06 Emile Bernard, Vincent van Gogh und Paul Gauguin
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06 Emile Bernard, Vincent van Gogh und Paul Gauguin
Emile Bernard, Vincent van Gogh und Paul Gauguin – Künstlerfreundschaften Emile Bernard und Vincent van van Gogh Emile Bernard lernte den 15 Jahre älteren Vincent van Gogh 1886 in Paris kennen. Sie begegneten sich im Atelier von Fernand Cormon. Schnell entwickelte sich eine Freundschaft. Die beiden Künstler standen in einem künstlerischen Dialog und arbeiteten oft zusammen im Garten von Bernards Eltern in Asnières. Es gibt nicht viele Fotos von Vincent van Gogh. Auf einem der wenigen ist er mit seinem Freund Emile Bernard an der Uferpromenade von Asnières zu sehen. Emile Bernard und Vincent van Gogh am Ufer der Seine in Asnières, 1886, Fotografie, Van Gogh Museum, Amsterdam Emile Bernard Porträt der Großmutter, 1887 Van Gogh Museum, Amsterdam Vincent van Gogh Alte Frau aus Arles, 1888 Van Gogh Museum, Amsterdam Die beiden Freunde teilten auch eine Begeisterung für japanische Farbholzschnitte. Eine kleine Federzeichnung von Bernard aus dem Bremer Album zeigt ein Porträt des Niederländers in einem Café: eingeklemmt zwischen zwei Flaschen und zwei Frauen, wendet er sich mit stechendem Blick zum Betrachter. Der hohe Haaransatz, die Geheimratsecken und die Barttracht kennzeichnen auch van Goghs Pariser Selbstbildnisse von 1886/87. Emile Bernard Vincent van Gogh, 1886/87 Klebealbum Seite 130 Kunsthalle Bremen Emile Bernard Eisenbrücken in Asnières, 1887 The Museum of Modern Art, New York, Vincent van Gogh Die Seine-Brücken von Asnières, 1887 Stiftung Sammlung Emil G. Bührle, Zürich Diese beiden Bilder der Seinebrücken von Asnières veranschaulichen die unterschiedlichen Herangehensweisen der Künstler an ein identisches Motiv. Van Gogh malte die Brücken wie seine impressionistischen Vorgänger nach der Natur, wenn auch in kräftigen Farben. Bernard verfolgte dagegen eine strenge Komposition aus geometrischen und zum Teil komplementär angelegten Farbflächen mit starken Konturlinien. Dieses Gemälde war eines der Werke, die Bernard später „synthèses géométriques“ (geometrische Synthesen) nannte. Sein Ansatz war es dabei, Formen auf ihre Geometrien zurückzuführen und Farbabstufungen zu reduzieren. Nachdem van Gogh 1888 Paris verließ, um in Arles zu arbeiten entstand einer reger Briefwechsel. Die beiden Künstler tauschen Gedanken, Ideen, Skizzen und Bilder aus und scheuten sich auch nicht, ihre Arbeiten zu kritisieren. Auch Gauguin stand mit den beiden in regem schriftlichem Austausch. Van Gogh illustrierte seine Ideen gerne durch Skizzen und beschrieb zum Teil sehr genau, in welchen Farben er die Bilder malen wollte. Brief von Vincent van Gogh an Emile Bernard Arles, 19 April 1888 Skizze aus Brief von Vincent van Gogh an Emile Bernard Arles, 7. Juni 1888 Van Gogh äußerte sich in seinen Briefen wertschätzend über Emile Bernards Arbeit und bemühte sich um konstruktive Kritik. Er schätzte Bernards stilisierte Natur, doch das symbolistische Gesamtkonzept von Bernards Zeichnung lehnte er ab und betonte, dass er selbst ganz bewusst nicht aus dem Kopf arbeite, sondern konsequent von der gesehenen Natur ausgehe. Die gegenseitige Wertschätzung litt darunter, dass Bernard sich Ende der 1880er Jahre verstärkt religiösen Themen zuwandte. Eines der Bilder mit starken religiösen und biblischen Bezügen bezeichnete van Gogh gar als „Albtraum“ und wünschte sich, dass sein Freund wieder zu seinen ursprünglichen Bild- und Themenfindungen zurückkehren würde. Emile Bernard Beweinung Christi, 1889/90 Privatbesitz Nach dem Tod von Van Gogh im Jahre 1890 beschrieb Bernard die Beerdigung. Er verfasste mehrere Artikel über van Gogh und bemühte sich, die Arbeit seines Freundes bekannt zu machen. So bereitete er gemeinsam mit Theo van Gogh eine Ausstellung von Vincent van Goghs Werken vor und veröffentlichte 1893 die Briefe van Goghs. Weiterführende Informationen Van Goghs umfangreichen Schriftverkehr im französischen Original sowie in der englischen Übersetzung samt vieler Kommentare finden Sie auf der Internetseite www.vangoghletters.org Arbeitsanregungen Ein Bild nach Van Gogh Die SchülerInnen erhalten eine Kopie eines Briefes von Van Gogh (Anlage 2). Anhand seiner Beschreibungen malen die SchülerInnen ein Bild mit Acrylfarben. Ein Farben ABC Jüngere SchülerInnen erfinden ihr eigenes Farben ABC, dass sie auch aufmalen können (z.B. Apfelrot, Bernsteingelb, Chamäleonbunt,…) Emile Bernard und Paul Gauguin Seine erste Bretagne-Reise führte Emile Bernard 1886 nach Pont-Aven, auch mit dem Ziel, dort den 20 Jahre älteren Paul Gauguin kennen zu lernen. Gleichwohl hatte Bernard dort zunächst wenig Kontakt mit Gauguin. In Briefen an seine Eltern hielt Bernard zunächst fest, dass Gauguin im keine Beachtung schenke, später freute er sich jedoch über die Anerkennung, die dieser seinem Bild „August“ zollte. Doch erst zwei Jahre später entwickelte sich in Pont-Aven eine fruchtbare Zusammenarbeit. Unmittelbar nach dem Eintreffen Bernards in Pont-Aven am 14. August 1888 schrieb Gauguin einen Brief an Schuffenecker, in dem er ihn über dessen Ankunft informierte: „der kleine Bernard ist hier und hat aus Saint- Briac interessante Sachen mitgebracht. Da ist einer, der vor nichts zurückschreckt.“ Emile Bernard Le Pardon – Bretonische Frauen auf der Wiese, 1888, Privatbesitz Paul Gauguin Die Vision nach der Predigt,1888 National Gallery of Scotland, Edinburgh Zwei Bilder im Vergleich Gauguins Gemälde Die Vision nach der Predigt und Bernards Le Pardon – Bretonische Frauen auf der Wiese lassen sich so gut miteinander vergleichen, dass sie Ausgangspunkt und Grundlage jeder Abhandlung über die Entstehung des Symbolismus in der Malerei geworden sind. Beide Künstler arbeiteten im September 1888 Seite an Seite in Pont-Aven. Bernards Bild le Pardon zeigt ein fröhliches Volksfest auf grünem Grund. Die Menschen sitzen, plaudern und stellen in ihren Trachten vor allem eine touristische Attraktion dar. Selbst die Hunde schauen gespannt zu. Gauguin ließ die Touristen außen vor und stellte den religiösen Aspekt in den Vordergrund. Er ergänzte die Szene um die Figur des Jakobs, der mit einem Engel mit gelben Flügeln ringt. Doch auch lässt ein Tier in Form einer Kuh an dem Ereignis teilhaben, vielleicht, um sich ein bisschen über die Landbevölkerung und ihren Glauben zu amüsieren. Der Anlass für die beiden Bilder war wahrscheinlich der große Pardon (religiöse Prozession) im September 1888 in Pont-Aven. Das danach herrschende besonders schlechte Wetter zwang Bernard und Gauguin dazu, im Innenraum zu arbeiten. Tatsächlich strebten die beiden Künstler an, nicht direkt nach der Natur zu arbeiten, sondern aus ihrer Erinnerung oder Fantasie heraus ihre Bilder zu entwickeln. Gauguin hatte bereits eine Arbeitsmethode entwickelt, um Bilder aus Figurenstudien zusammenzusetzen. Bei Bernard wirkt diese Zusammensetzung einzelner Studien fast collageartig, die Figuren werden hauptsächlich durch den einheitlichen Stil zusammengehalten. Aber auch Gauguin hat Arbeitsweisen von Bernard übernommen: (Rivière 1994, Bd. 1, s. 66.) „Gauguin fragte mich, wie ich diese Schwarztöne erzielt habe, ich antwortete ihm, dass ich sie aus Preußischblau gewonnen habe; da er auf seiner Palette nicht über diese Farbe verfügte, lieh er sie von mir aus und verwendete sie für seine Schwarztöne, das Weiß war eine Verbindung aus demselben Blau.“ Bernard Pont-Aven verlassen hatte, tauschten sie, teils gemeinsam mit van Gogh, viele Briefe und Bilder aus. Gauguin träumte davon, Europa zu verlassen und drängte Bernard, zusammen mit ihm nach Madagaskar zu emigrieren und das Atelier des Tropiques (als Gegenentwurf zu van Goghs gescheitertem Atelier du Midi) zu gründen um dort frei leben und Kunst machen zu können. Bernard hing jedoch zu sehr an seiner Schwester und seiner damaligen Verlobten, um diese Idee in die Tat umzusetzen. Zum Bruch zwischen Bernard und Gauguin kam es im Frühjahr 1891. Bei einem Bankett zu Ehren von Jean Moréas in Paris, einer führenden Persönlichkeit der Symbolistenbewegung in der französischen Literatur, wurde Gauguin als Begründer des Symbolismus in der Malerei bezeichnet. Bernard war nicht eingeladen worden, und sein Name fand auch keine Erwähnung. Zudem erschien kurze Zeit später ein Aufsatz des mit Emile Bernard befreundeten Kunstkritikers Albert Aurier mit dem Titel „Le Symbolisme en Peinture. Paul Gauguin“, der ebenfalls Emile Bernards zentrale Bedeutung unerwähnt ließ. Gauguin tat nichts, um Bernards Rolle als Mitbegründer des gemeinsam entwickelten Stils zu verbreiten und verließ im April den Kontinent, um auf Tahiti sein Atelier des Tropiques alleine zu verwirklichen. (Interessanterweise erhielt sein 1899 auf Tahiti geborener Sohn den Namen Emile.)