Pflege bei chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen.
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Pflege bei chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen.
Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege Corvinusring 20, 2700 Wiener Neustadt Tel. Nr.: 02622/321 Kl.:2755 Fax: 02622/321/2674 Fachbereichsarbeit Jahrgang: 1999-2002 Patrick Kaiser ([email protected]) Inhaltsverzeichnis 1 2 3 4 5 6 7 Vorwort .............................................................................................. 1 Krankheitsentstehung, Krankheitsbilder und Therapie................. 2 2.1 Definition COPD .............................................................................. 2 2.2 Asthma bronchiale........................................................................... 2 2.2.1 Symptome und Diagnostik ....................................................... 3 2.2.2 Therapie ................................................................................... 4 2.3 Chronische Bronchitis...................................................................... 5 2.3.1 Symptome und Diagnostik ....................................................... 5 2.3.2 Therapie ................................................................................... 6 2.4 Lungenemphysem ........................................................................... 6 2.4.1 Symptome und Diagnostik ....................................................... 7 2.4.2 Therapie ................................................................................... 7 Pflege bei chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen............. 9 3.1 Pflege bei akuter Atemnot ............................................................... 9 3.2 Pflege im anfallsfreien Zeitraum ...................................................... 9 Psychohygiene................................................................................ 11 4.1 Bewältigungsphasen ..................................................................... 11 4.2 Bewältigungsstrategien ................................................................. 12 4.3 Hilfen zur Krankheitsbewältigung .................................................. 14 Pflege im Akutfall............................................................................ 16 5.1 Erstmaßnahmen bei Akuter Atemnot ............................................ 16 Unterstützung bei der Therapie ..................................................... 18 6.1 Anwendung von Dosieraerosolen.................................................. 18 6.1.1 Vorbereitung........................................................................... 18 6.1.2 Durchführung ......................................................................... 18 6.1.3 Nachsorge.............................................................................. 19 6.2 Sauerstofftherapie ......................................................................... 19 6.2.1 Umgang mit Sauerstoff........................................................... 20 6.2.2 Verabreichungsformen ........................................................... 21 6.2.3 Wichtiges für die Pflege.......................................................... 22 Atemtraining.................................................................................... 23 7.1 Atemerleichternde Lagerungen im Bett ......................................... 23 7.1.1 Allgemeine Lagerungen bei Atemnot ..................................... 23 7.1.2 Spezielle Dehn- und Entlastungslagerungen ......................... 24 7.2 Atemerleichternde Körperstellungen ............................................. 27 7.2.1 Kutschersitz und Reitsitz ........................................................ 27 7.2.2 Torwartstellung....................................................................... 28 7.3 Atemübungen und Atemgymnastik................................................ 28 7.3.1 Kontaktatmung ....................................................................... 28 7.3.2 Einatemtechniken................................................................... 29 7.3.3 Ausatemtechniken.................................................................. 29 7.3.4 Atemstimulierende Einreibung ............................................... 30 7.4 Sekretlösende Maßnahmen .......................................................... 31 7.4.1 Manuelle sekretlösende Maßnahmen .................................... 32 7.4.2 Inhalative Sekretlösende Maßnahmen ................................... 34 7.5 Lagerungsdrainagen ..................................................................... 35 7.5.1 Drainage der Unterlappen ...................................................... 36 7.5.2 Drainage des rechten Mittellappens/der linken Lingula .......... 37 7.5.3 Drainage der Oberlappen....................................................... 37 7.6 Effektive Hustentechnik ................................................................. 39 7.6.1 Stimulieren von produktivem Husten...................................... 39 7.6.2 Dämpfen bei Reizhusten ........................................................ 39 8 Patienteninformation und -schulung ............................................ 41 8.1 Allgemeines................................................................................... 41 8.2 Aufstehen und Ankleiden............................................................... 41 8.3 Körperpflege.................................................................................. 42 8.4 Inhalator und Sauerstoffgerät ........................................................ 43 8.5 Wohnen und Arbeit........................................................................ 43 8.6 Freizeit gestalten ........................................................................... 44 8.7 Sicherheit ...................................................................................... 46 9 Nachwort.......................................................................................... 47 10 Literaturverzeichnis........................................................................ 48 1 Vorwort In meiner Fachbereichsarbeit beschäftige ich mich mit der Pflege von Patienten mit Asthma bronchiale, Chronischer Bronchitis und Lungenemphysem, also mit der "Pflege bei Chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen". Dies ist - wie ich bald bemerkt habe - bei weitem kein "trockenes" Thema, viele verschiedene Bereiche der Pflege sind gefordert. Patienten mit chronischen Lungenkrankheiten erfordern andere Strategien, als bei jemandem, der nur so schnell wie möglich gesund werden will. Sie sind in ihrem Alltag stark eingeschränkt, und wissen oft nicht wie sie mit dieser Einschränkung umgehen sollen. Durch gezielte (pflegerische) Unterstützung kann der Patient lernen, mit seinen Ressourcen auszukommen. Ziel meiner Fachbereichsarbeit ist es, möglichst viele dieser Pflegestrategien zusammenzufassen. Das dabei die reine Grundpflege (wie korrekte Mundpflege,....) in den Hintergrund getreten ist, lässt sich nicht vermeiden. Die Arbeit würde sonst die vorgegebenen Seitenanzahl weit sprengen! Seite 1 von 48 2 Krankheitsentstehung, Krankheitsbilder und Therapie 2.1 Definition COPD COPD1 ist die Abkürzung für "Chronisch-obstruktive Lungener- krankungen". Unter diesem Begriff versteht man eine "lang andauernde entzündliche Erkrankungen der Bronchien und der Lunge mit Verengung (Obstruktion) der Atemwege einhergehend". (KOMERELL, 2000, S. 649) Die einzelnen Krankheitsbilder der COPD sind: • Chronisch-obstruktive Bronchitis • Asthma bronchiale • (Obstruktives) Lungenemphysem Die Abgrenzung dieser drei Krankheiten ist sehr schwer, meist überschneiden sich die Symptome erheblich. 2.2 Asthma bronchiale "Asthma bronchiale2 ist eine allergische entzündliche Erkrankung der Atemwege mit bronchialer Hyperreaktivität. Durch die Obstruktion ist besonders die Ausatmung erschwert." (KELLNHAUSER, 2000, S. 830) 1 engl.: COLD (Chronic obstructive lung disease) 2 oft kurz Asthma (griechisch: Atemnot) Seite 2 von 48 Trotzdem Mischformen überwiegen, unterscheidet man: • Das exogen-allergische Asthma, das durch allergische Reaktionen auf Stoffe in der Umwelt ausgelöst wird (z.B. Hausstaubmilben, Blütenpollen, Tierhaare od. Nahrungsmittel). • Das nicht-allergische Asthma, dessen Ursachen in Infektionen, körperlicher Anstrengung, Kälteexposition, Rauchen, aber auch in psychischen Faktoren (z.B. Stress) liegen. Außerdem können antientzündliche Medikamente wie Aspirin die Entstehung von Asthma begünstigen bzw. einen Anfall auslösen. Diese Form betrifft meist nur Erwachsene. Asthma bronchiale kann, ebenso wie die Chronische Bronchitis, die Ursache für die Ausbildung eines Lungenemphysems sein. 2.2.1 Symptome und Diagnostik Ein Asthmaanfall äußert sich durch plötzliche, schwere Atemnot aufgrund einer (reversiblen) Atemwegsobstruktion. Meist wird der Anfall von (vor allem zu Anfallsbeginn) schweren Hustenanfällen mit dem Auswurf von zähem, glasigem Schleim begleitet. Die Ausatmung ist erschwert und verlängert, man hört typische giemende, pfeifende und brummende Atemgeräusche. Durch die gestörte Atemfunktion kann es zur Zyanose mit blauer Verfärbung der Schleimhaut und Lippen kommen. Häufig wird die Atemhilfsmuskulatur eingesetzt, der Patient nimmt die "Asthmatikerstellung" (aufrecht sitzend mit nach vorne gebeugtem Oberkörper) ein. Bei schweren Anfällen, die über mehr als 6 Stunden anhalten, spricht man vom "Status asthmaticus". Seite 3 von 48 In der anfallsfreien Zeit ist der Asthma-Patient meist ohne Beschwerden, selten ist ein schwaches exspiratorisches Atemgeräusch vorhanden. Die Diagnose eines Asthmaanfalles ist meist offensichtlich. Zur Einschätzung des Zustandes des Patienten kann ein Thorax-Röntgen, eine Lungenfunktionsprüfung, ein EKG (cardiale Beeinträchtigung?), verschiedene Laborparameter (v.a. Blutgasanalyse) sowie eine Allergieaustestung bei erstmaligem Auftreten eines Anfalles durch den Arzt veranlasst werden. 2.2.2 Therapie Die wirksamste Behandlung bei allergischem Asthma ist das Meiden der allergieauslösenden Stoffe. Zusätzlich können Bronchospasmolytika, Teophyllin, sowie Glukokortikoide gegeben werden. Antibiotika werden angewendet, wenn der Anfall durch einen Atemwegsinfekt ausgelöst wurde. Sedierende Medikamente sollten nicht gegeben werden, da sie den Atemantrieb dämpfen. Die Sauerstoffzufuhr von 2-4 l/min über eine Nasensonde bzw. 5-8 l/min über Maske darf nicht ohne Arztanordnung erfolgen, da durch Sauerstoff der Atemreflex herabgesetzt werden kann. Eine antiobstruktive Dauertherapie richtet sich nach der Anfallshäufigkeit und -schwere, begonnen bei der regelmäßigen Anwendung von KortisonSprays, über Bronchospasmolytika-Sprays bis zur oralen GlukokortikoidTherapie. Psychotherapeutische Hilfe und Atemtherapie werden später noch angesprochen. Seite 4 von 48 2.3 Chronische Bronchitis Die Chronische Bronchitis definiert sich laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit "Husten und Auswurf an den meisten Tagen von mindestens drei Monaten zweier aufeinanderfolgender Jahre". (KOMERELL, 1997, S. 653) Man unterteilt die Chronische Bronchitis in zwei Arten: • primäre chronische Bronchitis: Ursache ist meist langjähriges Rauchen, in seltenen Fällen sind Verunreinigungen der Atemluft Grund für das Auftreten der Krankheit • sekundäre chronische Bronchitis: Verursacht durch andere Grunderkrankungen (Lungenfibrose,...). 2.3.1 Symptome und Diagnostik Meist gibt es eine langanhaltende Periode der Symptomfreiheit, einzig Hustenanfälle am Morgen mit schleimig-weißlichem Auswurf (auch als "Raucherhusten" verharmlost) weisen auf die beginnende Schädigung der Lunge hin. Nach einiger Zeit stellt sich dann eine anfallsartige Belastungsdyspnoe ein. Das vermehrt gebildete Bronchialsekret kann nur schwer abgehustet werden, außerdem ist das Lungengewebe bereits geschädigt. Dieser ideale Nährboden für Krankheitserreger führt zur bakteriellen Besiedelung mit häufigen akuten Infektschüben, wobei sich das Krankheitsbild mit jedem Schub verschlimmert. Der Patient zeigt nun alle Symptome eines Bronchospasmus mit Schleimhautödem und zähem Sputum (Dyskrinie). Im Endstadium der chronischen Bronchitis hat der Patient ständigen Sauerstoffmangel, Kohlendioxid reichert sich im Blut an. Es bildet sich ein Seite 5 von 48 obstruktives Lungenemphysem, als Endstadium sowohl des Asthma bronchiale als auch der chronischen Bronchitis. Die Diagnose ist wie beim Asthma in der Regel offensichtlich, auch hier geht es um die Einschätzung der Schwere der Erkrankung. Dazu werden eventuell (Blutbild, pathologische Sputumuntersuchungen, Blutgasanalyse), Thorax-Röntgen Laborparameter sowie eine Lungenfunktionsüberprüfung durch den Arzt angeordnet. 2.3.2 Therapie Hauptziel der medikamentösen Therapie ist die Lösung des hartnäckigen Schleimes (durch Sekretolytika wie Ambroxol), sowie die antibiotische Therapie der Atemwegsinfekte. Eine antiobstruktive Therapie wird - wie beim Asthma bronchiale bereits beschrieben - je nach Schwere der Beeinträchtigung durchgeführt. Hustendämpfende Mittel verhindern das Aushusten des Sekretes und sind deshalb kontraindiziert! 2.4 Lungenemphysem Das Lungenemphysem stellt meist die "Endstation" für Patienten die an Asthma bronchiale bzw. an chronischer Bronchitis erkrankt sind, dar. Es gibt drei Ursachen für das Entstehen eines Lungenemphysems, wobei die Häufigkeit dieser Ursachen stark variiert: • Am häufigsten kommt es dazu durch das langfristige Bestehen von Asthma bronchiale oder einer chronischen Bronchitis. Langjähriges Rauchen ist meist der Hauptgrund. • Verliert das Lungengewebe im Alter seine Elastizität kommt es zu einer langsamen Entwicklung eines Altersemphysems. Seite 6 von 48 • Selten kann ein vererbter Enzymmangel (α1-Antitrypsin-Mangel) die Ursache sein. Allen Fällen gemeinsam ist eine Zerstörung der elastischen Lungenfasern (durch chronische Entzündungen oder chronische Reize wie Husten,...). Die Lunge verliert ihre Elastizität, sie wird überdehnt. Die Alveolarsepten werden zerstört und die Alveolen verschmelzen zu immer größeren Emphysemblasen. Dadurch schrumpft die Gasaustauschfläche der Alveolen, bis es zur respiratorischen Globalinsuffizienz kommt. Diese ist irreversibel, teilweise Heilung kann dann nur mehr eine Lungentransplantation bringen. 2.4.1 Symptome und Diagnostik Der Patient hat chronische Atemnot, die sich bei Belastung noch verschlimmert. Die Symptome der - meist - ursächlichen chronischobstruktiven Lungenkrankheit verschlimmern diesen Zustand noch. Typisch ist ein sog. "Fassthorax", der Thorax ist überbläht und ständig in Inspirationsstellung. Das rechte Herz wird durch den erhöhten Widerstand der Lunge übermäßig belastet, es kommt zum Cor pulmonale (der Rechtsherzinsuffizienz). Die weiterführende Diagnostik ist fast ident mit der bei Asthma und chronischer Bronchitis. 2.4.2 Therapie Da das zerstörte Lungengewebe nicht mehr wiederhergestellt werden kann, wird nur mehr versucht die Symptome des Emphysems zu lindern und ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Das Wichtigste ist ein absolutes Rauchverbot! Seite 7 von 48 Wie auch beim Asthma bronchiale sind medikamentöse Maßnahmen gegen die Atemwegsobstruktion angezeigt, Infekte werden antibiotisch behandelt. Liegt bereits eine Rechtsherzinsuffizienz vor, bekommt der Patient eventuell Diuretika. Oft bessert eine Sauerstofflangzeittherapie die Beschwerden, Atemtherapie und Psychotherapeutische Hilfe werden später angesprochen. Seite 8 von 48 3 Pflege bei chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen 3.1 Pflege bei akuter Atemnot Bei akuter Atemnot, wie sie bei Asthmaanfällen oder bei akuten Krankheitsschüben von Emphysem und chronischer Bronchitis vorkommt, ist es wichtig genau zu wissen was zu tun ist. Werden die Symptome frühzeitig erkannt, kann durch richtige Atemtechnik und Unterstützung bei der Medikamenteneinnahme (Dosieraerosole) ein Anfall eventuell sogar verhindert werden. Eine genauere Beschreibung der Pflege bei Asthmaanfällen findet man im Kapitel "5.1 Pflege bei Akuter Atemnot". 3.2 Pflege im anfallsfreien Zeitraum Der Zeitraum, wo sich der Patient besser fühlt, kann genutzt werden, um wichtige Verhaltensweisen mit dem Patienten einzuüben. Außerdem richtet sich die Pflege auch nach der ärztlichen Therapie. Unterstützung bei der medikamentösen/ärztlichen Therapie: • ausreichende Flüssigkeitszufuhr (oral oder i.v.), meist 2-4 Liter täglich. Vorsicht ist jedoch bei Bestehen einer Herzinsuffizienz geboten, es könnte eine Flüssigkeitsbilanz notwendig sein. • Einschulung und Unterstützung bei der Anwendung von Dosieraerosolen (siehe Kapitel 6.1) • Schulung und Unterstützung bei Langzeit-Sauerstofftherapie (siehe Kapitel 6.2) Seite 9 von 48 • Pflege bei Kortisontherapie bzw. Antibiotikatherapie Pflege: • Information des Patienten über eine Vermeidung der wichtigsten Auslöser (Allergene, berufliche Noxen, Kälte,.....) für seine Krankheit. Unbedingt muss eine Raucherentwöhnung angestrebt werden! • Vermittlung atemerleichternder Lagerungen und Körperstellungen (siehe Kapitel 7.1 und 7.2) • Atemtechniken, wie die Lippenbremse, mit dem Patienten einüben (siehe Kapitel 7.3) • im stationären Bereich Drainagelagerungen und andere Maßnahmen zur Sekretmobilisation (siehe Kapitel 7.4 und 7.5) • Erlernen der richtigen Hustentechnik (siehe Kapitel 7.6) • Tipps geben zum Umgang mit der verminderten körperlichen Leistungsfähigkeit, sowie zur Prophylaxe von Atemnotanfällen (siehe Kapitel 8) • Psychische Unterstützung bei chronischen Krankheiten (siehe Kapitel 4) • evtl. Vermittlung psychotherapeutischer Hilfe, Hinweise auf Selbsthilfegruppen Seite 10 von 48 4 Psychohygiene Jeder Patient, der an einer chronischen, progredienten Krankheit wie COPD leidet, macht irgendwann die Erfahrung des Krankenhausaufenthaltes, weil sich seine Symptome akut verschlimmert haben. Er ist dann in einer "Lebenskrise". Der Umgang mit dieser Krise stellt nicht nur für den Patienten eine Herausforderung dar, auch das Pflegepersonal muss sich - neben den allgemeinen Pflegemaßnahmen - mit den verschiedenen Bewältigungsstrategien und Krankheitserfahrungen befassen und darauf eingehen. Nur so ist eine ganzheitliche Betreuung des COPD-Patienten möglich. 4.1 Bewältigungsphasen Jede Lebenskrise, also auch die Einweisung in eine Krankenanstalt wegen einer akuten Symptomverschlechterung, ruft beim Betroffenen Reaktionen zum Umgang seiner Krise hervor. Diese Reaktionen kann man ziemlich gut in mehrere Bewältigungsphasen einteilen. Natürlich werden diese Phasen individuell unterschiedlich schnell durchlaufen und wechseln sich oft auch ab. • Die erste Phase ist gekennzeichnet durch einen gewaltigen Schock. Die Diagnose oder Verschlechterung der Krankheit wird verleugnet. Viele Patienten glauben (unrealistischerweise) an eine Fehldiagnose und verweigern die Behandlung. Seite 11 von 48 • Phase 2 ist die "Aggressionsphase". Der Patient ist wütend über seine Krankheit und gereizt. Dies kann sich auch durch unfreundliches Verhalten gegenüber dem Pflegepersonal äußern. Wichtig ist, dass die professionelle Pflegekraft weiß, dass die Wut nicht gegen sie persönlich gerichtet ist. Sie ist nur ein Ausdruck der Hilflosigkeit des Patienten gegenüber seiner Krankheit • Schließlich geht die Aggression in Depression über, dies wird als Phase 3 bezeichnet. Meist tritt diese Phase ein, wenn der Patient erste Einbußen bei seiner körperlichen Leistungsfähigkeit bemerkt. Er verliert an Selbstwertgefühl. • Verhandelt und hadert der Patient mit seinem Schicksal, so ist er in Phase 4 angelangt. • Schließlich hat der Erkrankte seine Lage akzeptiert und sein Leben dementsprechend umorientiert. Bis zu dieser Phase 5 ist es meist ein langer Weg. Bei schnellem Krankheitsverlauf wird dieser wünschenswerte Zustand oft nicht erreicht. Durch das Wissen über die einzelnen Phasen ist es möglich, genauer auf den Zustand des Patienten einzugehen. Außerdem sollte professionelles Pflegepersonal die Krankheitsbewältigung fördern, und versuchen, den Patienten schrittweise näher zur Akzeptanz der Krankheit zu bringen. 4.2 Bewältigungsstrategien Jeder Patient zeigt unterschiedliche Strategien zur Bewältigung seiner Krise. Bei einer akuten Verschlechterung seiner Symptome reichen vertraute Lösungsstrategien oft nicht aus. Es kommt zur Unsicherheit und Überforderung, das Leben muss neu geordnet werden. Die Pflegenden sind gefordert, den Patienten im Finden neuer, wirksamer Seite 12 von 48 Lösungsstrategien zu unterstützen. Gelingt dies nicht, so macht sich beim Patienten Hoffnungslosigkeit breit. Es gibt natürlich viele individuell unterschiedliche Strategien zur Bewältigung einer Krise. Schlussendlich laufen sie jedoch immer auf vier Grundmuster zusammen: Eine Variante ist die "Bewältigung durch Verleugnung". Der Patient versucht die Symptome seiner Krankheit zu unterdrücken und zu verharmlosen. Diese Patientengruppe kehrt nach Akutschüben meist schnell wieder zur Normalität zurück. Durch das Unterdrücken der Symptome kommen sie jedoch nicht so schnell ins Krankenhaus, was den Behandlungsbeginn verzögert. Einige Patienten versuchen durch gesteigerte Aktivität ihre Krankheit zu bewältigen. Die Krankheit wird als Herausforderung empfunden, der Patient wirkt aktiv bei der Therapie mit. Diese Patienten wollen viel über ihre Krankheit wissen, sie nehmen Hilfe gerne an, auch die Einnahme der Medikamente erfolgt korrekt und regelmäßig. Nachteile gibt es bei dieser Bewältigungsstrategie keine. Wenn der Patient seinen Zustand als Strafe für z.B. seinen Lebenswandel ansieht, also einen Sinn in seiner Krankheit sucht, so spricht man von der "Bewältigung durch Sinnsuche". Auch diese Patientengruppe hat eine hohe Compliance, Hilfen werden gerne angenommen und schädliche Verhaltensweisen (z.B. Rauchen) geändert. Sie hadern jedoch auch oft mit sich selbst, machen sich Vorwürfe selbst an allem Schuld zu sein. Hilfe sollte hier sehr vorsichtig angeboten werden! Seite 13 von 48 Die "Bewältigung durch soziale Einbindung/Unterstützung" ist gekennzeichnet durch einen überforderten und hilflosen Patienten. Er bittet ständig um Hilfe und kommt mit seiner Krankheit nicht alleine zurecht. Diese Patienten lassen sich ebenfalls gerne helfen und suchen auch oft Kontakt zu anderen Betroffenen. Es besteht jedoch die Gefahr des sekundären Krankheitsgewinnes! Außerdem wird das Pflegepersonal durch die ständigen "Hilferufe" ("Was soll ich tun?",...) über Gebühr belastet. Diese Patienten werden vom irritierten Pflegepersonal oft fälschlicherweise als Problempatienten betitelt. 4.3 Hilfen zur Krankheitsbewältigung Die Analyse der individuellen Krankheitsbewältigungsstrategie und der Bewältigungsphase kann also sehr viele Informationen über die Ursachen des Verhaltens des Patienten vermitteln. Professionelles Pflegepersonal sollte gezielt die durch den psychischen Zustand gegebenen Ressourcen fördern, und darauf achten, das die Nachteile der einzelnen Bewältigungsstrategien nicht überwiegen. Viele chronisch Kranke schlittern durch die Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit, und ihre oftmaligen Krankenhausaufenthalte in die soziale Isolation. Pflegende können hier - natürlich nur auf Wunsch des Patienten - helfen, Selbsthilfegruppen in dem hinweisen. sie Wird Besuche es vermitteln gewünscht, oder so auf kann psychologische Hilfe angeboten werden. Um Enttäuschungen bei etwaigen Rückfällen zu vermeiden ist eine Vorbereitung auf Änderungen im Verlauf der Krankheit vonnöten. Der Patient muss sich seiner Krankheit bewusst sein, er darf sie nicht verdrängen. Seite 14 von 48 Um einen sekundären Krankheitsgewinn zu vermeiden, sollte der Patient angeregt werden, einen neuen Lebensstil zu finden. Nur so kann er sich mit seiner geänderten Lebenssituation zurecht finden. Auch ist es gerade im Krankenhaus wichtig, Verantwortung für die Erkrankung an den Patienten zurückzugeben. Er sollte also sehr bald lernen, z.B. mit seinem Inhalator umzugehen, und seine medikamentöse Therapie selbst zu überwachen. Frühzeitige Patientenschulung und -information unterstützt dies. Es hat sich bewährt, den Kranken nicht als Patienten zu sehen, der alles zu tun hat, was man sagt. Vielmehr sollte er als "Behandlungspartner" akzeptiert werden. Er muss sich darauf verlassen können, im Erlernen des Umganges mit seiner Krankheit vom Pflegepersonal voll unterstützt zu werden. Seite 15 von 48 5 Pflege im Akutfall Kommt ein Patient mit einer COPD in ein Krankenhaus, so handelt es sich meist um eine akute Verschlechterung seiner Krankheitssymptome. Bei Asthma bronchiale kann ein besonders starker Anfall der Grund für eine Krankenhauseinweisung sein. Auch kann es in stationärer Behandlung zu Notfällen mit plötzlicher akuter Atemnot kommen. Die spezielle Pflege in dieser Phase richtet sich im Prinzip nach dem Symptom "Dyspnoe3", egal welche Erkrankung dem Zustand zugrunde liegt. 5.1 Erstmaßnahmen bei Akuter Atemnot Bei Dyspnoe hat der Patient das Gefühl das er zu wenig Luft bekommt. Sitzt der Patient aufrecht und setzt seine Atemhilfsmuskulatur ein, so spricht man von Orthopnoe. Begleitet ist diese schwere Form der Atemnot meist vom Gefühl des Erstickens. Der Patient hat also Angst zu ersticken. Deshalb ist es wichtig, dass die Pflegeperson Ruhe bewahrt, und nicht in Hektik ausbricht. Besonders aufgeregte Mitpatienten und Besucher sollten aus dem Zimmer gebeten werden. Hektik und Aufregung können bei akuter Atemnot das Zustandsbild stark verschlimmern. Der Oberkörper des Patienten muss sofort hochgelagert werden, um die Atmung zu erleichtern 3 Dyspnoe = Akute Atemnot Seite 16 von 48 Nun kann man dem Patienten - wenn vorhanden - Hilfestellung bei der Anwendung seiner Dosieraerosole geben. Tritt keine sofortige Besserung seines Zustandes auf, muss ärztliche Hilfe über die Rufanlage bzw. durch Rufen verständigt werden. Auf keinen Fall darf ein Patient mit akuter Atemnot - auch nur kurz - alleine gelassen werden. Beengende Kleidungsstücke sind sofort zu entfernen. Als psychische Hilfe kann das Öffnen der Fenster dienen, dabei darf jedoch nicht darauf vergessen werden, dass kalte Luft die Atemwegsobstruktion möglicherweise verschlimmert. Zur Unterstützung der Atemhilfsmuskulatur können Pölster unter die Arme gelegt werden, auf denen sich der Patient abstützen kann. Auf Arztanordnung (bzw. nur in Notfällen in Notkompetenz eigenverantwortlich) wird Sauerstoff verabreicht. Dies jedoch bei chronischen Lungenerkrankungen nur in geringen Dosen (z.B. 2 l/min.), da sonst der Atemantrieb verringert werden kann. Die Sauerstoffgabe erfolgt am besten über eine Nasensonde, da eine festsitzende Sauerstoffmaske bei Atemnot unangenehm wirkt. Der Patient muss dann natürlich zur Einatmung durch die Nase angehalten werden. Bewusstseinslage, Hautfarbe (blau?), Blutdruck und Puls sind ständig zu überwachen. Da der Patient keine Luft zum Sprechen zur Verfügung haben wird, ist - so weit als möglich - ständig Blickkontakt zu halten, um nonverbale Kommunikation zu ermöglichen. Eventuell können noch weitere Medikamente (Teophyllin, Glukokortikoide), sowie Materialien zum Absaugen und zur Intubation gerichtet werden, um bei Zustandsverschlechterung und Eintreffen des Arztes adäquat vorbereitet zu sein. Seite 17 von 48 6 Unterstützung bei der Therapie 6.1 Anwendung von Dosieraerosolen Bei Dosieraerosolen gibt es zwei verschiedene Arten: Zum einen Dosieraerosole, bei denen das Medikament durch Treibgas ausgestoßen wird, dazu zählen z.B. Kortisonpräparate. In Dosieraerosolen ohne Treibgas (z.B. einige Bronchodilatoren) ist das Medikament in Pulverform enthalten, und wird bei Gebrauch durch einen erzeugten Luftstrom herausgeblasen. Die korrekte Handhabung der verschiedenen Geräte ist relativ einheitlich, jedoch sollte die Gebrauchsanweisung wegen etwaiger Besonderheiten immer durchgelesen werden. 6.1.1 Vorbereitung Viele Patienten haben verschiedene Dosieraerosole zur Dauermedikation und zur Notfallbehandlung. Eine farbliche Markierung (z.B. rot für Notfallmedikament) kann ihm helfen, diese zu unterscheiden. Die Reihenfolge der Verabreichung muss immer so aussehen: Zuerst das bronchienerweiternde Medikament benutzen und dessen Wirkung abwarten. Anschließend das cortisonhaltige Medikament verabreichen. 6.1.2 Durchführung • Dosieraerosol mit Treibgas zwischen Daumen und Mittelfinger halten und schütteln. Bei Dosieraerosolen ohne Treibgas entfällt dies. Nun die Schutzkappe entfernen Seite 18 von 48 • Bei Dosieraerosolen ohne Treibgas kann am Dosierrad die Medikamentendosis eingestellt werden. • Patienten tief ausatmen, dann das Mundstück fest von den Lippen umschließen lassen. Dabei muss der Medikamentenbehälter nach oben zeigen. • Während der Patient langsam und tief einatmet, drückt er bzw. die Pflegeperson auf den Kanister. • Nun soll die Luft möglichst fünf Sekunden angehalten werden, dann sollte der Patient durch die Nase ausatmen. 6.1.3 Nachsorge Um einer zu starken Bakterienbesiedelung entgegenzuwirken ist es angebracht, das Mundstück nach jedem Gebrauch (mindestens jedoch einmal am Tag!) mit heißem Wasser zu reinigen. Dann das Dosieraerosol gut abtrocknen, die Schutzkappe nach Gebrauch immer aufsetzen. Vor allem bei Cortisonpräparaten hilft eine anschließende Mundspülung eine Pilzinfektion der Mundhöhle zu verhindern. 6.2 Sauerstofftherapie Um die Sauerstoffkonzentration des Blutes zu erhöhen, ist es sinnvoll, bei Lungenerkrankungen mit Atemnot Sauerstoff zu verabreichen. Sauerstoff gilt jedoch als Medikament, und ist deshalb - außer im Notfall - nur auf Arztanordnung zu verwenden. Die ärztliche Verordnung muss die Verabreichungsform (über Nasensonde/-brille oder Maske), sowie die Menge und Dauer der Behandlung (auch ob ständig oder intermittierend4) beinhalten. 4 intermittierend = mit Unterbrechungen Seite 19 von 48 Gerade bei chronischen Lungenerkrankungen ist eine ärztliche Verordnung wichtig, da Sauerstoff den Atemantrieb hemmt, und so eventuell eine negative Wirkung auslösen kann. Deshalb: Sauerstoffverabreichung bei chronischen Lungenerkrankungen nur in geringer Menge! 6.2.1 Umgang mit Sauerstoff Die Bereitstellung des Sauerstoffes erfolgt auf vielen Stationen durch einen Wandanschluss mit Verbindung ins zentrale Sauerstoffreservoir. Es gibt jedoch auch mit hohem Druck in Flaschen gepressten Sauerstoff. Diese Flaschen sind immer blau (genormt) und teilweise tragbar, so dass der Patient auch zuhause mit Sauerstoff versorgt werden kann. Sie können wiederbefüllt werden. Ein Druckminderer sorgt für eine kontrollierte Abgabe, wobei die Einstellung meist in Liter/Minute erfolgt. Die Konzentration des Sauerstoffes liegt bei 100 %, zum Vergleich: die Atemluft enthält nur ca. 21 %. Da Sauerstoff die Verbrennung fördert sind einige Sicherheitsmaßnahmen im Umgang zu beachten: • In der Umgebung darf nicht geraucht werden, Fette und Öle können in Verbindung mit Sauerstoff explodieren ! • Sauerstoffflaschen kühl lagern, nicht werfen oder rollen und bei Nichtgebrauch das Ventil mit einer Kappe sichern. • Weiters sollten Sauerstofflaschen vor Gebrauch immer kontrolliert werden, ob sie voll sind. Dazu wird das Ventil geöffnet, und am Seite 20 von 48 Manometer der Druck in bar abgelesen. Volle Flaschen haben einen Druck von 150 bis 200 bar. • In leeren Flaschen immer einen Restdruck belassen, da die Wiederbefüllung sonst aufwendiger wird. Um den Sauerstoffvorrat einer Flasche zu berechnen, gibt es eine Formel: Man multipliziert das Flaschenvolumen (z.B. 2 Liter) mit dem angezeigten Druck auf dem Manometer. Dies zeigt, wie viele Liter Sauerstoff sich noch in der Flasche befinden. Diese Summe wird durch die abgegebenen Liter pro Minute dividiert, dann erhält man die Minuten, wie lange die Flasche noch reicht. 6.2.2 Verabreichungsformen Nasenkanülen/-katheter werden in die Nase eingeführt (ca. 1 cm bei Kanülen, Katheter bis in den Nasenrachenraum) und mit einem Schaumgummipolster fixiert. Sie stören den Patienten wenig, er kann weiterhin ohne Probleme essen, trinken und sprechen. Auch wird der Sauerstoff durch die Nasenschleimhaut gut angefeuchtet. Es treten jedoch häufig Reizungen der Nasenschleimhaut auf, außerdem verstopft die Kanüle leicht. Die Pflegeperson muss also regelmäßig Lage und Durchgängigkeit der Sonde kontrollieren. Die Sauerstoffbrille besitzt 1-2 cm lange Einflussstutzen, die beidseits in die Nasenlöcher eingeführt werden. Die Schlaufen werden wie Brillenbügel hinter den Ohren vorbeigeführt, unter dem Kinn treffen sich die Schlaufen wieder. Auch bei der Sauerstoffbrille wird die Luft durch die Nasenschleimhaut gut angefeuchtet. Sie stellt jedoch eine leichte Beeinträchtigung des Patienten beim Essen und Sprechen dar. Außerdem führt sie bei Langzeitanwendung öfters zu Druckstellen hinter den Ohren. Seite 21 von 48 Eine Sauerstoffmaske wird locker auf Nase und Mund aufgesetzt. Sie ermöglicht die Verabreichung höherer Sauerstoffkonzentrationen, behindert den Patienten aber beim Sprechen. Vielfach fühlt er sich auch eingeengt. Die Sauerstoffmaske wird deshalb meist nur kurzfristig in der Akutbehandlung eingesetzt. 6.2.3 Wichtiges für die Pflege Sauerstoff ist extrem trocken, deshalb muss er bei Langzeitanwendung immer mit destilliertem Wasser angefeuchtet werden! Dazu gibt es eigene Gefäße, meist Einmalartikel, die bei jedem Patienten (ebenso wie das Schlauchsystem) bzw. beim gleichen Patienten regelmäßig zu wechseln sind. Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen geboten. Da bei ihnen der zugeführte Sauerstoff wie schon erwähnt - den Atemantrieb herabsetzen kann, müssen sie besonders beobachtet werden. Bei jeder Eintrübung des Bewusstseins des Patienten muss sofort ein Arzt verständigt werden. Seite 22 von 48 7 Atemtraining 7.1 Atemerleichternde Lagerungen im Bett Ein Bereich des Atemtrainings stellt die Lagerung und Mobilisation dar. Durch gezielten Lagewechsel kann eine bewusstere Wahrnehmung der Atmung und eine Verbesserung des Gasaustausches erreicht werden. Es werden mehr gesunde Bereiche belüftet, Sekret und Schleim können leichter abfließen. So weit es dem Patienten möglich ist, sollte er die Lagerungspositionen selbstständig einnehmen. Genaue Planung der Lagerungs- und Ruhephasen gemeinsam mit dem Patienten erhöht dessen Bereitschaft, bei der (Selbst-)Pflege mitzuarbeiten. Dadurch wird ein höheres Intervall des Lagewechsels gewährleistet. Bei Lagerung durch das Pflegepersonal sollte eine mindestens zweistündliche Lagerung angestrebt werden. 7.1.1 Allgemeine Lagerungen bei Atemnot Oberkörperhochlage Das Kopfteil des Bettes wird erhöht, so das sich der Patient in einer halbhohen bis sitzenden Position befindet. Das Gesäß des Patienten muss direkt im Knick Kopfteil/Liegefläche liegen, da sonst sein Rücken nicht gestreckt ist und sein Bauch einsinkt. Ein gefaltetes Handtuch oder ein Keilkissen vor dem Sitzbeinhöcker verhindert das Abrutschen. Auch ein Polster oder eine Bettkiste zum Abstützen bei den Füßen haben den selben Effekt. Seite 23 von 48 Zur zusätzlichen Unterstützung der Atemhilfsmuskulatur können die Arme noch auf Polstern hochgelagert werden. Eine Knierolle bringt durch Entspannung der Bauchmuskulatur weitere Erleichterung. Sie verleitet den Patienten jedoch zur Immobilität und sollte daher mit Vorsicht angewandt werden. Die Oberkörperhochlage stellt für Patienten mit Atemnot meist die angenehmste Lage dar, da sie im Sitzen leichter und tiefer durchatmen können. Trotzdem sollte sie – wenn der Patient nicht unter extrem starker Dyspnoe leidet - nur im Wechsel mit anderen Lagerungen erfolgen, weil immer die oberen Lungenabschnitte besser belüftet werden. Außerdem darf die Gefahr eines Dekubitus im Gesäßbereich nicht unterschätzt werden. Seitenlage Der Wechsel von linker und rechter Seitenlage ermöglicht die vermehrte Belüftung der jeweils seitlich oben liegenden Lungenabschnitte. Das Bronchialsekret folgt der Schwerkraft in Richtung Hauptbronchus und kann leichter ausgehustet werden. Die 90 ° Seitenlage birgt jedoch eine große Druckbelastung auf die unten liegende Körperhälfte. Deshalb sollte diese Lage nie länger als 30 Minuten durchgeführt werden. 7.1.2 Spezielle Dehn- und Entlastungslagerungen "Dehnlagerungen bewirken durch eine bessere Lungenentfaltung eine Vergrößerung der Atemfläche. Außerdem unterstützen sie die Beweglichkeit des Brustkorbs. Sie sind vor allem bei chronischen Lungenerkrankungen empfehlenswert." KOMERELL,1997, Seite 116 Seite 24 von 48 Diese Lagerungen sollten vom Patienten erlernt werden, so kann er sie selbstständig ausführen. Dies ist wichtig, da sie als Entlastungsübungen zwar regelmäßig ausgeführt werden sollten, jedoch eine unangenehme Körperposition erfordern. Der Patient muss den Nutzen dieser Lagepositionen kennen, er kann sie einnehmen, wann immer er glaubt, dass sie ihm helfen. Drehdehnlage Dabei liegt der Patient auf der Seite, das obere Bein leicht angewinkelt. Der obere Arm liegt hinter dem Kopf, die Hand im Nacken. Nun dreht der Patient den Oberkörper langsam so weit als möglich nach hinten, die Lage der Beine darf dabei nicht verändert werden. In dieser Stellung versucht er nun einige Zeit zu bleiben (siehe Abb. 1). Dabei ist es wichtig, dass er auf eine ruhige Bauchatmung achtet. Diese Übung sollte in regelmäßigen Abständen auf beiden Seiten wiederholt werden. Abb. 1: Drehdehnlage Halbmondlage Der Patient liegt auf dem Rücken und streckt die Beine aus. Ein Arm wird unter den Kopf gelegt, wobei die Hand im Nacken liegt. Nun bewegt der Patient die andere Hand und die Beine auf einander zu, bis eine halbmondähnliche Lage erreicht wird (siehe Abb. 2). Diese – die oberen Lungenteile der gedehnten Seite besser belüftende - Lage sollte auf beiden Seiten jeweils 5-10 Minuten beibehalten werden. Eventuell kann Seite 25 von 48 auf dem gedehnten Lungenteil eine Vibrationsmassage durchgeführt werden. Abb. 2: Halbmondlage VAT– Lagerungen Bei den VAT-Lagerungen (V-, A- und T-Lagerung) liegt der Patient am Rücken, wobei mittels Kissen eine gezielte Hohllagerung des Brustkorbs erzielt wird. Der Lungenteil, der hohlgelagert wird, wird gedehnt, und dadurch besser belüftet. Die V-Lagerung erreicht man, in dem man zwei Kissen zu Schiffchen formt, und sie hinter dem Patienten wie ein V legt. Die Spitzen der Kissen sollen sich im unteren Sakralbereich überlappen. Ein weiterer Polster unterstützt den Kopf. Dadurch werden die unteren Lungenbezirke gedehnt, und die Flankenatmung gefördert. Die A–Lagerung funktioniert ähnlich wie die V-Lagerung, nur das die Kissen umgedreht werden (deshalb auch umgekehrte V-Lagerung). Der Patient kommt mit dem dritten Halswirbel auf den überlappenden Kissen zu liegen, der Hals sollte frei bleiben (siehe Abb. 3). Die oberen Lungenbezirke werden so besser belüftet. Legt man die zwei Kissen in T-Form, so spricht man von der T-Lagerung. Die gesamte Wirbelsäule liegt auf dem längs liegenden Kissen, das quer Seite 26 von 48 liegende Kissen unterstützt den Kopf (siehe Abb.4). Dabei werden alle Lungenbezirke besser belüftet. Diese Lagerungen können mehrmals am Tag für 10-20 Minuten durchgeführt werden. Abb. 3: A-Lagerung Abb. 4: T-Lagerung 7.2 Atemerleichternde Körperstellungen Bei obstruktiven Lungenerkrankungen kann durch verschiedene Körperstellungen die Atmung nachhaltig erleichtert werden. 7.2.1 Kutschersitz und Reitsitz Beim Kutschersitz sitzt der Patient nach vorne gebeugt, verschränkt die Hände und stützt die Hände auf den Knien ab. Wenn der Patient auf dem umgedrehten Stuhl sitzt, so dass er die verschränkten Hände auf die Lehne stützen kann und der Rücken dabei gerade ist, so spricht man vom Reitsitz. Sowohl Kutscher-, als auch Reitsitz bewirken eine Vergrößerung der Atemfläche durch Dehnung des Brustkorbes. Die aufgestützten Arme Seite 27 von 48 unterstützen die Atemhilfsmuskulatur. So wird das tiefe Atmen und das Aushusten erleichtert. 7.2.2 Torwartstellung Bei Atemnot im Stehen beugt sich der Patient und stützt die gestreckten Arme an den Oberschenkeln ab. Eine andere Möglichkeit wäre es, sich mit einer Hand an einer Wand, und mit der anderen an der Hüfte abzustützen In dieser sogenannten "Torwartstellung" bleibt er, bis der Atemnotanfall vorüber ist. 7.3 Atemübungen und Atemgymnastik Atemübungen und Atemgymnastik gehören hauptsächlich zum Aufgabengebiet der Physiotherapie. Aber auch Pflegenden sollten grundsätzliche Techniken beherrschen, um den Patienten dabei anleiten und unterstützen zu können. Vor Atemübungen ist es sinnvoll, das Zimmer zu lüften. 7.3.1 Kontaktatmung Die einfachste Übung stellt das regelmäßige, tiefe Durchatmen dar. Dazu wird der Patient immer wieder aufgefordert. Durch Auflegen ihrer Hände kann die Pflegeperson ihm seine Atmung noch mehr bewusst machen. Um die Bauchatmung zu fördern werden beide Hände auf den Bauch des Patienten gelegt. So wird die Durchlüftung der unteren Lungenabschnitte verbessert. Für die Verbesserung der Flankenatmung werden die Hände seitlich auf den Brustkorb gelegt. Der Patient wird immer aufgefordert, die Hände "wegzuatmen". Seite 28 von 48 7.3.2 Einatemtechniken Die folgenden Einatemtechniken bewirken eine Weitstellung verengter Bronchien durch Einatmen mit verlangsamter Luftströmung. Dadurch wird der Strömungswiderstand reduziert, und damit die Atemarbeit erleichtert. Bei der Schnüffeltechnik atmet der Patient mit nach vorne gestrecktem Kopf ein, wie wenn er einen angenehmen Geruch "erschnüffeln" wollte. Da dadurch eine Verlängerung der Nasengänge erreicht wird, bleibt die Luft länger in der Nase. Sie wird so besser angefeuchtet und erwärmt. Außerdem wird durch eine stärkere Anspannung des Zwerchfells die Einatemmuskulatur gekräftigt. Eine andere Möglichkeit ist die Gähntechnik. Dabei zieht der Patient seine auf dem Mundboden breit liegende Zunge mehrmals nach hinten und wartet auf den Gähndrang. Nun gähnt er mit geschlossenen Lippen ("Höflichkeitsgähnen") und atmet dabei tief ein. Nach kurzem Luftanhalten atmet er am besten mit der Lippenbremse aus. 7.3.3 Ausatemtechniken Die wichtigste Ausatemtechnik für COPD-Patienten stellt die dosierte Lippenbremse dar. Sie ist gut geeignet, Sekret zu lösen, tiefe Lungenbezirke zu belüften und die Atemmuskulatur zu kräftigen. Der Patient atmet dazu normal ein, seine Ausatmung erfolgt jedoch bei fast geschlossenem Mund. So wird die Luft durch die Lippen etwas zurückgehalten. Der Patient sollte dabei weder Druck anwenden, noch Geräusche erzeugen. Diese Technik muss so gut vom Patienten erlernt werden, dass er sie bei geringster Atemnot sofort abrufen kann. Damit können Atemnotanfälle oft sogar verhindert werden! Seite 29 von 48 Zum Training der Ausatemmuskulatur dient das Ausatmen gegen Widerstand. Dabei wird der Patient aufgefordert, z.B. mit einem Strohhalm in einem Glas Wasser aufzuwirbeln, oder einen Luftballon aufzublasen. Bei diesen Übungen wird der Druck in den Atemwegen jedoch stark erhöht. Deshalb sind sie bei Patienten mit Lungenemphysem nicht empfehlenswert, es besteht Gefahr, dass Emphysemblasen platzen. 7.3.4 Atemstimulierende Einreibung Die Atemstimulierende Einreibung (kurz ASE) verhilft dem Patienten zu gleichmäßiger, ruhiger und tiefer Atmung. Durch Konzentration auf die Atmung und die Berührungen der durchführenden Pflegeperson wird die Körperwahrnehmung gefördert. Es gibt spezielle Kurse, in denen die ASE im Rahmen der basalen Stimulation erlernt werden kann. Der Patient sitzt bei der ASE mit dem Rücken zur Pflegeperson, oder liegt entspannt auf der Seite. Ungestörte Umgebung ist für die Durchführung unbedingt erforderlich. Die Pflegeperson reibt nun mit beiden Händen den Rücken des Patienten (mit einer W/O-Lotion oder Massageöl) in großen Kreisen vom Nacken zum Steiss ein (siehe Abb.5). Dabei versucht sie den Atemrhytmus des Patienten an ihren eigenen anzupassen, in dem sie die Ausatmung durch leichten Druck direkt neben der Wirbelsäule einleitet. Das Schließen des Kreises forciert die Einatmung. Diese kreisförmigen hintereinander, wobei Bewegungen nie beide erfolgen Hände fünf- gleichzeitig bis vom achtmal Körper genommen werden dürfen. Abschließend streicht die Pflegeperson mit beiden Händen von oben nach unten am Rücken entlang. Nach der ASE sollte der Patient etwas ausruhen. Seite 30 von 48 Abb.5: Kreisbewegungen bei der ASE 7.4 Sekretlösende Maßnahmen Ein großes Problem für COPD-Patienten (v.a. bei der chronischobstruktiven Bronchitis) stellt festsitzendes Sekret in der Lunge dar, das die Atmung stark beeinträchtigen kann. Außerdem stellt es eine „Brutstätte“ für Krankheitserreger dar. Ziel der Pflege ist es, das Sekret zu lösen, und dem Patienten ein effektives Abhusten des Sekretes zu ermöglichen. Mit der Einnahme von schleimlösenden Medikamenten alleine ist es nicht getan, wichtig ist auch, den Körper ausreichend mit Flüssigkeit zu versorgen. Mindestens 1.500 ml Flüssigkeit pro Tag sollten aufgenommen werden. Schleimlösende Kräutertees sind dazu am Besten geeignet, Milchgetränke sollten nicht verwendet werden, da sie die Schleimbildung fördern. Seite 31 von 48 7.4.1 Manuelle sekretlösende Maßnahmen Abklopfen und Vibrationsmassagen Beim Abklopfen und Vibrieren werden Schwingungen erzeugt, die das Bronchialsekret lösen und verflüssigen. Auf keinen Fall darf dies bei Patienten mit Herzinfarkt, Lungenembolie, Tumoren bzw. Metastasen im Wirbelsäulenbereich, Osteoporose, Rippenfrakturen oder erhöhter Blutungsneigung angewendet werden! Abgeklopft werden kann mit der lockeren Faust, der hohlen Hand oder mit der Kleinfingerkante. Dabei sehr vorsichtig vorgehen, die schmerzempfindliche Nieren- und Wirbelsäulengegend aussparen! Die Richtung muss immer von unten nach oben (vom Steiß zum Kopf) und von außen nach innen (Lungenhilus zur Wirbelsäule) sein. Um ein Zurücklaufen des Sekretes zu verhindern, darf immer nur in der Ausatmungsphase abgeklopft werden. Papiertücher sollten zum Auffangen des ausgehusteten Sekretes in Griffweite sein. Bei der Vibrationsmassage liegt der Patient auf der Seite, die zu behandelnde Seite oben. Die Pflegeperson legt nun die Hand auf den Lungenhilus und setzt gezielt leichten, vibrierenden Druck mit dem Handballen ein. So wird das Sekret gelöst. Wichtig ist, das die Hand immer Körperkontakt hält, nur in den Atempausen wird mit einer Hand auf das Sternum, mit der anderen auf den Rücken des Patienten leichter Druck ausgeübt. Dies erleichtert dem Luftstrom, das Sekret abzutransportieren. Bei der Vibration mit einem speziellen Massagegerät (z.B. Vibrax) gelten die selben Regeln wie beim Abklopfen. Zu beachten ist, dass das Gerät ausreichend stark aufgedrückt wird (natürlich auch nur in der Exspirationsphase). Die Haut sollte vor der Anwendung mit einem Seite 32 von 48 Massageöl eingecremt werden. Aus hygienischen Gründen das Gerät mit einem dünnen Tuch vor Verunreinigungen schützen. Einreibung mit ätherischen Ölen Ätherische Öle können bei Patienten mit Atemproblemen therapeutische Wirkung haben. Die Wirkstoffe werden über die Haut aufgenommen und durch die Nase inhaliert. Für die Schleimlösung eignet sich Eukalyptus, Thymian-, Pfefferminz-, Fichtennadel-, Fenchel- oder Anisöl. Angewendet werden sie bevorzugt als Wickel oder als Bade-/Waschwasserzusätze. Aber auch fachgerecht durchgeführte rhythmische Einreibungen mit Salben (wie z.B. bei der ASE) können atemfördernde Wirkung haben. Da ätherische Öle Hautreizungen bis hin zu allergischen Reaktionen auslösen können, ist der Patient nach der Anwendung genau zu beobachten. Bei Lungenerkrankungen ist außerdem Vorsicht geboten, weil ätherische Öle sowohl atemwegserweiternd, als auch -verengend wirken können. Deshalb sollte diese Therapie in Absprache mit dem Arzt erfolgen. Brustwickel Feuchtwarme Brustwickel fördern die Lungendurchblutung, sie wirken dadurch entspannend und sekretlösend. Die Durchführung gestaltet sich folgendermaßen: Ein weiches Baumwolltuch (30-50 cm breit) wird in warmes Wasser (4050°C, evtl. mit Zusatz von Kräuterextrakten oder Zitronensaft) gelegt und ausgewrungen. Nachdem der Patient die Temperatur geprüft hat wird das Tuch faltenfrei um seinen Brustkorb gelegt, und mit einem trockenen Tuch vollständig bedeckt. Der Patient wird nun zugedeckt, der Wickel soll ca. 30 Minuten einwirken. Wichtig ist eine genaue Beobachtung des Patienten. Seite 33 von 48 Nachdem der Wickel abgenommen wird, Brustkorb waschen und abtrocknen. Da ein Brustwickel eine große Kreislaufbelastung darstellt, sollte dem Patienten nun mindestens eine halbe Stunde Zeit zum Ausruhen gegeben werden. 7.4.2 Inhalative Sekretlösende Maßnahmen "Mit der Inhalation als therapeutische Maßnahme bezeichnet man das Einatmen von Dämpfen, zerstäubten Flüssigkeiten, gelösten Medikamenten oder wirkstoffhaltigen Gasen z.B. als Dosieraerosol oder Inhalationslösung." KELLNHAUSER, 2000, S. 521 Zur Pneumonieprophylaxe und Sekretlösung inhaliert der Patient meistens Wasser mit dem Zusatz von Salzen, ätherischen Ölen oder Medikamenten. Für die Wirkung der Inhalation ist die Größe der erzeugten Wassertröpfchen wichtig. Bei der Erzeugung von inhalierbaren Wassertröpfchen unterscheidet man: • Dampf: Dringt auf Grund der großen Tröpfchen nur bis in den Kehlkopfraum vor, ist also zur Therapie bei COPD-Kranken ungeeignet • Aerosol: Wasser wird mit Luft aufgewirbelt und zerstäubt. Durch die relativ kleinen Tröpfchen, die dabei erzeugt werden, dringt das Wasser bis in die Bronchien vor. Diese Methode wird für COPD-Kranke in Form der Dosieraerosole mit bronchienerweiternder Wirkung genützt (siehe Kapitel 6.1 Anwendung von Dosieraerosolen) • Ultraschallvernebler: steriles Wasser wird mit Ultraschall in Schwingungen versetzt, bis sich feinste Tröpfchen ablösen. Diese können bis in die Alveolen vordringen. Ultraschallvernebler ersetzen die Anfeuchtungsfunktion der Nase, und können bei Patienten die hauptsächlich durch den Mund atmen angewendet werden. Die Seite 34 von 48 Bedienung der Geräte richtet sich nach der Gebrauchsanweisung, besondere hygienische Vorschriften für den Wasserwechsel sind zu beachten. 7.5 Lagerungsdrainagen "Lagerungsdrainagen sind bestimmte Körperpositionen, in die der Patient gebracht wird, damit seine Bronchialsekrete, der Schwerkraft folgend, von den kleinen in größere Bronchien oder die Trachea fließen, von wo sie entweder ausgehustet oder mit sterilen Kathetern abgesaugt werden können." LARSEN, 1999, S. 913 Um Lagerungsdrainagen anzuwenden, muss der Arzt (anhand von Röntgenbildern) die genaue Lage von Sekretansammlungen in der Lunge bestimmen. Dann legt er fest, welche Lagerung die beste ist, um das betroffene Lungensegment zu drainieren. Eine genaue Kenntnis der Anatomie der Bronchien ist dafür erforderlich. Lagerungsdrainagen dürfen also nur nach ärztlicher Anordnung durchgeführt werden! Lagerungsdrainagen werden meist 3 bis 4 mal pro Tag für 20-30 Minuten durchgeführt. Die Zeiten vor oder nach den Mahlzeiten sollten gemieden werden. Um die Toleranz des Patienten zu den Lagerungen zu erhöhen ist immer für eine bequeme Lage zu sorgen. Knie- und Hüftgelenke werden gebeugt, damit die Bauchmuskulatur entspannt ist. Bei schweren HerzKreislauferkrankungen dürfen Lagerungsdrainagen nicht angewandt werden! Seite 35 von 48 7.5.1 Drainage der Unterlappen Gerade die Unterlappen sind wegen der Schwerkraft sehr oft mit Sekreten belastet. Die Drainage der rechten und linken Lungenspitze erfolgt in Bauchlage, wobei der Patient ein Kissen unter dem Bauch, sowie ein Kissen unter den Schienbeinen hat (siehe Abb. 6). Diese Lage ist komfortabel und wird meist gut toleriert, sie ist die einzige Unterlappendrainage die nicht in Kopftieflage durchgeführt wird. Abb. 6: Drainage der Lungenspitze Die vorderen Unterlappen-Segmente beider Seiten werden am besten in Rückenlage mit Knierolle drainiert (siehe Abb. 7). Bei der Behandlung der seitlichen Unterlappensegmente wird der Patient auf die gesunde Seite gedreht, und unter die Hüfte ein Kissen gelegt (siehe Abb. 8). Der große mittlere Bronchus wird in Rechtsseitenlage drainiert, wobei ebenfalls unter die Hüfte ein Polster gelegt wird. Den Abfluss der hinteren Bronchien der Unterlappen erleichtert man wiederum durch Bauchlage und Unterpolsterung von Bauch und Schienbeinen (siehe Abb. 9). Bei allen Varianten wird das Bett am Fußende um 35-45 cm angehoben. Abb. 7: Drainage der vorderen Unterlappen-Segmente Abb. 8: Drainage der seitlichen Unterlappensegmente Seite 36 von 48 Abb. 9: Drainage der hinteren Unterlappenbronchien 7.5.2 Drainage des rechten Mittellappens/der linken Lingula5 Der rechte Mittellappen wird in 45° Linksseitenlage drainiert. Kissen unterstützen dabei die rechte Seite von den Achseln bis zur Hüfte (siehe Abb. 10). Die Drainierung der linke Lingula erfolgt, in dem man den Patienten aus der Rückenlage eine Vierteldrehung nach rechts dreht. Die linke Seite wird mit einem Kissen unterstützt (siehe Abb.11). Bei beiden Varianten wird das Fußende des Bettes um ca. 30 cm erhöht. Abb. 10: Drainage des rechten Mittellappens Abb. 11: Drainage der linken Lingula 7.5.3 Drainage der Oberlappen Die Segmente der Oberlappenspitze drainiert man, indem man den Patienten aufrecht hinsetzt. Nun wird der Patient (je nach der genauen Lage der betroffenen Segmente) leicht vorwärts bzw. leicht rückwärts 5 "Lingula=unteres Ende des Oberlappens der linken Lunge", PSCHYREMBEL, S. 930 Seite 37 von 48 geneigt. Anders bei den vorderen Oberlappensegmenten, hier liegt der Patient flach auf den Rücken und die Knie werden durch ein Kissen unterstützt (siehe Abb.12). Abb. 12: Drainage der vorderen Oberlappensegmente Bei einer Sekretansammlung in den hinteren Oberlappensegmenten unterscheidet man zwischen betroffener linken oder rechten Seite. Ist die rechte Seite betroffen, so wird der Patient in 45°-Linksseitenlage gebracht (siehe Abb. 13). Bei Sekretstau in der linken Seite liegt der Patient mit erhöhtem Oberkörper 45 ° auf der rechten Seite. Der rechte Arm wird nach hinten ausgestreckt, die Schultern um 30 cm über die Horizontalebene des Bettes angehoben (siehe Abb. 14). Bei diesen Lagerungen ist eine gute Stabilisierung mit Hilfe von Kissen wichtig. Abb. 13: Drainage der rechten hinteren Oberlappensegmente Abb. 14: Drainage der linken hinteren Oberlappensegmente Seite 38 von 48 7.6 Effektive Hustentechnik Auch noch so viel gelöstes Sekret behindert nur, wenn es der Patient nicht richtig Abhusten kann. Häufige und anhaltende Hustenattacken wiederum bergen erhebliche Gefahren, gerade für Patienten mit einer chronischobstruktiven Lungenerkrankung. Durch die Druckerhöhung im Brustkorb verengen sich mit jedem Hustenstoß die Bronchien. Bei überempfindlichem Bronchialsystem kann dies sogar einen Asthmaanfall auslösen. Richtige Hustentechniken helfen, sowohl trockenen Reizhusten zu dämpfen, als auch das Abhusten zu fördern. 7.6.1 Stimulieren von produktivem Husten Oft halten es Lungenkranke für eine Belastung ihrer Umgebung, wenn sie ständig "Schleim spucken". Sie vermeiden es deshalb so oft wie möglich. Die Wichtigkeit des Abhustens von gelöstem Sekret muss dem Patienten darum unbedingt bewusst gemacht werden. Man kann auch versuchen Hustenstöße auszulösen: • Der Oberkörper wird hochgelagert, bzw. der Patient setzt sich auf • Nun atmet der Patient ein, und atmet ein- bis zweimal in kurzen kräftigen Stößen auf die Silbe "haff" aus. • Das Sekret soll unbedingt ausgespuckt, nicht geschluckt, werden! • Mit weiteren Versuchen wird gewartet, bis sich die Atmung wieder beruhigt hat. 7.6.2 Dämpfen bei Reizhusten Trockenen, unproduktiven Reizhusten kann man dämpfen, indem man tief einatmet und so lange wie möglich die Luft anhält. Anschließend wird Seite 39 von 48 oberflächlich weitergeatmet. Dies kann einige Male im Wechsel durchgeführt werden, bis der Hustenreiz nachlässt. Schnelle und sehr tiefe Atemzüge im Hustenanfall sind ungünstig, bei extrem starkem Hustenreiz kann gegen geschlossene Lippen angehustet werden. Seite 40 von 48 8 Patienteninformation und -schulung Hier nun einige Tipps des deutschen „Atem-Klubs“, wie Patienten mit COPD ihr tägliches Leben ein bisschen leichter machen können. 8.1 Allgemeines Die Beeinträchtigung durch die Lungenerkrankung ist großen Schwankungen unterworfen. So ist es wichtig, in allem die richtige Geschwindigkeit herauszufinden, sei es beim Gehen, bei der Hausarbeit usw. Der COPD-Erkrankte sollte also nur tun, was ihm keine Probleme bereitet. Wenn etwas zu anstrengend wird hilft eine kurze Pause, dann kann er langsamer wieder anfangen. Da die Leistungsfähigkeit nach dem Essen abnimmt, ist eine ausgiebige Ruhepause nach den Mahlzeiten angezeigt. Vor größeren Anstrengungen hilft es, wenn das Dosier-Aerosol angewendet wird. Tritt Atemnot ein, kann der Einsatz der Lippenbremse helfen. Diese sollte jedoch nie bei Kälte eingesetzt werden. 8.2 Aufstehen und Ankleiden Das Aufstehen kann für Lungenkranke einen körperlichen Kraftakt darstellen. Hier helfen eventuell Streck- und Entspannungsübungen bei entspannender Musik noch im Liegen. Nachdem der Körper nun langsam in Schwung gebracht wurde, ist es zweckmäßig, noch auf der Bettkante sitzend das Dosier-Aerosol zu Seite 41 von 48 inhalieren. Nun kann langsam zum Anziehen der (am Vortag schon in der Nähe des Bettes hergerichteten) Kleidung übergehen. Einengende Kleidungsstücke sollten vermieden werden, bequeme und weite Baumwollwäsche ist für die meisten Lungenkranken am angenehmsten. Baumwoll-Kleidung hilft in der kalten Jahreszeit auch, unangenehme Temperaturunterschiede etwas zu kompensieren. Manche Lungenkranke leiden auch an gelegentlichem Harnaustritt bei Anstrengung (Husten,...). Eine dünne Binde reicht meist aus, sich sicher zu fühlen. Socken mit engen Gummibändern sollten unbedingt vermieden werden! Das Ankleiden erfolgt am besten im Sitzen. Das Anziehen der Schuhe kann durch elastische Schnürsenkel oder einen langen Schuhlöffel erleichtert werden. 8.3 Körperpflege Bei der Körperpflege ist ein Badehocker sehr praktisch. Zum Abtrocknen reicht ein Bademantel, abfrottieren mit einem Handtuch kostet nur Energie! Wenn dem COPD-Erkranktem die hohe Luftfeuchtigkeit im Badezimmer zu schaffen macht, sollte er dieses immer so schnell wie möglich verlassen. Ein Entlüfter, der schon beim Einlaufen des Badewassers eingeschaltet wird, kann hier helfen. An Tagen, wo sich der Patient nicht so gut fühlt, sollte er nur Baden oder Duschen wenn er nicht alleine ist. Eventuell reicht auch ein Beckenbad. Wenn der Lungenkranke Sauerstoff benötigt, kann eine O2-Leitung über den Duschvorhang gelegt werden. Seite 42 von 48 Starke Deodorants oder ähnliches sollten gemieden werden. Überhaupt ist die Verwendung aller Aerosole und Sprays - wenn möglich - zu vermeiden. Dies betrifft natürlich nicht die vom Arzt verschriebenen. 8.4 Inhalator und Sauerstoffgerät Den Inhalator sollte man immer an einem Stammplatz stehen lassen, wo er nicht übersehen werden kann. Wenn der Patient es gewohnt ist, in der Nacht oder am Morgen zu inhalieren, so ist der beste Platz das Nachtkästchen. Nach jeder Inhalation (also mind. 1 mal pro Tag) sollte der Vernebler gereinigt werden. Wenn ein Sauerstoffgerät für zuhause vorhanden ist, ist es wichtig herauszufinden, wie lange der Sauerstoffvorrat hält. Vor allem bei Ausflügen darf es nicht passieren, dass der Vorrat zu früh aufgebraucht ist. Für die Sauerstoffzufuhr eignet sich die O2-Brille am Besten. Besonders bei Kälte sollte der Lungenkranke durch die Nase atmen, da dadurch die Einatemluft besser erwärmt und befeuchtet wird. Die Sauerstoffbrille muss regelmäßig gewechselt werden, da sie ein ideales Milieu für Bakterien bietet. Bei Infekten sollte sie dementsprechend öfters getauscht werden. 8.5 Wohnen und Arbeit Bei der Arbeit, sei es im Haushalt oder im Garten, ist ein kleiner Karren mit Rädern ein gutes Hilfsmittel. Viele Dinge, die sonst getragen werden müssten, können so kraftsparend mitgeführt werden. Eine weitere Hilfe für den Haushalt wäre auch eine große Plastikzange oder ein Magnet an einer Schnur, zum Aufheben von Dingen am Boden ohne Bücken. Seite 43 von 48 Auch bei der Haushaltsarbeit sollten Aerosole und Sprays (Mückenspray, Putzmittel,...) gemieden werden. Die Wohnung eines Lungenkranken muss immer gut gelüftet sein. Wohnt der COPD-Patient in einem Haus oder einer Wohnung, kann Treppensteigen ein großes Problem für ihn darstellen. Deshalb sollte er eine Technik einüben, die im dies ohne viel Kraftaufwand ermöglicht, z.B.: Einatmen, beim Ausatmen 2-3 Stufen steigen, Pause, Einatmen, usw. Kurze Verschnaufpausen sind dabei extrem wichtig. Ein (teurer) elektrischer Treppenstuhl löst das Problem natürlich auch. 8.6 Freizeit gestalten An COPD erkrankt zu sein, heißt nicht, nur zu Hause zu hocken und Trübsal blasen zu müssen. Doch sollten vor jedem Ausflug einige Dinge beachtet werden: Jeder Lungenkranke reagiert mit seinen Beschwerden unterschiedlich auf Wetter, Luftverschmutzung, usw. Er sollte lernen, wann er ohne Probleme das Haus verlassen kann, und wann es besser ist, sich zuhause eine entspannende Beschäftigung zu suchen. Bei Ausflügen natürlich – wie immer – Überbelastungen vermeiden und Pausen machen. Immer ausreichend zu trinken mitführen! Ein Spazierstock (oder eventuell ein Rollator) kann nicht nur als Gehhilfe, sondern auch zum Abstützen bei einer Rast hilfreich sein. Am Besten vor Beginn des Ausfluges zuhause schon alles für die Rückkehr herrichten: Essen, Bett machen für ein kurzes Schläfchen, usw. Seite 44 von 48 Als Kleidung im Winter eignet sich ein warmer, aber leichter Wintermantel. Ein Halstuch kann bei extremer Kälte zum Schutz über Mund und Nase gezogen werden. Bei Kälte sollte immer durch die Nase geatmet werden! Bei der Einatmung durch die Nase und der Ausatmung durch den Mund („Lippenbremse“) wird die Nase immer kälter, da ihr die erwärmte Ausatemluft „unterschlagen“ wird. So wird dann auch die Einatemluft immer kälter. Ein kleiner Tipp: Wie bei der „Lippenbremse“ kann auch durch die Nase ein gewisser Widerstand aufgebaut werden. Dies macht allerdings ein lautes Geräusch, deshalb eignet sich die Methode wohl nur wenn der Patient alleine ist . Wenn der Lungenkranke viel alleine unterwegs ist, ist es zweckmäßig, wenn er sich ein Handy zulegt. Dieses kann in Notfällen sein Leben retten! Große Menschenmengen (U-Bahn zu Stosszeiten, Einkaufszentren am Samstagnachmittag,...) sollten prinzipiell gemieden werden. Erstens kann man leicht mit Atemwegsinfekten angesteckt werden, zweitens steckt die Hektik und Unruhe der anderen meist an. Zigarettenrauch ist ebenfalls aus dem Weg zu gehen. Selbsthilfegruppen bieten für durch Lungenerkrankungen eingeschränkte Menschen eine gute Möglichkeit, aktiv am Leben teilzunehmen. Auch Gesellschaftsspiele wie Domino oder Schach mit Freunden sind Möglichkeiten einer Vereinsamung trotz geringerer körperlicher Leistungsfähigkeit entgegenzuwirken. Wenn dem COPD-Patienten einmal die Decke auf den Kopf fallen sollte: Lesen, Sammeln oder Malen sind interessante, kraftsparende Seite 45 von 48 Freizeitbeschäftigungen. Auch mit Fortbildungskursen für zuhause oder Brieffreundschaften kann aus der Not eine Tugend gemacht werden. 8.7 Sicherheit Zur Sicherheit des Lungenkranken sollte er immer Verbindung zu anderen Personen aufrecht erhalten. Zum Beispiel kann er einen Bekannten täglich zu einer bestimmten Uhrzeit anrufen. Sollte dieser Anruf dann einmal ausfallen, so weiß dieser, dass etwas nicht stimmen kann. Auch ein vereinbartes Signal mit einem Nachbarn (täglich um die selbe Zeit Fenster öffnen und hinaussehen) wäre sinnvoll. Notrufarmbänder werden inzwischen von einigen Sozialinstitutionen angeboten. Dieses Armband sieht aus wie eine Uhr mit einem großen Knopf in der Mitte. Drückt der Träger des Armbandes auf den Knopf werden – je nachdem wie vereinbart – Verwandte angerufen, oder gleich die Rettung geschickt. Dieses Armband kann bei akuten Anfällen das Leben des Patienten retten! Seite 46 von 48 9 Nachwort Die Pflege von Patienten mit chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen stellt hohe Anforderungen an das Wissen der Krankenpflegeperson. Gerade hier kann in der Pflege sehr viel getan werden. Die Pflegeperson wirkt als Lebensberater, viele der Techniken die sie vermittelt kann der Patient auch zuhause gut brauchen. Seite 47 von 48 10 Literaturverzeichnis KOMERELL, Tilman (Hrsg.): "Pflege heute", 1. Auflage, MÜNCHEN, Urban und Fischer, 1997 KELLNHAUSER Edith (Hrsg.): "Thieme's Pflege", 9. Auflage, STUTTGART, Georg Thieme Verlag, 2000 LARSEN Reinhard: "Anästhesie und Intensivmedizin", 5. Auflage, BERLIN, Springer Verlag, 1999 HILDEBRAND Helmut (Hrsg.): "Pschyrembel", 258. Auflage, BERLIN, Walter de Gruyter-Verlag, 1998 Internet: http://www.anint.de/content/internistisch/copd/copd.html: Andrea Schwarz-Bennat, Chronisch Kranke auf der Intensivstation - am Beispiel eines COPD-Patienten (Dezember 2001) http://www.alpha-1.priv.at/copdalhpha.html: Den ganzen Tag mit COPD (Dezember 2001) Bilder: Abb. 1-4: KOMERELL, "Pflege heute", S. 116-117 Abb. 5: Internet, members.aon.at/alois.krenn/ asekreise.gif, April 2002 Abb. 6-14: LARSEN, "Anästhesie und Intensivmedizin", S. 915-917 Seite 48 von 48