Hund und Herrl
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Hund und Herrl
UNTER JÄGERN „Er hat den Jagdverstand im Blut“ Der Bayerische Gebirgsschweißhund W as sind Ihre jagdlichen Vorlieben? Thomas Neudecker:„Als Revierpächter, der quasi vor der Haustüre jagen kann, bin ich mit dem Schwarzwild sehr verbunden. Wir haben alljährlich großartige Strecken, und ich schätze dieses edle Schalenwild sehr. Natürlich haben wir auch Muffelund Rotwild im Revier, das Rehwild ist auch zahlreich vorhanden, aber die Sauen haben mein besonderes Augenmerk.“ Hund und Herrl Gerhard Kosel im Gespräch mit Tierarzt Thomas Neudecker Wie sind Sie auf den BGS gekommen? Thomas Neudecker: „Oft habe ich im ungarischen Matra-Gebirge auf Rot- und Muffelwild gejagt und einen dort tätigen Berufsjäger ganz besonders schätzen gelernt. Dieser Praktiker führt BGS und hat auch eine anerkannte Leistungszucht. Seine Hunde sind eher leicht und wendig, was sich im jagdlichen Alltag ja durchaus bewährt. Die Bedächtigkeit und Gelassenheit unseres BGS-Rüden Moci beim Ausarbeiten von Fährten fasziniert mich immer wieder.“ Foto: M. Migos Bitte beschreiben Sie ihren Rüden! 88 Thomas Neudecker: „Unser Rüde Moci ist im siebenten Behang. Mit ihm habe ich bisher über 250 Nachsuchen erfolgreich durchgeführt. Er ist ein Totverweiser, wobei er lächelt – er zieht die Lefzen hoch, wedelt mit der Rute – wenn er gefunden hat und mich zum Stück führen will. Er Dipl.Tzt. Thomas Neudecker ist Tierarzt in Oberwart. Seit 26 Jahren ist er Jäger. Als Revierpächter bejagt er zwei Schalenwildreviere mit hohem Schwarzwildanteil, wobei die Jagd auf Muffelwild und Rotwild nicht zu kurz kommen soll. Sein erster Hund war ein Deutsch Kurzhaar. Zur Zeit führt er eine Deutsch Drahthaar-Hündin und einen BGS- Rüden. hält die Bail auch über eine Stunde, wenn’s sein muss. Besonders schätze ich an ihm seinen Jagdverstand. Er ist Sauen gegenüber kein Hitzkopf, was ihn bisher vor gröberen Verletzungen bewahrt hat. Rehwild zieht er hingegen verlässlich nieder.“ Der Anblick 9/2009 UNTER JÄGERN Thomas Neudecker: „Hier bei uns sind es vor allem von Sauen geschlagene Hunde, die ich zu versorgen habe. Aber auch Bauhunde, und da vor allem Jagdterrier, die sind ja richtige Kamikaze! Leider kommen Jäger oftmals erst nach Tagen zu mir mit dem verletzten Hund. Mein Appell an alle Hundebesitzer: Wenn die Haut irgendwie tiefer verletzt ist (keine Schürfwunde) und schweißt, sofort zum Tierarzt mit dem Hund. Oft sind die Verletzungen wesentlich größer als vorerst angenommen. Ich bewundere die Leidensfähigkeit von Hunden immer wieder, aber nur der Fachmann kann die Schwere von Verletzungen beurteilen und bewahrt oftmals vor gröberem Schaden.“ Was sollte ein Hundeführer immer mithaben, als Erste-Hilfe für den Hund? Thomas Neudecker: „Ein Verbandspäckchen gehört in jeden Jagdrucksack, nicht nur des Hundes wegen. Eine Binde zum Blutstillen und als Druckverband muss dabei sein. Weiters ein großflächiges Verbandstuch zum Abdecken von offenen Wunden und heraus hängendem Gescheide, denn das ist ja im Sauenrevier leider jagdlicher Alltag. Und ja nicht zuviel selber herumbasteln. Dann aber schnell ab mit dem Hund zum nächsten Tierarzt.“ Gibt es Problemfelder aus ihrer Sicht? Schwarzwild ausschaut. Abgesehen von den sozialen Folgen durch Fehlabschüsse, wie z. B. führende Bachen. Der Schuss auf flüchtige Sauen provoziert krankgeschossenes Wild, erschwerte Nachsuchen auf dieses wehrhafte Wild sind die Folge und geschlagene Hunde Realität.“ Der Bayerische Gebirgsschweißhund Welche Auswirkungen hat die Wildfleischverordnung für Sie als Hundeführer? Thomas Neudecker: „Die WildfleischVerordnung besagt, dass das Wild in kürzester Zeit – maximal drei Stunden – im Kühlhaus zu sein hat. Die klassische Riemenarbeit am nächsten Tag, nachdem am Vorabend im letzten Büchsenlicht geschossen wurde, ist damit passe! In der Dunkelheit mit Schweißriemen eine beschossene Sau nachzusuchen, ist eine gefährliche Angelegenheit. Wenn im letzten Büchsenlicht ein Stück beschossen wurde und abspringt, aber eine einfache Totsuche zu erwarten ist, dann lege ich meinem Hund eine spezielle, von uns entwickelte Halsung an. Diese besteht aus einer Lederhalsung mit einem darauf angebrachten Glöckchen und mehreren Blinklichtern. Wenn der Hund das Stück findet und daran reißt, dann vernehme ich das Glöckchen und habe durch die Blinklichter auch eine optische Orientierung. So komme ich am schnellsten zum Stück. Im Sinne der Wildprethygiene macht ja eine Nachsuche am kommenden Tag keinen Sinn. Auch im Mais hat sich das schon bewährt. Denn welcher Hund ist schon Totverbeller?“ Foto: D. Hopf Als Tierarzt sind Sie auch mit Verletzungen konfrontiert, die im Jagdbetrieb entstanden sind? A Thomas Neudecker: „Wünschenswert wäre es, wenn bei jeder Bewegungsjagd oder Riegeljagd auf Schalenwild ein Tierarzt vorinformiert wird und auf Abruf bereitsteht. Wer dem geschlagenen Hund schnell hilft, hilft doppelt.“ Thomas Neudecker: „Wie ich schon sagte, das Schwarzwild ist mein Lieblingswild. Oftmals wird dieses edle Wild gleich behandelt wie Ratten. Ich hinterfrage für mich die Sinnhaftigkeit von Riegeljagden immer öfter, weil auf alles geschossen wird, was irgendwie nach Foto: Verfasser Und jagdlich? Der Praxis-Tipp: die Nachsuchen halsung mit Glöckchen und Blinklichtern. lle Leit- und Schweißhunde stammen von den Urjagdhunden, den Bracken, ab. Alle reinen Bracken haben feinste Nase auf Spur und Fährte, größte Fährtensicherheit, sehr ausgeprägten Fährtenwillen und lockeren Fährtenlaut beim Jagen. Ursprünglich nahm man die verlässlichsten und sichersten Bracken aus der Meute und suchte mit ihnen am Riemen die verlorene Fährte des gejagten Wildes. Aus diesen ruhigsten und führigsten Bracken wurden später die Leithunde (nur auf natürlicher kalter Gesundfährte gearbeitet) und die Schweißhunde (auf der Wundfährte geführt, so genannte „verdorbene Leithunde“) herausgezüchtet. Durch Einkreuzung genetisch relativ nahestehender Rassen Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts entstand der heutige Hannoversche Schweißhund. Nach der Revolution von 1848, also nach Zerschlagung der Großreviere und der Ablösung der ehemaligen Jagdmethoden durch Pirsch- und Ansitzjagd bei gleichzeitig verbesserten Schusswaffen, wurde der Hund „nach dem Schuss“ gebraucht. Spezialisiert auf sichere Riemenarbeit konnte man auf laute Hatz, Durchhaltewillen und Schärfe besonders in den Bergrevieren nicht verzichten. Dort erwies sich der Hannoversche Schweißhund als zu schwer. Um die se gewünschten Leistungen auch im schwierigen Berggelände zu erreichen, züchtete Baron KargBebenburg, Reichenhall, nach 1870 den rassigen und veredelten, leichteren Gebirgsschweißhund, indem er Hannoversche Schweißhunde mit roten Gebirgsbracken kreuzte. Zunehmend verdrängten diese Hunde andere Rassen aus den Bergrevieren, sodass der Bayerische Gebirgsschweißhund heute der klassische Begleiter der Berufsjäger und Förster geworden ist. Der BGS präsentiert sich heute als harmonischer, leichterer, sehr beweglicher und muskulöser, mittelgroßer Hund. (Rüden: 47 bis 52 cm; Hündinnen: 44 bis 48 cm. ) Er ist im Ideal ruhig und ausgeglichen, anhänglich gegenüber seinem Besitzer, zurückhaltend gegenüber Fremden. Gefordert wird ein in sich gefestigter, selbstsicherer, unerschrockener und leichtführiger Hund, der weder scheu noch aggressiv ist. www.schweisshunde.at 89