Zukunft trifft auf Expertise: Batterie
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Zukunft trifft auf Expertise: Batterie
26 Die Zukunft des Verkehrs: Elektromobilität Zukunft trifft auf Expertise: Batteriebusse mit dynamischer Nachladung Vossloh Kiepe vereint Vorzüge von Batteriebus und Straßenbahn Welches Verkehrssystem passt am besten zu welcher Stadt – und erfüllt dabei ökonomische wie ökologische Vorgaben? Weltweit lautet die Antwort immer häufiger: der Batteriebus mit dynamischer Nachladung. Durch die „In-Motion-Charging“-Technik lädt der Elektrobus die Batterien dynamisch, d.h. während der Fahrt, von Oberleitungen nach. Die dynamische Stromversorgung ist bereits seit Jahrzehnten beim reinen Oberleitungsbus (Obus)/ Trolleybus im zuverlässigen Einsatz. Innovativ ist die Kombination der Obustechnik mit High-Tech-Batterien für den abschnittsweisen oberleitungsfreien Betrieb eines umweltfreundlichen Elektrobusses. Ein kompetenter Partner für die elektrischen Komponenten sowie Software und Systemintegration ist Vossloh Kiepe. Um Verkehrsbetrieben die Auswahl des am besten geeigneten Elektrobusses möglichst leicht zu machen, hat das Unternehmen darüber hinaus ein Beratungstool entwickelt. Hiermit erfolgt eine objektive Beratung der Städte inklusive Vergleich der geschätzten Kosten. Vossloh Kiepe bietet ihre Antriebs- und Bordnetzversorgung modular in beliebiger Kombination von Energieversorgungsmodulen und Energiespeichermodulen an. Diese werden überwiegend von externen Partnern bezogen. Zusätzlich zur Flexibilität wird dadurch auch die Objektivität der Beratung sichergestellt (Bild 1). Bild 1: Systemintegrator Vossloh Kiepe mit modularem Baukastensystem und der Kernkompetenz Energie Management (Bild: Vossloh Kiepe). Nahverkehrs-praxis – Ausgabe 4-2014 Dipl.-Ing. Erik Lenz, Vertriebsleiter, Bus & E-Mobilität, Vossloh Kiepe GmbH, Düsseldorf Innovative Technik: „In-Motion-Charging“ Den Batteriebus mit „In-MotionCharging“ (IMC) empfehlen Experten sowohl für neue Verkehrskonzepte als auch für Städte mit bestehenden Oberleitungssystemen. Dort, wo es preisgünstig (bei gerader Streckenführung) oder zweckmäßig ist, wie an Haltestellen mit Wartezeiten oder bei Steigungen (d.h. mit erhöhtem Energiebedarf) werden Oberleitungen installiert. Die Reichweite des Elektrobusses ist durch die dynamische Nachladung „praktisch unbegrenzt“, und die aus der Oberleitung entnommene Energie versorgt den Antrieb, die Klimatisierung, die Heizung und die Batterie. Während des Nachladens der Batterie fährt der Bus im Fahrgastbetrieb emissionsfrei weiter. Dazwischen können zeitlich betrachtet bis zu 50 % Streckenabschnitte ohne Oberleitung liegen, so etwa in historischen Zentren oder Parkanlagen. In 27 Städten mit bereits existierenden Oberleitungen ermöglicht das IMC-Konzept eine oberleitungsfreie Linienerweiterung. Weiterhin könnten Dieselbuslinien, die teilweise unter der Oberleitung verlaufen, zu IMC-Batteriebuslinien umfunktioniert werden. Die längeren und häufigeren Ladezeiten sorgen für schonendere Ladezyklen und in Folge für eine längere Lebensdauer der Batterien. Die beim Bremsvorgang freigesetzte Energie wird zurückgewonnen und kann ebenfalls zum Laden der Batterie verwendet werden. Durch das dynamische Nachladen steht auch für 18 Meter oder sogar 24 Meter lange IMC-Batteriebusse auf kurzen oberleitungsfreien Teilstrecken genügend Energie zur Verfügung. Bei den Züricher Verkehrsbetrieben ist es beispielsweise möglich, die Elektrobusse (Bild 2) im Batteriemodus 1,5 km im schaftlichkeit oft das wichtigste Argument. Eine McKinsey-Studie vom November 2012 zeigt, dass der herkömmliche Trolleybus (d.h. ohne Batterien mit IMC) den geringsten Energieverbrauch und verglichen mit reinen Batterie- und Brennstoffzellenbussen mit 3,10 €/km für einen 12 Meter-Bus die geringsten Gesamtbetriebskosten hat. Dieser Vorsprung vergrößert sich mit steigender Länge des Busses auf 18 Meter und 24 Meter weiter. Der IMC-Batteriebus ermöglicht darüber hinaus noch weitere Kostensenkungen: 1. Die Infrastrukturinvestitionen für kostenintensive Kreuzungen und Kurven entfallen. 2. Bei Batteriebussen – ohne IMC – können die Ladezeiten wertvolle Arbeitszeit des Fahrers binden, denn ca. 60 % der Gesamtbetriebskosten ent- Bild 2: Die 24 Meter-Doppelgelenk-IMC-Batteriebusse von HESS in Zürich sind durch Traktionsbatterien auch im oberleitungsfreien Betrieb Null-Emissions-Fahrzeuge (Bild: Vossloh Kiepe). regelmäßigen Linienbetrieb und über 10 km im außerplanmäßigen Hilfsbetrieb zu fahren. Die ökonomischste Lösung – und mehr Damit sich eine neue Technologie langfristig durchsetzt, ist die Wirt- stehen durch die Busfahrer. Wenn mehr Busfahrer eingestellt werden müssen, resultiert dies schnell in signifikanten Zusatzkosten. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h muss ein konventioneller 12 Meter-Batteriebus mit 1,5 kWh/km im Schnitt elf Minuten pro Stunde mit 250 kW nachladen. Vergleicht man diese Zusatzkosten mit dem Kostenaufwand für die Installation einer Oberleitung, würde sich diese in wenigen Jahren amortisieren. 3. Die Verfügbarkeit des Obusses ist mit 98 % sehr hoch. Personal und Technik werden hocheffizient eingesetzt. Einnahmeplus verzeichnen Verkehrsbetriebe durch das umweltfreundliche Image der E-Busse. Zudem steigt der Wert von Immobilien im Umfeld von neu errichteten Oberleitungen. Denn diese symbolisieren eine langfristig gute Verkehrsanbindung – ebenso wie weniger Dieselsmog und Lärm. Weiterer Vorteil: Durch die Oberleitung und der damit erzielten Aufmerksamkeit kommt es zu weniger Unfällen und damit zu geringeren Versicherungskosten. Mit einer Kapazität von 200 Personen ist der 24 Meter lange Bus vergleichbar mit einer Tram. Allerdings sind die Investitionskosten in Schieneninfrastruktur um den Faktor 10 höher als bei Obussystemen. Im Vergleich mit dem IMC steigt der Multiplikator sogar auf bis zu 20. Weiterhin können Strecken so flexibel wie mit einem herkömmlichen Bus befahren werden. Hindernissen, wie falsch geparkten oder liegen gebliebenen Fahrzeugen, kann der Fahrer dank der flexiblen Stangenstromabnehmer problemlos ausweichen (Bild 3). Bei größeren Hindernissen, wie z. B. einer Baustelle, werden die Stromabnehmer eingezogen, und der E-Bus geht in den Batteriebetrieb über. Durch die Gummireifen ist er leise und erzeugt nur minimale Vibrationen auf der Straße und im Fahrzeug selbst. Einsatz weltweit Weltweit existieren bereits 310 aktive Obus-Netze, 151 davon allein in Europa: z. B. 13 Netze in der Schweiz und 15 in Italien, Tendenz steigend. Ein eindrucksvolles Beispiele für die Verlässlichkeit der Vossloh Nahverkehrs-praxis – Ausgabe 4-2014 28 Bild 3: Genf hat insgesamt 33 Tram-Batterie-Busse des Typs Exqui.City mit der elektrischen Ausrüstung von Vossloh Kiepe bei Van Hool bestellt. Mit den Stangenstromabnehmern lässt sich anderen Fahrzeugen problemlos ausweichen (Bild: Claude Girel tpg transports publics genevois). Kiepe Technologie kommt aus dem ecuadorianischen Quito. Dort wird die höchstgelegene E-Bus-Linie der Welt (2 850 m ü.d.M.) betrieben. Als im Jahr 1999 die ganze Stadt von einem Vulkan-Ascheregen bedeckt war, fuhren die Elektrobusse – dank Vossloh Kiepes robuster Antriebstechnik – unbeschadet weiter. 2013 wurde ein neues wüstentaugliches Obus-System an einem der heißesten Orte der Welt in Riad, Saudi Arabien, errichtet. Und auch in eher kälteren Städten in der Schweiz oder in Lettland gibt es moderne zuverlässige Obus-Netze – ebenso wie in Frankreich, Österreich, den Niederlanden, Norwegen, Deutschland, Kanada und den USA. Obusse zeichnen sich auch durch ihre lange Lebensdauer aus. In zahlreichen Städten, wie Montreux, Salzburg und Budapest bis hin nach Mexico City sind die Fahrzeuge seit über 20 Jahren im Fahrgastdienst. Dabei spielt heutzutage die von Land zu Land variierende Namensgebung einer neuen Elektrobuslinie eine zunehmende Rolle. In der türkischen Stadt Malatya, in der das System in diesem Jahr eingeführt wird, erhielt das Fahrzeug den Namen „Trambüs“ (Bild 4). Denn dieser Elektrobus vereint Nahverkehrs-praxis – Ausgabe 4-2014 die Vorteile einer Tram, wie z. B. hohe Passagierkapazitäten, mit den Vorteilen eines Busses. Ergänzend bietet der neue E-Bus ein modernes Design ähnlich einer Tram sowie eine komfortable und kosteneffiziente Fahrt. Die gesamte Projektlaufzeit für die Realisierung und Inbetriebnahme des neuen Obus-Systems in Malatya ist für nur 1,5 Jahre angesetzt. Bereits 2005 hatte Vossloh Kiepe zusammen mit New Flyer 262 Obusse für Vancouver mit NiCd Batterien für eine Fahrstrecke im Batteriemodus von bis zu 3 km ausgestattet. Dadurch konnte auch das Depot deutlich einfacher gestaltet werden, mit weniger Weichen und we- niger Fahrdraht. Bisher gab es keine Ausfälle, und alle Busse schaffen auch nach über sieben Jahren die Reichweite von 3 km problemlos. Seit September 2012 fahren 18 Meter und 24 Meter lange E-Busse von HESS mit LiFePO4-Batterien und IMC durch Zürich – insgesamt 33 Obusse (Bild 2). Weitere Fahrzeuge sind nachbestellt. Und auch die neuen Fahrzeuge für Genf (Bild 3), Luzern, Dayton und die ganz aktuelle Großbestellung für Seattle (86 Solo- und 55 Gelenk-Obusse) und San Francisco (60 Gelenk-Obusse) werden mit dem IMC-Batterien-Konzept ausgestattet – eine klare IMC-Tendenz ist erkennbar. Das vorgestellte IMC-Konzept ermöglicht einen sanften Einstieg in die oberleitungsfreie e-Mobilität – mit vorausschauender Investition. Denn sowohl die elektrischen Versorgungsstationen als auch Oberleitungen können für die Errichtung von Nachladepunkten für Batteriebusse und Hybridbusse (mit entsprechenden Stromabnehmern) verwendet werden. Mehrere deutsche Städte haben sich ebenfalls für die Neueinführung eines teilweisen Oberleitungsnetzes entschieden. Denn die Kombination aus bewährter Obus-Technik mit neuster Batterietechnik überzeugt. e-mail: [email protected] Bild 4: Designstudie zum Trambüs für Malatya des türkischen Busherstellers Bozankaya (Bild: Vossloh Kiepe).