Masterarbeit im Kalifornien
Transcription
Masterarbeit im Kalifornien
Masterarbeit im Kalifornien Erfahrungsbericht aus dem Silicon Valley von Christoph Schnitzlein Mit diesem Bericht möchte ich mich nochmal ganz herzlich beim EIKON e. V. und bei Prof. Eberspächer für das großzügige Reisestipendium bedanken. Es hat mir bei der Finanzierung meines Auslandssemesters sehr geholfen. Das Sommersemester 2012 habe ich am Volkswagen Electronics Research Lab im Südwesten der San Francisco Bay Area verbracht. Besser bekannt unter dem Namen „Silicon Valley“ ist es der Ort, an dem Bill Gates, Steve Jobs und Mark Zuckerberg ihre Unternehmen gegründet haben. Hier haben bekannte Unternehmen wie Apple, Google und Oracle ihren Sitz. Die Region ist bekannt für ihren „Spirit“ und ihre dynamischen Energien. Hier werden neue Trends geschaffen und hier kann jedermann mit der richtigen Idee zum Millionär werden. In dieser inspirierenden Gegend durfte ich als Masterarbeit ein Qualitätsbewertungssystem für Satellitenradio im Auto entwickeln. Im Folgenden möchte ich einige interessante Eindrücke und Unterschiede beschreiben, die mir in meiner Zeit in Kalifornien aufgefallen sind. Unterschiedliche Arbeitsweise – es gibt einen großen Unterschied in der Arbeitsweise zwischen Deutschland und dem Silicon Valley. Ich habe bereits Auslandspraktika in den USA, China und Spanien gemacht und dabei sehr unterschiedliche Arbeitswelten kennen gelernt. Doch die Erlebnisse im Silicon Valley waren besonders interessant. Der deutsche Ingenieur hat auf seinem Weg zum Ziel hauptsächlich die möglichen Probleme im Blick. Bevor man sich mit der eigentlichen Aufgabe beschäftigt, werden zuerst alle potentiellen Probleme analysiert und Lösungsmöglichkeiten dafür gefunden. Der Amerikaner hat dagegen nur das Ziel im Auge. Um eventuelle Probleme wird sich gekümmert, wenn sie auftreten. Fehler sind ein normaler Teil des Entwicklungsprozess. Diese unterschiedliche Arbeitsweise spiegelt sich auch in der Unternehmenslandschaft beider Länder wieder. Wer in Deutschland eine eigene Firma gründet, in den werden hohe Erwartungen gesetzt, auch erfolgreich zu sein. Ein Misserfolg bedeutet Schande. Ganz anders im Silicon Valley. Eine Firmengründung ist ein Versuch. Sollte diese Unternehmung schief gehen, so wird man dennoch für den Versuch respektiert und nicht als Versager gesehen. Die deutsche Enklave – wer für ein großes deutsches Unternehmen wie Volkswagen ins Ausland geht, muss keinesfalls auf sein gewohntes Umfeld verzichten. Zumindest nicht komplett. Wer als Deutscher ins Silicon Valley kommt ist nicht allein. In unserem Büro war jeder vierte für ein paar Jahre aus „Good old Germany“ gekommen. Besonders die Praktikantenriege war davon sehr geprägt. Wer mit Familie kam, für dessen Kinder hielt das Silicon Valley einen deutschen Kindergarten und eine Schule bereit, das nötige Kleingeld vorausgesetzt. Auch aus kulinarischer Sicht musste man auf fast nichts verzichten. Diverse deutsche Biere, darunter auch das Weißbier unserer unieigenen Brauerei, sind in vielen Bars erhältlich. Für ein echtes bayerisches Weißwurstfrühstück konnte man beim deutschen Metzger in Mountain View einkaufen. Die nötigen Brezen gab es bei der „German bakery“ in Los Gatos. Wem das nicht genügt, der geht ins deutsche Wirtshaus in Redwood City mit angeschlossenem Supermarkt. Neben Dr. Oetker Pudding und „German Sausages“ war die Auswahl an Milka, Ritter Sport und Lindt Schokolade kaum zu übertreffen. Voraussetzung für all diese heimischen Köstlichkeiten ist wie immer ein dicker Geldbeutel. Die Masse macht’s – Amerika ist das Land der Superlative. Besonders beim Einkaufen. Mehr ist immer besser. In Deutschland sind wir gewohnt, für die doppelte Menge auch den doppelten Preis zu zahlen. Doch der amerikanische Konsument soll viel kaufen, sehr viel. Und dafür sorgt ein ausgeklügeltes Rabattsystem. Mit Geld ist alles möglich – Geld ist relativ. Besonders im Silicon Valley. Ein Student, der in München für sein Apartment 450 € bezahlt, wohnt relativ teuer. In der Bay Area bekommt man dafür bestenfalls ein kleines Zimmer im Keller einer 15er WG. Wer anständig leben möchte, muss da schon an die 1000 $ im Monat investieren. Noch besser ist es bei Lebensmitteln. Ein Fertigsalat kostet 5 $. Kauft man zwei, kostet jeder nur noch 4 $ und wer einen dritten nimmt, zahlt nur noch 3 $ für jeden. Wer ein Wochenende in einem Motel an der Küste verbringen möchte zahlt dafür auch schon mal 160 $ für die Nacht. Der größte Unterschied zu Deutschland sind jedoch die Lebensmittelpreise. Der Wocheneinkauf für eine Person bleibt selten unter 100 $. Und das nur für Frühstück und Abendessen. Doch es gibt auch Günstiges. Einen Flug von San Francisco nach Washington übers Wochenende bekommt man schon für 350 $. Wer Mittags essen geht, ist mit 6 bis 14 $ dabei. Von den günstigen Preisen für Elektronik und Markenklamotten hat jeder schon gehört. Dennoch ist das Leben teuer. Für ein normales Auskommen braucht man um die 3000 $ im Monat. Doch auch die Gehaltsstruktur ist angepasst. Ein Praktikant im Valley verdient ähnlich wie ein Absolvent in Deutschland und lebt davon gut. In Ausnahmefällen auch mal das Doppelte oder Dreifache. Wie gesagt: Geld ist relativ im Silicon Valley. Der Klassiker: kaufe ein T-Shirt und bekomme das zweite für die Hälfte. Und wer z. B. über 150 $ ausgibt bekommt nochmal 20 % auf den Einkauf. So hat mir der zusätzliche Kauf einer 3-$-Sonnenbrille einmal 25 $ Rabatt auf meinen Jeanskauf gebracht. Mein bestes Erlebnis war, als ich mir eine Kiste mit Coladosen kaufen wollte. Ich entschied mich dann aber für den Kauf einer zweiten, denn dadurch bekam ich drei weitere Kisten gratis dazu. Versteh das einer. Selbstverständlich ändern sich diese Rabatte wöchentlich. Denn wer letzte Woche für den Beutel Trauben nur 2 $ gezahlt hat, dem fällt wahrscheinlich nicht auf, dass er heute 10 $ bezahlt hat. Abschließend bleibt zu sagen, ein Praktikum im Ausland ist eine Erfahrung, die jeder junge Mensch einmal gemacht haben sollte. Man entwickelt sich persönlich weiter und sammelt wertvolle Eindrücke. Man muss sich jedoch bewusst sein, dass eine Abschlussarbeit außerhalb der gewohnten Mauern oft unerwartete Probleme aufwirft und eine besondere Herausforderung darstellt.