Die Entstehung des neutestamentlichen Kanons - Bibel

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Die Entstehung des neutestamentlichen Kanons - Bibel
Nicole Chibici-Revneanu
September 2004
Die Entstehung des neutestamentlichen Kanons „Kanon“ (gr. κανών): urspr. aus der Bausprache: Rohr, Maßrohr (Lehnwort aus dem Seminischen: Qaneh) im NT: Maßstab, Regel, Richtschnur (Gal 6,16; 2Kor 10,13‐16) ab 2. Jh. für bindende kirchliche Norm; ab 4. Jh. für Liste der als verbindlich festgelegten ntl. Schriften 
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Die Autoritäten des Urchristentums: Die „Schrift“ (Tora, Propheten, Schriften = unser „Altes Testament“) - AT‐Kanon noch nicht abgeschlossen (erst Ende 1. Jh.), auch „Apokryphen“ gelesen (vgl. Jud) - Gelesen wird meist die „Septuaginta“ (LXX), d.h. die griechische Übersetzung des AT Jesus Christus - Herrenworte schon bei Paulus gleichrangig mit Schriftworten Dabei auch "Agrapha" (nicht in den Evangelien aufgezeichnete Jesusworte) - Entstehung der Evangelien  später gesammelt (M. 2. Jh.?), zuerst als kanonisch durchgesetzt Apostel: von Jesus Christus beauftragt, führen sein Werk weiter - erste Sammlungen von Paulusbriefen ca. ab 80 (bezeugt in 2Petr 3,15f; 1Clem; Ign) - einzelne Schriften lange umstritten: Apk, Hebr, katholische Briefe Entwicklung im frühen Christentum:  neben das AT treten neue Autoritäten: Herrenworte, Apostelzeugnis - Gedanke der Unantastbarkeit: Apk 22,18f (vgl. Dtn 4,2; 13,1; Jer 26,2) - Gedanke der Inspiration: 2Tim 3,16 („gottgehauchte Schriften“), 2Petr 1,21 („vom hl. Geist getrieben“)  im Gottesdienst werden neben dem AT auch neue „Schriften“ gelesen - Jesusworte als „Schrift“ bezeichnet: Barnabasbrief, 2Clemensbrief 2,4 (Mitte 2.Jh.) - neben heutigem NT auch andere Schriften: Barnabasbrief, 1/2Clemensbrief, Didache, Hirt des Hermas … ("Apostolische Väter")  aus „Gelegenheitsschreiben“ werden heilige, kirchlich verbindliche Schriften. Nicole Chibici-Revneanu
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September 2004
Die Fixierung des Kanons innere Gründe: Generationswechsel  Zeugnis muss festgehalten werden Wahrung der Einheit  durch Kanon, „Glaubensregel“ und Amt äußere Gründe: Irrlehrer stellen ihre jeweiligen „heiligen Schriften“ zusammen Marcion (Rom, um 144): zweiteiliger Kanon aus Euangelion (Lk) und Apostolikon (10 Pls‐Briefe) reinigt“ dabei alle Texte von atl.‐jüd. Elementen  antijüdisch, neuer Kanon statt AT  bewirkt: Bildung eines zweitlg. Kanons (AT+NT), mit jüd. Elementen Montanus (Phrygien, um 160): versteht sich als „Paraklet“ charismatisch‐asketische Bewegung Offener Kanon aus Evangelien, apostolischen Schriften, neuen (montanistischen) Prophetien  bewirkt: Grenzen des Kanons werden festgelegt Kriterien für „Kanonizität“  Apostolizität: die Schrift muss auf Apostel oder deren Schüler (z.B. Mk, Lk) zurückgehen  Sachgemäßheit: die Schriften müssen im Wesentlichen übereinstimmen  Gebrauch in den Gemeinden: Schrift muss für ganze Kirche bestimmt sein Wichtige Stationen „Canon Muratori“ (um 200): ohne Hebr, Jak, 1/2 Petr, 3Joh (Oström. Reich) 39. Osterfestbrief des Athanasius (367): NT aus 27 Schriften (Weström. Reich) Decretum Gelasianum (382); Synode von Hippo Rhegius (393) (oriental. Nationalkirchen) eigene Entwicklung des Kanons in syrischer Kirche Reformation: Luthers neue Kriterien  von Aposteln geschrieben  „was Christum treibet“ !!!  Hebr, Jak, Jud, Apk ans Ende gesetzt, nicht mit nummeriert: „Christum nicht rein und hell dargegeben“! „Schriftenkanon“ unterschieden von „Sachkanon“ („Kanon im Kanon“) Hebr nicht mehr Paulus zugeschrieben (Tridentinum in der r.k. Kirche: Hebr als Paulusbrief) Problematisierung des Kanons in der Aufklärung (Semler): Kanonsgeschichte sagt nur Historisches aus, nichts über Notwendigkeit und Richtigkeit der Abgrenzung  Kanon prinzipiell unabgeschlossen (Kümmel, vgl. luth. Bekenntnisschriften: keine eindeutige Festlegung)