Trendwende bei den Preisen hin zu einem Maß, das „näher an der Realität“ ist.604 Die ARD trat erst Ende Juni 2003 in offizielle Vertragsverhandlungen mit Infront ein. Indirekt hatte sie den Umfang des von ihr künftig übertragenen Sportangebots in Zusammenhang mit der Forderung nach einer Erhöhung der Rundfunkgebühren für das Jahr 2005 gestellt und damit eine heftige öffentliche Debatte ausgelöst.605 Sie kaufte schließlich die Erstverwertungsrechte für die zeitnahe Zusammenfassung der sieben Samstags-Spiele sowie zwei Live-Übertragungen zum Preis von 55 Mio. Euro. (andere Quellen sprechen von 45 Mio. Euro) je Saison. Die Rechte für die beiden Sonntagsspiele wurden von DSF erworben. Das Engagement der ARD rief massiven Protest der privaten Veranstalter hervor, die der Rundfunkanstalt vorwarfen, sie setze mit ihrem immer noch überhöhten Kaufpreis die Marktkräfte im Sportfernsehen außer Kraft.606 Für Radioübertragungen von Bundesligaspielen, deren Entgeltpflichtigkeit umstritten ist,607 hat die ARD sich bereit erklärt, in den Spielzeiten 2002/2003 bis 2006 jeweils 4,5 Mio. Euro an den DFB zu überweisen. Erstmals vergeben wurden die Internet-Übertragungsrechte: Die T-Online International AG hat im April 2003 die Internet-Rechte an den bewegten Bildern der Fußball601 Vgl. Konzentrationsbericht der KEK 2000, Kap. II 1.2.3.5, insbesondere Abbildung II-14 Entwicklung der Rechtekosten am Beispiel der 1. Fußball-Bundesliga. 602 Bis dahin hatte lediglich das ZDF seine Option auf Verlängerung der Zweitverwertung im „Aktuellen Sportstudio“ ausgeübt und hatten die neuen Gesellschafter von DSF ein kleines Paket aus Zweitverwertungsrechten an der 1. Bundesliga und Erstverwertungsrechten an Zweitligaspielen gekauft. 603 Vgl. die tageszeitung vom 07. 04. 2003, Potsdamer Neueste Nachrichten vom 26. 05. 2003. Auch bezüglich der Pay-TV-Rechte wurde mit Premiere im Jahr 2002 ein Preisnachlass vereinbart. 604 So RTL-Programmdirektor Hans Mahr, in: Die WELT vom 13. 06. 2003. RTL-Geschäftsführer Zeiler: Das Preisniveau müsse um mindestens 50 % sinken, zitiert in: Potsdamer Neueste Nachrichten vom 27. 03. 2003. Auch ARDIntendant Jobst Plog spricht von einer „Phase der Preiskorrektur“, in: epd medien vom 05. 04. 2003. 605 Vgl. Pressemitteilung der ARD vom 17. 06. 2003. Auch die Ministerpräsidenten der Länder Stoiber, Koch, Beck und Steinbrück beteiligten sich an dieser Debatte. Stoiber und Beck sprachen sich einerseits für die Empfangbarkeit der Bundesliga im frei empfangbaren Fernsehen, andererseits gegen eine damit verbundene Gebührenerhöhung aus, während Steinbrück warnte, die Anstalten hätten nicht die Aufgabe, die Finanzprobleme der Bundesliga zu lösen, vgl. Die WELT vom 17. 06. 2003, Süddeutsche Zeitung vom 25. 06. 2003. 606 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. 06. 2003, Süddeutsche Zeitung vom 25. 06. 2003. Der Verband der privaten Rundfunkveranstalter (VPRT) kündigte an, gegen den Erwerb der Bundesligarechte durch die ARD Beschwerde bei der EU-Kommission einzulegen. 607 Für eine Gebührenpflichtigkeit von Live-Spielberichten entschied das OLG Hamburg, Urteil vom 12. 06. 2003, und wies damit eine Klage von Radio Hamburg (stellvertretend für ca. 70 Privatradios) gegen die DFL, den HSF und den FC St. Pauli ab; die Revision beim BGH wurde zugelassen; vgl. Financial Times Deutschland und Süddeutsche Zeitung vom 13. 06. 2003. 210 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Bundesliga für einen Teil der laufenden Spielzeit 2002/2003 und die Spielzeit 2003/2004 von Infront erworben und bietet eine Stunde nach Spielende exklusive Spielberichte und fünfminütige Online-Video-Zusammenfassungen als Video-on-Demand auf ihrer Internet-Plattform an. Dafür soll T-Online einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag gezahlt haben.608 Die Verhandlungen um den Erwerb der Fernsehübertragungsrechte an der Champions League für die Saison 2002/2003 zogen sich ebenfalls in die Länge. Die RTL Group hatte für die Erstverwertung im frei empfangbaren Fernsehen für die vorangehenden Saison ca. 50 Mio. Euro gezahlt, war aber nicht mehr bereit, noch eine vergleichbare Summe zu zahlen, und legte gemeinsam mit DSF und Tele 5 ein deutlich niedrigeres Angebot vor. Der Sender zeigte nur noch Interesse an massenattraktiven Live-Spielen ab dem Achtelfinale.609 Im Juni 2003 verkaufte das für die UEFA tätige Vermarktungsunternehmen T. E. A. M. an die ProSiebenSAT.1 Media AG ein Paket von Free-TV-Rechten an 39 Live-Spielen und 90 Highlight-Magazinen für die Spielzeiten 2003 bis 2006. Pressemeldungen über den vereinbarten Preis schwanken zwischen 23 und 35 Mio. Euro pro Saison.610 Im Mai 2001 einigte sich die KirchGruppe, die von der FIFA gemeinsam mit der Vermarktungsagentur ISMM/ISL die weltweiten Übertragungsrechte für die Fußball-Weltmeisterschaften 2002 (Japan/Südkorea) und 2006 (Deutschland) für insgesamt jeweils 810 Mio. Euro erworben hatte, mit ARD und ZDF über die Weiterveräußerung der Erstausstrahlungsrechte für die WM 2002. Für die jeweilige Verhandlungsmacht spielte auch eine Rolle, dass es die Listenregelung des § 5 a RStV, eingeführt zum 01. 04. 2000, praktisch ausschließt, Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung, darunter die Olympischen Spiele, ausschließlich im Pay-TV live zu übertragen. Andererseits umfasste das an ARD und ZDF für 250 Mio. Euro verkaufte Rechtepaket für die WM 2002 lediglich die Live-Übertragung von 24 der insgesamt 64 Spiele. Dies zeigt, dass die Listenregelung, die die Übertragung des gesamten Wettbewerbs im frei empfangbaren Fernsehen sicherstellen soll, durchaus leer laufen kann, wenn die Veranstalter von frei empfangbarem Fernsehen nicht zum Erwerb der erforderlichen Rechte bereit sind. Für die Ausstrahlungsrechte an der Weltmeisterschaft 2006 vereinbarte die KirchGruppe mit ARD und ZDF ein Vorkaufsrecht, das noch bis Anfang 2004 ausgeübt werden kann. Die ARD bekundete bislang, offenbar auch aus den genannten medienpolitischen Gründen im Zusammenhang mit der Diskussion um eine Gebührenerhöhung, nur „grundsätzliches“ Interesse; dies mag auch an dem im Jahr 2001 vereinbarten Preis von über 250 Mio. Euro liegen. Auswirkungen auf die Rechteinhaber Der Preisrückgang bei den Fußballübertragungsrechten trifft die 36 Erst- und Zweitligaclubs, die Mitte 2003 über einen addierten Schuldenstand von 599 Mio. Euro verfügt haben sollen; dies wird insbesondere auf in der Vergangenheit exorbitant gestiegene Spielergehälter und Transferkosten zurückgeführt.611 Auch aus Italien und Spanien wird von einem starken Preisverfall im Bereich der Fußballübertragungsrechte berichtet. Für die spanische erste Fußballliga wurden 608 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. 04. 2003, Handelsblatt vom 10. 04. 2003. 609 Die Zuschaueranteile der vergangenen Saison (im Schnitt in der Spielzeit 2002/2003: 5,74 Mio. Zuschauer; in der Saison 2001/2002 noch: 6,87 Mio. Zuschauer) hatten nicht ausgereicht, um die hohen Rechtekosten zu refinanzieren. RTL ließ verlauten, man werde nur noch Rechte erwerben, mit denen sich „zumindest eine schwarze Null“ schreiben lasse, vgl. RTL-Sprecher Bollhöfer laut Potsdamer Neueste Nachrichten vom 28. 05. 2003. 610 Vgl. Pressemitteilung der ProSiebenSAT.1 Media AG vom 26. 06. 2003; Financial Times Deutschland vom 12. 06. 2003. 611 Vgl. FOCUS vom 02. 06. 2003. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 211 ebenfalls Verzögerungen beim Weiterverkauf der Free-TV-Rechte gemeldet; der Ligaverband habe wegen drohenden „Bankrotts“ die spanische Regierung um Hilfe gebeten.612 Auch die internationale Formel-1-Branche wird von den wirtschaftlichen Folgen stark rückläufiger Fernseh-Gelder getroffen, insbesondere von einem deutlich geschrumpften Sponsorenmarkt und Insolvenzen beteiligter Rennställe (Prost und Arrows). Die Rennställe fordern eine Beteiligung an den Einnahmen aus Fernsehrechten und haben angekündigt, ab 2008 eine eigene konkurrierende Rennserie zu veranstalten.613 Ebenso sehen sich verschiedene Vereinsligen so genannter Randsportarten, beispielsweise Handball und Basketball, mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert, die u. a. darauf zurückzuführen sein sollen, dass ihre – bislang z. T. über Verträge mit der KirchGruppe abgesicherte – Fernsehpräsenz unsicher geworden sei, die vor allem wegen ihrer Schlüsselfunktion für das Interesse von Sponsoren Bedeutung habe.614 2.3.2.3 Die Rechteagenturen Im Bereich des Zwischenhandels ist eine wichtige Entflechtung zwischen Fernsehveranstaltern und Rechteagenturen zu verzeichnen: Im Zuge der Insolvenzen von Verbundunternehmen wurden die Aktivitäten der ehemaligen KirchGruppe im Handel mit Sportrechten für den deutschen Raum erheblich reduziert. Aussagen zu Marktanteilen der Sportrechteagenturen sind mangels Homogenität und Transparenz dieses Marktes nicht möglich. Im Folgenden werden die vier im Hinblick auf Verflechtungen zu Fernsehveranstaltern wichtigsten Unternehmen dargestellt. Infront (ehemals KirchSport AG) Im Zuge der Insolvenz der Kirch Media GmbH & Co. KGaA wurde im Herbst 2002 die KirchSport AG, Zug (Schweiz), auf die zuvor weitere Agenturen der KirchGruppe, CWL Telesport & Marketing AG und Prisma Sports & Media AG, verschmolzen worden waren, an die Infront Sports & Media AG („Infront“) verkauft. Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter dieser neu gegründeten Vermarktungsfirma ebenfalls mit Sitz in Zug ist der ehemalige CWL-Geschäftsführer und auch im Fernsehbereich für ARD und Premiere tätige Günter Netzer. Hauptgesellschafter sind RobertLouis Dreyfus (ehemals Chef des Sportartikelherstellers Adidas) und Christian Jacobs (Jacobs AG). Bei diesem Management-Buy-Out übernahm Infront neben zahlreichen anderen Sportrechten die Free-TV-Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga für die Saison 2003/2004 und für die Fußball-Weltmeisterschaften 2002 und 2006 (sowie eine Option gegenüber der DFL auf die Bundesliga-Rechte für die beiden folgenden Spielzeiten). Sie wurden auf eine 100 %ige Tochtergesellschaft, die Infront Buli GmbH, ausgelagert.615 Infront hat für die deutschen Bundesligarechte gegenüber der DFL eine Bürgschaft auf Zahlung von 290 Mio. Euro pro Saison übernommen; für die Spielzeit 2003/2004 erzielt sie dafür aber lediglich Erlöse von ca. 220 Mio. Euro. Die langwierigen Verkaufsbemühungen um diese 612 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. 05. 2003. Es ist von einem Preisverfall von 40–50 % die Rede; die Gesamtschulden der 42 spanischen Erst- und Zweitligaclubs sollen sich auf 1,6625 Mrd. ; belaufen. In der Folge sind die Transfer-Ablösesummen der dortigen Vereine für Spitzenspieler drastisch gesunken, vgl. Süddeutsche Zeitung vom 26. 06. 2003. 613 Vgl. Der Spiegel 10/2003, Financial Times Deutschland vom 07. 03. 2003, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 08. 03. 2003. 614 Vgl. Handelsblatt vom 09. 04. 2002. 615 Dies hat u. a. zur Folge, dass diese Rechteinhaberin ggf. bei fehlgeschlagener Refinanzierung der Rechte unabhängig von Infront Insolvenz anmelden könnte; die von ihr noch gehaltenen Fußballübertragungsrechte würden dann an die DFL zurückfallen. 212 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Rechte zeigten, dass sich die Agentur, anders als ihr Rechtsvorgänger, beim Weiterverkauf der Fernsehrechte nicht mehr auf die Verbundenheit mit den Sendern der ehemaligen KirchGruppe verlassen kann. Infront vermarktet zudem die Fernsehrechte am FIS World Cup 2002 bis 2006 für den österreichischen Skiverband, organisiert zusammen mit dem österreichischen Eishockeyverband die Weltmeisterschaft 2005 Wien/Innsbruck und betreibt die Gesamtvermarktung u. a. der WMTourniere für den Internationalen Eishockeyverband.616 SPORTFIVE (RTL Group) Die SPORTFIVE S. A. ist nach Angaben der RTL Group Europas größter Sportrechtehändler.617 Das Unternehmen ging Ende 2001 aus einer Fusion des Vermarkters der RTL Group Ufa Sports (46,4 %), von Sport plus (Canal+ Group) und dem französischen Sportvermarktungsunternehmen Groupe Jean-Claude Darmon hervor und bündelt deren Sportrechteaktivitäten. Es ist an der Pariser Börse notiert, verfügt über 20 Tochtergesellschaften in 13 Ländern (in Deutschland: die SPORTFIVE GmbH) und besitzt Fernseh- und Marketingrechte von über 320 Fußballclubs und 40 nationalen Verbänden sowie für weitere Sportarten wie Basketball, Rugby, Handball und Tennis. Als ihre Kernkompetenz bezeichnet SPORTFIVE die Fußball-Vermarktung.618 Sie vermarktet die TV-Rechte an den Heimspielen von 25 der insgesamt 52 europäischen Fußballverbände.619 Daneben ist die Firma im Boxsport aktiv (z. B. Vermarktung der TV-Rechte für die Schwergewichtsboxer Klitschko). SPORTFIVE verfolgt das Konzept der Gesamtvermarktung, die z. B. die Stadionwerbung, Hospitality-Programme, Trikosponsoring und Ticketing umfasst, und setzt es u. a., mit Ausnahme der Rundfunkrechte, mit den Fußball-Bundesligisten Hertha BSC, Borussia Dortmund und dem HSV um, für die sie auch die Homepages gestaltet. Sie hält eine 50 %ige Beteiligung an der niederländischen TV-Produktionsfirma JOHO Service BV, die Sportübertragungen und TV-Events produziert.620 In der Presse wurde von Problemen auch der SPORTFIVE mit sinkenden Preisen und von internen Schwierigkeiten nach der Fusion berichtet.621 SportA (ARD/ZDF) Die 1995 von ARD und ZDF gegründete Sportrechte- und Marketing-Agentur SportA GmbH erwirbt und veräußert für ihre Gesellschafter Sportübertragungsrechte.622 Internationale Rechte wie die Olympischen Spiele erwerben ARD und ZDF allerdings über das Sendernetzwerk EBU. SportA betätigt sich auch in den Bereichen Vermarktung von Sportübertragungen und Gesamtvermarktung von Sportereignissen für Vereine und Veranstalter. „Programmferne“ Aktivitäten beim Zwischenhandel und bei der Vermarktung von Nebenrechten, z. B. den Marketingrechten von Fußball-Erst- und Zweitligavereinen riefen die Kritik der Fernsehanstalten hervor, die Ende 2002 eine Kommission einsetzten, um die Tätigkeit der SportA grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. Nach Äußerungen der ARD soll sie zwar fortgeführt, aber auf die Kernaufgaben des gemeinsamen Rechteerwerbs und -verkaufs sowie Sublizenzierungen für ARD und ZDF beschränkt und personell verkleinert werden.623 Die Schwierigkeiten der SportA werden u. a. auf die neuen Rahmenbedingungen durch den Preisverfall und das dadurch bewirkte neue Interesse der 616 617 618 619 620 621 622 623 Vgl. Angaben unter http://www.kirchsport.com. Vgl. Pressemitteilung der RTL Group vom 04. 03. 2002, http://www.rtl-group.com. Vgl. http://www.ufasports.de. Der Vorsitzende der Geschäftsführung Müller von Vultejus, in: Handelsblatt vom 11. 06. 2003. Vgl. Pressemitteilung vom 29. 04. 2002, http://www.ufasports.de. Vgl. Handelsblatt vom 27. 01. 2003. Vgl. Angaben unter http://www.sporta.de. So Jobst Plog, in: epd medien vom 05. 04. 2003. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 213 anderen Sporthändler an ARD und ZDF als Verhandlungspartner zurückgeführt.624 Beteiligungen des Filmrechtehändlers Dr. Kloiber und der Sportrechtetochter des französischen Senders TF1 wurden erwogen, kamen aber nicht zustande. Unklar ist, ob ARD und ZDF langfristig ihren gemeinsamen Rechteeinkauf fortsetzen wollen; sie haben beim Rechteerwerb zuletzt z. T. unterschiedliche Strategien verfolgt.625 ISPR Weiterhin tätig ist die Münchener Sportrechteagentur ISPR GmbH, ehemals ein Gemeinschaftsunternehmen der KirchGruppe mit dem Axel Springer Verlag. Sie bezeichnet sich als eine der größten internationalen Sportrechteagenturen und vermarktet u. a. weltweit (außerhalb Deutschlands) die Fernsehübertragungsrechte an der 1. und 2. Bundesliga, die Rechte für verschiedene Sportarten, u. a. Fußball und Eishockey, in skandinavischen Ländern626 und die Medienrechte an Europapokalspielen verschiedener Vereine, z. B. Grashopper-Club Zürich, an den österreichischen und schweizerischen Nationalligen sowie an Länderspielen der Schweizer Nationalmannschaft.627 Sonstige Internationale Sportrechte- und Marketingagenturen mit Sitz in der Schweiz sind die AIM International AG und T. E. A. M. Erstere gehört zur AIM Gruppe unter der Leitung von Dr. Herbert Kloiber, letztere befindet sich zu 80 % im Beteiligungsbesitz des Schweizer Filmrechtehändlers Highlight Communications AG und vermarktet u. a. die weltweiten Rechte an der UEFA Champions League. Weitere international tätige Agenturen sind die amerikanischen Unternehmen IMG und Octagon. Im Jahr 2001 meldete die Luzerner Agentur ISL/ISMM, die die außereuropäischen Fußball-WMRechte 2002/2006 erworben und sich auch kostspielige Tennis-Grand-Slam-Übertragungsrechte gesichert hatte, Insolvenz an (ihre WM-Rechte fielen damit an die KirchSport AG).628 Insgesamt erscheint die wirtschaftliche Situation der Rechteagenturen derzeit schwierig: Großzügig eingeplante hohe Erlöse aus der TV-Vermarktung bleiben aus. In der Vergangenheit erworbene hochpreisige, oft langfristige Rechtepakete müssen unter den Bedingungen des Preisrückgangs und der größeren Zurückhaltung der Fernsehveranstalter als Nachfrager refinanziert werden. 2.3.3 Fazit Im Fernsehbereich ist mit der Loslösung von DSF und Premiere von der ehemaligen KirchGruppe eine Dekonzentration bei den Sportspartenprogrammen zu verzeichnen. Der Eintritt von KarstadtQuelle bei DSF ist insofern bemerkenswert, als damit ein Unternehmen im Sportfernsehen aktiv wird, das den Schwerpunkt seiner Aktivitäten bislang nicht im Medienbereich hat und sich von der Beteiligung im Fernsehbereich in erster Linie Vorteile für das traditionelle Geschäft (hier: den Sportartikelhandel) verspricht. Im Hinblick auf vertikale Verbindungen wurden im Vorgängerbericht Konzentrationstendenzen festgestellt, die ressourcenstarke Medienkonzerne bei der Beschaffung zuschauerattraktiver 624 Vgl. Financial Times Deutschland vom 29. 11. 2002. 625 Ein Beispiel ist das früh signalisierte Interesse der ARD an den Bundesligarechten für 2003/2004, ein anderes die Selbstverpflichtung der ARD gegenüber dem DFB, für Radioreportagen der Bundesliga künftig ein Entgelt zu zahlen. 626 Vgl. die Angaben unter http://www.ispr.de jeweils zur Spielzeit 2001. 627 Vgl. Pressemitteilung der ISPR vom 18. 09. 2002. 628 Vgl. Frankfurter Rundschau vom 07. 03. 2002. 214 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Sportübertragungsrechte begünstigten (steigende Rechtekosten, Trend zur Gesamtvermarktung, Vorwärts- und Rückwärtsintegration von Sportrechteagenturen). Seither haben sich die dargestellten gegenläufigen Tendenzen ergeben, dass die vertikale Konzentration zwischen Rechtehandel und Fernsehveranstaltung infolge der Auflösung der KirchGruppe gelockert wurde und dass die Preise für attraktive TV-Rechte – trotz fortdauernden Wettbewerbs um das knappe Gut und teilweise zentraler Vermarktung durch monopolistische Rechteinhaber – stark zurückgehen. Hier zeigt sich, dass die Sportrechte für die privaten Rundfunkveranstalter (wegen des Rückgangs der Werbeeinnahmen) und für die öffentlich-rechtlichen Anstalten (wegen der begrenzten Gebühreneinnahmen) im Verhältnis zu den zu erzielenden Einschaltquoten zu teuer geworden sind. Das gilt insbesondere auch im Vergleich zu anderen Programmsparten wie Reality Shows, Soaps, Casting Shows, Quiz Shows usw., die wesentlich billiger produziert werden und gleichwohl hohe Einschaltquoten verschaffen können. Möglichkeiten der Ausnutzung von Synergien zwischen Fernsehen, Sportrechtehandel und Sport zeigen sich auch in personenbezogenen „Verflechtungen“. Paradebeispiele sind die beiden ehemaligen Fußballstars Günter Netzer, vormals Berater der KirchGruppe und Kommentator bei Premiere, der mit seiner Rechteagentur die Bundesligarechte an die ARD verkauft hat und zugleich als Fußball-Kommentator für diesen Sender tätig ist, und Franz Beckenbauer, nunmehr Sportfunktionär und Fernseh-Kommentator. In der unter dem Aspekt des Zugangs zu Übertragungsrechten viel diskutierten Frage der Zentralvermarktung bleibt die Entwicklung abzuwarten. 2.4 Beschaffung von Informationen und Rechten an Nachrichtenmaterial Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind bezüglich der Bedeutung der Verbreitung von Informationen über elektronische Medien Leitgedanken zu entnehmen, die für die Sicherung der Meinungsvielfalt eine wichtige Rolle spielen. Informationen tragen danach zur Bildung und Überprüfung von Meinungen bei und sind ein wesentlicher Bestandteil des klassischen Rundfunkauftrags.629 Um vorherrschende Meinungsmacht zu verhindern, bedarf es ausreichender Vorkehrungen gegen Informationsmonopole. Monopole im Informationssektor eröffnen nicht nur Missbrauchsmöglichkeiten, sondern begünstigen auch die Verbreitung von „uniformen“ Informationen. Dagegen ist die Garantie der Rundfunkfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auf „plurale Informationsvermittlung gerichtet, weil medial vermittelte Information nicht lediglich Abbild der Wirklichkeit, sondern stets Ergebnis eines Auswahl-, Deutungs- und Aufbereitungsprozesses ist, das nur durch konkurrierende Auswahl-, Deutungs- und Aufbereitungsmuster relativiert werden kann“.630 Das vom Bundesverfassungsgericht formulierte Erfordernis der Gewährleistung freier Informationstätigkeit und freien Informationszugangs wurde im Rundfunkstaatsvertrag in den Vorschriften zur Kurzberichterstattung und zur Übertragung von Großereignissen (§§ 5, 5 a RStV) umgesetzt. Die besondere medienkonzentrationsrechtliche Bedeutung des Genres Information wird auch anhand der Bestimmung des § 26 Abs. 5 Satz 1 RStV deutlich, wonach ein Veranstalter eines Programms mit Schwerpunkt Information bei Erreichen eines Zuschaueranteils von 10 % verpflichtet ist, unabhängigen Dritten Sendezeit in seinem Programm einzuräumen.631 Inhalt629 Vgl. BVerfGE 73, 118, 158; 97, 228, 257. 630 BVerfGE 97, 228, 258. 631 Abgesehen von dieser Regelung werden an Spartenprogramme geringere Vielfaltansprüche gestellt als an Vollprogramme, vgl. § 25 Abs. 1 Satz 3 RStV, § 41 Abs. 2 RStV. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 215 liche Anforderungen an Berichterstattung und Informationssendungen werden in § 10 RStV gestellt.632 2.4.1 Informations- und Nachrichtensendungen im bundesweiten Fernsehen Der Informationsvermittlung durch das Fernsehen kommt ein hohes Beeinflussungspotenzial für die öffentliche Meinungsbildung zu. Dies kann u. a. damit begründet werden, dass unter den in Frage kommenden Medien das Fernsehen noch vor Hörfunk und regionalen Tageszeitungen als die wichtigste Informationsquelle angesehen wird (siehe Tab. II-47). Eine Studie der SWR Medienforschung zu Spartenangeboten und Spartennutzung im Fernsehen kommt zu dem Ergebnis, dass der größte Teil des Informationsangebots auf die öffentlichrechtlichen Anstalten zurückgeht. Deren Anteil am Gesamtangebot der Sparte Information lag danach im Jahr 2000 bei 84 %, derjenige der privaten Sender RTL, SAT.1, ProSieben, VOX, Kabel 1, RTL II, Super RTL, tm3, DSF und Eurosport insgesamt bei 16 % (siehe auch Kapitel II 2.1.1 Stellenwert fiktionaler Programme, Tab. II-28).633 Neben den Nachrichten- und Informationsangeboten der Vollprogramme existieren aber auch verschiedene Spartenprogramme mit dem Schwerpunkt Information (siehe Tab. II-48). Neu hinzugekommen ist im Jahr 2001 der Sender XXP, der in verschiedenen regionalen Kabelnetzen und digital über Satellit bundesweit ausgestrahlt wird. Anteil der Befragten, die das Medium als sehr/etwas wichtig eingeschätzt haben in Prozent Fernsehen Radio Regionale Tageszeitungen Zeitschriften Wochenmagazine (Focus, Spiegel etc.) Überregionale Tageszeitungen Internet 85 78 78 54 35 30 30 Tabelle II-47: Medien als Informationsquellen über aktuelle Ereignisse aus Politik und öffentlichem Leben 2000m Quelle: ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation Deutschsprachige Informationsspartenprogramme: n-tv, CNN Deutschland, N24, XXP Informations- und Dokumentationskanäle: XXP, Discovery, Planet, ZDF Info, ZDF Doku, Eins Extra, Phoenix Wirtschaftsspartenkanäle: Bloomberg TV Internationale Informations-/Wirtschaftsspartenprogramme: BBC World, CNN International, Euronews, CNBC, Sky News Tabelle II-48: Spartenprogramme mit Schwerpunkt Information 632 Die Bedeutung des Genres Information wird auch daran deutlich, dass das in § 8 Abs. 2 RStV verankerte Einflussnahmeverbot für Sponsoren auf den Programminhalt um den speziellen Verbotstatbestand für Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen erweitert wird (§ 8 Abs. 4 RStV); vgl. Werner Hahn, Thomas Vesting, Kommentar zum Rundfunkrecht, München 2003, § 8, Rn. 27. Laut amtlicher Begründung zur entsprechenden Vorschrift im RStV 1991 soll bei diesen für die öffentliche Meinungsbildung besonders wichtigen Sendungen von vornherein der Eindruck vermieden werden, die Unabhängigkeit und Objektivität könnte durch den Sponsor beeinträchtigt werden. 633 Vgl. SWR Spartenbericht 2000 auf der Basis der Daten der GfK-Fernsehforschung, in: Media Perspektiven 5/2001, S. 254. 216 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Auch wenn die Zuordnung von Sendungen zur Sparte Information Abgrenzungsschwierigkeiten bereitet und dementsprechend, wie Tabelle II-49 zeigt, zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, so gleicht sich doch der Befund, dass informierende Programmteile bei den privaten Vollprogrammen, gemessen an der Sendezeit, eine eher untergeordnete Rolle spielen. Dies verdeutlicht auch die nachfolgende Abbildung II-18. Der Sendezeitanteil des als Fernsehpublizistik eingeordneten Programms hat sich in dem abgebildeten Zeitraum von 10 Jahren weder bei den öffentlich-rechtlichen noch bei den privaten Sendern grundsätzlich verändert. Die öffentlichrechtlichen Anstalten liegen nach dieser Untersuchung mit deutlichem Abstand vor den Privatsendern; unter diesen weist RTL mit relativ geringem Vorsprung vor SAT.1 die höchsten Werte auf. ProSieben hat den Anteil an Fernsehpublizistik in seinem Programmangebot seit Anfang der 90er Jahre stark ausgebaut. Programm Sendezeitanteile Informationssendungen (IFEM) Sendezeitanteile Fernsehpublizistik (ALM) ARD ZDF RTL VOX RTL II SAT.1 ProSieben Kabel 1 40,4 45,5 19,8 29,7 09,7 17,1 14,9 07,1 49,5 53,9 31,9 17,7 05,8 31,9 24,9 07,4 Sendezeitanteile Nachrichten (IFEM) (ALM) 9,6 9,9 4,6 2,7 1,0 3,2 1,3 1,2 Zuschaueranteile Gesamtprogramm 2001 2002 13,3 13,9 04,3 02,0 00,9 05,1 01,2 01,1 13,7 13,0 14,8 03,1 04,0 10,1 08,0 05,0 13,7 13,8 14,6 03,3 03,9 09,9 07,1 04,5 Tabelle II-49: Anteil von Nachrichten- und Informationssendungen an der Sendezeit der Vollprogramme 2001 in Prozent Quelle: ALM Programmbericht 2000/2001; Institut für empirische Medienforschung (IFEM); Udo Michael Krüger, Thomas Zapf-Schramm: Programmanalyse 2001/I, in: Media Perspektiven 4/2002 50 45 40 in Prozent 35 30 25 20 15 10 5 0 1992 1993 1994 ARD 1995 1996 ZDF 1997 RTL 1998 SAT.1 1999 2000 2001 2002 ProSieben Abbildung II-18: Anteil von Informationsprogramm an der gesamten Sendezeit bei Vollprogrammen 1992–2001 in Prozent Quelle: Udo Michael Krüger, Thomas Zapf-Schramm: Media Perspektiven Basisdaten 2002, Programmanalyse 2002/I, in: Media Perspektiven 3/2003 Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 217 Nach der ARD/ZDF-Trendbefragung vom Winter 2001634 spricht das nachrichteninteressierte Publikum den öffentlich-rechtlichen Sendern nach wie vor die größte Nachrichtenkompetenz zu.635 Das Publikumsurteil über die Nachrichtenkompetenz der privaten Vollprogramme hat sich nach dieser Befragung nicht spürbar verbessert. Werte für die Spartensender N24 und n-tv werden allerdings nicht angegeben. In der vorangegangenen Trendbefragung vom Winter 2000 benannten nur wenige Befragte n-tv als den Sender mit den besten Nachrichten.636 Die Einschätzung der Nachrichtenkompetenz der Privatsender könnte sich im Zuge der Berichterstattung der Spartensender über bedeutende jüngere Nachrichtenereignisse (Anschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001, Bundestagswahlen 2002, Irakkrieg im Frühjahr 2003) positiv entwickelt haben.637 Dass die Privatsender nach Sendezeitanteilen und Einschätzung der Nachrichtenkompetenz hinter den öffentlich-rechtlichen Sendern zurückstehen, bedeutet jedoch nicht, dass innerhalb des informierenden Genres nicht auch bei den privaten Sendern hohe Reichweiten erzielt werden können. Wie bereits an anderer Stelle gezeigt (siehe auch Kapitel II 2.1.1 Stellenwert fiktionaler Programme, Tab. II-28), werden die relativ wenigen Informationsangebote der privaten Vollprogramme überproportional genutzt. Tabelle II-50 gibt einen Überblick über Reichweiten und Zuschaueranteile ausgewählter Nachrichtensendungen. Danach erreicht die „Tagesschau“ mit Abstand die meisten Zuschauer Zuschauer in Mio. 1999 2000 2001 Zuschaueranteile in Prozent 1999 2000 2001 Öffentlich-rechtliche Programme Tagesschau gesamt1) Mo.–So., 20:00 Uhr Heute gesamt2) Mo.–So., 19:00 Uhr Heute-Journal Mo.–So., 21:45 Uhr Tagesthemen Mo.–So., 22:30 Uhr Heute nacht Mo.–Fr., 0:00 Uhr ARD-Nachtmagazin Mo.–Fr., 0:30 Uhr 9,41 5,13 3,72 2,27 0,56 0,45 9,32 4,86 3,61 2,21 0,60 0,48 9,06 4,80 3,65 2,26 0,71 0,48 34,8 24,1 13,9 12,5 08,9 11,0 34,0 22,6 13,3 12,1 09,5 10,8 33,2 22,5 13,5 12,2 10,2 10,4 Private Programme RTL aktuell RTL Nachtjournal SAT.1 18:30 ProSieben Nachrichten Mo.–So., 18:45 Uhr Mo.–Fr., 0:00 Uhr So.–Fr., 18:30 Uhr Mo.–So., 20:00 Uhr 4,11 1,05 1,94 1,07 3,99 1,05 1,76 1,01 3,81 1,09 1,99 1,13 20,6 15,8 10,7 04,6 19,8 14,8 09,5 03,8 18,9 15,1 10,8 04,4 n-tv Nachrichten n-tv Nachrichten 20:00 Uhr 22:00 Uhr ∅ 2 Sendetermine 2002: 0,96 ∅ 5 Sendetermine 2002: 1,03 ∅ 2 Sendetermine 2002: 1,0 ∅ 5 Sendetermine 2002: 0,7 1) einschließlich sechs Dritte Programme, 3sat und ab 2000 Phoenix 2) einschließlich 3sat Tabelle II-50: Durchschnittliche Reichweiten und Zuschaueranteile ausgewählter Fernsehnachrichten (Zuschauer ab 3 Jahren) Quelle: Wolfgang Darschin, Heinz Gerhard, Tendenzen im Zuschauerverhalten, in: Media Perspektiven 4/2002, S. 154 ff., hier S. 160, dort angegebene Quelle: AGF/GfK; Der Kontakter (http://www.kontakter.de)m 634 Vgl. Wolfgang Darschin, Heinz Gerhard, Tendenzen im Zuschauerverhalten, in: Media Perspektiven 4/2002, S. 164 f. 635 Auf die Frage „Welcher Sender hat die besten Nachrichten?“ nannten die befragten nachrichteninteressierten Zuschauer ARD (65,7 %), ZDF (44,4 %), RTL (24,1 %), SAT.1 (10,3 %) und ProSieben (6,8 %). Mehrfachnennungen waren möglich. 636 4 % der Befragten gaben n-tv an; vgl. Wolfgang Darschin, Camille Zubayr, Die Informationsqualität der Fernsehnachrichten aus Zuschauersicht, in: Media Perspektiven 5/2001, S. 238 ff. 637 Nach der ARD/ZDF-Trendbefragung vom Winter 2002 konnte zumindest RTL seine Nachrichtenkompetenz aus Zuschauersicht verbessern. Als Sender mit den besten Nachrichten wurden angesehen: ARD (63 %), ZDF (46 %), RTL (26 %), SAT.1 (9 %), ProSieben (7 %); vgl. Wolfgang Darschin, Camille Zubayr, Was leisten die Fernsehsender?, in: Media Perspektiven 5/2003, S. 206 ff., hier S. 211. Zu Zuschaueranteilen und Online-Nutzung der Angebote von n-tv und N24 während des Irakkriegs im Frühjahr 2003 s. u. Kap. II 2.13. 4. 218 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Rang Sendung Programm 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Brennpunkt Sabine Christiansen ZDF-spezial Report Mainz Explosiv Report München Fakt Berlin direkt Die Reportage Stern TV (Drittfenster) Frontal 21 Panorama Monitor Auslandsjournal ZDF.Reporter WISO Kontraste Weltspiegel ARD-Exklusiv Spiegel TV (Drittfenster) ARD ARD ZDF ARD RTL ARD ARD ZDF ZDF RTL ZDF ARD ARD ZDF ZDF ZDF ARD ARD ARD RTL Zuschauer in Mio. Zuschaueranteil in Prozent 5,40 4,71 4,08 3,55 3,55 3,47 3,33 3,26 3,23 3,22 3,21 3,18 3,10 2,84 2,77 2,74 2,73 2,65 2,63 2,57 17,8 17,8 15,3 11,6 16,3 11,5 11,1 13,1 11,1 18,4 11,4 11,4 10,9 10,0 09,6 10,9 09,8 10,3 10,2 11,9 Tabelle II-51: Durchschnittliche Zuschaueranteile und Reichweiten von Informationssendungen nach der Größe ihres Publikums 2001 (Zuschauer ab 3 Jahren) Quelle: Wolfgang Darschin, Heinz Gerhard, Tendenzen im Zuschauerverhalten, in: Media Perspektiven 4/2002, S. 154 ff., hier S. 160, dort angegebene Quelle: AGF/GfK VOX 1% RTL II 1% n-tv 3% ProSieben 2% Kabel 1 SAT.1 1% 4% ARD 28% RTL 12% 3sat 1% ZDF 27% Dritte 20% Abbildung II-19: Anteil der einzelnen Sender am Nachrichtenkonsum der Zuschauer im Jahr 2000 (Zuschauer ab 14 Jahren) Quelle: Wolfgang Darschin, Camille Zubayr, Die Informationsqualität der Fernsehnachrichten aus Zuschauersicht, in: Media Perspektiven 5/2001, S. 238 ff., hier S. 240, dort angegebene Quelle: AGF/GfK Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 219 (9,06 Mio.). Die reichweitenstärkste Nachrichtensendung eines Privatsenders ist „RTL aktuell“ mit 3,81 Mio. Zuschauern. Im Bereich der Informationssendungen dominieren die öffentlich-rechtlichen Sender ebenfalls (siehe Tab. II-51). Von den privaten Sendern ist lediglich RTL unter den 20 reichweitenstärksten Informationssendungen im Jahr 2001 vertreten. Betrachtet man die Nutzung des gesamten Fernsehnachrichtenangebots, so wird erneut die Dominanz der öffentlich-rechtlichen Nachrichtenangebote deutlich (Abb. II-19). Von der gesamten Sehdauer, die Zuschauer ab 14 Jahren im Jahr 2000 durchschnittlich für Nachrichtensendungen aufgewendet haben, entfallen 76 % auf öffentlich-rechtliche Programme. Unter den privaten Programmen trägt RTL mit einem Anteil von 12 % an der gesamten Sehdauer am stärksten zum Nachrichtenkonsum der Zuschauer bei. Die Anteile anderer privater Sender liegen dagegen zwischen 1 und 4 %. Die Nutzung des Nachrichtenangebots der zur RTL Group gehörigen Sender RTL, RTL II, VOX und n-tv machte im Jahr 2000 insgesamt 17 % der gesamten Nachrichtensehdauer aus. 2.4.2 Bezugsquellen für Informations- und Nachrichtenmaterial Als Bezugsquellen für Informationen und Nachrichtenmaterial kommen u. a. nationale und internationale Korrespondentennetze, Nachrichtenagenturen, Programmaustauschsysteme (z. B. Eurovision, ENEX), Kooperationen mit anderen Veranstaltern und der Fremdbezug kompletter Nachrichtensendungen von externen Anbietern (z. B. Produktion von Spiegel TV für VOX) in Betracht. Darüber hinaus stehen diverse weitere Informationsquellen wie Datenbanken, Bibliotheken, Archive, Internetangebote638 etc. zur Verfügung.639 Eine besonders wichtige Rolle für die tagesaktuelle Berichterstattung in den Medien spielen die Nachrichtenagenturen. Zu unterscheiden sind Universalagenturen (thematisch umfassende Nachrichtendienste), Spezialagenturen (auf Medientyp oder inhaltliche Sparte festgelegte Dienste) und kleinere Dienstleister bzw. Journalistenbüros. Universalagenturen, die deutsche Dienste anbieten, sind die Deutsche Presse-Agentur (dpa), Associated Press (AP), Reuters, Agence France-Presse (AFP) und der Deutsche Depeschendienst (ddp). Regionale Dienste bieten dpa und ddp an. Spezialagenturen sind z. B. die Vereinigten Wirtschaftsdienste (vwd), der Sport-Informations-Dienst (sid), der Evangelische Pressedienst (epd) und die Katholische Nachrichtenagentur (KNA). Als Dienstleister im Bereich der Fernsehnachrichtenproduktion treten u. a. die DFA Deutsche Fernsehnachrichten Agentur GmbH und die Spiegel TV GmbH auf. Der Markt für deutsche Nachrichtenagenturdienste gilt nach Brancheneinschätzungen mit derzeit fünf Universalnachrichtenagenturen als stark umkämpft. Aktuelle Marktdaten zum Bereich der Nachrichtenagenturdienste sind kaum verfügbar. Bezüglich der Marktanteile der Universalagenturen existieren lediglich Schätzungen älteren Datums.640 Marktführer war danach mit deutlichem Abstand dpa. Dies gilt nach einhelliger Einschätzung auch weiterhin. Mit einem Umsatz von 106 Mio. Euro im Jahr 2001 liegt die dpa – soweit Umsätze veröffentlicht werden – vor ihren Wettbewerbern. Die meisten Rundfunkveranstalter und Tageszeitungsverlage haben mehr als einen Nachrichtendienst abonniert. Eine Untersuchung zum Bezug von Agenturdiensten durch Tageszeitungen 638 Neben der Präsentation von Meldungen durch die einzelnen Medien (Zeitungen, Nachrichtensender etc.) und Agenturen gehören hierzu auch die Angebote von Suchmaschinen, die Nachrichtenmeldungen auswählen und den Internet-Nutzer zu diesen hinführen. 639 Vgl. hierzu bereits den Konzentrationsbericht der KEK 2000, S. 189 ff. 640 Vgl. Bernhard Rosenberger, Sigrun Schmid, Nachrichtenagenturen im Wettbewerb, in: Media Perspektiven 5/1997, S. 282; vgl. auch Konzentrationsbericht der KEK 2000, S. 192. 2001: 106 Mio. Euro k. A. 2001: 10,2 Mio. DM (umgerechnet ca. 5,22 Mio. Euro) 2001: 700 Mio. Pfund641 k. A. dpa, Hamburg AP, Frankfurt a. M. AFP, Berlin Reuters, Bonn ddp, Unterföhring rund 400 Kunden bei Tageszeitungen, Hörfunk, TV und Internet Finanzmärkte und Medien •n99 inländische Bezieher, davon 54 Printund 36 Funkmedien •nnach Auflage und Reichweite der Kunden: 50 % der Tageszeitungsleser, 80 % der Hörer bzw. Zuschauer von Radio- und Fernsehnachrichten •n85 % der deutschen Tageszeitungsauflage •nalle wichtigen Hörfunk- und TV-Sender •nfast alle deutschen Zeitungen •n100 % der nationalen TV-Sender, soweit sie überregionale Nachrichten produzieren, erhalten Basisdienst •nfast alle regionalen Radiosender Kunden 650 Meldungen k. A. 210 Meldungen 240 Meldungen 750 Meldungen Meldungen/ Tag + + 122 Kunden über 60 % Inlandsmeldungen + Nationaler Dienst 5 Landesbüros – – – 12 Landesdienste Regionaler Dienst 80–100 Bilder/ Tag + 250 Bilder/ Tag 100 Bilder/ Tag 500 Bilder/ Tag Bilderdienst + + 54 Kunden, davon 48 Tageszeitungen + + Grafikdienst 25–30 Audiobeiträge/ Tag + – – •ndpa/RUFAAudiodienst (rund 100 Beiträge/ Tag) •ndpa/RUFA Radiodienst Audiodienst – + – APTN (aus APTV und WTN formierte Videonachrichtenagentur) – Videodienst In Kooperation mit der SevenOne Intermedia + 53 Kunden + dpa-infocom (verschiedene Dienste für OnlineMedien) Onlinedienst 641 Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. 12. 2002. Der Wert ist nicht ohne weiteres mit den anderen vergleichbar, da 90 % des Umsatzes von Reuters im Sektor der Finanzdienstleistungen erwirtschaftet werden, Unternehmensangaben unter http://www.about.reuters.com, Stand: Februar 2003. Tabelle II-52: Universalnachrichtenagenturen Quelle: Unternehmensangaben Umsatz in Deutschland Agentur 220 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 221 aus dem Jahr 2000642 kam zu dem Ergebnis, dass dpa von nahezu allen Zeitungsverlagen bezogen wird und in diesem Bereich den Status der „Erstagentur“ inne hat. In Bezug auf die Kundenzahl sei AP die stärkste „Komplementäragentur“; sie werde von 2/3 der Verlage bezogen, Reuters von jedem dritten Verlag, AFP von jedem vierten und ddp von jedem fünften. Die Komplementäragenturen stünden in starkem Wettbewerb zueinander und machten vereinzelt durch die Besetzung verschiedener Nischen der dpa ihre Marktführerschaft streitig. Auch im TV-Bereich verfügt die dpa, soweit bekannt, mit ihrem Basisdienst über die breiteste Marktabdeckung (siehe Tab. II-52). Eine weitere Untersuchung aus dem Jahr 1996 kam zu dem Ergebnis, dass von den insgesamt befragten Tageszeitungen und Rundfunkunternehmen 99,4 % Dienste der dpa bezogen, gefolgt von AP (72 %), Reuters (52,5 %), AFP (34,8 %) sowie vor deren Zusammenlegung ddp (25,3 %) und ADN (22,2 %).643 Ob dieses Bild noch zutrifft, ist fraglich. Insbesondere im Bereich der Tageszeitungen wurde über Kündigungen von Agenturdiensten im Zusammenhang mit dem Einbruch des Werbemarkts berichtet.644 Die Agenturen versuchen, dem Wettbewerbsdruck durch eine stärkere Spezialisierung auf bestimmte Themen, Medien oder Dienste zu begegnen. So hat die ddp beispielsweise die Zulieferung kompletter Tageszeitungsseiten übernommen.645 Zugleich kooperieren die Agenturen in verschiedenen Geschäftsfeldern. Z. B. hat ddp mit den Vereinigten Wirtschaftsdiensten (vwd) das Gemeinschaftsunternehmen ddp.vwd gegründet, das als Anbieter von Wirtschaftsnachrichtendiensten auftritt. Im Bildbereich arbeiten ddp und AFP in der Weise zusammen, dass ddp nationales und AFP internationales Material dem Partner zur Verfügung stellt.646 Im Bereich der Wirtschaftsinformationen kooperiert AFP mit der dpa im Rahmen des Wirtschaftsnachrichtendienstes dpa-AFX.647 Dpa kann des Weiteren auf weltweite englischsprachige Sportmeldungen von AP zugreifen, dafür wertet AP für seine internationalen Dienste die dpa-Sportmeldungen aus Deutschland aus.648 Kooperationen bestehen auch zwischen Nachrichtensendern und Agenturen. Z. B. stellt n-tv dem Radiodienst dpa/Rufa „exklusive O-Töne“ und andere Programmelemente zur Verfügung und kann im Gegenzug Material des Audiodienstes verwenden.649 2.4.3 Vertikale Integration von Nachrichtenagenturen bzw. -dienstleistern Der Markt für die Beschaffung von Informations- und Nachrichtenmaterial ist von vertikalen Verflechtungen von Agenturen und Medienunternehmen gekennzeichnet. Die größte deutsche Nachrichtenagentur, dpa, befindet sich im Eigentum von rund 200 Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen sowie öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkunternehmen. Um die Gefahr einseitiger Interessenbildung zu vermeiden, ist vertraglich geregelt, dass Gesellschafter nur bis zu 1,5 % der Anteile am Stammkapital halten dürfen, die Rundfunkgesellschaften insgesamt nur bis zu 25 %.650 Auch die Mutterkonzerne der deutschen Dienste von AP 642 Vgl. Jürgen Wilke (Hrsg.), Von der Agentur zur Redaktion, Köln 2000, S. 173 f. 643 Vgl. Jianming He, Die Nachrichtenagenturen in Deutschland: Geschichte und Gegenwart, Frankfurt a. M. 1996. Der Untersuchungszeitraum lag im Jahr 1993. 644 Vgl. Financial Times Deutschland vom 26. 06. 2002; Verlagshäuser drängen dpa zum Umbau, in: Handelsblatt vom 27. 06. 2003. 645 Vgl. epd medien vom 17. 08. 2002. 646 Vgl. Pressemitteilung der ddp vom 25. 02. 2003. 647 Vgl. epd medien vom 07. 07. 2001. 648 Vgl. Meldung vom 16. 12. 2002 unter http://www.agenturjounalismus.de. 649 Vgl. epd medien vom 11. 07. 2001. 650 Siehe unter http://www.dpa.de. 222 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten und AFP stehen im Eigentum einer Vielzahl von Medienunternehmen.651 An dem Wirtschaftsinformationsdienst vwd sind zu gleichen Teilen die Verlagsgruppe Handelsblatt, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und Dow Jones beteiligt. Gesellschafter der Deutschen Fernsehnachrichten Agentur DFA sind die Rheinisch-Bergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH (Verleger der Rheinischen Post) mit 51 %, die Media Contact Verlagsgesellschaft mbH mit 23 % und die Infobonn Text-, Informations- und Pressebüro GmbH mit 26 %. Agenturähnlich tritt die zu AOL Time Warner gehörige CNN-Gruppe auf. CNN versorgt nicht nur die eigene Sendergruppierung mit Nachrichtenmaterial, sondern macht anderen Veranstaltern ihr Nachrichtenmaterial zur Weiterverwertung zugänglich. Der zur CNN-Gruppe gehörige Unternehmensbereich CNN Newsource bezeichnet sich als weltweit größten Zulieferer von Nachrichtenbeiträgen mit 650 network affiliates (d. h. an das Network angeschlossenen Sendern) und unabhängigen TV-Stationen in Nordamerika sowie 200 internationalen affiliates.652 Über die Beteiligung von CNN bzw. AOL Time Warner an den Nachrichtensendern n-tv und CNN Deutschland werden die Nachrichtendienste der CNN-Gruppe bis hin zum gemeinsamen Internetauftritt von n-tv und CNN in eine Wertschöpfungskette eingegliedert. Eine maßgebliche vertikale Verflechtung eines Fernsehveranstalters mit einer Nachrichtenagentur wurde dagegen jüngst gelöst: Die ddp war zuletzt eine 100 %ige Tochtergesellschaft der SevenOne Interactive, die wiederum zu 100 % der ProSiebenSAT.1 Media AG gehört. Letztere ist u. a. Alleingesellschafterin der Veranstalterin des Nachrichtenprogramms N24. Wie nach Redaktionsschluss bekannt wurde, wurden die Anteile an ddp im Wege eines ManagementBuy-Outs rückwirkend zum 01. 06. 2003 veräußert. Die Beteiligung wird nunmehr von der SFG Beteiligungs GmbH gehalten, deren Mehrheitsgesellschafter Mitglieder des Managements sind. Die enge Zusammenarbeit mit der ProSiebenSAT.1 Media AG soll jedoch beibehalten werden.653m Seltener als diese Fälle der Rückwärtsintegration der Rundfunkveranstalter (und Verleger) in die Beschaffungsebene ist der umgekehrte Fall des Vordringens einer Agentur in den Bereich der Fernsehveranstaltung. Ein Beispiel ist die Gründung des Fernsehsenders Bloomberg TV durch den gleichnamigen Wirtschaftsinformationsdienst. Die DFA hält eine 50 %ige Beteiligung an der Veranstalterin des Programms CNN Deutschland und ist Mehrheitsgesellschafterin der NBC (Europe) Ltd. Darüber hinaus ist sie an den Veranstaltern der Ballungsraumsender Hamburg 1 (92,7 %), FAB (40,58 %)654 und Saar TV beteiligt. Ihre Beteiligung an der Veranstalterin des Nachrichtensenders n-tv in Höhe von 0,25 % hat sie dagegen veräußert.655 Ebenfalls einen Fall der vertikalen Integration stellen die Angebote von Nachrichtenagenturen im Internet dar, mit denen sich die Agenturen direkt an die Rezipienten wenden. 2.4.4 Zugang zu Rechten an Informations- und Nachrichtenmaterial Gefahren für die Meinungsvielfalt bestünden, wenn Veranstalter, die nicht mit Rechteinhabern von Informations- und Nachrichtenmaterial verflochten sind, der Zugang zu den Rechten erschwert oder durch Exklusivitätsvereinbarungen verwehrt würde. Derartige Tendenzen sind jedoch derzeit nicht erkennbar. Fernsehveranstalter können sich eines breiten Angebots an Agenturdiensten und einer Vielzahl möglicher Informationsquellen bedienen. Zudem ist der Markt für die Be651 Vgl. Konzentrationsbericht der KEK 2000, S. 193 f. 652 Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.turner.com. Zur Unterscheidung von „affiliates“ und „station ownership“ s. Kap. II 1.2.6.2 und 1.2.8.5. 653 Pressemitteilung der SevenOne Intermedia vom 10. 09. 2003. 654 Nach Presseberichten hat die DFA ihre Anteile an FAB an die Fluggesellschaft Germania veräußert; vgl. Promedia 7/2003, S. 36. 655 Vgl. Beschluss der KEK vom 08. 04. 2003 i. S. n-tv, Az.: KEK 172. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 223 schaffung von Informations- und Nachrichtenmaterial in besonderem Maße von Kooperationen geprägt. Die gemeinsame Nutzung von Ressourcen ist erforderlich, um weltweite Ereignisse möglichst vollständig in der Berichterstattung abdecken zu können. Nicht nur die Nachrichtenagenturen arbeiten in Teilbereichen zusammen, sondern auch die Fernsehveranstalter sind auf gegenseitigen Programmaustausch vor allem im internationalen Verhältnis angewiesen. Die Unterhaltung weltweiter eigener Korrespondentennetze ist für einen Veranstalter in der Regel zu kostspielig. Anders ist die Situation, wenn – wie im Fall von CNN – ein internationales Sendernetzwerk besteht. CNN ist in den meisten europäischen Ländern mit eigenen Fernseh-Teams präsent. Das Programm von CNN International ist nach drei Zeitzonen strukturiert, die jeweils unterschiedlich mit aktuellen Informationen aus der Region und internationalen Nachrichten beliefert werden. Es werden weltweit 35 verschiedene Programme und Dienste angeboten.656 Für nur einen nationalen Markt würde sich die Unterhaltung einer solchen Struktur nicht rentieren. Zwar unterhalten die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender657 und in geringerem Umfang die privaten Sender eigene Korrespondentennetze oder -büros in und außerhalb Europas; auf bilaterale Kooperationen zwischen Veranstaltern kann dennoch nicht verzichtet werden. Das ZDF unterhält nach Presseberichten rund 70 Kooperationsverträge mit internationalen Sendern über den Austausch von Bildmaterial und Informationen.658 Internationale Kooperationen von Fernsehsendern sind insbesondere im Vorfeld und während besonderer Nachrichtenereignisse nützlich. Dabei werden – häufig zeitverzögert, aber auch simultan – Beiträge anderer Sender übernommen. Einen Sonderfall stellte die spontane Übernahme der LiveBerichterstattung von CNN über die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 dar. CNN hatte anderen Sendern das Bildmaterial unentgeltlich zur Verfügung gestellt.659 Im Vorfeld des zweiten Golfkriegs im Frühjahr 2003 wurde die Berichterstattung von den Fernsehveranstaltern in Deutschland außer durch die Entsendung eigener Korrespondenten durch eine Vielzahl von Kooperationsvereinbarungen abgesichert. Das ZDF konnte u. a. auf Videobilder des arabischen Senders Al Dschazira zugreifen, die ARD hatte u. a. Vereinbarungen mit CNN, ABC und Fox getroffen.660 Die Sender RTL und n-tv kooperierten vor allem mit CNN. Das ZDF erweiterte zuletzt den Kooperationsvertrag mit Al Dschazira und sicherte sich die Exklusivrechte auf live ausgestrahlte Nachrichten des Senders. Andere Sender dürfen die Bilder erst sechs Stunden nach der Erstausstrahlung zeigen.661 2.4.5 Vielfalt der Informationsquellen Unabhängig von der Ermöglichung des Zugangs zu Nachrichten- und Informationsmaterial durch den Rechteinhaber kann die Meinungsvielfalt auch dadurch gefährdet werden, dass alle oder wesentliche Informationen aus einer einzigen Quelle stammen. Inwieweit die Nachrichtenmeldungen und Informationen im Fernsehen auf nur eine oder eine Vielzahl von Informationsquellen zurückgehen, könnte nur durch eine komplexe vergleichende Analyse der ursprünglichen Meldungen und deren Umsetzung im Programm ermittelt werden. Wie bereits erwähnt, besteht im Nachrichtenbereich eine Vielzahl möglicher Informationsquellen. Informationsmonopole kön656 Vgl. Promedia 12/2002, S. 26, „Als Erste die News zu haben, ist unser weltweiter Anspruch“. 657 Z. B. verfügen die ARD-Rundfunkanstalten über für das Fernsehen berichtende Auslandskorrespondenten an 27 Stützpunkten weltweit, vgl. ARD Jahrbuch 2002, S. 248. Das ZDF unterhält 18 Inland- und 17 Auslandstudios, vgl. ZDF Jahrbuch 2002, S. 280. 658 Vgl. Handelsblatt vom 27. 03. 2003. 659 Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 04. 09. 2002. 660 Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 19. 03. 2003. 661 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. 05. 2003. 224 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten nen aber dann entstehen, wenn nur ein Anbieter über Nachrichtenmaterial zu einem singulären Ereignis verfügt. Als ein solcher Fall kann die Nachrichtensituation während des ersten Golfkriegs im Jahr 1991 angesehen werden. Im ersten Golfkrieg verfügte CNN über ein staatlich übertragenes Exklusivrecht für die US-amerikanische Militärberichterstattung. Neben den publizistischen Auswirkungen einer auf einen Anbieter beschränkten Berichterstattung bei einem Ereignis von derartiger Bedeutung hatte dies zur Folge, dass CNN als von der US-Regierung bestimmter Monopolist über Bildberichte zu Kriegshandlungen verfügte. Nach Angaben des Grimme-Instituts zahlte die ARD während dieses Golfkriegs als „Eintrittsgebühr zu Newsource“ 50.000 US-Dollar und für jede weitere Satellitenübertragung 5.000 US-Dollar.662 Der Rückgriff auf eine einzige oder wenige Informationsquelle(n) dürfte abhängig vom Nachrichtenereignis bisweilen unvermeidbar sein. Die daraus resultierenden Gefahren für die Meinungsvielfalt sind dabei geringer, solange die Medien die Meldungen selbst redaktionell bearbeiten. Vor allem im Bereich des Hörfunks ist aber die Tendenz zu beobachten, extern vorgefertigte Berichte zu senden oder zu verlesen. Eine Analyse der Zulieferbeziehungen zwischen Audiobzw. Radionachrichtendiensten und Hörfunksendern in Deutschland existiert derzeit nicht. Es ist jedoch erkennbar, dass in diesem Bereich eine Vielzahl von Dienstleistern tätig ist. Als Anbieter von sende- oder vorlesefähigen Nachrichtenbeiträgen für den Hörfunk fungieren Nachrichtenagenturen (z. B. dpa/RUFA) und spezielle Dienstleistungsunternehmen. Z. B. beliefert das RadioDienst AudioSyndication + Network, an dem ein Konsortium bayerischer Tageszeitungsverleger, ein Unternehmen der Oschmann-Gruppe und ein Konsortium bayerischer Medienunternehmer unter der Führung der Burda Broadcasting Media beteiligt sind, 70 Radiostationen (u. a. RTL Radio und Radio Melodie) stündlich mit Nachrichten.663 Auch in anderen Medienbereichen tätige Unternehmen beliefern Hörfunksender mit Nachrichtenbeiträgen; z. B. erstellt der InternetNachrichtenanbieter Netzeitung das komplette Nachrichtenprogramm für den bundesweiten Hörfunksender Klassik Radio und den Berliner Sender Spree-Radio.664 Inwieweit private Fernsehsender in ihren Nachrichten- und Informationsprogrammen sendeoder sprechfertige Meldungen von Agenturen oder Dienstleistern verwenden, ist nicht transparent. Erkennbar ist dagegen die koordinierte Verwertung von Nachrichtenbeiträgen innerhalb von Sendergruppierungen. Innerhalb der Senderfamilie der ProSiebenSAT.1 Media AG tritt der Sender N24 als zentraler Informationsdienstleister auf und beliefert SAT.1, ProSieben und Kabel 1 mit Nachrichten. Die Zulieferung von Nachrichteninhalten soll nach Vorstellungen und Maßgabe der Programmverantwortlichen der jeweiligen Sender erfolgen; es solle keinen „redaktionellen Einheitsbrei“ geben.665 Seit November 2001 verfügt auch die RTL Group über einen eigenen Nachrichtensender. Die RTL Television GmbH übernahm einen Anteil von 48,61 %666 an der Veranstalterin von n-tv, der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG.667 Eine N24 vergleichbare Rolle soll der Sender n-tv innerhalb der RTL Group nach Presseverlautbarungen des Unternehmens nicht spielen. Sendungen von n-tv sollen nicht von anderen Sendern der Gruppe übernommen werden;668 n-tv solle redaktionell unabhängig bleiben.669 Zumindest aber sollen 662 663 664 665 666 667 668 669 Vgl. Adolf Grimme Institut, Bundeszentrale für politische Bildung (u. a.), CD-Rom Bildbox für Millionen. Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.radiodienst.de. Vgl. Pressemitteilung der Netzeitung vom 23. 03. 2003. So Claus Larass, Vorstandsmitglied der ProSiebenSAT.1 Media AG für den Bereich Nachrichten, Informationen und politische Sendungen, im Geschäftsbericht 2001, S. 13. Medienrechtlich genehmigt ist die Übernahme weiterer 1,6 % der Anteile vom Verlag Norman Rentrop. Vgl. Beschlüsse der KEK i. S. n-tv vom 12. 11. 2002 und 11. 03. 2003, Az.: KEK 156, sowie vom 08. 04. 2003, Az.: 167/172/176. So Hans Mahr in der Financial Times Deutschland vom 19. 03. 2003. Kennth Jautz, Aufsichtsratsvorsitzender von n-tv, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. 03. 2003. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 225 Einspareffekte und Synergien durch den koordinierten Einsatz von Korrespondenten und Technik erzielt werden.670 Möglicherweise kann auch der unter den privaten Sendern im Bereich des Nachrichtenangebots führende Sender RTL durch einen erleichterten Zugriff auf Material von n-tv und dem n-tv-Mitgesellschafter CNN seine Nachrichtenkompetenz weiter verstärken.671 Auch wenn eine tatsächliche Verminderung der Meinungsvielfalt durch die Integration von Nachrichtensendern in Sendergruppierungen und die damit verbundenen Synergien und Rationalisierungsprozesse nicht ohne weiteres angenommen werden kann, so kann doch festgehalten werden, dass die Chance auf plurale Informationsvermittlung größer ist, wenn voneinander unabhängige Unternehmen in diesem Bereich tätig sind. 2.4.6 Fazit Dem Fernsehen kommt als einer der Hauptinformationsquellen über aktuelle Ereignisse aus Politik und öffentlichem Leben in diesem gesellschaftlich relevanten Bereich ein hohes Beeinflussungspotenzial zu. Im Markt für die Beschaffung von Informations- und Nachrichtenmaterial bestehen u. a. vertikale Verflechtungen zwischen Nachrichtenagenturen und Fernsehveranstaltern. Eine maßgebliche Verflechtung in diesem Bereich wurde durch die Veräußerung der Beteiligung der ProSiebenSAT.1 Media AG an der Nachrichtenagentur ddp indes gelöst. Neben Agenturdiensten und bilateralen Austauschvereinbarungen zwischen Veranstaltern bestehen zahlreiche weitere Informationsquellen. Veränderungen im Bereich des Zugangs von Fernsehveranstaltern zu Nachrichtenmaterial ergaben sich insoweit, als nach der Integration des Senders N24 in die ProSiebenSAT.1 Media AG nunmehr auch die RTL Group durch die Beteiligung an der Veranstalterin von n-tv über einen eigenen Nachrichtensender verfügt. Grundsätzlich besteht bei einer zentralen Belieferung von Sendern einer Sendergruppierung mit Nachrichtenmaterial oder auch einer gemeinsamen Nutzung von Informationsquellen, wie z. B. Korrespondenten, die Gefahr einer Homogenisierung der Inhalte. Die Meinungsvielfalt erscheint aber angesichts der zahlreichen bestehenden alternativen Informationsquellen nicht gefährdet. 2.5 Programmzeitschriften Nach der DSF-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts672 erfordert das Gebot der Vielfaltsicherung auch die Berücksichtigung vertikaler Verflechtungen von Fernsehveranstaltern und Eigentümern von Programmzeitschriften. Die Herausgabe einer Programmzeitschrift ist Teil der vertikalen Integrationsstrategie eines Fernsehveranstalters; zugleich stellt sie sich aus der Sicht eines diversifizierten Medienkonzerns als ein Fall diagonaler Konzentration dar, bei der ein Unternehmen verschiedene Medienmärkte miteinander verknüpft. Als Ursache spielen u. a. Strategien eine bedeutende Rolle, die auf Synergievorteile in Form von Cross-Promotion abzielen. Unter Cross-Promotion ist im weitesten Sinne eine redaktionelle Überkreuzwerbung für unterschiedliche Produkte des Medienkonzerns zu verstehen.673 Die in Tabelle II-53 aufgeführten größten Verlage im Programmzeitschriftenmarkt sind auch an Fernsehveranstaltern (mittelbar) beteiligt. Im Fall der Gruner + Jahr AG & Co. KG besteht eine Verflechtung der Bereiche Programmzeitschriften und Fernsehveranstaltung über die Konzernspitze, die 670 Z. B. berichtete die Korrespondentin Antonia Rados in getrennten Beiträgen sowohl für RTL als auch für n-tv vom Irakkrieg im Frühjahr 2003. 671 Zu den Beteiligungsverhältnissen bei n-tv siehe auch Kapitel II 1.2.5.2 AOL Time Warner. 672 Vgl. BVerfGE 95, 163,173. 673 Vgl. Gunnar Bender, Cross-Media-Ownership, Heidelberg 1999, S. 71. 226 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Verlag Fernsehsender Heinrich Bauer Verlag KG RTL II Axel Springer AG über die Beteiligung an der ProSiebenSAT.1 Media AG: SAT.1, ProSieben, Kabel 1, N24, NEUN LIVE Burda Verlag RTL II WAZ über die Beteiligung an der RTL Group: RTL, RTL II, VOX, Super RTL, n-tv Gruner + Jahr AG & Co. KG über die Obergesellschaft Bertelsmann AG: RTL, RTL II, VOX, Super RTL, n-tv Tabelle II-53: Verflechtungen von Programmzeitschriftenverlagen und Fernsehsendern Bertelsmann AG. Die Kirch Beteiligungs GmbH & Co. KG ist als Gesellschafter der Axel Springer AG ausgeschieden. Derzeit sind keine weiteren Beteiligungen von Fernsehveranstaltern an Programmzeitschriftenverlagen zu verzeichnen. Ein im Markt für Programmzeitschriften tätiges Verlagsunternehmen, das mit einem Fernsehveranstalter verflochten ist, hat generell die Möglichkeit, durch Platzierung, optische Aufmachung und Bewertung einer Sendung oder eines Kanals die Aufmerksamkeit der Leser zu wecken und in Richtung auf das „eigene“ Programm zu lenken. Es kann durch eine vorteilhafte Darstellung Anreize für die Leser schaffen, das Programmangebot des verflochtenen Senders zu nutzen, und somit dessen Erfolgschancen am Markt erhöhen. Inwieweit dies tatsächlich geschieht, ist schwer zu beurteilen. Dem Rezipienten ist an einer möglichst vollständigen Darstellung des Angebots gelegen. Hinweise auf spezielle Sendungen orientieren sich in der Regel an der zu erwartenden Zuschauerattraktivität und sind nicht auf einzelne Sendergruppierungen beschränkt. Gerade abseits der zuschauerattraktivsten Beiträge bietet sich jedoch die Möglichkeit, durch Hervorhebungen in der Programmpresse einem Angebot größere Öffentlichkeit zu verschaffen. Besonders wichtig dürfte im Zuge der Digitalisierung der Fernsehtechnik und der damit verbundenen Fülle der Programmangebote der Aspekt der Auffindbarkeit eines Programms innerhalb des umfangreichen Gesamtangebots werden. 2.5.1 Entwicklung des Programmzeitschriftenmarkts Für die Marktabgrenzung im Sinne von § 26 Abs. 2 Satz 2, 1. Alternative RStV ist entsprechend der Praxis des Bundeskartellamts das Bedarfsmarktkonzept anzuwenden. Danach sind Produkte demselben sachlich relevanten Markt zuzuordnen, die aus der Sicht der Verbraucher nach Preis, Güte und Verwendungszweck ohne weiteres austauschbar sind. Demgemäß bilden die entgeltlichen Programmzeitschriften einen eigenen Markt. Sie bieten eine mehr oder weniger vollständige Programmübersicht über sämtliche frei empfangbaren deutschen Fernsehprogramme, zum Teil auch mit dem Pay-TV-Angebot von Premiere, für einen Zeitraum von 1 bis 4 Wochen. Sie vertiefen die von den Sendern bereitgestellten Programminformationen in einem redaktionellen Mantel, in dem bestimmte Sendungen, wie z. B. Spielfilme, oder Mitwirkende, wie Schauspieler, Entertainer, Quizmaster usw., besonders dargestellt werden oder sonstige fernsehrelevante Beiträge enthalten sind. In diesem unterschiedlich ausgestalteten redaktionellen Mantel der Programmzeitschriften liegt das Differenzierungspotenzial der Verlage, die auf diese Weise Käufer an sich zu binden suchen. Die eigentliche Programminformation ist bei allen Zeitschriften homogen, da sie von den Sendern bestimmt und allen Verlagen kostenlos bereitgestellt wird. Der Programmzeitschriftenmarkt hat ein geschätztes durchschnittliches Auflagenvolumen von 20 Mio. Exemplaren. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 227 Der Markt für Programmzeitschriften ist seit langem durch enge Marktstrukturen gekennzeichnet. Bereits im Oktober 1981 hat das Bundeskartellamt den Zusammenschluss Burda/ Springer unter anderem mit der Begründung untersagt, dass er eine Verstärkung der überragenden Marktstellung von Springer auf dem Programmzeitschriftenmarkt erwarten lasse.674 Seinerzeit hatte Springer mit „Hörzu“ und „Funkuhr“ bei Verkaufsauflage, Bruttovertriebserlösen und Bruttogesamterlösen Marktanteile zwischen 46 und 50 %. Der Heinrich Bauer Verlag war 1981 mit den beiden Titeln „Fernsehwoche“ und „TV Hören und Sehen“ der zweitstärkste Programmzeitschriftenverlag mit Marktanteilen von 38 % (Verkaufsauflage), 35,7 % (Bruttovertriebserlöse) und 31,6 % (Bruttogesamterlöse). An dritter Stelle lagen Burda mit „Bild und Funk“ (8 bis 9 %) und Sebaldus mit „Gong“ (7,5 bis 9 %). Billigtitel und 14-tägige Programmzeitschriften gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die Marktverhältnisse haben sich mittlerweile wesentlich verändert. Die Anzahl der Titel ist auf über 20 angestiegen. In den 80er Jahren sind die Billigtitel „TV klar“ aus dem Heinrich Bauer Verlag und „TV neu“ aus dem Springer Verlag für 1,00 DM auf den Markt gekommen. Das Anfang der 90er Jahre entstandene Segment der 14-tägigen Titel mit „TV Spielfilm“, „TV Movie“ und „TV Today“ ist mittlerweile um „TV 14“ aus dem Heinrich Bauer Verlag und „TV direkt“ aus dem Verlag WAZ/Gong erweitert. Der von Gruner + Jahr erworbene ostdeutsche Wochentitel „ff dabei“ wurde zwischenzeitlich eingestellt. Seit Dezember 2002 ist mit „TV Sünde“ eine „Programmzeitschrift für Männer“ auf dem Markt. Der im 3-Wochen-Turnus bei der TV Spezial Media GmbH erscheinende Titel wird von der zum Axel Springer Verlag gehörigen Presse-Programm-Service GmbH (PPS) produziert.675 Auch die Beteiligungsverhältnisse haben sich zwischenzeitlich verändert. Durch das Gemeinschaftsunternehmen mit Rizzoli ist Burda mittelbar in unterschiedlicher Höhe an zur Verlagsgruppe Milchstraße gehörigen Zeitschriftenverlagen beteiligt. Nach einer Anteilserhöhung Anfang 2003 ist Burda über das Gemeinschaftsunternehmen Burda Rizzoli zu 80 % und über die Burda Holding International GmbH zu 20 % am Verlag von TV Spielfilm beteiligt. Die WAZ hat 75 % der Anteile am Gong-Verlag (Sebaldus) mit den Titeln „Gong + Bild und Funk“ und „TV direkt“ erworben. Das Bundeskartellamt hat den Zusammenschluss nicht untersagt, weil er nicht zu einer Marktanteilsaddition geführt hat und der Heinrich Bauer Verlag eine führende Stellung einnimmt.676 Von den 17 IVW-gemeldeten Titeln entfallen 7 auf den Heinrich Bauer Verlag. Der Heinrich Bauer Verlag ist mit einem durchschnittlichen Anteil an der Gesamtauflage der IVW-gemeldeten Programmzeitschriften von 52,47 % im Jahr 2002 marktführend (siehe Tab. II-54). Bei den 14-tägigen Programmzeitschriften liegt der Heinrich Bauer Verlag mit „TV Movie“ und „TV 14“ vor „TV Spielfilm“ der Verlagsgruppe Milchstraße. Bei den wöchentlichen Titeln erreicht die „Hörzu“ der Axel Springer AG die höchste Auflage, gefolgt von zwei Titeln des Heinrich Bauer Verlags („Auf einen Blick“ und „TV Hören und Sehen“). Der Abstand des Heinrich Bauer Verlags zum zweitstärksten Verleger von Programmzeitschriften, der Axel Springer AG (19,60 %), ist mit 32,87 Prozentpunkten erheblich. Es folgen der Burda Verlag (12,76 %), die WAZ-Gruppe (10,67 %) und die zum Bertelsmann-Konzern gehörige Gruner + Jahr AG & Co. KG (4,68 %). 674 Vgl. BKartA, WuW/E 1929 – Burda/Springer. 675 Vgl. Pressemitteilung der PPS vom 10. 12. 2002. 676 Vgl. Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts 1999/2000, S. 101. 228 2.5.2 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Supplements und sonstige Presseerzeugnisse Dem Markt für Programmzeitschriften nicht zuzurechnen sind die wöchentlichen kostenlosen TVBeilagen in anderen Zeitschriften oder Zeitungen (so genannte Supplements). Diese Supplements zeichnen sich durch ein kleineres Format, geringeren Umfang der Berichterstattung und vor allen Dingen auch einen dünnen redaktionellen Mantel aus. Darüber hinaus werden sie nicht bundesweit verbreitet und setzen den Kauf eines anderen Titels voraus. Die Beilage gleichwertiger TVMagazine wird von den Verlagen bewusst vermieden, weil sie sonst in das Risiko des unlauteren Tatbestands des Verschenkens von Originalware oder übertriebenen Anlockens (§ 1 UWG) laufen, denn die Copypreise der Zeitung oder Zeitschrift werden am Tag der Beilage nicht erhöht. Zahlreiche regionale Tageszeitungen enthalten keine Fernsehbeilage, sondern lediglich ein bis zwei Fernsehseiten im redaktionellen Teil der Zeitung. Die Fernsehseiten der Tageszeitungen sind mit den Programmzeitschriften ebenfalls nicht vergleichbar. Sie drucken nur teilweise das tägliche Programm ab und enthalten wenig darüber hinausgehende redaktionelle Berichterstattung. Bei den IVW-gemeldeten, programmbegleitenden Supplements steht die WAZ-Gruppe mit den Titeln „Prisma“, „IWZ“ und „BWZ“ mit einem Anteil von zusammen 53,63 % im Jahr 2002 vor der Bertelsmann AG, die über ihre Tochtergesellschaft Deutscher Supplement Verlag den Titel „RTV“ herausbringt.677 „RTV“ erreicht die mit Abstand höchste Einzelauflage bei den Supplements. Des Weiteren gibt die Gruner + Jahr AG & Co. KG, an der die Bertelsmann AG maßgeblich beteiligt ist, zusammen mit dem Magazin „Stern“ eine TV-Beilage heraus. Die Auflage des „Stern“ im Jahr 2002 betrug durchschnittlich 1,06 Mio. Exemplare. Der Deutsche Supplement Verlag stellt seit September 2002 auch die Redaktion für verschiedene Themenbereiche von „TV Karstadt“, einem Kundenmagazin mit TV-Programm (14-tägig, Testauflage 250.000 Exemplare, geplante Auflage für 2003: 350.000 Exemplare).678 Dieses ist nicht am Kiosk, sondern ausschließlich in KarstadtFilialen für einen Preis von 0,50 Euro erhältlich und stellt eine Mischform zwischen Programmund Kundenzeitschrift dar. Wie auch „TV Karstadt“ gehört das „Tchibo-Magazin“, das kostenlos in Tchibo-Filialen ausliegt und neben Produktinformationen auch das wöchentliche Fernsehprogramm enthält (wöchentliche Auflage 900.000 Exemplare679), eher in den Bereich der Kundenzeitschriften; Gleiches gilt für das monatliche Magazin „TV Apotheke“ (gedruckte Auflage 269.000).680 Angeblich plant auch die Handelskette Aldi eine eigene TV-Programmzeitschrift.681 Die gleichzeitige Präsentation von Warenangeboten und TV-Programm soll eine längere und intensivere Nutzung der Werbebroschüre bewirken. Die Auswirkungen von Billig- oder Gratis-Blättern auf den Markt für Programmzeitschriften können durchaus gravierend sein. Die Markentreue der Kunden wird bei Programmzeitschriften als eher gering eingeschätzt.682 677 Der zum Bertelsmann-Konzern gehörige Geschäftszweig Arvato AG ist zu 75 % am maul-belser Medienverbund beteiligt, die wiederum die Anteile am Deutschen Supplement Verlag hält. 678 Vgl. Pressemitteilung der KarstadtQuelle AG vom 12. 02. 2003. 679 Vgl. Handelsblatt vom 20. 09. 2002. 680 Angaben unter http://www.media-daten.de, Stand: 01. 01. 2002. 681 Vgl. Tagesspiegel vom 04. 11. 2002. 682 Vgl. Handelsblatt vom 20. 09. 2002. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk Programmzeitschrift Bauer Auf einen Blick TV Hören und Sehen Fernsehwoche TV Klar TV Movie (14-tgl.) TV 14 (14-tgl.) TV Pur (4-wöchentlich) Σ Springer Hörzu Funkuhr TV Neu Bildwoche Σ Burda/Verlagsgruppe Milchstraße Super TV TV Spielfilm (14-tgl.) Σ WAZ Gong plus Bild + Funk Die Zwei TV Direkt (14-tgl.) Σ Gruner + Jahr TV Today (14-tgl.) Programmzeitschriften insgesamt 229 1. Quartal 2002 in % Verkaufte Auflage 2. Quartal 2002 3. Quartal 2002 in % in % 4. Quartal 2002 in % 1.845.796 1.485.806 939.395 754.856 2.448.600 2.221.489 747.945 9,23 7,43 4,70 3,78 12,25 11,11 3,74 1.796.613 1.451.109 906.162 711.344 2.340.590 2.139.530 731.753 9,35 7,55 4,71 3,70 12,18 11,13 3,81 1.765.034 1.428.603 873.476 689.819 2.233.606 2.113.662 708.580 9,44 7,64 4,67 3,69 11,94 11,30 3,79 1.722.508 1.433.503 871.724 691.950 2.351.803 2.244.487 773.315 9,01 7,49 4,56 3,62 12,30 11,73 4,04 10.443.887 52,24 10.077.101 52,43 9.812.780 52,47 10.089.290 52,75 1.967.086 1.271.492 431.131 397.475 9,84 6,36 2,16 1,99 1.906.255 1.038.422 399.863 378.132 9,92 5,40 2,08 1,97 1.880.470 1.015.031 385.234 372.659 10,05 5,43 2,06 1,99 1.867.591 1.036.119 380.117 375.768 9,76 5,42 1,99 1,96 4.067.184 20,35 3.722.672 19,37 3.653.394 19,53 3.659.595 19,13 349.476 2.178.459 1,75 10,90 339.939 2.103.225 1,78 10,94 338.761 2.070.810 1,81 11,07 343.065 2.101.267 1,79 10,99 2.527.935 12,65 2.443.164 12,72 2.409.571 12,88 2.444.332 12,78 809.486 214.974 993.155 4,05 1,07 4,97 805.515 220.790 1.033.853 4,19 1,15 5,38 786.085 211.671 970.275 4,20 1,13 5,19 785.097 190.413 1.065.669 4,10 1,00 5,57 2.017.615 10,09 2.060.158 10,72 1.968.031 10,52 2.041.179 10,67 10,50 932.603 4,66 921.014 4,79 859.468 4,60 892.898 4,67 4,68 19.989.224 1001) 19.224.109 1001) 18.703.244 1001) 19.127.294 1001) 1001) TV-Supplements 2002 in % 52,47 19,60 12,76 1. Quartal 2002 in % Verbreitete Auflage 2. Quartal 2002 3. Quartal 2002 in % in % 4. Quartal 2002 in % 2002 in % Bertelsmann AG RTV (gesamt) 7.114.281 45,91 7.074.474 46,01 7.193.233 46,84 7.191.700 46,72 46,37 WAZ Prisma (gesamt) IWZ BWZ (gesamt) 4.952.479 1.753.398 1.675.069 31,96 11,32 10,81 4.899.825 1.746.745 1.656.027 31,86 11,36 10,77 4.805.998 1.731.472 1.627.896 31,29 11,27 10,60 4.823.741 1.736.275 1.639.888 31,34 11,28 10,65 8.380.946 54,09 8.302.597 53,99 8.165.366 53,16 8.199.904 53,28 53,63 15.495.227 100 15.605.194 100 15.358.599 100 15.391.604 100 100 Σ IVW-gemeldete TV-Supplements insgesamt 1)nDie Auflagen der von der IVW erfassten Programmzeitschriften wurden für eigene Berechnungen gleich 100 % gesetzt. Der tatsächliche Wert dürfte nur wenig darunter liegen. Tabelle II-54: Verkaufsauflagen Programmzeitschriften und Supplements Quelle: IVW Quartalszahlen 230 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten 2.5.3 Elektronische Programminformationsquellen Informationen zum Fernsehprogrammangebot liefern u. a. die Präsentationen der Programmzeitschriften und Supplements im Internet, Internetangebote von Fernsehsendern und anderen Anbietern (z. B. klack.de, tvgenial.de, TVinfo.de, tvtv.de), Videotextseiten sowie im Bereich des digitalen Fernsehens elektronische Programmführer (Electronic Programme Guide – EPG). Eigene EPGs werden bislang bei den digitalen Programmen von Premiere, RTL, ARD Digital und ZDF Vision, von Kabelnetzbetreibern (z. B. PrimaCom) und Set-Top-Box-Herstellern eingesetzt. Es bestehen grundsätzlich die gleichen Risiken wie bei Verflechtungen von Veranstaltern und Verlagen von Programmzeitschriften. Noch in stärkerem Maße als bei den Programmzeitschriften spielen bei den elektronischen Programmführern die Rangfolge und Auffindbarkeit der Programme eine wichtige Rolle. Mit fortschreitender Digitalisierung der Übertragungswege und der damit verbundenen Kanalvervielfachung werden EPGs an Bedeutung gewinnen.683 Die Vorteile des EPG sind: – – – – ständige parallele Nutzung zum Programmempfang, aktuelle Programminformation, direkte Ansteuerung des Videogerätes, Nutzung interaktiver Dienste. Verschiedene Medienkonzerne arbeiten an entsprechenden Lösungen. So beschäftigt sich z. B. die NIONEX GmbH, eine Tochtergesellschaft von Bertelsmanns Arvato AG, mit der Entwicklung von EPGs. Die zur Axel Springer AG gehörige PPS Presse-Programm-Service GmbH hat zusammen mit dem Technologieunternehmen GIST Communications einen interaktiven „Hörzu“-Programmführer konzipiert, der unabhängig und plattformübergreifend vermarktet werden soll.684 Der Heinrich Bauer Verlag sieht sich bei EPGs in Kooperation mit der ARD an der Spitze der Neuentwicklungen.685 Die Informationen sollen aus Modulen des Programm-Informationsdienstes der ARD und der Programm-Datenbank der Deutschen Mailbox stammen.686 Im Bereich der elektronischen Programminformationen bezeichnet sich der Heinrich Bauer Verlag mit seiner Marke „TV Movie“ als Vorreiter. „TV Movie“ spricht gezielt via Internet über PC, PDA (Personal Digital Assistant, tragbare Minicomputer) und Handy Programmempfehlungen aus.687 Neben diesen den Rezipienten unmittelbar zur Verfügung stehenden Informationsquellen existieren Informationsdienste, die Programmdaten sammeln und den Medien zur weiteren Verbreitung bereitstellen. Auch bei vertikaler Integration von derartigen Programminformationsdiensten und Programmveranstaltern besteht – sofern eine Auswahl oder Bewertung der Sendungen stattfindet – die Möglichkeit, eigene Programme vorteilhafter zu präsentieren. Die TV Information Services GmbH, die zum Bertelsmann-Konzern gehört, beliefert fast 70 Zeitungen, Magazine und Online-TV-Services im europäischen Raum mit druckfertigen Seiten bis hin zu datenbankgestützten Internet- und Digital-TV-Anwendungen.688 Als führender Anbieter von Programminformationen in Deutschland sieht sich die Presse-Programm-Service GmbH (PPS) an,689 an der 683 684 685 686 687 688 689 Siehe dazu Kap. II 2.7.6.4 Technische und administrative Dienstleistungen für digitales Fernsehen und Pay-TV. Vgl. Pressemitteilung von GIST zur Präsentation bei den Münchener Medientagen vom 16. bis 18. 10. 2002. Vgl. Geschäftsbericht der Heinrich Bauer Verlag KG 2002, S. 17. Vgl. epd medien vom 16. 03. 2002. Vgl. Geschäftsbericht der Heinrich Bauer Verlag KG 2002, S. 17. Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.deutscher-supplement-verlag.de. Vgl. Darstellung unter http://www.pps.de. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 231 die Axel Springer AG zu 90 % beteiligt ist. Sie unterhält eine Datenbank mit Informationen zu TV- und Radiosendern und beliefert mehr als 70 Tageszeitungen, 23 Programmzeitschriften und Supplements sowie zahlreiche elektronische Medien je nach Vereinbarung mit Programmdaten, Bildern und redaktionell aufbereiteten Zusatzinformationen (Inhaltsdarstellungen, Kritiken, Bewertungen). Programminformationen werden nach Darstellungen des Unternehmens u. a. für sämtliche Programmzeitschriften des Axel Springer Verlags, der WAZ, der Gruner + Jahr AG & Co. KG sowie für einen Titel des Burda Verlags geliefert. Eine etwaige Bevorzugung konzernzugehöriger Sender durch Informationsdienste wäre noch schwerer nachweisbar, als dies im Falle der redaktionellen Bearbeitung durch die Programmpresse ohnehin schon der Fall ist, denn es ist von außen nicht erkennbar, ob eine Bewertung von einem Programminformationsdienst übernommen oder von der Programmpresse selbst vorgenommen wurde. Da sich aber die Programminformationsdienste nicht nur an konzernzugehörige Medienunternehmen, sondern an einen möglichst großen Kundenkreis richten, der an einer von konzerngeleiteten Erwägungen des Dienstleisters freien Darstellung interessiert sein wird, ist es eher unwahrscheinlich, dass eigene Sender bevorzugt präsentiert werden. 2.5.4 Fazit Die unternehmerische Verflechtung von Fernsehveranstaltern und im Programmzeitschriftenmarkt tätigen Verlagsunternehmen ist unter dem Blickwinkel der Sicherung der Meinungsvielfalt von Belang, weil sie dem Veranstalter die Möglichkeit einräumt, über eine bevorzugte Präsentation des eigenen Programms die Zugangschancen zum Zuschauer gegenüber den Wettbewerbern zu erhöhen. Mit 17 IVW-gemeldeten Titeln besteht ein umfangreiches Angebot an Programmzeitschriften. In diesem Segment ist der Heinrich Bauer Verlag marktbeherrschend, aber auch Springer, Burda und die WAZ erzielen hohe Marktanteile. Die Bertelsmann AG verfügt – neben der WAZ – über eine starke Stellung im Bereich der Programm-Supplements. Neben den konkurrierenden Programmzeitschriften und Supplements stehen den Zuschauern weitere Informationsmöglichkeiten zur Verfügung, insbesondere durch elektronische Programmführer, die im Zuge der Digitalisierung der Übertragungswege an Bedeutung gewinnen werden. 2.6 Fernsehwerbung Der Werbemarkt ist nach der amtlichen Begründung zu § 26 RStV in die Beurteilung, ob vorherrschende Meinungsmacht vorliegt, als medienrelevanter verwandter Markt mit einzubeziehen. Kartellrechtlich wird der Fernsehwerbemarkt von der Werbung im Hörfunk- und Printbereich getrennt.690 Der Markt für Fernsehwerbung konstituiert sich aus der Nachfrage der werbetreibenden Unternehmen nach Sendezeit für Spots und Sponsoring, die von den Programmveranstaltern gegen Entgelt angeboten wird. Die Veranstalter treten im Werbemarkt als Anbieter auf, weil sie den werbetreibenden Unternehmen mit der Sendezeit in ihrem Fernsehprogramm Rezipientenbzw. Konsumentenkontakte (access to audience) verkaufen.691 Das bedeutet, dass der Fernsehveranstalter bei der Programmgestaltung neben redaktionellen Leistungszielen die Ansprüche der Werbetreibenden an das Werbeumfeld mit berücksichtigen wird. 690 Vgl. Immenga/Mestmäcker, Kommentar zum GWB, 3. Aufl., Vor § 35, Rn. 81. 691 Vgl. Robert G. Picard, Media Economics – Concept & Issues, California 1989; Jürgen Heinrich, Medienökonomie, Bd. 1, S. 119 ff. und Band 2, S. 177–184. 232 2.6.1 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Bedeutung der Fernsehwerbung für das private Fernsehen Werbung stellt nach wie vor die wesentliche Finanzierungsquelle im privaten, frei empfangbaren Fernsehen dar. Mehr als 90 % der Erträge dieser Veranstalter stammten im Jahr 2000 aus überregionaler Werbung.692 Andere Erlösmodelle (wie z. B. die Finanzierung über Zuschaueranrufe bei Verwendung von sog. Mehrwertnummern oder Teleshopping) sind bislang eher selten. Eine Nebenerlösquelle ist das Merchandising, d. h. die Vermarktung programmbezogener Produkte durch den Veranstalter oder andere Unternehmen. Merchandising dient dem Aufbau eigener Marken und ist vor allem im Bereich der Kinderprogramme nicht unbedeutend. Insbesondere Kinderserien und Spielwarenhandel befördern wechselseitig ihren Markterfolg. Zum Teil werden die Erfolgsaussichten im Merchandising zu einem entscheidenden Faktor bei der Programmgestaltung. So entwickelt z. B. der Sender Super RTL neue Programme, basierend auf gemeinsamen Vorüberlegungen mit der werbetreibenden Industrie.693 Durch den Vertrieb von Merchandisingprodukten wird nicht nur zusätzlicher Umsatz generiert, sondern vor allem auch die Zuschauerbindung verstärkt. Hohe stabile Zuschaueranteile sichern wiederum die Finanzierung des Senders durch Werbeeinnahmen ab. Hohe Reichweiten in den werberelevanten Zielgruppen führen zu einer erhöhten Attraktivität des Werbeträgers für die werbetreibende Wirtschaft. Die dadurch vermehrten Werbeeinnahmen können in attraktive Programminhalte investiert werden, wodurch weitere Zuschaueranteile hinzugewonnen werden können. Dies führt erneut zu einer Steigerung der Werbeeinnahmen. Dieser Zusammenhang wird als Werbeeinnahmen-Reichweitenspirale bezeichnet. Die Sender können auf diese Weise ihre Marktstellung sichern und weiter ausbauen. Der Werbeumsatz eines Fernsehveranstalters ist ein Indikator dafür, wie der Markt Reichweite und Akzeptanz seiner Angebote bewertet. Zu unterscheiden sind Brutto- und Nettowerbeumsätze. Bruttowerbeeinnahmen werden auf Basis der Listenpreise für Werbespots ermittelt. In Deutschland führt die Nielsen Media Research GmbH (ehemals A. C. Nielsen Werbeforschung S + P) entsprechende Untersuchungen durch. Den Nettowerbeumsatz erfasst der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) aufgrund von Meldungen der angeschlossenen Verbände der Werbewirtschaft. Im Fernsehbereich zählen die ARD-Werbung SALES & SERVICES, ZDF Werbefernsehen, IP Deutschland, ProSiebenSAT.1 Media AG und der VPRT zu den Mitgliedern. Zur Ermittlung der Nettowerbeeinnahmen werden Rabatte (z. B. Mengen-, Konzern-, Frühbucher-, Last-Minute-Rabatte), Provisionen der Mediaagenturen und Freispots694 abgezogen. Einige Sender beziehen neben den Erlösen aus Spotwerbung auch Sponsoringeinnahmen und Gegenleistungen (sog. Bartering)695 in ihre Kalkulation ein. 692 Vgl. Die Landesmedienanstalten, Beschäftigte und wirtschaftliche Lage des Rundfunks in Deutschland 1999/2000, Schriftenreihe der Landesmedienanstalten, Band 24, Berlin 2002, S. 84. 693 Claude Schmit, Geschäftsführer von Super RTL, laut Süddeutscher Zeitung vom 07. 12. 2002. 694 Freispots werden z. B. dann gewährt, wenn Tausendkontaktpreis-Garantien nicht eingehalten wurden. Der Tausendkontaktpreis (TKP) ist neben der jeweiligen Zielgruppe der entscheidende Indikator für die Auswahl eines Werbeträgers. Er gibt an, wie viel es kostet, mit einem Werbespot in einem bestimmten Programm 1.000 Zuschauer, d. h. 1.000 Werbekontakte, zu erreichen. Basis der Ermittlung des TKP ist der Werbegrundpreis (auch Spotpreis), d. h. der Preis für eine bestimmte Zeiteinheit (üblicherweise 30 Sekunden) Werbung im TV-Programm. Der Werbegrundpreis differiert nach Jahres- und Tageszeit, Programmumfeld und vermuteter Reichweite. Da es sich bei der Reichweitenangabe lediglich um einen Prognosewert handelt, werden häufig Tausenderpreisgarantien gewährt, die dem Kunden bei Nichterreichen der versprochenen Reichweite das Recht zur kostenlosen Ausstrahlung in einem anderen Werbeumfeld einräumen. 695 Beim Bartering stellt der Werbetreibende dem Veranstalter Programm zur Verfügung und erhält im Gegenzug kostenlose Werbezeit. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 233 Die ermittelten Brutto- und Nettowerbeumsätze weichen häufig stark voneinander ab. Die Bruttozahlen liegen bis nahezu 50 % über den tatsächlich gezahlten Beträgen.696 Insbesondere die großen Vermarktungsagenturen, die für zahlreiche Sender Werbezeiten verkaufen, können fein abgestimmte Rabattsysteme in größerem Umfang einsetzen. 2.6.2 Entwicklung des TV-Werbemarkts Das Fernsehen ist mit einem Anteil von 43,6 % an den gesamten Bruttowerbeaufwendungen in den klassischen Medien im Jahr 2002 nach den Printmedien (48,0 %) der größte Werbeträger. Der Abstand zu den nachfolgenden Werbeträgern Hörfunk (5,4 %) und Plakat (3,0 %) ist erheblich. Noch nicht ausreichend erfasst werden die Ausgaben für Online-Werbung. Nielsen Media Research schätzt den Anteil von Online-Werbeausgaben auf 1,5 % des gesamten Werbevolumens.697 Nach Presseberichten sollen allerdings die Preisabschläge in diesem Bereich wesentlich höher sein als bei Printmedien oder im TV-Bereich, so dass der Anteil am Nettowerbemarkt noch unter 1,5 % liegen dürfte. Bis zum Jahr 2000 sind laut Nielsen Media Research die Bruttowerbeeinnahmen der klassischen Medien kontinuierlich gewachsen (siehe Abb. II-20). Sie erreichten im Jahr 2000 einen Höchststand von 18 Milliarden Euro. Mit dem für das Jahr 2001 verzeichneten Einbruch des Werbemarkts sanken die Bruttowerbeeinnahmen im Bereich des Fernsehens um 5,2 %. Noch stärkere Einbußen mussten die Werbeträger im Bereich Hörfunk (minus 10,5 %) hinnehmen; im Bereich Print lagen sie bei 3,7 %. Im Jahr 2002 reduzierten sich die Bruttowerbeeinnahmen gegenüber dem Vorjahr 10000 Bruttowerbeumsatz in Mio. Euro 9000 8000 7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0 1995 1996 1997 1998 TV 1999 Hörfunk 2000 2001 2002 Print Abbildung II-20: Bruttowerbeumsatz der Werbeträger TV, Hörfunk und Print in Mio. Euro Quelle: Michael Heffler, Der Werbemarkt 2002, in: Media Perspektiven 6/2003, S. 269 ff., dort angegebene Quelle: Nielsen Media Research 696 Vgl. Michael Heffler, Der Werbemarkt 2002, in: Media Perspektiven 6/2003, S. 269 ff., hier S. 275. 697 Vgl. Pressemitteilung vom 21. 10. 2002 unter http://www.nielsen-media.de. 234 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten abermals: Der Umsatzrückgang war jedoch für die Werbeträger TV (minus 4,2 %) und Hörfunk (minus 3,9 %) nicht mehr ganz so drastisch wie im Vorjahr; dafür gingen die Umsätze im Bereich Print stärker zurück (minus 4,6 %).698 Die TV-Bruttowerbeeinnahmen, die zum Jahr 2000 sprunghaft gestiegen waren, liegen im Jahr 2002 noch relativ deutlich über dem Niveau von 1999. Die Werbeausgaben im Internet sind entgegen dem allgemeinen negativen Werbetrend gestiegen. In den ersten drei Quartalen 2002 wurden nach einer Untersuchung von Nielsen Media Research 174,7 Mio. Euro in Online-Werbung investiert. Dies bedeutet ein Wachstum gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 12,6 %.699 Für 2003 hat das Prognos Institut in seiner Untersuchung eine Steigerung der Fernsehwerbeeinnahmen von 1,1 % vorausgesagt.700 Erst gegen Ende des Jahres 2003 werde die „steigende Konsumentenneigung und ein langsam wiederkehrendes Vertrauen in die Wirtschaft“ eine Aufwärtsbewegung bewirken. Für 2004 wird ein Wachstum um 7,3 % prognostiziert. Die stärkste Nachfrage nach Werbezeiten ging im Jahr 2001 von den Branchen Schokolade/ Süßwaren, Automobilmarkt und Telekommunikation aus (siehe Tab. II-55). Insbesondere Telekommunikationsunternehmen haben ihre Werbeausgaben drastisch zurückgefahren. Die Werbeausgaben wurden innerhalb dieser Branche im Jahr 2001 gegenüber dem Vorjahr um mehr als 38 % gesenkt. Nach einer Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Informationsgesellschaft701 hat allein die Deutsche Telekom AG ihre Werbeausgaben im Jahr 2001 halbiert und dem Werbemarkt so 100 Mio. Euro entzogen. T-Mobile habe die Werbeausgaben von 153 auf 82 Mio. Euro gesenkt, Viag Interkom von 129 auf 74 Mio. Euro. Die Kürzung der Werbeetats zahlreicher Unternehmen bewirkt vermutlich einen kurzfristigen Angebotsüberhang an Werbezeiten auf Seiten der Sender. Laut Presseberichten verliefen die Einbuchungen für das Jahr 2003 selbst bei großen Veranstaltern zunächst zurückhaltend.702 Dies kann sich in einer verstärkten Gewährung von Rabatten und sonstigen Vergünstigungen niederschlagen. Der Bruttowerbeumsatz im gesamten TV-Werbemarkt liegt 2001 mit 7,566 Mrd. Euro um Branche 01. Schokolade und Süßwaren 02. Automarkt 03. Telekommunikation 04. Massenmedien 05. Pharmazie Publikumswerbung 06. Spezialversender 07. Bier 08. Haarpflege 09. Finanzdienstleistungen 10. Bild- und Tonträger Bruttowerbeaufwand im Fernsehen 2001 in Tausend Euro Veränderung zu 2000 in Prozent Bruttowerbeaufwand in allen Medien 2001 in Tausend Euro Veränderung zu 2000 in Prozent 559.300 525.181 430.217 353.153 313.072 291.550 246.128 206.874 199.546 195.572 –07,0 –06,7 –27,2 –10,0 +04,9 +35,4 –02,8 +07,5 +06,3 +18,7 0.602.778 1.542.592 0.778.952 1.702.588 0.573.953 0.592.532 0.361.290 0.272.094 0.527.161 0.234.455 –08,0 +00,1 –38,7 –00,5 +02,7 +27,9 –07,2 +11,3 –10,1 +16,4 Tabelle II-55: Bruttowerbeaufwendungen der 10 größten Branchen in der Fernsehwerbung Quelle: Julia Engländer, Der Werbemarkt 2001, in: Media Perspektiven 6/2002, dort angegebene Quelle: A. C. Nielsen Werbeforschung S + P; eigene Berechnungen 698 699 700 701 Vgl. Michael Heffler, Der Werbemarkt 2002, in: Media Perspektiven 6/2003, S. 269 ff. Vgl. Pressemitteilung vom 21. 10. 2002 unter http://www.nielsen-media.de. Studie im Auftrag von SevenOneMedia, vgl. Pressemitteilung der SevenOneMedia vom 17. 10. 2002. Vgl. Robin Meyer-Lucht, Sinkende Auflagen, Einbrüche im Anzeigengeschäft, Konkurrent Internet. Die Krise auf dem deutschen Tageszeitungsmarkt, Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Informationsgesellschaft Nr. 9/2003, S. 8.m 702 Vgl. Financial Times Deutschland vom 06. 11. 2002 und 02. 12. 2002. 6.942,53 211,35 260,75 110,41 3.376,11 1.567,06 1.453,43 355,62 2.745,02 7.977,80 232,26 272,34 134,80 3.591,05 1.656,22 1.518,99 415,84 3.135,66 2.176,47 495,18 168,00 296,01 7.566,36 194,57 229,71 91,54 3.436,58 1.494,82 1.527,47 414,29 3.120,97 2.159,84 469,00 185,01 307,12 Bruttowerbeumsatz 2000 2001 1.947,39 378,37 156,42 262,84 1999 Tabelle II-56: Werbeumsätze der Fernsehsender (in Mio. Euro) Quelle: Heffler, a. a. O., S. 275; IP Deutschland, Media Perspektiven Basisdaten 6.538,61 209,57 ZDF Σ TV Gesamt 258,22 3.270,09 Σ ProSiebenSAT.1 Media AG ARD 1.537,62 1.413,16 319,31 SAT.1 ProSieben Kabel 1 89,94 2.579,55 Σ RTL Group n-tv 1.862,96 342,68 123,02 250,89 1998 RTL RTL II Super RTL VOX Sender 7.248,81 152,22 190,08 75,78 3.272,38 1.437,61 1.456,26 378,51 3.037,00 2.133,27 392,10 168,18 343,45 2002 4.041,70 159,50 180,10 k. A. 1.898,50 909,10 827,80 161,60 1.625,40 1.196,40 213,20 63,40 152,40 1998 4.317,60 160,90 183,60 63,00 1.986,30 943,80 848,20 194,30 1.720,70 1.244,50 227,00 83,30 165,90 1999 4.709,14 178,78 192,77 93,04 2.091,69 982,19 882,49 227,01 1.922,30 1.345,70 293,90 92,70 190,00 4.469,03 147,77 166,73 56,33 1.952,00 858,00 875,00 219,00 1.819,00 1.274,50 255,10 91,10 198,30 Nettowerbeumsatz 2000 2001 3.956,41 116,10 136,71 39,50 1.779,00 795,00 786,00 198,00 1.698,10 1.180,50 214,30 86,60 216,70 2002 Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 235 236 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten 412 Mio. Euro unter dem Ergebnis des Vorjahrs. Im Jahr 2002 sank er um weitere 317 Mio. Euro auf 7,249 Mio. Euro.703 Da Rabatte etc. bei der Angabe von Bruttowerbeumsätzen nicht abgezogen werden, können sie u. U. ein positiveres Bild der wirtschaftlichen Lage im Werbemarkt zeichnen, als es den Tatsachen entspricht. So gingen die Bruttowerbeumsätze im Fernsehen im Jahr 2002 gegenüber dem Vorjahr um 4,2 % zurück. Vergleicht man aber die Nettowerte, so betrug die Einbuße 11,5 %. Die Abweichung der Brutto- von den Nettowerbeumsätzen im Fernsehen betrug im Jahr 2002 durchschnittlich 45 % gegenüber 41 % in den Jahren 2001 und 2000.704 Die Entwicklung der Brutto- und Nettowerbeumsätze von 2000 bis 2002 gibt Tabelle II-56 (S. 235) wieder. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ist zu berücksichtigen, dass Gebühreneinnahmen den Großteil der Finanzierungsbasis ausmachen. Die ARD erhielt im Jahr 2001 TV-Gebühren in Höhe von 2.539,88 Mio. Euro, das ZDF 1.540,66 Mio. Euro.705 2.6.3 Marktanteile der Fernsehsender Die folgende Übersicht (Abb. II-21) zeigt die Entwicklung der Nettowerbeumsätze der größten Werbeträger unter den privaten Fernsehveranstaltern, RTL, SAT.1 und ProSieben, sowie von ARD und ZDF. Die Umsätze der abgebildeten privaten Sender sind bis zum Jahr 2000 kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2001 sind die Umsätze bei nahezu allen privaten Veranstaltern eingebrochen. Unter den in Abbildung II-21 gezeigten Sendern wird der Umsatzrückgang vor allem bei SAT.1 (minus 12,6 %) deutlich. Stark betroffen vom Rückgang der Werbeaufwendungen war auch der 1600 Nettowerbeumsätze in Mio. Euro 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 1990 1991 1992 1993 RTL 1994 1995 SAT.1 1996 1997 ProSieben 1998 1999 2000 2001 2002 ARD/ZDF Abbildung II-21: Nettowerbeumsätze der drei größten Werbeträger unter den privaten Sendern und der öffentlichrechtlichen Sender Quelle: Media Perspektiven Basisdaten und Michael Heffler, a. a. O., S. 274 703 Vgl. Michael Heffler, Der Werbemarkt 2002, in: Media Perspektiven 6/2003, S. 270. 704 Michael Heffler, a. a. O., S. 275. 705 ARD Jahrbuch 2002, S. 322. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 237 Sender n-tv (s. o. Tab. II-56). Die Nettowerbeumsätze gingen dort gegenüber dem Vorjahr um 40 % zurück. Dazu hat sicherlich das Ende der Welle von Börsengängen und der Wegfall der damit verbundenen Werbung der Unternehmen beigetragen.706 Auch ARD und ZDF verzeichneten deutliche Rückgänge bei den Werbeeinnahmen. Betrachtet man die Brutto- und Nettowerbemarktanteile der Fernsehsender in Prozent, so unterscheidet sich die Aufteilung des Markts nicht wesentlich.707 Tabelle II-57 gibt einen Überblick über die Entwicklung der Bruttowerbemarktanteile der Fernsehsender. RTL nimmt nach wie vor die führende Position im Fernsehwerbemarkt ein. Der Sender erreichte im Jahr 2002 einen Anteil am gesamten Bruttowerbeumsatz von 29,43 %, gefolgt von ProSieben mit 20,09 % und SAT.1 mit 19,83 %. Neben redaktionellen und auf Zuschauerakzeptanz gerichteten Zielen spielt die wirtschaftliche Notwendigkeit, eine gute Werbezeitenauslastung bei möglichst hohen Spotpreisen zu erreichen, eine bedeutende Rolle bei der Programmgestaltung. Mit den Programmen wollen die Veranstalter in der Regel nicht nur generell hohe Zuschauerzahlen erreichen, sondern bestimmte Zielgruppen ansprechen, die die Werbeeinbuchungen der Werbewirtschaft befördern. Zielgruppe der Werbewirtschaft sind in der Regel die 14- bis 49-Jährigen. Diese Bevölkerungsgruppe gilt bei Mediaplanern und Werbeagenturen als besonders konsumfreudig und aufgeschlossen bei der Markenwahl.708 Ausschlaggebend für die Werbeeinbuchungen sind daher hauptsächlich die Sender 19981) 19991) 20002) 20012) 20023) RTL RTL II VOX Super RTL 28,5 05,2 03,8 01,9 28,1 05,4 03,8 02,3 27,28 06,21 03,71 02,11 28,55 06,20 04,06 02,45 29,43 05,41 04,74 02,32 Σ RTL Group 39,4 39,6 39,31 41,25 41,90 ProSieben SAT.1 Kabel 1 N24 NEUN LIVE 21,6 23,5 04,9 00,– 00,– 20,9 22,6 05,1 00,– 00,– 19,04 20,76 05,21 000,– 000,– 20,19 19,76 05,48 00,18 00,16 20,09 19,83 05,22 00,23 00,20 Σ ProSiebenSAT.1 Media AG 50,0 48,6 45,01 45,77 45,57 DSF 02,0 02,4 02,53 02,73 02,98 Σ KirchMedia und ProSiebenSAT.1 Media AG 52,0 51,0 47,54 48,50 48,55 n-tv (seit 11/2002 der RTL Group zuzurechnen) 01,4 01,6 01,69 01,21 01,05 VIVA k. A. k. A. 01,27 01,95 02,01 MTV k. A. k. A. 01,71 01,50 01,77 tm3 k. A. 01,0 02,16 000,– 000,– ARD/ZDF 06,5 06,8 06,33 05,61 04,72 Tabelle II-57: Marktanteile der Sender nach Bruttowerbeumsatz in Prozent Quelle: 1) IP Deutschland, Television 1999 und 2000, dort angegebene Quelle: A. C. Nielsen Werbeforschung S + P; 2) Julia Engländer, Werbemarkt 2001, in: Media Perspektiven 6/2002, S. 247, dort angegebene Quelle: ARD Werbung SALES & SERVICES; 3) Michael Heffler, Werbemarkt 2002, in: Media Perspektiven 6/2003, S. 274, dort angegebene Quelle: Nielsen Media Research; eigene Berechnungen 706 Vgl. Tendenz 3/2002, S. 16. 707 Siehe Tabelle II-58. Eine genaue Angabe der Nettowerbemarktanteile der der KirchMedia zuzurechnenden Sender ist aber nicht möglich, da nicht zu allen Sendern entsprechende Angaben vorliegen. 708 Vgl. Marc Bauder, Der deutsche Free-TV-Markt: Chancen für neue Anbieter?, S. 49. 238 Sender Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Anteil Zuschauer ab 3 Jahren Anteil Zuschauer 14 bis 49 Jahre Anteil am Bruttowerbemarkt Anteil am Nettowerbemarkt RTL RTL II VOX Super RTL 14,8 04,0 03,1 02,8 17,9 05,7 04,3 02,4 28,55 06,20 04,06 02,45 28,52 05,71 04,44 02,04 Σ RTL Group 24,7 30,3 41,25 40,71 ProSieben SAT.1 Kabel 1 DSF N24 NEUN LIVE 08,0 10,1 05,0 01,0 k. A. 00,5 13,3 11,6 05,2 01,1 k. A. 00,5 20,19 19,76 05,48 02,73 00,18 00,16 19,58 19,20 04,90 k. A. k. A. k. A. Σ KirchGruppe 24,6 31,7 48,50 ca. 43,68 ca. n-tv 00,7 00,8 01,21 01,26 Tabelle II-58: Zuschaueranteile und Anteile am Bruttowerbemarkt 2001 in Prozent Quelle: medien aktuell vom 07. 01. 2002, Media Perspektiven 6/2002, eigene Berechnungen Zuschaueranteile in dieser werberelevanten Zielgruppe. In Tabelle II-58 werden Zuschaueranteile und Werbemarktanteile der Fernsehveranstalter gegenübergestellt. Es zeigt sich deutlich der Zusammenhang zwischen dem Zuschaueranteil in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen und dem Anteil am Bruttowerbemarkt. Der Zuschaueranteil von ProSieben liegt bei den gesamten Zuschauern ab 3 Jahren um 2 Prozentpunkte hinter dem von SAT.1 zurück. In Hinblick auf den Zuschaueranteil in der werberelevanten Zielgruppe und den Werbemarktanteil liegt ProSieben dagegen noch vor SAT.1. Die Stärke in der werberelevanten Zielgruppe spielt demnach eine bedeutende Rolle für die Stellung von ProSieben im Werbemarkt. Der Sender Super RTL wird dagegen vor allem von Zuschauern zwischen 3 und 13 Jahren genutzt; der Anteil in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen liegt daher um 0,4 Prozentpunkte unter dem Gesamtzuschaueranteil. Anders als bei den anderen aufgeführten Programmen liegt auch der Wert des Werbemarktanteils hier unter dem des Gesamtzuschaueranteils.709 Damit ist jedoch keine abschließende Aussage über die wirtschaftliche Ertragslage der Sender getroffen, da diese auch, wie gerade Super RTL, andere Erlösmodelle verfolgen können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass für Kinderprogramme gemäß § 44 Abs. 1 RStV nur eingeschränkt Werbung geschaltet werden darf.710 Die drei größten Anbieter RTL, ProSieben und SAT.1 erreichen im Jahr 2002 zusammen einen Anteil am Bruttowerbemarkt von 69,35 % (2001: 68,5 %) und erfüllen damit die qualifizierte Marktbeherrschungsvermutung nach § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GWB. Das Bundeskartellamt hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1998711 hinsichtlich dieser drei Sender, die zu diesem Zeitpunkt zusammen einen Anteil von etwa 75 % des Bruttowerbemarkts auf sich vereinigten, offen gelassen, ob zwischen diesen Unternehmen oder den Senderfamilien der CLT-UFA und der KirchGruppe noch wesentlicher Wettbewerb besteht. Nach dem Bundeskartellamt steht jedoch fest, dass der Verhaltensspielraum der Oligopolunternehmen RTL, ProSieben und SAT.1 weder durch die öffentlich-rechtlichen Sender noch durch die nicht mit den Senderfamilien CLT-UFA 709 Dies gilt auch für NEUN LIVE. Dort werden jedoch zwischen 11 und 24 Uhr keine Werbespots geschaltet. 710 Danach dürfen Sendungen für Kinder nicht durch Werbung unterbrochen werden. 711 Vgl. Bundeskartellamt B6-92201-U-72/98; so auch die Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1996/1997, Tz. 510. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 239 und KirchGruppe verflochtenen übrigen privaten Fernsehveranstalter wirksam eingeschränkt werde. ARD und ZDF sind aufgrund rundfunkrechtlicher Vorgaben in ihren Werbezeiten beschränkt; so können sie in der Prime Time ab 20:00 Uhr gar nicht am Wettbewerb teilnehmen. Bei den übrigen Veranstaltern handele es sich vornehmlich um Spartensender mit geringen Marktanteilen, deren Zuschauerprofile von denen der Vollprogramme bedeutend abwichen. Auch diese Veranstalter könnten daher nicht in ein wirksames Wettbewerbsverhältnis zu den Oligopolmitgliedern treten. Auch wenn die KirchGruppe als Sendergruppierung in der bisherigen Form nicht mehr existiert, so besteht doch weiterhin ein Oligopol der drei größten Sender im Werbemarkt. Mit der RTL Group und den Sendern der ProSiebenSAT.1 Media AG bestehen weiterhin zwei große Senderfamilien, die im Jahr 2002 87,47 % des Werbemarkts untereinander aufteilten.712 Die Monopolkommission hatte in ihrem 1998 veröffentlichten XII. Hauptgutachten ebenfalls bezweifelt, ob künftig von wesentlichem Binnenwettbewerb zwischen den Oligopolisten auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt auszugehen ist. Sie wies darauf hin, dass Gruppeneffekte im Fall von Verflechtungen zwischen den Oligopolisten auf benachbarten Märkten darauf hinwirken können, dass die Unternehmen auf ihre gegenseitigen Interessen auf den Fernsehwerbemärkten Rücksicht nehmen. Derartige Verflechtungen sind zur Zeit nicht festzustellen. Zwar betreiben die RTL Group und die ProSiebenSAT.1 Media AG das Joint Venture VG Media. Dabei handelt es sich um eine Verwertungsgesellschaft, die für Radio- und Hörfunkunternehmen Urheber- und Leistungsschutzrechte an der Kabelweitersendung nach § 20 b Urheberrechtsgesetz wahrnimmt. Die EU-Kommission hat das Vorhaben freigegeben, da der gesetzliche Wahrnehmungszwang VG Media verpflichtet, für jeden Urheber- und Leistungsschutzberechtigten tätig zu werden, und eine Abschottung des Marktes demnach nicht zu erwarten sei.713 Dass diese Zusammenarbeit zu einer stillschweigenden Koordination im Fernsehwerbemarkt führen könnte, ist nicht ersichtlich. 2.6.4 Vermarktungsgesellschaften Die RTL Group und die ProSiebenSAT.1 Media AG verfügen mit der IP Deutschland GmbH bzw. mit der SevenOne Media GmbH über eigene große Vermarktungsgesellschaften, die den Werbezeitenverkauf für mehrere Sender wahrnehmen. Sowohl IP Deutschland als auch SevenOne Media verfügen neben einem „Flaggschiff“-Sender über komplementär positionierte Programme mit einem breiten Spektrum an Zielgruppen. IP Deutschland vermarktet die Werbezeiten von RTL, RTL II, Super RTL, VOX und dem Teleshopping-Sender RTL Shop. Zudem hat IP Deutschland im Zuge des Gesellschaftereintritts der RTL Group bei der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG seit dem 01. 03. 2003 auch die Vermarktung von n-tv übernommen. Nach Presseberichten will die Vermarktung von RTL II ab dem Jahr 2004 eine 100 %ige Tochtergesellschaft des Senders, die EL Cartel GmbH, übernehmen. Das Unternehmen will darüber hinaus als Vermarkter für weitere Sender auftreten und soll „als dritte Kraft im Markt“ etabliert werden.714 SevenOne Media vermarktet Werbezeiten der Sender ProSieben, SAT.1, Kabel 1 und N24. Darüber hinaus besteht eine Vermarktungskooperation der SevenOne Media mit der Axel Springer AG. Nach dem gemeinsamen crossmedialen Angebot können Werbetreibende in den von SevenOne 712 Zusammen mit dem Sender DSF, der im Jahr 2002 noch der Kirch Media GmbH & Co. KGaA zuzurechnen war, lag der Bruttowerbemarktanteil der beiden Sendergruppierungen sogar bei 90,45 %. 713 Vgl. Europäische Kommission, Entscheidung vom 21. 05. 2002, COMP/M. 2723 – RTL/ProSiebenSAT.1/VG Media.m 714 So der Geschäftsführer Christian Overlack-Baudis, in: werben & verkaufen vom 27. 06. 2003. 240 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Media vermarkteten TV-Sendern und sämtlichen Zeitungen und Zeitschriften des Axel Springer Verlags sowie über Internet, Teletext und mobile Dienste Werbung schalten. Nach Angaben der SevenOne Media erreichen die ProSiebenSAT.1 Media AG und der Axel Springer Verlag zusammen mit ihren Medienangeboten (ohne Internet, Teletext, mobile Dienste und Direkt-MarketingAngebote) hochgerechnet täglich mehr als drei Viertel der deutschen Gesamtbevölkerung.715 In der Kommentarliteratur zum Rundfunkstaatsvertrag wird die Auffassung vertreten, dass für die Bestimmung des medienrelevanten verwandten Marktes nach § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zu berücksichtigen sei, ob und inwieweit ein Unternehmen, das seine Fernsehprogramme selbst vermarkte, auch über Vermarktungsstrukturen im Hörfunk- oder Printbereich verfüge, da dies zumindest mittelbar auch die Finanzierung der Fernsehangebote beeinflussen könne.716 Nach dieser Ansicht wäre die Kooperationsvereinbarung von SevenOne Media und Axel Springer Verlag bei der Beurteilung der Stellung der ProSiebenSAT.1 Media AG im Werbemarkt zu berücksichtigen. Die Werbezeiten von Premiere, Bloomberg TV und verschiedenen Ballungsraumsendern gehören hingegen nicht mehr zum Vermarktungsportfolio von SevenOne Media. Premiere hat die Vermarktung einer eigenen Vermarktungsabteilung überantwortet. Die Vermarktung von Bloomberg TV hat die GWP, die zur Verlagsgruppe Handelsblatt gehört, übernommen. GWP vermarktet auch das bundesweite Programm Discovery Channel und verschiedene Printtitel (z. B. „Wirtschaftswoche“, „Zeit“, „Handelsblatt“, „Rheinischer Merkur“). Die bundesweite Vermarktung der Ballungsraumsender betreibt nunmehr die Ballungsraumfernsehen in Deutschland Programm- und Vertriebsgesellschaft mbH (siehe Kapitel II 2.9 Ballungsraumfernsehen). Die übrigen bundesweiten Fernsehveranstalter vermarkten in der Regel ihre Werbezeiten selbst. Laut Presseberichten haben Tele 5 und Fox Kids einen Vermarktungsverbund geschlossen.717 Bei einer Vorwärtsintegration von Programmveranstaltern in den Vermarktungsbereich sieht Heinrich allenfalls die wirtschaftliche Freiheit der Vermarktungsgesellschaft beeinflusst, eine Bedrohung der Programmvielfalt sei hingegen nicht zu erkennen.718 In der Tat ist nicht erkennbar, dass Vermarktungsagenturen, an denen der Programmveranstalter beteiligt ist, über mehr Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Programmgestaltung verfügen sollen als nicht konzerneigene Agenturen. Allein schon das Ziel des werbefinanzierten Programmveranstalters, Sendezeit an Werbetreibende zu verkaufen, wird – ungeachtet der Trägerschaft des Vermarkters – bereits in gewisser Weise Auswirkungen auf die Programmgestaltung haben. Denkbar ist jedoch, dass einer Sendergruppierung die Möglichkeit der Einflussnahme auf einen außenstehenden Sender über die Mitvermarktung durch die konzerneigene Media-Agentur erwächst. Derzeit findet eine solche über die Sender der eigenen Sendergruppierung hinausgehende Vermarktung von Werbezeiten weder durch IP Deutschland noch durch SevenOne Media statt. 2.6.5 Fazit Der Verkauf von Fernsehwerbezeiten stellt, trotz der Entwicklung alternativer oder komplementärer Finanzierungsmodelle (z. B. Einnahmen aus Merchandising oder Telefonmehrwertdiensten) nach wie vor die wesentliche Finanzierungsquelle im privaten frei empfangbaren Fernsehen dar. Insofern waren die privaten Fernsehsender besonders stark von den ab dem Jahr 2001 zu verzeichnenden Umsatzrückgängen im Werbemarkt betroffen. Die negative Entwicklung hielt auch 715 716 717 718 Vgl. Pressemitteilung von SevenOne Media vom 11. 03. 2003. Vgl. Hartstein/Ring/Dörr/Kreile/Stettner, Kommentar zum RStV, § 26, Rn. 23. Vgl. Ambitionierte Alternativen, in: werben & verkaufen 23/2003. Jürgen Heinrich, Medienökonomie, Bd. 2, Opladen 1999, S. 541. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 241 im Jahr 2002 noch an. Dies wird insbesondere anhand eines Vergleichs der um Rabatte etc. bereinigten Nettoumsätze deutlich, die im Jahr 2002 um 11,5 % gegenüber dem Vorjahr zurückgingen. Das verringerte Werbevolumen fällt im Hinblick auf die Angebots- und Anbietervielfalt umso mehr ins Gewicht, als über 90 % der Werbeumsätze auf die Sender der RTL Group, der ProSiebenSAT.1 Media AG sowie auf ARD und ZDF entfallen. Die drei größten Werbeträger RTL, ProSieben und SAT.1 bilden unverändert ein Oligopol im Werbemarkt. Veränderungen im Vermarktungsportfolio haben sich bei den großen Vermarktungsunternehmen, der IP Deutschland und der SevenOne Media, ergeben. Beide Unternehmen vermarkten ausschließlich die zur eigenen Sendergruppierung gehörigen Sender. 2.7 Technische und administrative Dienstleistungen für digitales Fernsehen und Pay-TV 2.7.1 Medienrelevante Dienstleistungen für den Betrieb von digitalem Fernsehen und Pay-TV Pay-TV und Digitalfernsehen sind für viele Fernsehzuschauer gleichbedeutend, weil der Einstieg in das digitale Fernsehen bislang überwiegend Pay-TV-Kunden vorbehalten war. Nach Informationen des Satellitenbetreibers SES/Astra über die Anzahl der Satellitenhaushalte in 30 europäischen Ländern hatten von den Ende 2002 (2001) vorhandenen 19,4 (16,88) Mio. digitalen Satellitenhaushalten 16,1 (14,34) Mio. bzw. 83 % (85,4 %) mindestens ein Pay-TV-Angebot abonniert. Folglich nutzten 2001 in Europa noch weniger als 15 % den digitalen Empfang ausschließlich für frei empfangbare Programme; 2002 stieg dieser Anteil auf ca. 17 %. 2002 waren von den 42,6 Mio. europäischen Satellitenhaushalten 19,4 Mio. (46 %) Digitalhaushalte. Der Satellitenempfang ist als die überwiegend genutzte Empfangstechnik der Vorreiter bei den europäischen Digitalhaushalten. Dies zeigt sich daran, dass Ende 2002 neben den 19,4 Mio. Satellitenhaushalten mit digitalem Fernsehen von den insgesamt 25,1 Mio. europäischen Digitalhaushalten nur 4,8 Mio. Programme per Digitalkabel und nur 0,9 Mio. terrestrisch verbreitetes Digitalfernsehen empfingen. Für 2002 zeigen auch die Daten von SES/Astra für Deutschland, Österreich und die Schweiz ein Anwachsen der Satellitenhaushalte, die per Satellit ausschließlich frei empfangbares Digitalfernsehen nutzten. Danach nutzten von den 2,5 Mio. digitalen Satellitenhaushalten 1,3 Mio. die digitale Empfangstechnologie nur zum Empfang von Free-TV.719 In Deutschland wird die Bedeutung des frei empfangbaren Digitalfernsehens vermutlich künftig durch DVB-T zunehmen. Die AGF/GfK-Fernsehforschung bildet im Rahmen ihres panelgestützten Erhebungssystems auch die digitale Fernsehnutzung ab. Nach ihrer Berechnung nutzten im Jahr 2002 durchschnittlich ca. 7,1 % der 34,10 Mio. Fernsehhaushalte digitale Fernsehprogramme. Dies machte im Jahresdurchschnitt ungefähr 2,44 Mio. Fernsehhaushalte aus. Im ersten Halbjahr 2003 vergrößerte sich diese Nutzungszahl auf durchschnittlich 2,81 Mio. Haushalte. Nach den Angaben der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) stieg der Anteil des Digitalfernsehens an der von der GfKFernsehforschung gemessenen Fernsehnutzungszeit der Zuschauer ab 3 Jahren von durchschnittlich ungefähr 2,8 % im Jahr 2001 auf durchschnittlich ca. 3,7 % im Jahr 2002. In der Zeit von Januar bis Juni 2003 erhöhte sich dieser Anteil der digitalen Fernsehhaushalte auf durchschnittlich fast 4,9 %. Im August 2003 entfielen 5,9 % der Fernsehnutzungszeit auf das Digitalfernsehen.720m 719 Vgl. Astra Reichweiten, Juni 2003; auch Astra Reach, June 2003; auch Astra Coverage, The Satellite Market in Europe, April 2002. 720 Vgl. http://www.agf.de; TV-Markt – Digital TV, Entwicklung des Digitalisierungsgrades und Marktanteile digitale TV-Nutzung an TV-Gesamt, Zuschauer ab 3 Jahren, Deutschland, alle Ebenen, Montag–Sonntag, 3:00 bis 3:00 Uhr.m 242 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten In Deutschland sind ungefähr vier Fünftel der Digitalempfänger Kunden der Pay-TV-Plattform Premiere.721 Zum 01. 09. 2003 zählte Premiere über 2,8 Mio. Abonnenten. Die Pay-TV-Plattformanbieter haben ein großes Interesse an einer schnellen Digitalisierung aller Kundenhaushalte, weil sie die digitalen Übertragungskapazitäten effektiver nutzen und mit digitalen Angeboten zusätzliche Einnahmen erzielen können. Deshalb stellte etwa BSkyB den Haushalten die digitalen Decoder kostenlos zur Verfügung. Auch Premiere subventioniert die Digitalboxen seiner Kunden und förderte damit die Umstellungsbereitschaft. Digitales Fernsehen erfordert im Unterschied zur analogen Verbreitungsform zusätzliche technische Dienstleistungen: Multiplexierung auf der Sendeseite und Digital-Analog-Wandlung (-Konvertierung) auf der Empfangsseite. Beim digitalen Pay-TV kommen die Verschlüsselung, Zugangskontrolle (Conditional Access) und Abonnentenverwaltung (subscriber management system) hinzu. Die Pay-TV-Programme werden regelmäßig in verschiedenen Paketen angeboten, die vom Betreiber der Programmplattform zusammengestellt werden. Bei (Basis-) Navigatoren und elektronischen Programmführern (Electronic Programme Guide, EPG) handelt es sich um weitere Dienstleistungen der digitalen Plattformen. Sie sollen den Zuschauer bei der Auswahl und beim Auffinden der von ihm bevorzugten Programme unterstützen. Durch die Vielzahl der Programme führt ein elektronischer Programmführer. Diese Dienstleistungen bei der digitalen Vermarktung von Fernsehprogrammen werden unter dem Begriff der technischen Plattform zusammengefasst. Die Digitaltechnik hat neue, mit dem Pay-TV verbundene Dienstleistungsmärkte geschaffen. Die Praxis zeigt, dass die Pay-TV-Anbieter all diese Dienstleistungen selbst anbieten möchten (vertikale Integration). Dies ist im Bereich des Kabelfernsehens aber selten möglich, weil der Netzbetreiber ebenfalls an diesen Dienstleistungen interessiert ist. Programmbündelung, Vermarktung ConditionalAccess-System Multiplexierung Übertragung (Spannweite möglicher vertikaler Integration) Demultiplexierung, Entschlüsselung, Schnittstellen (CI, API) Fernsehgerät Programmplattformbetreiber Verschlüsselung (Encryption) Eigene Angebote: Fernsehprogramme, EPG, weitere Mediendienste Angebote von Dritten: Fernsehprogramme, EPG, weitere Mediendienste techn. Freischaltung (Subscriber Authorization System) Subscriber Management System MultiplexBetreiber, (PlayoutCenter) (Fernseh-) Kabelnetze Decoder, Set-Top-Box, API Abonnent Satellit (DBS) terrestrische Sendernetze Vertrag, Abonnentendaten, Entgeltabrechnung, Berechtigungsinformationen, SmartCard Abbildung II-22: Das System der administrativen und technischen Dienstleistungen zur Veranstaltung von digitalem Pay-TV 721 Vgl. „Sensor Digital TV“ der Mediaagentur Mediaege:cia, Digitales Fernsehen noch wenig verbreitet, Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im März 2002 bei rd. 1.300 Bundesbürgern ab 14 Jahren, in: Mediendaten Südwest vom 30. 08. 2002, hrsg. vom Südwestrundfunk (SWR), Medienforschung, Baden-Baden; auch ARD Projektgruppe Digital, Digitales Fernsehen in Deutschland – Markt, Nutzerprofile, Bewertungen, in: Media Perspektiven, 4/2001, S. 142 f., 196 ff. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 2.7.2 243 Multiplexierung Das Multiplexing des digitalen Signals fasst bei der DVB-Übertragungstechnik für digitale Fernsehsignale im MPEG-Standard722 mehrere Programme zu einem einheitlichen Transportdatenstrom (Transportpaket, Datencontainer oder Multiplexe) zusammen und ermöglicht die gemeinsame Versendung über die herkömmlichen Übertragungskanäle. Der Betreiber des Multiplex (Multiplexer) transformiert Programminhalte in eine digitale Sendeform und macht sie dadurch für das digitale Fernsehen nutzbar. Auf der Empfangsseite muss dieser Vorgang wieder rückgängig gemacht werden (Demultiplexierung), damit auf die Datenströme der einzelnen Programme und Dienste zugegriffen werden kann.723 Von der technischen Zusammenfassung beim Multiplexing, lässt sich die Programmbündelung im Sinne der Gestaltung der Programm-Bouquets unterscheiden. Bei letzterer wird aus mehreren eigenen oder fremden digitalen Programminhalten oder -diensten ein Gesamtangebot oder Programmpaket zusammengestellt, das für einen Gesamtpreis angeboten wird.724 Die Digitalisierung der einzelnen Inhalte und die Multiplexierung werden in einem so genannten Playout-Center durchgeführt. In der Regel stellen die Playout-Center die Transportpakete für die bundesweite Ausstrahlung (Up-Link) über Satellit zusammen. Für die Weiterverbreitung per Kabel werden diese digitalen Fernsehsignale in einer Kabelkopfstation empfangen. In der Regel werden die Satelliten-Transponder so belegt, dass für die Weiterleitung durch das digitalisierte Kabel nur eine Transmodulation der Signale, aber keine erneute Multiplexierung (Re-Multiplexierung) erforderlich wird. Sollten allerdings zum Beispiel regionale Versionen von Programmen ins Kabel eingespeist werden, erfordert dies eine im Vergleich zur bloßen Weiterleitung kostenaufwendigere Re-Multiplexierung bzw. ein regionales Playout-Center. Dort können die über Satellit angelieferten Programmdaten mit regionalen TV-Angeboten wie beispielsweise den Regionalfenstern von SAT.1 oder RTL oder mit Online-Diensten zu einer neuen Konfiguration zusammengeführt werden. Auch für DVB-T ist ein Playout-Center erforderlich, weil die digitale Kapazität eines terrestrischen Kanals geringer ist als diejenige eines Satellitentransponders oder Kabelkanals. Während über einen Satellitentransponder bis zu 10 digitale Programme verbreitet werden können, lassen sich über einen terrestrischen Kanal ca. 4 digitale Programme verbreiten. D. h.: Entweder wird der die Programme heranführende Satellitentransponder mit nur 4 digitalen Programmen nicht voll ausgelastet, oder der mit ca. 10 Programmen ausgelastete, über einen Satellitentransponder verbreitete Datenstrom wird entbündelt, um danach eine Re-Multiplexierung für die 4 Programme durchzuführen, die über DVB-T weiterverbreitet werden sollen. Bei DVB-T besteht aber ggf. auch die Alternative, die Programme vom Sender über Leitungsnetze (z. B. Glasfasernetze) und Richtfunk an einen Betreiber für die Multiplexierung heranzuführen. Welche Alternative jeweils gewählt wird, hängt von den jeweiligen Infrastrukturkosten ab, die insbesondere in ländlichen Regionen, die relativ viele Senderstandorte erfordern, und in städtischen Ballungsräumen, die mit relativ wenigen Senderstandorten auskommen, sehr unterschiedlich ausfallen können. 722 MPEG = Moving Pictures Experts Group, eine Expertengruppe für Bewegtbildübertragungen; Entwicklung von internationalen Standards für das Datenreduktionsverfahren für digitale Videosignale und auch bei der Multiplexbildung. Dieses internationale Gremium hat verschiedene MPEG-Standards für das Datenreduktionsverfahren zur Übertragung von Bewegtbildern erarbeitet, vgl. dazu Ulrich Freyer, DVB – Digitales Fernsehen, Berlin 1997, S. 52 ff.m 723 Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM), ALM-Themen, Digitaler Rundfunk (von Ulrich Freyer), http://www.alm.de/index2.htm; auch Wolfgang Schulz, Wolfgang Seufert, Bernd Holznagel, Digitales Fernsehen, Regulierungskonzepte und -perspektiven, Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen, Bd. 31, Opladen 1999, S. 76 ff. 724 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Kommentar, § 53 RStV, 4. EL, Juli 2000, Rn. 23.m 244 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten In der Praxis wird die Multiplexierung von Unternehmen durchgeführt, die mit den größeren Sendergruppierungen oder den Netzbetreibern verbunden sind. Unabhängige Sender sind darauf angewiesen, Vereinbarungen mit den Multiplexern der großen Fernsehkonzerne oder mit den Netzbetreibern einzugehen. Der Betreiber der Astra-Satelliten, Société Européenne des Satellites (SES), Luxemburg, bietet die Multiplexierung für den Up-Link zu seinen Satelliten an. Dafür stellt er mehrere Astra-Transponder zur Verfügung, deren Belegung er möglichst nach einzelnen Regionen sortiert. Der Up-Link zu den Astra-Satelliten ist aber nicht nur vom betreibereigenen Astra-Sendezentrum aus möglich. Die in Deutschland verbreiteten digitalen Programmplattformen ARD Digital, ZDFvision, Premiere, PrimaTV725 und die regionalen Kabelplattformen der Kabel Deutschland GmbH verfügen über eigene Playout-Center, die unter anderem den Up-Link zu den Satelliten ermöglichen. Die ARD betreibt für ihre Digitalplattform ein Playout-Center in Potsdam-Babelsberg. Premiere hat die Tochterfirma DPC Digital Playout-Center GmbH für Multiplexing und Satelliten-Up-Link gegründet, die diese Aufgabenbereiche von der mittlerweile insolventen Firma Beta Digital übernahm.726 Außer für Premiere übernimmt DPC die Funktion des Playout-Centers unter anderem auch für die Programme ProSieben, SAT.1, Kabel 1, Tele 5, NEUN LIVE, N24, HSE, Sonnenklar TV und TV.Berlin, deren Signale über Glasfaserleitungen angeliefert werden. Die beiden Pay-TV-Kanäle der Vivendi Universal S. A., Studio Universal und 13TH STREET, die über Premiere bezogen werden können, lassen ihre Sendeabwicklung vom Cologne Broadcasting Center durchführen und senden das fertige Signal für den Up-Link an DPC. Für die Kabelverbreitung empfängt zur Zeit die Kabel Deutschland GmbH die über Satellit verbreiteten digitalen Signale im hessischen Usingen. Dort werden dem Signalstrom eigene Abonnentendaten beigefügt. Über den Satelliten Astra 3 (23,5 Grad Ost) strahlt dann Kabel Deutschland die Programme für die Kabelnetze aus. Der Multiplexer hat eine wichtige Funktion für den Zugang zum digitalen Fernsehen, weil die Programmanbieter auf seine Dienstleistungen angewiesen sind. Schulz/Seufert/Holznagel stellen deshalb die Frage, ob Multiplexbetreiber durch spezielle Must-Carry-Regeln und andere Vorschriften gesetzlich verpflichtet werden sollten, bei der Verteilung der im Datencontainer verfügbaren Kapazitäten zumindest in einem bestimmten Umfang die Angebote Dritter zu berücksichtigen. Sie weisen darauf hin, dass in Großbritannien Multiplexlizenzen auch unter Vielfaltgesichtspunkten vergeben werden. So werden dort Lizenzauflagen in Form von MustCarry-Pflichten zugunsten der Public-Service-Anbieter gemacht.727 Konkrete Zugangsprobleme beim Multiplexing können sich etwa ergeben, wenn diese Dienstleistung für unabhängige Programmanbieter nicht erhältlich ist, weil alle Multiplexer lediglich gruppeneigene Programme aufnehmen. Das ist derzeit nicht der Fall. Weitere Zugangsprobleme könnten sich aber bei Kapazitätsengpässen ergeben, wenn die Multiplexbetreiber zugleich die knappen Plätze besetzen bzw. verwalten, wie etwa im digitalen Kabelbereich oder beim digitalen terrestrischen Fernsehen. Auch weil diese Bereiche eng reguliert sind, sind diese Probleme bislang nicht praktisch relevant geworden. 725 Zu PrimaCom vgl. Bundeskartellamt, 7. Beschlussabt., B 7-168/01, S. 7 ff., 29. 726 Vgl. Helmut Stein, Chief Technical Officer bei Premiere, Interview in: Digitalfernsehen, 1/2003, S. 13 ff. 727 Vgl. Wolfgang Schulz, Wolfgang Seufert, Bernd Holznagel, Digitales Fernsehen, Regulierungskonzepte und -perspektiven, Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen, Bd. 31, Opladen 1999, S. 79 ff.; auch Bernd Holznagel, Weiterverbreitung und Zugangssicherung beim digitalen Fernsehen, in: MMR 8/2000, S. 480–486, hier: 484. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 2.7.3 245 Digitale Programm- bzw. Vermarktungsplattformen Digitale Programmplattformen stellen Programmpakete zusammen und übernehmen die Akquisition von Abonnenten und die Verwaltung. Digitale Pay-TV-Programme werden häufig in der Form von Programmpaketen angeboten. Plattformbetreiber bündeln eigen- und fremderstellte Fernsehprogramme zu Programmpaketen (Bouquets). Sie vermarkten die Pakete zum Beispiel direkt an Satellitenhaushalte oder indirekt über Kabelnetzbetreiber. Der Plattformbetreiber führt die Abonnentenverwaltung und -betreuung nicht nur für die Abonnenten seiner eigenen Programme, sondern auch für die Abonnenten der Dritt- bzw. Fremdprogramme durch. Die Programmbündelung oder Paketierung des Plattformbetreibers geht weit über den technischen Vorgang des Multiplexing hinaus. Die Bündelung zu Paketen ähnelt dem Veranstalten von Programmen, denn auch hier werden Inhalte aufgrund von inhaltlichen Auswahl- und Bewertungsentscheidungen zu einem Gesamtprogrammangebot zusammengestellt. Dies trifft auch dann zu, wenn der Plattformbetreiber selbst keine eigenen Inhalte produziert. Deshalb hat die Programmbündelung Meinungsrelevanz. Die Vermarktung in Programmpaketen ist ferner wichtig für den Zugang der Programme zum Endkunden, da für viele Programmangebote die Einzelvermarktung (à la carte) nicht in Betracht kommt. Veranstalter von Programmen ohne Premium-Inhalte sind auf die gemeinsame Vermarktung mit Premium-Kanälen angewiesen. Der Markteintritt über die Plattform eines etablierten Pay-TV-Anbieters ist für Neuankömmlinge oft der einzige Zugang zum Kunden. Nur gemeinsam mit attraktiven Programmen können digitale Pay-TV-Programmangebote erfolgreich in den Markt eingeführt werden. Für einzelne Programme wäre der Aufbau einer eigenen Plattform nicht vertretbar, deshalb bleibt nur die Nutzung der gemeinsamen Vermarktung sowie der Abrechnungs- und Zugangskontrollsysteme des etablierten Plattformbetreibers. Offeriert ein Pay-TV-Plattformbetreiber seine Dienstleistung Neuankömmlingen, so trägt er dadurch zur Vergrößerung der Programmvielfalt bei und leistet insofern einen Beitrag zur Meinungsvielfalt. Er wird dies freiwillig aber nur tun, wenn er damit höhere Einnahmen erzielen oder seinen Kunden attraktive Zusatzangebote bieten kann, die er nicht selbst produzieren kann oder will. Tabelle II-59 ist unvollständig, weil sie nicht die Vielzahl an Fernsehprogrammen enthält, die digital per Satellit verbreitet werden. Der Satellitenbetreiber Astra führt in seiner Programmliste allein 63 frei empfangbare Programme aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz auf, darunter sind außer den Programmen von ARD Digital und ZDFvision unter anderem auch die digitalen Versionen sämtlicher privater Programme Deutschlands zu finden. Kartellrechtliche Prüfungen betrachten den Bereich der Veranstaltung und Vermarktung von Pay-TV als eigenständigen Markt. Dabei stand bei Wettbewerbsprüfungen des deutschen Pay-TVMarktes bislang im Mittelpunkt, dass die Programmplattform von Premiere auf diesem Markt eine monopolartige Stellung hat: – Zu diesem Ergebnis kam die EU-Kommission in ihrer Entscheidung zu BSkyB/KirchPayTV. Die EU-Kommission unterscheidet dabei nicht zwischen einem analogen und einem digitalen Bereich.728 – Ebenso kam das Bundeskartellamt zu dem Ergebnis, dass auf dem Pay-TV-Markt Premiere eine marktbeherrschende Stellung hat. Nach den Entscheidungen des Bundeskartellamtes 728 Siehe Europäische Kommission, Entscheidung vom 21. 03. 2000, COMP/JV.37, BSkyB/KirchPayTV, Rn. 48, 50, 51, http://europa.eu.int/comm/competition/mergers/cases/index/by_nr_jv_0.html. Basisangebot gemäß öffentlichem Auftrag (frei empfangbar) Pay-TV-Satelliten- und Kabelplattform regionale Pay-TVKabelplattformen Kabel Deutschland Pay-TV-Kabelplattform der PrimaCom AG digitale Satellitenprogramme (frei empfangbar) Pay-TV-Kabelplattform von Eutelsat ZDFvision Premiere DigiKabel PrimaTV RTL World TV visAvision – RTL, RTL II, Super RTL, VOX, n-tv UPC-Kanäle: Avante, Club, Extreme – Premiere analog, Basic, Premiere 1–7, Sport 1–2, Serie, Krimi & Co., Nostalgie, ca. 7 Pay-per-View-Kanäle, Classica ZDF, ZDFinfokanal, ZDFtheaterkanal, ZDFdokukanal, 3sat, ARTE, KI.KA, PHOENIX Das Erste, EinsExtra, EinsMuXx, EinsFestival, die Dritten Programme, BR-alpha, 3sat, ARTE, KI.KA, PHOENIX selbst veranstaltete Programme mehrere Fremdsprachenpakete – Basisangebot (50 Programme), 19 Programme in Paketen, Pay-per-ViewKanäle mehrere Pakete deutsch-, englisch- und einer Vielzahl weiterer fremdsprachiger Programme Junior, Discovery Channel, Goldstar TV, Heimatkanal, 13TH STREET, Studio Universal, Sci-Fi Channel, Fox Kids, Planet, Disney Channel, Beate Uhse CNBC-Europa, Eurosport, EuroNews – Bündelungen Dritt-/Fremdprogramme – RTL World TV Interaktiv: EPG, E-Mail-Funktion über TV-Bildschirm, SMS versenden Internet, Telefonie, PrimaTV Servicekanal, PrimaFUN – Spiele – EPG EPG, ZDFdigitext EPG, Online-Kanal weitere Dienste Tabelle II-59: Digitale Programmplattformen in Deutschland Quellen: Infosat, Digitalfernsehen, Informationen der Plattformbetreiber, eigene Recherchen (Stand: April 2003) Basisangebot gemäß öffentlichem Auftrag (frei empfangbar) ARD Digital Angebotsform – – – – Music Choice (21 Hörfunkangebote) 3 Hörfunkangebote 22 Hörfunkangebote Hörfunk ausgewählte Kabelnetze Astra digital Gebiete in den Regionen Leipzig/ Chemnitz/Magdeburg, Mainz/ Wiesbaden, Berlin/Brandenburg/ Mecklenburg-Vorpommern, Aachen/Osnabrück Bayern, Berlin/Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Bremen bundesweit per Kabel und Satellit bundesweit per Kabel und Satellit bundesweit per Kabel und Satellit Reichweite 246 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 247 reicht für diese Feststellung bereits der Vergleich der Abonnentenzahlen der vorhandenen Programmplattformen aus.729 Der Pay-TV-Sender Premiere verfügt über rund 2,8 Mio. reguläre Abonnenten (Stand: 01. 09. 2003). Zudem wird berichtet, dass es schätzungsweise 1,5 Mio. Schwarzseher von Premiere gibt. Im Vergleich zu den Premiere-Abonnenten erscheinen andere Pay-TV-Plattformen nur als Nischenangebote. Die Kabelplattform der Kabel Deutschland GmbH (vormals Deutsche Telekom AG und MediaVision; nunmehr DigiKabel) verfügte Mitte 2002 über lediglich 60.000 Abonnenten.730 PrimaTV (PrimaCom AG) hat rd. 1 Mio. Kabelkunden, darunter aber nur ca. 7.600 Pay-TV-Kunden digitaler Fernsehangebote.731 Die frei empfangbaren öffentlich-rechtlichen Digitalangebote ARD Digital und ZDFvision haben bislang nur wenige Zuschauer.732 Anders als bei den Wettbewerbsprüfungen durch EU-Kommission und Bundeskartellamt wird medienkonzentrationsrechtlich nicht zwischen frei empfangbarem Fernsehen und Pay-TV differenziert. Die Bestimmungen der §§ 26 ff. RStV zur Sicherung der Meinungsvielfalt im privaten Fernsehen gelten für das gesamte Fernsehangebot, das Angebot der werbefinanzierten Fernsehsender ebenso wie das entgeltfinanzierte Angebot, und zwar unabhängig davon, ob die Programme analog oder digital ausgestrahlt werden. Danach ist es auch die Aufgabe der KEK, die mit Konzentrationsentwicklungen beim Pay-TV-Angebot verbundenen Auswirkungen auf die Meinungsvielfalt im bundesweiten Fernsehen insgesamt zu würdigen. Bei Prüfungen von Beteiligungsveränderungen bei Premiere erkannte die KEK, dass Pay-TVProgramme bei der Entwicklung des digitalen Fernsehens in Deutschland eine Schlüsselrolle einnehmen. Derzeit kommt ihnen aber im Hinblick auf die Bildung der öffentlichen Meinung noch keine entscheidende Bedeutung zu. Zwar sind bei der Bewertung auch absehbare künftige Entwicklungen einzubeziehen;733 annähernd genaue Schätzungen über das Wachstum der Abonnentenzahlen und damit über die in der Zukunft zu erwartenden Zuschaueranteile von Premiere sind aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich. Die besondere Struktur des deutschen Fernsehmarktes mit seinem großen Angebot an frei empfangbaren Programmen lässt es auch nicht zu, aus der Betrachtung der Entwicklung in benachbarten Ländern, wie Großbritannien oder Frankreich, Folgerungen für die deutsche Entwicklung abzuleiten. Während bei den früheren medienkonzentrationsrechtlichen Prüfungen der KEK die Zuschaueranteile von Premiere der KirchGruppe zugerechnet wurden, entschied die KEK am 23. 10. 2002 (Az.: KEK 155), dass infolge der Insolvenzen von Unternehmen der KirchGruppe und ihren gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen der Zurechnungszusammenhang zwischen Premiere und den Programmveranstaltern von SAT.1, ProSieben, Kabel 1, DSF, N24 und NEUN LIVE nicht mehr besteht. Folglich sind Premiere und den an ihr beteiligten Gesellschaften nur noch die Zuschauer- 729 Siehe zum Beispiel Bundeskartellamt, B7-168/01, Entscheidung Liberty Media Corporation, Englewood, Colorado/ USA/Kabel Deutschland GmbH (KDG), Tz. 151, 159. 730 Vgl. Funkkorrespondenz vom 02. 08. 2002. 731 Vgl. Der Kontakter vom 28. 11. 2002. 732 Vgl. Der Spiegel vom 21. 09. 2002. Das ZDF verweist auf eine Umfrage, nach der das Programm ZDF.info an zweiter Stelle nach Premiere steht, weil 9,9 % von ca. 1.300 Befragten den Kanal kannten und 3,6 % ihn schon einmal gesehen hatten. Für Premiere waren die Umfragewerte 72,8 % und 36,9 %. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass valide Ergebnisse zur digitalen Fernsehnutzung erst zu erwarten seien, wenn Messungen der AGF/GfK-Fernsehforschung vorliegen. Vgl. epd medien, Nr. 56, 20. 07. 2002, S. 16. Die AGF/GfK-Fernsehforschung misst die Digitalnutzung im Fernsehpanel senderbezogen seit 01. 01. 2003. Die Messergebnisse zu den Digitalprogrammen des ZDF sind bislang nicht veröffentlicht (Stand: März 2003). 733 Vgl. Beschlüsse i. S. Premiere vom 15. 08. 2000, Az.: KEK 070, vom 26. 01. 1999, Az.: KEK 026, II 3.2.2, und i. S. ProSieben vom 26. 01. 1999, Az.: KEK 007/029, II 4. 1. 248 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten anteile der Premiere-Programme und ggf. der Premiere zurechenbaren Drittprogramme zuzurechnen. 2.7.4 Errichtung und Betrieb eines digitalen Zugangs- und Abrechnungssystems (Conditional-Access-(CA-)Systeme) Als technische Komponenten erfordert digitales Pay-TV ein spezielles System der Zugangskontrolle und eine Smart-Card-Technologie zur Freischaltung. Als administrative Komponente wird eine Abonnentenverwaltung einschließlich eines Abrechnungssystems notwendig. Das Zugangskontrollsystem setzt sich aus Verschlüsselungs- und Entschlüsselungsverfahren zusammen. Programmsignale werden von der Sendeseite mit Berechtigungsinformationen gebündelt und verschlüsselt. Die Übertragung der verschlüsselten Daten enthält zusammen mit dem Programmsignal Informationen über die Autorisierung der Pay-TV-Abonnenten. Auf der Empfangsseite werden dem Abonnenten Smart-Cards zur Verfügung gestellt. Solche Karten sind erforderlich, damit die verschlüsselten Autorisierungsdaten entschlüsselt werden und die Entschlüsselungstechnik im Decoder die Programmsignale freischalten kann.734 Pay-TV setzt eine Verschlüsselungstechnik voraus, die verlässlich sicherstellt, dass ausschließlich Berechtigte (die Abonnenten seines Pay-TV-Kanals) Zugang zu seinem Programmangebot haben.735 In Europa werden von Pay-TV-Plattformen zur Zeit die folgenden Verschlüsselungsbzw. Conditional-Access-Systeme verwendet: – – – – – – – Betacrypt (Irdeto) Mediaguard (Seca) Videoguard (NDS) Viaccess (France Telecom) Nagravision (Kudelski) Conax (Telenor) Cryptoworks (Philips) Die Tabelle II-60 zeigt eine Auswahl europäischer Digitalplattformen und deren Verschlüsselungssysteme. Neben dem Multiplexing und der kompatiblen Decoderbasis ist das Conditional-AccessSystem das zentrale Element der Systemtechnologie für den Zugang zum Pay-TV-Markt. Veranstalter von Pay-TV-Programmen müssen entweder ein eigenes Conditional-Access-System und einen damit kompatiblen Decoder selbst betreiben oder ein fremdes System nutzen. Folglich sind Conditional-Access-Systeme zentrale Bestandteile der Bedingungen, unter denen dritte Fernsehveranstalter Zugang zum Markt erlangen können. Bei der Prüfung vorherrschender Meinungsmacht können sie deshalb unbeschadet der Verhaltenspflichten nach § 53 RStV auch medienkonzentrationsrechtlich erheblich sein.736 Im Fall der vertikalen Integration der Programmplattform und der technischen Plattform verfügt ein Plattformbetreiber mit dem ihm gehörenden Conditional-Access-System über ein wichtiges Instrument, den Zugang zum Pay-TV zu kontrollieren. Andere Anbieter von Pay-TVProgrammen könnten auf die Nutzung seiner Systemtechnologie angewiesen sein, weil sie ihre 734 Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM), ALM-Themen, Digitaler Rundfunk (von Ulrich Freyer), http://www.alm.de/index2.htm. 735 Vgl. Jürgen Heinrich, Medienökonomie, Bd. 2, Hörfunk und Fernsehen, Opladen u. a. 1999, S. 71 f. 736 Vgl. Beschluss der KEK vom 15. 08. 2000 i. S. Premiere, Az.: KEK 070, III 3.3.3, auch vom 26. 01. 1999 i. S. Premiere, Az.: KEK 026, II 6.2.1. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 249 Verschlüsselte Digitalplattformen Land Übertragungsweg Verschlüsselung Premiere Deutschland, Österreich, Schweiz (über Teleclub) Satellit Betacrypt/Irdeto; Umstellung auf Nagravision/Kudelski ab Herbst 2003 Betacrypt/Irdeto; aktuellen Meldungen zufolge Umstellung auf Nagravision/ Kudelski ab Herbst 2003 Kabel DigiKabel, Regionalgesellschaften der Kabel Deutschland GmbH (KDG) Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen/Bremen, Brandenburg/Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt/ Thüringen, Rheinland-Pfalz/Saarland, Bayern Kabel Betacrypt/Irdeto (siehe Premiere) PrimaTV Gebiete in den Regionen Leipzig/ Chemnitz/Magdeburg, Mainz/ Wiesbaden, Berlin/Brandenburg/ Mecklenburg-Vorpommern, Aachen/Osnabrück Kabel Conax/ Telenor VisAvision (Eutelsat) k. A. Kabel Nagravision/Kudelski ORF digital Österreich Satellit Betacrypt/Irdeto, künftig Cryptoworks/ Philips SRG Schweiz Satellit Viaccess/France Telecom Teleclub Schweiz Kabel Betacrypt/Irdeto Sky digital Großbritannien, Irland Satellit Videoguard/NDS NTL Großbritannien Kabel Nagravision/Kudelski Cable & Wireless Großbritannien Kabel Nagravision/Kudelski Telewest Großbritannien Kabel Nagravision/Kudelski (ITV Digital/ Ondigital – Konkurs) Großbritannien terrestrisch Mediaguard/Seca Canal Satellite France Frankreich Satellit Simulcrypt: Mediaguard/Seca und Viaccess/France Telecom FT Cable Frankreich Kabel Viaccess/France Telecom Lyonnaise Cable Frankreich Kabel Viaccess/France Telecom NC Numericable Frankreich Kabel Mediaguard/Seca TPS Frankreich Satellit Viaccess/France Telecom Canal+ Benelux Luxemburg, Belgien Satellit Betacrypt/Irdeto Canal Digitaal Satelliet Niederlande Satellit Simulcrypt: Betacrypt/Irdeto und Mediaguard/Seca Cyfra+ Polen Satellit Simulcrypt: Cryptoworks/Philips und Mediaguard/Seca Telepiù Italien Satellit Simulcrypt: Videoguard/NDS und Mediaguard/Seca; vormals betacrypt/Irdeto Stream Italien Satellit Simulcrypt: betacrypt/Irdeto und Videoguard/NDS Canal Satélite Digital Spanien Satellit Mediaguard/Seca Via Digital Spanien Satellit Nagravision/Kudelski Canal Digital Scandinavien Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden Satellit Conax/ Telenor Tabelle II-60: Digitalplattformen und deren Verschlüsselungssystem Quellen: Infosat, Transponder-Info, Digital-Sat-Tabellen, Stand: November 2002; Medienforum 2001, Stefan Kaminski, Andersen Business Consulting, Interaktive Dienste im europäischen Vergleich, 23. 08. 2001; Pressemitteilungen von Premiere, Stand: September 2003; eigene Recherchen 250 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Programme nur auf diesem Weg an eine ausreichende Anzahl von Haushalten vermarkten können. Deshalb ist die Pay-TV-Infrastruktur und das Conditional Access Gegenstand einer dichten Regulierung auf europäischer und nationaler Ebene. In ihren Beschlüssen kam die KEK zu dem Ergebnis, dass Premiere den Zugang zum digitalen Fernsehen kontrollieren kann.737 Grund dafür ist, dass Premiere im Zuge der Einführung der D-Box-Decoderbasis die verwendete Betacrypt-Verschlüsselungstechnologie als Standard bei der Zugangskontrolle im digitalen Fernsehen durchsetzen konnte. Dies war möglich, weil für die meisten Digitalhaushalte die digitalen Programme von Premiere der wesentliche Anreiz waren, einen Decoder anzuschaffen bzw. von Premiere zu mieten. Hinzu kam die Entscheidung der Deutsche Telekom AG, als Set-Top-Box die D-Box und als Verschlüsselung Betacrypt als Standards für ihre Breitbandkabelnetze einzusetzen. Andere Anbieter von Pay-TV-Programmen waren somit auf die Nutzung der Betacrypt-Technologie angewiesen, weil sie ihre Programme nur auf diesem Weg über Satellit oder Kabel auf der Premiereplattform platzieren bzw. die große Anzahl der Haushalte mit D-Box erreichen können.738 Lizenzen der Betacrypt-Technologie vergab die Firma BetaResearch, die wie Premiere zur KirchGruppe gehörte.739 Premiere kündigte am 26. 03. 2003 an, im Herbst 2003 das Verschlüsselungssystem zu wechseln. Als neues CA-System soll Nagravision der Schweizer Kudelski-Gruppe eingeführt werden. In diesen Systemwechsel soll auch BetaResearch eingebunden werden. Über die Details der künftigen Zusammenarbeit zwischen Premiere, BetaResearch und der Kudelski-Gruppe wurde Stillschweigen vereinbart.740 Jedenfalls wurde das digitale Playout-Center der KirchGruppe, BetaDigital (nunmehr: DPC Digital Playout-Center GmbH), von Premiere vollständig übernommen. Die Marktstellung von Premiere auf dem Pay-TV-Markt im Zusammenhang mit der bislang ausschließlichen Verschlüsselung der Premiere-Programme durch die Betacrypt-Technologie hat die Konsequenzen, – dass alternative Decoder-Technologien und Conditional-Access-Systeme nur erfolgreich am Markt eingeführt werden könnten, wenn über sie zugleich eine attraktive und eine deshalb mit Premiere konkurrierende Programmplattform angeboten würde, oder – eine Konkurrenz zur Premiere-Plattform und deren Systemtechnologie z. B. durch die Netzbetreiber aufgebaut werden könnte, wenn über den Konkurrenzdecoder auch PremiereProgramme empfangbar wären. Zur Behandlung dieser letzten beiden Aspekte wird es erforderlich, die Entwicklung und Marktstruktur bei der Decodertechnologie getrennt vom Conditional-Access-System zu betrachten.m 2.7.5 Betrieb der Decoderinfrastruktur Eine Verschlüsselung der Programmsignale ist zur Analog-Digital- und Digital-Analog-Wandlung (-Konvertierung) nicht erforderlich. Lediglich Zusatzgeräte oder bei der Set-Top-Box (s. u.) ein Empfangsmodul sind notwendig, um die für das Fernsehgerät erforderliche Rückumwandlung in analoge PAL-Signale durchzuführen. Die Rückumwandlung ist solange notwendig, wie die in den Haushalten vorhandenen Fernsehgeräte die digitalen MPEG-Signale nicht direkt verarbeiten können. Als Zusatzgeräte reichen sog. Free-to-Air-Boxen (auch Zapping-Boxen genannt) bzw. 737 Vgl. Beschluss der KEK vom 15. 08. 2000 i. S. Premiere, Az.: KEK 070, III 3.3.3. 738 Vgl. hierzu Beschluss der KEK vom 26. 01. 1999 i. S. Premiere, Az.: KEK 026, II 6.2.1. 739 Mittlerweile hat Dr. Axel Bauer bzw. die Betail Holding GmbH die BetaResearch erworben; vgl. Pressemitteilung 1/2003 von BetaResearch vom 03. 03. 2003. 740 Vgl. Pressemitteilung von Premiere vom 26. 03. 2003. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 251 die der europäischen DVB-Norm entsprechenden Receiver aus, um unverschlüsselte und damit frei empfangbare digitale Fernsehprogramme auf den Bildschirmen sichtbar zu machen. Zentraler Bestandteil der technischen Plattform des digitalen Pay-TV ist die Decoderinfrastruktur (Decoderbasis) der Set-Top-Box.741 Die Set-Top-Box ist ein Gerät, das in jedem Pay-TVFernsehhaushalt installiert wird. Bei einem Decoder im engeren Sinne handelt es sich nur um die Funktionseinheit, die die Verschlüsselung der ausgestrahlten Programme rückgängig macht (Decodierung). Neben der Entschlüsselung der im Zugangssystem verschlüsselten Signale nimmt die Set-Top-Box darüber hinaus gegenüber dem autorisierten Zuschauer alle weiteren erforderlichen Funktionen wahr, damit der Fernsehhaushalt ein analoges Fernsehgerät für die Wiedergabe beim digitalen Fernsehempfang verwenden kann. Die Funktionen sind: Empfang des DVBSignals (Empfangsmodul für DVB-S, DVB-C oder DVB-T), Demodulation, Demultiplexierung, Decodierung und Digital-Analog-Umwandlung der Signale.742 Für den digitalen Kabel- (DVB-C), den Satelliten- (DVB-S) und den terrestrischen (DVB-T) Bereich werden unterschiedliche Decoder und Set-Top-Boxen eingesetzt. Medienkonzentrationsrechtlich steht bei der Set-Top-Box die Frage im Mittelpunkt, wer die Decoderinfrastruktur betreibt bzw. wer bestimmt, welche Set-Top-Boxen zum Empfang der Digitalprogramme eingesetzt werden. Wird die Decoderinfrastruktur vom Programmveranstalter oder Netzbetreiber betrieben oder existiert ein freier Endgerätemarkt für Set-Top-Boxen, auf dem der Konsument die erforderliche Set-Top-Box auswählen kann? Die KirchGruppe erlangte auf dem Markt der Zugangsvermittlung zum digitalen Pay-TV eine marktbeherrschende Stellung. Ihr gelang es, über die dominante Programmplattform Premiere die patentrechtlich geschützten Standards zum digitalen Programmempfang (D-Box), zur Verschlüsselung (Betacrypt-Conditional-Access-System) und Freischaltung bei der Zugangskontrolle vorzugeben. Davon ist die Marktsituation in Deutschland noch heute gekennzeichnet.743 Diese Situation bei den Empfangsgeräten konnte entstehen, weil Premiere bislang ausschließlich mit dem patentrechtlich geschützten Betacrypt verschlüsselt wurde und die D-Box nur ein fest eingebautes CA-System hat. Zum technischen Zugangsstandard und zur Marktbarriere konnte das Decoder- und CA-System der KirchGruppe werden, weil die digitalen Programme von Premiere den wichtigsten Anreiz bilden, sich einen Decoder anzuschaffen. Alternative Decoder würden für die Zuschauer in der Regel erst interessant, wenn sie zugleich damit eine attraktive alternative Programmplattform nutzen oder über diesen Decoder auch Premiere empfangen könnten. In der Vergangenheit erteilte Premiere bzw. BetaResearch alternativen Decoderherstellern keine Lizenzen, d. h., dass mit der D-Box konkurrierende Decoder-Geräte für den Empfang von Premiere nicht zugelassen wurden. Zum Beispiel war Premiere im Leipziger Kabelnetz nicht über die Set-Top-Boxen des Kabelnetzbetreibers PrimaCom AG zu empfangen. Der Kabelnetzbetreiber PrimaCom AG war dort nicht bereit, die D-Box und Betacrypt einzusetzen. Presseberichten zufolge kam inzwischen eine Vereinbarung zustande, nach der Premiere in Betacrypt verschlüsselt in die PrimaCom-Kabelnetze eingespeist wird. Diesen Presseberichten zufolge würde ein PremiereKunde, der die Programme von Premiere über die PrimaCom-Kabelnetze empfangen will, zur Zeit neben der PrimaCom-Set-Top-Box noch eine weitere, als „Geeignet für Premiere“ lizenzierte Set-Top-Box benötigen. Die eigene Set-Top-Box des Kabelnetzbetreibers sei derzeit für ein Premiere-CI-Modul (s. u.) noch nicht funktionsfähig.744 741 742 743 744 Für „Set-Top-Box“ wird auch der Begriff „Integrated Receiver/Decoder“ (IRD) verwendet. Vgl. Ulrich Freyer, DVB – Digitales Fernsehen, Berlin 1997, S. 119 ff. Siehe Konzentrationsbericht der KEK 2000, S. 221 ff. Vgl. Digitalfernsehen 3/2003, S. 9. 252 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Nach der ARD Digitalstudie 2000 erreichte in der Zeit der Untersuchung vom 13. 09. bis 15. 10. 2000 die D-Box bei den digitalen Fernsehnutzern einen Marktanteil von 83 %. Dies zeigt, dass jedenfalls in der näheren Vergangenheit Digitalfernsehen in Deutschland in erster Linie in Form von Pay-TV angeboten und der Pay-TV-Markt bislang durch die Decoderpolitik und Alleinstellung der Programmangebote von Premiere geprägt wurde. Deren Empfang war bis zum Jahr 2002 nur mittels der D-Box möglich (s. u.). Folglich waren die im Jahr 2000 gemessenen Marktanteile anderer Decoder gering: 4 % Panasonic, 1 % Galaxis, 1 % Kathrein und 6 % andere Marken.745 Aufgrund der aktuellen Entwicklungen bei der Geschäftsstrategie von Premiere und am Markt für digitale Empfangsgeräte dürfte sich diese enge Marktstruktur zukünftig auflockern. Veränderungen der Unternehmensstrategie von Premiere, deren Verschlüsselungspraxis und Decoderpolitik erfolgten schrittweise parallel zu den Insolvenzen mehrerer Unternehmen der KirchGruppe: – Premiere kündigte am 08. 05. 2002 an, dass das „D-Box-Monopol“ (Dr. Georg Kofler, Premiere-Geschäftsführer) beendet werde. Premiere bewirke eine „Öffnung des Marktes für digitale TV-Receiver“, weil seit März 2002 Premiere außer über die D-Box auch über andere Digital-Receiver empfangen werden kann. Solche alternativen Set-Top-Boxen sind an dem Gütesiegel „Geeignet für Premiere“ zu erkennen.746 Die Hersteller TechniSat, Galaxis, Humax und Micronik erhielten eine Lizenz, die es ihnen erlaubt, Set-Top-Boxen mit einem integrierten Betacrypt-CA-Modul herzustellen und zu verkaufen. Berichtet wird, dass es Voraussetzung für den Erhalt einer Lizenz sei, das Funktionieren der Jugendschutzvorsperre von Premiere sicherzustellen und die Premiere-spezifischen interaktiven Anwendungen bei Formel-1- und Fußball-Übertragungen zu unterstützen. Letzteres bezieht sich darauf, dass beispielsweise bei Formel-1-Übertragungen per Fernbedienung ein Menü aufgerufen wird und zwischen mehreren verfügbaren Perspektiven umgeschaltet werden kann. Bei Fußballübertragungen sollen per Fernbedienung die Menüfunktionen und die Konferenzschaltungen wiedergegeben werden. – Am 10. 10. 2002 meldete Premiere, dass ihre Programme über Common-Interface-(CI)Receiver zu empfangen seien. Dazu werde ein firmeneigenes CI-Modul eingeführt, das die Premiere-Programme entschlüsselt. Zugleich werde Premiere auch Herstellern von CIReceivern eine Lizenz erteilen.747 Zu diesem Punkt wird berichtet, dass das Premiere-CIModul ein spezielles CA-Modul ist, das von SCM Microsystems, Inc., Ismaning, hergestellt wird. Diese Firma wird als der alleinige Zulieferer des Premiere-CI-Moduls bezeichnet. Bei einem CA-Modul (CAM = auch PCMCIA-Karte) handelt es sich um eine Steckkarte bzw. um eine externe Baugruppe, die ungefähr die Größe einer Kreditkarte hat. Am Decodergerät befindet sich eine für das CA-Modul vorgesehene Steckverbindung. Bei diesem Steckplatz für das CA-Modul handelt es sich um die äußere Schnittstelle der Set-Top-Box, die als Common Interface (CI, einheitliche Schnittstelle) bezeichnet wird. Sie ist eine europaweit genormte Steckverbindung für CA-Module. Dort wird das CA-Modul eingeführt. Die Funktion des CA-Moduls ist, die Verschlüsselung des Conditional-Access-Systems wieder 745 5 % der befragten Nutzer digitalen Fernsehens konnten keine Auskunft zu ihrem Decoder geben; vgl. ARD-Projektgruppe Digital, Digitales Fernsehen in Deutschland – Markt, Nutzerprofile, Bewertungen, in: Media Perspektiven 4/2001, S. 202 ff. 746 Vgl. Pressemitteilung der Premiere Fernsehen GmbH & Co. KG vom 08. 05. 2002, KirchPayTV beantragt Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Kofler: „Ballast der Vergangenheit abwerfen“, Sendebetrieb von Premiere nicht gefährdet, Fortschritte bei der Sanierung des Kerngeschäfts. 747 Vgl. Pressemitteilung der Premiere Fernsehen GmbH & Co. KG vom 10. 10. 2002, Premiere ab Ende Oktober mit CI-Modul empfangbar, Erste Premiere geeignete Common-Interface-Receiver von Kathrein und Nokia. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 253 zu entschlüsseln. Ein CA-Modul ist von der Smart-Card zu unterscheiden. Die Smart-Card ist die Abonnentenkarte. Hierbei handelt es sich um eine Chipkarte, die einer Kreditkarte gleicht. Sie wird in einen dafür vorgesehenen Einsteckschacht eingeführt. Dieser Einsteckschacht befindet sich im CA-Modul bzw. in dem speziellen Premiere-CI-Modul; d. h., in das Premiere-CI- bzw. CA-Modul wird wiederum die Smart-Card des Pay-TV-Veranstalters hineingesteckt. Die Funktion der Smart-Card kann mit einem elektronischen Schlüssel verglichen werden. Sie wird dem Abonnenten vom Pay-TV-Veranstalter bereitgestellt, weil sie die Daten der Teilnehmer zur Identifizierung bzw. zur Prüfung der Zugriffsberechtigung enthält. Auf Basis dieser Daten werden von der Verwaltung des Programmveranstalters programm- und teilnehmerspezifische Schlüsselsignale zur Freischaltung des Decodergeräts übertragen. Von anderen am Markt erhältlichen CA-Modulen unterscheidet sich das spezielle Premiere-CI-Modul, weil darin eine Abfrage eingebaut wurde, die beim EinCI-Steckplätze (Anzahl) Embedded CA D-Box Mietreceiver, Kaufreceiver (Restposten), D-BoxÜbernahmeangebote Nokia D-Box 1 Nokia D-Box 2 Philips D-Box 2 Sagem D-Box 2 0 0 0 0 1 1 1 1 Betacrypt fest eingebaut Axis Premium S Galaxis Easy World Galaxis Classic World Galaxis pop plus Hirschmann CSR 5012 CI Humax BTCI-5900 Katelco CI 3000/P Orbitech CI 350 Panasonic TU DSF 40 P Samsung SBCCI-703-E (geplant) TechniSat Digibox Beta 1 TechniSat Digibox Beta 2 TechniSat DIGITAL P TechniSat DIGITAL CIP 2 2 2 0 2 2 2 1 1 2 0 2 0 1 2 u. a. für Premiere CI-Modul 2 u. a. für Premiere-CI-Modul 2 u. a. für Premiere-CI-Modul 1 für Premiere-CI-Modul 2 u. a. für Premiere CI-Modul 2 u. a. für Premiere CI-Modul 1 für Premiere CI-Modul 1 für Premiere CI-Modul 1 für Premiere CI-Modul 2 u. a. für Premiere CI-Modul Premiere-Decoder1) für Premiere-CI-Modul Grundig Selio DTR 5210 S CI Kathrein UFD 350 Loewe, DTV Aufrüstsatz 2 Nokia Mediamaster 211 S Philips DSR 2000 Philips DSR 2015 Philips DSR 5600 MHP TechniSat DIGIT CI Telstar CI Diginova 2 CI Telstar CI Diginova 2 P Satellit (S) Kabel (C) Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt ja ja ja ja ja ja ja ja 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt Betacrypt ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja – ja – ja – ja – – – – – – ja ja 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 – – – – – – – – – – ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja – – – – – – – – – – 1) Eigene Recherche der KEK Abbildung II-23: Premiere-Decoder Quellen: Premiere, Händlerinformationen, Zeitschriften Digitalfernsehen und infosat; Stand: September 2003. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei den Preisen ist eine dynamische Entwicklung zu verzeichnen. Hierzu ist auch der Hinweis wichtig, dass Kaufreceiver des Öfteren in Abhängigkeit vom Abschluss eines Premiere-Abonnementvertrages und der Vertragslaufzeit deutlich preiswerter erhältlich sind. 254 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten stecken in den Decoder das Gerät auf die Lizenzierung durch Premiere überprüft. Handelt es sich um einen CI-Digitalreceiver, der keine Lizenz von Premiere hat, funktioniert das Modul nicht. Demnach entspricht das Premiere-CI-Modul nicht anderen, am Markt erhältlichen Betacrypt-CA-Modulen. Der Premiere-Abonnent erhält es gratis bei Abschluss eines Abonnentenvertrages. Er kann es bereits bei Abschluss des Mindest- bzw. Einsteigerpakets (Premiere Start) erhalten. Anders als in der Vergangenheit ist es somit nicht mehr erforderlich, dass der Premiere-Kunde auch einen Decoder von Premiere kauft oder mietet. Das Premiere-CI-Modul verbleibt allerdings im Eigentum von Premiere. Berichtet wird, dass alle Decoder mit CI, die das Prädikat „Geeignet für Premiere“ tragen, das Modul unterstützen. Folglich erfüllen die ansonsten im Fachhandel erhältlichen CI-Decoder zwar auch den technischen Common-Interface-Standard. Premiere zufolge erfüllen sie aber nicht die darüber hinausgehende, von den Landesmedienanstalten den Geräteherstellern auferlegte Jugendschutzfunktion. Deshalb können sie auch nicht die Premiere-Programme empfangen.748 – Die aktuellen Entwicklungen bei der Decoderbasis betreffen vor allem die Digitalkunden von Premiere, die ihre Programme über Satellit empfangen. Schwieriger stellt sich zur Zeit die Situation im Kabelbereich dar. Zwar sind außer der Kabel-D-Box einige alternative SetTop-Boxen mit fest eingebautem Betacrypt-CA-Modul für den Kabelempfang von Premiere erhältlich. Für den Kabelempfang scheinen zur Zeit aber von Premiere für das PremiereCI-Modul lizenzierte Set-Top-Boxen im Fachhandel nicht erhältlich. Hierin drückt sich vermutlich auch die Unsicherheit über die Zukunft des Fernsehkabels aus, d. h. darüber, welche Strategie die neuen Eigentümer der Netze verfolgen werden. Bekanntlich hat die Deutsche Telekom AG (DTAG) ihre verbliebenen sechs Kabelfernsehregionen an ein Finanzinvestorenkonsortium aus Apax Partners, Goldman Sachs Capital Partners und Providence Equity verkauft.749 Offen ist, ob und inwieweit die Zusammenarbeit mit der BetaResearch Gesellschaft für Entwicklung und Vermarktung digitaler Infrastrukturen mbH (BetaResearch) fortgesetzt wird und welche anderen Überlegungen zur Decoderinfrastruktur angestellt werden. Die DTAG hatte als marktbeherrschender Kabelnetzbetreiber entschieden, ausschließlich die D-Box- und Betacrypt-Technologie für ihre Kabelnetze zu nutzen.750 Ob die Deutsche Telekom im Zuge des Verkaufs ihres Kabelnetzes die neuen Eigentümer vertraglich zur Nutzung einer bestimmten Technologie verpflichtet hat, ist noch nicht bekannt.751 – Zur Zeit zeichnen sich grundlegende Veränderungen bei dem technischen Zugangssystem von Premiere ab. Deren konkrete Auswirkung ist aber noch schwer einzuschätzen. Bislang war BetaResearch der technische Dienstleister im Bereich der Middleware für die D-Box (D-Box-API/Betanova) und des Betacrypt-Verschlüsselungssystems. Nach der Unternehmensmitteilung wird die Betacrypt-CA-Technologie künftig nicht mehr die Grundlage der Systemtechnologie bilden. Premiere hat aber auch angekündigt, BetaResearch in den Systemwechsel einzubinden.752 Die konkrete, zukünftige Funktion von BetaResearch erscheint zur Zeit noch unklar. 748 Vgl. Pressemitteilung der Premiere Fernsehen GmbH & Co. KG vom 10. 10. 2002. 749 Vgl. Pressemitteilung der Deutsche Telekom AG vom 28. 01. 2003, Deutsche Telekom verkauft Kabel-TV-Aktivitäten der verbliebenen sechs Regionen an ein Investorenkonsortium. 750 Siehe Beschluss der KEK vom 26. 01. 1999 i. S. Premiere, Az.: KEK 026, II 6.2.1; auch MMR 1/2001: S. X f. 751 Dazu ausführlich Beschluss der KEK vom 26. 01. 1999 i. S. Premiere, Az.: KEK 026, II 6.2.1. 752 Vgl. Pressemitteilung von Premiere vom 26. 03. 2003. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 255 Zwischen der BetaResearch und Premiere bestanden über die Conditional-Access-Technologie lizenzvertragliche Vereinbarungen. Danach ist BetaResearch Inhaberin ausschließlicher und unbefristeter Lizenzen für die Betacrypt-(Irdeto-)Verschlüsselungstechnologie zur Verschlüsselung von Programmen auf der Basis des D-Box-Decoders. Sie verfügt über die Lizenzen für Deutschland, Österreich und die deutschsprachige Schweiz. Lizenzgeber ist die niederländische Firma DigCo B. V., an der die KirchGruppe und die zur südafrikanischen MIH-Gruppe gehörende Irdeto B. V. mit jeweils 50 % beteiligt sind (Stand: 27. 05. 1998). Bislang hatte BetaResearch die Funktion, die Zugangstechnologie an Pay-TV-Veranstalter, Anbieter technischer Dienstleistungen für digitales Fernsehen und Hersteller von Decodergeräten zu lizenzieren.753 Der Firma BetaDigital erteilte BetaResearch die für die Entwicklung und Vermarktung digitaler Infrastrukturen notwendigen Lizenzen.754 Der Betrieb von BetaDigital ist nach ihrer Insolvenz von der von Premiere neu gegründeten Tochterfirma DPC Digital PlayoutCenter GmbH vollständig übernommen worden.755 DPC betreibt ein Playout-Center und Sendezentrum für Premiere, in dem für die digitalen Programme die Verschlüsselung, Datenkompression, Multiplexierung und Satelliten-Up-Link zur digitalen Programmplattform durchgeführt werden. Außer für Premiere erbringt DPC solche Dienstleistungen auch für Dritte.756 – Am 26. 03. 2003 kündigte Premiere an, im Herbst 2003 das derzeitige Verschlüsselungssystem Betacrypt gegen das CA-System Nagravision der Kudelski-Gruppe auszuwechseln. Hierzu führen Premiere und die Kudelski-Gruppe auch Gespräche mit den Unternehmen der deutschen Kabelbranche.757 Der Systemwechsel würde für die Premiere-Kunden problemlos durch einen Austausch der jeweiligen Smart-Card durchgeführt. Berichtet wird, dass alle offiziellen Set-Top-Boxen zum Premiereempfang, d. h. die als Premiere-geeignet lizenzierten D-Boxen und die Premiere-CI-Module, weiterhin funktionieren werden.758 Presseberichten zufolge werde bei der Umstellung BetaCrypt 1 und Nagravision gleichzeitig ausgestrahlt (Simulcrypt-Verfahren).759 2.7.6 Elektronische Programmführer 2.7.6.1 Bedeutung von elektronischen Navigationssystemen beim Digitalfernsehen Aufgrund der gestiegenen Angebotsvielfalt haben Programmführer (Navigatoren, elektronische Programmführer bzw. Electronic Programme Guide (EPG) oder Interactive Programme Guide (IPG)) eine große Bedeutung für den Zugang zum digitalen Fernsehen. Bereits heute werden mehrere 100 Kanäle digital über Satellit verbreitet. So strahlt zum Beispiel das Satellitensystem Astra über die Orbitalposition 19,2 Grad Ost per 07. 01. 2003 insgesamt 159 teils frei empfang753 Vgl. Beschluss der KEK vom 26. 01. 1999 i. S. Premiere, Az.: KEK 026, II 6.2.1 und II 2.3; auch Europäische Kommission, Entscheidung vom 27. 05. 1998, IV/M.1027, Deutsche Telekom/BetaResearch, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Abl. L 053 vom 27. 02. 1999, S. 31–45, hier: Tz. 9, S. 3, abgedruckt in: Media Perspektiven, Dokumentation, Nr. II, 1998, S. 61. 754 Vgl. ebenda. 755 Vgl. infosat 2/2003, Nr. 179, S. 10; auch Digitalfernsehen 1/2003, S. 12–15. 756 Siehe oben Kap. II 2.7.2 Multiplexierung. 757 Siehe Pressemitteilung von Premiere vom 26. 03. 2003; auch Digitalfernsehen 10/2003, S. 7. 758 Vgl. Digitalfernsehen 8/2003, S. 14. 759 Vgl. infosat 5/2003, Nr. 182, S. 8 f. 256 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten bare, teils abonnierbare digitale Fernsehprogramme für den deutschsprachigen Raum aus. Darunter sind 63 freie Programme aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz, 51 internationale Programme, 1 internationaler Pay-TV-Kanal und die 44 Programme von Premiere, die das einzige im deutschen Sprachraum beziehbare Pay-TV-Bouquet darstellen. Andere, ebenfalls über diese Orbitalposition von Astra vertriebene Pay-TV-Digitalbouquets (z. B. Canalsatellite, Canal Digitaal, Canal Satélite Digital) können in Deutschland nicht abonniert werden, denn aus urheberrechtlichen Gründen werden alle Bouquetangebote immer nur im Land ihres Ursprungs vertrieben. Eine Vielzahl deutschsprachiger Programme strahlt auch das Eutelsat-Satellitensystem (Hotbird) über die Orbitalposition 13 Grad Ost aus. Aufgrund der unübersehbaren Vielzahl möglicher Digitalprogramme ist der Zuschauer darauf angewiesen, möglichst schnell und bequem zu den gewünschten Programmen zu finden. Diese Dienstleistungsfunktion erfüllen elektronische Programmführer bzw. Navigationssysteme. Sie sollen den Zuschauer bei der Auswahl und beim Auffinden der von ihm bevorzugten Programme unterstützen. Einige Studien zur Fernsehnutzung in digitalen Haushalten heben hervor, dass unter den Angeboten an interaktiven Fernsehdiensten die elektronischen Programmführer den größten Zuspruch erfahren. GoldMedia Consulting & Research hat ermittelt, dass in Großbritannien drei Viertel der Digitalhaushalte vornehmlich den EPG nutzen.760 Während interaktive Dienste für Digitalfernsehnutzer nur eine untergeordnete Bedeutung haben, nutzen 73 % der Befragten den EPG regelmäßig.761 Zudem geben ca. die Hälfte der Zuschauer in britischen Digitalhaushalten an, sie würden den ihnen zur Verfügung stehenden EPG häufiger nutzen als irgendeine andere Quelle für Programminformationen.762 Horst Stipp, National Broadcasting Company (NBC), betont, dass sich in den USA beim jungen Publikum ein im Vergleich zu Deutschland starker Rückgang in der Nutzung von Programmzeitschriften feststellen lässt. Allerdings bestehe eine Nachfrage nach Programminformationen, die dazu führe, dass EPGs bei digitalen Fernsehzuschauern sehr beliebt seien.763 2.7.6.2 Navigationssysteme, EPG und Medienkonzentration Wegen der Orientierungsfunktion der Programmführer für den Nutzer des digitalen Fernsehens hat er eine wichtige Bedeutung für den Zugang zum digitalen Fernsehen. Die Platzierung eines Programms im Programmführer kann ausschlaggebend dafür sein, wie viele Zuschauer das Programm nutzen. Wettbewerbs- und auch meinungsrelevante Zugangsfragen entstehen, weil der Bedarf des Zuschauers an anbieterneutraler Zugangsinformation u. U. nicht im Interesse eines veranstalter- oder plattformeigenen EPG-Anbieters steht, der keine Werbung für seine Konkurrenten machen und eher die eigenen Programme hervorheben wird. Zu unterscheiden ist zwischen einem bouquet-übergreifenden (Basis-) Navigator und dem bouquet-eigenen elektronischen Programmführer (Electronic Programme Guide, EPG). Der Rundfunkgesetzgeber unterwirft (Basis-) Navigatoren einer eigenen Zugangsregulierung (§ 53 Abs. 2 RStV). Der Basisnavigator soll quasi das Einstiegsportal zur digitalen Plattform darstellen und im ersten Nutzungsschritt gleichgewichtig auf die verschiedenen Angebote hinweisen sowie 760 Siehe Financial Times Deutschland vom 17. 12. 2002. 761 So eine Befragung im Auftrag des Office of Telecommunications (OFTEL) von Mai und Juli 2000. Vgl. auch Jochen Zimmer, Großbritannien und Frankreich: Vorreiter für digitales und interaktives Fernsehen, in: Media Perspektiven 10/2000, S. 444. 762 Vgl. Uwe Hasebrink, Das Zuschaueranteilsmodell: Herausforderung durch Pay-TV und Online-Medien, abgedruckt in: Jahresbericht der KEK 2000/2001, S. 160–213, hier: S. 198. 763 Vgl. Horst Stipp, Der Konsument und die Zukunft des interaktiven Fernsehens, in: Media Perspektiven 7/2001, S. 375 f. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 257 ein unmittelbares Einschalten der einzelnen Programme ermöglichen. Alle verfügbaren Angebote sollen gleichberechtigt und ohne positive oder negative Bewertung aufgeführt werden. Bei einem Navigator handelt es sich um eine im Rechner der Set-Top-Box installierte Betriebssoftware. In seiner einfachsten Form stellt er das gesamte Programmangebot auf der Grundlage einer Auswertung der Service-Informationen (SI) dar. Die Fernsehveranstalter strahlen die SI gemeinsam mit dem digitalen Datenstrom ihres Programms aus. Die SI sind ein integraler Bestandteil eines Digitalfernsehsystems, das dem DVB-Standard entspricht. Sie enthalten im Wesentlichen grundlegende Programminformationen wie Programmnamen, Sendungstitel, Beginn, Ende, Dauer der Sendung und Genrebezeichnung, damit die Software der Set-Top-Box einfache Verzeichnisse erstellen kann. SI können dazu verwendet werden, dem Benutzer unmittelbar nach dem Einschalten der Set-Top-Box die wichtigsten Informationen zur Navigation innerhalb der Programmvielfalt anzuzeigen. Die Gerätehersteller entwickeln zur Auswertung und Darstellung der SI eine für die Set-TopBox-Nutzer möglichst nutzerfreundliche Software. Solche Navigatoren können auch von Dritten entwickelt werden, wie zum Beispiel von Kabelnetzbetreibern. Letztere können sich etwa dafür interessieren, dass ihren Kunden eine Benutzeroberfläche zur Verfügung steht, die auf den SI basierende Verzeichnisse für das Fernsehen darstellt und dies zugleich in eine Benutzeroberfläche integriert, die auch den Zugang zu weiteren Anwendungen wie z. B. Internet oder E-Mail aufführt. Elektronischer Programmführer (EPG): Zusätzlich zum (Basis-) Navigator bieten Plattformbetreiber oder Bouquetanbieter in der Regel eine weitere elektronische Orientierungshilfe an, die dem Zuschauer vor allem ihr Programm oder das Bouquet aller von ihnen bereitgestellten Programme optisch attraktiv präsentiert, viele Zusatzinformationen liefert und möglichst einfache und nützliche Hilfsfunktionen zur Suche und Auswahl ermöglicht. Der Vergleich mit den Funktionen des Basisnavigators zeigt, dass es sich beim EPG um einen technisch deutlich anspruchsvolleren und redaktionell gestalteten Programmführer handelt, der mit verschiedenen Zusatzinformationen und Software-Anwendungen versehen sein kann. Im Unterschied zum Basisnavigator erstellt ein EPG nicht nur einfache Verzeichnisse. Vielmehr handelt es sich um eine umfassende Programminformation, die redaktionell gestaltet und als eigener (Medien-) Dienst vom EPGAnbieter ausgestrahlt wird. Somit ähnelt die Funktion eines EPGs derjenigen einer sendereigenen Programmzeitschrift. Hierzu bedarf es unter Umständen einer sehr komplexen Software, die ausreichend Speicherkapazität der Set-Top-Box voraussetzt. Anders als der Basisnavigator benötigt der EPG auch zusätzliche Übertragungskapazität. EPGs werden medienrechtlich nicht als eigenständiges Rundfunkprogramm behandelt, sondern als eine Mediendienstleistung, und unterliegen insoweit den Bestimmungen des Mediendienstestaatsvertrags.764 EPGs gibt es in unterschiedlichen Erscheinungsformen: – programmgebundene EPGs einzelner Veranstalter, die den Zuschauern insbesondere das jeweils eigene Programm bzw. Programmbouquet erschließen wollen (z. B. PREMIERE EPG, ARD EPG, ZDF EPG), und – unabhängige EPGs von Dritten, die den Zuschauern bouquetübergreifend anbieterneutral spezifische Dienstleistungen anbieten (z. B. Hörzu EPG, SiehFern INFO). Regulatorisch ist zu überlegen, ob für anbieterneutrale, bouquetübergreifende EPGs eine Zugangsregulierung vorgesehen werden sollte, die mit derjenigen für Basisnavigatoren vergleichbar ist.m 764 Vgl. Zulassungsantrag der RTL Television GmbH zur Veranstaltung eines digitalen Programmbouquets, Beschluss der KEK vom 19. 10. 1999, Az.: KEK 052, II 1.3. 258 2.7.6.3 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Entwicklungsstand Basisnavigator der D-Box ist das Tele Online Navigation Instrument (TONI). TONI kann die ServiceInformationen der Programme vollständig auswerten. Ergänzend dazu wertet er auch einen Datenstrom mit weiteren Informationen zu den Programmen aus, die hierzu von Premiere parallel übertragen werden. TONI listet zwar auch die Programme anderer Bouquets tabellarisch auf, ihre Programmdaten werden aber nicht zu der vollständigen Zufriedenheit der Veranstalter angezeigt. Seit Ende 2001 ermöglicht Premiere bei der D-Box 2 über spezielle Funktionstasten auf der Fernbedienung zusätzlich zu TONI noch den Zugang zum neuen premiereeigenen elektronischen Programmführer (PREMIERE EPG). Voraussetzung für die Verfügbarkeit dieses EPGs ist, dass der Abonnent auf seiner D-Box die neueste Betriebssoftware-Version betanova 2.01 installiert. Es handelt sich um einen speziell für die Programme der Premiereplattform entwickelten und von Premiere redaktionell betreuten Programmführer. Die übrigen über die D-Box empfangbaren digitalen Programme werden nicht dargestellt. Auch die ARD hat für ihr digitales Bouquet einen EPG geschaffen. Er ermöglicht eine integrierte „Lesezeichen“-Funktion. Damit wird den Redaktionen die Möglichkeit gegeben, die Zuschauer auf andere interessante Sendungen hinzuweisen, die mit dem Thema der laufenden Sendung zu tun haben. Der Zuschauer kann aufgrund des Hinweises bei Interesse die Sendung auswählen und vormerken. Daraufhin erinnert eine Zeiteinrichtung zum gegebenen Zeitpunkt an die vorgemerkten Sendungen. Außerdem können über einen Katalog Stichwörter ausgewählt und gespeichert werden. Der EPG weist dann jeweils automatisch auf alle aktuellen Sendungen mit diesem Stichwort hin. Das ZDF hat für sein Programmbouquet ZDFvision ebenfalls einen EPG entwickelt. Auch RTL bietet mit RTL World TV Interactiv unter anderem einen kostenlosen EPG an, der einen aktuellen Überblick über die Programme aller deutschsprachigen über den Satelliten Astra ausgestrahlten Sender gibt. Nicht nur Fernsehveranstalter, auch Gerätehersteller und Verlage von Programmzeitschriften arbeiten an übergreifenden EPGs. Kabelnetzbetreiber sind ebenfalls an solchen EPGs interessiert. So weist zur Zeit die Entwicklung der Angebote an EPGs eine bemerkenswerte Dynamik auf. Zum Beispiel startete Anfang 2003 der Axel Springer Verlag in Anlehnung an die von ihm herausgegebene Programmzeitschrift einen Hörzu EPG. Die Entwicklung des Hörzu EPGs basiert auf einer Zusammenarbeit der Berliner Firma GIST Communications, von Canal+ Technologies und dem Axel Springer Verlag. Bislang können diesen EPG nur solche Zuschauer empfangen, die Digitalfernsehen über Satellit und Set-Top-Boxen von Philips (MHP Receiver DSR 5600) empfangen. Geplant ist, dass der EPG auf allen Set-Top-Boxen funktioniert, die den Standard MHP erfüllen. Die aktuelle redaktionelle Bearbeitung der Programmdaten soll direkt durch den Axel Springer Verlag erfolgen. Ein weiteres Beispiel sind die Satelliten-Set-Top-Boxen der Firma TechniSat. Nach Angaben des Herstellers sind alle Boxen mit einem für die Nutzer kostenlosen, von TechniSat redaktionell gestalteten und programmübergreifenden EPG (SiehFern INFO) ausgestattet. Der EPG wird seit 1999 über das digitale Astra-Satellitensystem ausgestrahlt und läuft auf der von TechniSat selbst entwickelten Betriebssoftware Apitech 1. 0. 2.7.6.4 EPG und Application Programming Interface (API) EPGs Dritter benötigen eine Schnittstelle bzw. Application Programming Interface (API) in der Betriebssoftware der Set-Top-Box. EPGs sind multimediale Anwendungen, Anwendungsprogramme (Application Program) bzw. Software-Anwendungen. Sie werden grundsätzlich für ein Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 259 bestimmtes API erstellt. Folglich muss die EPG-Software-Anwendung passend zum API der Set-Top-Box geschrieben werden. Von einer „offenen Schnittstelle“ spricht man, wenn für diese Schnittstelle eine eindeutige Vereinbarung oder eine verbindliche Standardisierung existiert und die Daten dieser Schnittstelle allen Anwendern bekannt sind und frei zur Verfügung stehen. Je nach Leistungsfähigkeit der Set-Top-Box sind entsprechende APIs enthalten, andernfalls ist die Interoperabilität mit Drittanwendungen beschränkt. Zudem ist es erforderlich, dass der zugehörige Prozessor der Set-Top-Box leistungsfähig genug ist. Außer beim EPG besteht diese Problematik der geeigneten Betriebssoftware-Schnittstelle der Set-Top-Box auch bei allen anderen interaktiven Anwendungen und Abrufdiensten. Die D-Box ist nur bedingt für den EPG des Bouquets ARD Digital und dessen Online-Kanal geeignet. Die Darstellung der interaktiven Anwendungen der ARD erfordert eine Set-Top-Box, die mit dem API von OpenTV oder der Multimedia Home Platform (MHP) ausgestattet ist. OpenTV erfüllt die Voraussetzungen, die dem Standard entsprechen, den eine Set-Top-Box nach dem Interessenverband Free Universe Network e. V. (F. U. N.-Universaldecoder) erfüllen muss. F. U. N. vertritt unter anderem die Forderung nach Einführung von MHP als offenen Standard für interaktive Anwendungen im digitalen Fernsehen. Ähnlich wie für die ARD stellt sich die Situation für das ZDF dar. Der EPG des ZDF funktioniert nicht vollständig über die D-Box 2. Auch das bislang nur über Satellit ausgestrahlte interaktive Angebot von RTL, RTL World TV Interactiv, lässt sich nicht auf der D-Box darstellen. Es funktioniert nur bei Set-Top-Boxen, bei denen OpenTV oder MHP als Betriebssystem installiert ist. Im September 2001 verständigten sich ARD, ZDF, KirchGruppe, RTL und die Landesmedienanstalten mit der gemeinsamen „Mainzer Erklärung“ auf die eine gemeinsame und offene API ermöglichende Multimedia Home Platform (MHP). Die wesentlichen Inhalteanbieter verabredeten sich, alle neuen interaktiven Funktionen auf Basis von MHP zu entwickeln und alle bestehenden interaktiven Anwendungen in einem überschaubaren Zeitraum auf MHP zu überführen. Zudem sollte nach der Mainzer Erklärung MHP im Juli 2002 mit dem Verkauf der MHP-Set-Top-Boxen im Handel starten. Außerdem sollten die Fernsehsender mit der Bereitstellung ihrer MHP-Dienste beginnen. In der Einigung wurden die Gerätehersteller aufgefordert, bis zum 01. 07. 2002 MHPkompatible Empfänger auf dem Markt einzuführen. MHP-fähige Endgeräte in Form von Set-TopBoxen und Fernsehgeräten mit integrierter MHP-Funktionalität werden von Panasonic, Philips, Sony und ADB angeboten (Stand: Oktober 2002). Diese – unverbindliche – Erklärung bedeutet eine Abkehr vom bisher vorherrschenden (API-) Middleware-Standard der D-Box, betanova. Premiere kündigte zwar an, die D-Box technisch auf MHP zu erweitern und die alten Boxen auszutauschen. Premiere nimmt eine zentrale Position bei der Vergrößerung des Marktanteils von MHP-fähigen Set-Top-Boxen ein. Allerdings ist der Zeitpunkt für die Umstellung der D-Box 2 auf MHP durch eine Software-Aufspielung aktuellen Meldungen zufolge offen (Stand: September 2003). Im Vergleich zu MHP-Boxen gibt es erheblich preiswertere, Premiere-geeignete Boxen, die ein schnelleres Anwachsen der Abonnentenzahlen versprechen.m Erhebliche Unsicherheiten für die Einführung von MHP als gemeinsamen Standard ergeben sich auch im Bereich des Kabelfernsehens. Bislang ist von den Kabelnetzbetreibern noch keine Grundsatzentscheidung zu MHP bekannt. Liberty Media hatte vor Untersagung des Netzerwerbs durch das Bundeskartellamt beabsichtigt, kostenlos an die digitalen Kabelkunden einfache und preiswert herzustellende Set-Top-Boxen zu verteilen, die aber möglicherweise nicht MHP-fähig sind.765 Nach bisherigen Verlautbarungen sind auch die neuen Eigentümer der Kabelnetze an 765 Vgl. Bundeskartellamt, B 7-168/01, Entscheidung Liberty Media Corporation, Englewood, Colorado/USA/Kabel Deutschland GmbH (KDG). 260 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten einer zügigen Digitalisierung der Netze interessiert und wohl auch bereit, die hierfür erforderlichen Set-Top-Boxen zu subventionieren. Je höher die Kosten der Box, desto schwieriger und langwieriger wird der Umstellungsprozess zum Digitalfernsehen ausfallen. Es besteht hier also ein Zielkonflikt zwischen einer schnellen Umstellung und einer für die Veranstalter möglichst komfortablen Ausrüstung der Endgeräte mit MHP. Die Veranstalter lehnen es allerdings ab, sich an den Zusatzkosten für MHP zu beteiligen. Mangels entsprechend attraktiver interaktiver Anwendungen dürfte es unwahrscheinlich sein, dass die Fernseh-Haushalte Mehrkosten für MHP in Kauf nehmen wollen. 2.7.7 Fazit Die Technik des Digitalfernsehens hat neue Dienstleistungsmärkte geschaffen. Die Multiplexierung und die Digital-Analog-Wandlung (-Konvertierung) sind zusätzliche technische Dienstleistungen, die beim digitalen Fernsehen im Unterschied zur analogen Verbreitungsform erforderlich sind. Beim digitalen Pay-TV kommen Verschlüsselung, Zugangskontrolle (Conditional Access) und Abonnentenverwaltung (subscriber management system) hinzu. Auch werden die Pay-TV-Programme regelmäßig von Plattformbetreibern in Paketen angeboten. Weitere Dienstleistungen digitaler Plattformen sind (Basis-) Navigatoren und elektronische Programmführer (Electronic Programme Guide, EPG). Die Digitalisierung der einzelnen Inhalte und die Multiplexierung werden in einem PlayoutCenter durchgeführt. Konkrete Zugangsprobleme beim Multiplexing bestehen derzeit nicht. Zugangsprobleme könnten sich aber bei Kapazitätsengpässen ergeben. Auch weil diese Bereiche eng reguliert sind, sind diese Probleme bislang nicht praktisch relevant geworden. Digitale Plattformbetreiber bündeln eigen- und fremderstellte Fernsehprogramme zu Programmpaketen (Bouquets) und vermarkten sie an die Haushalte. Der Plattformbetreiber führt die Abonnentenverwaltung und -betreuung nicht nur für die Abonnenten seiner eigenen Programme, sondern auch für die Abonnenten der Dritt- bzw. Fremdprogramme durch. Die Bündelung zu Paketen ähnelt dem Veranstalten von Programmen, denn auch hier werden Inhalte aufgrund von inhaltlichen Auswahl- und Bewertungsentscheidungen zu einem Gesamtprogrammangebot zusammengestellt. In Deutschland sind zur Zeit etwa vier Fünftel der Digitalempfänger Kunden der Pay-TV-Plattform Premiere. Bei kartellrechtlichen Prüfungen des deutschen Pay-TV-Marktes stand bislang die monopolartige Stellung der Programmplattform von Premiere im Mittelpunkt. Die KEK wies bei medienkonzentrationsrechtlichen Prüfungen der Beteiligungsveränderungen bei Premiere darauf hin, dass Pay-TV-Programme bei der Entwicklung des digitalen Fernsehens in Deutschland eine Schlüsselrolle einnehmen. Derzeit kommt ihnen aber im Hinblick auf die Bildung der öffentlichen Meinung noch keine entscheidende Bedeutung zu. Als technische Komponenten erfordert digitales Pay-TV ein spezielles System der Zugangskontrolle und eine Smart-Card-Technologie zur Freischaltung. Als administrative Komponente wird eine Abonnentenverwaltung einschließlich eines Abrechnungssystems notwendig. Neben dem Multiplexing und der kompatiblen Decoderbasis ist das Conditional-Access-System das zentrale Element der Systemtechnologie für den Zugang zum Pay-TV-Markt. Zentraler Bestandteil der technischen Plattform des digitalen Pay-TV ist die Decoderinfrastruktur der Set-Top-Box. Hierbei gelang es der KirchGruppe, über die dominante Programmplattform Premiere die patentrechtlich geschützten Standards zum digitalen Programmempfang (D-Box), zur Verschlüsselung (Betacrypt-Conditional-Access-System) und Freischaltung bei der Zugangskontrolle vorzugeben. Von dieser früheren Geschäftspolitik der KirchGruppe ist noch Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 261 heute die Marktsituation in Deutschland gekennzeichnet. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen bei der Geschäftsstrategie von Premiere und am Markt für digitale Empfangsgeräte dürfte sich aber diese enge Marktstruktur zukünftig auflockern. Aufgrund der gestiegenen Angebotsvielfalt haben Programmführer eine große Bedeutung für den Zugang zum digitalen Fernsehen. Der Rundfunkgesetzgeber unterwirft (Basis-) Navigatoren einer eigenen Zugangsregulierung (§ 53 Abs. 2 RStV). Im Unterschied zum Basisnavigator erstellt ein EPG nicht nur einfache Verzeichnisse. Vielmehr handelt es sich um eine umfassende Programminformation, die redaktionell gestaltet und als eigener (Medien-) Dienst vom EPG-Anbieter ausgestrahlt wird. Die Entwicklung der Angebote an EPGs weist eine beachtenswerte Marktdynamik auf. Regulatorisch ist zu überlegen, ob für anbieterneutrale, bouquetübergreifende EPGs eine Zugangsregulierung vorgesehen werden sollte, die mit derjenigen für Basisnavigatoren vergleichbar ist. EPGs Dritter benötigen eine Schnittstelle bzw. ein Application Programming Interface (API) in der Betriebssoftware der Set-Top-Box. Mit der – unverbindlichen – „Mainzer Erklärung“ verständigten sich ARD, ZDF, KirchGruppe, RTL und die Landesmedienanstalten auf die eine gemeinsame und offene API ermöglichende Multimedia Home Platform (MHP). Dies bedeutet eine Abkehr vom bisher vorherrschenden (API-) Middleware-Standard der D-Box. Der Zeitpunkt für die Umstellung der D-Box 2 auf MHP durch Premiere ist aktuellen Meldungen zufolge allerdings offen. 2.8 Übertragungswege (Kabel, Terrestrik, Satellit, Internet)766 2.8.1 Die Digitalisierung der Kommunikationswege Die Verwendung digitaler Technik führt dazu, dass sich die Verbreitung von Fernsehprogrammen mittels Kabel, Satellit und Terrestrik erheblich verändert. Sie ist seit dem Eindringen des Computers und moderner Telekommunikationssysteme in alle menschlichen Lebensbereiche allgemein bekannt und per se nicht mehr als revolutionär anzusehen. Jedoch erlangt sie von neuem eine große Bedeutung für den Informations- und Kommunikationsbereich, da sie im Begriff ist, die traditionelle Verbreitungsform – die analoge Sendetechnik – zu ersetzen. Dieser analoge SwitchOff ist nicht nur von Seiten der Medienwirtschaft erwünscht, sondern inzwischen auch politischer Konsens. Die Bundesregierung ist deshalb der Empfehlung der Initiative „Digitaler Rundfunk“ gefolgt767 und hat in § 8 Abs. 3 der neuen Frequenzzuteilungsverordnung festgelegt, dass die Frequenzzuteilungen für die analoge Rundfunkverbreitung für den Fernsehrundfunk bis spätestens 2010 und für den UKW-Hörfunk bis spätestens 2015 widerrufen werden sollen, was zur Folge hat, dass danach nur noch eine digitale Übertragungsform768 möglich ist. 766 Die Darstellung zu Kabel, Satellit und Terrestrik ist im Wesentlichen dem Gutachten des Mainzer Medieninstituts entnommen, vgl. Dieter Dörr, Viktor Janik, Nicole Zorn, Der Zugang zu den Kabelnetzen und die Regelungen des europäischen Rechts, in: Schriftenreihe der Landesmedienanstalten, Der Zugang zum digitalen Kabel, Bd. 22, Berlin 2002, S. 11 ff., 21 ff. 767 Vgl. Startszenario 2000, BMWi Dokumentation Nr. 481, S. 3 f. 768 Definitionen: 1) Bei einer analogen Darstellung wird die zu übertragende Größe (meist kontinuierlich verlaufend, z. B. Spannung, Strom, Lautstärke, Helligkeit oder Farbe) durch eine andere physikalische Größe dargestellt (z. B. Amplitude, Frequenz), die sich gemäß einer festen Beziehung entsprechend der zu übertragenden Größe verhält. Diese Beziehung muss nicht linear sein. 2) Bei einer digitalen Darstellung wird die zu übertragende Größe in diskrete Werte zerlegt und diese durch eine Ziffern-, Zahlen- oder sonstige Zeichenfolge dargestellt, wobei eine festgelegte, eindeutige Beziehung – „Codierung“ – zwischen der zu übertragenden Größe und dem Codewert existiert. Dabei entspricht jedes digitale Codewort genau einem Wert der darzustellenden Größe und umgekehrt. Vgl. Fernsehen heute und morgen, Deutsche TV-Plattform, Nr. 15.1 – A1. 262 2.8.2 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Kabel Von den derzeit verfügbaren analogen Übertragungswegen ist das Breitbandkabelnetz (BKNetz)769 der wichtigste, da fast 60 Prozent der deutschen Bevölkerung (ca. 21 Mio. Haushalte) an diese Infrastruktur angeschlossen sind und weitere 4 Mio. Haushalte verkabelt werden können.770 Damit ist das deutsche Breitbandkabelnetz das größte in Europa.771 Diese Dominanz des Kabels ist – außer in Dänemark, den Niederlanden und Belgien772 – in anderen EU-Ländern nicht vorhanden, da dort die Rundfunksignale in erster Linie über Terrestrik und Satellit verbreitet werden. Dagegen ist im Bereich der digitalen Übertragung die Satellitenübertragung europaweit der vorherrschende Übertragungsweg. Auch hier bildet die Bundesrepublik Deutschland eine Ausnahme, da von den „Digitalhaushalten“ rund 1 Mio. über Kabel und nur 0,75 Mio. über Satellit empfangen773 und die anderen digitalen Kommunikationswege derzeit weder mit dem Kabel noch mit den Satelliten konkurrieren können. Das Breitbandkabelnetz beruht bisher auf einer Baumstruktur, das eine Punkt-zu-MultipunktKommunikation ermöglicht und als reines Verteilnetz genutzt wird.774 Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung der digitalen Breitbandkommunikation ist die faktische Vorherrschaft des Kabels als Rundfunkübertragungsweg nur ein Grund dafür, dass immer noch große Entwicklungspotenziale im Bereich der Kabelübertragung liegen dürften. Ein weiterer wichtiger Grund für diese Prognose liegt darin, dass der mögliche digitale Ausbau des Kabelnetzes, der allerdings ins Stocken geraten ist, dessen Charakter im Sinne eines reinen (Rundfunk-) Transportweges verändert und völlig neue Nutzungs- und Wertschöpfungspotenziale erschließen kann. Denn ein auf 862 MHz aufgerüstetes rückkanalfähiges Kabelnetz ermöglicht – als ein Full-Service-Netz – nicht nur die Verbreitung von Rundfunksignalen, sondern auch den Aufbau einer multimedialen Wertschöpfungskette.775 Über das BK-Netz können dann auch ein High-Speed-Internetzugang,776 Telefonie und diverse Informationsdienste sowie Unterhaltungsangebote angeboten werden (sog. „Triple-Play“). Die Möglichkeit der Kombination und Verbreitung verschiedener multimedialer Angebote über denselben Kommunikationsweg macht das Kabel zu einer ökonomisch attraktiven Infrastruktur. So halten manche die Vermarktung von Kabeltelefonie für erfolgversprechend, da das BK-Netz einen zur Telefonleitung konkurrierenden Teilnehmeranschluss anbietet, so dass 769 Das BK-Netz ist in vier rechtlich selbständige Ebenen untergliedert: NE 1:nTransportweg zwischen dem Inhalteproduzenten (z. B. Fernsehstudio) zu den Schaltstellen der DTAG (ausschließliches Eigentum der DTAG). NE 2:nTransportweg (terrestrisch oder via Satellit) von den Schaltstellen zu den Breitbandkabel-Verstärkerstellen (Headend). NE 3:nTransportweg (via Kabel) zwischen Headend und dem Übergabepunkt (sog. ÜP 40), der meist an der Grundstücksgrenze oder am Beginn einer Wohnsiedlung liegt. NE 4:nTransportweg vom ÜP zur Kabelsteckdose in der Wohnung. 770 Vgl. XIII. Hauptgutachten der Monopolkommission, Tz. 634. Zur Jahresmitte 2000 stellten sich die Fernsehempfangsebenen in Deutschland wie folgt dar: 55,7 % Kabel, 35,7 % Satellit, 8,6 % Terrestrik. Vgl. Ergebnisse des SES/ASTRA Satellite Monitors 2000, Studie in: Annette Keinath, Fernsehempfang und PC/Online-Ausstattung in Europa, in: Media Perspektiven 10/2000, S. 452 f. 771 Vgl. zu den Penetrationsraten auch die Statistiken des Swiss Cable Yearbook 2000/2001, abrufbar unter http:// www.anga.de/statistik/statistik.html. 772 Diese Länder verfügen über weniger angeschlossene Kabelhaushalte, aber die Penetrationsrate ist vergleichsweise höher als in Deutschland (64 %). So sind in Belgien und in den Niederlanden über 95 % der Haushalte verkabelt, in Dänemark 66 %. 773 Vgl. Keinath, a. a. O., S. 452 f. 774 Vgl. Werner Möschel, Die Öffnung der Breitbandkabelnetze für den Wettbewerb, in: MMR Beilage 2/2001, S. 13.m 775 Vgl. Klaus Schrape, in: Global Media. Dokumentation der Münchner Medientage 2000, S. 231. 776 Es wird eine effektive Downstream-Rate von mehr als 1,5 MBit/s und damit eine bis zu 25-mal schnellere Datenübertragung als bei herkömmlichen ISDN-Lösungen erwartet. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 263 nicht nur im Bereich der Ferngespräche, sondern auch für Ortsnetzgespräche ein Marktzugang entsteht, der über ein großes ökonomisches Potenzial verfügt. Der größte Vorteil des aufgerüsteten BK-Netzes dürfte im Bereich des Internetzugangs liegen, da über ein Kabelmodem Daten mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 10 MBit/s empfangen werden können. Ferner kann das Internet als „always on“-Medium vermarktet werden, so dass nur für die empfangenen bzw. versendeten Datenmengen, nicht aber für die „Online-Zeit“ Entgelte berechnet werden.777 Neben der Kabeltelefonie kann in den folgenden Jahren auch „Voice over IP“ (VoIP) einen hohen Marktanteil erreichen.778 Diese Form der Telekommunikation ist vor allem durch die Integration von PC und Telefonanlage interessant und ermöglicht dem Kunden, ein Telefongespräch zu einem beliebigen Teilnehmer auf der Welt zu führen, wobei nur die Kosten der Einwählverbindung von dem PC bis zum Provider anfallen.779 Die besondere Attraktivität des Kabels besteht somit darin, den Endkunden einen Zugang zu den verschiedenen multimedialen Anwendungen sowie vernetzte Systemlösungen „aus einer Hand“ anzubieten. Zudem eröffnet die Möglichkeit, das „multimediale Portfolio“ über das populäre Fernsehgerät zu empfangen, auch die Chance, solche Bevölkerungsgruppen mit der Anwendung moderner Kommunikationsformen vertraut zu machen, die im beruflichen Alltag keinen Zugang zu diesen Technologien (insbesondere Internet) haben. Dieser Umstand kann dazu beitragen, den gesellschaftspolitisch beklagten Prozess der Teilung der Bevölkerung in „information rich“ und „information poor“ zu überwinden.780 Darüber hinaus verfügt das Kabel noch über ein großes technisches Entwicklungspotenzial und kann dem steigenden Kommunikationsbedarf der Informationsgesellschaft dadurch gerecht werden, dass es der Explosion der versendeten Datenvolumina mit einer entsprechenden Erweiterung der Bandbreiten begegnen kann. So können auch die herkömmlichen Koaxialkabel technisch aufgerüstet werden, so dass sie in der Lage sind, Datenströme mit einer Übertragungsrate von 10 MBit/s zu transportieren.781 Bislang wurde das Breitbandkabelnetz von der Deutsche Telekom AG aber nur in einem sehr geringen Maß zur digitalen Nutzung ausgebaut. So wurde in der sog. Digitalphase 1 das Hyperband auf digitale Übertragung umgerüstet. Dadurch stehen 13 Kanäle zur Belegung mit digitalen Fernsehprogrammen zur Verfügung.782 Trotz der Möglichkeit, die digitalen Kanäle mittels Datenkompression effektiv zu nutzen, werden diese auf Dauer nicht ausreichen, um den Rezipienten ein Programmangebot zu bieten, das dazu geeignet ist, das Ende der „analogen Ära“ einzuleiten.783 Denn einerseits wurden aufgrund der Kanalknappheit im analogen Bereich (bis 300 MHz) die für die digitale Übertragung vorgesehenen Kanäle im Hyperband (300 bis 450 MHz) teilweise zurück777 Vgl. Möschel, a. a. O., S. 15. Ein entsprechendes Internetangebot unterbreitet die Firma PrimaCom ihren Kabelkunden in Leipzig. 778 Die Marktforscher der Gartner Group gehen davon aus, dass in Deutschland im Jahr 2004 die Hälfte der verkauften Endgeräte IP-Telefone sein werden, vgl. http://www.gartner.com. 779 Die VoIP-Lösungen sind jedoch technisch noch nicht in der Lage, qualitativ mit der herkömmlichen Kabeltelefonie (z. B. ISDN-Telefone) zu konkurrieren, wenn über ein (öffentliches) Netz mit verschiedenen Betreibern kommuniziert werden soll. Deshalb wird VoIP in den nächsten Jahren zunächst in den Intra-Netzen großer Unternehmen eingesetzt werden und dort zu merklichen Kostensenkungen im Telekommunikationsbereich führen, vgl. zu den neueren Entwicklungen von VoIP Würtenberg, Sprache im Paketversand, Elektronik 15/2001, S. 44 ff. 780 Diese Informationskluft basiert in erster Linie darauf, dass einem großen Bevölkerungsteil das Verständnis zur Anwendung moderner Digitaltechnik fehlt, was häufig mit dem Begriff „digital divide“ beschrieben wird. 781 In diesem Zusammenhang wird die dynamische Steigerung der Übertragungsbandbreiten als wesentlich wirkungsvoller angesehen als eine technisch aufwendigere und deshalb teurere Verbesserung der Kompressionstechniken, vgl. hierzu Kaufmann, Kompression und Bandbreite im Wettlauf, Elektronik 16/2000, S. 68 und 73. 782 Vgl. epd medien 85/1999, S. 25, Belegungsvorschlag der Deutsche Telekom AG zur digitalen Nutzung des Hyperbandes. 783 Vgl. Funkkorrespondenz 8/2000, S. 12, UPC TV plant derzeit die Verbreitung weiterer Spartenprogramme, für die aber kein Platz im digitalen Kabel zur Verfügung steht. 264 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten gebaut und mit analogen Programmen belegt,784 was den Digitalisierungsprozess zusätzlich verzögert. Andererseits wird spätestens die Simulcastphase zu einem dramatischen Frequenzengpass führen, wenn nicht zuvor ein Ausbau der Übertragungskapazitäten erfolgt ist. Dieser notwendige Frequenzausbau wurde von der bisherigen Netzeigentümerin, der Deutsche Telekom AG (DTAG), nicht vorangetrieben, da das Kabelgeschäft defizitär verlief und zudem kein Interesse bestand, den eigenen Telekommunikations- und Internetangeboten Konkurrenz zu verschaffen. In diesem Zusammenhang erwies sich die doppelte Eigentümerposition der DTAG bei Telefon- und BK-Netz als großes Hemmnis für die Entwicklung des Netzausbaus und dadurch auch für den Digitalisierungsprozess im Ganzen.785 Das volle Potenzial des BK-Netzes kann erst durch einen Frequenzausbau in der sog. Digitalphase 2 entfaltet werden, in der die Erweiterung des Frequenzbereichs von bisher 450 MHz auf 862 MHz sowie die Einrichtung eines Rückkanals zur Ermöglichung bidirektionaler Kommunikation von neuen Netzeigentümern durchgeführt wird.786 Um die bestehende Baumstruktur des Kabelnetzes durch eine Punkt-zu-Punkt-Kommunikationsstruktur zu ersetzen, muss zwingend der Ausbau und die Umrüstung des herkömmlichen Koaxialkabels erfolgen. Dies erfordert auch die Verwendung moderner Kabeltechnik wie den Aufbau großräumiger Glasfaser-BackboneNetze. Doch der Erwerb und die flächendeckende technische Aufrüstung der Kabelnetze zu Full-Service-Netzen mit eigenen vermarktungsfähigen Angeboten verlangen den Einsatz großer Finanzressourcen (Schätzungen nennen ein Investitionsvolumen von insgesamt 100 Mrd. DM),787 die jedoch nur von der Privatwirtschaft erbracht werden können.788 Die notwendigen Investitionskosten für die technische Aufrüstung des BK-Netzes hängen dabei von dem jeweiligen Ausbaustand der einzelnen Netze und der Siedlungsdichte ab und sind deswegen sehr uneinheitlich. Pro angeschlossenem Haushalt wurden die Kosten für den Kauf und die Ausbaukosten (ohne die laufenden Betriebskosten) auf ca. 3.500 DM bis 4.200 DM geschätzt (Marktkapitalisierung).789 Derart hohe Investitionskosten wurden von der Deutsche Telekom AG gescheut und der notwendige Ausbau der Kabelnetze nicht konsequent vorangetrieben. Nach dem nun vollständig vollzogenen Verkauf des BK-Netzes durch die DTAG an ausländische Investoren ist die Erwartung eines raschen digitalen Ausbaus einer erheblichen Ernüchterung gewichen. Die bisher noch unterschiedlichen Besitzverhältnisse an dem Kabelnetz der Ebenen 3 und 4 verhindern, dass die auf der Netzebene 3 erzielte Marktmacht auch vollständig ausgeschöpft werden kann. Denn dazu bedarf es des direkten Zugangs zu den Haushalten der Verbraucher, der über die stark fragmentierte Netzebene 4 kontrolliert wird. Ferner muss das Kabelnetz ausgebaut werden, um sein volles ökonomisches Potenzial zu entfalten. Da der Ausbau des Kabels aber nicht staatlich verordnet werden kann, muss sich dieser letztlich unter marktwirtschaftlichen Bedingungen vollziehen, was nur durch gewinnversprechende Anreize für private Investoren in Gestalt multimedialer Wertschöpfungsketten verwirklicht werden kann. 784 Beispielsweise sind im Breitbandkabel der Firma PrimaCom im Bereich Mainz 6 Hyperbandkanäle mit analogen Programmen besetzt. 785 Vgl. Möschel, a. a. O., S. 17. 786 Vgl. epd medien 7/2000, S. 13, und 19–20/2000, S. 22, Der Kabelbetreiber PrimaCom baut in Leipzig sein Kabelnetz mit einer Bandbreite von 862 MHz und voller Rückkanalfähigkeit aus. Vgl. auch epd medien 11/2000, S. 17. 787 Vgl. Schrape, a. a. O., S. 238. 788 Das Investitionsvolumen für die Aufrüstung aller (Telekom-) Fernsehkabel auf eine Bandbreite von 862 MHz und die Herstellung der Rückkanalfähigkeit wurde zunächst auf ca. 10 Mrd. DM geschätzt, vgl. Funkkorrespondenz 8/2000, S. 10, aber allein für die Aufrüstung des Kabelnetzes in Nordrhein-Westfalen stellt Kabel NRW mit dem US-Investor Callahan 4 Mrd. DM bereit, dpa-Meldung vom 17. 05. 2001. 789 Vgl. Schrape, a. a. O., S. 238. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 2.8.3 265 Terrestrik Der klassische Weg der Fernsehversorgung über analoge terrestrische Sender spielt in den letzten Jahren eine immer geringere Rolle. So empfangen zur Zeit deutlich unter zehn Prozent der Seher ihre Fernsehprogramme über die herkömmliche Hausantenne oder eine Gemeinschaftsantennenanlage – mit weiter stark abnehmender Tendenz. Dies kann sich bei der digitalen Datenübertragung ändern. So ist im Ballungsraum Berlin/Potsdam bis zum Sommer 2003 die Fernsehversorgung über analoge terrestrische Sender vollständig auf die digitale Übertragung umgestellt worden. DVB-T (Digital Video Broadcasting-Terrestrial) löste erstmalig in Deutschland die herkömmliche analoge terrestrische Fernsehübertragung komplett ab. Dies hatte die Bundesregierung auf Empfehlung der Initiative Digitaler Rundfunk (IDR) am 24. 08. 1998 beschlossen und einen Zeitrahmen bis spätestens zum Jahr 2010 vorgegeben. Weitere Einführungsszenarien für das terrestrische digitale Fernsehen sind in den anderen Bundesländern ab 2004 geplant, wobei zunächst eine Versorgung der Ballungsräume angestrebt wird. Wegen des dem Rundfunk begrenzt zugewiesenen Frequenzspektrums konnte bislang nur ein Teil der vorhandenen Programme analog terrestrisch ausgestrahlt werden. Die bei der Digitaltechnik effizientere Frequenzausnutzung erlaubt erstmals die Ausstrahlung vieler Programme, die bisher nur über Kabel oder Satellit zu empfangen waren. So ist die Digitalisierung der terrestrischen Übertragung auch Voraussetzung für die Entwicklung und Verbreitung neuer Angebote. Es erscheint daher realistisch, dass die terrestrische Technik nach einem längeren Übergangszeitraum durchaus wieder Akzeptanz finden und sich zu einem ernsthafteren Konkurrenten des Breitbandkabels bzw. der Satellitentechnik entwickeln kann, als dies derzeit der Fall ist. Anders als bei den letztgenannten Übertragungsmedien fallen bei DVB-T für den Zuschauer auch keine laufenden Kosten an; ebenfalls entfällt ein zum Teil hoher Installationsaufwand für die Antennen, da eine kleine Stabantenne in der Regel ausreicht, um ein Fernsehbild in hochwertiger Qualität empfangen zu können. 2.8.4 Satellit Schon bei der analogen Verbreitung hat der Satellitendirektempfang erheblich und kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Im Bereich der digitalen Rundfunkübertragung ist der Satellit das innerhalb Europas am weitesten verbreitete Übertragungsmedium und wird diese dominante Position noch ausbauen.790 Die Satellitentechnik verfügt über eine größere Übertragungskapazität als das Breitbandkabel und kann den Empfängern somit deutlich mehr Programme anbieten.791 Die Satellitenübertragung dient dem Kabel als Programmlieferant, ist aber als Direktempfang mit privater Parabolantenne gleichzeitig dessen stärkster Konkurrent. Der Vorteil des Satelliten liegt zum einen darin, große Gebiete flächendeckend und kostengünstig versorgen zu können, und zum anderen in der geringeren Regelungsintensität, der diese Verbreitungstechnik unterworfen ist.792 Über Satellit können auch Internet-Dienste zu den Empfängern gesendet werden, wobei dieser Übertragungsweg über sehr hohe Datenraten verfügt und deshalb extrem kurze 790 Vgl. Statistik TV Verbreitung in Europa 1999/2004, Swisscable 2000, abrufbar unter http://www.anga.de/statistik/ t7/t7.html. 791 Der Satellit verfügt über ca. 120 Transponder, die jeweils mit 6–10 Programmen belegt werden können. Dagegen verfügt das ausgebaute Breitbandkabel nur über ca. 90 Kanäle, die ebenfalls mit 6–10 Programmen belegt werden können; vgl. Konzentrationsbericht der KEK 2000, S. 211. 792 Vgl. Entwicklung der BK-Netze in Deutschland, Teil 2, S. 92. 266 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Download-Zeiten gewährleisten kann, was insbesondere für die Vermarktung von Video-onDemand-Angeboten eine wesentliche Voraussetzung bildet. Die Rückkanalfähigkeit des Satelliten, der eine klassische Point-to-Multipoint-Struktur aufweist, ist hingegen nur schwer zu realisieren, weshalb in der bisherigen Praxis die volle Interaktivität nur über eine Rückverbindung via Telefonkabel hergestellt wird, was wiederum die Koordination zweier unterschiedlicher Provider voraussetzt. Deshalb bemühen sich die führenden Unternehmen SES/ASTRA und Eutelsat um den Aufbau eines echten interaktiven Multimediaangebotes via Satellit. Dazu bauen sie die breitbandigen Übertragungswege aus und machen sie rückkanalfähig. SES hat hierzu die Tochtergesellschaft SES Multimedia gegründet, die mit DVB-RCS ein Breitband-Satelliten-RückkanalSystem einführen wird. Ferner wirbt SES mit der Einführung von BBI, einem interaktiven Übertragungssystem, das eine Übertragungsgeschwindigkeit von 38 MBit/s im downstream und 2 MBit/s im upstream aufweist.793 Eine ähnliche Initiative wurde von Eutelsat mit der ServicePlattform Open-Sky und dem Dienst D-Sat 2000 gestartet.794 Aufgrund der flächendeckenden Verbreitung der Satellitensignale und der Möglichkeit, die Kunden direkt über die privaten Satellitenschüsseln zu erreichen, hat die Satellitenübertragung bisher die größten Möglichkeiten, dem BK-Netz im Bereich Rundfunkübertragung und Internetzugang Konkurrenz zu machen. Diese beiden Marktsegmente bilden in Zukunft eine Einheit, in der noch viel Entwicklungspotenzial steckt. Hingegen ist der Bereich der Telefondienste wegen der schon weit fortgeschrittenen Marktliberalisierung weitgehend gesättigt, so dass in diesem Bereich weniger Marktpotenzial vorhanden ist. 2.8.5 Internet Der Rundfunk ist nicht nur an die Übertragung per terrestrischer Verbreitung, Kabel oder Satellit gebunden. Einen vierten möglichen Weg bietet die Internettechnologie.795 Dafür nutzt das Internet in erster Linie das digitalisierte Telefonnetz und rückkanalfähige Fernsehkabel als physischen Übertragungsweg. Durch die Digitalisierung wird die Konvergenz bislang getrennt genutzter Empfangsgeräte und Inhalte möglich.796 Deshalb lässt sich das Internet auch als Verbreitungsmedium für Fernsehen verwenden. Vorausgesetzt die Endgeräte sind entsprechend ausgerüstet, können am Computerbildschirm im Internet abgerufene Fernsehprogramme wiedergegeben und am Fernsehbildschirm Web-Seiten dargestellt werden. Für die Verbreitung von Fernsehangeboten bietet das Internet spezifische Vorteile. Zum Beispiel erzielt Fernsehen über das Internet eine weltweite technische Reichweite. Auch kann das Internet ggf. für manche Special-Interest-Programme Vorteile aufweisen. Fraglich ist jedoch, ob die Verbreitung von Rundfunk über Internet heute bereits eine ernst zu nehmende Konkurrenz gegenüber den klassischen Wegen darstellt. Radio- oder Fernsehangebote, die das Internet als Übertragungsweg nutzen, qualifiziert die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) nicht als Rundfunk, sondern als Mediendienst gemäß dem Mediendienstestaatsvertrag (MDStV). Nach der DLM wird mit Fernsehangeboten über Internet aufgrund der geringen Übertragungsgeschwindigkeiten und der damit erreichbaren Bildqualitäten und Bildgrößen keine mit dem herkömmlichen Fernsehen vergleichbare Suggestivkraft und Breitenwirkung erzielt. Allerdings ist mit der technischen Weiter- 793 794 795 796 Vgl. Darstellung, abrufbar unter http://www.ses-astra.com/multimedia/platform.htm. Vgl. hierzu Meldungen vom 10. 04. und 19. 04. 2001, abrufbar unter http://www.digiTV.de/meldungen. Vgl. Technische Kommission der Landesmedienanstalten (TKLM), Radio und TV über Internet, Stand: 05. 03. 2003.m Siehe Konzentrationsbericht der KEK 2000, S. 46 f. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 267 entwicklung von Hard- und Software eine andere medienrechtliche Bewertung möglich.797 Für die nach rechtlichen Gesichtspunkten vorzunehmende Unterscheidung von Rundfunk und Mediendienst gilt die Einschätzung der DLM, nach der „bei den derzeit bekannten Abrufangeboten im Internet selbst bei Pendants klassischer Rundfunksendungen798 (noch) von Mediendiensten auszugehen“ ist.799 Derzeit kann sich die Frage nach einer Überprüfung dieser Unterscheidung aber vermutlich nur beim Internet-Hörfunk (Web-Radio) stellen. Die Qualität der Übertragung von Audiosignalen im Echtzeitbetrieb hat sich erheblich verbessert.800 Im Folgenden wird nicht auf die rundfunkrechtliche Begriffsbestimmung eingegangen,801 sondern es wird geprüft, ob oder inwieweit das Internet ein Übertragungsweg für Fernsehen ist.m 2.8.5.1 Technische Grundlagen für Fernsehübertragungen per Internet Die Frage, ob das Internet ein weiterer Übertragungsweg für Fernsehen ist, stellt sich aufgrund der Möglichkeiten, die die Streaming-Technologien bieten. So genannte Streaming-Angebote ermöglichen auf Basis des Internet-Protokolls einen kontinuierlichen und gleichmäßigen Datenstrom. Die Übertragung auf Basis des Internet-Protokolls lässt damit den Abruf von Fernseh-, Video-, Bild- und Tonsequenzen in Echtzeit zu. Dateien für Audio- oder Videowiedergaben bestehen aus sehr großen Datenmengen. Aufgrund der begrenzten Übertragungskapazitäten müssen sie komprimiert werden. Für die Komprimierungstechnik nimmt die 1998 gegründete Expertengruppe Motion Pictures Experts Group (MPEG) die Aufgabe wahr, weltweit anerkannte Standards zur Quellcodierung von Audio- und Videosignalen zu entwickeln. MPEG-Übertragungsstandards für Audio- und Videodateien erlauben sehr große Einsparungen, ohne dass ein Qualitätsverlust entsteht. Anstatt eines PCs kann mit dem Internet auch ein Fernsehgerät verbunden werden. Die Rechnerfunktionen erfüllt ein Decoder. Somit können Bild- und/oder Ton-Inhalte auf dem mit dem Internet verbundenen Rechner auf dem PC oder dem Fernsehgerät in Echtzeit wiedergegeben werden, ohne dass die Daten auf die Festplatte des Rechners geschrieben werden müssen. Die Daten verbleiben auf einem externen Server. Sie werden auf dem Rechner des Nutzers nur zwischengespeichert. Folglich ist es nicht nötig, große Datenmengen vor Beginn der Wiedergabe aus dem Netz herunterzuladen, sondern die Daten werden während der Wiedergabe fortlaufend heruntergeladen und bereits abgespielte Daten gelöscht. Dadurch wird vergleichsweise wenig Speicherplatz benötigt; die Wartezeit bis zum Herunterladen sämtlicher Daten entfällt. Dieses Verfahren eignet sich zum Abruf von Bildern und Tönen (Video-Streaming) für Fernsehprogramme und Videos. Es können damit auch nur Töne (Audio-Streaming) für das Web-Radio übertragen werden. Streaming erlaubt somit die Nutzung des Internets als Weg für die Verbreitung klassischen Rundfunks. 797 Vgl. Pressemitteilung der DLM, Erstes Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten, aktualisierte Fassung: Stand Dezember 1998; abgedruckt auch in: Reinhard Hartstein, Wolf-Dieter Ring, Johannes Kreile, Dieter Dörr, Rupert Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Kommentar, hier: Begriffsbestimmung § 2 RStV, Rn. 9.m 798 Z. B. „Tagesschau“ auf Abruf. 799 Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Kommentar, hier: Begriffsbestimmung § 2 RStV, Rn. 25. 800 Vgl. Thomas Hirschle, Radio und Internet, Wie können Radio-Programme vom Internet profitieren?, Eine Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) und der Landesanstalt für Kommunikation BadenWürttemberg (LfK) am 11. 07. 2000, Berlin. 801 Siehe zum Rundfunkbegriff Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, a. a. O., Begriffsbestimmung § 2 RStV, Rn. 5 ff.; auch Werner Hahn, Thomas Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, München 2003, S. 120 ff. 268 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Beim Rundfunk handelt es sich herkömmlicherweise um einen Echtzeit-Betrieb.802 Im Folgenden werden bei den Streaming-Angeboten anhand von übertragungs- bzw. internettechnischen Kriterien die Echtzeitübertragungen (Live-Streams) von den On-Demand-Streams und diese wiederum vom Video-on-Demand (VoD, Offline-Betrieb) unterschieden. Echtzeitübertragungen sind ständig fortlaufende Datenströme, in die sich der Nutzer einklinken kann. Der Nutzer hat hier keine Einflussmöglichkeit auf die gesendeten Bilder oder Töne. Diese Technik wird für Internetradio, Internetfernsehen, aber auch von Webcams genutzt. LiveStreams werden nicht nur zum Dauerbetrieb angeboten. Es gibt auch das so genannte „Event TV“, das singuläre Ereignisse wie z. B. Pressekonferenzen, Kultur- oder Sport-Veranstaltungen in Echtzeit verbreitet.803 On-Demand-Streams werden erst abgespielt, wenn der Nutzer den entsprechenden Wiedergabe-Befehl aktiviert. Sie werden z. B. genutzt, um Film- oder Nachrichtenbeiträge aus Fernsehoder Hörfunkprogrammen, Musikvideoclips, Kinofilmtrailer, Werbespots, aber auch um Kurzfilme im Netz zur Verfügung zu stellen. Das Abspielen von Fernseh- oder Videoangeboten im Wege des Streaming stellt hohe Anforderungen an den Rechner des Nutzers, der bestimmte Systemvoraussetzungen an Rechenleistung, Speicherplatz, Bildschirmdarstellung und Download-Geschwindigkeit erfüllen muss.804 Viele Streaming-Angebote werden parallel in verschiedenen Datenformaten bereitgestellt, so dass der Nutzer nicht gezwungen ist, alle Abspielprogramme zu installieren. Außer vom Rechner wird die Qualität der Wiedergabe von der Übertragungsgeschwindigkeit bestimmt, die ihrerseits von der Bandbreite der Internetverbindung abhängt. Um Fernsehen über das Internet zu ermöglichen, bedarf es trotz der Datenkompression aufgrund der großen Datenmengen einer breitbandigen Übertragungstechnologie. Die maximale Größe der Bandbreite und der Übertragungsgeschwindigkeit wird durch die Art des vom Sender und Empfänger gewählten leitungsgebundenen Netzes bestimmt. Es stehen verschiedene breitbandige Internetzugänge bereit: – xDSL (Digital Subscriber Line, digitalisierte Telefon-Anschlussleitung805) über das Telefonkabel (freier Frequenzbereich im Kupferkabel bzw. in der Kupferdoppelader), – Satellitenverbindungen mit separatem Rückkanal über Kabel806 und – rückkanalfähiges Fernsehkabel (Koaxialkabel). Außer xDSL, Fernsehkabel und Satellitenfunk sind UMTS (Universal Mobile Telecommunication System), Fixed Radio Access/Breitband Festnetz Richtfunk und Glasfaserleitungen weitere Zugangstechnologien, die Breitbandanwendungen zulassen. DSL-Telefonleitungen Bei Telefonleitungen (herkömmliche Kupferleitungen) ist mit der DSL-Technologie inzwischen ein leistungsfähiger, schneller Internetzugang vorhanden. Als Übertragungsmedium für Fernseh802 Ob ein Abruf- oder Zugriffdienst im verfassungsrechtlichen Sinne als Rundfunk verstanden wird, hängt nicht von der Wahlfreiheit des Nutzers hinsichtlich des Rezeptionszeitpunkts ab; siehe Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, a. a. O., Begriffsbestimmung § 2 RStV, Rn. 5 ff., und auch Hahn, Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, a. a. O., S. 120 ff., hier insbesondere Rn. 19. 803 Vgl. http://www.streamworld.de/produkt2_1/index.htm. 804 Vgl. http://www.landesfilmdienste.de/streams/systemvoraussetzungen.html. 805 Das x kennzeichnet nur eine Leerstelle, denn beispielsweise T-DSL (Standard-DSL der DTAG), ADSL (Asymmetric), HDSL (high data rate), SDSL (single line), VDSL (very high data rate) sind Bezeichnungen für unterschiedliche xDSLAngebote, die sich bezüglich der Leistungsfähigkeit unterscheiden. Außer bei SDSL und HDSL weicht auch die Downstream-Kapazität (Empfangsübertragungsrate) von der Upstream-Kapazität (Rückkanalübertragungsrate) ab. 806 Für Internet über Satellit gibt die RegTP rd. 10.000 Nutzer an. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 269 programme ist die standardmäßige breitbandige DSL-Telefonleitung, wie z. B. das T-DSL der Deutsche Telekom AG (DTAG), zur Zeit nur in Grenzen geeignet. Bei einem DSL-Telefonnetz handelt es sich um eine grundlegend andere Netztechnik als beim herkömmlichen Fernsehkabel. Werden Fernsehprogramme über das Internet abgerufen, ist dies der gezielte Zugriff eines einzelnen Nutzers auf die Server von Vermittlungsstellen und dem Anbieter des Fernsehprogramms. Anders als das herkömmliche Fernsehkabelnetz, das nur als Verteilnetz aufgebaut ist, handelt es sich beim Telefonnetz um ein Vermittlungsnetz. Darüber können einzelne Programmanbieter über Vermittlungsstellen angewählt und die Programme an einzelne Adressaten gezielt übertragen werden. Beim Fernsehkabel wird das Programm eines Senders nur verteilt, d. h., es wird zeitgleich an alle Haushalte ausgestrahlt. In der Bedeutung von Vermittlungsstellen oder Netzknoten liegt der wesentliche Unterschied zwischen Telefonnetz und herkömmlichem Fernsehkabelnetz. Bei der Übertragung von Fernsehprogrammen über DSLTelefonleitungen stehen deshalb die Kapazitäten und die Leistungsfähigkeit der Vermittlungsstellen oder Netzknoten im Mittelpunkt. Hier können Engpässe auftreten, wenn eine große Anzahl von Teilnehmern auf Bewegtbilder für Fernsehen, Filme oder Videos zeitgleich zugreift. Dafür müssten das Netz und die Vermittlungsstellen in der Lage sein, die gleichzeitige Übermittlung der jeweils individuell abgerufenen, großen Datenmengen zu bewerkstelligen. Zur Vermeidung der Engpässe sind Investitionen in die Knotenpunkte bzw. in die Vermittlungsstellen der Netzinfrastruktur erforderlich. Als weiterer Engpassfaktor kommt noch die Länge der so genannten letzten Meile (aus Sicht des Teilnehmers die erste Meile) hinzu. Dies ist der Bereich des Telefonkabels, der zwischen der Vermittlungsstelle am Netz und dem hausinternen Anschluss liegt. Auch mit der DSL-Technologie lassen sich nur Leitungslängen von wenigen Kilometern überbrücken. Deshalb ist vermutlich eine flächendeckende Versorgung bzw. eine Versorgung dünn besiedelter Gebiete sehr kostspielig.m Im Vergleich zum Fernsehkabel stellt auch die Übertragung über DSL-Telefonleitungen Anforderungen an die MPEG-Datenreduktion. An Übertragungsgeschwindigkeit ermöglicht das von der DTAG angebotene asymmetrische T-DSL Datenübertragungsraten von 768/128 Kilobyte/s (Empfangsgeschwindigkeit/Rückkanalgeschwindigkeit), d. h., der Teilnehmer kann mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von maximal 0,75 MBit/s Daten empfangen. Hierbei handelt es sich um maximale Übertragungsraten, deren Erreichen vor allem von der Entfernung des Teilnehmeranschlusses von der nächsten Vermittlungsstelle abhängt. Ist die Entfernung zur Vermittlungsstelle größer als ca. 4 km, ist eine T-DSL-Anbindung nicht mehr möglich.807 Ein analoges bzw. unkomprimiertes Fernsehprogramm benötigt gemäß dem heute angewandten Übertragungsstandard einen Kanal mit einer Bandbreite von 7 oder 8 MHz bei Verbreitung über das Fernsehkabel,808 die Übertragungsrate dafür beträgt 38 MBit/s. Als Echtzeitkompression mit dem MPEG-2-Verfahren können pro Kanal 7 bis 9 digitale Programme mit einer Übertragungsrate von 4 bis 6 MBit/s je Programm ausgestrahlt werden.809 Selbst daran gemessen, erscheinen die als Standard angebotenen DSL-Telefonleitungen für Fernsehübertragungen eher nachteilig. Über DSL-Telefonleitungen können zwar auch Fernsehprogramme im Echtzeitbetrieb empfangen werden. Die Bildqualität ist aber immer noch relativ schlecht und mit dem herkömmlichen 807 Vgl. T-Online mit T-DSL, unter http://www2.service.t-online.de/dyn/t-on/hilf/faq/tdsl/cc/cc-tdsl-faq.html. 808 Bei der Satellitenausstrahlung werden größere Bandbreiten je analogem Fernsehkanal benötigt. 809 Damit wird eine PAL vergleichbare Qualität erreicht, vgl. Technische Kommission der Landesmedienanstalten (TKLM), a. a. O. Andere Quellen bezeichnen Übertragungsraten zwischen 3,5 bis 5 MBit/s oder 6 bis 8 MBit/s für die Ausstrahlung digitaler Programme bei Echtzeitkompression als ausreichend. Die Höhe der Datenrate ist auch abhängig von dem zu übertragenden Bild. Je schneller die Bilder, desto höhere Übertragungsraten sind erforderlich (Actionfilm versus Dokumentation über Landschaften). 270 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Empfang von Fernsehbildern nicht zu vergleichen. Ein scharfes Bild lässt sich nur etwa postkartengroß darstellen, die Bildfolge „ruckelt“ und Ton und Bild sind oft nicht synchron. Der Ton ist jedoch meist gut verständlich. Für einige Nutzer mag daher interessant sein, einen Live-Stream im Hintergrund ablaufen zu lassen und zunächst nur den Ton zu hören, während z. B. mit einer Textverarbeitungssoftware gearbeitet wird. Sobald ein wichtiger Beitrag beginnt, kann der Nutzer dann schnell zu dem Bildfenster hin umschalten. Mittelfristig wird es über Telefonleitungen per Internet wahrscheinlich keine Fernsehangebote in Echtzeit in der vom Zuschauer gewohnten PAL-Qualität für die bei Fernsehgeräten typischen Bildschirmgrößen geben. Zwar wird erwartet, dass sich der Übertragungsstandard MPEG-4 beim Internet durchsetzt. In diesem Fall würden abhängig von der Bildgröße 700 KBit/s bis 2,5 MBit/s ausreichen.810 Ob oder wann mittels einer standardgemäßen DSL-Technologie bildschirmfüllende, scharfe und störungsfreie Fernsehbilder zur Verfügung stehen werden, ist derzeit jedoch nicht absehbar.811 Hinzu kommt der Nachteil, dass die Nutzung des Telefonnetzes zeitabhängige Entgelte kostet. Zugunsten des Fernsehempfangs per Internet könnten sich die angebotenen monatlichen Festpreise (Flat Rates) für Internetnutzung und -zugang auswirken. Unklar ist zur Zeit jedoch, ob attraktive Flat Rates auch für die großen Datenmengen angeboten werden, die das Netz bei der Übertragung von Fernsehen über das Internet transportieren muss.812 Fernsehkabel Für Fernsehen über das Internet bestehen bessere Möglichkeiten, wenn das Fernsehkabel (Koaxialkabel) auch für breitbandige Internetzugänge verwendet werden kann. Beim Fernsehkabel reicht die maximal nutzbare Frequenzbreite bis in den Mega- oder Gigahertzbereich.813 Das Fernsehkabel nutzt im Wesentlichen den Frequenzbereich oberhalb von 47 MHz und lässt zur Zeit eine Bandbreite bis 450 MHz zu. Es kann bis zu 1 GHz ausgebaut werden und Übertragungsraten von mehr als 10 MBit/s ermöglichen. Das Koaxialkabel kann zwar für Internetanwendungen im Vergleich zum Telefonnetz deutlich höhere Kanalkapazitäten und damit Übertragungsgeschwindigkeit bereitstellen. Um das Koaxialkabel für das Internet bzw. sowohl für das Herunterladen (Empfangen) wie für das Senden von Daten zu nutzen, ist ein leistungsfähiger Rückkanal erforderlich.814 Außerdem wäre erforderlich, im Zuge der Digitalisierung die mögliche Bandbreitenkapazität über 450 MHz hinaus auf bis zu 865 MHz auszubauen. Der Grund dafür ist, dass unterhalb der Bandbreite von 450 MHz die Nutzungsart bzw. die Belegung des Kabels größtenteils bereits durch die Regulierung des Kabelfernsehens vorgegeben ist. Deshalb erscheint für Angebote an HochgeschwindigkeitsInternetzugängen der Platz begrenzt. 810 Vgl. Technische Kommission der Landesmedienanstalten (TKLM), a. a. O. 811 Auch die Monopolkommission betrachtet die DSL-Telefonnetze nicht als einen alternativen Übertragungsweg, der dem Fernsehen beim Infrastrukturwettbewerb zur Verfügung steht. Konkurrenzverhältnisse bestehen zwischen DSL-Telefonnetz und rückkanalfähigem Fernsehkabel bei der Versorgung der Teilnehmer mit Telefonie, breitbandigem Internetzugang, Computerspielen oder Video-on-Demand; vgl. Monopolkommission, Hauptgutachten 1998/1999, Wettbewerbspolitik in Netzstrukturen, Baden-Baden, Tz. 638 ff. 812 Vgl. Technische Kommission der Landesmedienanstalten (TKLM), a. a. O. 813 Anders beim Telefonnetz: DSL nutzt Frequenzbereiche unterhalb von 30 MHz. Für die Übertragung von digitalen Signalen mit hoher Bandbreite stehen weniger als 20 MHz zur Verfügung. Das Frequenzspektrum beim schmalbandigen Telefonnetz reicht von 300 Hz bis 4 KHz; es ist die Bandbreite, die das Telefonieren benötigt. Das Kupferkabel ist nicht abgeschirmt. Deshalb würden Fernsehübertragungen die Umgebung durch Störabstrahlung der Frequenzen belasten bzw. ganze Frequenzbänder beeinflussen. Dagegen ist das Fernsehkabel (Koaxialkabel) abgeschirmt. 814 Es kann auch das analoge, ISDN- oder DSL-Telefonkabel als bloßer Rückkanal genutzt werden. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 271 Über den Ausbau von Rückkanälen und größeren Kapazitäten hinaus müsste zur Vermeidung von Engpässen die baumartige Verteilstruktur des derzeitigen Fernsehkabels stärker in eine einem Vermittlungsnetz ähnelnde, sternförmige Kommunikationsstruktur umgewandelt werden. Es müssten also vermittelnde Funktionen, die die individuelle Adressierung von Informationen für ausgewählte Anschlüsse ermöglichen, in das Verteilnetz integriert werden. Dies erfordert kostenintensive Investitionen in komplexe technische Lösungen. Solche Investitionen werden jedenfalls dann erforderlich, wenn die Teilnehmerzahlen stark zunehmen. Derzeit gibt es in Deutschland beim Fernsehkabel nur ca. 45.000 Internetzugänge per Kabelmodem.815 Damit unterscheidet sich Deutschland deutlich von den weit höheren Anteilen von Kabelmodems an breitbandigen Internetzugängen in den USA oder den Niederlanden.816 Anders sieht die Situation beim DSL-Telefonkabel aus. Ende 2002 gab es in Deutschland bereits ungefähr 3,2 Mio. DSL-Anschlüsse.817 Der wesentliche Grund für die relativ geringe Anzahl an Internetzugängen über das Fernsehkabel ist, dass in Deutschland solche Netze bislang kaum für entsprechende Rückkanäle aufgerüstet wurden. Folglich gibt es kaum Haushalte, die über einen Anschluss an ein entsprechend technisch aufgerüstetes Kabelnetz verfügen können, das ihnen interaktive Anwendungen wie schnelle Internetzugänge ermöglicht. Als Beispiele für Kabelnetzbetreiber, die entsprechende Ausbaupläne aufgestellt haben, können unter anderem die hessische Kabelgesellschaft iesy Hessen GmbH & Co. KG (iesy), die Kabel Deutschland GmbH (KDG) und die nordrhein-westfälische Kabelnetztochter der Callahan Associates International, Inc., die ish GmbH & Co. KG (ish), genannt werden. Die Umsetzung der Pläne erweist sich aber als schwierig. Infolge finanzieller Probleme und korrigierter Erfolgserwartungen wurden sie weitgehend zurückgestellt. Zu iesy wird berichtet, dass nur 2.500 Haushalte in zwei Stadtteilen der Mainmetropole Frankfurt die Möglichkeit hätten, den Hochgeschwindigkeits-Internet-Zugang von 3 MBit/s/512 KBit/s zu abonnieren. Ish hat nach eigenen Angaben bis Oktober 2002 für 1,1 Mio. Haushalte in Nordrhein-Westfalen (Düsseldorf, Neuss, Köln, Dortmund, Bochum) die Kabelnetze auf eine Bandbreite bis 862 MHz ausgebaut und die Möglichkeit für einen schnellen Internetzugang mit einer Empfangsgeschwindigkeit von 2 MBit/s geschaffen. Auch die KDG hat in Berlin und Leipzig für ungefähr 1 Mio. Haushalte ihre Netz auf 862 MHz und mit Rückkanal aufgerüstet, so dass auch dort ein technisches Potenzial für HochgeschwindigkeitsInternet-Zugänge besteht. Auch einige Netzebene-4-Kabelnetzbetreiber teilen mit, dass sie einen Teil ihrer Fernsehkabelnetze aufgerüstet haben. Somit verfügen auch sie über ein Potenzial an Kabelhaushalten, dem sie schnelle Internetzugänge anbieten. Beispiele dafür sind die Robert Bosch GmbH (blue-cable), ewttss, PrimaCom AG, wilhelm.tel GmbH und Tele Columbus GmbH (infocity-Portal).818 Über die tatsächlichen Abonnenten- oder Nutzerzahlen der aufgezählten Angebote an schnellen Internetzugängen per Koaxialkabel liegen keine Angaben vor. Die wirtschaftlichen Erwartungen an die Möglichkeiten des Triple Play aus Fernsehen, Internet und Telefon scheinen in Deutschland zur Zeit eher zurückhaltend zu sein.819 815 Angabe der RegTP; anderen Berichten zufolge seien es mittlerweile 86.000 Internetzugänge per Kabelmodem. 816 Siehe hierzu z. B. Jahresbericht der KEK 2001/2002, S. 197. 817 Vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, Jahresbericht 2002, Marktbeobachtungsdaten der RegTP, S. 20 ff. 818 Siehe z. B. die Auflistungen unter http://www.teltarif.de. 819 Vgl. Richard Sietmann, In der Warteschleife, in: c’t, Januar 2003, Nr. 1. 272 2.8.5.2 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Video-on-Demand über das Internet Das Streaming-Verfahren wird in der Regel nur für kurze Filme oder für Live-Übertragungen genutzt. Längere Filme werden als Video-on-Demand (VoD) über das Internet angeboten.820 Im Unterschied zu den Live-Streams oder On-Demand-Streams werden VoD-Angebote für die Wiedergabe vollständig heruntergeladen. Die Wiedergabe auf dem PC oder Fernsehgerät kann zwar zeitversetzt schon während des Downloads erfolgen. Sie findet aber dann von der Festplatte des Rechners beim Nutzer und nicht von einem entfernten Server aus statt. Die benutzten Datenund Kompressionsformate sind zwar dieselben wie bei Streaming-Angeboten. Weil die Wiedergabe direkt und nicht über eine Internetverbindung erfolgen kann, ist eine erheblich bessere Wiedergabequalität möglich. Video-on-Demand funktioniert wie eine Online-Videothek. Die VoD-Anbieter verkaufen dem Nutzer in der Regel eine Nutzungslizenz für 24 Stunden, die über Kreditkarte oder die Telefonrechnung abgerechnet wird. Der Nutzer erhält einen Schlüssel, mit dem er die auf der Festplatte abgelegte Datei öffnen kann. Der elektronische Schlüssel verfällt nach der bezahlten Zeitspanne automatisch. In Deutschland wird VoD zum Beispiel von Arcor821 und von T-Online Vision angeboten.822 Der Zugriff auf ausländische Anbieter ist aus urheberrechtlichen Gründen zumeist nicht möglich.m Trotz der besseren Wiedergabequalität ist auch VoD von der Übertragungsgeschwindigkeit der Internetverbindungen abhängig. Einen Spielfilm herunterzuladen, dauert ohne DSL mehrere Stunden; mit DSL kann schon während des Ladevorgangs, jedoch nur mit Zeitverzögerung, mit der Wiedergabe begonnen werden. Neben den technischen gibt es auch lizenzrechtliche Einschränkungen. Insbesondere die Hollywood Studios halten sich mit der Vergabe von entsprechenden Lizenzen zurück. Deshalb verzeichnen die Kataloge der Online-Videotheken meist nur wenig Filme, die für ein breites Publikum interessant sind.823 Es wird aber erwartet, dass die Hollywood Studios ihr Filmgeschäft durch VoD ausweiten werden.824 2.8.5.3 Angebote an Fernsehen im Internet 2.8.5.3.1 Abruf von Fernsehprogrammen in Echtzeit (Live-Video-Stream) In Deutschland übertragen die bundesweiten Fernsehprogramme n-tv, Phönix, NBC Giga und ONYX und das Regionalfernsehprogramm R.TV Böblingen ihre Programme in Echtzeit im Internet.825 N-tv, Giga und ONYX werden 24 Stunden am Tag, Phönix 11 Stunden pro Tag übertragen. Bei diesen ständigen Live-Stream-Angeboten handelt es sich vorwiegend um Nachrichten und Informationsprogramme. ONYX als Musiksender bildet dabei eine Ausnahme. Auch der Teleshopping-Sender QVC bietet die Fernsehübertragung in englischer Sprache über das Internet an. Hinzu kommen Echtzeit-Übertragungen von besonderen Ereignissen („Event-TV“). Beispiele dafür sind WM-Fußballspiele oder eine Karnevalsitzung. Ähnliche Angebote gibt es von einigen der öffentlich-rechtlichen Dritten Programme, aber auch von Privatleuten, Firmen oder Verbänden. Ein weiteres Beispiel ist der Deutsche Bundestag,826 der seine Plenardebatten als „Bundestagsfernsehen“ überträgt. Tabelle II-61 zeigt eine Auswahl von Streaming-Angeboten im Internet. 820 Die TKLM merkt an, dass VoD als breitbandiger Filetransfer via Satellit, Breitbandkabel oder DSL ggf. effizienter realisierbar ist als über das Internet, vgl. Technische Kommission der Landesmedienanstalten (TKLM), a. a. O., S. 6.m 821 Vgl. http://www.arcor.de/EaYid0wVAZ5Q8i5rzJ4_TQg/vod/vod_1_0.jsp. 822 Vgl. http://www.t-online-vision.de. 823 Vgl. Zurückhaltung aus Hollywood, in: Blickpunkt Film vom 17. 03. 2003. 824 Vgl. z. B. Handelsblatt vom 22. 05. 2003, Mit Mickey Mäuse machen – T-Online verhandelt mit Disney. 825 Siehe http://www.n-tv.de; http://www.phoenix.de; http://www.giga.de; http://www.onyx-tv.de; http://www.rtvlive.de. 826 Vgl. http://www.bundestag.de/aktuell/tv/index.htm. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 273 Sender/Web-Seite Streaming-Angebot 3sat/3sat.de Beiträge aus „Kulturzeit“ als Stream-on-Demand ARD/tagesschau.de Stream-on-Demand, z. B. letzte Sendung oder einzelne Beiträge, auch ein Archiv Bloomberg Television/bloomberg.com Live-Stream CNN/cnn.com Stream-on-Demand Eurosport/eurosport.com Stream-on-Demand KI.KA/kika.de Ausschnitte als Programmvorschau als Stream-on-Demand L-TV Rems-Murr/l-tv.de Fernsehprogrammbeiträge als Stream-on-Demand MDR/mdr.de Live-Stream für besondere Ereignisse, z. B. „Leipzig liest“ MTV/mtv.de Konzertmitschnitte, Musikvideos als Stream-on-Demand („webclusive“) N24/n24.de Live-Stream für besondere Ereignisse, z. B. TV-Duell vor der Bundestagswahl NBC Giga/giga.de Live-Stream und Stream-on-Demand von Archivbeiträgen n-tv/n-tv.de und cnn.de gemeinsam Live-Stream des n-tv-Programms 24 Std. am Tag ONYX/onyx-tv.de/tv/tvstream Live-Stream ORB/orb.de/unternehmen gremien/index.jsp Live-Streaming der ORB-Rundfunkratsitzungen, letzte Sitzung jeweils als Stream-on-Demand Phönix/phoenix.de 11 Stunden am Tag Live-Stream-Übertragung des Fernsehprogramms ProSieben/prosieben.de Programmvorschau und Archivbeiträge als Stream-on-Demand QVC/qvc.com/videostream Live-Stream des Teleshopping-Senders in englischer Sprache R.TV Böblingen/rtv-live.de Regionalfernsehprogramm als Live-Stream Radio Bremen/radiobremen.de/ online/knie/livestream/start.shtml Live-Stream für besondere Ereignisse, wie z. B. Knieoperation Mai 2000 mit Chat radiobremen.de/online/ fussball_wm2002/livestream.html Fußball-WM 2002, Spiel um den 3. Platz, danach als Stream-on-Demand RTL/rtl.de Musikvideos, Interviews etc. (keine Ausschnitte aus Fernsehsendungen) als Stream-on-Demand SAT.1/sat1.de Programmvorschau und Magazinbeiträge, aber z. B. auch Kinofilmtrailer als Stream-on-Demand SuperRTL/superrtl.de Stream-on-Demand, kurze Filmbeiträge (keine Ausschnitte aus Fernsehsendungen) WDR/wdr.de/themen/freizeit/ brauchtum/karneval_2003/session/ streaming/index.jhtml Live-Stream für besondere Ereignisse, z. B. Karneval 2003, danach als Stream-on-Demand ZDF/zdf.de Nachrichtensendungen und Magazinbeiträge als Stream-on-Demand Weitere Streaming-Angebote britshorts.com britische Amateur-Kurzfilme als Stream-on-Demand champions.tv Pferderennen als Live-Stream CINA Life-TV religiöse Beiträge als Stream-on-Demand CityTV/creativ-mediengruppe.de/citytv Hotelfernsehen, 100 Min. Stream-on-Demand für verschiedene Städte Deutsche Welle/dw-world.de 24 Std. Live-Stream, Informationsprogramm und Nachrichten in mehreren Sprachen Deutscher Bundestag/bundestag.de/ aktuell/tv/ Live-Stream und Fernsehtext als „Bundestagsfernsehen“, Übertragung der Plenardebatten kanal-global.de Amateur-Kurzfilme aus Deutschland als Stream-on-Demand spiegel.de Nachrichtenbeiträge als Stream-on-Demand virtuetv.com Musikvideos, Kinofilmtrailer, Filmausschnitte, Sportberichte als Stream-on-Demand Tabelle II-61: Streaming-Angebote deutscher Fernsehsender im Internet Quelle: Eigene Recherche der KEK, keine vollständige Auflistung aller Angebote 274 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Auf die Entwicklung von Angeboten an Fernsehen oder Videos über das Internet wirkt sich auch aus, dass die wirtschaftliche Entwicklung des Internets hinter vielen Erwartungen zurückgeblieben ist. Medienunternehmen einschließlich Fernsehsender betrachteten die bereitgestellten Kapazitäten und ihre Pläne für Online-Angebote teilweise als zu euphorisch und haben sie dementsprechend deutlich korrigiert. Als zu optimistisch erscheinen derzeit auch die Erwartungen an das Internetfernsehen bzw. an die Möglichkeiten der technischen Konvergenz zwischen Internet und Fernsehen. Hinzu kommt, dass die Investitionen in neue und für digitale und interaktive Nutzung aufgerüstete Breitbandkabelnetze in Deutschland bislang insgesamt nur schleppend vorankommen. Zur Zeit gilt der Markt für Live-Streams weitgehend als eingebrochen.827 Auch das Internet über den Fernsehbildschirm (Web-TV) hat sich bislang nicht etablieren können. Ein Beispiel für die derzeitige Lage beim Fernsehen per Internet ist der erste deutsche InternetFernsehsender TV1. Medienrechtlich gilt er als ein Mediendienst. Er ging mit einer Sendung vom Münchner Oktoberfest 1999 auf Sendung und eröffnete im März 2000 ein eigenes Studio in München.828 Im August 2001 wurde dieses Projekt jedoch aus Mangel an Werbeerlösen wieder eingestellt.829 In den USA verfügen ca. 13 % aller Internethaushalte durch ein Kabelmodem über einen Hochgeschwindigkeits-Internetzugang.830 Dort gibt es zum Beispiel mit ABCNews.com, Yahoo! und RealNetworks mehrere Anbieter, die 24 Stunden Live-Video-Streams über das Internet senden und diesen Service Nutzern gegen Entgelt anbieten. RealNetworks hat 900.000 Abonnenten.831m 2.8.5.3.2 Stream-on-Demand Stream-on-Demand sind die häufigsten Streaming-Angebote. Zahlreiche Fernsehsender bieten bereits gesendete Beiträge aus Magazinsendungen oder Ausschnitte aus angekündigten Programmen als Stream-on-Demand an. Teilweise werden auch ganze Sendungen angeboten832 oder das Online-Angebot ergänzende Videos, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem Fernsehprogramm stehen (z. B. Musikvideos auf www.rtl.de oder Tierfilme auf www.superrtl.de). Teilweise werden diese Videos auch nur gegen Bezahlung zur Verfügung gestellt (z. B. der Zugriff auf Ausschnitte aus den „Deutschland sucht den Superstar“-Shows).833 Die abrufbaren Videos haben zumeist eine ergänzende Funktion zum Fernsehprogramm. Die enthaltene Information wird fast immer auch durch Text und Graphiken transportiert. Stream-onDemand-Angebote eignen sich, um Informationen aus bereits gesehenen Sendungen nochmals abzurufen bzw. sich von angekündigten Sendungen ein Bild zu machen. Außer von Fernsehsendern wird Stream-on-Demand auch von anderen Anbietern hauptsächlich bereitgestellt, um den Internetnutzern Videos als zusätzliche Informationsquelle zur Verfügung zu stellen, wie z. B. Anbieter von Informations-, Musik- oder Kinoportalen (www.virtuetv. com, www.rtlmusic.de, www.spiegel.de), aber auch Künstler (www.britshorts.com, www.kanalglobal.de) oder Firmen, die Präsentationen ins Netz stellen (www.streamworld.de). 827 828 829 830 831 832 833 Vgl. Stefan Krempl, Möge das Geld streamen, in: Handelsblatt vom 05. 03. 2003. Vgl. Simone Zell, Ein Ingenieur geht auf Sendung, in: VDI-Nachrichten Nr. 10, 10. 03. 2000. Vgl. epd medien vom 08. 08. 2001, auch http://www.tv1.de. Vgl. IP, Internet 2002, International Key Facts, 2nd Edition, September 2002, S. 237. Vgl. Richard Waters, Yahoo! to launch online video, in: Financial Times vom 17. 03. 2003. Siehe z. B. http://www.tagesschau.de. Vgl. http://www.deutschlandsuchtdensuperstar.rtl.de, Stand: 12. 03. 2003. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 2.8.5.4 275 Bedeutung der Entwicklung des Internets für Fernsehübertragungen Das Internet als Übertragungsmöglichkeit für Fernsehprogramme wird bisher fast ausschließlich von Informations- und Nachrichtensendern genutzt. Sie bieten aktuelle Informationen in erster Linie für PC-Nutzer, die über eine schnelle Internetverbindung verfügen und damit ständig Zugriff auf das Internet haben. Daneben bieten Fernsehangebote im Internet eine Möglichkeit, weltweit auf deutschsprachiges Fernsehen zuzugreifen. Wegen der eingeschränkten Bildqualität und der fehlenden Standardisierung der Datenformate ist die Akzeptanz von Live-Video-Streaming bei den Konsumenten noch gering.834 Es fehlen derzeit die erforderlichen Bandbreiten, um eine Fernsehübertragung im Internet in hoher Qualität zu gewährleisten. Für das breite Fernsehpublikum stellen diese Live-Streams daher (noch) keine Alternative zum klassisch übertragenen Fernsehprogramm dar. Die Akzeptanz von Stream-on-Demand-Angeboten als Komplementärangebot zum klassischen Fernsehen scheint größer zu sein, denn es gibt ein weitaus umfangreicheres Angebot. Dafür spricht auch, dass sich solche Angebote, wenn das Interesse groß genug ist, auch als entgeltpflichtige Inhalte vermarkten lassen (z. B. „Deutschland sucht den Superstar“ von RTL).835 Anders als Live-Streams, die der Nutzer nicht beeinflussen kann, bietet Stream-on-Demand dem Nutzer die Möglichkeit, über Auswahl und Reihenfolge der abgerufenen Videos selbst zu entscheiden. Bei On-Demand-Angeboten der Fernsehsender handelt es sich um Teile bereits ausgestrahlter oder noch auszustrahlender Fernsehprogramme.836 Häufig werden von ihnen die On-DemandStreams in ein redaktionell gestaltetes Umfeld aus Text, Standbildern und Animationen eingebettet. Damit ergänzen sie das Fernsehprogramm. Festzuhalten bleibt, dass das Internet für das Fernsehen derzeit insgesamt keine echte Alternative zu den herkömmlichen Übertragungswegen terrestrische Verbreitung, Kabel und Satellit darstellt. 2.8.6 Fazit Die Verwendung digitaler Technik führt dazu, dass sich die Verbreitung von Fernsehprogrammen mittels Kabel, Satellit und Terrestrik erheblich verändert. Von den derzeit verfügbaren analogen Übertragungswegen ist das BK-Netz der wichtigste. Zur digitalen Nutzung wurde das Breitbandkabelnetz von der Deutsche Telekom AG nur in einem sehr geringen Maß ausgebaut. Auch nach dem mittlerweile vollzogenen Verkauf des BK-Netzes durch die DTAG an ausländische Investoren ist die Erwartung eines raschen digitalen Ausbaus einer erheblichen Ernüchterung gewichen. Der klassische Weg der Fernsehversorgung über analoge terrestrische Sender spielte in den letzten Jahren eine immer geringere Rolle. Eine positivere Entwicklung wird im Falle der Digitalisierung dieses Übertragungsweges erwartet. So ist im Ballungsraum Berlin/Potsdam im Jahr 2003 die terrestrische Fernsehversorgung auf die digitale Übertragung umgestellt worden. Weitere Einführungsszenarien sind in anderen Bundesländern geplant. Der Satellitendirektempfang hat bereits bei der analogen Verbreitung erheblich und kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Im Bereich der digitalen Rundfunkübertragung ist der Satellit das 834 Vgl. Stefan Krempl, Möge das Geld streamen, in: Handelsblatt vom 05. 03. 2003. 835 Vgl. http://www.deutschlandsuchtdensuperstar.de; Zurückhaltung aus Hollywood, in: Blickpunkt Film vom 17. 03. 2003. 836 Beispiele sind die jeweils letzte Sendung der Tagesschau auf http://www.tagesschau.de oder die jeweils nächste Folge der RTL-Fernsehsereie GZSZ auf http://www.t-online-vision.de. 276 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten innerhalb Europas am weitesten verbreitete Übertragungsmedium, und er wird diese dominante Position noch ausbauen. Für das Fernsehen stellt das Internet als vierte Übertragungsmöglichkeit derzeit insgesamt noch keine echte Alternative zu den herkömmlichen Übertragungswegen terrestrische Verbreitung, Kabel und Satellit dar. 2.9 Ballungsraumfernsehen Auch die Veranstaltung von Fernsehen unterhalb der bundesweiten Verbreitungsebene kann bei der medienkonzentrationsrechtlichen Beurteilung nach § 26 Abs. 2 RStV eine Rolle spielen. Dies gilt insbesondere für die Veranstaltung von Ballungsraumfernsehen. Mit diesem Begriff werden Programme bezeichnet, deren Verbreitungsgebiet sich auf Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte konzentriert. Verbreitungsgebiete sind folglich städtische Ballungsräume; dünn besiedelte, ländliche Gegenden werden allenfalls in den Randzonen einbezogen.837 Zu den vom Marktforschungsunternehmen A. C. Nielsen abgegrenzten 13 Ballungsräumen gehören zwar nur 13,2 Prozent der Fläche der Bundesrepublik Deutschland, in ihnen leben aber 41 % der Gesamtbevölkerung.838 Für Ballungsraumsender in Großstädten wird auch der Begriff Metropolensender verwendet.839 Medienkonzentrationsrechtlich ist das Ballungsraumfernsehen unter verschiedenen Aspekten relevant. Zum einen sind Ballungsraumfernsehprogramme publizistisch nicht unbedeutend, weil sie Zuschauer mit lokalen und regionalen Informationen versorgen und im Verhältnis zur Größe des Verbreitungsgebiets relativ hohe Reichweiten erzielen können. Beteiligungen an Ballungsraumsendern bieten zudem Veranstaltern von bundesweitem Fernsehen eine weitere Verwertungsmöglichkeit für Programmrechte. Die Bildung eines überregionalen Verbunds von Ballungsraumsendern zwecks koordinierter Vermarktung und Programmgestaltung könnte die Einflussmöglichkeiten der beteiligten Gesellschafter oder Programmzulieferer auf ein Maß vergrößern, das in die Nähe von bundesweiter Fernsehveranstaltung kommen könnte. Die Situation des Ballungsraumfernsehens in Deutschland soll daher im Folgenden näher untersucht werden.m 2.9.1 Wirtschaftliche Voraussetzungen Die Erzielung ausreichender Einnahmen aus dem Verkauf von Sendezeiten an Werbetreibende stellt das Hauptproblem des Ballungsraumfernsehens dar. Bei der Generierung von regionalen und subregionalen Werbeerlösen konkurrieren die Veranstalter von Ballungsraumfernsehen mit Tageszeitungen und Anzeigenblättern.840 Als weitere lokale Werbeträger kommen vor allem Hörfunk, Lokalfernsehen und Filmtheater in Betracht. Aufgrund der gegenüber bundesweiten Fernsehangeboten deutlich geringeren technischen Reichweite ist auch das Erlöspotenzial aus 837 Vgl. Rolf Nafziger, Wirtschaftlichkeitsanalysen für Ballungsraumfernsehen, Wiesbaden 1997, S. 8. 838 Vgl. Matthias Kurp, Lokal- und Regionalfernsehen zwischen Krise und Konsolidierung, in: Funkkorrespondenz 2/2003, S. 5. 839 Der Begriff des Lokalfernsehens ist hingegen weiter gefasst und erfasst die auf jede denkbare Stadt oder Gemeinde bezogene Berichterstattung. Der Begriff des Regionalfernsehens knüpft an einen nach bestimmten Kriterien abgegrenzten Kommunikations- und Ereignisraum an. Die bestehende Struktur des Regionalfernsehens folgt in Deutschland weitgehend der föderalen Gestaltung der Bundesrepublik. Vgl. Nafziger, a. a. O., S. 7 und 10. 840 Zwischen lokalem Fernsehwerbemarkt und lokalem Zeitungsanzeigenmarkt kommen grundsätzlich wettbewerblich relevante substitutive Beziehungen in Betracht. Entscheidend ist, ob sich die Werbung in den verschiedenen Medien in Form und Inhalt in einem Ausmaß ähnelt, dass die Werbetreibenden sie zumindest teilweise als alternatives Angebot zur Bedarfsdeckung nutzen. Vgl. Beschluss des Bundeskartellamts vom 15. 04. 1999, B6-92200141/98 („Zeitungsmarkt München“), Rn. 10. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 277 überregionaler Werbung relativ beschränkt. Dem soll durch die gemeinsame Vermarktung der einzelnen Sender im Verbund begegnet werden. Des Weiteren stellt sich das Problem, dass bislang Zuschaueranteile und Reichweiten nicht ausreichend gemessen werden. Das Fehlen einer von der Werbewirtschaft als „verbindliche Währung“ akzeptierten diesbezüglichen Datengrundlage mindert die Attraktivität des Ballungsraumfernsehens als Werbemedium.841 Die Möglichkeiten, mehr Zuschauer zu erreichen, werden zudem dadurch eingeschränkt, dass es für attraktive Programminhalte im Allgemeinen kostenintensiver Investitionen in Programmrechte oder Produktionen bedarf, die die Veranstalter in Hinblick auf die zu erwartenden Werbeerlöse nur begrenzt aufbringen können. Hinsichtlich der Versorgung der Fernsehzuschauer mit lokalen Informationen sind die Veranstalter von Ballungsraumfernsehen starker Konkurrenz durch die Dritten Programme der ARD und die nach den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags eingerichteten Regionalfenster im bundesweit verbreiteten privaten Fernsehen ausgesetzt. Nach einer Untersuchung im Auftrag der Landesmedienanstalten im Jahr 2000 erzielten unter den Anbietern nicht bundesweit verbreiteter Fernsehprogramme (landesweite, lokale und Ballungsraumsender) die Veranstalter von Ballungsraumfernsehen mit Abstand das schlechteste wirtschaftliche Ergebnis.842 Die Kosten der Ballungsraumsender wurden danach im Durchschnitt lediglich zu 38 % durch erwirtschaftete Erlöse (Werbung, Sponsoring, Teleshopping, Auftragsproduktionen, sonstige Erlöse) gedeckt. Als Gründe wurden die im Vergleich zu lokalen Programmen (mit in der Regel geringerer täglicher Sendezeit) hohen Programmkosten und vor allem die nicht ausreichenden überregionalen Werbeeinnahmen benannt. Die Einnahmen aus regionaler und überregionaler Werbung deckten nur rund 1/5 der Gesamtaufwendungen der Veranstalter ab. Im Jahr 2002 haben die Veranstalterinnen der Ballungsraumprogramme B.TV Baden und B.TV Württemberg Insolvenz beantragt. Als Ursache hierfür wurde – neben den hohen Kosten für die Satellitenverbreitung des bundesweiten Programms von B.TV – u. a. die auch im regionalen Markt spürbare Werbekrise angesehen.843 Die Insolvenzen bei Unternehmen der ehemaligen KirchGruppe erfassten auch den Sender tv.berlin. Für diesen Sender sowie für tv.münchen und Hamburg 1 konnten neue Investoren gefunden werden. Der Veranstalter des Sachsen Fernsehens kündigte im Oktober 2002 allen Mitarbeitern. Das Gemeinschaftsprogramm der Sender in Dresden, Chemnitz und Leipzig soll reduziert und vornehmlich lokaler Inhalt durch die Regionalstudios produziert werden. Der SLM-Medienrat hat darauf hingewiesen, dass dadurch der Veranstalterbegriff nicht ausgehöhlt werden dürfe.844 2.9.2 Programmangebote Zur Zeit wird Ballungsraumfernsehen in den Großstädten Hamburg (Hamburg 1), Berlin (FAB, tv.berlin) und München (tv.münchen) sowie in Dresden, Leipzig, Chemnitz und Umgebung (Sachsen Fernsehen), in Mittelfranken (Franken Fernsehen), im Rhein-Neckar-Dreieck (RNF) und im Saarland (Saar TV) angeboten. Der Sendebetrieb von B.TV Baden und B.TV Württemberg wurde im Januar 2003 insolvenzbedingt eingestellt.845 Das bundesweite Programm B.TV wird von einer neuen Veranstalterin unter dem Namen BTV 4 U weitergeführt. 841 Vgl. Ulrike Handel, Albrecht Kutteroff, Die Stärke liegt in der Nähe, in: ALM Programmbericht 1998/1999, S. 158.m 842 Vgl. Die Landesmedienanstalten, Beschäftigte und wirtschaftliche Lage des Rundfunks in Deutschland 1999/2000, Schriftenreihe der Landesmedienanstalten, Band 24, Berlin 2002, S. 89. 843 Vgl. Funkkorrespondenz vom 16. 08. 2002. 844 Vgl. Pressemitteilung der SLM vom 15. 12. 2002. 845 Vgl. Pressemitteilung der Insolvenzverwalter von der Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vom 22. 01. 2003. Veranstalter KG Hamburg 1 Fernsehen Beteiligungs GmbH & Co., Hamburg TV.BERLIN NEU Produktions GmbH, Berlin FAB Fernsehen aus Berlin GmbH, Berlin Das Stadtfernsehen Programmgesellschaft mbH, München TVF Fernsehen und Franken Programm GmbH, Nürnberg Sachsen Fernsehen GmbH & Co. Fernsehbetriebs KG, Leipzig tv NRW GmbH & Co. KG, Dortmund Rhein-Neckar Fernsehen GmbH, Mannheim Programm Hamburg 1 tv.berlin FAB Fernsehen aus Berlin tv.münchen Franken Fernsehen Sachsen Fernsehen (Dresden Fernsehen, Leipzig Fernsehen, Chemnitz Fernsehen) tv.nrw (Köln aktuell) RNF Plus Bert Siegelmann WAZ (30 %)847 DuMont Schauberg (30 %) Rheinisch-Bergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft (30 %) Neue Welle Sachsen (Oschmann) (69,3 %) Sachsen Funk und Fernsehen (26,6 %) Axtmann Beteiligungs GmbH (4,1 %) Neue Welle Franken „Antenne Nürnberg“ Hörfunkgesellschaft mbH (Oschmann) (74,9 %) Hans Rudolf Wöhrl (25,1 %) Thomas Kirch (60 %) Kanal 1 Fernsehbetriebsgesellschaft mbH (Hanno Soravia) (40 %) DFA Deutsche Fernsehnachrichten Agentur (40,58 %)846 Thomas Grimm (18,99 %) Hans-Gerhard Roth (15,69 %) Manuel Werner (15,76 %) und weitere 17 Gesellschafter (vornehmlich mittelständische Film- und Fernsehproduzenten) Kanal 1 Fernsehbetriebsgesellschaft mbH (Hanno Soravia) (100 %) DFA Deutsche Fernsehnachrichten Agentur (92,7 %) Axel Springer AG (7,3 %) Gesellschafter Terrestrisch: 0,6 Mio. HH Kabel: 1,3 Mio. HH ca. 600.000 HH848 0,83 Mio. HH 1,65 Mio. Personen Terrestrisch: 0,6 Mio. HH Kabel: 0,35 Mio. HH Terrestrisch: 0,306 Mio. HH Kabel: 0,89 Mio. HH 3,8 Mio. Personen ab 14 Jahren 2,22 Mio. HH 3,6 Mio. Personen ab 14 Jahren 2,1 Mio. Personen ab 14 Jahren Technische Reichweite Rhein-Neckar-Dreieck, (Vorder-/Südpfalz, Nordbaden, Südhessen) Programmfenster für den Raum Köln, weitere für Dortmund und Düsseldorf geplant Ballungsraum Dresden, Leipzig, Chemnitz Mittelfranken Ballungsraum München Großraum Berlin Berlin und Brandenburg Ballungsraum Hamburg Sendegebiet AK BallungsraumFernsehen e. V. AK BallungsraumFernsehen e. V. AK BallungsraumFernsehen e. V. Kooperation mit AK BallungsraumFernsehen e. V. Kooperation mit AK BallungsraumFernsehen e. V. AK BallungsraumFernsehen e. V. Kooperation mit AK BallungsraumFernsehen e. V. AK BallungsraumFernsehen e. V. Bundesweite Vermarktung 278 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Fernsehen GmbH & Co. KG, Saarbrücken Rhein-Main Ballungsraumfernsehen Verwaltungsgesellschaft mbH, Bad Homburg Saar TV Rhein-Main TV Bibo TV Studiobetriebs GmbH Eurostar Fernseh-Projektgesellschaft mbH Heinz-Reinhard Schneider Plan Plus Faktor Entwicklungsgesellschaft mbH Bernhardt Gruppe Go! TV Media Production GmbH & Co. KG Klaus Rehm Eintracht Frankfurt u. a. Media Information Broadcasting (41,03 %) Saarland Sporttoto GmbH (3,85 %) Dolmen-Medien-GmbH (7,69 %) Europa Plus (3,85 %) MRS Gruppe (20,5 %) DFA Deutsche Fernsehnachrichten Agentur, Ingo Borsum, Werner Klatten (23,08 %) Gesellschafter ca. 1,1 Mio. HH 361.014 HH Technische Reichweite Südhessen (u. a. Darmstadt, Frankfurt am Main, Offenbach, Wiesbaden, RheingauTaunus-Kreis) Saarland Sendegebiet AK BallungsraumFernsehen e. V. AK BallungsraumFernsehen e. V. Bundesweite Vermarktung 846 Nach Presseberichten hat die DFA ihren Anteil an die Fluggesellschaft Germania verkauft; vgl. Promedia 7/2003, S. 36. Nach diesem Bericht soll Germania 43 % der Anteile an der Veranstalterin von FAB halten. 847 Die WAZ und die Rheinisch-Bergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft beabsichtigen, ihre Anteile zu verkaufen. Die apm medien Agentur GmbH & Co. KG soll dann 70 % (inklusive 10 % bislang treuhänderisch durch Rechtsanwalt Roger Schaak gehaltene Anteile) und DuMont die restlichen 30 % der Anteile halten; vgl. Pressemitteilung der LfM vom 11. 07. 2003. Die LfM hat aufgrund der ungeklärten Beziehungen zwischen apm und DuMont die Unbedenklichkeit dieser Beteiligungsveränderung nur unter der Auflage bestätigt, dass bis zur Anzeige einer unbedenklichen Gesellschafterstruktur auf das Fensterprogramm für den Raum Köln/Leverkusen verzichtet wird; vgl. Pressemitteilung der LfM vom 25. 07. 2003. Das Fensterprogramm für Köln wurde zunächst eingestellt. 848 Das landesweite Programm von tv.nrw erreicht 4,2 Mio. HH. Tabelle II-62: Privates Ballungsraumfernsehen Quelle: ALM Programmberichte 1998/1999 und 2000/2001, ALM Jahrbuch 1999/2000, Landesmedienanstalten, Unternehmensangaben, www.ballungsraum.tv, Spots Planungsdaten 2/2003 Veranstalter Programm Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 279 280 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten In Nordrhein-Westfalen wurde Ballungsraumfernsehen erst durch die Änderung des Mediengesetzes Nordrhein-Westfalen vom 02. 07. 2002 möglich. Der zu diesem Zeitpunkt bereits landesweit ausstrahlende Sender tv.nrw veranstaltet seit dem 02. 12. 2002 ein zweistündiges tägliches Programmfenster für den Ballungsraum Köln; weitere Programmfenster für Dortmund und Düsseldorf sind geplant. Es existieren in diesem Raum bereits die öffentlich-rechtlichen Ballungsraumfernsehangebote des WDR (WDRpunktKöln und WDRpunktDortmund). In Hessen wurde die Veranstaltung von Ballungsraumfernsehen nach der Novellierung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes vom 22. 12. 2000 zulässig. Eine entsprechende Lizenz wurde im April 2002 an eine Veranstaltergemeinschaft vergeben, die im Rhein-Main-Gebiet das Programm Rhein-Main TV ausstrahlen will. Der für Mai 2003 geplante Sendestart wurde verschoben, die LPR Hessen setzte eine Frist zur Aufnahme des Sendebetriebs bis zum November 2003.849 Einen Überblick über Veranstalter und Programme im privaten Ballungsraumfernsehen gibt Tabelle II-62 (S. 278/279). 2.9.3 Vermarktung von Ballungsraumsendern Zum 01. 01. 2000 gründeten mehrere Ballungsraumsender einen Vermarktungsverbund mit dem Ziel, durch gemeinsame Vermarktung von Werbezeiten überregionale Werbung zu akquirieren.850 Es wurden zu diesem Zwecke verschiedene Senderkombinationen angeboten. Im Jahr 2002 standen den Werbetreibenden neben dem Angebot aller Sender im so genannten DeutschlandNetwork ein Metropolen-Network und nach Regionen unterteilte Networks (West-, Südwest-, Süd-, Bayern-, Ost-Network) zur Verfügung. Bis zum Ende des Jahres 2002 übernahm die Vermarktung die SevenOne Media GmbH, eine 100 %ige Tochter der ProSiebenSAT.1 Media AG. Danach gab sie die Vermarktung zurück an die Sender, die sich im neu gegründeten AK BallungsraumFernsehen e. V. zusammenschlossen. Mitglieder des Vereins sind die Sender Hamburg 1, FAB, RNF, TV Bayern, Saar TV, Sachsen Fernsehen, tv.nrw und Rhein-Main TV. Mit tv.münchen, tv.berlin und Franken Fernsehen bestehen Kooperationsvereinbarungen.851 Funktion des Arbeitskreises ist die konzeptionelle Ausrichtung des Ballungsraum-TV-Verbunds hinsichtlich Vermarktung, Marktforschung, Programmaustausch und Gattungsmarketing.852 Die Vermarktung des Ballungsraumfernsehens findet nunmehr auf drei Ebenen durch verschiedene Vermarkter statt. Die lokale und regionale Einzelvermarktung der Sender wird von den einzelnen Sendern mittels der eigenen Vertriebsstruktur betrieben. Regionale Werbekombis werden vom AK BallungsraumFernsehen e. V. für die beteiligten Sender übernommen und von einer kombinierten Vertriebsstruktur abgewickelt. Das Angebot an Vermarktungs-Kombis bleibt unverändert. Für die nationale Vermarktung ist die neu gegründete Ballungsraumfernsehen in Deutschland Programm- und Vertriebsgesellschaft mbH zuständig.853 Gesellschafter sind zu je 849 Vgl. Pressemitteilung der LPR Hessen vom 31. 03. 2003. 850 Ähnliche Vermarktungsverbünde gibt es auch im Bereich des Lokalfernsehens. Z. B. haben sich die lokalen Fernsehveranstalter in den neuen Bundesländern und FAB zum Bundesverband lokales Fernsehen (BLF) zusammengeschlossen. Er soll für die 166 Lokalfernsehsender durch eine gemeinsame Programm- und Marketingstrategie eine Plattform für überregionale und nationale Werbung bieten. Vgl. Pressemitteilung von FAB vom 04. 12. 2002. 851 Auskunft des Vorsitzenden des Arbeitskreises Ballungsraumfernsehen e. V., Frank Müller, vom 30. 04. 2003. 852 Vgl. Präsentation des Ballungsraum-Verbunds durch die SevenOne Media bei den Münchener Medientagen am 18. 10. 2002. 853 Vgl. Angaben der Ballungsraum-Vermarktungs GmbH unter http://www.ballungsraum.tv. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 281 50 % die Sachsen Fernsehen GmbH & Co. Fernsehbetriebs KG und die ABF Arbeitsgemeinschaft bayerischer Fernsehprogrammanbieter GmbH (TV Bayern).854 Um die kombinierte Vermarktung zu ermöglichen, wurden die Programmschemata sowohl zeitlich als auch inhaltlich vereinheitlicht. Die harmonisierte Programmstruktur sieht Beiträge bestimmter Genres zu festen Zeiten vor. 2.9.4 Seherkreis Zum Deutschland-Network gehörten im Jahr 2002 die Sender tv.berlin, tv.münchen, Hamburg 1, tv.nrw, FR TV Südbaden, RNF Plus, Franken Fernsehen, Sachsen Fernsehen, Saar TV und TV Bayern. Enthalten sind darin demnach auch landesweit ausgestrahltes Programm (tv.nrw) und dem Lokalfernsehbereich zuzuordnende Programme (FR TV Südbaden, TV Bayern). Die Sender des Deutschland-Networks erreichten laut Reichweitenuntersuchung Juni 2002 der SevenOne Media GmbH 2,357 Mio. „Seher gestern“.855 Die Zahl der „Seher gestern“ des Metropolen-Networks (Hamburg 1, tv.berlin, tv.münchen) lag bei 893.000 Zuschauern. Eine Übersicht über den „Weitesten Seherkreis“ der einzelnen Ballungsraumsender, d. h. über die Anzahl der Personen, die den Sender innerhalb von 2 Wochen mindestens einmal eingeschaltet haben, gibt Abbildung II-24. Die Angaben des „Weitesten Seherkreises“ und der „Seher gestern“ erlauben keine Rückschlüsse auf die Zuschaueranteile der Programme. Sie legen jedoch den Schluss nahe, dass die Ballungsraumsender durchaus eine hohe Zahl an Zuschauern erreichen können. Zum Teil sind sie insofern in ihrem Stellenwert mit bundesweit verbreiteten 2 1,78 1,8 1,56 1,6 Seher in Mio. 1,4 1,2 0,99 1,05 1 0,77 0,8 0,69 0,61 0,57 0,6 0,38 0,35 0,4 0,54 0,39 0,23 0,26 0,2 0 Hamburg 1 tv.berlin tv.münchen Franken Fernsehen 2001 Sachsen Fernsehen RNF Plus Saar TV 2002 Abbildung II-24: Weitester Seherkreis („Innerhalb der letzten 14 Tage gesehen“) der Ballungsraumsender Quelle: Seher gestern: SevenOne Media, Reichweitenuntersuchung Juni 02 Ballungsraum-Fernsehen 854 Vgl. werben & verkaufen vom 02. 05. 2003. 855 Personen, die das Programm am Stichtag mindestens einmal eingeschaltet haben. Die Sehdauer ist dabei unerheblich. Basis E 14+ in Empfangshaushalten, Mo.–Fr. 05:00–01:00 Uhr, Erhebungszeitraum 21. 01. 2002–24. 03. 2002.m 282 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Programmen vergleichbar. Das Programm Hamburg 1 lag z. B. nach einer Reichweitenstudie von Infratest Burke bei den Haushalten, die Hamburg 1 empfangen können, unter den „Sehern gestern“ an neunter Stelle und beim „Weitesten Seherkreis“ an zehnter Stelle aller empfangbaren Programme.856 2.9.5 Programmzulieferung Die Sender des Vermarktungsverbunds verfügen wochentags in der Zeit von 17:00 bis ca. 22:30 Uhr über eine „genreharmonisierte Programmstruktur“, d. h., auf allen Sendern des Networks werden zur gleichen Zeit Nachrichten, Regionalmagazine, Sport und Unterhaltungssendungen etc. gezeigt. Das harmonisierte Programm beläuft sich auf ca. 34 Stunden pro Woche.857 In der Vergangenheit belieferte die KirchGruppe die Sender mit einem Rahmenprogramm aus mehrfach wiederholten, älteren Serien und zuletzt mit preiswert produziertem Unterhaltungsprogramm („sun tv“). Im Zuge der Insolvenz verschiedener Unternehmen der ehemaligen KirchGruppe wurde diese Programmzulieferung beendet. Die Übernahme desselben Programms durch mehrere Sender erstreckt sich nicht mehr auf sämtliche Sender des Verbunds und betrifft nur noch einzelne Formate. So wird derzeit z. B. – neben hauptsächlich eigenproduzierten Beiträgen – von den meisten Anbietern täglich eine von tv.nrw produzierte Entertainment-Show („Nur mit Nummer“) im Abendprogramm gesendet. Das von einem Beteiligungsunternehmen der NDF GmbH produzierte Magazin „tv vital“ wird von Hamburg 1, tv.münchen und tv.berlin in das Programm übernommen; Produktionsunternehmen sowie die ausstrahlenden Sender gehörten ehemals zur KirchGruppe. Darüber hinaus werden Formate von den Informationsspartensendern Bloomberg TV (RNF, Sachsen Fernsehen, tv.nrw) und CNN Deutschland (Saar TV), Fiction-Programme von Fox Kids (tv.münchen, tv.berlin), NEUN-LIVE-Sendungen (Saar TV) sowie Teleshoppingsendungen von QVC und RTL Shop (Hamburg 1, RNF) ausgestrahlt. Im Spätprogramm läuft vielfach Erotikprogramm („Sexy night“ bei Hamburg 1, tv.berlin und tv.münchen). Das einheitliche bzw. von verschiedenen Sendern zugelieferte Programm macht jedoch nur einen geringen Anteil des Gesamtprogramms der Ballungsraumsender aus. 2.9.6 Fazit Im Bereich des Ballungsraumfernsehens hat in medienkonzentrationsrechtlicher Hinsicht das Ausscheiden der ehemaligen KirchGruppe einen deutlichen Wandel bewirkt. Die KirchGruppe verfügte bis zum Beginn der Reihe von Insolvenzen konzernzugehöriger Unternehmen im April 2002 durch Anteilsbesitz, Vermarktung und Programmzulieferung über maßgeblichen Einfluss auf einen nahezu bundesweiten Verbund von Ballungsraumsendern.858 Diese Sender dienten als zusätzliche Abspielstätte der Erweiterung der Wertschöpfungskette der KirchGruppe. Nach dem Verkauf der Anteile an tv.berlin und Hamburg 1 besteht nur noch eine Beteiligung von Thomas Kirch am Veranstalter von tv.münchen. Zwar sind auch jetzt verschiedene Unternehmen zugleich an mehreren Veranstaltern von Ballungsraumfernsehen beteiligt (z. B. DFA Deutsche Fernsehnachrichten Agentur, OschmannGruppe), es lässt sich jedoch keine anteilsmäßige oder programmbeeinflussende Dominanz auf 856 Grundgesamtheit: Gesamtverbreitungsgebiet Hamburg, Empfang von Hamburg 1 im Haushalt, Mo.–So. 05:00– 01:00 Uhr, Erwachsene ab 14 Jahren, Reichweitenstudie Ballungsraumfernsehen Hamburg, März 2002, veröffentlicht unter http://www.hamburg1.de. 857 Vgl. Angaben der Ballungsraum-Vermarktungs GmbH unter http://www.ballungsraum.tv. 858 Vgl. Konzentrationsbericht der KEK 2000, S. 138 ff. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 283 das Ballungsraumsendernetzwerk als solches mehr erkennen. Die gemeinsame überregionale Vermarktung der Ballungsraumsender erfordert nach wie vor eine gewisse Harmonisierung des Programmschemas. Eine einheitliche Rahmenprogrammzulieferung und Vermarktung, wie in der Vergangenheit durch die KirchGruppe, erfolgt jedoch nicht mehr. Demnach ist weder über Beteiligungen an Ballungsraumsendern noch über die Vermarktung oder Rahmenprogrammzulieferung eine maßgebliche Einflussnahme eines Unternehmens, insbesondere eines bundesweit tätigen Fernsehveranstalters, zu verzeichnen. Insofern leistet die Veranstaltung von Ballungsraumfernsehen mit seiner lokalen und regionalen Schwerpunktberichterstattung durchaus einen Beitrag zur Meinungsvielfalt. 2.10 Teleshopping Die Veranstaltung von Teleshopping, d. h. die „Sendung direkter Angebote an die Öffentlichkeit für den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen (…) gegen Entgelt“ (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV), bietet den Fernsehkonzernen die Chance, in ein weiteres Geschäftsfeld zu expandieren. Teleshopping eröffnet den Veranstaltern eine alternative Erlösquelle zu Werbeeinnahmen durch Umsatzbeteiligungen und Provisionen. Das Einkaufsfernsehen findet auch als Programmfenster im Rahmen verschiedener Rundfunkprogramme zunehmende Verbreitung im bundesweiten privaten Fernsehen. 2.10.1 Rechtliche Einordnung Die in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit veranstalteten Teleshopping-Programme Home Shopping Europe (vormals H. O. T.), QVC, RTL Shop, sonnenklar TV und TV Travel Shop werden von den Landesmedienanstalten als Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) eingestuft. Dadurch unterfallen sie nicht dem Rundfunkrecht und sind zulassungsfrei. Obwohl in § 2 Abs. 2 Nr. 1 MDStV Verteildienste für Fernseheinkauf (Fernseheinkaufsdienste) als Beispiel für einen Mediendienst im Sinne des Mediendienstestaatsvertrages aufgeführt werden, bleibt die Unterscheidung von Rundfunk und Mediendienst gerade bei Teleshopping-Programmen problematisch und wird auch vielfach diskutiert.859 Entscheidend dafür, ob ein Mediendienst oder Rundfunk vorliegt, sind die abstrakten Definitionen in § 1 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 1 Abs. 1 Satz 1 MDStV. Dabei unterscheidet sich ein Mediendienst vom Rundfunkdienst allein dadurch, dass ihm das Merkmal der Darbietung fehlt. Durch das Merkmal der Darbietung wird nach zutreffender Auffassung die besondere Rolle des Rundfunks als Medium und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung gekennzeichnet. Demnach kommt es für die Einordnung als Rundfunk oder als Mediendienst auf den Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung an. Für die Gesamtbewertung, ob eine dem herkömmlichen Rundfunk vergleichbare Meinungsrelevanz gegeben ist, hat die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) einige Kriterien in einem Strukturpapier aufgeführt.860 Danach ist Teleshopping u. a. bei einer Integration der Produkt- 859 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, § 2, Rn. 5 ff. und 37 ff.; Claudia Braml, Das Teleshopping und die Rundfunkfreiheit, Frankfurt a. M. 1999; Reiner Hochstein, Teledienste, Mediendienste und der Rundfunkbegriff, in: NJW 1997, 2977; S. Hansjörg Kuch, Der Staatsvertrag über Mediendienste, ZUM 1997,S. 225. 860 Vgl. DLM (Hrsg.), 1. Strukturpapier über die Zuständigkeit der Landesmedienanstalten im Grenzbereich zwischen Rundfunk und Mediendiensten und die Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten vom 16. Dezember 1997, abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a. a. O., § 2, Rn. 9. 284 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten präsentation in eine Unterhaltungsshow oder in ein Gewinnspiel als Rundfunk anzusehen.861 Die Tatsache allein, dass TV-Programme, die ausschließlich dazu dienen, Produkte und/oder Dienstleistungen zu verkaufen, redaktionell gestaltet sind, nimmt ihnen nicht den Charakter als Fernseheinkaufskanal und Mediendienst. Trotz der Qualifizierung des Teleshoppings als Mediendienst kann die Stellung eines Unternehmens in diesem Bereich dennoch im Rahmen der medienkonzentrationsrechtlichen Prüfung nach dem Rundfunkstaatsvertrag eine Rolle spielen. Sie ist als Stellung auf einem medienrelevanten verwandten Markt in die Beurteilung mit einzubeziehen. Die Stellung eines Unternehmens auf dem Markt für Teleshopping ist auch vor dem Hintergrund der künftigen Entwicklungen im Kabelnetz von Bedeutung. Derzeit erfolgt die Bestellung der Waren und Dienstleistungen per Telefon oder über das Internet. Es wird erwartet, dass bei zukünftiger Ermöglichung interaktiver Anwendungen durch Aufrüstung der Kabelnetze und Einrichtung eines Rückkanals die direkte Bestellung über den Fernsehbildschirm per Fernbedienung zu einem weiteren Anstieg der Umsätze im Teleshoppingbereich führen wird. Auch wenn die Vermarktungs- und Refinanzierungsmodelle der künftigen Kabelnetzbetreiber noch unklar sind, ist anzunehmen, dass TeleshoppingProgramme aufgrund der zu erwartenden Umsatzerlöse für die neuen Kabelnetzbetreiber ein attraktives Angebot darstellen. 2.10.2 Programmangebote Das von der RTL Shop GmbH veranstaltete Teleshopping-Programm RTL Shop startete am 01. 03. 2001 und wird als eigenständiges 24-Stunden-Programm über das ASTRA-Satellitensystem ausgestrahlt. Gesellschafter der RTL Shop GmbH sind die RTL Television GmbH mit 55 %, die RTL New Media GmbH mit 25 % und die französische Sendergruppe M6, an der die RTL Group maßgeblich beteiligt ist, mit 20 % der Anteile. RTL Shop produziert Teleshopping außer für die zur RTL Group gehörigen Programme RTL, VOX und n-tv auch für Onyx, NBC und eine Anzahl lokaler Kabelprogramme (Sachsen Fernsehen, Franken Fernsehen u. v. m.). Die RTL Shop GmbH verfügt nach eigenen Angaben über 1,25 Mio. Kunden und weist für das Jahr 2002 einen Bruttoumsatz von 114 Mio. Euro aus.862 Die ProSiebenSAT.1 Media AG ist über ihre Beteiligung an der EUVIA Media AG & Co. KG, deren 100 %ige Tochtergesellschaft Euvia Travel GmbH den Reise-Teleshoppingsender sonnenklar TV betreibt, im Teleshopping-Markt vertreten. Das tägliche 24-Stundenprogramm wird digital und analog über Satellit verbreitet und in Baden-Württemberg in die Kabelnetze eingespeist. Fensterprogramme werden für NEUN LIVE und tv-münchen produziert. Mit der Reisevermittlung wurde im Jahr 2002 ein Bruttoumsatz von 89,7 Mio. Euro erzielt.863 Bereits seit 1995 ist das Teleshopping-Programm Home Shopping Europe (HSE) auf Sendung. Das unter dem Namen H. O. T. Home Order Television gestartete Programm firmierte im Mai 2001 in HSE um; zudem schieden Thomas Kirch und Dr. Georg Kofler als Gesellschafter der Veranstalterin aus. Die Anteile an der HSE Home Shopping Europe AG halten nunmehr zu 89,99 % die HSN Home Shopping Network GmbH (HSN) und zu 10,01 % die Quelle AG. Die Quelle AG ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der KarstadtQuelle AG, die eine mittelbare Beteiligung an der Veranstalterin von DSF hält. HSE hat Teleshopping-Fenster bei SAT.1 und Kabel 1 eröffnet. Nach 861 Vgl. 1. Strukturpapier, a. a. O., 2.2.2.1.2. 862 Vgl. Pressemitteilung von RTL Shop vom 20. 02. 2003; Nettowerte werden nicht angegeben. 863 Vgl. Pressemitteilung von sonnenklar TV vom 28. 02. 2003; Nettowerte werden nicht angegeben. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 285 Unternehmensangaben wurde mit Warenverkäufen an 1,5 Mio. Kunden ein Nettoumsatz von 288,2 Mio. Euro erwirtschaftet.864 HSN ist neben der Beteiligung an HSE mit zwei weiteren Teleshopping-Veranstaltern verflochten (s. u. Abb. II-25). Eine 100 %ige Tochtergesellschaft von HSN, die H. O. T. Networks AG, hält eine Beteiligung in Höhe von 45,6 % an der EUVIA Media AG & Co. KG, der Muttergesellschaft der Veranstalterin von sonnenklar TV (s. o.). HSN steht im vollständigen Eigentum der USA Interactive, Inc., deren größter Gesellschafter mit ca. 70 % der Anteile Bary Diller ist; weitere Gesellschafter sind Liberty Media (ca. 20 %) und Vivendi Universal (13,0 %).865 USA Interactive ist mittelbar zu 49,9 % an der Veranstalterin des Reise-Shoppingprogramms TV Travel Shop, der TV Travel Shop Germany GmbH & Co. KG, beteiligt. Neben USA Interactive ist zu 50,01 % die TUI Group GmbH an der TV Travel Shop Germany GmbH & Co. KG beteiligt. Das Programm wird analog über Satellit sowie in verschiedenen regionalen Kabelnetzen ausgestrahlt. Die Veranstalterin des Teleshopping-Programms QVC, die QVC Deutschland GmbH, steht über Zwischengesellschaften vollständig im Eigentum der QVC, Inc., USA, die mit einem Nettoumsatz von 4,4 Mrd. US-Dollar im Jahr 2002 zu den weltweit führenden elektronischen Einzelhandelsunternehmen zählt. Haupteigner der QVC, Inc. ist mit 57 % der Anteile die Comcast Corporation, die größte Kabelnetzbetreiberin in den USA.866 42 % der Anteile hält die Liberty Media Corporation, USA, die, wie weiter oben erwähnt, auch über ihre Beteiligung an USA Interactive im Teleshopping-Markt aktiv ist. In Deutschland ist Liberty Media darüber hinaus mittelbar zu 49,9 % an der Veranstalterin des Discovery Channel beteiligt. Die QVC Deutschland GmbH erzielte im Jahr 2002 einen Nettoumsatz von 289 Mio. Euro und ist damit mit geringem Abstand vor HSE führend im deutschen Teleshopping-Markt.867 Über Satellit ist darüber hinaus der von der TV Shop Europe GmbH veranstaltete TeleshoppingSender TV Shop zu empfangen. Die TV Shop Europe GmbH gehört zur Modern Times Group, Stockholm, einem Medienkonzern, der vornehmlich in Nordeuropa und der baltischen Region u. a. in den Bereichen frei empfangbares Fernsehen, Pay-TV, Hörfunk, Produktion und Rechtehandel tätig ist. Eingestellt wurde das von der Via1 GmbH veranstaltete Reiseshopping-Programm Via1 – Schöner Reisen. An der Via1 GmbH war die RTL New Media GmbH zu 10 % beteiligt.868 Neben den genannten Teleshopping-Kanälen und Programmfenstern werden bei verschiedenen Sendern Teleshopping-Formate angeboten, wie z. B. das von der KarstadtQuelle AG und Tele 5 als Gemeinschaftsunternehmen produzierte zweistündige Reiseshopping-Fenster „Neckermann Urlaubswelt TV“ im Programm von Tele 5 oder der „Vox Reise Shop“ auf VOX. Abbildung II-25 zeigt die Verflechtungen im Bereich der Veranstaltung von Teleshopping durch die Beteiligungen der USA Interactive, Inc. und der Liberty Media Corporation. Davon unabhängig besteht das Teleshopping-Angebot RTL Shop, das zur RTL Group zugehörig ist (s. o.). 864 Vgl. Angaben unter http://www.homeshoppingeurope.net. 865 Vgl. Angaben der Universal Studios Networks Deutschland GmbH im Prüfverfahren KEK 161 i. S. Sci-Fi Channel; SEC, Commission File No. 0-20570, Annual report pursuant to section 13 or 15 (d) of the Securities Exchange Act of 1934, USA Networks, Inc., Fiscal Year ended December 31, 2001, S. 4, 7 ff.; Liberty Media Company Profile, Stand: 30. 09. 2002. 866 Nach Presseberichten hat Liberty Media QVC, Inc. vollständig übernommen; vgl. Financial Times Deutschland vom 04. 07. 2003. 867 Vgl. Pressemitteilung von QVC vom 09. 05. 2003. 868 Vgl. Handelsblatt vom 31. 10. 2001; Jahresbericht der KEK 2000/2001, S. 228 f. 286 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Barry Diller ca. 70 Vivendi Universal S.A. 13th Street Sci-Fi Channel Studio Universal 48,4 13 USA Interactive, Inc. Liberty Media Corporation ca. 20 Planet, Seasons, CineClassics 1 und 2, Jimmy EUVIA Media AG & Co. KG 100 45,6 (Z) Discovery Channel 100 HSN Home Shopping Network GmbH 89,99 Sonnenklar TV Euvia Travel GmbH Home Shopping Europe HSE Home Shopping Europe AG 10,01 (Z) ProSiebenSAT.1 Media AG SAT.1 ProSieben Kabel 1 N24 KarstadtQuelle AG 100 (Z) TV Travel Europe Limited 42 QVC, Inc. 57 100 (Z) 49,9 TV Travel Shop TV Travel Shop Germany GmbH & Co. KG QVC QVC Deutschland GmbH 50,1 (Z) TUI AG Comcast Corporation DSF Mediendienst Rundfunkrechtlich zuzurechnendes Programm NEUN LIVE Z: Zwischengesellschaften ausgeklammert Abbildung II-25: Verflechtungen von USA Interactive und Liberty Media im Bereich des Teleshopping Quelle: KEK, Geschäftsberichte der Comcast Corporation, Liberty Media Corporation, USA Networks (nunmehr USA Interactive), Stand: 07/2003 2.10.3 Fazit Teleshopping-Programmen ist ein potenzieller Einfluss auf die Meinungsbildung nicht generell abzusprechen. Mit der RTL Group und der ProSiebenSAT.1 Media AG sind beide großen Veranstaltergruppen im bundesweiten privaten Fernsehen auch im Teleshopping-Bereich aktiv. Die Veranstaltung von Teleshopping-Programmen verschafft den Fernsehkonzernen die Möglichkeit, zusätzliche Umsätze zu erwirtschaften bzw. Einbußen bei den TV-Werbeumsätzen auszugleichen. Durch die Einräumung von Teleshopping-Fenstern im Programm der eigenen Sendergruppierung können die in einen Fernsehkonzern eingebundenen Teleshopping-Programme Reichweite hinzugewinnen und ihre Umsatzchancen weiter erhöhen. Sowohl die Umsätze von RTL Shop als auch von sonnenklar TV liegen jedoch deutlich unter denen der im Teleshopping-Markt etablierten Anbieter QVC und HSE. 2.11 Presse 2.11.1 Verflechtungen von bundesweitem Fernsehen und Presse Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem 4. Rundfunkurteil (BVerfGE 73, 118 (175)) zur Verbindung von Rundfunk und Presse ausgeführt: „Das Grundgesetz verwehrt Presseunternehmen nicht den Zugang zum Rundfunk; der Satz, solche Unternehmen hätten sich im Sinne einer publizistischen Gewaltenteilung auf die Printmedien zu beschränken, ist kein Verfassungssatz. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 287 Über die erörterten Gefahren vorherrschenden Einflusses auf die öffentliche Meinung hinaus sind daher gleiche, möglicherweise größere Gefahren zu befürchten, wenn Meinungsmacht im Bereich des Rundfunks sich mit Meinungsmacht im Bereich der Presse verbindet. Das gilt nicht nur für überregionale Zeitungen und Zeitschriften; auch im Verbreitungsbereich regionaler und lokaler Zeitungen und Zeitschriften können solche Gefahren entstehen, zumal diese zu einem großen Teil für ihren Bereich eine Monopolstellung innehaben. Demgemäß erfordert die verfassungsrechtliche Gewährleistung freier Meinungsbildung gesetzliche Vorkehrungen auch dagegen, dass vorherrschende Meinungsmacht sich aus einer Kombination der Einflüsse in Rundfunk und Presse ergibt.“ Für das bundesweit verbreitete private Fernsehen existieren keine gesetzlichen Bestimmungen, die die wechselseitige Beteiligung von Fernsehveranstaltern und Presseunternehmen reglementieren.869 Damit unterscheidet sich die deutsche Konzentrationskontrolle von derjenigen in anderen europäischen Ländern und den USA.870 Derartige Verflechtungen spielen aber bei der Beurteilung der Stellung eines Unternehmens auf medienrelevanten verwandten Märkten im Rahmen des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV eine Rolle. 2.11.2 Beteiligungen von Presseunternehmen an Veranstaltern von bundesweitem Fernsehen Die folgende Übersicht (Tab. II-63) zeigt die Beteiligungen von Presseunternehmen an Fernsehveranstaltern. Es engagieren sich im bundesweiten privaten Fernsehen die drei auflagenstärksten Verlagsgruppen im Bereich der Publikumspresse: die Heinrich Bauer Verlag KG, die Axel Springer AG und – mit einem allerdings geringen Anteil – Hubert Burda Medien.871 Der nach der Axel Springer AG auflagenstärkste Zeitungskonzern Westdeutsche Allgemeine Zeitungs- und Verlagsgesellschaft E. Brost & Funke GmbH & Co. KG (WAZ) hält ebenfalls Veranstalterbeteiligungen.872 Der Zeitungsverlag Rheinisch-Bergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH ist über seine Mehrheitsbeteiligung an der DFA Deutsche Fernsehnachrichten Agentur an zwei informationsorientierten Programmen beteiligt;873 derselben Sparte gehören die Sender DCTP und XXP an, an denen die Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG Anteile hält. Gerade zwischen Tageszeitungen oder politischen Magazinen auf der einen Seite und Informationsspartenprogrammen auf der anderen Seite dürften Einsparungseffekte durch koordinierten Personaleinsatz und Mehr- 869 Für den regionalen und lokalen Bereich existieren hingegen explizite Cross-Ownership-Regelungen in den Mediengesetzen der Länder. Das BVerfG hat bezüglich dieses Bereichs festgestellt: „Grundsätzlich gilt für lokalen Rundfunk verfassungsrechtlich nichts anderes als für landesweiten Rundfunk: Er muss rechtlich so ausgestaltet werden, dass er imstande ist, dem verfassungsrechtlichen Ziel freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu dienen. Dieses Ziel verlangt auch im lokalen Bereich gleichgewichtige Vielfalt der Meinungen im Gesamtangebot des Sendegebiets. Dafür hat der Gesetzgeber Sorge zu tragen (vgl. BVerfGE 74, 297 (327)). Bei der Regelung muss er jedoch den Besonderheiten des lokalen Bereichs Rechnung tragen. Zu diesen gehört namentlich die häufig anzutreffende Monopolstellung der örtlichen Zeitungsverlage. Diese erfordert besondere Vorkehrungen gegen die Entstehung vorherrschender multimedialer Meinungsmacht (vgl. BVerfGE 73, 118 (177)). Wie der Gesetzgeber diese Aufgabe im einzelnen erfüllt, ist Sache seiner politischen Entscheidung.“, BVerfGE 83, 238 (324). 870 Vgl. Konzentrationsbericht der KEK 2000, S. 385 ff., zu entsprechenden Regelungen in Großbritannien und den USA siehe auch KEK, Fernsehen im Breitbandkabel – Ein Rechtsvergleich. Die Regulierung in Belgien, Großbritannien, den Niederlanden und den USA, Berlin 2003, S. 230, 244 ff. sowie S. 307 ff. Die Regelungen des Medienkonzentrationsrechts in Großbritannien und den USA standen bzw. stehen noch auf dem Prüfstand, siehe auch Kapitel III 1 und 2.m 871 Andreas Vogel, Publikumspresse – Markt und Konzentration im 1. Quartal 2002, Media Perspektiven 9/2002. 872 Vgl. Horst Röper, Zeitungsmarkt 2002: Wirtschaftliche Krise und steigende Konzentration, in: Media Perspektiven 10/2002, S. 484. 873 Die DFA hält auch Beteiligungen an diversen Ballungsraumsendern, s. o. unter Kapitel II 2. 9. 288 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Presseunternehmen Fernsehveranstalter Beteiligungshöhe Advance/Newhouse Communications Discovery Channel 24,6 % (indirekt) Bauer RTL II 31,5 % Burda RTL II 1,1 % DFA (im Mehrheitsbesitz der RheinischBergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH) CNN Deutschland 50,0 % NBC Europe 74,4 % an der United Telco Ltd., die 88,49 % an der Veranstalterin hält Spiegel-Verlag DCTP 12,5 % XXP 50,0 % Springer Sender der ProSiebenSAT.1 Media AG (SAT.1, ProSieben, Kabel 1, N24, NEUN LIVE) 41 % an zwei Zwischengesellschaften, die 26,8 % und 1,22 % an der ProSiebenSAT.1 Media AG halten (durchgerechnet 11,5 %) WAZ Sender der RTL Group (RTL, RTL II, Super RTL, VOX, n-tv) 20 % an der BW TV und Film Verwaltungs GmbH, die 37 % an der RTL Group hält Tabelle II-63: Beteiligungen von Presseunternehmen an Veranstaltern von privatem bundesweitem Fernsehen fachverwertung von Inhalten (z. B. Recherchen, Agenturzulieferungen, Korrespondenten) erzielt werden können. Die Verlagsgruppe Frankfurter Allgemeine Zeitung hält nach ihrem Ausscheiden bei der Veranstalterin von RTL II keine Beteiligungen im bundesweiten privaten Fernsehen mehr, ebenso wie die Verlagsgruppe Holtzbrinck nach der Veräußerung ihrer Anteile an der Veranstalterin von n-tv. Auch die DFA hat ihre Beteiligung an der Veranstalterin von n-tv veräußert. Eine Ausweitung der Aktivitäten des Heinrich Bauer Verlags im TV-Bereich kam bislang nicht zustande. Ursprünglich hatte der Bauer Verlag den Erwerb der Anteile der von der Kirch Media GmbH & Co. KGaA direkt gehaltenen Anteile an der ProSiebenSAT.1 Media AG beabsichtigt, sich dann aber aus einem Bieterwettstreit mit der Saban Capital Group zurückgezogen. Die Axel Springer AG ist mit durchgerechnet 11,48 % an der ProSiebenSAT.1 Media AG beteiligt. Ob diese Beteiligung langfristig beibehalten werden soll, ist derzeit noch nicht entschieden. Nach der Übernahme der Anteilsmehrheit an der ProSiebenSAT.1 Media AG durch die Saban Capital Group hat die Axel Springer AG jedenfalls einen zweiten Vertreter in den neunköpfigen Aufsichtsrat der Gruppe entsandt.874 Das kürzlich von Axel Springer Verlag AG in Axel Springer AG umbenannte Unternehmen ist – auch wenn die Bezeichnung Verlag gestrichen worden ist – in erster Linie ein Printunternehmen geblieben. Im Geschäftsjahr 2002 erzielten die Zeitungen und Zeitschriften gut drei Viertel (77 %) des Gesamtumsatzes. Nachdem im Jahr 2003 die Buchverlage verkauft worden sind, die im Jahr 2001 für sechs Prozent des Umsatzes standen, dürfte das relative Gewicht der Zeitungen und Zeitschriften noch steigen. Nur drei Prozent machte 2002 der Umsatz des Bereichs elektronische Medien aus (2001: 1 %), in dem beim Springer-Konzern Beteiligungen und Aktivitäten in den Medien Hörfunk und Fernsehen sowie in der Fernsehproduktion und im Multimediabereich zusammengefasst werden. Der derzeitige Vorstand hat die Prioritäten für die künftige Entwicklung des Konzerns neu definiert und sich weitgehend von dem über mehrere Jahrzehnte verfolgten Ziel der Diversifikation in den Rundfunkbereich gelöst. Die Absicht, die TV-Produktionsunternehmen zu ver874 Den folgenden Ausführungen zur Axel Springer AG lagen Untersuchungen des FORMATT-Instituts, Dortmund, zugrunde. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 289 äußern, ist zum Teil bereits realisiert worden.875 Zwar wurde eine Expansion im Hörfunkbereich in Aussicht gestellt (s. auch Kap. II 2.12.4), die Printmedien stellen aber aus der Sicht des Vorstandsvorsitzenden Döpfner weiterhin die Kernkompetenz des Konzerns dar. Entsprechend sollen diese Aktivitäten ausgebaut werden. Im Bereich der Tageszeitungen (Abonnementzeitungen und Kaufzeitungen zusammengefasst) ist die Axel Springer AG die mit Abstand auflagenstärkste Verlagsgruppe. Die Beteiligungen des Springer-Konzerns an Tageszeitungen zeigt Tabelle II-64. Im Bereich der Sonntagszeitungen ist die Axel Springer AG marktbeherrschend (s. Tab. II-65). Allein Bild am Sonntag (BamS) kommt auf knapp die Hälfte der für den Sonntagsmarkt ausgewiesenen Gesamtauflage (inklusive regionaler Titel). Titel1) Bild Hamburger Abendblatt B. Z. (7 × wö) Die Welt Elmshorner Nachrichten2) Berliner Morgenpost (7 × wö) Bergedorfer Zeitung2) Ostsee-Zeitung3) Leipziger Volkszeitung4) LVZ/Muldentalzeitung5) Dresdner Neueste Nachrichten6) Lübecker Nachrichten7) Naumburger Tageblatt8) Pinneberger Tageblatt9) Harburger Anzeigen und Nachrichten2) 10) Kieler Nachrichten11) Beteiligung in Prozent Verkaufte Auflage 2002 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 074,5 050,0 050,0 050,0 049,0 037,5 028,7 024,8 024,5 4.083.300 0.288.200 0.262.500 0.233.700 00.11.400 0.157.700 00.20.800 0.182.100 0.220.200 00.11.800 00.35.300 0.109.500 00.18.300 00.22.700 00.22.200 0.106.300 Gesamtauflage 5.786.000. 01)nNicht aufgeführt werden kleinere, indirekte Beteiligungen des Konzerns, z. B. am nordkurier in Neubrandenburg oder der Segeberger Zeitung. 02)nDie Bergedorfer Zeitung, die Elmshorner Nachrichten und die Harburger Anzeigen und Nachrichten gehören zur Redaktionsgemeinschaft Norddeutsche Nachrichten mit der Hauptredaktion in Hamburg. 03)nOstsee-Zeitung: Das Blatt gehört je zur Hälfte den Lübecker Nachrichten und dem Springer-Konzern. Der Konzern ist also direkt und indirekt beteiligt, durchgerechnet 74,5 %. 04)nLeipziger Volkszeitung: Der Konzern ist direkt mit 50 % beteiligt. Die andere Hälfte der Anteile gehört zur Verlagsgruppe Madsack. 05)nLVZ/Muldentalzeitung: Das einst eigenständige Blatt in Wurzen gehört inzwischen vollständig zum Verlag der Leipziger Volkszeitung. 06)nDresdner Neueste Nachrichten: Der Springer-Konzern hält die Beteiligung über den Verlag der Leipziger Volkszeitung. 07)nLübecker Nachrichten: 49 % gehören der Axel Springer AG. Eine indirekte Beteiligung über die Hanseatische Verlagsbeteiligungs AG bleibt unberücksichtigt. 08)nAm Tageblatt in Naumburg ist der Verlag der Leipziger Volkszeitung mit 75,1 % beteiligt. 09)nPinneberger Tageblatt: Der Springer-Konzern hält direkt 23,4 % und ist über die Beteiligung in Kiel an weiteren 21,6 % beteiligt. Insgesamt wird der Verlagsgruppe eine Beteiligung von 28,7 % angerechnet. Die übrigen Anteile am Pinneberger Verlag hält der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag in Flensburg. 10)nHarburger Anzeigen und Nachrichten: Der Konzern hält direkt einen Anteil von 24,8 %. Eine indirekte Beteiligung bleibt unberücksichtigt. 11)nKieler Nachrichten: Der Konzern hält direkt knapp 25 % der Anteile. Eine indirekte Beteiligung bleibt unberücksichtigt. Tabelle II-64: Beteiligungen der Axel Springer AG an Tageszeitungen 875 So wurden beispielsweise Anteile an Gemeinschaftsunternehmen mit Studio Hamburg verkauft. 290 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Titel Verbreitung Auflage Marktanteil in Prozent Bild am Sonntag, Hamburg Welt am Sonntag, Hamburg Euro am Sonntag1) B. Z. am Sonntag, Berlin national national national Berlin/Brandenburg 2.221.566 406.568 141.978 139.340 049,6 009,1 003,2 003,1 2.909.452 064,9 255.401 005,7 1.052.672 023,5 Springer gesamt Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung national Sonntag aktuell, Stuttgart Baden-Württemberg HNA-Sonntagszeit, Kassel Hessen 187.298 004,2 Morgenpost am Sonntag, Dresden Sachsen 75.158 001,7 3.025.513 070,1 4.479.981 100,0 mit nationaler Verbreitung gesamt Sonntagszeitungen gesamt Auflagen nach IVW für das 1. Quartal 2002. Die Liste ist unvollständig, da nur ein Teil der Sonntagszeitungen der IVW die jeweiligen Auflagenzahlen meldet. Es fehlen beispielsweise der „Sonntags Express“ (Region Köln) oder Sonntagsausgaben einzelner Abonnementzeitungen wie z. B. der „Lübecker Nachrichten“. 1) Der „Euro am Sonntag“ wird von der IVW als Publikumszeitschrift geführt. Tabelle II-65: Sonntagszeitungen der Axel Springer AG Marktsegment Programm Frauen Computer Auto Sport Jugend Lifestyle Titelzahl Verkaufte Auflage 04 03 02 06 14 04 04 3.660.000 2.040.000 1.700.000 1.360.000 1.050.000 0.860.000 0.450.000 Tabelle II-66: Titel der Axel Springer AG in einzelnen Marktsegmenten Auch im Bereich der Publikumszeitschriften zählt der Springer-Konzern zu den führenden Verlagshäusern. Für das letzte Quartal 2002 hat der Konzern der IVW inklusive der Verlage, an denen Beteiligungen gehalten werden, insgesamt 37 Titel gemeldet (s. Tab. II-66). Im Markt der Programmzeitschriften steht Springer mit einem Marktanteil von 19,60 % im Jahr 2002 an zweiter Stelle nach dem Bauer Verlag (s. o Kap. II 2.5, Tab. II-54). Die Akzeptanz von Programmen und einzelnen Sendungen hängt nicht nur von ihren Ankündigungen in den Programmzeitschriften ab, sondern auch von jenen in der Tagespresse. Berücksichtigt man Springers mit enormem Abstand führende Rolle bei der Tagespresse, wird im Verbund mit den TV-Zeitschriften das große Potenzial Springers deutlich.876 2.11.3 Beteiligungen von Fernsehveranstaltern an Presseunternehmen Das am weitläufigsten mit Printmedien verflochtene, auch an Fernsehveranstaltern beteiligte Unternehmen ist die Bertelsmann AG. Sie ist über ihre 74,9 %ige Beteiligung an der Gruner + Jahr AG & Co. KG im Zeitungs-, vor allem aber im Zeitschriftenmarkt stark vertreten. Eine Über876 Beobachter führen beispielsweise selbst den Erfolg des Formats „Deutschland sucht den Superstar“ (ein Quotenhit im Programm von „RTL“) auf die begleitende Berichterstattung von „Bild“ zurück. Bei den ersten Ausstrahlungen sei das Format noch nicht sonderlich erfolgreich gewesen. Erst als „Bild“ mit Geschichten über die Stars in spe für Echo auf die Sendung gesorgt habe, sei auch die Quote gestiegen. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk Verlag Beteiligungshöhe G+J Berliner Verlag, Berlin 100 % Dresdner Druck- und Verlagshaus, Dresden 060 % Financial Times Deutschland GmbH & Co. KG, Hamburg 050 % 291 Zeitung Auflage 1. Quartal 2003 (IVW) Berliner Kurier 139.561 Berliner Zeitung 192.230 Sächsische Zeitung 318.986 Morgenpost Sachsen 102.074 Financial Times Deutschland 090.433 Tabelle II-67: Beteiligungen von Gruner + Jahr an Zeitungsverlagen Quelle: Geschäftsbericht der Bertelsmann AG 2000/2001, IVW sicht geben die Tabellen II-67 und II-68. Die Beteiligungen an den Zeitungsverlagen (außer der Financial Times Deutschland) stehen allerdings zur Disposition.877 Der beabsichtigte Verkauf des Berliner Verlags an die Verlagsgruppe Holtzbrinck wurde indes vom Bundeskartellamt untersagt.878 Im Bereich der Publikumspresse stand Gruner + Jahr im Jahr 2000 mit einem Anteil von 10,12 % an der gesamten Auflage an vierter Stelle nach Bauer, Springer und Burda.879 Unternehmen der ehemaligen KirchGruppe sind nicht mehr an Presseunternehmen beteiligt. Im Zuge der Insolvenz der Kirch Beteiligungs GmbH & Co. KG wurde das bis dahin von ihr gehaltene Aktienpaket an der Axel Springer AG (40,05 %) von der Deutschen Bank ersteigert; 10,4 % der Anteile wurden an Friede Springer veräußert. Weitere nennenswerte Beteiligungen von Veranstaltern von bundesweitem Fernsehen an Presseunternehmen sind demnach zur Zeit nicht ersichtlich. 2.11.4 Cross-Promotion Die Möglichkeit, durch Cross-Promotion verschiedene Medienprodukte wechselseitig zu bewerben, versetzt diversifizierte Konzerne in die Lage, ihren publizistischen Einfluss und ihre wirtschaftliche Stärke weiter zu steigern.880 Im Jahr 2001 standen die Massenmedien in Hinblick auf ihren Bruttowerbeaufwand in den klassischen Medien unter den werbungtreibenden Branchen an erster Stelle.881 Dies ist zu einem erheblichen Teil auf Eigenwerbung im jeweiligen Medienprodukt (Trailer/ Teaser im Fernsehen, Jingles im Hörfunk, Image- und Abonnement-Anzeigen in der Presse) und Cross-Promotion (Werbung in einem anderen unternehmenszugehörigen Medienprodukt derselben oder einer anderen Mediengattung) zurückzuführen. Diese Sonderwerbestrategien fließen zwar in die Brutto-Werte mit ein, sind aber in der Regel für den Medienkonzern ausgabenneutral. Nach einer aktuellen Analyse für das Jahr 2001 bestand die im Fernsehen geschaltete Werbung für Fernsehsender zu 53 % aus Cross-Promotion (Werbung bei Sendern derselben Sendergruppierung), zu 34 % aus Eigenwerbung (Werbung beim beworbenen Sender selbst) und nur zu 13 % aus Werbung bei externen Sendern.882 Die RTL Group verwendete 80 % ihrer Bruttowerbeinvestitionen auf Eigenwerbung, die Sender der KirchGruppe setzten hingegen eher auf Cross-Promotion (65 % der Bruttowerbeausgaben).883 877 Vgl. Pressemitteilung von Gruner + Jahr vom 24. 10. 2002; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27. 06. 2002. 878 Vgl. Entscheidung des Bundeskartellamts vom 10. 12. 2002, B6-22121 – U – 98/02. 879 Vgl. Andreas Vogel, Publikumspresse – Markt und Konzentration im 1. Quartal 2002, in: Media Perspektiven 9/2002. Im 1. Quartal 2002 lag der Anteil bei 9,73 %. 880 Vgl. Insa Sjurts, Strategien in der Medienbranche, Wiesbaden 2002, S. 359. 881 Vgl. Julia Engländer, Der Werbemarkt 2001, in: Media Perspektiven 6/2002, S. 242 ff., hier S. 245. 882 Vgl. Silvia Knobloch, Werbestrategien der deutschen Medien, in: M&K 1/2003, S. 38 ff., hier S. 47. 883 Dabei entfiel mehr als die Hälfte der Brutto-Werbeaufwendungen auf Werbung für das Programm von Premiere, vgl. Silvia Knobloch, a. a. O., S. 48. 292 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Verlag Gruner + Jahr AG & Co. KG und 100 %ige Tochterunternehmen Beteiligungs- Zeitschrift höhe (Erscheinungsweise) 100 % M. C. Verlagsgesellschaft Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG National Geographic 50 % 24,75 % Manager Magazin Verlagsgesellschaft Vereinigte Motor-Verlage GmbH & Co. KG 24,9 % 15 % 50 % Auflage 1. Quartal 2003 (IVW) Art (mo.) Biografie Börse online (wö.) Brigitte (14 t.) Brigitte Young Miss (mo.) Capital (14 t.) Eltern (mo.) Eltern for family (mo.) Essen & trinken (mo.) Flora Garten (mo.) Frau im Spiegel (wö.) Gala (wö.) Geo (mo.) Geolino (mo.) Geo Epoche, Saison, Saison für Genießer, Spezial, Wissen Häuser (6x j.) Impulse (mo.) Living at home (mo.) Neues Wohnen (mo.) PM (mo.) PM Logik Trainer, IntelligenzTrainer, History, Kreativ-Trainer, Fragen & Antworten, Perspektive 00.71.952 000000..– 0.133.063 0.874.405 0.162.532 0.221.570 0.377.348 0.147.971 0.249.539 0.194.600 0.460.350 0.344.567 0.505.975 0.223.489 000000..– Schöner essen (mo.) Schöner wohnen (mo.) Schöner Wohnen Decoration (6x j.) Stern (wö.) Tip, Berlin (14 t.) TV Today (14 t.) Woman Marie Claire (mo.) Der Spiegel (wö.) 0.132.917 0.316.329 00.87.500 1.141.293 00.70.450 0.854.873 000000..– 0.154.589 1.123.803 National Geographic Deutschland (mo.) Manager Magazin (mo.) auto motor und sport etc. 0.292.598 00.42.959 0.140.618 0.201.734 0.105.185 0.414.079 000000..– 0.120.257 000000..– Tabelle II-68: Beteiligungen von Gruner + Jahr an Zeitschriftenverlagen Quelle: Unternehmensangaben unter http://www.guj.de, 25. 02. 2003, Geschäftsbericht der Bertelsmann AG 2002, IVW Quartalszahlen Werbung für TV-Programme wird darüber hinaus in Produkten anderer Mediengattungen geschaltet. Während die KirchGruppe weniger Gewicht auf Werbung in den Printmedien legte (15 % der Bruttowerbeausgaben für Zeitschriften, 10 % für Zeitungen), investierte die RTL Group 40 % ihrer Aufwendungen in Zeitschriften- und 14 % in Zeitungswerbung.884 Dies legt den Schluss nahe, dass die stark diversifizierte RTL Group in größerem Umfang von ihrer Möglichkeit 884 Vgl. Silvia Knobloch, a. a. O., S. 47. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 293 der mediengattungsübergreifenden Cross-Promotion in Printmedien Gebrauch gemacht hat. Die KEK hat mehrfach festgestellt, dass in der Bundesrepublik Deutschland der BertelsmannKonzern das mit Abstand finanziell stärkste, in allen Medienbereichen maßgeblich vertretene und zur Nutzung möglicher Querverbindungen am ehesten befähigte Medienunternehmen ist (siehe Kapitel II 1.2.1 Bertelsmann AG/RTL Group).885 2.11.5 Fazit Die auflagenstärksten Verlagsgruppen im Bereich der Publikumspresse und/oder der Tageszeitungen (Springer, Bauer, Burda, WAZ) sind jeweils auch an Veranstaltern von bundesweitem privatem Fernsehen beteiligt. In diesem Bereich wurden jedoch auch unternehmerische Verflechtungen gelöst: So ist z. B. kein Fernsehveranstalter mehr an der Axel Springer AG beteiligt; die Verlagsgruppe Holtzbrinck hat ihre Beteiligung an der Veranstalterin von n-tv veräußert. Die stärksten diagonalen Verflechtungen zum Zeitschriften- und Zeitungsmarkt weist die RTL Group über die Beteiligung ihrer Konzernspitze, der Bertelsmann AG, an der Gruner + Jahr AG & Co. KG auf. Das Unternehmen beabsichtigt allerdings, sich von verschiedenen Zeitungsbeteiligungen zu trennen. Diagonale Verbindungen von Fernsehen und Presse sind kritisch zu beobachten, da sie die Möglichkeit zur Steigerung des Einflusses auf die Meinungsbildung durch multimediale Meinungsmacht und Cross-Promotion bieten. 886 2.12 Hörfunk 2.12.1 Die Angebots- und Anbieterstruktur im privaten Hörfunk Der Hörfunkmarkt in Deutschland folgt im Wesentlichen der föderalen Gliederung. Bundesweite Angebote sind sowohl im öffentlich-rechtlichen als auch im privaten Teilsystem die Ausnahme und spielen insgesamt im Markt nur eine untergeordnete Rolle. In einzelnen Ländern sind lokale Programme von Gewicht. Diese Organisation des Hörfunks hat zur Folge, dass heute eine Vielzahl von Anbietern im privaten Teilmarkt engagiert ist. Im Folgenden wird diese Anbieterstruktur näher beschrieben und analysiert. Von erheblicher Bedeutung für die Marktanteile von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern ist die Anzahl der jeweiligen Programme in den einzelnen relevanten Teilmärkten. Während die großen Landesrundfunkanstalten heute zwischen fünf und acht Programmen anbieten und selbst die kleinen Anstalten Radio Bremen und Saarländischer Rundfunk noch drei bzw. vier Programme veranstalten, haben die Landesmedienanstalten für die einzelnen Bundesländer eine sehr unterschiedliche Zahl von privaten Angeboten lizenziert: z. B. in Bremen nur ein Programm; in Hamburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt je vier; in Berlin und Brandenburg zusammen elf. Hinzu kommen mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen aus den jeweiligen Nachbarländern einstrahlende Programme. Der Marktanteil des Privatfunks auf Basis der regionalen Hördauer schwankt in den einzelnen Bundesländern entsprechend stark. Den geringsten Marktanteil erreicht der Privatfunk mit 22,5 Prozent in Bremen, den größten in Berlin (63,4 %) und in Brandenburg (59,8 %). Wie stark neben der Anzahl der Programme auch die Akzeptanz einzelner Programme den Marktanteil des Privatfunks prägt, zeigt sich bei einem Vergleich der in Schleswig-Holstein 885 Zuletzt Beschluss der KEK vom 13. 05. 2003 i. S. RTL, Az.: KEK 158, III 3.2.6.2. 886 Diesem Abschnitt liegt ein Gutachten zugrunde, das das FORMATT-Institut, Dortmund, im Auftrag der KEK erstellt hat. 294 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten (Marktanteil des Privatfunks 50 %) und Niedersachsen (35,9 %) zugelassenen Programme. Während die drei in Schleswig-Holstein lizenzierten Programme zusammen einen Marktanteil von knapp 40 Prozent erreichen, kommen die drei Sender in Hamburg nur auf knapp 30 Prozent. Tabelle II-69 gibt einen Überblick über das Verhältnis von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern in den einzelnen Bundesländern. Bei den Marktanteilen des Privatfunks ist zu berücksichtigen, dass sich die privaten Sender auf die Altersgruppe bis 50 Jahre konzentrieren, da diese Altersgruppe für die werbende Wirtschaft besondere Relevanz hat. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten versuchen hingegen, die Gesamtbevölkerung zu erreichen. Der größere Marktanteil der öffentlich-rechtlichen Sender gegenüber dem Privatfunk ist auch auf diese unterschiedliche Ausrichtung zurückzuführen. Nach dem Aufbau des Privatfunks ab Mitte der 80er Jahre, seines Ausbaus und der Reaktion der öffentlich-rechtlichen Anstalten mit der Neuausrichtung einzelner Programme in den 90er Jahren hatte sich im Jahr 2000 eine Parität der beiden Teilsysteme mit dem exakt gleichen Marktanteil ergeben. In den letzten Jahren haben die öffentlich-rechtlichen Sender wieder einen Vorsprung gegenüber dem Privatfunk aufgebaut (vgl. Tab. II-70). Der Privatfunk hat sich bei den Angebotsstrukturen im Wesentlichen so entwickelt wie der öffentlich-rechtliche Hörfunk: mit einem deutlichen Übergewicht der landesweiten Programme. Sie stehen entsprechend im Folgenden im Fokus. Bundesland Radio gesamt Schleswig-Holstein Hamburg Niedersachsen Bremen Mecklenburg-Vorpommern Hessen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Sachsen-Anhalt Thüringen Sachsen 228 183 220 204 224 187 185 196 205 185 194 194 219 216 227 222 Hördauer in Min. ARD gesamt Private gesamt 115 091 142 158 112 096 118 099 115 102 094 072 090 100 127 115 114 093 079 046 116 092 069 099 092 082 100 123 131 117 108 110 Marktanteil in Prozent ARD gesamt Private gesamt 50,4 49,7 64,5 77,5 50,0 51,3 63,8 50,5 56,1 55,1 48,5 37,1 41,1 46,3 55,9 51,8 50,0 50,8 35,9 22,5 51,8 49,2 37,3 50,5 44,9 44,3 51,5 63,4 59,8 54,2 47,6 49,5 Zu den Kategorien Hörer gestern, Hördauer und Marktanteil siehe die Anmerkungen unten im Kap. II 2.12. 2. Tabelle II-69: Private und öffentlich-rechtliche Sender nach Bundesländern (Hördauer und Marktanteil) 2000 2001 2002 2003 Hörer gestern in Mio. ARD Private Hördauer in Min. ARD Private 31,732 32,414 32,855 33,037 106 106 108 109 29,108 28,620 28,838 28,379 106 101 097 092 Marktanteil in Prozent ARD Private 50,7 51,7 52,9 54,8 50,7 49,3 47,5 46,2 AG.MA, Mo. bis So. Eine Darstellung früherer Hörerzahlen scheint wenig geeignet, da für die MA im Jahr 2000 ein Wechsel der Erhebungsmethode vorgenommen worden ist; Erläuterungen zu Hörer gestern, Hördauer und Marktanteil siehe unten im Kap. II 2.12. 2. Tabelle II-70: Private und öffentlich-rechtliche Sender gesamt (Hörer gestern, Hördauer und Marktanteil) 232 173 144 delta radio alster radio Energy Hamburg 168 345 340 Rockland Radio Radio Salü big.fm 268 Radio TON 726 236 98 8 Kiss FM 76 600 94.3 r.s.2 87,9 Star FM 104.6 RTL 2.450 915 Regenbogen Antenne Bayern 612 Radio 7 1.062 705 RPR Zwei Antenne 1 1.171 316 planet radio RPR Eins 1.924 Hit Radio FFH 123 3.910 Radio Wir von hier radio NRW 187 1.273 Hit-Radio Antenne Radio21 1.437 571 radio ffn Radio Hamburg 97 245 Radio NORA Oldie 95.0 943 R.SH insgesamt 0 – – – – – – – – – – – – – – – 0 – – 8 20 161 22 36 37 129 182 738 SH 1 0 – – – – – – – – – – – – – – – – – 17 36 275 61 98 106 49 47 99 HH 0 0 – – 2 – – – 1 – – – – 0 0 17 2 61 182 1.029 1.125 119 13 8 23 37 8 57 Nds 2 1 2 0 0 0 1 – – – – – – – – – – – – – – – 0 0 61 0 29 46 HB 3 2 – – 3 – 1 – 1 – – 0 149 178 0 59 3.863 – 0 130 150 2 – 0 – – – 2 NRW 3 – – – – – 0 – 0 – – – 68 – 42 – 12 5 – 22 85 97 272 1.531 11 – – 16 Hes – – – 1 – – – – – – – – – – – 6 – 151 – 18 29 36 138 379 785 29 172 15 RP – 1 – – – – – – 0 – – – – – – – – – – – 5 – – – 309 1 23 30 Sl – – – 1 1 – 0 – – – 1 1 – – – – 99 252 696 504 996 293 – 5 70 80 0 37 BW – – – – 1 – – – – – – – – – – – 2.230 16 13 106 34 13 – – – – 13 77 Bay – – 2 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 181 360 56 370 Ber 0 – – – 1 – – – – – 1 – – – – – 1 0 – – 0 – – – 50 358 20 229 Bra – 2 – – 4 – – – – – – – – 1 – – – – – 2 9 7 – – 7 17 7 44 MV – – 1 0 – – – – – – 2 – – – 2 – – – – – – – – – 2 – – 13 Sn 4 – – – – – – – 2 – 1 – – 2 – – – – 1 – – 1 1 – – 0 4 43 SAn – – 3 0 – – – – – – – – – – – – 24 – 1 – – – – – – – 0 28 Thü Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 295 257 342 291 1.106 Ostseewelle Hit-Radio Brocken Projekt 89.0 Radio SAW 295 474 R.SA (zuvor oldie.fm) Sachsen Funkpaket 434 416 773 sunshine live Radio Melodie RTL Radio – – – – – – 1.853 1.087 11 6 14 55 6 – – – – – – – – – – 0 4 12 SH 9 – – 0 – – 0 – – – – – 0 3 – 0 – – – – 973 586 9 4 2 44 HH – – – – 0 1 5.141 2.461 39 24 37 50 30 0 1 – – – – – – 18 93 22 – 27 Nds 4 4 2 5 3 – – – – – – – – 0 1 – 0 0 – – – – – – 412 137 HB 10.413 9.774 166 69 41 79 43 – 1 1 – – – – – 3 5 – – – – – – – 1 – NRW – 0 0 – – – 0 – – 3.526 3.429 67 26 22 32 16 1 33 0 – 0 0 – – 0 11 Hes 7 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 2.494 2.413 54 18 39 18 RP 8 4 4 1 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 679 641 69 Sl – 0 – 0 1 0 – – 0 – – 1 1 – – – – – – 5.945 5.709 97 54 121 63 21 BW – – 6 – – 0 – – – – – – – – – – 7.384 7.296 72 119 42 144 22 25 58 13 Bay 2.060 1.968 71 8 2 121 8 – 4 2 – 5 – – – 0 – 2 1 1 133 46 164 211 248 78 Ber 1,893 1.832 45 7 18 30 13 – – 70 18 5 28 14 – 10 – 12 10 27 69 2 56 197 129 596 Bra 1.279 872 16 10 30 7 1 0 1 0 – – 0 – – – – 0 240 595 – – – 1 – 10 MV Tabelle II-71: Hörer gestern der privaten Programme – nach Bundesländern; Angaben in 1.000 Quelle: MA 2003 I; Hörer gestern netto; durchschn. Stunde 6:00 bis 18:00 Uhr, Mo. bis. Sa., „–“ = keine Hörer, „0“ = gerundet kleiner als 1.000 51.011 690 Klassik Radio gesamt 227 Jam FM 28.379 413 Landeswelle Thür. Alle privaten 713 Antenne Thüringen 1.184 474 Hit-Radio Ant. Sn. Radio PSR 312 Energy Sachsen 83 665 Antenne MV Rockland Sachs.-A. 202 219 Hundert,6 Spreeradio 105,5 411 Energy 103,4 Berlin 48 378 Berliner Rundfunk Jazz Radio 101,9 715 BB Radio insgesamt 3.260 3.066 21 31 33 31 30 13 27 986 435 268 397 271 6 67 8 5 3 – – – – – – 22 Sn – – – – – 1 – 7 1.917 1.708 15 17 13 6 3 13 12 56 13 1 34 20 76 762 1 293 SAn 8 – – – – – 0 – – 1.785 1.706 17 1 13 1 5 361 579 54 8 1 9 6 0 84 73 Thü 296 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten 0 1 1 3 2 2 1 7 1 0 2 0 Rockland Radio Radio Salü big.fm Antenne 1 Radio 7 Regenbogen Radio TON Antenne Bayern 104.6 RTL 87,9 Star FM 94.3 r.s.2 98 8 Kiss FM 0 Radio Wir von hier 2 1 Radio21 3 3 Hit-Radio Antenne RPR Zwei 3 radio ffn RPR Eins 2 Radio Hamburg 1 0 Oldie 95.0 planet radio 0 Energy Hamburg 6 0 alster radio 11 0 delta radio Radio FFH 1 Radio NORA radio NRW 3 R.SH hochgerechnet auf die bundesweite Hördauer 0 – – – – – – – – – – – – – 0 – 0 0 – 0 1 13 3 2 2 7 14 69 SH 0 0 – – – – – – – – – – – – 0 – – – – 1 3 41 4 8 11 4 5 13 HH 0 0 – – 0 – – – 0 – – – – 0 0 0 0 1 7 29 28 3 0 0 0 1 0 1 Nds 0 0 0 0 0 0 0 – – – – – – – – – – – – – – 0 0 0 18 0 9 14 HB 0 0 – – 0 – 0 – 0 – – 0 2 2 0 1 53 – 0 1 1 0 – 0 – – – 0 NRW – 0 – – – 1 – 1 – 0 – – 1 3 3 8 68 0 – – 0 0 – – – – – 0 Hes 0 – – – 0 – – – – – – – – – – – 0 – 6 – 1 1 2 7 21 46 2 10 RP 0 4 5 – 0 – – – – – – 0 – – – – – – – – – – – 1 – – – 69 Sl 5 – 0 1 2 0 0 – – – 0 0 – 0 – – – 0 0 – – – – 2 5 14 11 24 BW – – – – – – – – – – – 43 0 0 1 1 0 – – – – 0 1 – – – – 0 Bay – – 0 – 0 – – – – – – – – – – – 0 – – – – – – – 9 26 3 22 Ber 0 – – – 0 – – – – – 0 – – – – – 0 0 – – 0 – – – 2 28 1 17 Bra MV – 0 – – 0 – – – – – – – – 0 – – – – – 0 1 0 – – 0 2 0 3 Sn – 0 – – 0 – – 0 0 – – – – – – 0 – – – 0 – – – – – – – – – 0 – 0 – – 0 – – – – 0 – – 0 0 – – 0 2 1 1 – – – – – – SAn – – – – 1 – 0 – – – – – – – 0 3 – – 0 0 – – – – – – – – Thü Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 297 1 1 1 3 0 1 2 1 1 3 2 1 1 1 1 1 2 Ostseewelle Hit-Radio Brocken Projekt 89.0 Radio SAW Rockland Sachs.-A. Energy Sachsen Hit-Radio Ant. Sn. Sachsen Funkpaket R.SA (zuvor oldie.fm) Radio PSR Antenne Thüringen Landeswelle Thür. Jam FM Klassik Radio sunshine live Radio Melodie RTL Radio 1 0 1 3 1 – – – – – – – – – – 0 0 1 – – – – – – 29 114 142 SH 1 0 0 5 1 – – 0 – – 0 – – – – – 0 0 – 0 – – – 0 20 93 112 HH 48 79 125 1 0 1 1 0 0 0 – – – – – – 4 2 0 – 0 – – – – 0 – Nds 1 1 1 1 0 – – – – – – – – 0 0 – 0 0 – – – – – – 100 46 142 HB 107 69 171 2 1 0 1 1 – 0 0 – – – – – 0 0 – – – – – – – – 0 NRW – – 89 92 179 2 1 1 1 0 0 3 0 0 – 0 – – 0 0 – 0 0 – – – 0 Hes 3 1 1 1 0 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 93 99 188 RP 1 0 0 0 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 93 99 193 12 Sl 2 1 2 1 0 – 0 – 0 0 0 – – 0 – – 0 0 – – – – – – 97 82 176 BW – – – – – – – – – – 93 100 188 1 2 0 2 0 0 1 0 – – 0 – – 0 Bay Tabelle II-72: Hördauer der privaten Programme – nach Bundesländern; Angaben in Minuten Quelle: MA 2003 I; durchschn. Stunde 6:00 bis 18:00 Uhr, Mo. bis Sa., „–“ = keine Hörer, „0“ = gerundet kleiner als 1 92 2 Antenne MV – davon öff.-rechtl. 1 Spreeradio 105,5 85 0 Jazz Radio 101,9 174 1 Hundert,6 – davon privat 1 Energy 103,4 Berlin Werbefunk ges. 2 1 BB Radio Berliner Rundfunk hochgerechnet auf die bundesweite Hördauer 63 123 182 4 0 0 6 1 – 0 0 – 1 – – – 0 – 0 0 0 9 2 9 10 5 17 Ber 84 131 208 3 1 1 2 1 – – 4 0 – 3 1 – 1 – 0 0 2 5 0 5 12 50 8 Bra – – – 0 1 – 29 116 143 1 1 4 1 0 – 0 – – – – – – – – 0 23 79 MV 9 0 2 0 0 0 – – – – – 1 – 100 110 206 1 1 1 1 1 0 1 46 10 17 21 Sn 65 117 179 2 1 1 0 0 1 1 4 1 1 3 1 5 71 5 21 – – – – – 0 1 – SAn 108 115 213 2 1 1 0 4 29 61 3 1 1 1 1 0 4 6 1 – – – – – 0 – – Thü 298 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 2.12.2 299 Bedeutende Eigner von landes- und bundesweiten Sendern Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit den Angebots- und Anbieterstrukturen des privatkommerziellen Hörfunks in Deutschland. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen zur ökonomischen Konzentration, nicht die Inhalte der Programme. Die Angebotsstruktur des Hörfunks folgt im Wesentlichen der föderalen Gliederung. Marktdominant sind landesweite Sender. Nur in Bayern und Nordrhein-Westfalen spielt der Lokalfunk eine herausragende Rolle. Bundesweite Sender haben dagegen im Gesamtmarkt nur eine begrenzte Bedeutung. Bei der Differenzierung nach lokalen, landes- und bundesweiten Sendern steht die Reichweite der einzelnen Programme im Hörermarkt im Vordergrund. Daher werden nur vier private Programme als bundesweit charakterisiert, nämlich jene, die nach der MA 2003/I in allen oder zumindest fast allen Bundesländern Hörer aufweisen. Ginge es nach dem Kriterium der technischen Reichweite, also der theoretischen Möglichkeit, dass eine Person oder ein Haushalt aufgrund der geografischen Lage im Verbreitungsgebiet das Programm empfangen könnte, müssten deutlich mehr Sender als bundesweite Anbieter qualifiziert werden, weil ihre Programme über Satelliten oder über Kabel großflächig verbreitet werden. Entscheidend für die Marktverhältnisse beim Hörfunk ist aber nach wie vor allein die terrestrische Ausstrahlung über UKW. Weder die Mittelwelle (analog oder digital) noch die DAB-Technologie haben sich bisher durchsetzen können. Die wenigen Programme, die ausschließlich über Mittelwelle bzw. DAB ausgestrahlt werden, bleiben wegen fehlender Marktrelevanz in dieser Untersuchung unberücksichtigt. Da insbesondere bei den Erstlizenzierungen in den einzelnen Ländern bei den nötigen Auswahlentscheidungen unter oft zahlreichen Interessenten eine Vielzahl von Anteilseignern bei den einzelnen Antragstellern als Selektionskriterium einen hohen Stellenwert hatte, sind Konsortien lizenziert worden, bei denen zunächst in der Regel kein Einzelunternehmen dominant war. Dabei wird nicht verkannt, dass in einigen Fällen die sog. Binnenpluralität, dargestellt über eine häufig beeindruckende Anzahl von Anteilseignern, nur eine scheinbare war, da sich einzelne Unternehmen über eine Vielzahl von Tochterunternehmen beteiligten und die Einflussmöglichkeiten auf der Ebene der Mutterunternehmen kumuliert deutlich größer waren als beim oberflächlichen Blick auf die jeweils kleinen Kapitalanteile. Bei fast allen Sendern hat es inzwischen – in der Regel zahlreiche – Veränderungen im Kreis der Anteilseigner gegeben, wobei meistens kleine Eigner ihre Beteiligungen an größere Eigner veräußert haben. Über derartige Zukäufe haben einzelne Unternehmensgruppen und Konzerne inzwischen bei einzelnen Sendern erhebliche Anteile aufgebaut. In der Summe ist die damit verbundene Konzentration aber immer noch viel geringer als etwa in der Fernseh- oder der Zeitschriftenbranche. Relevant für die horizontale Konzentration im Hörfunk war der Strategiewechsel bei einzelnen Landesmedienanstalten in den weiteren Lizenzierungsrunden. Bei den Zulassungen von weiteren Landessendern ist vielfach das bis dahin vorherrschende Vielfaltpostulat – operationalisiert über Konsortiumsstrukturen – aus wirtschaftlichen Gründen nachrangig geworden. Erstrangig ging es darum, die Wirtschaftlichkeit zusätzlicher Sender abzusichern. Dabei wurden Verflechtungen mit anderen Sendern in Kauf genommen, um scharfen Wettbewerb, u. U. gar Verdrängungswettbewerb, zu vermeiden. Exemplarisch sei für diese Entwicklung auf die Vergabe der zweiten Sendelizenz in Rheinland-Pfalz verwiesen, die an den Lizenznehmer des ersten zugelassenen Programms ging („RPR Eins“ und „RPR Zwei“). In anderen Fällen wurden Lizenznehmer aus der ersten Lizenzierungsphase auch wegen ihrer Erfahrungen als Teilhaber bei weiteren Sendern akzeptiert. Diese Beteiligungspolitik hat zu einer Verflechtungsstruktur bei den Hörfunkanbietern geführt, die nur mit Mühen überschaubar ist. So hält beispielsweise einer der ersten lizenzierten Anbieter, die Radio Schleswig-Holstein GmbH & Co. KG, über ein Schwester- 300 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten unternehmen zahlreiche Beteiligungen an landesweiten Sendern auch außerhalb von Norddeutschland. Im Folgenden wird der Versuch unternommen, diese komplexe Beteiligungsstruktur transparent zu machen und dabei jene Unternehmen in den Vordergrund zu rücken, die mit Veranstaltern von bundesweitem privaten Fernsehen verflochten sind und im Sinne der horizontalen Konzentration über Mehrfachbeteiligungen heute zu den wichtigsten Unternehmen im privaten Hörfunk zählen. Nicht zuletzt aus Gründen der Übersichtlichkeit bleibt diese Darstellung auf die bundes- und landesweiten Sender mit kommerziellem Interesse beschränkt. Die sog. Bereichssender in Baden-Württemberg werden dabei wie landesweite Sender behandelt. Die insbesondere in Bayern und in Nordrhein-Westfalen zahlreich angebotenen Lokalsender werden jedoch nicht berücksichtigt. Die beiden Rahmenprogrammanbieter in Nordrhein-Westfalen und Bayern, die nrw Radio GmbH und die BLR Dienstleistungsgesellschaft für Bayerische Lokal-Radioprogramme mbH & Co. KG, werden nicht zuletzt wegen ihrer großen Bedeutung im Markt berücksichtigt. Die Reihenfolge der Präsentation der relevantesten Unternehmen im Hörfunk entspricht keiner Rangfolge.887 Zunächst werden Hörfunkbeteiligungen von Unternehmen dargestellt, die auch im nationalen Fernsehmarkt engagiert bzw. mit Fernsehveranstaltern verflochten sind (Abschnitt II 2.12.2.1 bis 2.12.2.5). Anschließend werden Unternehmen ausgewiesen, die über mehrere Beteiligungen im Hörfunkmarkt verfügen, ohne im nationalen Fernsehmarkt engagiert zu sein (Abschnitt II 2.12.2.6 bis 2.12.2.11). Die in den tabellarischen Übersichten zu einigen Hörfunkunternehmen vorgenommenen Summenbildungen fassen zunächst direkte Beteiligungen in Höhe von mindestens 25 Prozent sowie indirekte Beteiligungen zusammen, wenn das beschriebene Unternehmen an dem Hörfunkeigner einen Kapitalanteil von mindestens 50 Prozent hält. Die Summenbildung dient ausschließlich dazu, einen vorläufigen Überblick über die Größenordnung von Beteiligungen im Hörfunkmarkt zu geben. Ergänzend sind die weiteren Beteiligungen angegeben. Neben etwaigen Zurechnungsfragen stellt die Bemessung der Konzentration anhand von Nutzungsdaten ein zweites Problem dar. Die wichtigste Quelle über Nutzungsdaten von Hörfunkprogrammen ist die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse, kurz AG.MA, deren Daten insbesondere die Werbeagenturen für ihre Schaltplanungen und die Sender für ihre Programmentscheidungen nutzen. Anders als die GfK-Werte für das Fernsehen werden die Daten zur Hörfunknutzung aber nicht kontinuierlich erhoben, sondern jährlich in zwei Wellen. Die Ergebnisse werden den Kunden der AG.MA zur Verfügung gestellt. An der AG.MA beteiligen sich fast alle landes- und bundesweiten Sender.888 Die Untersuchungen sind sehr aufwändig, da wegen der regionalen Gliederung des Hörfunks für solide Daten eine hohe Fallzahl angesetzt werden muss. Derzeitig umfasst die Basis der Untersuchung mehr als 60.000 Fälle. Für die Auswertung des Materials sind im Laufe der Zeit mehrere Konventionen entwickelt worden, z. B. das Splitting nach Altersgruppen889 und nach Nutzungsintensität (Verweildauer, Hördauer). Auf der Basis der AG.MA-Daten werden von einzelnen Sendern oder Sendergruppen 887 Die Angaben zu den Eignern von Hörfunksendern und ihren jeweiligen Beteiligungshöhen entsprechen dem Stand von Ende März 2003. In Einzelfällen sind – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – Aktualisierungen bis zum 31. 07. 2003 vorgenommen worden. 888 Für lokale Programme werden gesonderte Erhebungen durchgeführt, die sich am AG.MA-Standard orientieren. 889 Berücksichtigt werden in der AG.MA alle Personen ab 14 Jahren. Anders als anhand der GfK-Werte zum Fernsehen, können mit den AG.MA-Daten entsprechend keine Aussagen zur Radionutzung von Kindern gemacht werden. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 301 bzw. deren Werbekombis weitere Werte berechnet, wie etwa der „Marktanteil“, der auf den Daten zur Hördauer basiert, oder die „Reichweite“, die auf den Daten zum Kriterium „Hörer gestern“ beruht. Die Hörfunknutzung wird – anders als bei den minutengenauen Messungen für das Fernsehen – mit der relativ groben Einteilung nach Viertelstunden bei den Probanten ermittelt. Die Hochrechnungen zur Hördauer in Minuten sind dadurch ungenau, implizieren Verzerrungen. Diese werden beim Vergleich von Teilmengen mit der Gesamtzahl deutlich. Nach den Ergebnissen der ersten Untersuchungswelle der AG.MA für 2003 lag die Hördauer durchschnittlich bei 199 Minuten pro Tag. Addiert man die Angaben für die drei Teilmengen ARD gesamt (109 Minuten), Private gesamt (92 Minuten) und sonstige Sender (3 Minuten),890 ergibt sich ein Wert von 204 Minuten.m Die Angaben zur Kategorie „Reichweite“, basierend auf der Hörerzahl, sind genauer. Bei der Bildung von Sendergruppen und der Feststellung ihrer gesamten Reichweite ergeben sich freilich gleichfalls Probleme, da einzelne Hörer mehrere Programme gehört haben können und entsprechend mehrfach berücksichtigt werden. Bei Nutzung der Rohdaten der AG.MA lassen sich solche Fehler vermeiden, nicht aber auf der Basis der veröffentlichten Datenzusammenstellungen. Die Fehlerquelle ist insbesondere bei Addition von räumlich benachbarten Sendern relevant, deren Hörerschaft sich überschneiden kann. Bei räumlich getrennten Sendern ist die Fehlerquelle marginal. Im Gegensatz zur „Netto-Reichweite“, bei der jeder Hörer nur einmal berücksichtigt wird, können bei Verzicht auf die Rohdaten nur Angaben zur „Brutto-Reichweite“ gemacht werden. Für diese Studie bestand nur Zugang zu den veröffentlichten Daten. Am Ende des Abschnitts II 2.12.2 wird ein Gesamtüberblick über die wichtigsten Eigner (Anteil mindestens 10 Prozent) der bundes- und landesweiten Sender gegeben (s. Tab. II-84). 2.12.2.1 RTL Group Nach der Übernahme der in der Summe gewichtigen Hörfunkbeteiligungen des HoltzbrinckKonzerns, der bis dahin selbst zu den bedeutendsten Hörfunkeignern zählte, durch die RTL Group ist diese das mit Abstand führende Unternehmen im privaten Hörfunk. Bei dieser herausragenden Positionierung sind Parallelen zu einer Zeit vor der Zulassung des Privatfunks in Deutschland gegeben, als die Vorläuferorganisation der RTL Group, die CLT, das einzige private Hörfunkprogramm für Deutschland anbot. Die RTL Group veranstaltet als einer der wenigen Anbieter auch heute noch ein bundesweit ausgestrahltes Programm. „RTL Radio – Die besten Hits mit Gefühl“ (zuvor „RTL Radio – Die größten Oldies“) kann durchaus in der Tradition des früheren Programms aus den 70er Jahren gesehen werden, das damals mit dem Etikett „Die fröhlichen Wellen“ beworben wurde. Bundesweit kommt „RTL Radio“ auf eine Hördauer von zwei Minuten und liegt damit doppelt so hoch wie die übrigen vier bundesweit verbreiteten Programme (vgl. Tab. II-72). „RTL Radio“ ist dabei das einzige Programm, das in allen Bundesländern von der AG.MA mit einer Hördauer von zumindest einer Minute ausgewiesen wird. Mit zwölf Minuten erreicht das Programm seinen höchsten Wert im Saarland, in der Nachbarschaft zu Luxemburg. Auch das gleichfalls in Berlin ansässige Regionalprogramm „104.6 RTL“ gehört der RTL Group vollständig. „104.6 RTL“ liegt mit einer Hördauer von 22 Minuten im wettbewerbsintensiven Berliner Markt auf Rang zwei der Privatprogramme und kommt in Brandenburg auf 17 Minuten Hördauer.n 890 Unter den sonstigen Sendern werden beispielsweise ausländische Sender und Militärsender sowie offene Kanäle zusammengefasst. 302 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Direkte Mehrheitsbeteiligungen besitzt die RTL Group ansonsten nicht, sehr wohl aber mehrere qualifizierte Beteiligungen an landesweiten Sendern. Den höchsten Anteil hält die RTL Group mit 48,9 Prozent, also knapp unter einer Mehrheitsbeteiligung, an „Hit-Radio Antenne Sachsen“. Darüber hinaus besteht noch eine indirekte Beteiligung. Mit einer Hördauer von 21 Minuten ist der Sender in Sachsen zweitgrößter Anbieter (nach „Radio PSR“) und kommt in den Nachbarländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt auf eine Hördauer von jeweils drei Minuten sowie in Thüringen auf eine Minute. Seine Akzeptanz außerhalb von Sachsen ist also begrenzt. Mit 40 Prozent an der GmbH und mit 30 Prozent an der KG ist die RTL Group auch bei „BB Radio“ in Berlin und Brandenburg größter Eigner. Eine Beherrschung des Senders dürfte aber u. a. deshalb nicht gegeben sein, weil der Burda-Konzern über ähnlich große Beteiligungen verfügt und zudem auch beim dritten Großeigner, Studio Gong, engagiert ist, also auch über eine indirekte Beteiligung verfügt (vgl. Kap. II 2.12.2.3). „BB Radio“ ist in Brandenburg mit einer Hördauer von 50 Minuten mit deutlichem Abstand Marktführer. In Berlin (5 Minuten) und den anderen neuen Bundesländern ist die Hördauer aber gering. Eine starke Position hat die RTL Group als größter Eigner mit direkt gehaltenen 27 Prozent auch beim „Hit-Radio Antenne“. Hinzu kommen weitere 9 Prozent, die von der RB Rundfunk Beteiligung GmbH mit gesamt 18-Prozent-Anteil gehalten werden, an der die RTL Group mit 50 Prozent beteiligt ist. Nach den jüngsten MA-Daten liegt „Hit-Radio Antenne“ im Stammland mit einer Hördauer von 29 Minuten knapp vor dem erst lizenzierten Programm „radio ffn“ (28 Minuten). Beide Sender werden auch in Bremen häufig gehört (9 bzw. 14 Minuten), in den anderen Nachbarländern ist die Hördauer von „Hit-Radio Antenne“ aber eher gering (Hamburg und Nordrhein-Westfalen je 1 Minute, Thüringen 2 Minuten). Der Sender besitzt zudem eine Beteiligung in Höhe von 20 Prozent am dritten niedersächsischen Programm, an „Radio21“. „Radio21“ wird in Niedersachsen sieben Minuten lang gehört und erreicht selbst in den Nachbarländern nur noch Werte von unterhalb einer Minute. Bei dem Sender „Berliner Rundfunk 91!4“ hält die RTL Group wie zwei andere Gesellschafter einen Anteil von 30 Prozent. Das Programm liegt mit einer Hördauer von 17 Minuten in Berlin auf Rang drei unter den privaten Sendern, kommt in Brandenburg auf acht Minuten und damit bundesweit auf eine Minute. Nach der Übernahme der Holtzbrinck-Beteiligungen ist die RTL Group damit an drei Berliner Programmen beteiligt, und zwar jeweils mit erheblichen Anteilen: am „Berliner Rundfunk 91!4“, an „BB Radio“ und an „104.6 RTL“ (vollständig). Hinzu kommt das bundesweite Programm „RTL Radio“, das gleichfalls seinen Sitz in Berlin hat. Das Bundeskartellamt hat die RTL Group wegen dieser Mehrfachbeteiligungen aufgefordert, sich von einem Beteiligungsunternehmen in Berlin zu trennen. Zwischenzeitlich hat die RTL Group die Beteiligung am „Berliner Rundfunk“ veräußert. Schließlich besteht eine Direktbeteiligung an „Radio Hamburg“ (29,2 %). An diesem Sender halten allerdings auch der Springer- und der Bauer-Konzern jeweils qualifizierte Beteiligungen. Das Programm hat in Hamburg mit großem Abstand die Marktführerschaft inne und kommt auf eine Hördauer von 41 Minuten. In Schleswig-Holstein liegt der Sender mit 13 Minuten auf Rang drei. In Niedersachsen beträgt die Hördauer 3, in Sachsen-Anhalt 1 Minute. Trotz der hohen Einzelwerte ergibt das wegen der relativ kleinen Länder bundesweit nur eine Hördauer von 3 Minuten. Beim Sender „Hit-Radio Brocken“ hält die RTL Group 24 Prozent, erreicht aber dennoch eine qualifizierte Beteiligung, weil der Sender über eine Tochter eigene Anteile in Höhe von 4,5 Prozent besitzt, das stimmberechtigte Kapital sich dadurch reduziert und die RTL Group an diesem Kapital einen Anteil von 25,1 Prozent erreicht. Die RTL Group ist dort wegen der im Übrigen kleinteiligen Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 303 Verteilung der Senderanteile wichtigster Gesellschafter. Der Sender veranstaltet unter dem Titel „Project 89,0 digital“ ein zweites Programm, das auch analog-terrestrisch ausgestrahlt wird. Dieses noch junge Programm kommt allerdings auf nur bescheidene Reichweiten: in Sachsen-Anhalt auf eine Hördauer von 5, in Thüringen auf 6 und in Niedersachsen auf 2 Minuten. „Hit-Radio Brocken“ ist in Sachsen-Anhalt mit 21 Minuten wesentlich stärker, liegt aber im Stammland und in den Nachbarländern deutlich hinter dem Marktführer „Radio SAW“. Die schwache Position im Hörermarkt geht einher mit wirtschaftlichen Problemen des Anbieters. „Besonders in SachsenAnhalt haben Sender wie Hit-Radio Brocken massive Probleme und sind heftig von der Werbekrise betroffen,“ stellte jüngst der Geschäftsführer von RTL Radio Deutschland, Jürgen Filla, fest.891 Mit 24 Prozent liegt der Anteil an der „Antenne MV“ in Mecklenburg-Vorpommern knapp unter der Sperrminorität. Mit indirekten Anteilen ist der Springer-Konzern relativ stark vertreten. Ansonsten ist das Stammkapital breit verteilt, wodurch der RTL Group eine Führungsrolle zuwächst. „Antenne MV“ erreicht im Stammland eine mehr als dreimal so hohe Akzeptanz wie der zweite landesweite Sender, die „Ostseewelle“. In Mecklenburg-Vorpommern kommt „Antenne MV“ bei der Hördauer auf den absoluten Spitzenwert aller Sender in allen Ländern von 79 Minuten. In den Nachbarländern Brandenburg (2 Minuten) und Schleswig-Holstein (1 Minute) erzielt der Sender kleine Reichweiten. Die Übernahme der Beteiligungen an dem Bereichssender „Radio Regenbogen“ im Zuge des Kaufs der AVE von der Holtzbrinck-Gruppe hat das Bundeskartellamt zunächst nicht genehmigt, da die RTL Group im Verbreitungsgebiet des Senders entlang der Rheinschiene in Baden-Württemberg zudem eine qualifizierte Beteiligung an einem neuen Lokalsender in Karlsruhe hielt. Die RTL Group hat sich inzwischen entschieden, zu Gunsten der Beteiligung an „Radio Regenbogen“ die Beteiligung am Lokalsender in Karlsruhe aufzugeben. Der dann bestehende Einfluss der RTL Group bei „Radio Regenbogen“ in Baden-Württemberg wäre schwierig einzuschätzen. Die RTL Group wäre der größte Eigner mit einem direkt gehaltenen Anteil von 23,8 Prozent und wäre zudem über die Rundfunkbeteiligungs- und Betriebsgesellschaft Blauen mbH an einem Anteil von 9,2 Prozent beteiligt. Auch bei dieser Gesellschaft wäre die RTL Group mit 41,3 Prozent mit Abstand größter Eigner. „Radio Regenbogen“ erzielt unter den subregionalen Sendern im Südwesten mit einer Hördauer von 14 Minuten den zweithöchsten Wert. Mit 6 Minuten kommt der Sender auch in Rheinland-Pfalz auf eine stattliche Hördauer und zudem in Hessen und dem Saarland auf je eine Minute. Bundesweit beträgt die Hördauer 2 Minuten. Der Sender ist zudem mit einem Anteil von 48 Prozent größter Eigner des Programms „big.FM“, dessen Hördauer in Baden-Württemberg bei 5 Minuten liegt, das aber jenseits der Landesgrenzen kaum gehört wird. In Baden-Württemberg besitzt die RTL Group zudem noch Anteile an zwei weiteren subregionalen Sendern:892 bei „Radio 7“ 6,7 Prozent und bei „Radio TON“ 2 Prozent. „Radio 7“ kommt in Baden-Württemberg auf eine Hördauer von 11, „Radio TON“ auf 5 Minuten. Die Reichweiten in der Nachbarschaft sind begrenzt. Bundesweit kommen die beiden Sender auf 2 Minuten bzw. eine Minute. Über den Veranstalter Antenne Thüringen ist die RTL Group sowohl an dessen gleichnamigem Programm als auch an dem DAB-Programm „radio top 40“ (ohne nennenswerte Reichweite) beteiligt. Der Anteil liegt bei 16,7 Prozent und damit in einer Größenordnung, die in etwa auch von anderen Eignern erreicht wird. Die RTL Group ist bei diesem Sender nur ein Gesellschafter unter 891 Vgl. dazu Handelsblatt vom 13. 05. 2003. 892 Zudem hält die RTL Group 25,2 Prozent des Lokalprogramms „RTL Radio“ in Karlsruhe. 304 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten vielen. „Antenne Thüringen“ ist mit großem Abstand in Thüringen Marktführer und kommt auf eine Hördauer von 61 Minuten. In Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind es je eine Minute, In Hessen 3 und bundesweit 2 Minuten. Mit 16,1 Prozent ähnlich hoch ist der Anteil am Mantelprogramm „radio NRW“, das in NordrheinWestfalen über die Lokalsender ausgestrahlt wird. Den Anteil hält die RTL-Muttergesellschaft, die Bertelsmann AG. Der Einfluss auf den Anbieter ist allerdings bescheiden, da die Zeitungsverleger des Landes über ein Gemeinschaftsunternehmen die Mehrheit bei der radio NRW GmbH halten. Als einziges landesweit verbreitetes „Programm“ erreicht „radio NRW“ im Stammland eine Veranstalter Programm Anteile in Prozent direkt indirekt RTL Radio Deutschland1) RTL Radio 100,0 0.773 02 1,0 104.6 RTL Berlin GmbH 104.6 RTL Berlin 100,0 0.600 01 0,5 Antenne Sachsen HörfunkVersorgung GmbH2) Hit-Radio Antenne Sachsen 048,9 0.474 02 1,0 BB Radio Landeswelle Brandenburg BB Radio 040,0 0.715 02 1,0 Antenne Niedersachsen Hit-Radio Antenne 027,0 1.273 03 1,5 Neue Berliner Rundfunk3) Berliner Rundfunk 91!4 030,0 0.378 01 0,5 Radio Hamburg 029,2 0.571 02 1,0 1. Hit-Radio Brocken 2. Project 89.0 025,1 0.342 0.291 01 01 0,5 0,5 5.417 15 7,5 0.665 02 1,0 0.915 02 1,0 0.713 02 1,0 3.910 11 5,5 2.450 07 3,5 Radio Hamburg AH Antenne Hörfunk-Sender 4) 50,0 von 18,0 Zwischensumme Hörer in 1.000 Hördauer in Min. MA in % Weitere Beteiligungen Antenne MecklenburgVorpommern Antenne MV 024,0 Radio Regenbogen Hörfunk Radio Regenbogen5) 023,8 Antenne Thüringen Antenne Thüringen 016,7 Radio NRW GmbH radio NRW (Mantelprogramm) 016,1 Antenne Bayern Antenne Bayern 016,0 Rock Antenne Rock-Antenne keine 16,0 von 100 k. A. k. A. k. A. NiedersachsenRock 21 Radio21 009,8 ca. 35 von 20,0 0.187 01 0,5 Big FM in Baden-Württemberg big.fm keine über Radio Regenbogen u. Radio TON 0.340 01 0,5 Radio 7 Radio 7 006,7 0.612 02 1,0 Radio TON-Regional Radio TON regional 002,0 0.268 01 0,5 41,3 von 9,2 >1 1)nBundesweite Ausstrahlung; Sitz in Berlin. 2)nNicht berücksichtigt ist die indirekte Beteiligung über AH Antenne Hörfunk-Sender. 3)nBeteiligung ist nach dem Untersuchungszeitraum aufgegeben worden. 4)nAnteil in Höhe von 24,0 % bei Eigenanteil des Veranstalters in Höhe von 4,5 %. 5)nDie Übernahme der Beteiligungen an dem Bereichssender „Radio Regenbogen“ im Zuge des Kaufs der AVE von der Holtzbrinck-Gruppe hat das Bundeskartellamt zunächst nicht genehmigt, da die RTL Group im Verbreitungsgebiet des Senders entlang der Rheinschiene in Baden-Württemberg zudem eine qualifizierte Beteiligung an einem neuen Lokalsender in Karlsruhe hielt. Die RTL Group hat sich inzwischen entschieden, zu Gunsten der Beteiligung an „Radio Regenbogen“ die Beteiligung am Lokalsender in Karlsruhe aufzugeben. Tabelle II-73: Hörfunkbeteiligungen der RTL Group Quelle: MA 2003/I, Hörer gestern und Hördauer, jeweils von Mo. bis So. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 305 RTL Group Lu xemburg RA DIO RTL Radio Die größten Oldies (bundesweit) Berlin RA DI O 100 100 Hamburg Oberhausen 9 RA DIO 8,6 RA DI O (Schleswig-Holstein) 41,3 24 Freiburg RA DI O Hit-Radio Brocken Project 89.0 digital (Sachsen-Anhalt) Halle 9,2 16 10 RA DI O (Schle swig-Holstein) 30 RA DI O Oldie 95 16,4 Antenne Bayern (landesweit) München 16,7 Hamburg Berliner Rundfunk 91!4 (landesweit) (Bete iligung aufgegeben) RA DI O Antenne Thüringen radio top 40 (DAB) (landesweit) Weimar 4,5 RA DIO Radio Regenbogen ** (ges. 28%; subregional) Mannheim RA DI O 16 ,1 Radio NORA Delta Ra dio Berlin Rundfunkbeteiligungs- u. Betriebsges. Blauen mbH radio NRW (Mantelprogramm) 29 ,2 RA DIO 104,6 RTL RA DIO Radio Hamburg RA DI O 23,8 48,9 RA DIO Hit-Radio Antenne Sachsen (landesweit) Dresden R AD IO 40 BB Radio 24 Berlin/Brandenburg Antenne MV (Mecklenb.-Vorpommern) 48 RA DI O R AD IO RA DIO big.FM (Baden-Württemberg) Hit-Radio Antenne 27 (landesweit) (ges. 35,1%) 20 RA DI O Radio 21 (Niedersachsen) 10 Radio Gong 96,3 (lokal) München 5 RA DI O RA DI O RA DI O 2 Radio TON Regional (lokal) Heilbronn 6,7 RA DIO Radio 7 (subregional) Ulm Hit-Radio RTL * (lokal) Ka rlsruhe RA DI O RA DIO 100 RA DI O 100 FUN Radio RTL 100 Frankreich 25,2 Frankreich R AD IO Sud Radio RTL 2 20 Frankreich RA DI O Frankreich RA DI O 35 43 RA DI O RTL Radio Letzebuerg Lu xemburg BEL RTL (dir. und indirekt) Be lg ien Radio Contact 2 Radio Contact Belgien ca. 35 Belgien RA DIO 100 10 0 yorin (zuvor: Veronica FM) Niederlande ** Beteiligung wird verkauft. ** Beteiligung noch ohne Zustimmung des Bundeskartellamtes. Abbildung II-26: Hörfunkbeteiligungen der RTL Group © FORMATT-Institut Dortmund 2003/2 Stand: März 2003 306 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Hördauer von 53 Minuten, hochgerechnet auf das Bundesgebiet sind es insgesamt 11 Minuten.893 Auch die Beteiligungshöhe an „Antenne Bayern“ ist mit 16,0 Prozent ähnlich hoch. Bei „Antenne Bayern“ sind die Zeitungsverlage – ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen – stärker vertreten, ohne eine eigene Mehrheit zu erreichen. In Bayern kommt das Programm auf eine Hördauer von 43 Minuten, in Baden-Württemberg auf 2 Minuten, in Thüringen und Hessen auf eine Minute. Bundesweit macht das eine Hördauer von 7 Minuten. Für das Tochterprogramm von „Antenne Bayern“, die „Rock Antenne“, liegen keine MA-Daten vor. Über die Beteiligung an „Radio Hamburg“ bestehen indirekt auch Verbindungen zu den norddeutschen Programmen „Radio NORA“ und „Delta Radio“ in Schleswig-Holstein sowie zu „Oldie 95“ in Hamburg. Bis ins Jahr 2002 hielt die RTL Group zudem mit 51 Prozent die Mehrheit an dem SyndicationUnternehmen FM Radio Network GmbH in Augsburg, das zahlreichen Programmveranstaltern komplette Sendungen und Beiträge zuliefert (vgl. II 2.12.3.2). 2.12.2.2 Axel Springer AG Die Axel Springer AG (oder: Springer-Konzern) ist direkt an neun landesweiten Hörfunksendern beteiligt. Der Konzern hält aber nur an einem Sender eine Beteiligung oberhalb von 25 Prozent. Insofern zählt der Konzern nur bedingt zu den einflussreichsten Anteilseignern im privaten Hörfunk. Wesentlich für die Bewertung der Rolle des Springer-Konzerns ist die Beurteilung der Frage, ob und in welchem Ausmaß ihm die Beteiligungen der Radio Schleswig-Holstein KG GmbH & Co. (RSH) zuzurechnen sind (vgl. unter II 2.12.2.5). Nach einzelnen Anteilsverschiebungen ist der Konzern mit einem direkten Anteil von 17,3 Prozent nur noch viertgrößter Eigner von RSH. Neben dieser direkten Beteiligung ist der Springer-Konzern aber auch indirekt über die Verlage der „Lübecker Nachrichten“ (RSH-Anteil 19,2 %) und der „Kieler Nachrichten“ (18,4 %) an RSH beteiligt. In Lübeck liegt der Konzern mit 49,9 Prozent knapp unter einer Mehrheitsbeteiligung, ist aber zudem auch indirekt beteiligt. In Kiel liegt die Beteiligung bei 24,5 Prozent, hinzu kommt aber auch in Kiel eine indirekte Beteiligung. Würden sowohl die Anteile der Kieler als auch jene der Lübecker an RSH dem Springer-Konzern zugeordnet, läge sein Anteil an RSH über 50 Prozent und entsprechend müssten dem Konzern wohl die RSH-Beteiligungen zugerechnet werden. Würde nur die RSH-Beteiligung der Lübecker dem Springer-Konto zugeschlagen, läge Springers Anteil an RSH immerhin über 25 Prozent. Eine komplizierte Beteiligungsstruktur besteht auch bei jenen Sendern, an denen sowohl RSH als auch der Springer-Konzern beteiligt sind. Das Ausmaß dieser Verflechtungen veranschaulicht die Abbildung II-27. Letztlich kommen bei der Bewertung der Stellung des Springer-Konzerns im Hörfunk auch Zuordnungsprobleme durch „Radio Hamburg“ hinzu, da der Sender gleichfalls Beteiligungen an anderen Hörfunksendern hält. Springer besitzt an „Radio Hamburg“, dem führenden Anbieter in Hamburg, einen Kapitalanteil in Höhe von 35 Prozent. Wegen seiner marktbeherrschenden Stellung im Zeitungsmarkt Hamburgs sind seine Stimmrechte durch landesrechtliche Bestimmungen allerdings reduziert. Da auch die RTL Group sowie der Bauer-Konzern bei „Radio Hamburg“ über qualifizierte Beteiligungen verfügen, ist der Einfluss des Konzerns begrenzt. Andererseits ist der Konzern auch an einem der beiden kleinen Gesellschafter von „Radio Hamburg“ beteiligt, direkt mit knapp unter 25 Prozent und indirekt an einem weiteren Anteil in Höhe von gut 38 Prozent. 893 Zu den Reichweiten in den anderen Ländern liegen keine MA-Daten vor. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk Abbildung II-27: Hörfunkbeteiligungen des Springer-Konzerns 307 308 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Veranstalter Programm Anteile in Prozent direkt indirekt Hörer in 1.000 Hördauer in Min. MA in % Radio Hamburg Radio Hamburg 35,0 24,8 von 5,8 0.571 02 1,0 Radio Schleswig-Holstein Radio RSH 17,3 mehrere indir. Beteiligungen 0.943 03 1,5 Antenne Bayern Antenne Bayern 16,0 2.450 07 3,5 Rock Antenne Rock-Antenne keine k. A. k. A. k. A. 1. Hit Radio FFH 2. planet radio 12,5 1.924 0.316 06 01 3,0 0,5 Funk und Fernsehen Nordwestdeutschland radio ffn 07,7 1.437 03 1,5 Antenne MecklenburgVorpommern2) Antenne MV keine mehrere indir. Beteiligungen 0.665 02 1,0 radio NRW GmbH radio NRW keine 12,4 von 59,0 3.910 11 5,5 Weitere Beteiligungen Radio/ Tele 1) 16,0 von 100 1) Hinzu kommt eine indirekte Beteiligung über den Verlag Blitz-Tip in Frankfurt. 2) Springer hält indirekte Beteiligungen über die Verlage der „Ostsee-Zeitung“ und des „nordkurier“ sowie über RSH. 3) Zu indirekten Beteiligungen über Radio Schleswig-Holstein vgl. Abschnitt II 2.12.2.5. Tabelle II-74: Hörfunkbeteiligungen des Springer-Konzerns3) „Radio Hamburg“ wiederum hält Beteiligungen an drei weiteren norddeutschen Sendern (jeweils deutlich unter 25 Prozent). Auch bei diesen Sendern sind ggf. weitere indirekte Beteiligungen von Springer über RSH und andere Unternehmen zu berücksichtigen.894 Bei „Antenne Bayern“, dem Marktführer in Bayern, hält der Springer-Konzern ähnlich wie die RTL Group einen Anteil von 16 Prozent. Der Einfluss des Konzerns dürfte entsprechend begrenzt sein. Dies gilt genauso für das Programm „Rock Antenne“, das von einem Tochterunternehmen von „Antenne Bayern“ veranstaltet wird.895 Trotz des nominell größten Anteils in Höhe von 12,5 Prozent an der Radio/ Tele FFH in Frankfurt896 dürfte auch dort der Einfluss des Konzerns begrenzt sein, da insbesondere hessische Zeitungsverlage ähnlich große Beteiligungen halten. Über einen der zahlreichen Gesellschafter verfügt der Konzern auch über eine indirekte Beteiligung. Der hessische Sender veranstaltet neben dem Hauptprogramm „Hit Radio FFH“ auch das kleinere Programm „planet radio“. „FFH“ kommt in Hessen auf eine Hördauer von 68 Minuten (und ist damit unangefochten Marktführer), in Rheinland-Pfalz auf 10 Minuten, in Thüringen auf 3 sowie in Bayern und Nordrhein-Westfalen auf je eine Minute. Auf die Bundesebene hochgerechnet ergibt das eine durchschnittliche Hördauer von 6 Minuten. „planet radio“ erzielt in Hessen 8 und in Rheinland-Pfalz 2 Minuten Hördauer. Der Sender ist zudem an der Holding Eurocast und an dem Vermarkter RMS beteiligt.m In Niedersachsen ist der Springer-Konzern mit 7,7 Prozent an der Funk und Fernsehen Nordwestdeutschland beteiligt, die „radio ffn“ veranstaltet. Das Programm hat in Niedersachsen eine Hördauer von 28 Minuten, in Bremen 14, in Hamburg 3 sowie in Schleswig-Holstein, MecklenburgVorpommern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt je eine Minute und kommt damit bundes- 894 Zu den Marktanteilen von „Radio Hamburg“ s. o. II 2.12.2.1. 895 Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.1. 896 Nach dem Stichtag hat der Springer-Konzern seinen Anteil um 2,5 Prozent aufgestockt. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 309 direkte Beteiligungen Abbildung II-28: Springer-Konzern: Beteiligungen an Hörfunksendern weit auf 3 Minuten. Der Sender hält zudem Beteiligungen an drei anderen Programmen in Norddeutschland (jeweils unter 25 %) und an der RMS. Mehrere indirekte Beteiligungen bestehen am Sender von „Antenne MV“ in MecklenburgVorpommern. Der Springer-Konzern ist über Anteile an den Zeitungsverlagen von „OstseeZeitung“ und „nordkurier“ sowie über RSH beteiligt. Die Beteiligungsstruktur ist kompliziert (s. o. Abb. II-27).897 Eine indirekte Beteiligung besteht auch am Rahmenprogrammanbieter radio NRW GmbH. Der Springer-Konzern ist am größten Eigner (59 %) des Senders mit 12,4 Prozent beteiligt.898 2.12.2.3 Hubert Burda Media Holding GmbH & Co. KG Der Burda-Konzern zählt zu den ersten Investoren in den privaten Hörfunk und hat sich insbesondere in Süddeutschland an zahlreichen lokalen Sendern beteiligt, die in dieser Darstellung allerdings keine Rolle spielen. Darüber hinaus hält Burda Beteiligungen an elf landesweiten Sendern, wenn man den Verbund von Lokalsendern in Sachsen und den bayerischen Rahmenprogrammanbieter BLR – Dienstleistungsgesellschaft für Bayerische Lokalradioprogramme mbH & Co. KG einbezieht. An zwei Sendern bestehen qualifizierte Beteiligungen ohne eigene Mehrheit, bei zwei weiteren liegt der Anteil zwischen 10 und 16 Prozent, bei den übrigen unter 10 Prozent. Die Anteilsberechnung ist bei manchen Sendern schwierig, da bei diesen auch die Firma Studio Gong Anteile hält, eine Rundfunkholding, an der Burda beteiligt ist. Die Holding gehört heute vollständig der HFB Hörfunk und Fernsehen Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG. Größte Eigner dieses Unternehmens sind Burda und ein Gemeinschaftsunternehmen bayerischer Zeitungsverlage mit jeweils 40 Prozent. Die restlichen 20 Prozent sind ungleich auf vier weitere Eigner verteilt. Die in der Tabelle II-75 ausgewiesenen indirekten Beteiligungen beziehen sich 897 Zu den Marktdaten des Senders s. u. II 2.12.2.5. 898 Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.1. 310 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten auf Anteile der Studio Gong, wobei jeweils der rechnerische Anteil von Burda auf Basis seiner 40-Prozent-Beteiligung ausgewiesen ist. Die mit 43,1 Prozent höchste Beteiligung hält Burda an der „Ostseewelle“ in MecklenburgVorpommern. Einen Anteil von über 20 Prozent halten die Studio Gong bzw. deren Muttergesellschaft, die HFB. Die weiteren Anteile liegen bis auf einen Anteil der Oschmann-Gruppe (s. u. II 2.12. 2. 11) unter zehn Prozent. Die „Ostseewelle“ kommt in Mecklenburg-Vorpommern auf eine Hördauer von 23 Minuten, ist aber selbst in den Nachbarländern ohne MA-Wert. Beim Sender „BB Radio“ zählt Burda neben der RTL Group und Studio Gong zu den drei Eignern mit Anteilen von jeweils 30 Prozent. Auch bei „BB Radio“ ist Burda sowohl direkt als auch indirekt über Studio Gong beteiligt.899 Hubert Burda Media Holding GmbH & Co KG 100 Burda, Hubert Offenburg R AD IO 40 HFB Hörfunk- und Fernsehen Beteiligungsges. 39 München Sächsischer Lokalrundfunk (Mantelprogramm) 8,7 RA DIO Radio Arabella (lokal) München Ostseewelle 48,9 (Mecklenburg-Vorp.) 22,2 (Baden-Württemberg) RA DIO 10 (Berlin/Brandenburg) 30 RA DI O Ra dio Gong 2 000 (lokal) München (Bayern) RA DIO BB Radio München 7 Antenne Bayern 16 30 Studio Gong München Gmb H & Co Studiobetriebs KG 15 RA DIO big.FM 100 RA DIO RA DIO 29 Ra dio Gong Nürnberg 49 (lokal) 100 RA DI O RA DIO RA DIO 2,8 1,6 RA DIO 10 RA DI O 15 Regensburg RA DIO 75 35 32 26,7 19 50 Hit-Radio Antenne Niedersachsen Hannover Die neue 107,7 (lokal) Stuttgart RA DIO 50 Dona u 3 FM (lokal) Ulm BLR Dienstleistungsges. (Mantelprogramm für bayer. Lokalradios) RA DI O 1 RP R Eins RP R Zwei (Rheinland-Pfalz) RA DI O Ra dio Gong Donauspatz (lokal) Regensburg RA DIO RA DIO Radio Primavera (lokal) Aschaffenburg Hit Radio FFH (Hessen) Radio Galaxy (DAB-Programm) RA DIO 96,4 Ra dio Gong Mainla nd (lokal) Würzb urg Roc k-Ante nne (Bayern) 20 Radio21 Der neue ROCKsender Niedersachsen © FORMATT-Institut Dortmund 2003/3 Stand: März 2003 Abbildung II-29: Hörfunkbeteiligungen des Burda-Konzerns 899 Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.1. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 311 Bei „Antenne Bayern“ und damit mittelbar auch bei deren Tochter „Rock-Antenne“ zählt Burda zu den Gesellschaftern mit einem 16-Prozent-Anteil. Auch an diesem Sender ist parallel Studio Gong beteiligt (7 %).900 Am Programm „big fm“ in Baden-Württemberg ist Burda mit 10 Prozent beteiligt. Maßgebliche Eigner sind sog. Bereichssender des Landes. „big fm“ ist ein noch junges Programm, das im Bundesdurchschnitt auf eine Hördauer von einer Minute kommt, die auf der erzielten Akzeptanz in Baden-Württemberg (5 Minuten) und Rheinland-Pfalz (eine Minute) beruht. Eine mit 2,8 Prozent geringe Beteiligung besteht an den beiden hessischen Programmen „Hit Radio FFH“ sowie „planet radio“. Auch an diesen Programmen ist Studio Gong beteiligt (1,6 %).901n Beim Verbund von sächsischen Lokalradios waren Burda und die Oschmann-Gruppe gleich stark vertreten, bis der Burda-Konzern seine Anteile in die HFB einbrachte; er ist seither nur noch indirekt beteiligt. Die Anteile an der „Zentrale“, der Sächsischen Lokalrundfunk-Dienstleistungsprogramm GmbH & Co. Studiobetriebs KG, werden von den Lokalstationen gehalten, die wiederum jeweils überwiegend der HFB und der Oschmann-Gruppe gehören. Der Verbund tritt unter den Programmnamen der Lokalstationen im Markt auf, die in den MA-Daten unter der Kombi „Funkpaket Sachsen“ ausgewiesen werden. Er ist in Sachsen mit einer Hördauer von 17 Minuten unter den privaten Anbietern die Nummer drei. Hinzu kommt jeweils eine Minute in Berlin, SachsenAnhalt und Thüringen. Weitere Anteile hält Burda über Studio Gong an der BLR Dienstleistungsgesellschaft in München mit ihrem Rahmenprogramm (32 %), an der „Hit-Radio Antenne“ (19 %) und über diese an „Radio 21“ sowie an der Rheinland-Pfälzische Rundfunk GmbH & Co. KG (1 %). Veranstalter Programm Anteile in Prozent direkt indirekt1) Privatradio Landeswelle Ostseewelle 48,9 40,0 von 8,7 40,0 von 22,2 0.257 1 0,5 BB Radio Landeswelle BB Radio 30,0 40,0 von 30,0 0.715 2 1,0 0.972 3 1,5 2.450 7 3,5 k. A. k. A. k. A. 0.340 1 0,5 Zwischensumme Hörer in 1.000 Hördauer in Min. MA in % Weitere Beteiligungen Antenne Bayern Antenne Bayern 16,0 Rock-Antenne keine Big FM in Baden-Württ. big fm 10,0 Radio/ Tele 1. Hit Radio FFH 2. planet radio 02,8 40,0 von 1,6 1.924 0.316 6 1 3,0 0,5 Sächsischer Lokalrundf. (Sachsen Funkpaket) keine 40,0 von 39,0 0.474 1 0,5 BLR Rahmenprogramm keine 40,0 von 32,0 k. A. k. A. k. A. Hit-Radio Antenne keine 40,0 von 19,0 1.273 3 1,5 Radio21 keine 0.187 1 0,5 1. RPR Eins 2. RPR Zwei keine 1.171 0.705 3 2 1,5 1,0 Rock Antenne 2) Antenne Niedersachsen NiedersachsenRock 3) Rheinland-Pfälzische Rundfunk 16,0 von 100 40,0 von 1,0 1)nDie ausgewiesenen indirekten Beteiligungen gehen – wenn nicht anders vermerkt – auf die Holding Studio Gong zurück, wobei die Prozentangaben durchgerechnet auf Burdas 40-Prozent-Anteil beruhen. 2)nBeteiligung über Burda-Konzern. 3)nBeteiligung über Antenne Niedersachsen. Tabelle II-75: Hörfunkbeteiligungen des Burda-Konzerns 900 Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.1. 901 Zu den Marktdaten a. o. II 2.12.2.2. 312 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten 2.12.2.4 Verlagsgesellschaft Madsack Die Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG zählt zu den zehn auflagenstärksten Verlagsgruppen im Zeitungsmarkt. Größte Gesellschafter der Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG sind die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft mbH (DDVG) (20,4 %) und die Beteiligungsgesellschaft Madsack (18,46 %). Daneben halten weitere zwanzig Kommanditisten Beteiligungen, darunter die Verlage Gebr. Gerstenberg GmbH & Co. (6,41 %) und Gruppe Baedeker (5,86 %).902 Die Verlagsgesellschaft hält keine Anteile an bundesweiten Fernsehsendern, besitzt aber eine Beteiligung (24,8 %) an dem unabhängigen Drittanbieter, der AZ Media TV GmbH (ehemals Center TV Production GmbH) in Hannover. Der Madsack-Konzern hat einen deutlichen Schwerpunkt im Stammland Niedersachsen, der sich auch bei den Hörfunkaktivitäten widerspiegelt. Im Radiogeschäft agiert die Verlagsgesellschaft allerdings auch in Bundesländern, in denen sie mit Zeitungen nicht vertreten ist. Nachdem in jüngster Zeit in einzelnen Ländern die Beteiligungsrestriktionen für Parteiunternehmen verschärft worden sind, musste sich der Konzern, an dem die SPD über ihre Holding DDVG beteiligt ist, zum Teil von Beteiligungen trennen (z. B. in Hessen).m Mit einer direkten Beteiligung in Höhe von 11,8 Prozent zählt Madsack bei „radio ffn“ in Niedersachsen zu den größten Eignern. Der Einfluss des Konzerns auf den Sender geht aber deutlich darüber hinaus, da zahlreiche Verlage mit Madsack-Beteiligung gleichfalls Anteile an „radio ffn“ halten.903 Eine ähnlich hohe Beteiligung hält Madsack auch beim „Hit-Radio Antenne“ und besitzt zudem noch einen indirekten Anteil in Höhe von durchgerechnet neun Prozent. Beide niedersächsischen Anbieter sind mit jeweils 20 Prozent am dritten Landesprogramm, dem „Radio21“, beteiligt.904m Am Veranstalter der Programme „RPR Eins“ und „RPR Zwei“ ist Madsack direkt mit 8,7 Prozent beteiligt.905 Schließlich ist Madsack auch an einem weiteren Anbieter zweier Programme („HitRadio Brocken“ und „project 89.0 digital“) beteiligt, der AH Antenne Hörfunk in Sachsen-Anhalt. Madsack hält direkt vier Prozent und ist mit 65 Prozent Mehrheitseigner einer Gesellschaft, die 23 Prozent an dem Sender hält.906 Veranstalter Programm Anteile in Prozent direkt indirekt Hörer in 1.000 AH Antenne Hörfunk-Sender 1. Hit-Radio Brocken 2. project 89.0 digital 04,0 65,0 von 23,0 0.342 0.291 1 1 0,5 0,5 Antenne Niedersachsen Antenne Niedersachsen 11,0 50,0 von 18,0 1.273 3 1,5 Antenne Thüringen Antenne Thüringen 10,0 0.713 2 1,0 Funk und Fernsehen Nordwestdeutschland radio ffn 11,8 diverse 1.437 3 1,5 NiedersachsenRadio Radio21 keine diverse 0.187 1 0,5 Rheinland-Pfälzische Rundfunk 1. RPR Eins 2. RPR Zwei 08,7 1.171 0.705 3 2 1,5 1,0 Tabelle II-76: Hörfunkbeteiligungen der Verlagsgesellschaft Madsack 902 903 904 905 906 Vgl. w&v (Hrsg.), Medien 2001 – Medienkonzerne in Deutschland, Landsberg/Lech 2000. Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.2. Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.1. Zu den Marktdaten s. u. II 2.12.2.8. Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.1. Hördauer in Min. MA in % Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 2.12.2.5 313 Radio Schleswig-Holstein KG GmbH & Co. Im Folgenden steht nicht das Programm von einem der ältesten Privatfunkanbieter im Vordergrund, sondern die Expansion des Unternehmens in der bundesweiten Hörfunklandschaft. Das Unternehmen gehört zu den Sendern der ersten Generation, war – zunächst als einziger privater Anbieter – in Schleswig-Holstein schnell erfolgreich und hat das früh erworbene Know-how bei späteren Gründungen genutzt. Gleichfalls typisch für den frühen Programmstart ist, dass es sich bei dem Sender um ein Gemeinschaftsunternehmen von Zeitungsverlegern in Schleswig-Holstein handelt, die ihre Beteiligungshöhen in Analogie zu den Marktanteilen im Zeitungsmarkt festlegten. Daher gehört der Axel-Springer-Konzern zu den einflussreichsten Eignern (vgl. dazu II 2.12.2.2). Die Abbildung II-30 gibt einen Überblick über die Eigner des Senders. In der folgenden Darstellung werden Beteiligungen der Radio Schleswig-Holstein KG GmbH & Co. (kurz RSH) sowie dessen Schwesterunternehmen, die KOM Kommunikation Marketing GmbH & Co. Holding KG (kurz KOM), unterschiedslos behandelt. Die KOM ist durch Abspaltung von RSH entstanden und weist eine identische Eignerstruktur auf. RSH hat in den letzten Jahren bedeutende Beteiligungen an anderen Sendern übernommen. Den größten Anteil in Höhe von 43 Prozent hält RSH am Berliner Programm „94.3 r.s.2“. 50 % der Anteile halten der Verleger und der Verlag der „Nordwest Zeitung“ in Oldenburg (vgl. Abschnitt RA DIO Radio RSH Schleswig-Holstein VE RL A G VE RL A G Schleswig-Holsteinische La nde szeitung id entische EignerStruktur bei RSH und KOM 24,5 100 VE RL A G Anteil an RSH: 18,4% 24,5 21,6 VE RL A G 23,4 Pinneberger Tageblatt Hols teinischer Courier Kiel V ER LAG 49,9 Axel SpringerVerlag AG Kieler Nachrichten Anteil an RSH: 26,2% KOM Kommunikation und Marketing GmbH & Co Holding KG Anteil an RSH: 17,3% VE RL A G Lübecker Nachrichten 24,0 Anteil an RSH: 19,2% 23,0 V ER LA G Hanseatische VerlagsBeteiligungs AG Flensborg Avis 55 Anteil an RSH: 3,3% Anteil an RSH: 3,1% 100 V ER LA G VE RL A G Ostholsteiner Anzeiger Anteil an RSH: 1,1% Segeberger Zeitung 50 Ante il an RSH: 2,5% VE RL A G Dithmarscher Landeszeitung Anteil an RSH: 4,3% Anteil an RSH: 1,3% VERL AG V ER LA G Prange Druck und Verlag (zu v.: Barmstedter Zeitung) Uetersener Nachrichten Anteil an RSH: 0,4% Anteil an RSH: 1,1% VE RL A G Fe hmarnsches Tageblatt Anteil an RSH: 0,4% 100 V E RL A G Eckernförder Zeitung Ante il an RSH: 1,4% Abbildung II-30: Die Eigner von RSH und KOM © FORMATT-Institut Dortmund 200 3/1 Stand: Feb. 2003 314 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten II 2.12.2.6). Der Sender ist mit einer Hördauer von 26 Minuten Marktführer in Berlin und in Brandenburg mit 28 Minuten auf Rang zwei. Eine Beteiligung in Höhe von 30,3 Prozent besteht beim Marktführer in Sachsen, „Radio PSR“. Der Einfluss von RSH auf das Unternehmen ist groß, da die übrigen Anteile breit gestreut sind, ohne dass ein zweiter Eigner auf eine qualifizierte Beteiligung kommt. „Radio PSR“ veranstaltet über eine Tochterfirma ein zweites Programm: „R.SA“ (zuvor „oldie.fm“). „Radio PSR“ kommt in Sachsen auf eine Hördauer von 46 Minuten und in den Ländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt von je 4, in Thüringen von 3 Minuten. Bundesweit entspricht dies einer Hördauer von 3 Minuten. Das Tochterprogramm „R.SA“ (zuvor „oldie.fm“) rangiert in Sachsen mit 10 Minuten auf Rang drei und wird in Sachsen-Anhalt und Thüringen je eine Minute gehört (bundesweit eine Minute). Eine qualifizierte Beteiligung in Höhe von 25,3 % hält RSH darüber hinaus am Nachbarsender in Kiel, „Radio NORA“. Auch bei diesem Sender ist der Einfluss von RSH groß, da – ähnlich wie Sachsen – die übrigen Beteiligungen breit gestreut sind. Ähnlich gilt dies auch für den dritten Anbieter in Schleswig-Holstein, für „delta radio“. RSH hält eine Beteiligung von neun Prozent. „delta radio“ ist wiederum mit 10,2 Prozent an „Radio NORA“ beteiligt. An beiden Sendern sind noch weitere Landessender beteiligt, die allerdings nicht mit RSH verflochten sind. Die Marktanteile der drei Programme sind nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern in Norddeutschland insgesamt sehr ungleich verteilt. RSH kommt im Stammland auf den Spitzenwert von 69 Minuten, während „Radio NORA“ 14 und „delta radio“ 7 Minuten erreichen. In Hamburg sind alle drei Sender gut vertreten: RSH mit 13 Minuten, „Radio NORA“ mit 5 und „delta radio“ mit 4 Minuten. RSH und „delta radio“ kommen darüber hinaus in Mecklenburg-Vorpommern auf Hördauern von 3 bzw. 2 und in Niedersachsen auf jeweils eine Minute. Bundesweit erreicht RSH damit eine Hördauer von 3, „Radio NORA“ von einer und „delta radio“ von unter einer Minute.m Beim einzigen privaten Anbieter in Bremen, „Radio Wir von hier“, erreicht kein Gesellschafter eine qualifizierte Beteiligung. Mit 24,4 Prozent gehört RSH allerdings zu den beiden größten Eignern. Gegen die Konkurrenz des Landessenders „Radio Bremen“ haben es alle privaten Programme schwer. „Radio Wir von hier“ kommt in Bremen auf eine Hördauer von 18 Minuten und in Niedersachsen auf eine Minute. Bundesweit ergibt dies eine Hördauer von weniger als einer Minute. Eine Beteiligung in Höhe von 16,3 Prozent besitzt RSH beim kleinsten Sender in Hamburg, bei „Oldie 95.0“. Die Mehrheit der Anteile besitzt der Medienunternehmer Frank Otto (s. u. II 2.12.2.9). In Hamburg liegt der Sender mit einer Hördauer von vier Minuten deutlich hinter den Konkurrenten zurück. In Schleswig-Holstein kommen drei Minuten hinzu. Bei der „Antenne MV“ in Mecklenburg-Vorpommern ist RSH mit 10,9 Prozent ein Eigner unter vielen. „Antenne MV“ kommt im Nordosten auf eine Hördauer von 79 Minuten, zudem in Brandenburg auf zwei und in Schleswig-Holstein auf eine Minute. Auch bei „Radio SAW“ in Sachsen-Anhalt ist der Anteil mit 10 Prozent begrenzt. Größter Eigner ohne eigene Mehrheit ist die Verlagsgruppe der „Nordwest-Zeitung“, mit der RSH auch beim Berliner Sender „94.3 r.s.2“ zusammenarbeitet. „Radio SAW“ ist in Sachsen-Anhalt marktdominant. Diese Dominanz wird verstärkt über das von einem Tochterunternehmen veranstaltete Programm „Rockland Sachsen-Anhalt“. „Radio SAW“ kommt in Sachsen-Anhalt auf eine Hördauer von 71 Minuten, das Rockprogramm auf 5 Minuten. Für „Radio SAW“ kommen je 4 Minuten in Niedersachsen und Thüringen, 2 Minuten in Sachsen und eine Minute in Brandenburg hinzu. Bundesweit hochgerechnet ergibt das 3 Minuten. Schließlich ist RSH auch bei der Holding Eurocast Rundfunk Beteiligungs GmbH in Berlin Gesellschafter. RSH hält genau wie vier weitere Eigner 20 Prozent, wobei drei dieser Eigner wiederum mit RSH verflochten sind. Eurocast hält eine indirekte Beteiligung am „RocklandRadio“ in Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 315 Veranstalter Programm Anteile in Prozent direkt indirekt Radio-Information AudioService Zwei GmbH 94.3 r.s.2 43,0 0.726 2 1,0 Privater Sächsischer Rundfunk GmbH & Co. KG Radio PSR 30,3 1.184 3 1,5 LFS Landesfunk Sachsen R.SA (zuvor oldie.fm) keine 0.295 1 0,5 NoRa NordOstsee Radio Radio NORA 25,3 0.245 1 0,5 2.450 7 3,5 30,3 von 100 Zwischensumme Hörer in 1.000 Hördauer in Min. MA in % Weitere Beteiligungen PBR Privater Bremer Rundfunk Radio Wir von hier 24,4 0.123 < 0,5 < 0,5 Radio 95.0 GmbH & Co. KG Oldie 95,0 16,3 00.97 < 0,5 < 0,5 Antenne MecklenburgVorpommern Antenne MV 10,9 0.665 2 1,0 delta radio GmbH & Co. KG delta radio 09,0 0.232 < 0,5 < 0,5 VMG Verlags- und Medien GmbH & Co. KG Radio SAW 10,0 1.106 3 1,5 Rockland Sachsen-Anhalt Rockland SachsenAnhalt keine 00.83 < 0,5 < 0,5 10,0 von 100 Tabelle II-77: Hörfunkbeteiligungen von Radio Schleswig-Holstein Rheinland-Pfalz und zudem Anteile an Hörfunksendern in Österreich, Polen und der Tschechischen Republik. Eine wichtige Position hat RSH auch bei dem größten Vermarktungsunternehmen inne, der RMS Radio Marketing Service GmbH & Co. KG in Hamburg. Wie andere Eigner auch hält RSH 11,1 % der Anteile und ist zudem indirekt über Senderbeteiligungen im Eignerkreis der RMS vertreten. Zu den Beteiligungen von RSH siehe auch Abbildung II-27, II 2.12.2.2. 2.12.2.6 Nordwest Medien GmbH & Co. KG Die Nordwest Medien GmbH & Co. KG ist eine Holding, die aus dem Verlag der „Nordwest-Zeitung“ in Oldenburg hervorgegangen ist. Die Anteile an der Gesellschaft werden je zur Hälfte von den Familien Köser und von Bothmer gehalten. Zur Holding gehören der Zeitungsverlag sowie sonstige Aktivitäten und Beteiligungen hauptsächlich im nord-westlichen Niedersachsen. Das Engagement im Hörfunk geht allerdings weit über die Region hinaus. Die höchste Beteiligung an einem Radiosender besteht mit insgesamt 50 Prozent beim Programm „94.3 r.s.2“ in Berlin. Einen Anteil von 43 Prozent hält die Holding. Weitere sieben Prozent besitzt der Verleger Reinhard Köser. Partner bei dem Sender ist Radio RSH.907 Am „alster radio“ in Hamburg besitzt die Holding einen Anteil von 49,7 Prozent. Die übrigen Anteile liegen in einer Hand. „alster radio“ liegt mit einer Hördauer von 8 Minuten in Hamburg zwar deutlich hinter „Radio Hamburg“, andererseits aber vor „Energy Hamburg“ und „Oldie 95.0“. In Schleswig-Holstein kommen für das „alster radio“ 2 Minuten hinzu. Mit 32,1 Prozent hält die Nordwest Medien eine qualifizierte Beteiligung an „Radio SAW“ in Sachsen-Anhalt. Eine Anteilshöhe von über zehn Prozent erreicht bei dem Sender ansonsten nur 907 Zu den Marktdaten vgl. II 2.12.2.5. 316 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten noch Radio RSH. Die restlichen Anteile sind sehr kleinvolumig. „Radio SAW“ ist in Sachsen-Anhalt mit einer Hördauer von 71 Minuten sehr gut positioniert. Zu dem Sender in Magdeburg gehört auch der Ableger „Rockland Sachsen-Anhalt“.908 Anteile von unter zehn Prozent hält die Nordwest Medien an vier Sendern. An „Radio PSR“ ist sie indirekt über ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Bremer Tageszeitungen AG beteiligt NWZ Funk und Fernsehen GmbH & Co KG 100 Nordwest-Medien GmbH & Co KG Familie von Bothmer 50 50 Oldenburg Oldenburg RA DIO R AD IO Familie Köser 7 RA DIO 5,2 radio ffn 4 Hannover RA DIO 32,1 radio SAW Magdeburg Hannover r.s.2 43 Berlin RA DI O 49,7 BO-Beteiligungsges. mbH Alster Radio Hamburg Hit- Radio Antenne Niedersachsen RA DI O 50 Bremen R AD IO R.SA Radio PSR 18,9 Leipzig 100 (zuvor oldie.fm) Leipzig RA DIO Antenne Bremen GmbH & Co KG 63 Radio Wir von hier 6 Bremen Bremen © FORMATT-Institut Dortmund 2003/3 Stand: März 2003 Abbildung II-31: Hörfunkbeteiligungen der Nordwest Medien Veranstalter Programm Anteile in Prozent direkt indirekt Radio-Information AudioService Zwei GmbH 94.3 r.s.2 43,0 alster radio GmbH & Co. KG alster radio VMG Verlags- und Medien GmbH & Co. KG Rockland Sachsen-Anhalt plus 7,0 Hörer in 1.000 Hördauer in Min. MA in % 0.726 2 1,0 49,6 0.173 < 0,5 < 0,5 Radio SAW 32,1 1.106 3 1,5 Rockland SachsenAnhalt keine 00.83 < 0,5 < 0,5 2.088 5 3,0 1.184 0.295 3 1 1,5 0,5 1.437 3 1,5 32,1 von 100 Zwischensumme Weitere Beteiligungen Privater Sächsischer Rundfunk GmbH & Co. KG 1. Radio PSR 2. R.SA (zuvor oldie.fm) keine Funk und Fernsehen Nordwestdeutschland radio ffn 05,2 Antenne Niedersachsen Hit-Radio Antenne 04,0 PBR Privater Bremer Rundfunk GmbH & Co. KG Radio Wir von hier keine Tabelle II-78: Hörfunkbeteiligungen der Nordwest Medien 908 Zu den Marktdaten vgl. II 2.12.2.5. 50,0 von 18,5 63,0 von 6,0 1.273 3 1,5 0.123 < 0,5 < 0,5 Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 317 (jeweils 50-Prozent-Anteil). Diese Firma hält an „Radio PSR“ 18,9 Prozent des Kapitals.909 Nordwest Medien ist mit kleinen Anteilen auch an allen drei niedersächsischen Sendern beteiligt: Bei „radio ffn“ hält sie 5,2 Prozent, bei „Hit-Radio Antenne“ wird von der DG Bank ein Anteil von 4,0 Prozent treuhänderisch gehalten, und letztlich ist sie über diese Sender indirekt auch an „Radio 21“ beteiligt. Über ein weiteres Gemeinschaftsunternehmen mit einem Anzeigenblattverlag (NWZ-Anteil 63 %) ist sie darüber hinaus mit sechs Prozent auch an dem kleinen Sender in Bremen, „Radio Wir von hier“, beteiligt. 2.12.2.7 Ippen-Gruppe Die nach dem Verleger Dirk Ippen benannte Gruppe von Zeitungsverlagen, verteilt im gesamten Bundesgebiet, ist sehr unübersichtlich konstruiert. Es gibt keine Holding, in der die zahlreichen Beteiligungen zusammengeführt sind. Der Verleger Ippen und seine Familie halten die Beteiligungen häufig persönlich, nicht über Firmen. Seit Anfang des Jahres 2002 besteht eine BGBGesellschaft, in der wesentliche Beteiligungen zusammengeführt worden sind. An dieser Gesellschaft halten neben der Familie Ippen (Mehrheit) die Geschwister Dierichs aus Kassel eine qualifizierte Minderheitsbeteiligung. Diese Beteiligung war die Gegenleistung für die Übernahme eines 90-Prozent-Anteils an dem Regionalzeitungsverlag der „Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen“, der zuvor den Geschwistern Dierichs gehörte. Informationen über das BeteiligungsPortefeuille oder über die Beteiligungsverhältnisse sind nicht bekannt. Abweichend von der sonstigen Praxis wird daher in der Übersicht über die Senderbeteiligungen der Gruppe jeweils das Unternehmen genannt, das die Beteiligungen an einzelnen Sendern hält (vgl. Tab. II-79). Die Ippen-Gruppe hält Beteiligungen an sechs landesweiten und einem bundesweiten Hörfunkprogramm. Die Hörfunkbeteiligungen werden jeweils über Zeitungsverlage der Gruppe gehalten. Bei den im Hörfunk engagierten Verlagen hält Ippen jeweils Mehrheiten. Der größte Verlag der Gruppe, der Münchener Zeitungsverlag, hält zusammen mit der Medien Union (vgl. Abschnitt II 2.12.2.8) eine Mehrheit an der „Landeswelle Thüringen“. Direkt halten die beiden Verlage jeweils zwanzig Prozent, indirekt über ein hälftig gehaltenes Gemeinschaftsunternehmen weitere 34 Prozent. Die „Landeswelle“ bleibt mit 29 Minuten in Thüringen unter der Hälfte der Hördauer des Konkurrenten „Antenne Thüringen“. Hinzu kommt eine Minute in Sachsen-Anhalt. Zusammen ergibt das bundesweit eine Hördauer von einer Minute. Die zweitgrößte Beteiligungshöhe erreicht die Ippen-Gruppe mit 24,4 Prozent beim „Radio Wir von hier“ in Bremen. Diese Beteiligung wird über die „Kreiszeitung“ im benachbarten Syke gehalten.910 Die übrigen Anteile an Hörfunkanbietern sind deutlich geringer. Über den Verlag der „Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen“ ist die Ippen-Gruppe an der „Antenne Thüringen“ beteiligt. Der Verlag in Kassel hält 11,1 Prozent. Entsprechend der länderübergreifenden Verlagstätigkeit bestehen zudem Anteile an Anbietern in Hessen und in Niedersachsen. In Hessen ist der Verlag mit 9,4 Prozent am Anbieter der Programme „Hit Radio FFH“ und „planet radio“ beteiligt, in Niedersachsen mit 1,4 Prozent an „radio ffn“. Weitere kleine Beteiligungen hält die Ippen-Gruppe über drei weitere Zeitungsverlage in Niedersachsen an „radio ffn“. Selbst zusammengenommen bleibt die Anteilshöhe aber deutlich hinter den Anteilen der größeren Eigner zurück.911 909 Zu den Marktdaten vgl. II 2.12.2.5. 910 Zu den Marktdaten vgl. II 2.12.2.6. 911 Zu den Marktdaten vgl. II 2.12.2.4. 318 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Beteiligung über Firma Programm Anteile in Prozent direkt indirekt Münchener Zeitungs-Verlag Landeswelle Thüringen 20,0 Kreiszeitung Verlagsgesellschaft Radio Wir von hier 1. Oberbayer. Volksblatt 2. Zeitungsverlag Oberbayern 50,0 von 34,0 Hörer in 1.000 Hördauer in Min. MA in % 0.413 1 0,5 24,4 0.123 < 0,5 < 0,5 Radio Melodie (bundesweit) 10,0 10,0 0.416 1 0,5 Verlag Dierichs GmbH & Co. KG Antenne Thüringen 11,1 0.713 2 1,0 Verlag Dierichs GmbH & Co. KG 1. Hit Radio FFH 2. planet radio 09,4 1.924 0.316 6 1 3,0 0,5 1. Verlag Dierichs 2. C. Beckers Buchdr. 3. F. Wolff 4. Kreiszeitung radio ffn 01,4 01,0 00,2 03,2 1.437 3 1,5 Zudem bestehen Beteiligungen am Lokalfunk in Bayern und in Nordrhein-Westfalen. Tabelle II-79: Hörfunkbeteiligungen der Ippen-Gruppe Schließlich ist die Ippen-Gruppe eines der wenigen Unternehmen mit Anteilen an einem bundesweiten Anbieter: Über Beteiligungsunternehmen in Bayern ist sie mit zweimal je 10 Prozent an „Radio Melodie“ in München beteiligt.912 2.12.2.8 Medien Union GmbH Die Beteiligungen der Medien Union in Ludwigshafen sind in hohem Maße intransparent. Das Unternehmen veröffentlicht keinen Bilanzbericht und gibt auch ansonsten allenfalls sporadisch Auskunft, z. B. zu einzelnen Expansionsschritten. Zur Umsatz- und Gewinnentwicklung werden bislang keinerlei Informationen gegeben. Im Zeitungsmarkt gehört das Unternehmen zu den größten Verlagsgruppen in Deutschland. Unter Berücksichtigung von Engagements bei Anzeigenblatt- und Buchverlagen und weiteren Aktivitäten gehört die Medien Union auch zu den größten Medienunternehmen. 50,5 Prozent der Anteile daran hält die Familie Schaub. Den Rest des Kapitals halten andere Familien. Im Hörfunkmarkt verfügt das Unternehmen über verschachtelte Beteiligungsstrukturen. Hoch ist die Beteiligung am bundesweiten Programm „sunshine live“. Die Medien Union hält ein Viertel der Anteile direkt und hält indirekt weitere Anteile an einem zu 10,5 % am Sender beteiligten Gesellschafter. Das Programm kommt bei einer bundesweiten Hochrechnung auf eine Hördauer von einer Minute und erreicht dabei regional nur in Mecklenburg-Vorpommern (4 Minuten) und in Baden-Württemberg (2 Minuten) mehr als eine Minute Hördauer. In Rheinland-Pfalz hält die Medien Union genau wie die Verlage der zwei anderen großen Zeitungen des Landes, „Allgemeine Zeitung“ und „Rhein-Zeitung“, rund ein Viertel der Anteile an den Programmen „RPR Eins“ und „RPR Zwei“. Marktführend ist „RPR Eins“ mit einer Hördauer von 46 Minuten. „RPR Zwei“ kommt auf 21 Minuten. Zusammen mit den Werten für Baden-Württemberg („RPR Eins“ 2 Minuten; „RPR Zwei“ 1 Minute), das Saarland (5/4), in NRW (2/2) und Hessen (3/3) kommen die Programme bundesweit auf eine Hördauer von 3 bzw. 2 Minuten. 912 Zu den Marktdaten vgl. II 2.12. 2. 11. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 319 Veranstalter Programm Anteile in Prozent direkt indirekt RNO Rhein-Neckar-Odenwald sunshine live 25,0 45,5 von 51,0 von 10,5 0.434 1 0,5 Landeswelle Thüringen Landeswelle Thüringen 20,0 50,0 von 37,0 0.413 1 0,5 0.847 2 1,0 1.171 0.705 3 2 1,5 1,0 Zwischensumme Hörer in 1.000 Hördauer in Min. MA in % Weitere Beteiligungen Rheinland-Pfälzische Rundfunk 1. RPR Eins 2. RPR Zwei 24,5 Radio Regenbogen Radio Regenbogen 09,9 + indirekte Beteiligung 0.915 2 1,0 Radio TON Regional Radio TON Regional keine 45,5 von 51,0 0.268 1 0,5 Radio RocklandPfalz RocklandRadio keine 10,3 von 37,4; 24,5 von 23,4 0.168 < 0,5 < 0,5 Big FM big.fm keine indirekte Beteiligung 0.340 1 0,5 Neue Berliner Rundfunk Berliner Rundfunk 91!4 keine indirekte Beteiligung 0.378 1 0,5 Radyo 94,8 Metropol Makaria (türkisch) k. A. k. A k. A. 100 Tabelle II-80: Hörfunkbeteiligungen der Medien Union Beteiligung am ehemaligen Programm „Antenne 1“ in Stuttgart nicht ausgewiesen. Abbildung II-32: Hörfunkbeteiligungen der Medien Union 320 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Die drittgrößte Hördauer erzielt in Rheinland-Pfalz mit sieben Minuten das „Rockland Radio“, an dem der Sender der beiden „RPR“-Programme mit knapp 25 Prozent beteiligt ist. Die Medien Union ist zudem über einen Anteil an der Deutschen RockRadio indirekt beteiligt, die 37,4 Prozent der Anteile an dem kleinen Sender hält. „Rockland Radio“ kommt in Rheinland-Pfalz auf eine Hördauer von 7 und in Hessen auf eine Minute. Auf eine Hördauer von 6 Minuten kommt in Rheinland-Pfalz das Programm „Radio Regenbogen“, das im Stammland Baden-Württemberg eine Hördauer von 14 Minuten aufweist (im Bundesdurchschnitt 2 Minuten). Auch an diesem Programm ist die Medien Union beteiligt: 9,9 Prozent hält sie direkt, kleinere Anteile indirekt. In Baden-Württemberg kommen indirekte Beteiligungen an „Radio TON Regional“ und an „big.fm“ hinzu. Beide Programme erreichen in Baden-Württemberg eine Hördauer von 5 Minuten, bundesweit jeweils eine Minute. In Berlin bestehen Beteiligungen an zwei Programmen. Zum einen ist die Medien Union Alleingesellschafter des Anbieters Radyo 94,8 Metropol, der das türkisch-sprachige Programm „Makaria“ veranstaltet.913 Zum anderen besteht indirekt eine kleine Beteiligung am „Berliner Rundfunk 91!4“.914 Gewichtiger ist die Beteiligung an der „Landeswelle Thüringen“ mit direkt 20 Prozent und zudem der Hälfte eines weiteren Anteils von 37 Prozent.915 2.12.2.9 Frank Otto Medienbeteiligungs GmbH & Co. KG Die Beteiligungsgesellschaft im alleinigen Anteilsbesitz des Unternehmers Frank Otto ist direkt und indirekt an fünf landesweiten Sendern beteiligt. In Hamburg und Berlin hält sie jeweils eine Mehrheitsbeteiligung. Die übrigen Beteiligungen liegen unter 25 Prozent. In Hamburg hält Otto 51 Prozent am Programm „Radio 95.0“. Die übrigen Anteile halten die Sender „Radio Hamburg“, „Radio RSH“ und „radio ffn“. „Radio 95.0“ ist der kleinste der Hamburger Privatsender mit einer Hördauer in Hamburg von 4 Minuten. In Schleswig-Holstein kommen 3 Minuten hinzu. Auch der zweite mehrheitlich im Besitz von Otto befindliche Sender zählt zu den kleineren Sendern. Bei „98 8 Kiss FM“ ist die Europäische Rundfunk und Fernseh AG in Saarbrücken mit 49,8 Prozent Minderheitspartner von Otto. Die Hördauer beträgt in Berlin 9, in Brandenburg 2 und bundesweit unter einer Minute. Relativ unübersichtlich sind die Verhältnisse bei „Energy Sachsen“. Die Netzwerk Programmanbietergesellschaft mbH Sachsen & Co. Betriebs KG stellt Programmteile her, die von einzelnen Lokalsendern in Sachsen genutzt werden. Drei dieser Sender (in Dresden, Leipzig und Chemnitz) sind mit jeweils einem Drittel Eigner des Netzwerkes. Ein Sender in Zwickau ist als Tochterunternehmen des Netzwerks organisiert. Bei der 7010 Radio Leipzig GmbH ist Otto inzwischen mit 64,3 Prozent beteiligt. An der Radio Elbwelle in Dresden hat Otto 75 Prozent übernommen. Neben der Beteiligung am Netzwerk hält die „Elbwelle“ auch einen Anteil von 23,5 Prozent an der Radio Citywelle Chemnitz, dem dritten Eigner des Netzwerks. Damit hält Otto insgesamt wesentliche Teile des Verbunds. „Energy Sachsen“ hat allerdings eine nur begrenzte Reichweite. In Sachsen kommt das Programm auf eine Hördauer von neun Minuten, zudem in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf jeweils eine Minute. 913 MA-Daten zu dem Programm liegen nicht vor. 914 Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.1. 915 Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.7. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 321 Veranstalter Programm Anteile in Prozent direkt indirekt Radio 95.0 GmbH & Co. KG Radio 95.0 51,0 097 < 0,5 < 0,5 Kiss FM Radio GmbH & Co. KG 98 8 Kiss FM 50,2 236 < 0,5 < 0,5 333 < 0,5 < 0,5 232 < 0,5 < 0,5 Zwischensumme Hörer in 1.000 Hördauer in Min. MA in % Weitere Beteiligungen delta radio GmbH & Co. KG delta radio 14,4 Radio Hamburg Radio Hamburg 61,0 von 5,0 571 2 1,0 Netzwerk Programmanbietergesellschaft mbH Sachsen Energy Sachsen indirekte Beteiligungen 312 1 0,5 Tabelle II-81: Hörfunkbeteiligungen der Frank Otto Medienbeteiligungs GmbH & Co. KG Mit kleineren Anteilen ist Otto auch am „delta radio“ (14,4 %) in Schleswig-Holstein und indirekt über den Verlag der „Hamburger Morgenpost“ an „Radio Hamburg“ beteiligt. 2.12.2.10 Radio NRJ GmbH Die Holding Radio NRJ GmbH in München gehört zu der in Frankreich erfolgreichen Radiogruppe NRJ S. A. Das Unternehmen besitzt auch in anderen Ländern Europas Radio-Beteiligungen und gehört in Deutschland zu den wenigen ausländischen Unternehmen in der Hörfunkbranche. Die in Deutschland unter der Bezeichnung „Energy“ ausgestrahlten Programme haben nur begrenzte Reichweiten. Den höchsten Anteil mit gut 80 Prozent hält die Gruppe am Programm „Energy 103,4 Berlin“. Das Programm kommt in Berlin auf eine Hördauer von 10 Minuten und in Brandenburg auf 12 Minuten, bundesweit auf eine Minute. Auch in Hamburg besteht eine Mehrheitsbeteiligung. Das Programm „Energy 97.1 Hamburg“ kommt in der Metropole auf eine Hördauer von 8 und in Schleswig-Holstein auf 2 Minuten. Bundesweit liegt die Hördauer unter einer Minute. Neben den Beteiligungen an landesweiten Sendern hält Radio NRJ auch Anteile an lokalen Sendern: – in München: „Energy München 93,3“ (60 Prozent), – in Nürnberg: „Radio Energy“ (24,6 Prozent), – in Stuttgart: „Energy Stuttgart“ (20 Prozent). Veranstalter Programm Anteile in Prozent direkt indirekt Radio 2000 Energy 103,4 Berlin 82,6 411 1 0,5 Jazz Welle Plus Hamburg GmbH Energy 97.1 Hamburg 56,0 144 < 0,5 < 0,5 555 1 0,5 312 1 0,5 Zwischensumme Hörer in 1.000 Hördauer in Min. MA in % Weitere Beteiligungen Netzwerk Programmanbietergesellschaft mbH Sachsen Energy Sachsen Tabelle II-82: Hörfunkbeteiligungen der Radio NRJ GmbH keine indirekte Beteiligung 322 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten 2.12.2.11 Oschmann-Gruppe Die Oschmann-Gruppe in Nürnberg ist insbesondere an bayerischen Lokalsendern beteiligt916 und hat sich zudem bei drei landes- und einem bundesweiten Sender engagiert. An dem Verbund sächsischer Lokalradios ist sie zusammen mit einem anderen Unternehmen aus der Telefonbuchbranche jeweils hälftig an einem Anteil von 39 Prozent beteiligt.917 Bei dem bayerischen Mantelprogrammanbieter BLR Dienstleistungsgesellschaft für Bayerische Lokal-Radioprogramme mbH & Co. KG beträgt der Anteil knapp ein Drittel. In etwa gleichrangige Partner sind eine Gesellschaft von bayerischen Zeitungsverlegern sowie die Holding Studio Gong.918 Auch bei der „Ostseewelle“ in Mecklenburg-Vorpommern zählt der Burda-Konzern zu den wichtigsten Partnern. Die Oschmann-Gruppe besitzt eine direkte Beteiligung in Höhe von 17,5 Prozent.919 Entscheidenden Einfluss hat die Gruppe über eine Mehrheitsbeteiligung (62,5 %) auf das bundesweite Programm „Radio Melodie“. Einer der Partner ist die Ippen-Gruppe (vgl. Kap. II 2.12.2.7). „Radio Melodie“ wird bereits seit 1991 ausgestrahlt. Das Programm kommt in Bayern auf eine Hördauer von zwei Minuten und liegt in den meisten anderen Bundesländern bei einer Minute, in manchen auch darunter. Bundesweit beträgt die Hördauer eine Minute. Veranstalter Programm Anteile in Prozent direkt indirekt Radio Melodie Radio Melodie 62,5 416 1 0,5 BLR Dienstleistungsges. für Bayerische Lokal-Radioprogramme mbH & Co. KG Mantelprogramm 32,0 k. A. k. A. k. A. Sächsischer Lokalrundfunk (Sachsen Funkpaket) keine 474 1 0,5 Privatradio Landeswelle Ostseewelle 17,5 257 1 0,5 Tabelle II-83: Hörfunkbeteiligungen der Oschmann-Gruppe 916 917 918 919 Vgl. Konzentrationsbericht der KEK 2000, hier S. 327 ff. Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.5. Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.3. Zu den Marktdaten s. o. II 2.12.2.3. 50,0 von 39,0 Hörer in 1.000 Hördauer in Min. MA in % Ber SAn HH Bay MV Nds BW Sn Thü 104.6 RTL Berlin GmbH AH Antenne Hörfunk-Sender GmbH & Co. KG Alster Radio GmbH & Co. KG Antenne Bayern Hörfunkanbieter GmbH & Co. Betriebs- und Werbe KG Antenne Mecklenburg-Vorpommern GmbH & Co. KG Antenne Niedersachsen GmbH & Co. KG Antenne Radio GmbH & Co. KG Antenne Sachsen HörfunkVersorgung GmbH Antenne Thüringen GmbH & Co. KG Antenne Thüringen Hit-Radio Antenne Sachsen Antenne 1 Hit-Radio Antenne Antenne MV Antenne Bayern alster radio 1. Hit-Radio Brocken 2. Project 89.0 digital 104.6 RTL Berlin Programm RTL Group Suhler Verlagsgesellschaft mbH Verlag Dierichs GmbH & Co. KG (Ippen) Rheinisch-Bergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH Verlagsgesellschaft Madsack RTL Group Springer Stuttgarter Zeitung Dr. Haas GmbH FAZ Springer RTL Group Studio Gong Verlagsgesellschaft Madsack RTL Group Ostsee-Zeitung GmbH & Co. oHG kurierverlag + druck GmbH + Co. KG >Radio Schleswig-Holstein Springer Mediengesellschaft der Bayerischen Tageszeitungen Burda Springer RTL Group Nordwest-Medien GmbH & Co. KG Bunsmann, Ulrich Schmidt-Sondermann, Albrecht Morawietz, Joachim RTL Group Verlagsgesellschaft Madsack RTL Group Eigner Tabelle II-84: Private Hörfunkanbieter und ihre größten Eigner (Eigner mit einem Anteil von mindestens 10 Prozent) Das Zeichen „>“ verweist auf Hörfunkanbieter, die in dieser Tabelle in der Spalte „Veranstalter“ verzeichnet sind. Land Veranstalter 10,4 von 65,0 ca. 75 von 59,6 von 65,0 50,0 von 35,0 30,0 von 65,0 10,4 von 65,0 50,0 von 18,0 indirekte Beteiligung 33,3 von 50,3 33,3 von 50,3 33,3 von 50,3 65,0 von 23,0 Anteile in Prozent indirekt (Fortsetzung nächste Seite) 16,7 16,7 11,1 11,1 10,0 48,9 27,0 19,0 11,0 25,8 12,2 10,9 10,9 25,0 16,0 16,0 16,0 49,7 24,0 100 direkt Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 323 Bra Ber BW Bay SH Nds Ber HH Ber HH Thü Sn Sn BB Radio Landeswelle Brandenburg GmbH & Co. KG Berlin 87,9 Rundfunkveranstalter GmbH & Co. KG big FM in Baden-Württemberg GmbH & Co. KG BLR Dienstleistungsgesellschaft mbH & Co. KG delta radio GmbH & Co. KG Funk und Fernsehen Nordwestdeutschland GmbH & Co. KG (ffn) Jazz Radio und Verlag GmbH Jazz Welle Plus Hamburg GmbH Kiss FM Radio GmbH & Co. KG Klassik Radio GmbH & Co. KG Landeswelle Thüringen GmbH LFS Landesfunk Sachsen GmbH Netzwerk Programmanbietergesellschaft mbH Sachsen & Co. Betriebs KG Energy Sachsen R.SA (zuvor oldie.fm) Landeswelle Thüringen Klassik Radio 98 8 Kiss FM Energy 97.1 Hamburg Jazz Radio 101,9 radio ffn delta radio Rahmenprogramm in Bayern big.fm 87.9 Star FM BB Radio Programm Frank Otto Medienbeteiligungs GmbH & Co. KG >Privater Sächsischer Rundfunk Medien Union GmbH Münchener Zeitungs-Verlag (Ippen) Euro Media Group GmbH & Co. KG Frank Otto Medienbeteiligungsgesellschaft Europäische Rundfunk und Fernsehen AG Radio NRJ GmbH Eurojazz-Holding Ltd. Mediengesellschaft Niedersachsen GmbH (MGN) Verlagsgesellschaft Madsack Bremer Tageszeitungen AG Big-Anlagen Rundfunk-Beteiligungs GmbH Frank Otto Medienbeteiligungsgesellschaft Europäische Rundfunk und Fernsehen AG Mediengesellschaft der Bayerischen Tageszeitungen Studio Gong >Radio Regenbogen Burda K. F. Schimper-Verlag GmbH Dr. Haas GmbH Medien Union GmbH >Radio Ton Rundfunkgesellschaft mbH Dornier RTL Group Burda Studio Gong Eigner Tabelle II-84: Private Hörfunkanbieter und ihre größten Eigner (Eigner mit einem Anteil von mindestens 10 Prozent) Das Zeichen „>“ verweist auf Hörfunkanbieter, die in dieser Tabelle in der Spalte „Veranstalter“ verzeichnet sind. Land Veranstalter verschiedene indirekte Beteiligungen 50,0 von 34,0 50,0 von 34,0 36,0 von 30,3 25,0 von 30,3 25,0 von 30,3 10,5 von 30,3 Anteile in Prozent indirekt (Fortsetzung nächste Seite) 100 20,0 20,0 100 50,2 49,8 49,8 100 13,1 11,8 10,1 23,5 14,4 13,9 36,0 32,0 32,0 48,5 10,0 100 30,0 30,0 30,0 direkt 324 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Ber Nds SH HB Sn MV HH HH Neue Berliner Rundfunk GmbH & Co. KG NiedersachsenRock 21 GmbH & Co. KG NORA NordOstsee RAdio GmbH & Co. KG PBR Privater Bremer Rundfunk GmbH & Co. KG Privater Sächsischer Rundfunk GmbH & Co. KG (PSR) Privatradio Landeswelle Mecklenburg-Vorpommern GmbH & Co. Studiobetriebs KG Radio 95.0 GmbH & Co. KG Radio Hamburg GmbH & Co. KG Radio Hamburg Oldie 95 Ostseewelle Radio PSR Radio Wir von hier Radio NORA Radio21 Der neue ROCKsender Berliner Rundfunk 91!4 Programm Springer RTL Group Heinrich Bauer Verlag KG >Frank Otto Medienbeteiligungsgesellschaft >Radio Hamburg >Radio Schleswig-Holstein >Funk und Fernsehen Nordwestdeutschland Burda Oschmann-Gruppe Studio Gong >Radio Schleswig-Holstein Nordwest-Medien GmbH & Co. KG Bremer Tageszeitungen AG Kreiszeitung Verlagsgesellschaft (Ippen) >Radio Schleswig-Holstein Bremer Tageszeitungen AG AZ Alfelder Zeitung Nordsee-Medien GmbH & Co. KG >Radio Schleswig-Holstein Radio Waterkant GmbH Heimatwelle Schleswig-Holstein & Co. KG >delta radio GmbH & Co. KG Köster Medien GmbH & Co. KG CMS Cross Media Service GmbH Verlag Heinz Heise GmbH & Co. KG >Antenne Niedersachsen >Funk und Fernsehen Nordwestdeutschland RTL Group DuMont Stuttgarter Zeitung Neue Pressegesellschaft mbH & Co. KG, Ulm FAZ Eigner Tabelle II-84: Private Hörfunkanbieter und ihre größten Eigner (Eigner mit einem Anteil von mindestens 10 Prozent) Das Zeichen „>“ verweist auf Hörfunkanbieter, die in dieser Tabelle in der Spalte „Veranstalter“ verzeichnet sind. Land Veranstalter 50,0 von 18,5 50,0 von 18,5 40,0 von 51,2 30,0 von 51,2 30,0 von 51,2 50,0 von 30,0 50,0 von 30,0 Anteile in Prozent indirekt (Fortsetzung nächste Seite) 35,0 29,2 25,0 51,0 16,4 16,3 16,3 48,9 17,5 22,2 30,0 24,4 24,4 16,0 13,0 10,0 10,2 25,3 14,2 20,0 20,0 10,0 30,0 30,0 direkt Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 325 Ber Ber Bay NRW BW RP Sl SH BW Hes Radio Hundert,6 Medien GmbH Radio-Information Audio-Service Zwei GmbH Radio Melodie Programmanbietergesellschaft mbH & Co. Studiobetriebs-KG Radio NRW GmbH Radio Regenbogen Hörfunk in Baden GmbH & Co. KG Radio RocklandPfalz GmbH & Co. KG Radio Salü – Euro-Radio Saar GmbH Radio Schleswig-Holstein KG GmbH & Co. Radio 7 Hörfunk GmbH & Co. KG Radio/ Tele FFH GmbH & Co. Betriebs-KG 1. Hit Radio FFH 2. planet radio Radio 7 Radio Schleswig-Holstein, R.SH Radio Salü Rockland Radio Radio Regebogen radio NRW Radio Melodie 94.3 r.s.2 Hundert,6 Programm Springer Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH (inzw. reduziert) Schwäbischer Verlag KG Neue Pressegesellschaft mbH & Co. KG, Ulm Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag Lübecker Nachrichten GmbH Kieler Zeitung Springer Europäische Rundfunk und Fernsehen AG Saarländischer Rundfunk Radio 2000 Beteiligungs-GmbH Sparkassenförderungsgesellschaft mbH Eurocast Rundfunk Beteiligungs GmbH Medien Union GmbH >Rheinland-Pfälzische Rundfunk RTL Group Dr. Haas GmbH Westdeutscher Rundfunk RTL Group WAZ-Konzern Springer Oschmann-Gruppe Oberbayerisches Volksblatt (Ippen) Zeitungsverlag Oberbayern (Ippen) Josef Keller GmbH & Co. Verlags-KG Nordwest-Medien GmbH & Co. KG >Radio Schleswig-Holstein Thomas Kirch Communication Power Radio Schleswig-Holstein GmbH Eigner Tabelle II-84: Private Hörfunkanbieter und ihre größten Eigner (Eigner mit einem Anteil von mindestens 10 Prozent) Das Zeichen „>“ verweist auf Hörfunkanbieter, die in dieser Tabelle in der Spalte „Veranstalter“ verzeichnet sind. Land Veranstalter + indir. Beteil. 85,0 von 44,0 von 37,4 10,3 von 37,4 21,5 von 59,0 12,4 von 59,0 Anteile in Prozent indirekt (Fortsetzung nächste Seite) 12,5 10,9 37,7 37,3 26,3 19,2 18,4 17,3 45,0 20,0 12,0 10,0 23,4 23,8 16,4 24,9 16,1 59,0 62,5 10,0 10,0 10,0 43,0 43,0 60,0 40,0 direkt 326 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten BW Ber RP BW Bay SAn Ber Sn Ber Ber SAn Radio TON – Regional Hörfunk GmbH & Co. KG Radio 2000 Gesellschaft mbH Rheinland-Pfälzische Rundfunk GmbH & Co. KG (RPR) RNO Rhein-Neckar-Odenwald-Radio GmbH & Co. KG Rock Antenne GmbH & Co. KG Rockland Sachsen-Anhalt GmbH & Co. KG RTL Radio Deutschland GmbH & Co. KG Sächsische Lokalrundfunk Skyline Medien GmbH Spreeradio Hörfunkgesellschaft Berlin mbH & Co. Medien KG VMG Verlags- und Medien GmbH & Co. KG Radio SAW Spreeradio 105,5 JAM FM (Sachsen Funkpaket) RTL Radio – Die besten Hits mit Gefühl Rockland Sachsen-Anhalt Rock-Antenne sunshine live 1. Hit-Radio – RPR Eins 2. Das Schlager Radio – RPR Zwei Energy 103,4 Berlin Radio TON Regional Programm Nordwest-Medien GmbH & Co. KG >Radio Schleswig-Holstein Dornier Testrut, Werner Bimmermann, Matthias Nordmann, Frank SBH Seminare Betriebs-GmbH Telefonbuch-Verlag Sachsen GmbH Oschmann-Gruppe Burda RTL Group Nordwest-Medien GmbH & Co. KG >Radio Schleswig-Holstein Medienges. der Bayer. Tageszeitungen Burda Springer RTL Group Tabelle II-84: Private Hörfunkanbieter und ihre größten Eigner (Eigner mit einem Anteil von mindestens 10 Prozent) 32,1 11,9 60,4 34,6 33,3 33,3 33,3 39,0 100 25,0 36,0 25,0 20,4 Rhein-Main-Tele GmbH Dr. Haas GmbH K. F. Schimper-Verlag GmbH Medien Union GmbH 24,5 20,4 79,6 26,2 direkt Medien Union GmbH Mittelrhein-Verlag GmbH Radio NRJ GmbH Medien Union GmbH Heilbronner Stimme GmbH & Co. KG Dr. Haas GmbH Eigner Das Zeichen „>“ verweist auf Hörfunkanbieter, die in dieser Tabelle in der Spalte „Veranstalter“ verzeichnet sind. Land Veranstalter 50,0 von 39,0 50,0 von 39,0 32,1 von 100 11,9 von 100 25,0 von 100 16,0 von 100 16,0 von 100 16,0 von 100 54,0 von 52,5 von 10,5 54,0 von 52,5 von 45,5 von 51,0 45,5 von 51,0 Anteile in Prozent indirekt Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 327 328 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten 2.12.3 Vermarktungsunternehmen und Programmzulieferer 2.12.3.1 Vermarktungsunternehmen Im Hörfunk hat sich in den letzten Jahren eine eindeutige Dominanz von zwei Vermarktungsunternehmen etabliert. Marktführer ist mit großem Abstand die RMS Radio Marketing Service GmbH & Co. KG in Hamburg. Der RMS gehören fast alle privaten Sender an. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten haben ihre Akquisition in der ARD-Werbung Sales & Services GmbH in Frankfurt zusammengefasst. Die AS&S vermarktet neben den öffentlich-rechtlichen auch einzelne private Programme. Diese Privatradios sind im Markt eher nachrangig. Die jeweils führenden Sender gehören der RMS an. Gegründet wurde die RMS 1990 von zunächst nur drei privaten Sendern. Im Jahr 2002 vermarktete das Unternehmen nach eigener Darstellung 184 Privatsender, die insgesamt einen Werbeumsatz von 550 Mio. Euro (brutto) erreichten. Die RMS-Sender kamen damit auch im Jahr 2002 auf einen Marktanteil von über 60 Prozent. Anteilseigner der RMS sind ausschließlich private Sender (vgl. Abb. II-33). Der hohe Marktanteil der RMS basiert nicht allein auf der eigenen Akquisition des Unternehmens, sondern umfasst auch die Umsätze, die die Sender selbst oder durch kleinere Werbekombis – insbesondere von Lokalsendern gebildet – erzielen. So bestehen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen Kombis von Lokalsendern der größeren Verlagsgruppen (WAZ, DuMont, Rheinische Post, Neue Westfälische, Ippen-Gruppe). In Baden-Württemberg ist die RK RadioKombiwerbung Baden-Württemberg GmbH & Co. KG aktiv, die zu den Gesellschaftern der RMS gehört. In Bayern bietet die Firma Studio Gong diverse Kombinationen von bayerischen und sächsischen Sendern an. Überregional werden auch die Sender dieser kleineren Kombis von der RMS vermarktet. Darüber hinaus haben sich auch einzelne Landessender zu Kombis zusammengetan, wobei es sich in der Regel um Verbünde von Sendern in einem Bundesland handelt. Auch diese Sender gehören überwiegend der RMS an. Tabelle II-85 gibt einen Überblick über kleinere Radiokombis.m RMS Radio Marketing Service GmbH & Co KG Hamburg je 11,1 RA DIO Radio RSH RA DIO Radio Hamburg Hamburg Schleswig-Holstein RA DIO Antenne Bayern RA DIO Hit Radio FFH Bayern Hessen RA DI O radio ffn Niedersachsen RA DIO radio NRW Nordrhein-Westfalen RA DIO Radio RPR Rheinland-Pfalz RA DIO Antenne Niedersachsen Niedersachsen RK Radio-Kombiwerbung Baden-Württemberg Gmb H & Co KG © FORMATT-Institut Dortmund 2003/2 Stand: März 2003 Abbildung II-33: Die Eigner der RMS Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 329 Vermarkter Kombi-Mitglieder RMS Mach 3 Marketing GmbH & Co. KG Radio Schleswig-Holstein; delta Radio; Radio NORA ja More Radio Hamburg; Oldie 95,0 ja RK Radio Kombiwerbung Baden-Württemberg GmbH & Co. KG big.fm; Hit-Radio Antenne 1; Radio Regenbogen; Radio 7; Radio TON; sunshine live u. a. ja SpotCom GmbH & Co. KG Antenne Bayern; Rock Antenne; Radio Galaxy (DAB) ja Top Radio Vermarktungs GmbH 94.3 r.s.2; 98 8 Kiss FM Mir. Marketing im Radio GmbH & Co. KG Radio PSR; R.SA; Energy Sachsen ja SAR Sachsen-Anhalt Radio Marketing GmbH Radio SAW; Rockland Sachsen-Anhalt ja Radio Energy Werbe- und Vermarktungs GmbH Energy Berlin; Hit-Radio Antenne Sachsen; Energy München; Energy Nürnberg Funk Kontakt Medien Service GmbH NDR 2; bremen vier; alster radio; Radio21 nein Umsatzzahlen sind nur von der RK Radio Kombiwerbung bekannt. Sie kam im Jahr 2000 auf 101 Mio. DM (brutto). Tabelle II-85: Kleinere Radiokombis Vermarkter 1999 2000 2001 absolut MA in Prozent RMS 421,6 449,7 416,3 061,4 AS&S gesamt – davon ARD – davon Private 221,1 221,1 000,– 257,6 226,1 031,5 224,2 192,0 032,2 033,1 andere 048,2 025,7 037,5 005,5 Hörfunk gesamt 690,9 732,9 678,0 100,0 Tabelle II-86: Umsätze der Vermarkter in Mio. Euro (netto) Quelle: ZAW 2002, S. 306 Im bundesweiten Markt steht nur die AS&S im Wettbewerb mit der RMS. Neben den öffentlichrechtlichen Programmen vermarktet die AS&S auch einzelne private Programme: JazzRadio 101,9; RTL Radio; Spreeradio 105,5; 87,9 Star FM; Radio21; 104.6 RTL; Hit-Radio Brocken; project 89.0 und Radio Salü. Die der AS&S angeschlossenen privaten Sender setzen aber nicht einmal zehn Prozent der Werbeeinnahmen der RMS-Sender um. Zusammen mit den öffentlich-rechtlichen Programmen hat die AS&S 2001 einen Marktanteil von rund einem Drittel an der Hörfunkwerbung erzielt. Die RMS kam auf über 60 Prozent. Auf die übrigen Sender, die keinem der beiden großen Vermarkter angehören, entfiel ein Marktanteil von gut fünf Prozent. Wie stark die Marktposition der RMS zumindest in den meisten Teilmärkten (Bundesländern) ist, zeigte sich auch in einem Kartellverfahren, das von den beiden Lokalsendern im Raum Aachen gegen die RMS angestrengt wurde. Die RMS hatte es abgelehnt, auch die beiden Lokalsender zu betreuen, die als einzige in Nordrhein-Westfalen nicht mit radio NRW kooperierten und darüber hinaus nicht zu den von RMS betreuten Sendern gehörten. Das Bundeskartellamt hat schließlich 1999 entschieden, dass die beiden Sender ohne Aufnahme in die RMS-Kombis keine Überlebenschance hätten, und die RMS zur Betreuung der Sender verpflichtet.920 920 Vgl. Bundeskartellamt B6-127-99. 330 2.12.3.2 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Programmzulieferer Nicht alles, was private Sender unter ihrem Logo ausstrahlen, wird auch von ihnen produziert. Es gibt zahlreiche Kooperationsformen und Rahmenprogrammanbieter, die insbesondere in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen Lokalstationen zu jenen Tageszeiten mit Programm versorgen, für die die kleinen Anbieter nicht selbst produzieren. Diese Kooperationsform mit großflächigen Programmzulieferungen ist zwar für die Hörer nicht erkennbar, immerhin aber für Interessierte transparent. In dieser Studie werden die Rahmenprogrammzulieferer den landesweiten Programmen gleichgestellt (vgl. II 2.12.2). Kenntnisse über weitere Zulieferungen sind gering. Ähnlich, wie bei der Presse PR-Material in Form von Fotos, Illustrationen und Text in die Berichterstattung einfließt, verwenden Hörfunkredaktionen auch zugeliefertes Audiomaterial. Die PR-Strategien sind raffiniert; das Material besteht beispielsweise aus den O-Tönen von Interviews, wobei nur die Antworten akustisch vorliegen, die passenden Fragen schriftlich. Damit wird es auch kleinen Redaktionen möglich, scheinbar eigenständig Interviews mit Prominenten zu führen, bei denen der Moderator einer Sendung als vermeintlicher Interviewer auftritt. Diese journalistisch umstrittene Praxis921 wird inzwischen auch von dem mutmaßlich größten Syndikation-Unternehmen, der FM Radio Network GmbH, genutzt. FM Radio Network GmbH, Augsburg Bis zum letzten Jahr gehörte die Firma mehrheitlich zur RTL Group und wurde dann von der Euro Media Group GmbH & Co. KG vollständig übernommen, die auch Alleingesellschafter des bundesweiten Senders „Klassik Radio“ ist. FM Radio Network bietet den Radiosendern vier fertig produzierte Formate zum Ankauf an. Nach Darstellung des Unternehmens kommen diese Formate auf stattliche Hörerzahlen: – „Das Bundesliga Radio mit Franz Beckenbauer“, während der Bundesligasaison wöchentlich auf bis zu 3,5 Mio. Hörer von 40 Stationen; – „Galileo im Radio“, wöchentlich, basierend auf dem gleichnamigen TV-Format von ProSieben auf bis zu 2 Mio. Hörer; – „Hollywood affairs“, von Montag bis Freitag; – „First news“. „Das Bundesliga Radio“ wird inzwischen auch in einer Version geliefert, die es den Redaktionen erlaubt, die Aussagen des Experten Beckenbauer für ein vermeintlich selbst produziertes Interview zu nutzen. Syndikationsformate scheinen insgesamt keinen großen Stellenwert im Gesamtmarkt zu haben. Wiederholt hat es im Markt Versuche gegeben, andere Unternehmen neben FM Radio Network zu etablieren. Der Erfolg neuer Zulieferer scheint aber gering zu sein. Anfang letzten Jahres meldete beispielsweise die Native Film- und Fernsehproduktion GmbH Insolvenz an, die Redaktionen über das Internet Ton- und Bildmaterial von und mit führenden Musikstars im internationalen Markt angeboten hatte. 921 Der DJV NRW debattiert derzeitig darüber, diese Praxis als nicht konform mit den journalistischen Berufsregeln zu behandeln. Dem Gewerkschaftstag 2003 liegt ein entsprechender Antrag vor. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 2.12.4 331 Fazit Bezogen auf die Hördaueranteile sind die Konzentrationsraten beim Hörfunk auf Bundesebene, verglichen mit den Werten für den Fernsehmarkt, relativ niedrig. Dies gilt für die Anbieter sowohl im Teilsystem des öffentlich-rechtlichen wie auch des privaten Rundfunks. Die Gründe dafür liegen insbesondere in der Regionalisierung sowohl der Angebots- als auch der Anbieterstruktur. Im Teilsystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind die Landesrundfunkanstalten in der Regel auf ihr jeweiliges Kernland bzw. auf benachbarte Kernländer beschränkt (Mehrländeranstalten). Trotz der mit der Kabel- und Satellitentechnik erreichten Vergrößerung der Verbreitungsgebiete erreichen die Programme von räumlich entfernten Rundfunkanstalten außerhalb ihres gesetzlich bestimmten Berichtsgebietes kaum nennenswerte Marktanteile. Maßgeblich dafür sind die nach wie vor dominante Bedeutung der UKW-Frequenzen und ihre gegenüber der Kabel- und Satellitentechnik wesentlich kleineren Verbreitungsgebiete.922 Auch im Privatfunk haben bundesweite Angebote eine ähnlich randständige Bedeutung. Durchgesetzt haben sich die landesweiten Programme. Dabei folgt die Organisationsstruktur im Privatfunk noch deutlich stärker dem föderalen Gliederungsprinzip, weil auch in den Sendegebieten der Mehrländeranstalten getrennte Angebote für die einzelnen Länder lizenziert worden sind; so etwa in Norddeutschland, wo neben den Programmen des NDR jeweils mehrere private Programme für Schleswig-Holstein, für Hamburg, für Niedersachsen und für MecklenburgVorpommern angeboten werden. In einzelnen Ländern ist auch der Lokalfunk von Gewicht, vor allem in Nordrhein-Westfalen, wo im Privatfunk ausschließlich lokale Programme angeboten werden, in Bayern trotz des konkurrierenden landesweiten Senders „Antenne Bayern“ sowie abgeschwächt in Baden-Württemberg und in Sachsen. Bis auf wenige Ausnahmen haben die Landesmedienanstalten an die einzelnen Veranstalter jeweils nur eine Lizenz vergeben. Relevante Ausnahmen von dieser Regel sind die Veranstalter Rheinland-Pfälzische Rundfunk GmbH & Co. KG („RPR Eins“ und „RPR Zwei“), die AH Antenne Hörfunk-Sender GmbH & Co. KG in Sachsen-Anhalt („Hit-Radio Brocken“ und „Projekt 89,0 digital“), die Radio/Tele FFH GmbH & Co. Betriebs KG („Hit Radio FFH“, „planet radio“ und „harmony.fm“)923 sowie jene, die ein zweites Programm über ein Tochterunternehmen anbieten: die Antenne Bayern Hörfunkanbieter GmbH & Co. Betriebs- und Werbe KG mit der Rock Antenne GmbH & Co. KG („Rock-Antenne“) sowie die Privater Sächsischer Rundfunk GmbH & Co. KG („Radio PSR“) mit der LFS Landesfunk Sachsen GmbH („R.SA“, zuvor „oldie.fm“). Hinzu kommen bei einzelnen Veranstaltern Beteiligungen an weiteren Sendern im Kernverbreitungsgebiet (z. B. bei RPR). Relevanter für die Anbieterstruktur im Privatfunk ist die Bereitschaft einer ganzen Reihe von Anbietern, sich über Beteiligungen auch außerhalb ihres Kernsendegebietes im Privatfunk zu engagieren. Dadurch ist die horizontale Konzentration im Privatfunk erheblich gestiegen (vgl. dazu exemplarisch die Entwicklung des Anbieters Radio Schleswig-Holstein GmbH, Kap. II 2.12.2.5). Ähnliche Strategien zur Expansion im Hörfunk durch Beteiligungen an mehreren Sendern verfolgen insbesondere die in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen Unternehmen. Keines dieser Unternehmen dürfte allerdings bislang auf der nationalen Ebene eine Stellung erreicht haben, die mit den Konzentrationswerten der führenden Unternehmen im Fernseh- oder Zeit922 Typischerweise erreichen einzelne Programme auch über Landesgrenzen hinaus noch größere Publika, wenn sie in diesen Regionen terrestrisch über UKW empfangen werden können. Außerhalb dieser Regionen werden dieselben Programme aber kaum noch wahrgenommen, obwohl sie vielfach über Kabel und/oder Satellit angeboten werden. 923 Für das Programm „harmony.fm“ liegen keine Reichweitendaten der AG.MA vor. Deshalb ist das Programm in den vorangegangenen Ausführungen unberücksichtigt geblieben. 332 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten schriftenmarkt vergleichbar wäre. Kurzfristig ist dies auch nicht zu erwarten. Die Anbieterstruktur im Hörfunk ist allerdings stetig von einer Vielzahl von Veränderungen geprägt; die horizontale Konzentration nimmt zu. Zudem planen einzelne der wichtigsten Hörfunkunternehmen die weitere Expansion. Zu ihnen zählen die RTL Group, der Burda-Konzern, die Oschmann-Gruppe und in jüngster Zeit auch der Springer-Konzern.924 Für die Expansionsbestrebungen bestehen inzwischen deutlich bessere Umsetzungschancen als noch vor wenigen Jahren. Bislang standen im Hörfunkmarkt insbesondere sehr kleine Anteile von Privatpersonen an einzelnen Sendern zum Verkauf. Mit der konjunkturellen und strukturellen Krise im Zeitungsmarkt gehen nun Zeitungsverlage, die insgesamt die größte Eignergruppe im Hörfunk darstellen, vermehrt dazu über, sich wieder auf ihr Kerngeschäft, den Zeitungsverlag und den Zeitungsdruck, zu konzentrieren. Die häufig lukrativen, weil gewinnträchtigen Anteile an Hörfunkunternehmen zählen unter den veränderten Rahmenbedingungen für viele Verlage nicht mehr zum Kerngeschäft und stehen zum Verkauf. Dabei handelt es sich oft nicht um kleine Anteile wie bei den Privatleuten, sondern um deutlich größere Anteilspakete, z. T. auch um Beteiligungen an mehreren Sendern. Als eines der ersten Unternehmen hat kürzlich der Verlag der „Frankfurter Rundschau“ seine Beteiligung in Höhe von gut 10 Prozent am Sender Radio/Tele FFH verkauft. Auch der bereits länger zurückliegende Verkauf des Anteilspakets des HoltzbrinckKonzerns ist mit einer veränderten Geschäftspolitik und der Konzentration auf die Printmedien begründet worden. Die Marktbeobachtungen stützen die These, dass die Konzentrationsentwicklung sich im Hörfunk nicht nur fortsetzen, sondern beschleunigen wird. Den verkaufswilligen Anteilseignern stehen als potenzielle Käufer insbesondere andere Hörfunkeigner gegenüber. Der Einstieg von branchenfremden Investoren konnte bislang allenfalls bei kleineren, nachrangigen Sendern beobachtet werden. Bei dieser Entwicklung zur Akkumulation von Beteiligungen spielen auch die vielfach vertraglich festgelegten Vorkaufsrechte zugunsten der anderen Eigner eines Senders eine wesentliche Rolle. Bereits gegenwärtig ist die Anbieterkonzentration auf der Ebene einzelner Bundesländer erheblich. Weniger unter dem Aspekt der Anbieterkonzentration als unter dem der publizistischen Konzentration könnten sich auch die diversen Kooperationsformen im Hörfunk als problematisch für die Vielfalt herausstellen. Der Einfluss von redaktionellen Zulieferern einzelner Sendungen ist dabei quantitativ und qualitativ eher gering (vgl. Kap. II 2.12.3.2). Der Einfluss von Rahmenprogrammanbietern ist größer, da im Sinne einer einheitlichen Programmfarbe wesentliche Setzungen (bis hin zu dem für den Hörfunk gewichtigen Musikformat) vom Lieferanten festgelegt werden. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise haben die Setzungen zu erheblichen Diskussionen zwischen dem Anbieter radio NRW und den angeschlossenen Lokalstationen geführt.925 Als ähnlich einflussreich könnten sich auch Vermarktungsunternehmen wie RMS (vgl. Kap. II 2.12.3.1) erweisen. Die von diesen gebildeten Kombis (Gesamtkombination bzw. Auswahl von Sendern) sind für einzelne Sender wegen ihrer Werbevolumen lukrativ, bedingen aber eine Angleichung von Programmen untereinander, da im Werbemarkt insbesondere jene Programme gebündelt vermarktet werden können, die ein unter soziodemografischen Aspekten möglichst homogenes Publikum erreichen. 924 Vgl. dazu die Äußerungen des zuständigen Vorstandsmitgliedes, Hubertus Meyer-Burckhardt (u. a. in: dpa 0178 vom 11. 7. 2003). Bei einem Anteilszukauf am hessischen Anbieter Radio/Tele FFH ist diese Strategie jüngst erstmals umgesetzt worden. Der Zukauf wurde nach dem Stichtag dieser Untersuchung vollzogen und daher im Kap. II 2.12.2 nicht berücksichtigt. 925 Vgl. dazu Pätzold u. a. Strukturen und Angebote lokaler Medien in Nordrhein-Westfalen, Schriftenreihe der LfM, Bd. 47, Düsseldorf 2003, hier S. 127 ff. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 333 Erleichtert werden den Anbietern solche Angleichungen auch, wenn landesgesetzliche oder lizenzrechtliche Auflagen zur Eigenproduktion mit dem Ziel der Vielfaltsicherung entfallen, wie dies jüngst in Hamburg mit dem Gesetz zur Neuordnung des Hamburgischen Medienrechts geschehen ist. Wenn Rundfunkveranstalter „in allen Aufgabenbereichen“ (§ 3.2) kooperieren dürfen, ergeben sich Möglichkeiten für betriebswirtschaftliche Einsparungen insbesondere bei jenen Programmteilen, die zu den aufwändigeren und damit kostenintensiven zählen, z. B. bei einzelnen journalistischen Beiträgen bis hin zu den Nachrichtensendungen. Gerade die Eigner von mehreren Radiostationen können unter derart deregulierten Rahmenbedingungen Synergiepotenziale erschließen. Deregulierungen können insofern sogar beschleunigende Wirkung auf ohnehin vorhandene Konzentrationstendenzen entfalten. 2.13 Online-Medien 2.13.1 Cross-Ownership zwischen Fernsehen und Online-Angeboten Die Anbieter der klassischen elektronischen Medien Radio und Fernsehen sind auch im Internet mit Online-Angeboten vertreten. Ihre Präsenz im Internet stellt eine Cross-Ownership-Verflechtung zwischen Rundfunkveranstaltern oder mit Rundfunkveranstaltern verbundenen Unternehmen und Online-Angeboten dar. Diese Cross-Ownership-Verflechtungen werfen die Frage auf, ob dadurch bei steigender Internetnutzung der potenzielle Meinungseinfluss eines Fernsehveranstalters oder einer Gruppierung von einem Unternehmen zurechenbaren Fernsehsendern zunimmt. Eng damit verbunden ist auch die Frage, ob sich die hochgradige Medienkonzentration im Fernsehen in Bereichen des Internets fortsetzt. Die Fragen stellen sich, selbst wenn die Nutzung der Online-Angebote nur als Ergänzung zu der ansonsten nahezu unveränderten Nutzung des Fernsehens stattfindet.926 Bei der Prüfung dieser Fragen stehen in erster Linie die redaktionell gestalteten Inhalte von OnlineAngeboten im Mittelpunkt, die über das Internet von Fernsehveranstaltern, anderen Medienhäusern oder mit solchen Inhalten neu auftretenden Unternehmen angeboten werden.927 Für die Untersuchung der Angebotstruktur und der Bedeutung einzelner Anbieter für die Nutzer des Internets ist es sinnvoll, zwischen – dem Markt für Internet-Zugangs-Anbieter (Internet Service Provider, ISP; Access Provider) und – dem Angebot von Inhalten (Content Providing) im Internet zu unterscheiden.928 Ein ISP stellt die technischen Voraussetzungen für den Zugang zum Internet über den PC für private oder geschäftliche Nutzer zur Verfügung. Hierzu gehört in der Regel eine Einwahlnummer, über die sich der Nutzer ins Internet einwählt. Ein ISP kann somit als ein Anbieter der Technik begriffen werden, der das Eingangstor zum Internet bereitstellt. Die Bereitstellung dieser technischen Dienstleistung kann erfolgen, indem der ISP mit dem Endkunden für den Zugang eine dauerhafte vertragliche Bindung (= Zugangsabonnement) eingeht. Alternativ dazu kann er Kunden den Zugang auch über einen Call-by-Call-Tarif ermöglichen. Der ISP ist also ein Unternehmen für 926 Zur These von der komplementären Mediennutzung von Internet und Fernsehen siehe Birgit van Eimeren, Heinz Gerhard, Beate Frees, ARD/ZDF-Online-Studie 2002: Entwicklung der Onlinenutzung in Deutschland, in: Media Perspektiven 8/2002, S. 346–362, hier: S. 358 f. 927 Vgl. Konzentrationsbericht der KEK 2000, S. 357 ff. 928 Ähnlich die Unterscheidung des Bundeskartellamts, B6-144/01, Verfahren Bild.de/ T-Online AG. 334 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten internetspezifische Technologien und für mit dem Zugang zum Internet verbundene technische Dienstleistungen. Presseberichten zufolge findet unter solchen Technologieunternehmen in Deutschland T-Online (Deutsche Telekom AG) mit ca. 10 Mio. Zugangskunden den größten Zuspruch. Weitere bedeutende ISPs sind in Deutschland Freenet (Mobilcom) mit ca. 3,5 Mio. und AOL (AOL Time Warner) mit ca. 2,9 Mio. Zugangskunden. Berichtet wird auch, dass das Unternehmen United Internet (u. a. GMX) zu den Aufsteigern im Markt für Internetzugang gehört.929m Unter den Gesichtspunkten der publizistischen Relevanz oder der Meinungsrelevanz stehen die Online-Anbieter von Inhalten im Mittelpunkt, die den Nutzern auch ein redaktionelles Angebot zur Verfügung stellen. Bei redaktionell gestalteten Angeboten im Internet handelt es sich um – Nachrichten oder Informationen, vor deren Veröffentlichung auf seiner Webseite der Anbieter stets Auswahlentscheidungen trifft, – Beiträge, die als seine eigene redaktionelle Leistung angesehen werden können, oder – Verweise („Links“) auf Webseiten oder Beiträge anderer Anbieter. Medienhäuser, insbesondere Verlage und Fernsehveranstalter, sind zwar typische Anbieter von Inhalten im Internet.930 Die Nutzungszahlen zeigen aber, dass sich die Struktur der Medienbranche nicht einfach auf das Internet überträgt. Denn die Online-Angebote der traditionellen Medienhäuser treffen im Internet auf neue Konkurrenten. Durchaus mit den Internetinhalten von Medienhäusern vergleichbare Inhalte bieten auch Betreiber von Suchmaschinen und ISPs an, wie zum Beispiel Google, Yahoo!, Lycos, Freenet.de, T-Online, AOL, Tiscali oder Arcor. Suchmaschinen beeinflussen über die Art und Weise der Erstellung von Trefferlisten und durch Such- oder Ordnungskriterien, Rangfolgen oder Empfehlungen Auswahlentscheidungen der Nutzer.931 Internettechnologieunternehmen wie ISPs gehen für ihre Inhalte auch Kooperationen mit Unternehmen der Medienbranche ein. Dafür stellt die Kooperation zwischen T-Online, dem ISP der Deutsche Telekom AG, und dem Online-Angebot der Zeitung Bild (bild.de) der Axel Springer AG ein Beispiel dar (bild.t-online.de).932 Auch besteht eine Kooperation von T-Online mit Burda (www.bunte.t-online.de). Bei einer Betrachtung der Entwicklung stellt sich die Frage, ob ein ISP mit redaktionell gestalteten Online-Angeboten, wie z. B. AOL Deutschland, möglicherweise über beachtenswerte Wettbewerbsvorteile gegenüber traditionellen Medienhäusern verfügt. Der Wettbewerbsvorteil des ISP kann entstehen, weil er der Anbieter des Internetzugangs ist, der dadurch möglicherweise die Eingangstür zum Internet kontrollieren kann. Jedenfalls eröffnet es ihm die Möglichkeit, seine Webseiten so zu gestalten, dass seine Zugangskunden bei ihm länger verweilen, weil sie bei ihm auch interessante Inhalte finden. Darüber hinaus kann der ISP die bevorzugte Nutzung seiner Inhalteangebote noch forcieren, weil er für den Zugang zum Internet seinen Kunden eine eigene Internetzugangssoftware einschließlich Browser mitliefert. Zusammen mit dem Angebot attraktiver Online-Inhalte ist zum Beispiel AOL erfolgreich. Dieser Erfolg drückt sich auch in der bemerkenswert überdurchschnittlich hohen Verweildauer der Nutzer im deutschen AOL-Angebot aus.933 Für die USA wird sogar berichtet, dass die Internetnutzer ca. ein Drittel ihrer Nutzungszeit alleine bei AOL Time Warner verbringen würden.934 Ohne 929 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. 01. 2003, Ebay und Google bedrängen Marktführer T-Online. 930 Vgl. Insa Sjurts, Strategien in der Medienbranche, Grundlagen und Fallbeispiele, 2. Aufl., Wiesbaden 2002, S. 314 f.m 931 Vgl. hierzu auch Monopolkommission (Hrsg.), Netzwettbewerb durch Regulierung, Hauptgutachten 2000/2001, Baden-Baden 2003, S. 341, Tz. 670. 932 Vgl. Bundeskartellamt, B6-144/01, Verfahren T-Online/Bild.de, Beschluss vom 07. 03. 2002. 933 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. 01. 2003, Ebay und Google bedrängen Marktführer T-Online. 934 Vgl. Nicola Liebert, Konzentration bei Internet-Medien, in: Financial Times Deutschland, 06. 06. 2001. (Online-Shop) (ISP) (ISP) (Reiseauskunft/-shop) (Medienunternehmen) (Online-Shop/Auktion) (Suchmaschine) (Medienunternehmen) (Internetdienste) X X X X X X – – – – X X X X X X X X X X – X X X X – X X – – – X X X (Musik) X – X X X (Musik) X – X X X X – X X Auswahl weiterer, intensiv genutzter Online-Angebote – – – – – X X X – X X X X – X X (Reise) X – – – X X – – – – – – – – – – X – – X X – – X – – X – – X X X X – X X X X X X – – – X X X – X X X X X – X X X X – X X X – X X X X X X X – X X – X – – – X – – X – – – – – – – Hinweise Bewegtbilder, Produkt- interaktive kostenauf das Echtzeit-TV, und Angebote: pflichtiger eigene Videoabruf, Marken- E-Commerce, Mitglieder-/ FernsehWeb-Radio, werbung Chat, Online- Abonnentenprogramm Musikabruf Spiele etc. service3) Online-Angebote von Fernsehsendern redaktionelles Angebot1) Nachrichten- eigene Internetauswahl Beiträge Portal2) – X X – (Verweis T-Online) – – (Verweis MSN) – – (Verweis Tiscali) – – – (Verweise) – X (Tiscali, SAT.1-Browser) X (RTL NET) technischer InternetZugang, ISP Tabelle II-87: Redaktionelle Angebote bei Online-Auftritten von Fernsehsendern und von besonders viel genutzten Online-Angeboten Quelle: KEK, eigene Recherchen, Stand: April 2003. Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität und Vollständigkeit. (Fortsetzung nächste Seite) 1)nDas Online-Angebot enthält Texte, Grafiken, Bilder und/oder andere Elemente, die als eigene redaktionelle Leistung des Anbieters angesehen werden können. 2)nEin Internet-Portal enthält ausgewählte Hinweise auf Beiträge oder Webseiten (häufig in Form eines Katalogs) von anderen Online-Angeboten, die von dem Hinweisenden unabhängig sind. 3)nAußer Internetzugang (siehe dazu nebenstehende Spalte) sind hierfür Beispiele: Speicherplatz für eigene Internetseiten, E-Mail-Fächer, Kontakt-/Stellenanzeigen, Virenprogramme, SMS. Amazon.de AOL, www.aol.de Arcor Bahn.de Bild online, Bild.T-Online.de eBay Fireball Focus online Fortunecity RTL World: RTL II, Super RTL, RTL, VOX, Gute Zeiten, schlechte Zeiten, wahreliebe.de, … n-tv online ProSiebenSat.1 Networld (vormals: KirchMedia Netzwerk): SAT.1, www.sat1.de, Kabel 1, www.kabel1.de, DSF, www.sport1.de, NeunLive, ProSieben, www.prosieben.de, … ARD, www.ard.de, wdr.de, swr3.de, mdr.de, br-online.de, swr.de, … ZDF, www.zdf.de Eurosport, www.eurosport.de Premiere, www.premiere.de MTV, mtv.de VIVA, VIVA Plus GIGA.de ausgewählte Online-Angebote von deutschen Fernsehsendern und eine Auswahl der meistgenutzten deutschsprachigen Online-Angebote Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 335 – – – X – – – X X X X – – X – – – – – X X X X X – X X X X X – – X (Stern TV) X (Spiegel TV) X (Stern TV) – – – – – – – – – – Hinweise auf das eigene Fernsehprogramm – – – – – – – – – – – – X – – X X – X – – X – – – X X X X X X X – X X X X X X X – X X X X X X X X X X X X – – X (Händler) X X – – X X X X – X X – – Bewegtbilder, Produkt- interaktive kostenEchtzeit-TV, und Angebote: pflichtiger Videoabruf, Marken- E-Commerce, Mitglieder-/ Web-Radio, werbung Chat, Online- AbonnentenMusikabruf Spiele etc. service3) X X X X – X X X – X X – – X – X – X X X – X X X – X X – – X X X (Händler) – X X – – – – – – – X X X X – (Verweis MSN) X – – X X – – – X – – X technischer InternetZugang, ISP Tabelle II-87: Redaktionelle Angebote bei Online-Auftritten von Fernsehsendern und von besonders viel genutzten Online-Angeboten Quelle: KEK, eigene Recherchen, Stand: April 2003. Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität und Vollständigkeit. 1)nDas Online-Angebot enthält Texte, Grafiken, Bilder und/oder andere Elemente, die als eigene redaktionelle Leistung des Anbieters angesehen werden können. 2)nEin Internet-Portal enthält ausgewählte Hinweise auf Beiträge oder Webseiten (häufig in Form eines Katalogs) von anderen Online-Angeboten, die von dem Hinweisenden unabhängig sind. 3)nAußer Internetzugang (siehe dazu nebenstehende Spalte) sind hierfür Beispiele: Speicherplatz für eigene Internetseiten, E-Mail-Fächer, Kontakt-/Stellenanzeigen, Virenprogramme, SMS. X – X X – X – – X X – – X X X X X X redaktionelles Angebot1) Nachrichten- eigene Internetauswahl Beiträge Portal2) freenet.de (ISP) X GMX, United Internet (Internetdienste, ISP) – Google Deutschland (Suchmaschine) X Handelsblatt.com (Medienunternehmen) X Kicker online, kicker.de (Medienunternehmen) X Lycos Netzwerk, lycos.de (ISP, Suchmaschine) X Microsoft (Softwarehersteller) X (Computer) mobile.de Der Automarkt (Online-Shop) X (Auto) MSN, msn.de (ISP) X OMS netto (Vermarktungsgemeinschaft f. Online– Tageszeitungen) Otto Versand (Online-Shop) – Scout24 (Online-Shop) – ShortNews.com GmbH/sternshortnews X Spiegel online (Medienunternehmen) X stern.de (Medienunternehmen) X sueddeutsche.de (Medienunternehmen) X Tiscali (ISP) X T-Online, www.t-online.de (ISP) X Vodafone (ISP/Mobiles Internet) X WEB.DE (ISP) X WirtschaftsWoche heute (Medienunternehmen) X wissen.de (Online-Informationen) X Yahoo! Deutschland (ISP) X ZDNet/Cnet Networks (Software/Internet) X (Computer) ausgewählte Online-Angebote von deutschen Fernsehsendern und eine Auswahl der meistgenutzten deutschsprachigen Online-Angebote 336 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 337 nun solche Presseberichte oder die Ergebnisse der Studien unter methodisch-internetforscherischen Aspekten kritisch zu prüfen, bleibt jedenfalls festzuhalten, dass ISPs bei den Inhalten mit den Webseiten der traditionellen Medienanbieter konkurrieren können. Abschließend ist zu bemerken, dass Inhalteangebote der Medienhäuser und ihrer neuen Konkurrenten im Internet in der Regel für die Nutzer (noch) unentgeltlich sind. Dies ist jedenfalls zur Zeit ein noch auffallendes Merkmal dieser Inhalteangebote. Eine Finanzierung ihrer OnlineKosten versuchen die Anbieter überwiegend über die Bannerwerbung zu erreichen. Aus diesem Grund nahm das Bundeskartellamt an, bei den für die Internetnutzer kostenlosen Inhalteangeboten liege kein eigenständiger Markt vor.935 Es wird aber auch das Bestreben bei den OnlineAnbietern erkennbar, Online-Angebote und Geschäftsmodelle zu entwickeln, um die Bereitschaft der Nutzer zu erhöhen, für Inhalteangebote im Internet zu bezahlen. In Tabelle II-87 (S. 335–336) ist eine – nicht-repräsentative – Auswahl von in Deutschland viel genutzten Online-Angeboten und der Online-Auftritte einiger Fernsehsender unter den Aspekten ihres redaktionellen Gehalts und Informationsangebots zusammengestellt. 2.13.2 Entwicklung der Internet- und Online-Nutzung in Deutschland Nach der ARD/ZDF-Online-Studie 2003 nutzten im Untersuchungszeitraum im zweiten Quartal 2002 ca. 34,4 Mio. Personen oder 53,5 % der bundesdeutschen Erwachsenen (Personen ab 14 Jahren) das Internet.936 Nach den ARD/ZDF-Online-Studien waren es 2002 44,1 % (28,3 Mio.), 2001 38,8 % (24,6 Mio.), 2000 28,6 % (18,3 Mio.), 1999 17,7 % (11,2 Mio.), 1998 10,4 % (6,6 Mio.), 1997 6,5 % (4,1 Mio.) der Bevölkerung. Im Jahre 2003 fand bei 46 % der Internetnutzer/innen die Internetnutzung nur zu Hause statt, bei 41 % sowohl im privaten Bereich als auch am Arbeitsplatz oder in der Universität oder Schule. Der Anteil der Personen, die das Internet nur vom Arbeitsplatz, von der Universität oder Schule aus nutzten, sank von 59 % im Jahr 1997 auf 13 %. Die Entwicklung der Nutzung des Internets, gemessen anhand der durchschnittlichen Verweildauer der Internetnutzung, im Vergleich zur durchschnittlichen Sehdauer beim Fernsehen stellt Tabelle II-88 dar. in Minuten 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Sehdauer beim Fernsehen Grundgesamtheit: Zuschauer ab 14 Jahren in Deutschland1) 196 201 198 203 209 214 221 Dauer der Internetnutzung Grundgesamtheit: Online-Nutzer ab 14 Jahren in Deutschland2) 002 004 008 017 026 035 045 1)nFür einen durchschnittlichen Wochentag ermittelte tägliche Sehdauer; Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung, Methode: GfK-Fernsehpanel. 2)nQuelle: ARD/ZDF-Online-Studie 2003, Methode: CATI (Computer Assisted Telephone Interviews). Tabelle II-88: Entwicklung der durchschnittlichen Nutzungszeiten beim Internet und Fernsehen 935 Vgl. Bundeskartellamt, B6-144/01, Verfahren Bild.de/ T-Online AG, Tz. 33. 936 Befragungsmethode: CATI/Computer Assisted Telephone Interviews, Grundgesamtheit: bundesdeutsche Erwachsene ab 14 Jahren, Stichprobe 2003: 2.633 Befragte, darunter 1.050 Online-Nutzer; die Untersuchung wurde vom Institut für Markt- und Sozialforschung ENIGMA GfK für Medien- und Marketingforschung, Wiesbaden, durchgeführt; zu der Studie vgl. Birgit van Eimeren, Heinz Gerhard, Beate Frees, ARD/ZDF-Online-Studie 2003, Internetverbreitung in Deutschland: Unerwartet hoher Zuwachs, in: Media Perspektiven 8/2003. 338 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Dabei wird unter Internetnutzung verstanden: – Suchen und Abruf von Informationen zur allgemeinen, beruflichen oder Freizeitorientierung, – elektronische Kommunikation (Versenden und Empfangen von E-Mails), – E-Commerce, wie das Tätigen von Bankgeschäften und Einkäufen online, – Unterhaltung durch den Besuch von Gesprächsforen und Newsgroups, – Herunterladen von Dateien wie, z. B. Musikdateien, – Abruf von Videoprogrammen oder Fernsehübertragungen, – Teilnahme an Online-Spielen, – Online-Auktionen, Versteigerungen. Mindestens einmal wöchentlich genutzt, in Prozent Versenden/Empfangen von E-Mails zielgerichtet Informationen suchen zielloses Surfen im Internet Homebanking Downloaden von Dateien Gesprächsforen, Newsgroups, Chats Audiodateien anhören Online-Auktionen, Versteigerungen Computerspiele Video ansehen Online-Shopping live Internetradio hören Buch-/CD-Bestellungen live im Internet fernsehen Gesamt 14- bis 19-Jährige 73 52 51 32 29 18 17 16 11 10 08 07 06 02 74 57 64 08 47 47 36 13 29 20 06 08 06 04 Tabelle II-89: Online-Anwendungen 2003 Quelle: Birgit van Eimeren, Heinz Gerhard, Beate Frees, ARD/ZDF-Online-Studie 2003, in: Media Perspektiven 8/2003, S. 347. Mindestens einmal wöchentlich genutzt, in Prozent Aktuelle Informationen über Deutschland und im Ausland Nachrichten Informationen über PCs und Software Sportinformationen Unterhaltungsangebote Veranstaltungshinweise ihrer Region Aktuelle Informationen über ihre Region Informationen zu Fernsehprogrammen und -sendungen Aktuelle Informationen über ihr Bundesland Informationen aus dem Kulturbereich Wetter-Informationen Kleinanzeigen (KfZ-/Wohnungsmarkt) Verbraucher- und Ratgeber-Informationen Kartenservice für Veranstaltungen Informationen zu Radioprogrammen und -sendungen Reiseinformationen Gewinnspiele Informationen zu Wirtschaft und Börse Angebote für Kinder Kontaktanzeigen Verkehrsmeldungen Sex-/Erotikangebote Gesamt 14- bis 19-Jährige 36 37 30 26 23 31 25 12 19 24 20 14 23 09 04 19 07 24 08 02 06 04 54 44 41 40 36 35 27 26 26 20 20 19 17 17 15 15 12 08 07 06 04 04 Tabelle II-90: Nutzung von Online-Inhalten 2002 Quelle: Birgit van Eimeren, Heinz Gerhard, Beate Frees, ARD/ZDF-Online-Studie 2002, Entwicklung der Onlinenutzung in Deutschland, in: Media Perspektiven 8/2002, S. 356. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 339 Für die meisten Nutzer dient das Internet zur Kommunikation per E-Mail. Mit Abstand folgt das zielgerichtete oder ziellose Suchen nach Informationen (s. Tab. II-89). Bei den abgerufenen Inhalten zeigt sich, dass hierbei das Internet in erster Linie als Medium zur Information genutzt wird. Aktuelle Informationen und Nachrichten treffen im Internet auf ein großes Nutzungsinteresse (s. Tab. II-90). 2.13.3 Strategie der Fernsehsender im Internet, dargestellt am Beispiel der RTL Group Typische Anbieter von Inhalten im Internet sind Medienhäuser, insbesondere Verlage und Fernsehveranstalter.937 Sie betrachten neben ihren Printprodukten oder Fernsehprogrammen das Internet als ein weiteres Geschäftsfeld. Die veröffentlichten Nutzungszahlen zeigen, dass die OnlineAngebote der klassischen Medienanbieter für die Internetnutzer attraktiv sind (s. u.). Wie die Medienunternehmen häufig betonen, spielt bei ihrer Internetstrategie der Transfer ihres bereits beim Leser oder Zuschauer eingeführten Markennamens eine herausragende Rolle. Ihr Ziel sei, über ihre im Fernseh-, Radio- oder Printbereich eingeführte Marke auch die Online-Angebote für die Internetnutzer interessant zu machen. Die Unternehmen begreifen die Möglichkeiten der so genannten Cross-Promotion als einen Wettbewerbsvorteil im Internet. Studien zur Nutzung des Internets und zu dem Besuch von Webseiten unterstützen die Internetstrategie der Fernsehsender. Nach der Internetforschung von Nielsen/NetRatings erweist sich die Vernetzung der Informationsangebote der Fernsehsender mit dem Internet als sehr erfolgreich. Unter den Top-25-Webseiten des Bereichs Entertainment befanden sich Anfang 2001 14 Fernsehsender oder fernsehbezogene Angebote wie Internet-EPGs. Zum Untersuchungszeitpunkt wirkte sich für RTL die parallele Nutzung zu der von RTL II ausgestrahlten Realityshow „Big Brother“ besonders positiv aus.938 Parallel dazu steigt aber auch insgesamt die Bedeutung von OnlineAngeboten des Bereichs Entertainment im Internet.939 Die RTL Group stellt ein Beispiel für ein Unternehmen der Fernsehbranche dar, das die Strategie verfolgt, das mit den Fernsehprogrammen verbundene Image oder den beim Fernsehzuschauer bereits eingeführten Markennamen zur Einführung von Online-Angeboten ins Internet zu transferieren. Die Medieninhalte der RTL Group lassen sich auch für das Internet verwerten. Dadurch erzielt der Webauftritt möglicherweise auch positive Effizienz- und Synergieeffekte. Die mit der Marke „RTL“ verbundenen interaktiven und digitalen Aktivitäten bündelt für Deutschland die RTL New Media GmbH. Unter der Markenbezeichnung „RTL World“ werden vielfältige OnlineAngebote und zahlreiche Adressen (Domains) der RTL Group und ihrer Kooperationspartner bei der Gestaltung des Internetauftritts zusammengefasst. Eine Vielzahl von Untersuchungen zeigt, dass die RTL Group mit ihrer Internetstrategie erfolgreich ist. Es liegen Veröffentlichungen über Studien vor, die von verschiedenen Internetforschern (IVW, forsa/SevenOne Interactive, AGIREV, NetValue, Nielsen/NetRatings, Jupiter MMXI) durchgeführt wurden (s. u.). Sie messen mit unterschiedlichen Methoden die Nutzung der deutschen Online-Angebote. Alle Untersuchungen zeigen, dass die RTL Group in Deutschland im Vergleich zu den anderen traditionellen Medienhäusern mit ihren Online-Angeboten eine führende Stellung erreicht hat. Das Unternehmen zählt seine Online-Angebote zu den bei den Internetnutzern 937 Vgl. Insa Sjurts, Strategien in der Medienbranche, Grundlagen und Fallbeispiele, 2. Aufl., Wiesbaden 2002, S. 314 f.m 938 Nielsen/NetRatings führt die Fernsehprogramme unter der Kategorie „Entertainment“ auf; vgl. Nielsen/NetRatings, Webangebote der Fernsehsender werden immer beliebter – steigende Besucherzahlen im gesamten EntertainmentBereich, Frankfurt/Main, 20. 03. 2001. 939 Siehe Nielsen/NetRatings, Europäische Internet Nutzung, Januar 2002, Frankfurt/Main, 15. 02. 2002. 340 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Sendergruppierung RTL Group Sites BBC Sites ProSieben/SAT.1 Online Network Groupe TF1 Sites ZDF Global Sites Channel 4 Sites Besucher (unique visitors) in Mio. ca. 4,65 ca. 3,42 ca. 1,61 ca. 1,37 ca. 0,55 ca. 0,46 Tabelle II-91: Europäische Sendergruppierungen, Besucherzahlen der Webseiten (unique visitors) in Mio., Dezember 2001 Quelle: RTL Group S. A., Annual Report 2001, S. 51; dort angegebene Quelle: Jupiter MMXI, 12/2001. beliebtesten Web-Seiten und sah sich 2001 als Marktführer bei den Online-Angeboten der Printund Fernsehanbieter. Dazu wurde unter anderem auf die Zahlen der Interessengemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) verwiesen (Kategorie „General Interest“).940 Außerdem zählt sich die RTL Group bei den Online-Angeboten der Fernsehsender oder der Sparte Entertainment auch zu den europäischen Marktführern.941 Unter anderem veröffentlichte sie dazu die in Tabelle II-91 wiedergegebenen Daten. Die hohen Zahlen an Seitenaufrufen und Besuchern der Online-Angebote von RTL World beruhen vermutlich auf der großen Attraktivität der Komplementärangebote zu Fernsehprogrammen und zu Fernsehserien. Beispiele dafür sind „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ (GZSZ), „Deutschland sucht den Superstar“, „Big Brother“, Nachrichtensendungen und Sportübertragungen (z. B. Formel 1, Skispringen), die Möglichkeit, „live“ während der publikumsattraktiven Quiz-Show „Wer wird Millionär“ im Internet mitzuspielen. Neben gelegentlichen Live-Übertragungen, wie z. B. anlässlich der Big-Brother-Show, einigen Abrufmöglichkeiten für Videobeiträge zu Internetseifenopern, Musikstücken oder zu Formel-1-Rennen, stellt RTL World in erster Linie umfangreiche Präsentationen von Informationen zum Programm, zu Einzelsendungen, Inhalten, Themen und Fernsehpersonen dar. Zudem gibt es viele Chat- und Shopping-Möglichkeiten, SMS und Spielangebote. Außerdem bietet RTL zu der zuschaueranteilsstarken Sendung „Wer wird Millionär“ Trainingsspiele, ein Online-Quiz und Hintergrundinformationen zu allen möglichen Themen, die mehr oder weniger mit Elementen der Show zu tun haben, sowie weitere Spiele zum Herunterladen mit oder ohne eine Verbindung zu existierenden (Spiel-) Fernsehsendungen. Die Quiz-Show „Wer wird Millionär“ wird in mehreren Varianten unter www.rtl.de angeboten. Hohe Zugriffszahlen hatten auch die Internetpräsentationen zu der Show „Big Brother“ erreicht. Über das Internet ließen sich unter anderem die Webcams erreichen. Ähnlich wie bei der Seifenoper „GZSZ“ oder den Quiz-Shows motivierten vermutlich die Hintergrundinformationen und (Mit-) Spielmöglichkeiten zu zahlreichen Zugriffen. Nach einer vom Veranstalter unter seinen Online-Nutzern durchgeführten Umfrage war die hauptsächliche Begründung (93 % der Befragten) für den Besuch der Big-Brother-Seiten das Motiv, sich über Ereignisse und Personen der Sendung zu informieren. Danach folgte die Angabe der Motive „Unterhaltung“ (47 %) und „Mitspielen“ (21 %). Unter dem Namen RTL World tritt die RTL Group auch als ISP auf, der den Zugang zum Internet über einen Call-by-Call-Tarif ermöglicht. Diesen Zugangsdienst bietet seit Januar 2001 die RTL NET GmbH an, eine 100 %ige Tochtergesellschaft der RTL New Media GmbH. Die Nutzung dieses 940 Vgl. RTL Group S. A., Annual Report 2002, Luxembourg 2003, S. 49. 941 Vgl. RTL Group S. A., Annual Report 2002, Luxembourg 2003, S. 48 f.; auch dieselbe, Annual Report 2001, Luxembourg 2002, S. 49 ff. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 341 Internet-Zugangs ist jedoch vergleichsweise gering. Bei einer Befragung der AGIREV von Internetnutzern (Online Reichweiten Monitor 2002 II), die das Internet von zu Hause aus nutzen, teilten 1,1 % (2002 I: 1,3 %) der Befragten mit, dass sie zur Zeit über RTL.net zu Hause in das Internet gehen. Für T-Online gaben dies 38,4 % (2002 I: 37,9 %), für AOL 20,9 % (2002 I: 20,2 %) und für freenet.de 13,2 % (2002 I: 13,6 %) der Befragten an.942 Die IP New Media, ein Joint Venture mit IP Deutschland, vermarktet die Teletext- und Online-Angebote crossmedial; einbezogen ist auch der Printbereich, da eine Kooperation mit dem Gruner + Jahr-Vermarkter EMS vereinbart wurde. Eine weitere Tochter der RTL New Media GmbH, die RTL Enterprises GmbH, betreibt Merchandising und das Lizenzgeschäft für die Senderfamilie und zusätzlich für MTV.943 2.13.4 Daten über die Nutzung der Online-Angebote der Fernsehsender im Internet Eine Vielzahl von Studien der Internetforschung gibt Hinweise auf die Bedeutung der OnlineAngebote der Fernsehsender. Für die KEK stehen folgende Fragen im Mittelpunkt: – Setzt sich die duale und konzentrierte Marktstruktur des Fernsehbereichs im Internet fort oder treten dort neue Konkurrenten auf? – Liegt im Internet durch die Konkurrenz vergleichbarer Angebote ein breites und vielfältiges Angebot vor? – Verfügen Fernsehsender über deutlich erkennbare Wettbewerbsvorteile im Internet? – Stehen die Online-Angebote der Fernsehsender in einem intensiven Wettbewerb? Hierzu zeigen einige Studien deutlich, dass sich die enge Branchenstruktur des Fernsehbereichs oder die Marktstruktur des Printbereichs nicht eins zu eins auf den Bereich des Internets übertragen hat. So treten im Internet die Online-Angebote von Fernsehveranstaltern und Printunternehmen als Konkurrenten auf. Für die Beurteilung der Wettbewerbsverhältnisse im Internet kommt hinzu, dass neue Online-Anbieter auftreten, die ebenfalls redaktionell gestaltete Inhalte anbieten. Beispiele für die neu entstandene Konkurrenz zu den traditionellen Medienhäusern im Internet sind ISPs wie T-Online, AOL Deutschland, Freenet oder 1&1. Ebenso sind Web-Portale wie Web.de zu berücksichtigen. Im Folgenden werden allgemein zugängliche Ergebnisse aus einigen, für den Konzentrationsbericht als Beispiele herangezogenen Studien aufgeführt. Die Interessengemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) veröffentlicht Daten, die von der Angebotseite her Einschätzungen über die Nutzung der deutschen Online-Angebote ermöglichen. Ermittelt wird die Internetnutzung anhand der elektronischen Spuren, die Nutzer beim Anbieter der Webseite hinterlassen. Dadurch wird unter anderem die Zahl der Page-Impressions (technische Messung der Seitenaufrufe bzw. von Seitenkontakten) erhoben. Nach den der IVW gemeldeten Page-Impressions zählen Webseiten von Fernsehsendern zu den meistgenutzten Internetangeboten. Bei den Online-Angeboten der Fernsehsender, gemessen an den bei der IVW gemeldeten Seitenaufrufen, sind die Online-Angebote der RTL Group (RTL 942 Für die Beurteilung dieser Zahlen ist wichtig, dass mit dieser Befragung nicht die Zugangskunden von ISPs erfasst werden, die vom Arbeitsplatz aus ins Internet gehen. Das Bundeskartellamt (B6-144/01) konnte auf Basis eigener Recherchen im Verfahren Bild.de/ T-Online AG (Tz. 23) Marktanteile berechnen: „… geht man von einer durchschnittlichen Anzahl von 23 Mio. Internet-Nutzern aus, … ca. 12 Mio. Menschen nutzen einen T-Online InternetZugang (Angabe T-Online, Stand: September 2001), … hat T-Online einen Marktanteil von rund 52 %. … AOL Deutschland (ca. 20 %), Freenet (ca. 10 %), Tiscali und Arcor (unter 10 %) und ca. 100 kleinere Anbieter (zusammen unter 5 %).“ 943 Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.rtlnewmedia.de. 342 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten World und n-tv online) in Deutschland führend. Auf RTL World und n-tv online zusammen entfielen im Zeitraum seit Januar 2002 zwischen 10 und 13 % der von der IVW erfassten PageImpressions (ca. zwischen 380 und 410 Online-Angebote). Unter dem Markennamen RTL World befinden sich die Online-Angebote der Fernsehsender RTL, RTL II, VOX, Super RTL und eine Anzahl themenspezifischer Online-Angebote. Das Online-Angebot des Nachrichtensenders n-tv führte die IVW bis Februar 2003 nicht unter den Online-Angeboten auf, die sie unter RTL World zusammenfasste. Der Nachrichtensender n-tv wird seit Erwerb einer knapp 50 %igen Beteiligung (Beschluss der KEK vom 12. 11. 2002, Az.: KEK 156-1) der RTL Group zugerechnet. Am 8. April 2003 meldete RTL New Media, dass bei der IVW n-tv.de erstmals als Teil des RTL-Netzwerkes RTL World ausgewiesen wird.944 Ähnlich hohe Werte wie die RTL Group erreichen auch die unter ProSiebenSAT.1 Networld (vormals Kirch Intermedia Netzwerk) zusammengefassten Webseiten (u. a. Sat1.de, ProSieben.de, N24.de, Kabel1.de, wetter.com, Sport1.de, Oktoberfest.de). Vergleichbar hoch sind die Werte, die die von der IVW aufgeführten Webseiten AOL, Bild.de (Bild.T-online.de), mobile.de Der Automarkt, MSN, Spiegel online, Focus online und Tiscali aufweisen. 14 13 12 11 10 in Prozent 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Jan 02 Feb 02 Mrz 02 Apr 02 Mai 02 Jun 02 Jul 02 Aug 02 Sep 02 Okt 02 Nov 02 Dez 02 Jan 03 Feb 03 Mrz 03 Apr 03 RTL Group (RTL World + n-tv online) N24 online ProSiebenSAT.1 Networld Bild.de mtv.de Spiegel online n-tv online Sport 1 AOL Homepage Focus online giga.de kicker-online Abbildung II-34: Anteile ausgewählter Online-Angebote an den Seitenaufrufen (Page-Impressions) der bei der IVW gemeldeten Online-Angebote von Januar 2002 bis April 2003 in Prozent 944 Vgl. RTL New Media, Unternehmensmitteilung vom 08. 04. 2003, http://www.rtlnewmedia.de. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 343 Die Daten der IVW berücksichtigen nur einen Teilausschnitt aus der Vielfalt der Online-Angebote. Diese wichtige Einschränkung trifft auch auf die Darstellung der Seitenaufrufe bei den Online-Angeboten deutscher Fernsehsender zu. So werden zur Zeit die Webseiten der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten nicht ausgewiesen. Für die Aussagekraft der IVW-Daten wäre ihr Ausweis wohl positiv, denn wie andere Untersuchungen (MMXI, Net Value) zeigen, sind ihre Online-Angebote für Internetnutzer attraktiv. Auch andere Fernsehsender wie beispielsweise Single TV, Beate Uhse TV, VIVA oder Premiere fehlen bei den IVW-Veröffentlichungen, weil sie derzeit nicht ausgewiesen werden. Folglich müssten die Anteile der aufgelisteten Online-Angebote bei den Page-Impressions deutlich nach unten korrigiert werden, würden die Internetauftritte aller deutschen Fernsehsender erfasst. Im April 2003 wurden erstmals die Page-Impressions des Inhalteangebots von T-Online (T-Online International AG: t-online.de, einschließlich Bunte.T-Online, FCBayern.T-Online) ausgewiesen. Dies hat eine deutliche Verschiebung der Anteile zur Folge, denn durch die Mitberücksichtung von T-Online entfallen nunmehr ca. 15 % der Page-Impressions auf das Inhalteangebot dieses ISPs, so dass daraus wiederum auch für die meisten anderen OnlineAngebote niedrigere Anteilswerte folgen. Die Entwicklung der Page-Impressions lässt aber auch Deutungen zur parallelen Nutzung des Internets bei bestimmten Fernsehangeboten zu, wie dies Abbildung II-35 am Beispiel der Big-Brother-Show bei RTL II zeigt. Der Beginn des Krieges im Irak im März 2003 spiegelt sich auch in der Nutzung der Nachrichtensender und ihrer Nachrichten-Online-Angebote wider. Dies zeigt die Abbildung II-36. Dass große Nachrichtenereignisse ein Ansteigen der Internetnutzung bewirken, zeigte beispielsweise auch der Terroranschlag vom 11. September 2001 auf das New Yorker World Trade Center. Diese Entwicklung betonen unter anderem auch die Studien des Marktforschungsinstituts forsa. Insgesamt weisen die Web-Seiten der Nachrichtensender n-tv und N24 eine hohe und stark 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Okt 99 Nov 99 Dez 99 Jan 00 Feb 00 Mrz 00 Apr 00 Mai 00 Jun 00 Jul 00 Aug 00 Sep 00 RTL II (Zuschauer ab 3 Jahren; Angaben in Prozent, AGF/GfK-Zuschaueranteile) RTL II (Zuschauer 14 bis 49 Jahre; Angaben in Prozent, AGF/GfK-Zuschaueranteile) RTL II (Zuschauer 14 bis 29 Jahre; Angaben in Prozent, AGF/GfK-Zuschaueranteile) RTL Online (inkl. RTL II Online; IVW-Page-Impressions, Angabe der Zahl der Zugriffe in 10 Mio.) Abbildung II-35: Zuschaueranteile von RTL II und Nutzung von RTL Online (nunmehr RTL World), inkl. RTL II Online – Big Brother Reihe; 1. Staffel vom 01. 03. 2000 bis Anfang 09. 06. 2000, 2. Staffel ab 16. 09. 2000 Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung; IVW-Online-Nutzung; KEK, Stand: Oktober 2000 344 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten 1,2 1,1 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 Jun 02 Jul 02 Aug 02 Sep 02 Okt 02 Nov 02 Dez 02 Jan 03 Feb 03 Mrz 03 Apr 03 Mai 03 Jun 03 Jul 03 n-tv online (IVW-Page-Impressions in 10 Mio.) n-tv (AGF/GfK-Zuschaueranteile bei den Zuschauern ab 3 Jahren in %) N24 Online (IVW-Page-Impressions in 10 Mio.) N24 (AGF/GfK-Zuschaueranteile bei den Zuschauern ab 3 Jahren in %) Abbildung II-36: Irak-Krieg: Steigende Nutzungszahlen im Internet und bei den Nachrichtensendern Quellen: AGF/GfK-Fernsehforschung, IVW, KEK wachsende Nutzung auf. Forsa zufolge drückt sich in diesen Nutzungszuwächsen ein gesteigertes Informationsbedürfnis der Menschen aus, das u. a. auf herausragende Nachrichtenereignisse zurückzuführen sei. Diese These von dem stetig zunehmenden und auch stark von Einzelereignissen forcierten Wachstum der Internetnutzung der Angebote der Nachrichtensender lässt sich auch anhand der in der vorherigen Abbildung angeführten Page-Impressions aufstellen. Das Marktforschungsinstitut forsa führt seit 1988 im Auftrag der SevenOne Interactive GmbH, Unterföhring, regelmäßig Befragungen zur Untersuchung des Nutzerverhaltens durch.945 Ein Schwerpunkt dieser Untersuchungen liegt in dem Vergleich der Nutzung der unter ProSiebenSAT.1 Networld (SAT.1 online, ProSieben.de, Sport1, Liebe Sünde Online, N24 Online, Oktoberfest Online, Kabel 1, wetter.com) zusammengefassten Online-Angebote mit RTL World. Für die Tabelle II-92 wurde als Nutzer erfasst, wer bei der Befragung angab, innerhalb der letzten 4 Wochen mindestens eine Webseite aus dem Umfeld von z. B. ProSiebenSAT.1 Networld besucht zu haben. Die von forsa/SevenOne Interactive veröffentlichten Befragungsergebnisse zeigen, dass die Online-Angebote der Fernsehsender für die Internetnutzer attraktiv sind und sehr intensiv genutzt werden. Allerdings liegen die Besucherzahlen bei Yahoo!, der Suchmaschine Google, dem OnlineShop Ebay oder bei Lycos Netzwerk ungefähr auf demselben Niveau oder auch höher. Beachtlich sind auch die Nutzerzahlen bei den Online-Angeboten führender Printmedien. Sie sind im Internet als Konkurrenten der Online-Angebote von Fernsehsendern anzusehen. Wie bei den IVW-Zahlen muss auch hierzu bemerkt werden, dass die Veröffentlichungen nur ein begrenztes Bild liefern können. Auch diese Studien berücksichtigen nur ausgewählte Internet- 945 SevenOne Interactive zufolge werden hierzu täglich telefonisch etwa 500 Personen (ca. 10.000 Personen je Monat, Befragte ab 14 Jahren) zu ihrem Internetnutzungsverhalten befragt; vgl. die @facts Quartalsberichte, http://www. SevenOneInteractive.de. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 345 I. Quartal 2002 III. Quartal 2002 IV. Quartal 2002 Anteil der Internetnutzer an der aus den Befragten ab 14 Jahren gebildeten Grundgesamtheit in Prozent 47,4 50,0 51,7 Internetnutzer in Mio. 30,4 32,1 33,2 RTL World ProSiebenSAT.1 Networld 33,7 29,6 35,5 33,8 31,6 32,3 zum Vergleich: Yahoo! Lycos Netzwerk Spiegel online Focus online Bild online 38,0 28,6 12,0 10,4 08,3 33,8 31,2 13,3 11,1 09,4 32,2 28,6 14,1 13,2 10,7 Nutzung von in Prozent der Internetnutzer Tabelle II-92: Internetnutzung von RTL World und ProSiebenSAT.1 Networld Quellen: @facts Quartalsberichte, I., III., IV. Quartal 2002, http://www.SevenOneInteractive.de angebote. Insbesondere heben die Ergebnisse von forsa/SevenOne Interactive hervor, dass die Webseiten der beiden Sendergruppierungen bzw. von RTL, SAT.1 und ProSieben sowie von Sport1.de bei der Fußballweltmeisterschaft 2002 oder von N24 und n-tv bei Nachrichtenereignissen für die Internetnutzer sehr attraktiv sind. Auch die von der Arbeitsgemeinschaft Internet Research e. V. (AGIREV) durch Befragungen gemessenen Reichweiten (Nutzer pro Woche) zeigen eine starke Position der Fernsehsender bei den Internetnutzern. Auf den ersten Blick fällt sie zwar weniger deutlich aus als bei den Veröffentlichungen der IVW oder von forsa/SevenOne Interactive. Allerdings werden die verschiedenen, zu Netzwerken zusammengefassten Webseiten der Sendergruppierungen gesondert aufgeführt. Deshalb ist nicht sichtbar, welchen Rang die Online-Angebote der RTL Group oder von ProSiebenSAT.1 Networld erreichen würden, wenn die Nutzung zusammengefasst dargestellt werden könnte (s. Tab. II-93).946 Bei den Nutzern im Alter von 14 bis 69 Jahren erreicht T-Online den ersten Rang. Unter den ersten Rängen befinden sich auch die ISPs MSN (Microsoft ISP), AOL, Yahoo, Freenet, Lycos und Web.de. Für den Konzentrationsbericht ist dies deshalb bemerkenswert, weil es sich um ISPs handelt, die längst auch umfangreiche redaktionell gestaltete Seiten anbieten. Um solche OnlineAngebote herzustellen, kooperieren diese Internettechnologieunternehmen auch mit Medienhäusern. Dafür sind die Kooperationen von T-Online mit dem Online-Angebot bild.de des Axel Springer Verlags, mit dem ZDF und „Auto Motorsport“ Beispiele. Insoweit sind T-Online und die anderen ISPs im Internet Konkurrenten der traditionellen Medienhäuser, die die vorher zitierten Veröffentlichungen kaum ausweisen. Neben den genannten ISPs realisieren auch die Webseiten u. a. von Fireball, Netscape, GMX, Amazon.de, Google Deutschland und eBay bei den Messungen der AGIREV höhere Reichweitenwerte als die der Print- und Fernsehunternehmen im Internet.m Dieses damit erweiterte Bild der Internetnutzung bestätigen auch die Untersuchungen von Nielsen/NetRatings. Auch hiernach befinden sich unter den 10 meistbesuchten Webseiten in Deutschland keine Online-Seiten des Bereichs Entertainment bzw. der Fernsehsender. Vielmehr weisen sie regelmäßig T-Online, Google, eBay, AOL, Microsoft (Firmen-/Softwareseite), Web.de, MSN, Yahoo!, Lycos Network und United Internet (u. a. GMX) auf den höchsten Rangplätzen aus.947 946 Vgl. AGIREV, Online Reichweiten Monitor, ORM, 2003 I, http://www.agirev.de. 947 Nielsen/NetRatings, Nielsen/NetRatings veröffentlicht erste Internet Nutzerzahlen für Surfen am Arbeitsplatz, 02. 06. 2002. 346 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten MTV Focus online Bild.T-Online.de RTL World VIVA pro7.de n-tv online (RTL Group) Spiegel online Sport1 SAT.1 online Kicker online stern.de Gute Zeiten, schlechte Zeiten (RTL World) AOL Entertainment sueddeutsche.de RTL II (RTL World) GIGA.de WirtschaftsWoche heute AOL Finanzen Handelsblatt.com Rang Reichweite in Nutzer pro Woche in Prozent 18 23 24 27 28 29 30 31 32 34 35 36 39 43 46 56 57 58 64 65 1,38 1,23 1,21 1,17 1,14 1,01 1,00 0,97 0,96 0,89 0,88 0,84 0,73 0,67 0,61 0,52 0,51 0,49 0,46 0,45 2,5 2,2 2,2 2,1 2,1 1,8 1,8 1,8 1,7 1,6 1,6 1,5 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 0,9 0,8 0,8 Bemerkenswert ist, dass sich auf den ersten Rängen für die Erhebungszeiträume im Jahr 2002 keine Webseiten von Printunternehmen oder Fernsehsendern befinden: T-Online Google Deutschland eBay YAHOO! Deutschland WEB.DE AOL freenet.de LYCOS AOL.de GMX Fireball msn.de OMS netto Amazon.de wissen.de 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 9,23 7,14 5,16 5,14 4,32 3,82 3,71 3,30 2,81 2,72 2,46 2,17 2,00 1,92 1,81 16,8 13,0 09,4 09,3 07,8 06,9 06,7 06,0 05,1 04,9 04,5 03,9 03,6 03,5 03,3 Tabelle II-93: Reichweiten der Online-Angebote von Medienunternehmen nach der AGIREV Quelle: AGIREV, Online Reichweiten Monitor, ORM, 2003 I, Grundgesamtheit, Gesamtbevölkerung, 14 bis 69 Jahre, 55,05 Mio. Personen Die meisten dieser Online-Angebote stellen mit wachsender Tendenz redaktionell gestaltete Medieninhalte bereit, auf die auch bei Zugang über andere ISPs zugegriffen werden kann. Die Bedeutung der hohen Besucherzahlen und die potenzielle Meinungsrelevanz von ISPs bedarf der weiteren Prüfung. Der Grund dafür ist, dass ISPs ihren Zugangskunden ebenfalls die erforderliche Internetsoftware (Browser, Zugangssoftware) verkaufen. Auch der Softwarehersteller Microsoft liefert als Bestandteil seiner Angebote häufig zugleich die Software für das Internet gratis mit.948 Bei der Internetsoftware der ISPs und bei Microsoft ist die jeweilige Webseite der Firma bereits standardmäßig als Startseite eingestellt. Sie erscheint dadurch als erste Webseite, wenn sich der Nutzer ins Internet eingewählt hat. So wird der Internetnutzer quasi automatisch zum Besucher der vom ISP voreingestellten Webseite. Hierzu wird berichtet, dass viele Internet948 Zu der Wettbewerbsproblematik der Bündelung von Betriebssystem und Internetsoftware bei Microsoft siehe Monopolkommission (Hrsg.), Netzwettbewerb durch Regulierung, Hauptgutachten 2000/2001, Baden-Baden 2003, S. 352, Tz. 712 f. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk Domain Sektor rtl.de (RTL World) sat1.de (ProSiebenSAT.1 Networld) sport1.de (ProSiebenSAT.1 Networld) wdr.de prosieben.de (ProSiebenSAT.1 Networld) ard.de zdf.de swr3.de mdr.de wahreliebe.de (RTL World) giga.de mtv.de br-online.de swr.de vox.de (RTL World) gzsz.de (RTL World) Fernsehen Fernsehen Fernsehen Fernsehen und Hörfunk Fernsehen Fernsehen und Hörfunk Fernsehen Hörfunk Fernsehen und Hörfunk Fernsehen Fernsehen Fernsehen Fernsehen und Hörfunk Fernsehen und Hörfunk Fernsehen Fernsehen 347 Reichweite in Prozent in Mio. 9,4 5,1 3,2 3,2 2,9 2,9 2,5 2,5 1,8 1,7 1,6 1,6 1,6 1,2 1,2 1,1 1,48 0,80 0,51 0,50 0,46 0,45 0,39 0,39 0,28 0,26 0,26 0,26 0,25 0,19 0,19 0,18 Tabelle II-94: Einzelauflistung der Online-Seiten der Fernsehsender (NetValue) nutzer solche Voreinstellungen nicht ändern, weil sie es nicht können, oder weil es ihnen als unnötig oder zu aufwändig erscheint. Hinzu kommt, dass die Zugangssoftware der großen ISPs in der auf dem Markt angebotenen Computer-Hardware vielfach vorinstalliert ist. Auch die veröffentlichten Untersuchungsergebnisse der Internetforschung von NetValue bestätigen die Bedeutung der ISPs bei der Internetnutzung.949 Im Unterschied zu den anderen Veröffentlichungen führt NetValue die Online-Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf. Dies zeigt, dass sich im Internet durch die Online-Auftritte sämtlicher Fernsehsender auch eine durch die duale Rundfunkordnung beeinflusste Angebotsstruktur entwickelt. Unter den Aspekten der Sicherung der Meinungsvielfalt ist dies hervorzuheben. Es zeigt sich eine durchaus starke Stellung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die sie mit ihren OnlineAngeboten erreichen. Allerdings werden bei solchen Darstellungen häufig unter ard.de die OnlineAngebote aller Dritten Programme zusammengefasst. Sichtbar wird auch die starke Stellung der unter RTL Television und KirchGruppe zusammengefassten Online-Angebote. Bei einer für Februar 2002 veröffentlichten Einzelauflistung der Online-Seiten der Fernsehsender nimmt die Domain rtl.de den ersten Platz ein. Deutlich werden auch die beachtenswerten Reichweiten der Dritten Programme, des ZDF, von sat1.de und des Sportangebots der ProSiebenSAT.1 Networld im Internet, sport1.de (s. Tab. II-94).950 2.13.5 Fazit Im Internet entwickeln sich neue publizistische Wettbewerbsstrukturen; Print- und Fernsehunternehmen sind dort Konkurrenten. Dadurch kommt es zu einer Auflockerung der Marktstrukturen bei redaktionell gestalteten Online-Inhalten. Aber nicht nur Fernsehsender, Zeitungen oder Verlage konkurrieren mit ihren Nachrichten- und Informationsangeboten oder unterhaltsamen Angeboten um die Internetnutzer. Hinzu kommen als Konkurrenten Radiosender, ISPs, WebPortale, Suchmaschinen oder auch ausschließliche Anbieter von Online-Informationen oder -Nachrichten. 949 Siehe NetValue Deutschland, Internetgemeinde in Deutschland wächst weiter, 07. 06. 2002. 950 Vgl. Fritz Raff, Online heute aus Sicht der ARD, in: Media Perspektiven 3/2002, S. 119.