Reisebericht Tansania
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Reisebericht Tansania
Am 19.01.2015 trafen sich 16 blasse Bielefelder am frühen Morgen an der Martinikirche zu einer abenteuerlichen Reise nach Tansania, Afrika! Pfarrer Große, der doch nicht wie am Sonntag zuvor angedroht im Schlafanzug , dafür aber gemeinsam mit seiner Frau zum Abschied kam, gab uns einen Reisesegen mit auf den Weg, der auch den etwas Bangen unter uns Mut und Zuversicht gab. Zwei Mal hatten wir uns im letzten Jahr getroffen um uns kennenzulernen, Informationen über das Land zu bekommen, Organisatorisches zu besprechen und natürlich für erste Sprachversuche in Kisuaheli! Karibu! Asante! Habari gani? Nzuri. Uns erwartete eine völlig andere Kultur. Tansania, eines der ärmsten Länder der Welt, birgt die Wiege der Menschheit im ostafrikanischen Rift Valley. Untersuchungen legen nahe, dass hier Frühformen der heutigen Menschen lebten. Die Region ist einzigartig, voller prächtiger Tiere, bezaubernder Landschaften – ein Paradies. Mose 1,2 Vers 8 „Und Gott der Herr pflanzte einen Garten gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hat.“ In dem 945.000 km² großen Land (2,5 x Deutschland) leben ca. 42 Millionen Einwohner. 45% sind unter 15 Jahren! Es gibt ca. 130 verschiedene Ethnien mit entsprechend vielen Sprachen. Die Landessprache ist Swahili, auf Sansibar arabisch. Europäer, Portugiesen, Briten, Deutsche und Araber – alle interessierten sich in den vergangenen Jahrhunderten für Ostafrika. Lag es doch strategisch günstig für die Handelsrouten und barg es viele Rohstoffe. Die ersten Missionare kamen Mitte des 19.Jahrhunderts ins Land. Die folgende Kolonialpolitik orientierte sich an eigenen Überzeugungen und Interessen und ging dabei durchaus brutal mit den Tansaniern um. Zunächst unter deutscher Herrschaft, nach dem ersten Weltkrieg dann unter britischer Verwaltung, erlangte Tansania 1961 seine Unabhängigkeit. Nach einer sozialistisch-kommunistischen Ära, die viele gute Ideen und Ziele verfolgte, an der Nichtfinanzierbarkeit jedoch scheiterte, entwickelt sich allmählich eine Tendenz zur Demokratie, die jedoch mit Korruption, Profitgier und Ineffizienz zu kämpfen hat. Auf unserem insgesamt 10stündigen Flug hatten wir einen Zwischenstopp in Istanbul. Der Flughafen Atatürk ist derzeit der viertgrößte Flughafen Europas und liegt im europäischen Teil der Stadt. Der Anflug war beeindruckend, man konnte die besondere Lage der Stadt am Wasser gut erkennen, den Bosporus und gigantische Hochhäuser in direkter Nachbarschaft von Moscheen. Auf dem Flughafen im Transferbereich tummelten sich Menschen verschiedenster Nationalitäten, bereits hier lag viel Fremdes und Exotisches in der Luft, die weite Welt schien zum Greifen nah. Nach unserem Weiterflug landeten wir nachts um 1.30 Uhr am Kilimanjaro-Airport, es war warm und große Mückenschwärme schwirrten um Lampen. Dieser Flughafen ist klein (er wurde auf einer Fläche von 10ha gebaut – im Vergleich: der Flughafen Atatürk in Istanbul auf einer Fläche von 500 ha!), jedoch von großer Wichtigkeit, liegt er doch in der Nähe von vielen touristischen Angeboten, wie dem Kilimanjaro, Nationalparks und den Städten Moshi und Arusha. Regelrecht gemütlich kam uns die Halle vor, einiges wirkte gar improvisiert. Die erste Herausforderung, sich in tansanischer Gelassenheit zu üben, stellte sich hier bereits für Zwei von uns: sie mussten feststellen, dass einer ihrer Koffer irgendwo unterwegs abhandengekommen war. Mit Hilfe von Lotti Kellner, die in fließendem Kisuaheli auf die Schalterbeamten einredete, wurde uns zugesichert, dass der Koffer in 24 Stunden wieder da sei....Zum Glück hatten die Beiden bereits in weiser Voraussicht 2 Koffer mit jeweils gemeinsamer Garderobe gepackt, so dass sie nun beide zumindest ein wenig zum Anziehen hatten und nicht eine oder einer von ihnen gar nichts. Unsere erste Station war Usa River, ein kleiner Ort auf dem Weg nach Arusha, wo wir in einer Rehabilitationseinrichtung für Kinder und Jugendliche mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen wohnten. Nachdem wir zwar aufgeregt, aber doch auch müde von der langen Reise ins Bett plumpsten, wurden wir alle am nächsten Morgen von prasselndem Regen geweckt! Kaum jemand von uns hatte ernst zu nehmendes Regenzeug eingepackt, damit hatte niemand gerechnet. Der Regen schien auch für die Einheimischen überraschend gekommen zu sein, es habe drei Wochen nicht mehr geregnet, sagte man uns. Zum Frühstück, 200m entfernt, wurden wir mit Autos und großen Regenschirmen abgeholt, ansonsten wären wir nach nur 2m bereits völlig durchnässt gewesen. Wir erfuhren gleicht hautnah, wie unbefestigte Wege sich nach nur kurzer Zeit in aufgeweichte Schlammspuren verwandeln können. Dieser Regenguss, der nach dem Frühstück aufhörte, sollte der einzige auf unserer Reise bleiben. Das Usa River Rehabilitation and Training Center (URRC) ist eine Einrichtung der Meru Diözese der Evangelisch - Lutherischen Kirche in Tansania (ELCT), Ostafrika. Hier leben vorwiegend Kinder und Jugendliche mit körperlicher und geistiger Behinderung, die darin unterstützt werden sollen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Für behinderte Kinder in Tansania ist der Zugang zu Schule und Bildung erschwert und oft unmöglich. In ländlichen Regionen kommt es noch immer vor, dass sie als Schande angesehen und versteckt werden. Im URRC können sie eine Ausbildung machen in den Berufen Schreiner/in, Schuster/in, Bäcker/in, Schneider/in und Schlosser/in. Nach einem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung können die "frisch gebackenen" Handwerker Werkzeuge und Arbeitsausrüstung zu einem symbolischen Preis erhalten, um eigene Kleinbetriebe in ihren Dörfern aufzubauen. In einer eigenen orthopädischen Werkstatt werden künstliche Gliedmaßen (Prothesen) und Stützschienen (Orthesen) aller Art gefertigt. Spezialräder für Menschen mit Behinderung werden in der Metallwerkstatt gebaut und repariert. Auch gibt es eine Beratungsstelle für Eltern, deren Kinder mit Klumpfüßen geboren werden, was in Tansania häufiger vorkommt, als wie wir es kennen. Notwendige Schuhgestelle, die das Wachstum nach einem kleinen operativen Eingriff positiv beeinflussen sollen, werden in der eigenen Werkstatt mit einfachen Mitteln angefertigt. Hierzulande kosten entsprechende Schuhe ca. 100€. Nachdem wir erfuhren, dass der verlorene Koffer immerhin schon gesichtet worden war, starteten wir von Usa River aus eine 3tägige Safari zu dem Tarangire Nationalpark und dem Ngorongoro-Krater. Wir teilten uns auf drei Jeeps auf und wurden von Guides gefahren, die uns viel über das Land und vor allem die Tierwelt erzählen konnten. Der Tarangirepark hat eine Größe von 2600 km² (etwa die Größe Luxemburgs) und ist durchzogen von Akazienwäldern, Grassavannen und hügeligen Weiten. Hier gibt es die größte Elefantendichte Tansanias, was wir mit eigenen Augen sehen konnten! Die Tiere ließen sich durch unsere Autos überhaupt nicht beirren, sie trotteten, meist in Gruppen, dicht an uns vorbei oder kreuzten vor uns den Weg. Elefanten lieben das saftige Holz der Baobab-Bäume (Affenbrotbäume), die wir im Tarangirepark an vielen Stellen sehen konnten. Mit ihren Stoßzähnen brechen sie zunächst die Rinde auf und höhlen danach die riesigen Stämme aus. Diese Höhlen werden von anderen Tieren, Flughunden, Fledermäusen, Schleiereulen etc. als Schattenspender und Nistplatz genutzt. Vögel sahen wir in allen Farben, sie waren kleine Kunstwerke. Außerdem begegneten wir hier den ersten Warzenschweinen, Gazellen, Antilopen, Giraffen, Hyänen, Geparden, Adlern und – Löwen. Wir hielten es zunächst für „Gruselgeschichten für Touristen“, als man uns abends in unserer Unterkunft den 50m langen Weg von den Safarizelten zum Speiseraum nicht alleine gehen ließ mit dem Hinweis auf Löwen, die man gesehen habe. Auch durfte man die Zelte nachts nicht verlassen (sie verfügten zum Glück über Toiletten). Aber tatsächlich – in der Nacht streiften 4 Löwinnen hinter unseren Zelten umher! Morgens sahen wir sie einige hundert Meter entfernt auf einem kleinen Hügel in der Sonne liegen. Unsere Unterkunft war wunderschön; wir machten morgens die Zelte auf und schauten in die Weite des Nationalparks, hinunter auf den Tarangire Fluss, der sich von Nord nach Süd durch den gesamten Park schlängelt und ihm seinen Namen gibt. Direkt vor unseren Zelten liefen morgens Zwergantilopen, und in den Bäumen saßen kleine Meerkatzen-Affen. Der Abschied von diesem schönen Ort fiel nicht leicht! Es erwartete uns jedoch noch ein ganz anderes Erlebnis, der Ngorongoro-Krater. Er ist ein eingefallener Vulkankegel und mit seinen 304 km² ein kleiner Teil des NgorongoroSchutzgebietes, das insgesamt 8292 km² umfasst. Früher bildete es eine Einheit mit dem Serengeti-Nationalpark, wurde jedoch 1959 abgetrennt, da die hier lebenden Maasai auf ihre Rechte zur Landnutzung pochten und man ihnen schließlich das Schutzgebiet wieder als Weideland zur Verfügung stellte. Serengeti und Ngorongoro-Schutzgebiet sind eng verbunden mit dem Namen von Bernhard Grzimek; er und sein Sohn Michael erforschten dieses Land und sorgten für seinen Erhalt. Bei den Dreharbeiten zu dem bekannten Film „Serengeti darf nicht sterben“ kam Michael Grzimek hier ums Leben. An das Werk von ihm und seinem Vater erinnert ein Denkmal am Rand des Kraters, das wir uns unterwegs angeschaut haben. Im Krater leben sämtliche Tiere, die man sich vorstellt, wenn man an Afrika denkt, in friedlichem Miteinander. Es gibt Menschen, die von einem „Achten Weltwunder“ sprechen. Zu den Tieren, die wir bis hierher bereits gesehen hatten, gesellten sich nun noch Büffel, Zebras, Flusspferde, Gnus, Strauße sowie Nashörner. Tatsächlich wurden wir Zeugen der Geburt eines kleinen Gnus. Zurück von dieser eindrucksvollen Safari freuten sich in Usa River Zwei über einen Koffer, der tatsächlich hier auf sie wartete und führten abends strahlend frische Garderobe vor. Am 24.1. brachen wir nach Lutindi auf, das vielen aus unserer Gemeinde schon gut bekannt ist. Wir legten mit dem Bus eine Strecke von ca. 320 km zurück, waren insgesamt gute 6 Stunden unterwegs. Das war nicht unanstrengend, zumal es sehr warm war, jedoch gab es uns die Möglichkeit, viel an der Strecke zu sehen. Landschaftlich wechselten sich Grassavanne und Steppe ab, schließlich kamen wir durch mehr landwirtschaftlich genutzte Gegenden. Vor allem Sisalfelder sahen wir viele. An der Straße sahen wir immer wieder Menschen, deren Leben sich dort abzuspielen schien; sie boten Früchte und Gemüse an, hatten kleine Werkstätten oder Betriebe, alle Waren lagen ausgebreitet auf der Erde, von Tomaten bis hin zu Bettgestellen. Oft sahen wir Männer beieinander sitzen, während die Frauen körperlich arbeiteten, z.B. schwere Lasten auf den Köpfen transportierten. Die belebte Hauptstraße, die durchgeht bis Dar es Salaam, war meist in befestigtem Zustand. Ganz anders dann der Abzweig hoch nach Lutindi! In den wunderschönen Usambarabergen liegt dieses bedeutende psychiatrische Krankenhaus, umgeben von mehreren kleinen Dörfern, die alle zusammen Lutindi bilden. Eine Straße, die wir Piste nennen würden, schlängelt sich die Höhe von 1200 m hoch hinauf. Sie hat Schlaglöcher, wie es sie bei uns einfach nicht gibt; große Felsbrocken werden kurzerhand gesprengt, dann hat man es eben nur mit „kleineren“ Steinen zu tun. Die Straße ist nur bei Trockenheit passierbar, bei länger anhaltendem Regen nicht. Unterwegs kam uns Werner Blauth, der mit seiner Frau Barbara bis Ende Februar 2015 die Leitung des Hospitals innehat, mit einem Toyota Landcruiser (das beste Auto!) entgegen. Einige von uns fuhren mit ihm hoch, andere stiegen an allzu steilen Stellen aus – der Bus musste für die Fahrt nach oben entlastet werden. Endlich oben angekommen, gab es zunächst ein freudiges Wiedersehen: Lilli Hauphoff, die bis zu ihrer Ausreise im August 2014 in unserer Gemeinde in der Kinder- und Konfirmandenarbeit aktiv war, macht hier z.Zt. mit der Vereinten Evangelischen Mission ein freiwilliges soziales Jahr. Die Wiedersehensfreude bei ihr und vor allem ihren Eltern war groß. Lilli lernte bereits den Kindergarten der Lutindi-Gemeinde, die Ergotherapie des Hospitals mit ihrer Sisalwerkstatt, den landwirtschaftlichen Teil sowie den Gartenbereich kennen. Es gibt Kühe, Schweine, Hühner, Ziegen und Enten, die den Eigenbedarf an Eiern und Milch decken. Im Garten wird viel Gemüse angebaut, so dass vieles für den täglichen Bedarf hier geerntet werden kann. Lilli hat ihr Herz an die Landwirtschaft verloren; täglich kümmert sie sich um die Tiere, melkt die Kühe, füttert die Schweine und sorgt mit guter Laune dafür, dass die Patienten in dieser Arbeit eine sinnvolle und heilsame Beschäftigung finden. Es gibt 120 Patienten in Lutindi, z.Zt. sind es ca. 80 Männer und 40 Frauen. Es sind Suchtkranke, vor allem Alkohol-, Drogen- und Mehrfachabhängige sowie psychisch Kranke. Die Ursprünge des Hospitals gehen zurück auf das Jahr 1896; damals wollte man einen Ort schaffen für die Kinder von freigekauften Sklaven, die sich an der Küste aufhielten. Das Usambaragebirge schien klimatisch günstiger zu sein als die Küstenregion, und so ließ man sich hier nieder. Deutsche Missionare entwickelten hieraus unter der Federführung von Friedrich von Bodelschwingh ein psychiatrisches Krankenhaus. Wir blieben vier Tage an diesem Ort und hatten somit Zeit für verschiedene Aktivitäten. Bei Besuchen in Familien, die wir in kleinen Gruppen mit Horst und Lotti Kellner sowie mit Lilli als unseren Übersetzern machten, bekamen wir Einblicke in das alltägliche Leben der Menschen von Lutindi, ihre Sorgen und Nöte, Aufgaben und Abläufe, Freuden und Feste. Wir unsererseits wurden gefragt „Wie kommt es, dass wir in Tansania so viel arbeiten müssen, und es kommt doch kaum etwas dabei herum, und bei Euch in Deutschland ist das so anders?“ Wer von Ihnen auf diese Frage im Gegensatz zu uns eine Antwort weiß, sollte im Rahmen einer Gemeindeveranstaltung dazu einladen. Wir besuchten den Sonntagsgottesdienst, der für unseren Pfarrer eigentlich der ideale Arbeitsplatz wäre – es kommt durchaus vor, dass die Predigt bis zu 2 Stunden dauert! Davon blieben wir an diesem Tag verschont und erfreuten uns stattdessen an Wanderungen in der Umgebung, einer Führung durch die Teeplantage und, nun ja, einige von uns auch an der Mitarbeit im Hospital. Ein kleiner operativer Eingriff an einer entzündeten Hand wurde vorgenommen, in psychiatrischen Aufnahmen und Visiten wurde miteinander gefachsimpelt. Der Eine oder die Andere mag hier Ideen für das bevorstehende Rentenalter bekommen haben.... Wir erlebten ein Konzert des Tenashara-Chores, der 2006 und 2009 Gast unserer Gemeinde war und verbrachten gesellige Abende mit Barbara und Werner Blauth. Ende Februar werden sie ihre Zelte endgültig abbrechen und nach Deutschland zurückkehren, eine neue Familie wird gerade in die Aufgaben eingearbeitet. Mit Lilli im Gepäck – sie hatte ein paar Tage Urlaub - ging unsere Reise am 28.1. weiter nach Dar es Salaam, dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zentrum Tansanias. So ruhig und beschaulich es in Lutindi zuging, so laut und quirlig war es hier. Die Stadt am Indischen Ozean hatte bei der Volkszählung 2012 4,36 Millionen Einwohner. Über Schlangen in unseren Supermärkten regt sich niemand mehr auf, der hier einkaufen war. Unser schönes Hotel am Indischen Ozean stand in scharfem Kontrast zu dem, was wir am Tag hier zu sehen bekamen. Wenn man sich als Urlauber nicht scheut hinzusehen, fallen einem Armut, Arbeitslosigkeit und auch Drogenkonsum sofort ins Auge. Der Tourismus boomt wie kein anderer Wirtschaftszweig in Tansania, jedoch profitieren hier nur einige von. Lediglich 500.000 Tansaniern bietet der Tourismus Beschäftigung und Einkommen. Einer Studie von 2009 zufolge fließen lediglich 18% der Einnahmen direkt an die Bevölkerung. So verwundert es auch nicht, dass wir erwartungsvoll in Augenschein genommen wurden, als wir uns den Kunstmärkten näherten. Wir besuchten den Tingatingamarkt, wo wir zusehen konnten, wie die farbenfrohen und naiv anmutenden Tingatingabilder gemalt und natürlich auch angeboten wurden. Diese für Tansania typische Form der Malerei geht auf Edward Saidi Tingatinga zurück, der in den 60er Jahren in Ermangelung einer einträglichen Erwerbstätigkeit begann, bunte Bilder auf quadratische Hartfaserplatten zu malen. Viele machten es ihm nach und mittlerweile gibt es zahlreiche tansanische Künstler, die sich eine durchaus ernst zu nehmende Reputation erarbeitet haben. Außerdem besuchten wir den Holzschnitzermarkt, wo neben vielen Schnitzereien auch gleich auf die Möglichkeit des DHL-Versandes hingewiesen wurde – irgendwie müssen die teilweise sperrigen und großen Kunstwerke ja nach Deutschland oder wo immer man zuhause ist, gelangen...! Nach 2 Tagen in diesem Schmelztiegel meinten wir, uns erholen zu müssen und besuchten für die letzten 3 Tage die Insel Sansibar. Hier genossen wir Sonne, Strand und gutes Essen, machten kleine Wanderungen und Ausflüge und ließen die Seele baumeln. Der Name Sansibar steht für ein Archipel, der aus Unguja, Pemba und 50 weiteren kleinen Inseln besteht. Unguja, die größte Insel dieser Gruppe, ist als Sansibar bekannt. Das äußere Erscheinungsbild war doch anders als das, was wir bislang auf dem Festland gesehen hatten. Die Bevölkerung ist ein buntes Gemisch aus Afrikanern, Indern, Persern und Arabern, ca. 95% sind Moslems. Männer tragen vielfach khanzus, lange weiße Hemden, und eine kofia, eine kunstvoll verzierte Kopfbedeckung. Der Großteil der Frauen trägt buibuis, lange schwarze Umhänge, über der Kleidung. Fünfmal am Tag wird zum Gebet gerufen; bereits auf dem Schiff, das uns zur Insel brachte, sahen wir Menschen, die ihre Gebetsteppiche im Gang ausgerollt hatten und darauf beteten. Die erste Nacht verbrachten wir in Zanzibar Town, wo wir uns mit einem Guide die Altstadt, Stone Town, ansahen. Wir schlenderten über Märkte (einigen machte es Appetit auf Fisch, anderen verschlug es eben diesen...), bummelten durch enge Gassen und schauten uns Historisches an. So besuchten wir den Palast des Sultans und auch die Anglikanische Kathedrale, die auf dem letzten Sklavenmarkt Afrikas errichtet wurde. David Livingstone, Afrikaforscher, Missionar und Mediziner, setzte sich für die Abschaffung der Sklaverei ein, die 1873 offiziell verboten wurde. Ein weiterer vehementer Gegner war der Bischof Edward Steer, der auf dem Hof des Sklavenmarktes diese Kathedrale errichten ließ. Die Sklaverei - ein weiteres furchtbares Kapitel der Menschengeschichte. Wir reisten weiter in den Osten der Insel, und nahmen unterwegs an einer Gewürztour teil. Nach einem Mittagessen im Swahili-Stil, am Boden sitzend, zeigte man uns, wo der Pfeffer wächst! Wir sahen, wie Muskatnüsse wachsen und geerntet werden, wie Nelken, Zimt, Vanille, Kardamon und vieles mehr aussehen, bevor sie abgepackt in den Gewürzregalen unserer Supermärkte landen. eine Muskatnuss Vanilleschoten Die letzten Tage schließlich verbrachten wir an einem „Postkartenstrand“ - weißer Sand, Kokospalmen, türkisfarbenes Meer.....Wir schwammen und schnorchelten im Indischen Ozean, und waren immer wieder überrascht, wenn jemand daran erinnerte, dass es Anfang Februar war! Aber auch hier stieß unser Genießen an die knallharte Realität des Überlebens der Menschen vor Ort. An der Küste gibt es Seetangplantagen, die vor allem von Frauen betrieben werden. Unermüdlich arbeiten sie im Wasser und legen hier Unterwassergärten an, die regelmäßig gepflegt und von Unkraut befreit werden müssen. Nach ca. 2 Monaten kann der Seetang geerntet werden, wird in großen Körben an Land getragen und dort getrocknet. Schließlich wird er für den Transport verpackt. Hauptabnehmer sind Japan und die USA, hier wird der Tang sowohl als Lebensmittel als auch für die Kosmetikindustrie genutzt. Man kann sich nun beruhigen, indem man sagt, dass die Frauen hier eine gute Erwerbsmöglichkeit gefunden haben. Fragt man aber genauer nach, erfährt man, dass sie für ein Kilo Seetang (natürlich ist hier getrockneter gemeint) 400-500 Tansanische Schillinge bekommen, was einem Wert von ca. 22 Cent entspricht. Die zugeteilten Flächen ergeben maximal 100 kg Ernte pro Monat, also einen Verdienst von 40.000-50.000 TSH, ca. 22 Euro. Und das für unermüdliche, tägliche körperliche Arbeit. Man muss schon sehr die Augen zumachen, will man das Land ausschließlich als Postkarte sehen. Zurück in Dar es Salaam nahmen wir Abschied von Lilli, die in einer 8 stündigen Fahrt mit Überlandbus, bajaji (Dreirad) und pikipiki (Mopedtaxi) zurück nach Lutindi reiste. Wir verbrachten den Nachmittag in Dar es Salaam und flogen nachts gegen 4.30 Uhr vom Julius Nyerere Airport über Istanbul nach Hannover. Am 4.2. kamen wir erschöpft, mit einer Fülle von Eindrücken, begeistert und auch nachdenklich wieder in Bielefeld an. Lotti und Horst Kellner haben wunderschöne Orte gefunden, Vieles bis ins Kleinste geplant und nicht zuletzt haben sie uns mit ausgesuchten Gebeten begleitet. Wieviel Zeit und Mühe sie investiert haben, ging uns allen erst im Verlauf der Fahrt auf. Asante sana!