campus | Das Magazin der Hochschule Offenburg | Sommer 2013

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BETRIEBSWIRTSCHAFT UND WIRTSCHAFTSINGENIEURWESEN
Der Reiz des Silicon Valley
Im Rahmen ihres berufsbegleitenden MBA-Studiums haben Studierende im Oktober 2012
an der „International Week“ im Silicon Valley teilgenommen
nur Modelle zu Unternehmensgründungen erklärte, sondern auch die besondere Rolle der „venture
capitalists“ (VC) erläuterte. Jene Investoren, die
neben den Ideenträgern ebenfalls im Silicon Valley
ansässig sind. Die offene Kommunikation über
Geschäftsmodelle wird hierbei nicht als Gefahr
von Ideendiebstahl wahrgenommen, sondern als
notwendiger Baustein und erstes entscheidendes
Marketing. Wissenstransfer ist einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren, der sogar per Gesetz
geschützt ist: So dürfen kalifornische Arbeitsverträge keine Wettbewerbsklauseln enthalten – die Rotation von Fachkräften ist gewünscht.
Frauen haben bessere Erfolgsquoten
Das Silicon Valley ist
einer der bedeutendsten
Standorte der IT- und
High-Tech-Industrie
weltweit | Bild: Fotolia
Seminare rund um das Thema „Entrepreneurship“ standen auf dem Programm der Studierenden, die von Professor Urs Bucher, dem Initiator dieses Programms, begleitet wurden. Teilnehmer der Hochschule Offenburg waren Andy Rothmann, Carsten Osenberg, Jürgen Henke und Frank
Haas. In einem interessanten Mix von Inputs durch
Professoren sowie Unternehmer wurde der Einfluss
von Leadership auf den Unternehmenserfolg unter
die Lupe genommen. Bei zusätzlichen Firmenbesuchen konnte diese Frage mit Führungspersonen in
Panel-Gesprächen diskutiert werden. Ziel war aber
zu verstehen, was das Silicon Valley in seiner heutigen Form ausmacht. War die
WissenEntwicklung geplant oder
stransfer ist geschah sie rein zufällig?
einer der entscheiWer oder was sind die treidenden Erfolgsfakbenden Kräfte? Was braucht
toren, der sogar per man für ein erfolgreiches
Gesetz geschützt ist. Geschäftsmodell?
Erfolgsfaktor Mentalität
Info: Details zum
berufsbegleitenden
MBA-Programm an der
Hochschule Offenburg
und der International
Week sind auf der
Webseite www.mbapart-time.de.
Die Woche begann mit einem Highlight bei Swissnex: Professor Ben Miller, ein 85 Jahre „junger“
Zeitzeuge des Silicon Valley erläuterte das besondere Wirtschaftssystem dieser Region. Hat sie sich
von einem industriellen Rüstungszentrum über die
Chipindustrie bis hin zu einem Pool moderner, digitaler Unternehmen entwickelt, so ist und bleibt ein
entscheidender Erfolgsfaktor für dieses einmalige
„ecosystem“ die Haltung und Mentalität der dort
lebenden Menschen. Es war Professor Tom Byers,
der an der Stanford Business School lehrt, der nicht
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Im weiteren Verlauf der Woche besuchten die Teilnehmer Paul Brody, Mitgründer und CEO von
Sococo. Er benötigte für sein Geschäftsmodell
eines virtuellen Online-Büros nicht nur mehrere
Business-Pläne – Krisen, Fehlschläge und ungewöhnliche Finanzierungsformen über Familie und
Freunde zeigten die Schwierigkeiten einer Unternehmensgründung auf. Die besondere Rolle der
Frau im „ecosystem“ Silicon Valley zeigte Sheryl
O‘Loughlin, Dozentin der Stanford Business School
und selbst Unternehmerin: Die Frauenquote im
Bereich der VCs und „start-ups“ liegt zwar nur bei
rund zwölf Prozent – allerdings bei deutlich besserer Erfolgsquote.
Alex Frieß, President von ecosystems, erörterte gemeinsam mit den Studierenden die Vor- und
Nachteile von „venture capital“. Als einer der ersten
Facebook-Investoren kennt er durchaus die angenehmen Seiten, wies aber auch auf die relativ hohe
Misserfolgsquote hin. Neben vielen weiteren Vorträgen war der Unternehmensrundgang bei Google ein weiteres Highlight der Woche. Die gesamte
Unternehmensphilosophie scheint auf eine dem
Mitarbeiter angenehme und unterstützende Kultur
ausgerichtet zu sein: Zahlreiche Kaffeeküchen und
Zen-Gärten sollen der Entspannung dienen. „Work
hard, play hard“ lautet das Motto.
Hoffnung auf schnelle Gewinne
Etwas gewohnter erschien das folgende Unternehmen Baxano. Dr. Jefrey Bleich, MD und Gründer von Baxano, begann mit der Entwicklung eines
medizinischen Operationswerkzeugs in der heimischen Garage – den Anstoß erhielt er aus der eigenen beruflichen Praxis heraus. Obwohl es sich
hierbei um ein physisch greifbares Werkzeug mit
BETRIEBSWIRTSCHAFT UND WIRTSCHAFTSINGENIEURWESEN
Fast schon legendär: die Golden Gate Bridge
konkretem Anwendungsfeld und bestehendem
Markt handelt, ist es wesentlich schwieriger, VCs
zu gewinnen – im Gegensatz zum IT-Umfeld. Den
Abschluss der Woche bildete ein Farewell Dinner in
Sausalito, genauer gesagt im Lieblings-Restaurant
von Janis Joplin, dem „Trident“, mit einem herrlichen Ausblick auf die Skyline.
Was haben wir nun von dieser Reise mitgenommen? Natürlich die Erkenntnis gravierender Unterschiede zwischen amerikanischen und
deutschen Unternehmen. Beeindruckend – wenn
auch nicht unkritisch zu bewerten – sind die enorme Geschwindigkeit und die Investitionssummen
bei der Gründung neuer Unternehmen verbunden
mit der Hoffnung auf schnelle und hohe Gewinne.
Die Investitionsbereitschaft und Hoffnung auf den
nächsten „Google“ oder „Facebook“ – verbunden
mit deutlich höherer Risikobereitschaft – stehen
dabei im direkten Gegensatz zum Sicherheitsdenken deutscher Unternehmen und Investoren bzw.
Banken. Hinzu kommt das „failure“-Denken. Einer
der Schlüssel zum Erfolg heißt hierbei „networking“ – ein Erfolgsfaktor, dem in Deutschland noch
verhältnismäßig wenig Beachtung geschenkt wird.
Bei allen gewonnen Erfahrungen blieb letztlich nur
eine Frage noch unbeantwortet: Wie sieht unser
Geschäftsmodell aus?
PROFESSOR DR. MARTIN ZIMMERMANN,
CARSTEN OSENBERG
Work
hard, play
hard“ lautet das
Motto bei Google.
Zu Besuch bei Google
(von links): Andy Rothmann, Carsten Osenberg, Jürgen Henke und
Frank Haas
Über die Autoren:
Professor Dr. Martin
Zimmermann leitet den
berufsbegleitenden
Master of Business
Administration,
Carsten Osenberg
studiert General
Management (MBA).
360
SIVAS.
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