Posttraumatische Belastungsstörungen: Welche psychologischen
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Posttraumatische Belastungsstörungen: Welche psychologischen
Posttraumatische Belastungsstörungen: Welche psychologischen Behandlungen wirken und warum? Anke Ehlers Bad Bramstedt, 24. Mai 2014 POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNGEN Reaktion auf entsetzliche Erlebnisse wie Gewalttaten, Terroranschläge, Katastrophen, Kriegsgeschehen, Unfälle • Wiedererleben des Traumas • Vermeidung • Gefühlstaubheit/ negativer Affekt • Übererregung 89 SS R Is D es en B 89 s H B yp 89 no Ps yc hd yn F9 1E x V9 p 4E XP M 98 Ex p M 98 C B F9 T 9C B T T9 9E x T9 p 9C B T D 99 C B T F9 9E xp K r0 1E x L0 p 2E XP I0 2E x P0 p 2C B T R 02 Ex p R 02 C T K 03 C B T B l0 3C B T B r0 3C B E0 T 3C B Ta T y0 3E XP K 04 C B E0 T 5C B T F0 5E x F0 p 5C B R o0 T 5E XP B r0 8C B T R 08 C B E0 T 9C B T B Kognitive Verhaltenstherapie der PTBS Effektstärken in kontrollierten Studien 3.5 3 2.5 2 1.5 1 0.5 0 Cochrane Meta-Analyse 2013: Effektstärken für Psychologische Behandlungen versus Warten TF-KVT 27 kontrollierte Studien EMDR 6 kontrollierte Studien Stressbew. 3 Studien Andere 3 Studien 0 0.5 1 1.5 2 n Wie wirkt trauma-fokussierte kognitive Verhaltenstherapie? n Veränderung störungsspezifischer aufrechterhaltender Faktoren? n “Maßgeschneiderte psychologische Therapie” durch individuell angepasstes Modell der PTBS? Natürliche Erholung von Posttraumatischen Belastungsstörungen(Kessler et al., Archives of General Psychiatry, 1995) 1 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 Warum erholen sich einige der Betroffenen nicht? Warum Angstsymptome? 0 6 12 18 24 30 36 42 Monate nach dem Trauma 48 54 60 Kognitives Modell der PTBS (Ehlers & Clark, Behaviour Research and Therapy, 2000) Menschen mit PTBS nehmen eine aktuelle Bedrohung wahr, die 2 Quellen hat: (1) Charakteristika des Traumagedächtnisses (2) Individuelle Interpretationen des Traumas (persönliche Bedeutungen) Sie benutzen (3) Strategien zur Kontrolle der Bedrohung, die die Gedächtnisprobleme und Bedeutungen aufrechterhalten. CHRONISCHE PTBS (Ehlers & Clark, Behaviour Research and Therapy 2000) Charakteristika des Traumagedächtnisses Interpretation des Traumas und seiner Konsequenzen Auslöser Gegenwärtige Bedrohung - Wiedererleben - Erregung - Starke Emotionen Aufrechterhaltendes Verhalten/ kognitive Strategien Negative Interpretationen des Traumas Wahrgenommene Bedrohung - Extern (“Jemand wird mir wieder Gewalt antun”, “Ich kann niemandem trauen”) - Intern (“Es war meine Schuld”, “Ich bin ein schlechter Vater”) Was wird interpretiert? (1) Bestimmte Momente des Traumas (2) Konsequenzen des Traumas Vorhersage von PTBS Symptomen durch Faktoren aus dem Modell Negative persönliche Bedeutungen Bedeutung des Traumas Verkehrsunfälle Gewalttaten Politische Gefangene Bombenattentate .66*** .42*** .42*** .72*** Anfängliche PTBS Symptome Verkehrsunfälle Notfalldienst Gewalttaten .50*** .55*** .62*** Reaktionen anderer Menschen Gewalttaten Politische Gefangene .57*** .45*** Therapeutische Implikationen n Behandlungsziel: Individuelle Interpretationen identifizieren and modifizieren n Besonderheit bei PTBS: subjektive Belege für Interpretationen bestimmt dadurch, was vom Trauma erinnert wird n Zugriff auf Bedeutungen erfordert Zugriff auf das Gedächtnis Warum scheint Inhalt der Erinnerung „jetzt“ zu passieren? Das autobiografische Gedächtnis für die schlimmsten Momente des Traumas ist nicht genügend elaboriert und verbunden mit anderen autobiografischen Informationen -> Ungenügende Hemmung ungewollter Erinnerungen -> Abruf ohne Kontext Moment bleibt bedrohlich, weil Bedeutung nicht aktualisiert wurde. Disorganisation of Recall: Relationship to Intrusions Evans, Ehlers, Mezey & Clark, Journal of Consulting and Clinical Psychology, 2007 Global Rating 3.5 3 2.5 2 1.5 1 0.5 0 Time around Intrusion 23% omitted intrusion from narrative Other Time Point Disjointedness of Trauma Memories: Time to Retrieval of Autobiographical Information Kleim, Wallott & Ehlers (2008), Behavioural and Cognitive Psychotherapy Retrieval Time 5 4.5 4 3.5 3 2.5 2 1.5 1 0.5 0 PTSD NO PTSD Trauma Other Negative Event Therapeutische Implikation: Traumaerinnerungen aktualisieren n Schlimmste Momente und Bedeutungen identifizieren n Informationen suchen, die Bedeutungen oder damaligen Vorhersagen widersprechen n Kann Information aus dem Verlauf des Traumas oder Resultat kognitiver Umstrukturierung sein n Aktualisierende Information in das Traumagedächtnis integrieren (verbal; Imagination; inkompatible Handlungen oder Sinneseindrücke – während Erinnerung an schlimmsten Moment) Warum ist Wiedererleben so leicht auslösbar? Vermutete Gedächtnisprozesse: n n n Starkes Priming Starke Generalisation von gelernten emotionalen Reaktionen Beide führen zu schwacher Diskrimination zwischen Auslösern und Trauma Enhanced Priming for Neutral Objects Seen in Traumatic Context (Sündermann, Hauschildt & Ehlers, J Behav Ther Exp Psychiatry 2013) 0.66 0.64 Identification rate (%) 0.62 0.6 0.58 0.56 0.54 0.52 t(50) = 2.09*, d’=0.3 0.5 "trauma" neutral context Enhanced priming predicts intrusions at 2 weeks r = .29 Therapeutische Implikation: Diskriminieren “Damals” versus “Jetzt” n Auslöser identifizieren (Detektivarbeit) n Unterscheidung “Damals” versus “Jetzt” lernen (Aufmerksamkeit auf Unterschiede, Kontext) n Wiedererleben üben auslösen und Diskrimieren Traumaerinnerungen versus Grübeln über das Trauma (Speckens et al., Memory, 2007; Evans et al., J Trauma Stress, 2007) Erinnerung Sensorische Eindrücke Momente des Traumas Grübeln Gedankenkette, abstrakt, Fragen zum Trauma und den Folgen “was.., wenn?”, “warum ich?” Sekunden Minuten Ursprüngliche Emotionen Schuldgefühle, Ärger, Hoffnungslosigkeit AUFRECHTERHALTENDER FAKTOR Vorhersage der PTBS Symptome: Omagh Duffy et al. PLOS One 2013 Bekannte Faktoren Weiblich Bildungsniveau Frühere Angst/ Depression Früheres Trauma Sah Sterbende Selbst verletzt .11 -.16 .17 .17 .31 .39 Aufrechterhaltende Faktoren Erinnerung “Hier und Jetzt” Unklare Erinnerung Negative Interpretationen Grübeln Unterdrückung von Erinnerungen/ Emotionen .56 .43 .72 .46 .45 Therapeutische Implikation n Grübeln erkennen lernen und unterbrechen n Verhaltensexperimente: Grübeln und andere aufrechterhaltende Verhaltensweisen aufgeben Kognitive Therapie der PTBS: Wirksamkeit n Sehr effektiv (71%-78% Remission) zum Vergleich: Cochrane 2013: 54% für kognitive VT n Sehr akzeptabel für Patienten (0-5% Abbrecher) Cochrane 2013: 23% für kognitive VT Studien n Erwachsene und Kinder n Einmalige oder wiederholte Traumata n Frühintervention („Outreach“) oder chronische PTBS n Kontrollierte Studien und Routineambulanz Behandlung unter Routinebedingungen “Intent-to-Treat” Analyse aller Fälle (N= 330) Ehlers et al., Behaviour Research and Therapy, 2013 n n n n n n Alter 17-83 44% Männer 48% ethnische Minderheiten 76% komorbide Störungen Soziale Probleme häufig Therapeuten qualifiziert oder in der Ausbildung Ergebnisse: 85% verbessert 65% klinisch bedeutsame Verbesserung 1.2% verschlechtert (oft: neue Ereignisse) Wirksamkeit: Kognitive Therapie für PTBS (wöchentliche und intensive Behandlung versus Gesprächstherapie) (Ehlers et al., American Journal of Psychiatry, 2014) 40 35 30 25 Intensiv Wöchtentlich 20 Gesprächstherapie WARTEN 15 10 5 Vorher 3 Wochen 6 Wochen 14 Wochen 27 40 Wochen Wochen Abbrecher: Kognitive Therapie 3 % Gesprächstherapie 10% Wirkt Kognitive Therapie für PTBS, weil sie die aufrechterhaltenden kognitiven Faktoren verändert? n Analyse der Wachstumskurven der Symptome und Kognitionen n Mediationsanalysen Intercept PTCI Session 1 PTCI rc1 rs1 Session 1 PDS Step PTCI Session 2 PTCI rc2 rs2 Session 2 PDS Slope PTCI Session 3 PTCI rc3 rs3 Session 3 PDS Session 4 PTCI rc4 rs4 Session 4 PDS . . . . . Session 10 PTCI . . . . . rc10 rs10 Session 10 PDS Kleim et al. (2013) Journal of Consulting and Clinical Psychology Intercept PDS Step PDS Slope PDS Vorhersagekraft von Veränderungen in Kognitionen und Symptomen n Vorhersage der Symptome (PDS) durch Kognitionen (PTCI) aus der letzten Sitzung, p < .014 (Autokorrelationen mit PDS der letzten Sitzung kontrolliert) n Vorhersage der Kognitionen (PTCI) durch Symptome (PDS) aus der letzten Sitzung, p = .832 (Autokorrelationen mit PTCI der letzten Sitzung kontrolliert) Mediationsanalysen: Höhere Effektivität der Kognitive Therapie vs. nondirektiver Therapie beruht auf stärkeren Veränderungen in: n Interpretationen des Traumas und seiner Konsequenzen, p < .001 n “Hier und Jetzt” Qualität der Erinnerungen, p < .05 n Grübeln, Unterdrückung der Erinnerungen, Sicherheitsverhalten p’s < .05 Schlussfolgerungen n PTBS ist behandelbar n Fortschritte bei Therapieeffekten und Akzeptanz n PTBS-spezifische Interventionen wirksamer n Mediationsanalysen: Symptomveränderung durch Veränderung aufrechterhaltender Faktoren