Mit überraschenden Risiken

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Mit überraschenden Risiken
34 WIRTSCHAFT
NACHRICHTEN
Erneut Bank in
den USA pleite
Charlotte – In den USA ist
erneut eine Bank pleitegegangen. Damit mussten in diesem
Jahr bereits 91 Geldinstitute
vom Einlagensicherungsfonds
(FDIC) aufgefangen werden.
Der FDIC übernahm die in
Chicago ansässige Corus Bank,
die vor allem Wohnbau-, Büround Hotelprojekte finanziert
hat. Sie gehört zu den grössten,
die in diesem Jahr in den USA
pleitegegangen sind. (ap)
Ems: Dividende
ist gesichert
Zürich – Der Ems-Chemiekonzern will trotz der Gewinnhalbierung im ersten Halbjahr für
2009 auf jeden Fall eine Dividende ausschütten. Dies sagte
Konzernchefin
Magdalena
Martullo-Blocher der «Finanz
und Wirtschaft». Sobald die
Konjunkturlage stabiler sei,
könne sie sich auch vorstellen,
noch einmal Aktien zurückzukaufen. (ap)
EU warnt vor
Protektionismus
Brüssel – EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat
vor Protektionismus im Zusammenhang mit dem geplanten
Verkauf von Opel gewarnt.
«Falls etwas gegen die Regeln
läuft, werde ich tätig», sagte sie.
Staatshilfen dürften nicht von
Standorten abhängig sein. Am
Freitag hatte die belgische Regierung Deutschland wegen
der zugesagten Staatshilfen für
Opel Protektionismus vorgeworfen und eine Untersuchung
durch die EU verlangt. (ap)
Lehman Brothers
345 Millionen
werden gefordert
ap. Ein Jahr nach der Pleite der
US-Investmentbank
Lehman
Brothers melden deutsche Gläubiger
Ansprüche im mehrstelligen Millionenbereich an. Das berichtete das
Nachrichtenmagazin «Focus» vorab
unter Berufung auf die aktuelle Liste
der Unternehmen, Kommunen und
Privatpersonen, die Forderungen gegen die in Insolvenz befindliche Lehman Inc. in den USA geltend machen.
Den höchsten Betrag unter den
deutschen Konzernen fordert demnach mit 345 Millionen Dollar der
Immobilienfinanzierer Hypo Real
Estate. Auf Platz zwei folge die Deutsche Lufthansa. Die Fluglinie mache
128 Millionen Dollar geltend. Lufthansa hatte sich bei Lehman gegen
steigende Treibstoffpreise und ungünstige Wechselkurse abgesichert,
wie es weiter hiess.
Engelberg
Deutlich mehr
Übernachtungen
bu. Die Engelberg-Titlis Tourismus
AG blickt auf ein erfolgreiches Jahr
zurück. Die Zahl der Übernachtungen konnte gegenüber dem Vorjahr
um über 13 500 auf total 806 229
gesteigert werden. Dies teilte die
Engelberg-Titlis Tourismus AG gestern mit. Den grössten Anteil am
Zuwachs trug die Hotellerie mit einem Plus von 5 Prozent bei. Der
grösste Teil der Gäste in Engelberg
stammt aus der Schweiz (33 Prozent). Dahinter folgt Deutschland
mit 15 Prozent.
Weniger gut war das vergangene
Winterhalbjahr. Die Zahl der Übernachtungen ging um 6,8 Prozent
zurück. Insgesamt wurden 168 049
Übernachtungen gezählt.
Zentralschweiz am Sonntag
13. September 2009 / Nr. 37
Depotanalyse
Mit überraschenden Risiken
EXPRESS
Die günstigen und
effizienten Indexfonds sind
zu Recht beliebt bei
Anlegern. Aber auch die
Exchange-Traded Funds (ETF)
haben ihre Tücken.
Indexfonds weisen vielfach
eine bessere Rendite auf als
Anlagefonds.
Zudem bestechen sie vor
allem durch ihre relativ
tiefen Gesamtkosten.
Allerdings hat die Krise
gezeigt: Auch bei ETF ist
Vorsicht angesagt
VON RENÉ WEIBEL
Wer nicht in Einzeltitel investieren
will, sondern an der Entwicklung eines
breit diversifizierten Index wie zum
Beispiel dem Swiss Market Index (SMI)
partizipieren will, kann dies mit kostengünstigen ETF tun. Doch was sind ETF,
und was gilt es zu beachten?
einem Marktteilnehmer, meistens einer
Bank, absichern. Da weniger Titel gekauft werden müssen, fallen tiefere
Kosten an.
Was sind Indexfonds?
Exchange-Traded Funds (ETF) – börsengehandelte Indexfonds – wollen die
Renditeentwicklung eines Index möglichst genau und kostengünstig nachbilden. Indexfonds sind Sondervermögen
und haben speziell in Krisenzeiten eine
gefragte Eigenschaft: Sollte der Emittent
des Fonds Konkurs anmelden, ist das
Sondervermögen vor dem Zugriff durch
Gläubiger geschützt. Die im ETF enthaltenen Werte werden im Konkursfall an
den Inhaber ausgeliefert.
Die grössten Vorteile: Ein wichtiges
Argument für den Kauf eines Indexfonds sind relativ tiefe Gesamtkosten.
Das passive Nachbilden eines Indices
ist wesentlich günstiger als ein aktives
Fondsmanagement. Damit fallen meist
deutlich tiefere jährliche Fondsverwaltungsgebühren an. Durch den Erwerb
über die Börse entstehen zwar auch
direkte und indirekte Kosten wie Börsencourtagen und die Geld-Brief-Spanne. Diese sind jedoch erheblich tiefer
als die Ausgabeaufschläge klassischer
Anlagefonds, die bis 5 Prozent des
eingezahlten Kapitals ausmachen können.
Bessere Rendite: Über einen längeren
Betrachtungszeitraum gesehen, weisen
Indexfonds vielfach eine bessere Rendite nach Kosten aus als aktiv gemanagte
Anlagefonds. Vielen Anlagefonds gelingt es dauerhaft nicht, eine über dem
Marktdurchschnitt liegende Rendite zu
erreichen, die nötig wäre, um die höheren Kosten auszugleichen.
Flexibler: Da Indexfonds an der Börse
gehandelt werden, können ETF jederzeit zu den, je nach Indexstand, gerade
geltenden Kursen gehandelt werden.
Jedoch sind nur bei liquidem Handel
beziehungsweise mit limitierten Börsenaufträgen faire Preise zu erzielen.
Traditionelle Anlagefonds dagegen
Indexfonds sind beliebt – vor allem weil sie eine gute Rendite versprechen.
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GETTY
können nur zu einem fixen Tageskurs
gekauft und verkauft werden.
Wie werden ETF konstruiert?
Es gibt drei Methoden, mit welchen
börsengehandelte Indexfonds den Indexverlauf nachbilden. Am nächstliegenden ist es, durch den Kauf aller dem
Index zu Grunde liegenden Titel die
Nachbildung zu erreichen. Die Kosten
für die Bewirtschaftung sind dabei eher
hoch, weil sehr viele verschiedene Titel
gekauft werden müssen. Diese Methode wird daher besonders zur Abbildung
von liquiden Standardwerteindiczes,
z.B. des SMI, verwendet.
Eine weitere Methode simuliert den
zu Grunde liegenden Index mit einer
repräsentativen Titelauswahl aus dem
Index. So macht die Kapitalisierung des
SMI (20 Titel) rund 85 Prozent des viel
breiter abgestützten Schweizer Gesamtindex SPI mit seinen rund 230
Titeln aus. Der Indexfonds investiert so
in die 20 SMI-Titel und kann die
verbleibende Renditedifferenz durch
ein Renditetauschgeschäft (Swap) mit
Nicht immer drin, was draufsteht!
Als dritte Methode kann ein ETF den
Referenzindex auch künstlich nachbilden. Der Indexfonds investiert dabei in
einen Aktienkorb, der statistisch gesehen eine geringe Renditedifferenz zum
Referenzindex, aber nicht dieselben Titel aufweist. So ist es möglich, dass ein
Indexfonds auf den Dax, um Kosten zu
sparen, zu 100 Prozent in japanischen
Aktien investiert (siehe Artikel oben).
Hier entsteht ein nicht abgesichertes
Gegenparteirisiko. Das Verlustrisiko für
den Anleger beträgt im schlimmsten
Fall 10 Prozent seiner Investitionssumme, wenn der Swap-Partner des ETFAnbieters in Konkurs geht.
Wertpapierleihe ist üblich
Als zusätzliche Kostenoptimierung
verleihen die Indexfonds ihre Fondstitel
oft anderen Marktteilnehmern gegen
eine Gebühr. So erzielt das ETF zusätzliche Einnahmen, und die Kosten können tief gehalten werden. Der Anleger
weiss also nicht, ob sich die Basiswerte
wirklich im Fondsvermögen befinden
oder ob diese kurzfristig angeliehen
sind. Hier entsteht im Konkursfall
ebenfalls ein jedoch teilweise abgesichertes Gegenparteirisiko.
Risiken nicht unterschätzen
Die Finanzkrise hat gezeigt, dass
auch grosse Banken in Schwierigkeiten kommen oder sogar Konkurs gehen können. Daher sind neben den
bekannten Marktrisiken die Gegenparteirisiken bei Indexfonds nicht zu
unterschätzen. Wichtige Fragen dabei
sind: Wer ist die Gegenpartei der
Wertpapapierleihe oder des Swap-Geschäftes, welche Sicherheiten werden
hinterlegt, und welche Wertpapiere
sind im ETF enthalten? Antworten auf
diese Fragen findet man auf den
Factsheet und in den Jahresberichten
der Indexfonds.
BEISPIEL
ETF: Einfach, transparent und flexibel
Ausgangslage: Das Ehepaar Müller
ist kinderlos. Das Jahreseinkommen
beträgt 120 000 Franken. Das gesamte
Wertschriftenvermögen umfasst rund
300 000 Franken, wovon 180 000
Franken konservativ in SchweizerFranken-Obligationen mit kurzer
Laufzeit angelegt sind. Das restliche
Vermögen von 120 000 Franken ist
mit dem Anlageziel langfristiges
Wachstum in kotierten Indexfonds
ETF investiert.
NICHT IMMER IST DRIN, WAS DRAUFSTEHT
Grundlegende Gedanken: Das Gesamtvermögen weist mit einem 40Prozent-Anteil an Sachwerten eine
optimale Anlagestruktur auf, an der
trotz erheblicher Verluste festgehalten werden kann. Zudem ist das
Portfolio auch recht gut gegen einen
mittelfristig zu erwartenden Inflationsanstieg geschützt.
Indexfonds iShares Global Infrastructure 100
ETF mit unterschiedlicher Qualität: Ein Problem zeigt sich jedoch
bei der Auswahl der Indexfonds.
Nicht alle bilden den zugrunde liegenden Referenzindex identisch ab.
Einige ETF bilden den zugrunde
liegenden Index nur teilweise oder
sogar nur künstlich ab. Manche ETF
kaufen, um Kosten zu sparen, nicht
die Aktien, die im Index enthalten
sind. So ist es durchaus möglich,
Gold
Bezeichnung
Obliga- Diverse Obligationen
tionen
Anzahl Währung Kurswert
in Fr.
Anteil
in Prozent
6
Fr.
180 000
60,0
680
Fr.
42 000
14,0
1260
USD
35 000
11,7
460
USD
12 500
4,2
260
USD
6 000
2,0
iShares Global Water
280
USD
6 000
2,0
Lyxor ETF Commodities
230
USD
6 000
2,0
107 500
35,9
12 500
4,1
300 000
100,0
Xmtch on SMI
db x-trackers on MSCI World
iShares BRIC 50
Total Aktienfonds
ZKB Gold ETF
Total Anlagen
4
Fr.
Grafik Oliver Marx
dass ein Indexfonds auf den Dax zu
100 Prozent aus japanischen Aktien
besteht. Die Renditedifferenz zwischen dem Portfolio und dem Dax
sichert der Fonds bei der künstlichen Nachbildung mit einem Renditetauschgeschäft (Swap) ab. So
entsteht das Risiko, dass der «Wettpartner» den Swap nicht einlösen
kann und der Indexfonds einen erheblichen Verlust erleidet. Vor allem
DB-X-Tracker von der Deutschen
Bank und Lyxor von Société Général
wenden diese synthetische Nachbildung an.
Wertpapierleihe ist üblich: Zudem
ist es nicht sicher, ob der Indexfonds
wirklich Titel im Depot hat oder ob er
sie an andere Marktteilnehmer gegen
eine Gebühr ausgeliehen hat. Damit
werden Kosten gespart, aber auch
hier entsteht wiederum ein Gegenparteienrisiko.
Wie weiter: Die Finanzkrise hat gezeigt, dass die Risiken aus Swaps und
der Wertpapierleihe durchaus real
und nicht zu vernachlässigen sind.
Voll nachgebildete Indexfonds sind
aufgrund der Bewirtschaftung tendenziell teurer, aber auch verständlicher in der Umsetzung und dem RisiRENÉ WEIBEL
koprofil.
HINWEIS
René Weibel, Weibel Hess & Partner, Stans.