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R E P O R T Royal Enfield-Werksbesuch Seit 2011 neuer Geschäftsführer von Royal Enfield: Venki Padmanabhan P OUT OF BOLLYWOOD Das erste Motorrad hat Royal Enfield 1901 in Großbritannien vorgestellt. Seit 56 Jahren läuft die Bullet in Indien vom Band, wo Royal Enfield inzwischen Kult ist. So wie die Filme aus der Traumfabrik Bollywood. Wie geht das? Text und Fotos: Berit Horenburg 96 SZENE MRD23_11 SZENE_Werksbesuch Royal Enfield.indd 96-97 23/2011 röttl, pröttl, pröttl. Der Einzylinder-500er der Royal Enfield Classic bollert. „Meine Freunde beneiden mich.“ Der indische Journalist Varoon P. Anand fährt eine neue Royal Enfield Classic Chrome in der Wüste spazieren. Nur zur Probe. Was ihn völlig aus dem Häuschen bringt: „Royal Enfield ist ein Mythos.“ Die Legende lebt gerade wieder auf. Denn die kleinste indische Motorradmarke siechte jahrelang vor sich hin. Aus vielerlei Gründen. Der Spitzname für die alten Enfields mit getrenntem Motor und Getriebe lautete „Royal Oilfield“. Eine Anspielung auf den steten Ölverlust des ursprünglich britischen Singles, der als Bullet nahezu unverändert seit den 1930er Jahren mit Rechtsschaltung gefertigt wurde. Der Tradition, in deren Gefolge sich Royal Enfield als älteste produzierende Motorradmarke der Welt stilisiert, standen Qualitäts- und HandlingProbleme gegenüber. Übrig blieb eine treue Fangemeinde, die sich an Schwungmasse und Drehmoment ergötzte, aber kaum das Überleben des Unternehmens sicherte. Vieles hat sich geändert. Motor und Getriebe bilden jetzt eine Einheit in einem Gehäuse, wobei das Triebwerk europäische Emissionsnormen einhält. Zwei Zündkerzen sind in Indien ein viel beworbenes Muss. Die Schaltung ist bereits seit 2005 links, und neben dem Kick- exisitiert ein Elektrostarter. In die 500er-Version wird das Benzin gar elektronisch eingespritzt. Die Classic wurde im November 2009 in Indien vorgestellt. Ein Volltreffer: „Inzwischen macht sie rund 40 Prozent unserer Verkäufe aus“, sagt Venki Padmanabhan, seit Januar 2011 Geschäftsführer von Royal Enfield. Insgesamt 90 Prozent aller in Indien verkauften Enfields sind die preiswerteren 350er mit Vergasern und 20 PS Leistung. Auf die Classic 350 Probelauf für jeden 350erund 500er-Motor: noch vor dem Einbau in den Rahmen Stammen von indischen Zulieferern: Rahmen und Räder. Wie 70 Prozent aller Teile warten die Kunden acht Monate, weil die Produktion hinterherhinkt. Im alten Werk in Thiruvottiyur bei Chennai sind nur 200 Leute in Verkauf, Design und Entwicklung tätig. Etwa 1500 Angestellte fertigen Motorräder. Sechs Tage die Woche, rund um die Uhr, in drei Schichten. Die Hallen sind sauber gefegt, die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter haben festgelegte Pausen und essen in der Werkskantine. Statt Robotern und Maschinen herrscht Handarbeit vor. Nach dem Zusammenbau werden die Motoren in Hilfsrahmen gesteckt. Es folgen Probeläufe, bevor Arbeiter sie als tragende Elemente in die schwarz lackierten Rahmen verbauen. Blechteile wie Kotflügel und Tank werden verchromt oder von Hand lackiert. Die Linien auf den Tanks ziehen Jaya und sein Bruder Kishore Kumar mit Pinseln - ohne abzusetzen. Rund 70 Prozent der Teile, vom Rahmen über die Räder bis zu den Federelementen, stammen von indischen Zulieferern. Nur die elektronischen Einspritzungen kommen von Keihin aus Japan und die Batterien aus Italien. Auf zwei Fließbändern entstehen 350er- und 500er-Bikes, die nach der Endmontage auf einen Prüfstand rollen. Anschließend fährt ein Pilot eine Teststrecke ab, wobei er erneut Motor und Fahrwerk checkt. HISTORIE Die Marke Royal Enfield entstand 1893 in Großbritannien. Damals stellte das Unternehmen Fahrräder und Gewehre her. Aus dieser Zeit stammt der Präzision verheißende Slogan „Made like a gun“ (Gemacht wie eine Waffe). 1901 kam das erste Motorrad heraus, aber erst 1933 wurde die Bullet (Kugel) mit 250 cm³ präsentiert. 1939 brachte Royal Enfield einen 125er-Zweitakter: Die Flying Flea (Fliegender Floh) war eine um 25 cm³ erweiterte Kopie der DKW 100 RT, die während des Zweiten Weltkriegs fahrbereit an Fallschirmen abgeworfen wurde. Zwei indische Geschäftsleute begannen 1949, Royal Enfield nach Indien zu importieren. 1933 1939 Bullet 350 Flying Flea Die ersten Bausätze montierten Arbeiter 1955 in Madras, bald folgten ganze Motorräder. In Großbritannien stellte Royal Enfield die Produktion 1970 ein, das letzte Bike, die Interceptor, wurde von einem Parallel-Twin mit 736 cm³ und 52 PS befeuert. In Indien stiegen derweil die Verkaufszahlen der 350er-Bullet, für den Export erweiterte Enfield den Hubraum auf 500 cm³. Das Unternehmen Eicher Motors, das Lastwagen, Busse und Getriebe herstellt, übernahm 1994 Enfield India. 1999 gingen auch die Namensrechte an Royal Enfield nach Indien. Bis 2007 hatte die Bullet getrennte Gehäuse für Motor und Getriebe. www.royalenfield.com 1965 2004 Interceptor Fotos: Royal Enfield Das alte Werk in Chennai: Dort entstehen rund 70 000 Royal Enfields jährlich. 2012 baut das Unternehmen neu Bullet 500 SZENE 97 08.11.2011 15:43:22 Statt 52 574 Motorräder wie im vergangenen Jahr produziert Enfield 2011 über 70 000. Damit ist die Kapazität im veralteten Werk ausgereizt. Im September 2011 hat das Unternehmen Land gekauft. Das neue Werk bei Chennai, in dem bereits im Früh- Letzte Prüfung vor der Probefahrt: Spiegel und Blinker sind schon in Plastik gehüllt für den Versand Wie am Fließband: Inzwischen verlassen mehr als 6000 Motorräder monatlich das alte Werk jahr 2013 die Produktion anlaufen soll, ist für 150 000 Motorräder pro Jahr ausgelegt und mit über 200 000 Quadratmetern fünfmal so groß wie das alte. „Wir haben Daimler und Nissan als Nachbarn“, frohlockt EnfieldVerkaufsleiter Shaji Koshy. Zunächst wech- seln Lackierung und Endmontage in die neuen Hallen, die Motoren werden weiterhin in Thiruvottiyur gebaut. Ans neue, moderne Werk ist ein Museum gekoppelt. Denn das Marketing von Royal Enfield funktioniert: Schönheiten in Bollywood- „Das klassische Styling ist wichtig, die Technik muss modern sein“ ? Wie führen Sie eine traditionsreiche Marke wie Royal Enfield in die Zukunft? ! Royal Enfield ist der älteste Motorradproduzent weltweit, der immer noch Motorräder herstellt. Allerdings überlebte die Firma die letzten zehn, 15 Jahre nur knapp. Die grundlegenden Fragen waren 2001, als wir gerade noch 20 000 Motorräder bauten, warum kaufen so wenige Royal Enfield, und wie ändern wir das? Zuerst ging es darum, Minimalstandards zu erreichen, was Produktion, Service und Qualität angeht. Was uns weit vorangebracht hat, war die neue Bullet, die 2008 herauskam und vielen Kunden gefallen hat. Gleichzeitig hat sie unser neues Triebwerk erfolgreich eingeführt, das die Euro-3-Emissionsnorm einhält. Dadurch hat sich vieles geändert. Enfield als Unternehmen operiert nicht mehr am Abgrund, sondern läuft gut. Wir investieren in die Zukunft, seien es neue Motorräder, neue Motorenplattformen oder bessere Auslieferung. Bei allem Fortschritt muss Royal Enfield jedoch an die Tradition denken. Das klassische Aussehen ist wichtig, die Technologie muss aber modern sein. Wir werden jedoch nie eld Fotos: Gargolov, Royal Enfi Professionelles Marketing von Royal Enfield: für Männer, die eine Freundin suchen, und für Aussteiger, die im Himalaya neu beginnen Foto: Sdun Siddhartha Lal, Geschäftsführer und Miteigner des Lkw- und Busherstellers Eicher Motors, der Konzernmutter von Royal Enfield. Von 2001 bis 2004 war Lal Chef von Royal Enfield. Siddhartha Lal, leidenschaftlicher Motorradfahrer und Geschäftsführer von Eicher Motors, zu deren Firmengruppe Royal Enfield gehört einen Supersportler bauen. Royal Enfield steht für Motorräder, die einfach zu fahren und zu handhaben sind und Spaß machen. ? Welche Motorräder baut Royal Enfield? ! Derzeit haben wir eine Plattform mit 350- und 500-cm³-Motoren und die drei Motorradfamilien Bullet, Thunderbird und Classic. Wir werden einen Café Racer auf der gleichen Plattform bauen. In Zukunft wollen wir unseren Horizont erweitern, aber noch ist nichts entschieden. Wir konzentrieren uns zunächst darauf, die bestehende Plattform zu verbessern. ? Wie viele Motorräder produzieren und verkaufen Sie in welchen Märkten? ! Im Jahr 2010 haben wir 53 000 Motorräder produziert, dieses Jahr haben wir diese Marke bereits im September erreicht. Ende des Jahres werden es über 70 000 Bikes sein. Wir stellen derzeit rund 98 SZENE MRD23_11 SZENE_Werksbesuch Royal Enfield.indd 98-99 23/2011 Altes Styling, nagelneues Bike: Die Royal Enfield Classic Chrome mit 27 PS kam im September auf den indischen Markt. Liebevoll gestaltet mit den bekannten Positionslichtern (rechts) und Einzelsattel statt Sitzbank 6500 bis 7000 Motorräder pro Monat her. Derzeit beträgt die Wartezeit bis zur Lieferung sechs bis acht Monate. Rund 95 Prozent werden in Indien verkauft. Nur rund fünf Prozent in Märkten wie Großbritannien, USA, Deutschland, Frankreich, Italien. Bis 2015 möchten wir 15 Prozent exportieren. Im Jahr 2013 werden wir unsere Produktion in einem neuen Werk auf 150 000 Stück verdoppeln. Zudem bieten wir Zubehör wie Helme und Jacken an. Goa. „So verkaufen wir Motorräder“, meint Padmanabhan. „Keep riding.“ Denn Mythos hin oder her, die Einzylinder-Bikes mit einem Gewicht von über 185 Kilogramm gelten in Indien, wo 100-cm3-Mopeds mit 100 Kilogramm üblich sind, als schwere Machoteile. Eine neue Version der Classic 500, die Enfield im September 2011 präsentierte, kostet als Classic Chrome umgerechnet 2200 Euro in Neu-Dheli. Änderungen: neues Mapping der Einspritzanlage, 19statt 18-Zoll-Rad vorn. Die modifizierte Achsaufnahme an der Gabel sorgt für mehr Nachlauf. Die Hoffnung, dadurch alle Pro- ? In Indien wirbt Royal Enfield für Motorradfahren als Freizeitvergnügen. Wie funktioniert das? ! Die meisten Inder kaufen sich Motorräder, um zur Arbeit zu fahren. Das geht auch mit Royal Enfields. Denn das sind praktische Motorräder. Zudem bieten wir acht große Touren zum Beispiel in den Himalaya und nach Rajasthan sowie Hunderte von lokalen Ausfahrten. In den entwickelten Ländern könnte Royal Enfield ein cooles, städtisches Motorrad sein, das gut aussieht, wenig verbraucht und kostet. ? Welchen Wert nimmt Royal Enfield bei Eicher ein? ! Die Eicher-Gruppe hat 2010 mehr als eine Milliarde US-Dollar umgesetzt. Royal Enfield hat einen Anteil von zehn bis 15 Prozent, wächst aber derzeit mit 50 Prozent stärker als das Lkw- und Busgeschäft mit 30 Prozent Plus. Wir glauben an das Potenzial von Royal Enfield. w w w. m o to r r a d o n l i n e. d e bleme wie den instabilen Geradeauslauf bei höheren Geschwindigkeiten in den Griff zu bekommen, erfüllte sich nicht. Was auf den miserablen indischen Straßen, wo sich Kühe tummeln und Anarchie herrscht, jedoch keine Rolle spielt. „Wir arbeiten an der Qualität und am Handling“, so Padmanabhan. Damit Royal Enfield weiterhin Erfolge feiert, sind neue Motorräder geplant. Einen Café Racer mit neuem Rahmen hat die Firma für 2012 bereits angekündigt. Weiterhin gibt es Gerüchte über geplante 700-cm3Bikes und eine Dieselversion. Eins ist laut Padmanabhan sicher: „Wir wollen die DNA bewahren. Der Beat muss bleiben.“ Foto: Gargolov Ruhige Hand: Alle Linien auf den Tanks von Royal Enfields malen die Brüder Jaya und Kishore Kumar ROYAL ENFIELD CLASSIC Foto: Gargolov Ganz von Hand: Die meisten Teile schrauben Arbeiter zusammen. Roboter gibt es noch nicht Filmen, die sich Millionen Inder ansehen, räkeln sich mit Vorliebe auf den Sitzen von Royal Enfields, die Werbekampagnen wenden sich gezielt an junge Männer. Zum Beispiel mit dem Appell „Leave Home“, zu Deutsch: Verlassen Sie Ihr Elternhaus. Unterstützt durch die Ansage: „Nur drei Prozent der Frauen haben Freunde, die noch zu Hause leben. 88 Prozent haben welche, die allein leben.“ In einem Land, wo Eltern noch Ehen arrangieren, riecht das nach Abenteuer. Wer mit einer Royal Enfield fährt, unterscheidet sich von Tausenden Honda- und Bajaj-Piloten. Anders als die anderen wollen auch in Indien immer mehr Leute sein. Dazu gehört Urlaub. „Inder mit Bürojobs arbeiten bis zu 16 Stunden am Tag“, sagt Padmanabhan. Royal Enfield verkauft sich als Freizeitvergnügen. Eine neue Erfindung in Indien, wo der Patriarch auf einem Bike oft die ganze Familie transportiert. „Wir bieten Trips an. Darüber hinaus gibt es 200 Klubs von Enfield-Besitzern in Indien, die 20 bis 700 Mitglieder haben“, sagt Koshy. Die großen Touren mit klangvollen Namen wie „Himalayan Odyssey“ oder „Rann of Kutch“, welche Mechaniker und Mediziner begleiten, werden in Kurzversion per Video im Internet veröffentlicht. Einmal im Jahr feiern die Fans eine Riesenparty in Vorschrift: Sari Guard. Damit die Kleidung der hinten im Damensitz platzierten Frauen sich nicht verfängt Änderung: Die vorverlegten Achsaufnahmen an der Classic von 2009 (rechts) sind 2011 verschwunden SZENE 99 08.11.2011 15:43:52 „Bajaj und KTM sind wie Yin und Yang. Sie passen perfekt“ Rajiv Bajaj (44), Managing Director von Bajaj Auto, arbeitet seit 1990 in der Bajaj-Gruppe, die sein Urgroßvater Jamnalal Bajaj gründete ? Bajaj Auto gehört zu Indiens Top-30-Unternehmen. Im Geschäftsjahr 2010/2011 hat Bajaj mehr als 3,8 Millionen Motorräder produziert und davon 1,2 Millionen exportiert. Zu 48 Prozent gehört das Unternehmen der Familie Bajaj. Wie viel Geldreserven hat die Firma? ! Derzeit etwa eine Milliarde US-Dollar. Und es wird mehr. Dieses Jahr haben wir einen Überschuss von 600 Millionen Dollar nach Steuern erwirtschaftet. Wir werden dieses Geld hoffentlich reinvestieren, um weltweit zu expandieren. ? Bajaj hat 39,7 Prozent Anteile an KTM. Sie haben sich jedoch auch Ducati und Triumph angesehen. Warum wurde daraus nichts? ! Wir wollten in einem Premiummarkt repräsentiert sein, in dem unsere eigenen Produkte nicht relevant sind. Bei Ducati gaben wir schnell auf. Von der Politik bis zu den Gewerkschaften in Bologna – wir haben ähnliche Probleme in Indien und damit genug zu tun. Triumph hat in Thailand eigene Werke aufgebaut und uns nicht gebraucht. Bei KTM war alles perfekt: Wir waren wie Yin und Yang. Für uns sahen KTM-Bikes ziemlich schräg aus, als kämen sie aus einem Zoo. Aber die Zusammen- 100 SZENE MRD23_11 SZENE_Werksbesuch Royal Enfield.indd 100-101 arbeit hat sich wundervoll entwickelt. KTM muss unabhängig bleiben. Sonst wäre die Zukunft von KTM gefährdet. ? Wie sieht Ihre Zukunft mit KTM aus? ! Die Produkte von KTM sind stark – auch ohne Bajaj. Die Kostenstrukturen in Österreich sind jedoch anders als die in Asien. Die ideale Rolle für Bajaj ist, KTM bei der Verbesserung der Kostenstrukturen zu unterstützen, indem wir Plattformen kombinieren. Noch besser: Die KTM 125 Duke wird komplett in Indien produziert, was die Kosten um rund 35 Prozent senkt, verglichen mit einer Produktion in Österreich. Deswegen ist sie auf dem europäischen Markt so günstig. Zudem wird unser künftiges Pulsar-Modell auf dem KTM-Motor basieren. Unsere Produkte sind also miteinander verbunden. ? Wie steht es um das Verhältnis zu Kawasaki? ! Wir importieren und verkaufen Kawasaki. In Indien konkurrieren Kawasaki und KTM nicht, weil KTM ein Nischenprodukt anbietet. Unsere Zusammenarbeit ist auch sinnvoll in Märkten wie den Philippinen, wo Kawasaki Bajaj-Produkte unter Foto: Bajaj Auto Bajaj ist die Nummer zwei auf dem indischen Motorradmarkt und besitzt 39,3 Prozent von KTM. Der britische Journalist Alan Cathcart interviewte den Chef Rajiv Bajaj. unserem Markennamen verkauft. Genau umgekehrt wie in Indien, wo wir Kawasaki vertreiben. Hier ist die Ninja 250 so erfolgreich, weil unsere Bajaj-Händler sie verkaufen. In unserem Werk in Chakan werden wir rund 100 Ninja 250 pro Monat aus Kits zusammenbauen. Wenn wir sie importieren, müssen wir um die 100 Prozent Zoll bezahlen. Wenn wir sie mit ein paar indischen Teilen herstellen, sind es nur noch zwölf Prozent Zoll. ? Wie entwickelt sich der indische Markt? ! Als wir 2001 die erste Pulsar auf den Markt brachten, unterschied sie sich fundamental von Hero Hondas mit 100 cm³, die als Bikes für Pendler dienen. Als Sportmotorräder gelten in Indien Zweiräder mit Hubräumen zwischen 125 und 250 cm³. Jedes zweite in Indien verkaufte Sportmotorrad ist derzeit eine Pulsar. Den gleichen Erfolg sage ich KTM in Indien voraus. Unser neuer Pulsar-Motor basiert auf dem KTMTriebwerk, hat auch vier Ventile, aber zwei 23/2011 India Yamaha Motor 2,3 % Hero Honda Motors 44,7 % Honda Motorcycle & Scooter India 13,2 % Verkaufte Stückzahl* 4 3 2,4 5,3 2 1 1,6 0,3 0,2 0,05 0,3 +35,2 % +17,0 % +30,1 % +24,3 % +134,1% +8,7 % TVS Motor Company 5 in Mio. Suzuki Motorcycle India Die Wachstumsraten auf dem indischen Markt sind enorm. Royal Enfield spielt als einziger einheimischer Produzent von 500-cm³-Bikes eine Rolle in der Nische. Neben den japanischen Herstellern, den indischen Produzenten Bajaj, TVS Motor, Mahindra und Hero Motors wollen jetzt viele Marken ein Stück vom Kuchen. Harley-Davidson, Hyosung und Ducati sind 2011 eingestiegen, Triumph folgt 2012. Verkaufte Stückzahl 12 in Mio. 11,8 10 9,4 7,9 8 7,0 6,2 7,2 7,4 6 Für die Geschäftsjahre 2004-2011 Bikes verkaufen sich Der Markt für motorisierte Zweiräder in Indien explodiert. Von April 2004 bis März 2005 sind 6,2 Millionen Motorräder und Roller verkauft worden. Im Geschäftsjahr 2010/2011 waren es mit 11,8 Millionen knapp doppelt so viele. Laut Vorhersagen wird die 20-Millionen-Grenze 2015 locker geknackt. Von den 15,5 Millionen Fahrzeugen samt Autos, Bussen, Lkws, die in Indien 2010/2011 verkauft wurden, sind knapp zwölf Millionen oder rund 76 Prozent motorisierte Zweiräder. Die unterteilen sich wiederum in knapp drei Millionen Scooter, neun Millionen Bikes und sehr wenige Mopeds mit 50 cm³ für 16-Jährige. Verkaufszahlen 2010/11 nach Herstellern Royal Enfield Einstieg lohnt sich Die absolute Nummer eins des indischen Motorradmarkts war Hero Honda, ein Joint Venture, aus dem Honda im Dezember 2010 ausstieg. Hero Motor Corporation hat 4000 Händler in Indien und darf existierende Honda-Modelle weiterbauen. Honda selbst verkauft derzeit vor allem Roller und ist die Nummer vier hinter Bajaj Auto und TVS Motor Company. Ob Honda den Markt 2012 umkrempelt? Mahindra Two Wheelers ndien steckt voller Gegensätze. Mit einem enormen Wirtschaftswachstum von mehr als acht Prozent jährlich gehört der Subkontinent nach China zu den weltweit am stärksten expandierenden Volkswirtschaften. Gleichzeitig leben 28 Prozent der 1,2 Milliarden Menschen unter der Armutsgrenze von einem Dollar pro Tag (0,72 Euro). Weltweit beheimatet Indien aber auch die meisten Milliardäre, wie das Auswärtige Amt in Berlin weiß. Dazwischen sorgt eine wachsende Mittelschicht für steigenden Konsum. Das jährliche Einkommen von 16 Millionen Haushalten wird auf 300 000 bis 500 000 Rupien (4350 bis 7250 Bajaj Auto 20,5 % Mahindra Two Wheelers 1,4 % Entwicklung der Verkaufszahlen 1,8 +49,2 % +31,0 % *Die Prozente ergeben sich aus dem Vergleich mit den Stückzahlen des Geschäftsjahrs 2009/2010 Zündkerzen, und wir bieten zudem eine luftgekühlte Variante an. Die Duke wird in Indien in einer 200er-Version verkauft, weil wir keinen 125er-Führerschein haben und uns mehr Erfolg mit einem größerem Hubraum versprechen. Während die Pulsar 220, das schnellste in Indien entwickelte Sportbike, etwas mehr als 1000 Euro kosten wird, wird die KTM 200 Duke hier wohl für 2200 Euro feilgeboten. Wir werden KTM in 30 eigenen Showrooms in den größten Städten präsentieren. Ebenso die 350er-Duke in verschiedenen Versionen. Das Premiumsegment ist derzeit jedoch nicht größer als 4000 Einheiten pro Monat in ganz Indien. ? Bajaj hat bis 1971 Vespa-Roller verkauft. Piaggio bringt 2012 einen 125er-Viertaktroller auf den indischen Markt. Eine Gefahr für Sie? ! Derzeit bestehen rund 70 Prozent des indischen Zweiradmarkts aus Motorrädern. Auch weltweit sind von den 50 Millionen motorisierten Zweirädern rund 60 Prozent Motorräder. Vier Millionen von den 30 Millionen verkauften Motorrädern hat Bajaj produziert. Wir wollen insgesamt zehn Millionen Bikes pro Jahr bauen. Dann überlegen wir uns, ob wir wieder auf Roller setzen. ? Die Nummer eins in Indien, Hero Honda, hat ab 2012 kein Joint Venture mehr mit Honda. Was erwarten Sie davon? ! Bis jetzt ist Honda in Indien nur mit Rollern erfolgreich. Wir erwarten jedoch bei Motorrädern eine sehr starke Konkurrenz ab 2012. Zusammen mit KTM sind wir gut aufgestellt. Das Grauen: Nummernschild vorn. Usus: Das Bike des Chefs wird bewacht Werden in Indien produziert: KTM 125 Duke und Bajaj Pulsar 220 mit 21 PS Foto: Shivanekar Stunts am Tag der Republik: Indisches Militär auf Enfield. Mit Sturzbügeln I TVS Motor Company 15,0 % India Yamaha Motor Foto: dpa D M Der Motorradmarkt d k iin IIndien di iist nach h Chi China d der zweitgrößte der Welt. Was kaufen Inder? Und warum? Suzuki Motorcycle India 2,4 % Honda Motorcycle & Scooter India Das geht ab Royal Enfield (Unit of Eicher) 0,5 % Hero Honda Motors Motorradmarkt-Entwicklung in Indien Honda trennt sich Marktanteile motorisierte Zweiräder 2010/11 Bajaj Auto Euro) geschätzt, was am unteren Ende etwa der finanziellen Mindestanforderung zur Anschaffung eines motorisierten Zweirads entspricht. In den Megastädten wie Neu-Delhi mit 22 Millionen Einwohnern und Mumbai mit knapp 20 Millionen Einwohnern sind die Straßen ständig verstopft. Die gesamte Infrastruktur ist in einem schlechten Zustand, und es mangelt an öffentlichen Verkehrssystemen. Motorräder sind preiswert, brauchen wenig Sprit, Straßen- und Parkraum. Vor allem junge Männer ziehen sie deshalb den Autos vor, während Frauen Roller bewegen. Von den rund 15,5 Millionen Fahrzeugen, die in Indien produziert werden, sind 76 Prozent motorisierte Zweiräder. Damit ist Indien nach China der zweitgrößte Motorradmarkt der Erde. Insgesamt setzt die indische Fahrzeugindustrie jährlich mehr als 38 Milliarden US-Dollar um und beschäftigt über 13 Millionen Menschen. Bei den Motorrädern gehören rund 72 Prozent zum Einstiegslevel. Diese EconomyKlasse umfasst Bikes mit 75 bis 125 cm3. Typisch ist die Hero Honda Splendor mit 100 cm3, 7,4 PS Leistung und 109 Kilogramm Gewicht, die in Neu-Dheli 46 000 R E P O R T Rupien (670 Euro) kostet und sich in Indien seit 1994 immerhin zwölf Millionen Mal verkauft hat. Teurere Bikes, die jenseits von 50 000 Rupien (730 Euro) erhältlich sind, machen rund 27 Prozent aus und haben bis zu 250 cm3, zum Beispiel Bajaj Pulsar oder Hero Honda Glamour. Das Premiumsegment über 250 cm3 umfasst derzeit nur rund ein Prozent des indischen Marktes. Allerdings liegen die Prognosen für die nächsten zehn Jahre bei bis zu 250 000 Stück jährlich. www.bajajauto.com, www.heromotorcorp.com SZENE 101 08.11.2011 15:44:04