Aus Gülle Wasser machen - Fachverband Biogas e.V.
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Aus Gülle Wasser machen - Fachverband Biogas e.V.
AUS DER PRAXIS 1 Aus Gülle Wasser machen Die Gründe sind einleuchtend: Auf der einen Seite war da die Wärme der Biogasanlage, die sinnvoll eingesetzt werden sollte, auf der anderen Seite riesige Mengen an Gärprodukten, die ständig angefallen sind. Peter Rehm hat beides miteinander kombiniert - und am Ende standen ein komplettes Wärmekonzept, hochkonzentrierte Düngepellets und klares Wasser. Von Dipl.-Ing agr. Andrea Horbelt M unter blubbern die Luftblasen aus dem Grund des kleinen Teiches nach oben und zerplatzen an der Oberfläche. Hin und wieder sieht man die Flosse eines Fisches bedächtig durch das klare Wasser ziehen. Das Ufer säumen unterschiedlich große Kieselsteine. Ein kleines Idyll. Der Blick über den Teich hinaus fällt hinab in den Landkreis Donau-Ries. Auf der anderen Seite steht die Biogasanlage, die diesen Teich erst möglich gemacht hat. Und davor der Erfinder und Betreiber dieser seltsamen Kombination aus Fischzucht und Biogasanlage. „Das Wasser in diesem Teich war vor kurzem noch Bestandteil des Gärsubstrates meiner Anlage“, erläutert Peter Rehm aus Marxheim östlich von Donauwörth. Die braune Brühe und das klare Wasser – wie passt das zusammen? Der Landwirt betreibt seit 2004 eine Biogasanlage im Landkreis Donau-Ries. Schon kurz nach der Inbetriebnahme gab es zwei Aspekte, die ihn nicht zufrieden stellten: Die unvollständige Nutzung der Abwärme des Blockheizkraftwerkes und 50 die Unmengen an Gärprodukten, die ständig anfielen und zurück auf die Felder transportiert werden mussten. Transportkosten senken Pro Jahr fallen dadurch 700 Fahrten an. Dabei werden 11.000 Tonnen Wasser transportiert – denn das Gärprodukt besteht zu 75 Prozent aus Wasser. Das ist nicht nur ein großer finanzieller Posten, der durch die Spritkosten entsteht, es belastet zudem das Klima und die Straßen. Darüber hinaus verflüchtigt sich der im flüssigen Gärprodukt enthaltene Ammoniumstickstoff, sodass in einem zweiten Arbeitsgang noch zusätzlich industrieller Dünger ausgebracht werden muss. Außerdem sind Gärproduktlager nicht nur teuer, sie verbrauchen auch viel Fläche. Bei Peter Rehm stand der Bau zweier neuer Lagerbehälter an. Zündende Idee Aus all diesen Gründen ist im Kopf von Peter Rehm eine Idee entstanden, die eigent- lich ganz einfach klingt: Die anfallenden Gärprodukte werden zunächst in eine feste und eine flüssige Phase getrennt, der flüssige Teil wird anschließend weiter gereinigt und aufbereitet, sodass am Ende auf der einen Seite klares Wasser und auf der anderen Seite hochkonzentrierte Nährstoffe stehen. Der flüchtige Ammoniumstickstoff wird in eine nicht flüchtige Form überführt und steht am Ende als pflanzenverfügbarer Stickstoff zur Verfügung. Soweit die Überlegungen. Eine Firma zu finden, die „aus Scheiße Wasser macht“ gestaltete sich dann aber als nicht ganz so einfach. Grundsätzlich waren einige Wasseraufbereiter interessiert an der Umsetzung der Idee – aber klares Wasser als Endprodukt, das konnte sich letztlich keiner vorstellen. Bis auf die Firma MKR Metzger GmbH aus dem benachbarten Monheim, gerade mal zehn Kilometer von Marxheim entfernt. Seit über 20 Jahren ist das Unternehmen in der Reinigung und Aufbereitung der verschiedensten Stoffe aktiv. Biogasanlagen gehörten bis dato noch nicht zu ihrem Kundenkreis. BIOGAS Journal | 4_2012 AUS DER PRAXIS Fünf weitere Anlagen in der Realisierung Die Realisierung der Verdampferanlage war sowohl für Peter Rehm als auch für die MKR Metzger GmbH Neuland. Und es war auch nicht immer einfach. Aber am Ende steht das Ergebnis, das sich beide Kooperationspartner vorgestellt haben – und mittlerweile patentieren ließen. Fünf weitere Anlagen sind mittlerweile im Bau oder bereits fertig gestellt – alles im näheren Umkreis von Marxheim. Im ersten Schritt steht wie bei jeder Verdampferanlage die Trennung der festen von der flüssigen Phase. Der feste Teil landet zunächst im Silo und wird erst am Ende der Prozesskette wieder eingesetzt; die Flüssigkeit wird in einem Vorlagebehälter eine Stunde auf 70 Grad Celsius erhitzt, um eine optimale Hygienisierung zu gewährleisten. Anschließend landet die noch immer braune Brühe in einem Reaktionsbehälter dem exakt nach gewissen Reaktionen Schwefelsäure zugeführt wird, um den flüchtigen Ammoniumsticktoff zu binden. Dieser wird flüssig und kann damit nicht mehr entweichen. „Das ist das Wichtigste an der ganzen Geschichte!“, betont Peter Rehm. In einem nächsten Schritt gelangt das Gärprodukt in ein Vakuumsystem, wodurch der Siedepunkt des Wassers auf 50 Grad Celsius herunter gesetzt wird. Hier findet die sogenannte „Dünnfilmverdampfung“ statt: Das kondensierte Wasser trennt sich von den restlichen sehr kleinen Feststoffbestandteilen, wird anschließend wieder abgekühlt und aufgefangen. „Das Wasser unter Vakuum zu Verdampfen ist zwar keine ganz neue Erfindung – in dem großen Stil und mit Gär- 2 substrat und anderen Flüssigkeiten aber schon etwas Besonderes“, sagt der Erfinder der Anlage. Zurück bleibt eine zähflüssige braune Masse – „wie flüssige Schokolade“. Wasser für den Fischteich 1 Der noch nicht komplett befüllte Teich vor dem Panorama von Donau-Ries. 2 Peter Rehm dokumentiert die Reinheit seines Endproduktes. Das Wasser wird zum Schluss noch in einem sogenannten „Brüdenwäscher“ nachbehandelt, um die Beurteilungskriterien der Einleitfähigkeit zu erlangen, speziel CSB und BSB (den chemischen und biologischen Sauerstoffbedarf) – und am Ende steht das gewünschte klare, geruchsneutrale, destillierte Wasser, das nun in den Fischteich und/oder in einen wasserführenden Vorfluter eingeleitet werden kann. Über die Blasen im Fischteich wird dem Wasser Sauerstoff zugeführt, damit die Fische unter Wasser atmen können. F www.schaumann-bioenergy.eu Stoppt Energieverluste und schützt vor Nacherwärmung! Kompetenz in Biogas SILASIL ENERGY® – das Siliermittelprogramm für mehr Energiegewinn. Mehr Informationen zu dem erfolgreichen Siliermittel-Programm unter Tel.: 0 41 01/2 18 54 00 AUS DER PRAXIS 1 In der „Schokolade“ befinden sich die Nährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kali in hochkonzentrierter Form. Diese wird mit der anfangs separierten festen Phase gemischt, getrocknet und anschließend zu hochkonzentrierten Biodüngepellets gepresst. „Das Einzigartige an dieser Erfindung ist das glasklare Wasser, das am Ende übrig bleibt“, betont Peter Rehm und blickt zufrieden auf seinen Teich. Ab Mitte Juli soll die Anlage unter Volllast laufen. Pro Jahr werden dann 11.000 Tonnen einleitfähiges Wasser und rund 1.200 Tonnen Pellets produziert. Aus einer Tonne Gärsubstrat entstehen im Schnitt 120 Kilogramm Pellets. Was Peter Rehm damit macht, das bestimmt der Markt. Sehr wahrscheinlich wird er sie komplett verkaufen. Die Nachfrage ist schon jetzt groß. „Der Markt für Düngepellets kommt immer mehr in Schwung“, freut sich der Landwirt. Niemand transportiert gerne Wasser – schon gar nicht bei den aktuellen Dieselpreisen. Industriedünger wird eingespart Seine beiden bestehenden Gärproduktlager wird er in die Verweilzeit einbinden. „Damit BIOGAS Journal | 4_2012 AUS DER PRAXIS 2 Ihr kompetenter Ansprechpartner für professionelle Siloabdeckung fix® quick‘n gung efesti iten. Silosackb eilen Silose st tschen an iswert das Abru re rt p e d – in ig rh ve langleb effektiv – 1 Durch den Schlauch läuft das im Vakuumverdampfer (Bildhintergrund) gesammelte Wasser in einen Behälter. 2 Die drei Vakuumverdampfer werden parallel zueinander betrieben, um den Durchsatz zu erhöhen. lässt sich das Restgaspotenzial noch weiter minimieren“, unterstreicht Rehm, „ich komme weit unter die von der TA Luft vorgeschriebenen 1,5 Prozent! Das sind alles Nebeneffekte, die man sehen muss.“ Es sind nicht nur die finanziellen und KlimaschutzVorteile, die die Verdampferanlage mit sich bringt; durch die Verkehrsvermeidung verbessert sich auch das Verhältnis zu den Nachbarn. Zudem wird das Grundwasser geschont. Rehm spart Industriedünger – und kann darüber hinaus noch seine eigenen Fische züchten. Natürlich wird sich Peter Rehm auch jetzt noch nicht zurücklehnen und von den Früchten seiner Arbeit leben. „Da ist noch sehr vieles, was mir im Kopf rumschwirrt.“ In Zukunft soll beispielsweise die komplette Wärme inklusive der Abgaswärme des BHKW zur Trocknung genutzt werden. Hierfür steht er in ständigem Austausch mit dem Umweltamt. Denn wenn die Emissionen der Auspuffwärme durch das Endprodukt, die Pellets, gebunden würden, bräuchte man keinen Katalysator mehr und würde trotzdem den Luftreinhaltebonus bekommen. Das Gärprodukt wäre der Katalysa- tor – ein „Wäschebiofilter“. Zunächst aber muss er schauen, dass er die Investitionen seiner Pionierarbeit wieder reinholt. Interessenten gibt es reichlich: Er hatte schon Gäste aus Mazedonien und Dänemark, aus Spanien und vor allem aus Deutschland. Viele Kommunalvertreter haben sich seine Erfindung angeschaut, aber auch Molkereien, die aus ihrer Waschmilch wieder klares Wasser erzeugen wollen. „Diese Anlage ist bestimmt nicht nur in der Biogasbranche einsetzbar“, ist sich Rehm sicher. Und als er so dasteht, vom Fischteich auf seine Anlage blickt und anschließend seinen Blick über den Landkreis DonauRies schweifen lässt, da muss er sich selbst attestieren: „Da ham wir schon ne ganz interessante Sache gemacht.“ D Autorin Dipl.-Ing. agr. Andrea Horbelt Pressesprecherin Fachverband Biogas e.V. Angerbrunnenstr. 12 · 85356 Freising Tel. 0 81 61/98 46 60 E-Mail: [email protected] • Silo-Schutzgitter • Silo-Säcke • Silo-Sackbefestigung • Silo-Folien • Unterziehfolien Synthetische Gewebe & Folien für Agrar & Industrie Zill GmbH & Co. KG BIOGAS Journal | 4_2012 Hanns-Martin-Schleyer-Str. 31 · D-89415 Lauingen Tel. +49 9072 9581 0 · Fax +49 9072 9581 30 [email protected] · www.zillnet.de