Jagdhunde in der Schweiz

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Jagdhunde in der Schweiz
Jagdhunde in der Schweiz
Domestikation
Historie
Rassen
Verwendung
Kauf und Ausbildung
Organisation des Jagdhundewesens
Dr. Walter Müllhaupt
Präsident des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft für das Jagdhundewesen (AGJ)
www.ag-jagdhunde.ch
Bildquellen: Hans Räber: Enzyklopädie der Rassehunde, Kosmos Verlag, 1994 und „Wild und Hund“ Sondernummer Jagdhunde
Domestikation 1
Aztekenfrau, Mexiko
3700 v. Chr.
Wölfe
Yanomami Indianerin
Welpen säugend
(Südamerika)
Domestikation 2
Nach heutiger Erkenntnis ist der Wolf der Urvater des Hundes.
Die Domestikation begann vor rund 10‘000 Jahren.
Der Hund wurde von Anfang an als Jagdbegleiter eingesetzt.
Die Domestikation des Hundes war ein weltweites Phänomen.
Im Laufe der Domestikation tritt die menschliche anstelle der
natürlichen Selektion.
Der Begriff der eigentlichen Rassen entstand erst nach dem
Mittelalter.
Historie 1
Neolithische Hölenmalerei in Spanien
Tyrassieren: Raimondi,
delle Caccie, 1630
Terrier, S. Edwards, 1805
Gaston Phoebus (1331-1391)
Dachshunde, F. Specht, 1871
Pharaonenhunde
Jäger mit Schweizer Laufhundemeute, Joh. J. Biedermann
(1763-1830)
Deutsche Vorstehhunde,
F. Specht, 1871
Historie 2
Im klassischen Altertum war die Aufteilung in Jagd-, Hüte- und
Wachhunde üblich (Xenophon / Cunella).
Die Aufzählung der „Rassen“ im Mittelalter erfolgte im Sinne eines
Verwendungszweckes und nicht nach Aussehen.
Leithunt, Triphunt, Spurihunt, Winthunt und Haphunt nach der
lex Bajuvariorum aus dem 7. Jahrhundert.
Nach Conrad Gessners Thierbuch, 1563, gab es folgende
Jagdhunde: Windhund, Laufhund, Bluthund, Spürhund, Leithund,
Vorstehhund, Lochhund, Spaniel und ein grosser Wasserhund.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann sich die Stammbuchzucht
zu entwickeln.
Einteilung der Jagdhunde
Einteilung nach dem Jagdverhalten, nicht nach dem Aussehen.
Hunde, die lauthals eine Wildfährte verfolgen:
früher Leit- und Spürhunde, heute Laufhunde, Dachsbracken,
Niederlaufhunde und ähnliche.
Hunde, die mit erhobener Nase suchen und vorstehen:
früher Vogelhunde, heute Vorstehhunde.
Hunde, die nach Sicht Wild hetzen und zu Fall bringen:
früher Hatzrüden, Saurüden, Hetzhunde und Winde, heute
Windhunde und andere.
Hunde, die unter Boden nach Wild suchen und es sprengen:
Terrier und Dachshunde.
Vorstehhunde
Xenophon (430 v. Chr.) spricht von Hunden, die nicht wagen, zu
einem Hasen hinzugehen, sondern stehenbleiben bis der Hase
sich rührt, was er allerdings als Fehler ansah.
Die Urform des Vorstehhundes finden wir zur Zeit Karls des Grossen
(768-814), der die Netzjagd einführte. Wenn der Hühnerhund
vorstand, zog man das Netz (Tyras) über Hühner und Hund.
Mit der Erfindung der Schusswaffe durfte der Vorstehhund dann
auch apportieren. In Italien wurde die Flugwildjagd mit der
Schusswaffe im Jahre 1590 sicher belegt.
Der französische König Ludwig XIII hielt als treffsicherer Schütze
Vorstehhunde, die sogar in seinem Bett schlafen durften. Sein
Nachfolger, Ludwig der XIV (der Sonnenkönig), hielt ebenfalls
Vorstehhunde.
Neben den deutschen Vorstehhunden gibt es zahlreiche
französische Rassen sowie die englischen Pointer und Setter.
Im Gegensatz etwa zum Pointer sind die deutschen Vorstehhunde
sog. Vollgebrauchshunde mit universellem Verwendungszweck.
Deutsche Vorstehhunde
Deutsch Kurzhaar
Weimaraner
Pudelpointer
Deutsch Drahthaar
Deutsch Langhaar
Griffon Korthals
Grosser Münsterländer
Deutsch Stichelhaar
Kleiner Münsterländer
Weitere Vorstehhunde
Weimaraner Langhaar
Irish Setter
Epagneul Breton
Pointer
Gordon Setter
English Setter
Magyar Vizsla
Schweisshunde
Der Leithund, Elias Ridinger, 1738
Leithund, Du Fouilloux, la Vénerie, 1561
Mit dem Leithund erfolgte das Lancieren des Hirsches.
Hannoverscher Schweisshund
Bayerischer
Gebirgsschweisshund
Die Schweisshunde sind reine Nachsuchenspezialisten, die sich
über eine sehr grosse Fährtentreue ausweisen.
Bracken und Laufhunde
Der genaue Ursprung der Bracken ist nicht bekannt, man nimmt aber an, dass sie
sich vom südlichen Mittelmeerraum (Podenco hibenico) nach Norden
ausbreiteten.
Pharaonenhunde könnten Vorläufer der Bracken gewesen sein.
Ursprüngliche Bracken hetzten das Wild zu Tode und brauchten dabei eine gewisse
Grösse.
Die keltischen Bracken (braccus celticus) hatten als Merkmal das
lange und gefaltete Ohr und das Heulen auf der warmen Fährte.
Auf Parforce-Jagden brachten die Meuteführer (bis zu 100 Hunde)
dorthin, wo der Leithund den Hirsch am Vorabend bestätigte.
War der von den Hunden gestellte Hirsch getötet, hiess es „ha la lie“.
In Frankreich, wo es heute noch viele bei uns weniger bekannte Laufhunde gibt,
wurde das Wort braque später auch für Vorstehhunde verwendet.
Die Schweizer Laufhunde waren früher im Ausland berühmt. 1476 schenkte der Abt
Ulrich von St. Gallen dem Herzog Karl von Burgund 20 Hunde.
Die Schweizer Laufhunde verschwanden im 19. Jahrhundert nach dem Untergang
des „ancien régime“ (1789) und der adeligen Jagd beinahe. Auch heute kann er in
seiner Urdomäne kaum mehr eingesetzt werden. Die Niederlaufhunde werden
vor allem als Stöberhunde eingesetzt.
Schweizer Lauf- und Niederlaufhunde
Luzerner Laufhund
Luzerner Niederlaufhund
Jura Laufhund
Jura Niederlaufhund
Berner Laufhund
Berner Niederlaufhund
Schyzer Laufhund
Schwyzer Niederlaufhund
Weitere Bracken und Stöberhunde
Dachsbracke
Cocker Spaniel
Deutscher Wachtelhund
Brandlbracke
English Springer Spaniel
Tiroler Bracke
Beagle
Terrier 1
Der Terrier war in England nach dem 3. Jahrhundert bekannt.
Terrier (altenglisch: teroures) bedeutet Erdhund.
Die Hauptaufgabe der Terrier im Mittelalter war den Fuchs oder
Dachs aus dem Bau zu sprengen.
Graf Monteith und König Jakob (1566-1625) hatten Hunde, die
dem heutigen Foxterrier recht ähnlich sahen.
Im 17. Jahrhundert waren die Terrier bereits klar von anderen
Jagdhunden abgegrenzt (R.B. Lee).
Die Terriers sind heute vielfältig einsetzbare Jagdhelfer. Nebst der
Bauarbeit werden sie zum Stöbern und zur Nachsuche verwendet.
Terrier 2
Deutscher Jagdterrier
Russel Terriers
Glatthaariger Foxterrier
Rauhhaariger Foxterrier
Dackel
Kurzhaardackel
Rauhhaardackel
Langhaardackel
Kurzläufige Hunde finden sich bereits auf altägyptischen
Abbildungen.
1561 erwähnte Jacques du Fouilloux in seinem Buch „La Vénérie“
die Jagd mit Erdhunden (bassets). Schon 1560 wurden
Bodenhunde in Kunstbauten ausgebildet.
Neben der Bauarbeit leisten die Dackel auch auf der
Schweissfährte hervorragendes, sofern sie nicht gleichzeitig als
Stöberhunde eingesetzt werden. Bei der Stöberarbeit ist ihre
geringe Schnelligkeit oft von Vorteil für die Jäger.
Retriever
Als Heimat der Retriever gelten Neufundland und Labrador, deren
Ureinwohner Eskimos sind. Es ist aber unklar, wie die Hunde
ursprünglich in jene Länder kamen.
W.E. Cormach, der die Insel Neufundland 1822 bereiste, beschrieb
„water dogs“, die als Retriever bei der Vogeljagd eingesetzt
wurden.
Neben den nachstehend vorgestellten Retrievern gibt es noch den
Flat-Coated, den Chesapeake Bay, den Curly-Coated und den
Nova Scotia Duck Tolling Retriever.
Die Retriever sind von der Abstammung her reine
Apportierspezialisten mit meist wenig Wildschärfe.
Labrador Retriever
Golden Retriever
Die Arbeitsarten der Jagdhunde - allgemein
Feldarbeit mit Suchen, Vorstehen, Apportieren.
Wasserarbeit mit Stöbern und Apportieren.
Schweissarbeit mit Arbeit am Riemen, Hetze, Stellen und Abtun.
Bau- oder Bodenjagd mit Einschliefen und Sprengen.
Die Jagdhunde werden heute nicht mehr allein ihrem Ursprung
entsprechend eingesetzt. Terrier werden etwa zum Apportieren
von Federwild und zum Stöbern eingesetzt, Dackel als
Stöberhunde, Stöberhunde werden für einfache Nachsuchen
verwendet etc.
Die Arbeitsarten der Jagdhunde - Schweiss
Die Ausbildung des Schweisshundes
Spezialist oder Generalist
Schweissarbeit mit Arbeit am Riemen, Hetze, Stellen und Abtun,
welche Hunde können das?
Stöberhund und Schweissarbeit, geht das?
Nachsuche ist gesetzliche und ethische Pflicht und
ein Gebot der Weidgerechtigkeit und des Tierschutzes
Sünden rund um die Schweissarbeit:
• falscher Hund am falschen Platz
• kein Schweiss oder Haar, also gesund
• bei Schrotjagden: „Das Tier ist gesund geflüchtet!“
• keine Geduld + Beharrlichkeit am Anschuss und auf der Fährte
• nicht lange genug gewartet
• Nachsuchen bei Nacht
• der Schütze weiss immer wo es lang geht
• Verbrechen und vertrampeln
Kauf des Jagdhundes und Ausbildung
Augen auf beim Hundekauf!
Die SKG und ihre Rasseklubs mit den Zuchtwarten
Achtung auf Importbestimmungen:
Exportnachweis, Kupierverbot, MWSt, Zoll, Eintrag im SHSB
Wie soll der Hund gehalten werden / Zwinger im Haus?
Ausbildung als Konsequenztraining
Kauf eines ausgebildeten Hundes?
Mitgliedschaft in einem jagdlich ausgerichteten Rasseklub
Ausbildungsgeräte
Elektroreizgerät
ist bewilligungspflichtig.
Stachelhalsband
Ist verboten.
Fährtenschuh
Jagdhundeprüfungen 1 - allgemein
Alle Jagdhundeklubs veranstalten rassespezifische Prüfungen,
so z.B. die Bauprüfung der Dackel, die Lautjagerprüfung bei den Niederlaufhunden,
die Prüfung auf der Naturfährte bei den Schweisshunden, etc.
Die meisten Kantone bestimmen in ihren Jagdgesetzen, dass ein Jagdhund nur zur
Nachsuche auf Schalenwild verwendet werden darf, wenn er eine Prüfung auf der
Schweissfährte bestanden hat. Die meisten Kantone anerkennen dafür die nach
dem Reglement über den Einsatz von Hunden zur Nachsuche der AGJ abgelegten
Prüfungen.
Die einfachere Prüfung ist eine 500 m-Fährte mit zwei, etwa rechtwinkligen Haken,
die mit maximal 2,5 dl Schweiss (Blut) getropft oder mit 1 dl Schweiss in Verbindung
mit dem Fährtenschuh künstlich hergestellt wird und die über Nacht stehen und
mindestens 12 Stunden alt sein muss. Der Hund muss ein Mindestalter von 15
Monaten aufweisen.
Bei der 1'000 m-Fährte müssen zwischen dem Legen und der Arbeit des Hundes
mindestens 18 Stunden vergangen sein. Sie wird ebenfalls mit 2,5 dl (respektive 1 dl
beim Fährtenschuh) Schweiss gelegt. Ein Gespann kann diese Prüfungen nur
bestehen, wenn es nicht mehr als zweimal von den Richtern korrigiert (abgerufen)
werden muss.
Jagdhundeprüfungen 2 – VGP als Beispiel
Die Verbandsgebrauchsprüfung (VGP) (Meisterprüfung der Vorstehhunde)
An der zweitägigen VGP werden folgende Fächer geprüft, wobei bei jedem der
Fächer für das Bestehen der Gesamtprüfung mit einer Ausnahme ein "genügend"
verlangt wird:
Verhalten auf dem Stand
Bringen von Fuchs über Hindernis
Bringen von Fuchs auf der 400 m Schleppe
Buschieren, d.h. Suchen im Wald "unter der Flinte"
Ablegen im Wald, wobei der Führer sich entfernt und zwei Schüsse abgibt
Stöbern im Wald
Schweissprüfung auf der Tages- oder Uebernachtfährte
Bringen von Federwild auf der 300 m Schleppe
Frei verloren Suchen und Bringen von Federwild
Stöbern im Schilfwasser
Bringen von Ente aus tiefem Schilfwasser
Feldsuche mit Vorstehen und Ruhe bei ansichtigem Wild
Bei jedem dieser Fächer wird der entsprechende Gehorsam bewertet. Auch bei
dieser Prüfung wird die Schussfestigkeit geprüft.
Die Jagdhundeorganisation der SKG 1
In der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft
Jagdhundewesen seit jeher speziell organisiert.
(SKG)
ist
das
Die Zucht der Jagdhunde vollzieht sich einerseits in Rasseclubs, die
ausschliesslich jagdlich ausgerichtet sind, wie etwa der Schweizerische
Schweisshunde Club oder der Club für Deutsche Jagdterrier, andererseits
wickelt sie sich in Clubs ab, die vorwiegend nicht jagdlich orientiert sind,
wie etwa der Dachshundeclub oder der Retriever Club.
Die jagdlich orientierte Zucht ist aber leider bei einigen Clubs mit reinen
Jagdhunderassen ins Hintertreffen geraten. Als Beispiel hierzu gilt der Club
für Ungarische Vorstehhunde. Die Rasseclubs, die ausschiesslich jagdlich
ausgerichtet sind, oder Züchter anderer Clubs, die jagdlich züchten,
geben die Welpen im Normalfall nur an Jagdberechtigte ab.
Das Parlament der Jagdhundeclubs im Rahmen der SKG ist die
Arbeitsgemeinschaft für das Jagdhundewesen (AGJ).
Der Vorstand der AGJ
Jagdhundewesens (TKJ).
ist
die
technische
Kommission
des
Die Jagdhundeorganisation der SKG 2
Die AGJ umfasst folgende Rasseclubs (siehe auch: www.ag-jagdhunde.ch):
Schweizerischer Club für Basset Griffon Vendeen
Russel Terrier Club Schweiz
Basset & Bloodhound Club der Schweiz
Beagle Club der Schweiz
Schweizerischer Club für österreichische Bracken
Club Suisse de l'Epagneul Breton
Magyar Vizsla Club der Schweiz
Retriever Club Schweiz
Schweizerischer Dachshund-Club
Schweizerischer Club für deutsche Jagdterrier
Schweizerischer Foxterrier-Club
Schweizerischer Club für Deutsche Wachtelhunde
Schweizerischer Klub für Kleine Münsterländer Vorstehhunde
Schweizerischer Laufhunde-Club
Schweizerischer Niederlaufhunde-Club
Setter und Pointer Club der Schweiz
Spaniel-Club der Schweiz
Schweizerischer Schweisshund-Club
Schweizerischer Vorstehhund-Club
Rhodesian Ridgeback Club der Schweiz
Die AGJ, die keine Individualpersonen als Mitglieder kennt, hat
allgemeine Richtlinien in Zusammenhang mit der Ausbildung, der Prüfung
und dem Einsatz von Jagdhunderichtern und der Durchführung von
Jagdhundeprüfungen erlassen, die PLRO-2004. Daneben hat sie ein
Reglement über den Einsatz von Hunden zur Nachsuche erlassen, das die
Voraussetzungen und die Prüfung von Hunden, die zur Nachsuche auf
verletztes Wild eingesetzt werden, regelt.
Die Jagdhundeorganisation der SKG 3
Der Vorstand (TKJ) der der AGJ überwacht das Prüfungswesen der
Jagdhunde sowie die Ernennung und den Einsatz der Jagdhunderichter
durch die Rasseclubs. Jede Jagdhundeprüfung eines Rasseclubs muss der
TKJ vorgängig schriftlich gemeldet werden und wird im Publikationsorgan
der SKG, “Hunde“, ausgeschrieben. Daneben organisiert die TKJ
Fachtagungen im Bereich Jagdhunde und hat einen Leitfaden für
Prüfungsleiter erstellt.
Entscheidungen der TKJ können mit Rekurs an das Verbandsgericht der
SKG weitergezogen werden.