Zukunft trifft auf Expertise: Batterie

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Zukunft trifft auf Expertise: Batterie
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Die Zukunft des Verkehrs: Elektromobilität
Zukunft trifft auf Expertise: Batteriebusse mit dynamischer Nachladung
Vossloh Kiepe vereint Vorzüge von Batteriebus und Straßenbahn
Welches Verkehrssystem passt am
besten zu welcher Stadt – und erfüllt
dabei ökonomische wie ökologische
Vorgaben? Weltweit lautet die Antwort
immer häufiger: der Batteriebus mit
dynamischer Nachladung. Durch die
„In-Motion-Charging“-Technik lädt der
Elektrobus die Batterien dynamisch,
d.h. während der Fahrt, von Oberleitungen nach. Die dynamische Stromversorgung ist bereits seit Jahrzehnten
beim reinen Oberleitungsbus (Obus)/
Trolleybus im zuverlässigen Einsatz.
Innovativ ist die Kombination der
Obustechnik mit High-Tech-Batterien
für den abschnittsweisen oberleitungsfreien Betrieb eines umweltfreundlichen
Elektrobusses. Ein kompetenter Partner
für die elektrischen Komponenten sowie
Software und Systemintegration ist
Vossloh Kiepe. Um Verkehrsbetrieben
die Auswahl des am besten geeigneten Elektrobusses möglichst leicht zu
machen, hat das Unternehmen darüber
hinaus ein Beratungstool entwickelt.
Hiermit erfolgt eine objektive Beratung
der Städte inklusive Vergleich der geschätzten Kosten.
Vossloh Kiepe bietet ihre Antriebs- und
Bordnetzversorgung modular in beliebiger
Kombination von Energieversorgungsmodulen und Energiespeichermodulen an.
Diese werden überwiegend von externen
Partnern bezogen. Zusätzlich zur Flexibilität wird dadurch auch die Objektivität der
Beratung sichergestellt (Bild 1).
Bild 1: Systemintegrator Vossloh Kiepe mit modularem Baukastensystem
und der Kernkompetenz Energie Management (Bild: Vossloh Kiepe).
Nahverkehrs-praxis – Ausgabe 4-2014
Dipl.-Ing. Erik Lenz,
Vertriebsleiter,
Bus & E-Mobilität,
Vossloh Kiepe GmbH,
Düsseldorf
Innovative Technik:
„In-Motion-Charging“
Den Batteriebus mit „In-MotionCharging“ (IMC) empfehlen Experten
sowohl für neue Verkehrskonzepte als
auch für Städte mit bestehenden Oberleitungssystemen. Dort, wo es preisgünstig (bei gerader Streckenführung)
oder zweckmäßig ist, wie an Haltestellen
mit Wartezeiten oder bei Steigungen
(d.h. mit erhöhtem Energiebedarf)
werden Oberleitungen installiert. Die
Reichweite des Elektrobusses ist durch
die dynamische Nachladung „praktisch
unbegrenzt“, und die aus der Oberleitung entnommene Energie versorgt
den Antrieb, die Klimatisierung, die
Heizung und die Batterie. Während des
Nachladens der Batterie fährt der Bus
im Fahrgastbetrieb emissionsfrei weiter.
Dazwischen können zeitlich betrachtet
bis zu 50 % Streckenabschnitte ohne
Oberleitung liegen, so etwa in historischen Zentren oder Parkanlagen. In
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Städten mit bereits existierenden Oberleitungen ermöglicht das IMC-Konzept
eine oberleitungsfreie Linienerweiterung. Weiterhin könnten Dieselbuslinien, die teilweise unter der Oberleitung
verlaufen, zu IMC-Batteriebuslinien
umfunktioniert werden.
Die längeren und häufigeren Ladezeiten sorgen für schonendere Ladezyklen und in Folge für eine längere
Lebensdauer der Batterien. Die beim
Bremsvorgang freigesetzte Energie wird
zurückgewonnen und kann ebenfalls
zum Laden der Batterie verwendet werden. Durch das dynamische Nachladen
steht auch für 18 Meter oder sogar
24 Meter lange IMC-Batteriebusse auf
kurzen oberleitungsfreien Teilstrecken
genügend Energie zur Verfügung. Bei
den Züricher Verkehrsbetrieben ist es
beispielsweise möglich, die Elektrobusse
(Bild 2) im Batteriemodus 1,5 km im
schaftlichkeit oft das wichtigste Argument. Eine McKinsey-Studie vom November 2012 zeigt, dass der herkömmliche Trolleybus (d.h. ohne Batterien mit
IMC) den geringsten Energieverbrauch
und verglichen mit reinen Batterie- und
Brennstoffzellenbussen mit 3,10 €/km
für einen 12 Meter-Bus die geringsten
Gesamtbetriebskosten hat. Dieser Vorsprung vergrößert sich mit steigender
Länge des Busses auf 18 Meter und 24
Meter weiter.
Der IMC-Batteriebus ermöglicht
darüber hinaus noch weitere Kostensenkungen:
1.
Die Infrastrukturinvestitionen
für kostenintensive Kreuzungen und
Kurven entfallen.
2.
Bei Batteriebussen – ohne
IMC – können die Ladezeiten wertvolle
Arbeitszeit des Fahrers binden, denn
ca. 60 % der Gesamtbetriebskosten ent-
Bild 2: Die 24 Meter-Doppelgelenk-IMC-Batteriebusse von HESS in Zürich sind durch Traktionsbatterien auch im oberleitungsfreien Betrieb Null-Emissions-Fahrzeuge (Bild: Vossloh Kiepe).
regelmäßigen Linienbetrieb und über
10 km im außerplanmäßigen Hilfsbetrieb zu fahren.
Die ökonomischste Lösung – und mehr
Damit sich eine neue Technologie
langfristig durchsetzt, ist die Wirt-
stehen durch die Busfahrer. Wenn mehr
Busfahrer eingestellt werden müssen,
resultiert dies schnell in signifikanten
Zusatzkosten. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h muss ein
konventioneller 12 Meter-Batteriebus
mit 1,5 kWh/km im Schnitt elf Minuten
pro Stunde mit 250 kW nachladen.
Vergleicht man diese Zusatzkosten mit
dem Kostenaufwand für die Installation
einer Oberleitung, würde sich diese in
wenigen Jahren amortisieren.
3.
Die Verfügbarkeit des Obusses
ist mit 98 % sehr hoch. Personal und
Technik werden hocheffizient eingesetzt.
Einnahmeplus verzeichnen Verkehrsbetriebe durch das umweltfreundliche
Image der E-Busse. Zudem steigt der
Wert von Immobilien im Umfeld von
neu errichteten Oberleitungen. Denn
diese symbolisieren eine langfristig
gute Verkehrsanbindung – ebenso wie
weniger Dieselsmog und Lärm. Weiterer
Vorteil: Durch die Oberleitung und der
damit erzielten Aufmerksamkeit kommt
es zu weniger Unfällen und damit zu
geringeren Versicherungskosten.
Mit einer Kapazität von 200 Personen
ist der 24 Meter lange Bus vergleichbar
mit einer Tram. Allerdings sind die
Investitionskosten in Schieneninfrastruktur um den Faktor 10 höher als bei
Obussystemen. Im Vergleich mit dem
IMC steigt der Multiplikator sogar auf
bis zu 20. Weiterhin können Strecken so
flexibel wie mit einem herkömmlichen
Bus befahren werden. Hindernissen, wie
falsch geparkten oder liegen gebliebenen Fahrzeugen, kann der Fahrer dank
der flexiblen Stangenstromabnehmer
problemlos ausweichen (Bild 3).
Bei größeren Hindernissen, wie z. B.
einer Baustelle, werden die Stromabnehmer eingezogen, und der E-Bus geht
in den Batteriebetrieb über. Durch die
Gummireifen ist er leise und erzeugt nur
minimale Vibrationen auf der Straße und
im Fahrzeug selbst.
Einsatz weltweit
Weltweit existieren bereits 310 aktive Obus-Netze, 151 davon allein in
Europa: z. B. 13 Netze in der Schweiz
und 15 in Italien, Tendenz steigend.
Ein eindrucksvolles Beispiele
für die Verlässlichkeit der Vossloh
Nahverkehrs-praxis – Ausgabe 4-2014
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Bild 3: Genf hat insgesamt 33 Tram-Batterie-Busse des Typs Exqui.City mit der elektrischen
Ausrüstung von Vossloh Kiepe bei Van Hool bestellt. Mit den Stangenstromabnehmern lässt
sich anderen Fahrzeugen problemlos ausweichen (Bild: Claude Girel tpg transports publics
genevois).
Kiepe Technologie kommt aus dem
ecuadorianischen Quito. Dort wird
die höchstgelegene E-Bus-Linie der
Welt (2 850 m ü.d.M.) betrieben. Als im
Jahr 1999 die ganze Stadt von einem
Vulkan-Ascheregen bedeckt war, fuhren
die Elektrobusse – dank Vossloh Kiepes
robuster Antriebstechnik – unbeschadet
weiter. 2013 wurde ein neues wüstentaugliches Obus-System an einem der
heißesten Orte der Welt in Riad, Saudi
Arabien, errichtet. Und auch in eher
kälteren Städten in der Schweiz oder in
Lettland gibt es moderne zuverlässige
Obus-Netze – ebenso wie in Frankreich,
Österreich, den Niederlanden, Norwegen, Deutschland, Kanada und den USA.
Obusse zeichnen sich auch durch ihre
lange Lebensdauer aus. In zahlreichen
Städten, wie Montreux, Salzburg und
Budapest bis hin nach Mexico City sind
die Fahrzeuge seit über 20 Jahren im
Fahrgastdienst.
Dabei spielt heutzutage die von
Land zu Land variierende Namensgebung einer neuen Elektrobuslinie eine
zunehmende Rolle. In der türkischen
Stadt Malatya, in der das System in
diesem Jahr eingeführt wird, erhielt
das Fahrzeug den Namen „Trambüs“
(Bild 4). Denn dieser Elektrobus vereint
Nahverkehrs-praxis – Ausgabe 4-2014
die Vorteile einer Tram, wie z. B. hohe
Passagierkapazitäten, mit den Vorteilen
eines Busses. Ergänzend bietet der neue
E-Bus ein modernes Design ähnlich
einer Tram sowie eine komfortable und
kosteneffiziente Fahrt. Die gesamte
Projektlaufzeit für die Realisierung und
Inbetriebnahme des neuen Obus-Systems
in Malatya ist für nur 1,5 Jahre angesetzt.
Bereits 2005 hatte Vossloh Kiepe
zusammen mit New Flyer 262 Obusse für
Vancouver mit NiCd Batterien für eine
Fahrstrecke im Batteriemodus von bis zu
3 km ausgestattet. Dadurch konnte auch
das Depot deutlich einfacher gestaltet
werden, mit weniger Weichen und we-
niger Fahrdraht. Bisher gab es keine
Ausfälle, und alle Busse schaffen auch
nach über sieben Jahren die Reichweite
von 3 km problemlos.
Seit September 2012 fahren 18 Meter
und 24 Meter lange E-Busse von HESS
mit LiFePO4-Batterien und IMC durch
Zürich – insgesamt 33 Obusse (Bild 2).
Weitere Fahrzeuge sind nachbestellt.
Und auch die neuen Fahrzeuge für Genf
(Bild 3), Luzern, Dayton und die ganz
aktuelle Großbestellung für Seattle (86
Solo- und 55 Gelenk-Obusse) und San
Francisco (60 Gelenk-Obusse) werden
mit dem IMC-Batterien-Konzept ausgestattet – eine klare IMC-Tendenz ist
erkennbar.
Das vorgestellte IMC-Konzept ermöglicht einen sanften Einstieg in
die oberleitungsfreie e-Mobilität – mit
vorausschauender Investition. Denn
sowohl die elektrischen Versorgungsstationen als auch Oberleitungen können
für die Errichtung von Nachladepunkten
für Batteriebusse und Hybridbusse (mit
entsprechenden Stromabnehmern) verwendet werden.
Mehrere deutsche Städte haben
sich ebenfalls für die Neueinführung
eines teilweisen Oberleitungsnetzes
entschieden. Denn die Kombination aus
bewährter Obus-Technik mit neuster
Batterietechnik überzeugt.
e-mail: [email protected]
Bild 4: Designstudie zum Trambüs für Malatya des türkischen Busherstellers Bozankaya
(Bild: Vossloh Kiepe).