103/05 Beschluss In dem Verwaltungsverfahren
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103/05 Beschluss In dem Verwaltungsverfahren
BUNDESKARTELLAMT Für Veröffentlichung bestimmt 6. BESCHLUSSABTEILUNG Fusionskontrollverfahren B 6 - 92202 - Fa – 103/05 Beschluss In dem Verwaltungsverfahren Axel Springer AG Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin - Beteiligte zu 1. - ProSiebenSat.1 Media AG Medienallee 7, 85774 Unterföhring - Beteiligte zu 2. - Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1. und 2.: (...) ProSiebenSat.1 Holding L.P. c/o Walkers SPV Limited, Walker House, Mary Street, PO Box 908GT, George Town, Grand Cayman, Cayman Islands - Beteiligte zu 3. - Zustellungsbevollmächtigter: (...) 2 Zeitungsverlag tz München GmbH & Co. KG Paul-Heyse-Straße 2-4, 80336 München -Beigeladene zu 1. - OMG Organisation der Media-Agenturen im GWA e.V. Friedensstraße 11, 60311 Frankfurt am Main - Beigeladener zu 2. - Verfahrensbevollmächtigte: (...) Bertelsmann AG Carl-Bertelsmann-Straße 270, 33311 Gütersloh - Beigeladene zu 3. - Verfahrensbevollmächtigte: (...) Premiere AG Medienallee 4, 85774 Unterföhring - Beigeladene zu 4. - Georg v. Holtzbrinck GmbH & Co. KG Gänseheidestr. 26, 70178 Stuttgart - Beigeladene zu 5. – 3 Verfahrensbevollmächtigte: (...) M. DuMont Schauberg Expedition der Kölnischen Zeitung GmbH & Co. KG Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln - Beigeladene zu 6. - Verfahrensbevollmächtigte: (...) ZDF Zweites Deutsches Fernsehen Anstalt des öffentlichen Rechts 55100 Mainz - Beigeladene zu 7. - wegen eines Zusammenschlussvorhabens hat die 6. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes am 19. Januar 2006 beschlossen: 1. Der mit Schreiben vom 12. August 2005 angemeldete Zusammenschluss wird untersagt. 2. Die Gebühr für diese Entscheidung wird unter Anrechnung der gesondert festzusetzenden Gebühr von ... Euro für die Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens auf 4 ... Euro (in Worten:... Euro) festgesetzt und den Beteiligten zu 1. und 2. als Gesamtschuldnern auferlegt. Gründe: I. DAS VORHABEN Mit Schreiben vom 12. August 2005, hier eingegangen am 15. August 2005, hat (...) (Kanzlei Hogan&Hartson Raue) im Namen und in Vollmacht der Axel Springer AG, Berlin, (Beteiligte zu 1., nachfolgend: AS) und der ProSiebenSat.1 Media AG, Unterföhring, (Beteiligte zu 2., nachfolgend: P7S1) sowie in Abstimmung mit allen übrigen Beteiligten nachfolgenden Zusammenschluss angemeldet. Mit Schreiben vom 25. August 2005 wurde für die ProSiebenSat.1 Holding L.P., Cayman Islands, (Beteiligte zu 3., nachfolgend: P7S1 Holding) (..) (Kanzlei Hogan&Hartson Raue) als Zustellungsbevollmächtigter benannt sowie die Angaben zu den betroffenen Märkten vervollständigt. Das Grundkapital von P7S1 besteht aus insgesamt 218.797.000 Aktien. Dabei handelt es sich je zur Hälfte um auf den Namen lautende Stammaktien und um stimmrechtslose, auf den Inhaber lautende Vorzugsaktien. Derzeit werden 75,1% der Stammaktien und 0,1% der Vorzugsaktien der P7S1 unmittelbar von der P7S1 Holding gehalten. Im ersten Schritt erwirbt AS sämtliche, bisher von der P7S1 Holding unmittelbar und mittelbar gehaltenen P7S1-Stamm- und Vorzugsaktien. Gegenstand des Aktien- und Geschäftsanteilskaufvertrages sind somit die von der P7S1 Holding unmittelbar gehaltenen 75,1% der P7S1-Stammaktien und 0,1% der P7S1-Vorzugsaktien sowie die von der P7S1 Holding gehaltene Beteiligung an der SAT.1 Beteiligungs GmbH in Höhe von 51,81%, die ihrerseits 24,9% der P7S1-Stammaktien hält. Insgesamt verfügt AS nach Vollzug über 100% der Stammaktien. Als Teil des Kaufpreises erhält die P7S1 Holding 820.000 der im Eigenbesitz von AS befindlichen AS-Aktien, was einer Kapitalbeteiligung von 2,4% entspricht. 5 Im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss hat AS den P7S1-Vorzugsaktionären ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot unterbreitet. Das Übernahmeangebot wird nur wirksam, wenn die Angebotsbedingungen bis zum 26. Juli 2006 eingetreten sind. Nach Übernahme der P7S1 Aktien durch AS ist im zweiten Schritt eine Verschmelzung der P7S1 auf die AS vorgesehen.1 II. DIE BETEILIGTEN UNTERNEHMEN 1. AS AS ist ein börsennotiertes Medienunternehmen, das insbesondere in den Bereichen Zeitungen, Zeitschriften, Druckerzeugnisse und neue Medien sowohl in Deutschland als auch international tätig ist. Im deutschen Zeitungsmarkt ist AS mit Kaufzeitungen, insbesondere der Bild-Zeitung, Sonntagszeitungen, überregionalen und regionalen Abonnement-Tageszeitungen, Anzeigenblättern sowie Beteiligungen an regionalen Zeitungsverlagen vertreten. Das Zeitschriften-Portfolio beinhaltet Programm-, Auto-, Sport- und Finanztitel, Titel der Computer- und Unterhaltungselektronik, Zeitschriften für Männer, Frauen, Jugendliche und Familie sowie Lifestyle- und Musiktitel. Hauptaktionäre von AS sind die von Frau Dr. h.c. Friede Springer kontrollierte Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co. (50% + 10 Aktien), H&F Rose Partners, LP und H&F International Rose Partners LP (Gesellschaften der Hellman & Friedman LLC, 19,4%) und Frau Dr. h.c. Friede Springer (10%). Weitere 5,9% der Aktien werden von Tweedy, Brown Company LLC gehalten, 9,8% der Aktien hält AS selbst, die übrigen 4,9% befinden sich im Streubesitz. AS ist an einer Vielzahl von Unternehmen, insbesondere an Verlagen, Unternehmen im Bereich elektronische Medien und Vertriebsunternehmen, beteiligt. Eine Beteiligungsübersicht findet sich im Geschäftsbericht 2004 auf S. 88, 89.2 AS erzielte im Geschäftsjahr 2004 Gesamtumsätze in Höhe von 2,4 Mrd. €, wovon etwa ... € auf Deutschland entfielen. 1 2 Vgl. zur Zielstruktur Anlage 2 der Anmeldung. Vgl. Anlage 4 der Anmeldung. 6 Von dem Gesamtumsatz entfielen 945 Mio. € auf das Anzeigengeschäft, 1.170 Mio. € auf den Vertrieb und 287 Mio. € auf sonstige Geschäftsfelder. Der weltweite Zeitungsumsatz betrug im Geschäftsjahr 2004 insgesamt Vertrieb Anzeigen 1.398,4 Mio. €, davon 678,3 Mio. €, 684,7 Mio. €. AS gibt bundesweit die Straßenverkaufszeitungen Bild-Zeitung und Bild am Sonntag sowie die in Berlin erscheinenden B.Z. und B.Z. am Sonntag heraus. Auf dem Anzeigenmarkt bietet die Bild-Zeitung insgesamt 42 verschiedene bundesweite, regionale und lokale Anzeigenbelegungseinheiten an. Ein Großteil der mit der BildZeitung Gesamtausgabe im Geschäftsjahr 2004 erzielten Nettoanzeigenerlöse entfiel auf die bundesweite Anzeigenbelegung, der Rest auf die Teilbelegung in den NielsenGebieten und Ballungsräumen. Weiter gibt AS die überregionalen Zeitungen Die WELT, WELT am Sonntag und WELT Kompakt heraus. WELT Kompakt erschien erstmals im Mai 2004. Sie bezieht ihre Inhalte weitgehend aus der WELT. Anzeigen können nur in Kombination mit der WELT gebucht werden. Darüber hinaus gibt AS regionale Abonnement-Tageszeitungen wie das Hamburger Abendblatt und die Berliner Morgenpost heraus und ist an weiteren Regionalzeitungsverlagen beteiligt.3 Zum Geschäftsbereich Zeitungen gehören auch die von AS in den Ballungsräumen Hamburg, Berlin und Dresden herausgegebenen Anzeigenblätter. An weiteren Anzeigenblättern ist AS beteiligt.4 Schließlich gibt AS eine Reihe von ausländischen Titeln heraus.5 Im Bereich der Zeitschriften gibt AS die wöchentlichen Programmzeitschriften HÖRZU, FUNK UHR, TV NEU und BILDWOCHE sowie die 14-tägliche Zeitschrift TV DIGITAL heraus. Darüber hinaus gibt AS unterschiedliche Publikumszeitschriften in den o.g. ThemenBereichen heraus. Über die 50%-Beteiligung an dem Fachzeitschriftenverlag Jahr Top 3 4 5 Vgl. Anlage 5 der Anmeldung. Vgl. Anlage 5 der Anmeldung. Vgl. Geschäftsbericht, S. 42 ff.. 7 Special Verlag GmbH & Co. KG ist AS an mehreren Special-Interest-Titeln (unter anderem Angel-, Golf- und Tauchzeitschriften) beteiligt. Außerdem hält AS 50% der Anteile an der Family Media GmbH & Co. KG, einem gemeinsam mit der OZ Verlag GmbH beherrschten Gemeinschaftsunternehmen. Zu den Zeitschriftenpublikationen von AS zählen unter anderem die zur BILD-Familie gehörenden, wöchentlich erscheinenden Zeitschriften AUTO BILD und SPORT BILD. Das Segment Elektronische Medien umfasst die Beteiligungen von AS an Fernsehund Hörfunksendern, TV-Produktionen, Online-Angeboten sowie telefonischen Mehrwertdiensten. AS ist bereits heute an P7S1 über die SAT.1 Beteiligungs GmbH beteiligt. Die SAT.1 Beteiligungs GmbH hält an P7S1 einen Anteil von 24,9% der Stammaktien. An der SAT.1 Beteiligungs GmbH wiederum hält AS direkt und über die im Alleinbesitz von AS stehende Zwischenholding AKTUELL Presse-Fernsehen GmbH & Co. KG einen Anteil von insgesamt 48,19%. Darüber hinaus ist AS an dem Ballungsraumfernsehsender Hamburg 1 beteiligt, der im Großraum Hamburg ein durch Werbeeinnahmen finanziertes Fernseh-Vollprogramm ausstrahlt. AS hält 27% an der Veranstalterin des Programms, der KG Hamburg 1 Fernsehen Beteiligungs GmbH & Co. KG. 63% werden von der Almond Media Beteiligungs GmbH gehalten, die übrigen 10% von der TRIANGLE Medien Beteiligungs GmbH & Co. KG. AS und die Almond Media Beteiligungs GmbH kontrollieren Hamburg 1 gemeinsam.6 Nur ein geringer Teil der Umsatzerlöse im Geschäftsjahr 2004 stammen aus der Vermarktung von Fernseh-Werbespots. Der ganz überwiegende Teil der Umsatzerlöse resultiert aus anderen Werbeformen wie z.B. Sponsoring. AS hält Minderheitsbeteiligungen an den regionalen Hörfunksendern Radio Hamburg, Radio ffn, Antenne Bayern, Radio NRW, Radio FFH und Antenne 1. Keiner dieser Sender wird von AS (mit-)kontrolliert. Darüber hinaus hält die zu 50% zu AS gehörende Tochtergesellschaft Ostsee-Zeitung GmbH & Co. KG eine nicht kontrollierende Minderheitsbeteiligung in Höhe von 11,2% an dem Hörfunksender ANTENNE Mecklenburg-Vorpommern GmbH & Co. KG.7 Weiter ist AS – unmittelbar und mittelbar über eine Minderheitsbeteiligung an der KOM PSR GmbH & Co. KG – mit ca. 11% an der 6 7 Vgl. B6-7/04 – Axel Springer/Hamburg 1. Vgl. zu den Hörfunkbeteiligungen Anlage 9 der Anmeldung. 8 Radio-Holding Regiocast GmbH & Co. KG, Kiel, (nachfolgend: Regiocast) beteiligt. AS hat keinen gesellschaftsrechtlichen Kontrolleinfluss auf die Regiocast. Zu Regiocast gehören u.a. die Sender Radio Schleswig-Holstein, Radio PSR in Sachsen und RS2 in Berlin. Über die Beteiligungen an Hörfunksendern ist AS auch an der Vermarktungsgesellschaft RMS Radio Marketing Service GmbH & Co. KG, Hamburg, (nachfolgend: RMS) beteiligt. AS ist im Bereich der Produktion von Unterhaltungssendungen und Talkshows für private und öffentlich-rechtliche Fernsehsender über die zur Axel Springer TV Produktions GmbH gehörende Schwartzkopff TV-Produktions GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schwartzkopff TV) tätig. Zu den aktuellen Formaten der Schwartzkopff TV zählen Produktionen für SAT.1, das Zweite Deutsche Fernsehen (Beigeladene zu 7., nachfolgend: ZDF), den MDR sowie die Premiere AG, Unterföhring, (Beigeladene zu 4., nachfolgend: Premiere). Das Online-Angebot von AS umfasst einerseits die Internetauftritte der bestehenden Zeitungs- und Zeitschriftentitel.8 Die Internetseite www.bild-t-online.de wird von der Bild-T-Online.de AG & Co. KG (nachfolgend: BTO) betrieben. BTO ist ein Gemeinschaftsunternehmen der AS mit der T-Online International AG, an dem AS mit 63% und T-Online International AG mit 37% beteiligt ist.9 BTO arbeitet in enger Abstimmung mit der Bild-Redaktion, da sie für die Bild-Zeitung den Onlineauftritt erstellt. Darüber hinaus ist AS auf dem Online-Rubrikenmarkt für Automobile (www.autobild.de) vertreten sowie an Online Rubrikenmärkten für Immobilien (www.immonet.de, B6-78/02), Stellenangebote (www.stepstone.de, B6-107/04) und Internet-Buchportalen (www.buecher.de, www.booxtra.de, B6-51/99) beteiligt. Im Rahmen sonstiger Aktivitäten bietet die 100%-ige Tochtergesellschaft AS Interactive GmbH, Hamburg, Mehrwertdienstleistungen für Mobilfunk, Internet, Fernsehen und Audiotext an. Hierzu gehören Gewinnspiele per Telefon, Short Messages Services (SMS), Abstimmungen per Telefon und SMS, die Produktion von interaktiven TVFormaten sowie die Einbindung von interaktiven Dienstleistungen in Radio- und Fernsehprogramme. Darüber hinaus ist AS mit ihren Beteiligungen an CompuTel und AS Kontakt in Österreich und Polen auf dem Markt für Mehrwertdienste tätig. 8 Vgl. www.bild-t-online.de, www.welt.de, www.abendblatt.de, www.hoerzu.de etc.. 9 Vgl. B6-144/01 – Bild.de/T-Online. 9 Weiter ist AS an Projekten im Bereich elektronische Programmführer (EPG) beteiligt. Seit Januar 2004 wird in Kooperation mit der GIST Communications Europe ein digitaler EPG über Satellit ausgestrahlt, der mit Programminformationen und -empfehlungen aus der Redaktion der HÖRZU gespeist wird. Derzeit kann der EPG nur von DigitalEndkunden, die im Besitz einer Settop-Box sind, empfangen werden. (...) Die 100%-ige Tochtergesellschaft PPS Presse-Programm-Service GmbH stellt die Daten über Programminformationen im deutschsprachigen Raum zusammen und verkauft diese Datensätze. Eine redaktionelle Aufbereitung findet dabei nicht statt. AS betreibt für den Druck ihrer Zeitungen und Zeitschriften eigene Offset- und Tiefdruckereien. Diese sind durch den Druck der eigenen Objekte nicht ausgelastet und werden daher auch für den Druck von Fremderzeugnissen genutzt. Die Außenumsätze im Lohndruckbereich beliefen sich im Geschäftsjahr 2004 auf 144,1 Mio. €. Im Dezember 2004 haben die Bertelsmann AG (Beigeladene zu 3., nachfolgend: Bertelsmann), deren Tochtergesellschaft Gruner + Jahr AG & Co. (nachfolgend: G+J) und AS das Tiefdruck-Gemeinschaftsunternehmen Prinovis Ltd. & Co. KG mit Sitz in Hamburg (nachfolgend: Prinovis) gegründet. Diesen Zusammenschluss hat die Europäische Kommission geprüft und am 3. Mai 2005 freigegeben.10 In dem Gemeinschaftsunternehmen führen die beteiligten Unternehmen ihre Aktivitäten im Bereich des Tiefdrucks in Deutschland und Großbritannien zusammen. AS hat seine beiden Tiefdruckereien in Ahrensburg und Darmstadt auf Prinovis übertragen. Die zu Bertelsmann gehörende arvato AG hat die deutschen Tiefdruckaktivitäten ihrer Tochtergesellschaft maul-belser, Nürnberg, sowie einen im Aufbau befindlichen Druckbetrieb in Liverpool in das Gemeinschaftsunternehmen eingebracht. G+J betreibt zwei Tiefdruckereien in Itzehoe und – über die Tochtergesellschaft DD+V Dresden Druck- und Verlagshaus GmbH – in Dresden, die sie ebenfalls in das Gemeinschaftsunternehmen eingebracht hat. An Prinovis sind Bertelsmann über die Tochtergesellschaft arvato AG und G+J mit je 37,45% sowie AS mit 25,1% beteiligt. Das Gemeinschaftsunternehmen wird von seinen Gesellschaftern gemeinsam kontrolliert. Der Gesamtumsatz der in das Gemeinschaftsunternehmen eingebrachten Druckereien – einschließlich der Umsätze mit den Muttergesellschaften – betrug im Jahr 2004 unter 1 Mrd. €. 10 COMP M.3178 – Bertelsmann/Springer/JV. 10 Der Bereich Logistik/Vertrieb umfasst neben den 100%-igen Tochtergesellschaften ASV Vertriebs GmbH und ZZ-Kurier Gesellschaft für Zeitungs- und Zeitschriftenvertrieb mbH, der 76,9%-igen Beteiligung an der Pressegroßhandelsgesellschaft Buch- und Presse-Großvertrieb Hamburg GmbH & Co. KG sowie der BZV Berliner Zustell- und Vertriebsgesellschaft für Druckerzeugnisse mbH und der WVV WerbevertriebsVerwaltungs- und Beteiligungs GmbH, die von AS, G+J und der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck gemeinsam kontrolliert werden, die Bereiche Logistik, Marktanalyse und die Zusammenarbeit mit den Handelspartnern von AS. An einer Reihe weiterer Pressevertriebsunternehmen hält AS Minderheitsbeteiligungen.11 AS kontrolliert keines dieser Unternehmen. Im Jahr 2004 erwarb AS zusammen mit der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck die Mehrheit an dem Briefzustellunternehmen PIN AG.12 Weitere Geschäftsfelder von AS sind der Einkauf und die Produktion von Bild-, Tonund Textinhalten (über die 100%-ige Tochtergesellschaft AS Content GmbH), das Direktmarketing (über die 100%-ige Tochtergesellschaft ASV Direktmarketing GmbH), Verlags- und Industrieversicherungsdienste sowie Kundenservice. 2. P7S1 P7S1 fungiert als Holdinggesellschaft der Senderfamilie der privaten Fernsehprogramme Sat.1, ProSieben, N24 und Kabel 1 sowie – über die Euvia Media AG & Co. KG, Ismaning, (nachfolgend: Euvia) – des Transaktionssenders Neun Live. P7S1 ist jeweils Alleingesellschafterin der Veranstalter dieser Programme. 75,1% der stimmberechtigten Stammaktien der P7S1 werden von der P7S1 Holding gehalten. Die P7S1 Holding ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der German Media Partners L.P., (nachfolgend: GMP). Die Anteile der GMP werden von Hellmann & Friedman Fonds (18,87%), HSAC Investments L.P. (24,9%) und verschiedenen weiteren Beteiligungsfonds (insgesamt 56,4%) gehalten, von denen keiner mehr als 18,87% der GMP-Geschäftsanteile hält.13 Hinter der HSAC Investments L.P. stehen die Saban Holdinggesellschaften von Herrn Haim Saban und seiner Ehefrau Cheryl Saban (zu- 11 12 13 Vgl. Anlage 11 der Anmeldung. Vgl. B9-139/04 - Vogtländisches Verlagshaus/WVD. Vgl. Anlage 1 der Anmeldung. 11 sammen rund 98%) sowie Herr Adam Chesnoff (rund 2%). Die GMP steht in der alleinigen Kontrolle von Haim Saban. Die weiteren 24,9% der stimmberechtigten Stammaktien werden von der SAT.1 Beteiligungs GmbH gehalten, an der GMP mittelbar über die P7S1 Holding mit einem Anteil von 51,81% beteiligt ist und AS – direkt sowie über die im Alleinbesitz von AS stehende Zwischenholding AKTUELL Presse-Fernsehen GmbH & Co. KG –einen Anteil von insgesamt 48,19% hält. Der Streubesitz an der P7S1 besteht ausschließlich aus nicht stimmberechtigten Vorzugsaktien. P7S1 erzielte im Geschäftsjahr 2004 Gesamtumsätze in Höhe von 1.835 Mio. €, die nahezu vollständig in Deutschland erwirtschaftet wurden. Das Kerngeschäftsfeld von P7S1 ist das werbefinanzierte Fernsehen. In diesem Bereich erwirtschaftete das Unternehmen im Geschäftsjahr 2004 den ganz überwiegenden Teil seines Gesamtumsatzes. P7S1 veranstaltet – jeweils über 100%-ige Tochtergesellschaften – folgende Fernsehprogramme: Sat.1 Sat.1 bietet eine breite Palette an Informations-, Unterhaltungs-, Sport- und Showsendungen. Der Veranstalter, die SAT.1 SatellitenFernsehen GmbH, Berlin, hält Beteiligungen an zwei regionalen Redaktionsdienstleistern, die die rundfunkrechtlich vorgesehenen regionalen Fenster des Sat-1-Programmes (30 Minuten pro Tag) für Norddeutschland und Bayern veranstalten. Getrennte Werbung wird in diesen regionalen Fenstern nicht gesendet. Sat.1 erreicht 99,8% der deutschen Fernsehhaushalte. Sat.1 ist innerhalb der P7S1-Sendergruppe grundsätzlich der Sender für ein großes Publikum, der sich schwerpunktmäßig an Zuschauer im Alter von 25 bis 49 Jahren richtet. Das Programmspektrum besteht aus Sport-Events, Eigen- und Auftragsproduktionen und Comedy-Formaten.14 Zu den eigenen Programmformaten, die von Sat.1 eigenständig entwickelt und danach von konzernfremden Produzenten hergestellt werden, zählen Serien wie „Der Bulle von Tölz“, „Edel und Starck“, „Lenßen und Partner“, „Verliebt in Berlin“, „Der Elefant“, „Mit Herz und Handschellen“, „Eva Blond“ sowie die Filme „Das Wunder von Lengede“, „Der Tunnel“, „Tanz mit dem Teufel“, „Die Nibelungen“ oder der Film „Die Luftbrücke“. 14 Vgl. Geschäftsbericht, S. 36, Anlage 12 der Anmeldung. 12 ProSieben ProSieben ist der profitabelste Sender der Gruppe, der sich schwerpunktmäßig an die 14 bis 49-jährigen Zuschauer richtet. Der Fokus ist auf Unterhaltung durch USBlockbuster und internationale Spielfilme, Serien, junge TV-Movies und ComedyShows gerichtet. Das Programm erreicht 99,7% der deutschen Fernsehhaushalte. Der Veranstalter, die ProSieben Television GmbH, hält keine weiteren Unternehmensbeteiligungen. Kabel 1 Die Zielgruppe des Programms von Kabel 1, das von der Kabel 1 K1 Fernsehen GmbH veranstaltet wird, liegt im Schwerpunkt bei den über 30-Jährigen. Kabel 1 zeigt Spielfilme und Serien der letzten fünf Jahrzehnte (Klassiker). N24 Bei N24 handelt es sich um einem Spartensender mit Schwerpunkt Information, der rund um die Uhr umfassend und aktuell über das nationale und internationale Zeitgeschehen mit dem Schwerpunkt Wirtschaft berichtet. Das Programmangebot besteht aus Nachrichten, Magazinen und Talksendungen sowie Dokumentationen. N24 fungiert daneben auch als Nachrichtendienstleister für die gesamte Sendergruppe. N24 erreicht etwa 80% der deutschen Fernsehhaushalte und wird von der N24 Gesellschaft für Nachrichten und Zeitgeschehen mbH veranstaltet, die keine weiteren Unternehmensbeteiligungen hält. Die Vermarktung von Werbezeiten der Sender Sat.1, ProSieben, Kabel 1 und N24 erfolgt zentral durch die SevenOne Media GmbH (nachfolgend: SevenOne Media), bei der es sich ebenfalls um eine 100%-ige Tochter von P7S1 handelt. Das Kerngeschäft liegt im Verkauf von klassischen TV-Werbespots und Sonderwerbeformen (z.B. Sponsoring) sowie in der Entwicklung von integrierten und konvergenten Werbekonzepten. Das Spektrum der Vermarktung umfasst die gesamte Wertschöpfungskette der P7S1Gruppe vom reichweitenstarken Medium Fernsehen über die dialogorientierten Plattformen wie Online, Teletext und Mobile bis zu Print, Events, Direkt Marketing und Merchandising. 13 Die 100%-ige Tochtergesellschaft SevenOne Intermedia GmbH (nachfolgend: SevenOne Intermedia) betreibt die Teletextangebote der P7S1-Sender und erzielte damit ca. 70% ihrer Umsätze. Darüber hinaus bietet SevenOne Intermedia weitere Mediendienste wie Internet, Mobile Services, Telefonmehrwertdienste und E-CommerceAnwendungen an. SevenOne Intermedia betreibt die Internetseiten ProSieben.de, Sat1.de, kabeleins.de, N24.de, wetter.com sowie oktoberfest.de. Die P7S1-Tochtergesellschaft Euvia ist Veranstalterin des bundesweiten Fernsehprogramms Neun Live. Bei dem Format handelt es sich um sogenanntes Transaktionsfernsehen. Das Programm ist auf interaktive Angebotsformen, wie z.B. Einkaufssendungen (Teleshopping), Gewinnspiele oder Quizshows ausgerichtet. Neun Live ist dadurch weitgehend unabhängig von Werbeeinnahmen.15 Über ihr 100%-iges Tochterunternehmen ProSiebenSat.1 Produktion GmbH (nachfolgend: P7S1 Produktion) ist P7S1 im Bereich audiovisueller Produktionen und verwandter Dienstleistungen tätig. Das Leistungsspektrum der P7S1 Produktion reicht von Studio-, Film- und Video- bis zu Post- und Multimediaproduktionen. P7S1 Produktion produziert Nachrichten-, Magazin- und Quizsendungen sowie Reportagen und Talkshows für die P7S1-Sender und erzielte damit fast ausschließlich Innenumsätze. Darüber hinaus ist P7S1 für die Planung und den Betrieb der IT-Infrastruktur sowie sämtlicher produktions- und sendetechnischer Einrichtungen der P7S1 zuständig. Die Merchandisingaktivitäten von P7S1 sind in der MM MerchandisingMedia GmbH gebündelt, einem 100%-igen Tochterunternehmen der P7S1. Das Unternehmen deckt die komplette Wertschöpfungskette des Merchandising vom Erwerb der Lizenznebenrechte bis zum Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen an Verbraucher und Zuschauer ab. Über Tochterunternehmen ist die P7S1 in weiteren Geschäftsbereichen rund um die Film- und Fernsehproduktion und Veranstaltung tätig. Hierzu zählen u.a. die Bereiche Rechtehandel und Teleshopping. Darüber hinaus entwickelte P7S1 eine Strategie zum Einstig in das Bezahlfernsehen und hat zu diesem Zweck kürzlich bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) Lizenzen für vier Pay-TV-Kanäle beantragt. Diese Bezahlfernsehangebote befinden sich noch in der Entwicklungsphase. 15 Vgl. B6-49/05 – ProSiebenSat.1/Euvia. 14 III. DIE BEIGELADENEN 1. Zeitungsverlag tz München GmbH & Co. KG Die Zeitungsverlag tz München GmbH & Co. KG, München, (Beigeladene zu 1., nachfolgend: tz Verlag) gehört zum Ippen-Konzern und ist im Bereich der Straßenverkaufzeitungen im Großraum München tätig. Sie gibt die werktäglich erscheinende Straßenverkaufzeitung tz heraus. Sie steht auf dem Leser- und Anzeigenmarkt im Großraum München in unmittelbarer Konkurrenz zur Bild-Zeitung (Ausgabe München), die von AS verlegt wird. 2. OMG Organisation der Media-Agenturen im GWA e.V. Der OMG Organisation der Media-Agenturen im GWA e.V., Frankfurt am Main, (Beigeladener zu 2., nachfolgend: OMG) ist ein Berufsverband, der die Interessen seiner Mitglieder, der Media-Agenturen, im Werbemarkt vertritt. Zu seinen Mitgliedern zählen acht16 bzw. neun der zehn größten Media-Agenturen Deutschlands. Media-Agenturen wiederum beraten und unterstützen Unternehmen bei der Planung und Schaltung von Werbung in Presse, Funk und Fernsehen, indem sie deren Werbeprofil ermitteln und die entsprechenden Werbeplätze in verschiedenen Medien einkaufen. Bei der MediaPlanung durch die Media-Agenturen für Werbekunden sind insbesondere die bis zu 100 Zielgruppen zu ermitteln. In der Umsetzung können diese 100 Zielgruppen auf etwa 10 reduziert werden. Für nahezu alle Mediengattungen wird die Zielgruppe „Erwachsene 14 – 49 Jahre“ als Leistungsindikator und –benchmark zur Messung der Durchdringung benutzt. Ziel der Werbekunden ist es, eine bestimmte Durchdringung zu erreichen. Die weitere Aufgabe der Media-Agenturen besteht darin, die optimale Plattform für die zu übermittelnde Werbebotschaft zu ermitteln. Die entscheidenden Parameter sind hierfür die Reichweite und die Wirtschaftlichkeit. Die Kosten für Werbung in Radio und Fernsehen sowie in Printmedien können anhand des sogenannten „Tausender-Kontakt-Preises“ (nachfolgend: TKP) verglichen werden, um die optimale Werbestrategie festzulegen. Auf Basis der Media-Planung werden dann die Werbeplätze in 16 Acht bezogen auf das einkauf-/abwicklungsbetreute Etatvolumen, neun bezogen auf das planerisch/beraterisch betreute Etatvolumen. 15 den verschiedenen Medien eingekauft. 3. Bertelsmann AG Bertelsmann ist über Tochtergesellschaften u.a. in den Geschäftsfeldern des werbefinanzierten Fernsehens, der Herausgabe von Zeitungen und Zeitschriften und im Druckbereich tätig. Über die zu ihr gehörende RTL-Group, Luxemburg, ist Bertelsmann mit den Fernsehsendern RTL, Super RTL, VOX und n-tv im deutschen Privatfernsehen präsent. Bertelsmann ist außerdem mit 35,9% an der RTL II Fernsehen GmbH & Co. KG (nachfolgend: RTL II) beteiligt und damit deren größter Gesellschafter. Weitere Gesellschafter mit je 31,5% sind die Kommanditgesellschaft Heinrich Bauer Verlag, Hamburg, (nachfolgend: Bauer) sowie die Tele-München Fernseh-GmbH & Co. Medienbeteiligungs KG, München. Die Werbezeiten der Sender RTL, Super RTL, VOX und n-tv werden von der IP Deutschland GmbH vermarktet, die zur RTL-Group gehört. Bis Ende 2003 wurden auch die Fernsehwerbezeiten des Senders RTL II von der IP Deutschland GmbH vermarktet. Seit 2004 wird die Fernsehwerbezeit von der El Cartel Media GmbH & Co. KG, Grünwald, (nachfolgend: El Cartel), einer 100%-igen Tochter der RTL II, vermarktet. Zu Bertelsmann gehören weiter das Unternehmen G+J, das eine Vielzahl von Zeitschriften, unter anderem den STERN herausgibt, und – über G+J – der Spiegel Verlag, Hamburg, der den SPIEGEL herausgibt, und den G+J gemeinsam mit der Spiegel-Mitarbeiter KG kontrolliert. Weiter ist Bertelsmann über G+J, gemeinsam mit AS, an dem Tiefdruckunternehmen Prinovis beteiligt (s.o.). 4. Premiere AG Premiere betreibt eine Pay-TV Plattform in Deutschland. Premiere erzielt den größten Teil ihrer Umsätze aus Abonnentenentgelten. Daneben ist sie auch in gewissem Umfang in der Vermarktung für Fernsehwerbung tätig. 5. Georg von Holtzbrinck GmbH & Co. KG Die Georg von Holtzbrinck GmbH & Co. KG, Stuttgart, (Beigeladene zu 5., nachfolgend: Holtzbrinck) ist insbesondere in den Bereichen Buchverlage, Verlag von Abonnement-Tageszeitungen, politische Wochenzeitungen, Anzeigenblätter, Druckerzeugnisse und Fernsehproduktionen tätig. Unter anderem verlegt Holtzbrinck die überregio- 16 nale Abonnement-Wirtschaftstageszeitung Handelsblatt sowie die politische Wochenzeitung Die Zeit. Zu den von Holtzbrinck verlegten regionalen AbonnementTageszeitungen zählen unter anderem die Saarbrücker Zeitung sowie der Trierische Volksfreund, Der Tagesspiegel in Berlin und die Lausitzer Rundschau in Cottbus. Darüber hinaus gibt sie seit Mai 2004 in Cottbus und seit März 2005 im Saarland die Straßenverkaufszeitung 20 cent heraus sowie seit September 2004 in Frankfurt die Zeitung News im Tabloid-Format. Zum Holtzbrinck-Konzern gehört das Unternehmen GWP media marketing, das als Vermarktungsorganisation zur Verlagsgruppe Handelsblatt gehört. GWP bietet kombinierte crossmediale Vermarktungsmöglichkeiten in Printpublikationen und elektronischen Medien an. Zum Portfolio von GWP gehören im Printbereich vor allem Titel des Holtzbrinck-Konzerns und im Fernsehbereich Bloomberg Television17, Lufthansa Inflight Entertainment18 und der Discovery Channel.19 6. M. DuMont Schauberg Expedition der Kölnischen Zeitung GmbH & Co. KG M. DuMont Schauberg Expedition der Kölnischen Zeitung GmbH & Co. KG, Köln, (Beigeladene zu 6., nachfolgend: MDS) gibt im Raum Köln/Bonn die AbonnementTageszeitungen Kölner-Stadt-Anzeiger und Kölnische Rundschau sowie die Straßenverkaufszeitung Express heraus. Darüber hinaus gibt MDS über Tochter- bzw. Partnerunternehmen die regionale Abonnement-Tageszeitung Mitteldeutsche Zeitung in Sachsen-Anhalt heraus. 7. ZDF Zweites Deutsches Fernsehen Das ZDF veranstaltet das bundesweite Fernsehvollprogramm ZDF und nimmt darüber hinaus die Programmaufgaben wahr, die ihm durch den ZDF-Staatsvertrag und den Rundfunkstaatsvertrag zugewiesen sind. Das ZDF ist eine Anstalt öffentlichen Rechts 17 Bloomberg TV ist ein werbefinanziertes Nachrichten- und Informationsprogramm, dessen Schwerpunkte auf Wirtschafts- und Finanzthemen liegen. Am 1. August 1997 erhielt die Bloomberg L.P. von der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk die Genehmigung ihr deutschsprachiges Programm bundesweit auszustrahlen. 18 Das Bordunterhaltungsprogramm Lufthansa Inflight Entertainment wird auf Interkontinental-Flügen der Lufthansa gezeigt. 19 Der Discovery Channel ist ein Dokumentationskanal, der in Deutschland über die digitale Plattform Premiere zu empfangen ist und derzeit über etwa 2 Millionen Abonnenten in Deutschland verfügt. 17 und wird überwiegend aus Rundfunkgebühren sowie teilweise aus Werbung, Sponsoring sowie sonstigen Einnahmen finanziert. IV. VERFAHREN Im Vorfeld der Anmeldung haben bereits Gespräche mit den Zusammenschlussbeteiligten beim Bundeskartellamt stattgefunden: am 10. März 2005 mit Vertretern von AS, (...), am 14. April 2005 mit dem Vertreter von P7S1, (...) und schließlich mit dem Vorstandsvorsitzenden von AS, Herrn Dr. Döpfner, am 31. Mai 2005. In allen Gesprächen wiesen die Vertreter der Beschlussabteilung darauf hin, dass bei dem geplanten Zusammenschluss Bedenken bestehen könnten im Hinblick auf die Verstärkung eines bereits bestehenden wettbewerbslosen Duopols zwischen Bertelsmann und P7S1 auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt, insbesondere wegen Verflechtungen sowie im Hinblick auf crossmediale Effekte, die zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der Bild-Zeitung auf dem Lesermarkt führen könnten. Mit Schreiben vom 13. September 2005 wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderinnen mitgeteilt, dass die Vollständigkeit der Anmeldung mit Eingang des Schreibens am 25. August 2005 als bewirkt angesehen wurde und dass die Beschlussabteilung in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) nach § 40 Abs. 1 GWB eingetreten ist. Die Beschlussabteilung hat zur Ermittlung der Marktstrukturen auf den relevanten Märkten Marktteilnehmer befragt. Mit Beschluss vom 21. September 2005 hat die Beschlussabteilung beigeladen: tz Verlag, OMG, Bertelsmann, Premiere, Holtzbrinck und MDS. Die Beiladungsanträge der Kabel Deutschland GmbH, Unterföhring, und der iesy Repository GmbH, Hamburg, hat die Beschlussabteilung zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 11. Oktober 2005 hat die Beschlussabteilung das ZDF beigeladen. Den Beiladungsantrag der ARD Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschland, München, (nachfolgend: ARD) hat die Beschlussabteilung zurückgewiesen. ARD 18 hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt, die vom OLG Düsseldorf zurückgewiesen wurde.20 Mit Beschluss vom 4. November 2005 hat die Beschlussabteilung den Beiladungsantrag der Hubert Burda Media Holding GmbH & Co. KG, München, zurückgewiesen. Sämtliche Verfahrensbeteiligte haben Akteneinsicht beantragt und erhalten. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2005 hat der Verfahrensbevollmächtigte von Holtzbrinck Stellung zum Verfahren genommen. Holtzbrinck trägt insbesondere vor, AS habe durch ihre marktbeherrschende bzw. überragende Marktstellung auf zahlreichen Zeitungs- und Anzeigenmärkten und ihre zumindest starke Marktstellung auf anderen Medien- und Werbemärkten eine einzigartige Marktstellung in Deutschland. P7S1 sei Marktführer auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt dicht gefolgt von Bertelsmann, während die übrigen Wettbewerber eine deutlich untergeordnete Rolle spielten. Das bereits bestehende Oligopol von Bertelsmann und P7S1 würde – aufgrund der Möglichkeit der Vermarktung crossmedialer Werbeangebote – noch symmetrischer, was zu einer weiteren Stabilisierung der kollektiven Marktbeherrschung führen würde. Ebenfalls zur Verstärkung des bestehenden Oligopols würde die Verminderung des derzeit bestehenden Substitutionswettbewerbs zwischen dem Fernsehwerbemarkt und dem bundesweiten Anzeigenmarkt führen. Mit Schreiben vom 1. November 2005 hat der Verfahrensbevollmächtigte des OMG Stellung zum Verfahren genommen. OMG trägt insbesondere vor, der Zusammenschluss führe zur Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt der Fernsehwerbung sowie zur Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der BildZeitung bei tagesaktueller Printwerbung mit hoher Reichweite. Die meisten Printmedien in Deutschland böten nur ganz eingeschränkt die Möglichkeit, bei Werbekampagnen mit breiter Publikumsansprache im Vergleich zur Fernsehwerbung kosteneffizient zu sein. Die große Ausnahme bilde die Werbung in der Bild-Zeitung, die in ihrer Reichweite von täglich über 12 Mio. Lesern über 14 Jahren und hinsichtlich der TKP durchaus mit Fernsehwerbung vergleichbar sei. Die Media-Planung schlage immer häufiger gemischte Kampagnen („Mixmediakampagnen“) oder sich gegenseitig verstärkende Kampagnen („crossmediale Kampagnen“) vor. Um die erforderliche Reichweite der Zielgruppenansprache zu erreichen, sei bei bundesweiten Kampagnen die 20 Beschluss des OLG Düsseldorf vom 21. Dezember 2005 (VI Kart 17/05 (V)). 19 Schaltung von Werbung in Sendern beider Sendergruppen erforderlich. Ein Ausspielen der einen Sendergruppe gegen die andere Sendergruppe bei Konditionen für Fernsehwerbung sei bereits heute nicht möglich. Konditionendruck könne nur durch ein Ausweichen auf andere, bundesweit ähnliche Reichweiten versprechende Werbemethoden erreicht werden, wie eben die Werbung in der Bild-Zeitung. Der Zusammenschluss würde diesen Wettbewerbsdruck auf die Sender der P7S1 beseitigen. Mit Schreiben vom 4. November 2005 hat das ZDF Stellung zum Verfahren genommen. Das ZDF trägt insbesondere vor, auf die in der Anmeldung angeführten unterschiedlichen Zielgruppen komme es nicht an. Die werberelevante Zielgruppe seien 14 bis 49-jährige Erwachsene. Die Oligopolvermutung des GWB sei verwirklicht. P7S1 und Bertelsmann forderten annähernd gleich hohe Werbepreise und gewährten annähernd gleiche Rabatte. Das bereits bestehende wettbewerbslose Oligopol würde durch die parallele Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle, die angeglichene Finanzkraft, Synergie-Effekte sowie durch den Zusammenschluss entstehende Verflechtungen verstärkt. Im Rahmen des Verfahrens hat die Beschlussabteilung folgende Gespräche geführt: am 2. November 2005 mit Herrn Horst Röper (Formatt Institut), am 4. November 2005 mit Vertretern von Bertelsmann und zahlreiche mit Vertretern der Anmelderinnen. Die Anmelderinnen haben mit mehreren Schriftsätzen Unterlagen nachgereicht bzw. Stellung genommen. Mit Schreiben vom 17. November 2005 ist den Verfahrensbeteiligten und den betroffenen Landeskartellbehörden Bayern und Berlin unter Darlegung der Gründe mitgeteilt worden, dass die Beschlussabteilung beabsichtigt, das Zusammenschlussvorhaben zu untersagen. Den Verfahrensbeteiligten und den Landeskartellbehörden ist diesbezüglich eine Frist zur Stellungnahme bis zum 8. Dezember 2005 eingeräumt worden. Die Landeskartellbehörden haben keine Stellungnahme abgegeben. Von den Verfahrensbeteiligten haben die Anmelderinnen sowie Bertelsmann jeweils mit Schreiben vom 8. Dezember 2005 nebst Anlagen Stellung genommen. Bertelsmann wendet sich insbesondere dagegen, dass ein wettbewerbsloses Oligopol zwischen ihr und P7S1 bestehe, das durch den Zusammenschluss gestärkt werde. Zum Beleg des bestehenden Wettbewerbs nennt Bertelsmann eine Reihe von Beispie- 20 len. Weiter benennet Bertelsmann die aus ihrer Sicht bestehenden Cross-PromotionsMöglichkeiten die sich den Anmelderinnen nach dem Zusammenschluss böten. Die Anmelderinnen haben ausführlich Stellung zur Abmahnung genommen und sich gegen die dort vorgenommene rechtliche Bewertung gewandt. Unter anderem haben die Anmelderinnen ein Rechtsgutachten mit dem Titel „Beurteilungskriterien und Beweisanforderungen für marktübergreifende Wirkungen konglomerater Zusammenschlüsse unter besonderer Berücksichtigung des Medienbereichs“ vorgelegt. Die ARD hat mit Schreiben vom 30. November 2005 Stellung genommen. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 haben die Anmelderinnen um eine Verlängerung der Verfahrensfrist bis zum 20. Januar 2006 ersucht, um Gelegenheit zu erhalten, zu der durch die geplante Einrichtung eines Medienbeirats für den Sender Sat.1 eintretenden Veränderung des zugrunde liegenden Sachverhalts Stellung nehmen sowie weitere Abhilfemaßnahmen vorschlagen zu können. Die Beschlussabteilung hat der Fristverlängerung am 19. Dezember 2005 zugestimmt und dies sämtlichen Verfahrensbeteiligten mitgeteilt. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 haben die Anmelderinnen die Beschlussabteilung über die von den Landesmedienanstalten angeregte Aufnahme von Auflagen in die Rundfunklizenzen der Sender von P7S1 unterrichtet, die aus ihrer Sicht maßgebliche Bedeutung für die fusionskontrollrechtliche Beurteilung des Zusammenschlusses haben. Mit Schreiben vom 4. Januar 2006 hat AS weitere Auflagenvorschläge – insbesondere die Veräußerung von Geschäftsbereichen und Beteiligungen – angeboten, auf die Lizenzauflagen, die bereits Gegenstand des Schreibens vom 22. Dezember 2005 waren, hingewiesen und zum Stand des Verfahrens bei der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) vorgetragen. Holtzbrinck hat mit Schreiben vom 5. und 9. Januar 2006 Stellung zur Abmahnung und zu den Schreiben der Anmelderinnen vom 22. Dezember 2005 und 4. Januar 2006 genommen. OMG hat mit Schreiben vom 11. Januar 2006 Stellung zu den Schreiben der Anmelderinnen vom 8. Dezember 2005 und 4. Januar 2006 genommen. Unter Bezugnahme auf das Schreiben der Anmelderinnen vom 22. Dezember 2005, das neben dem Bundeskartellamt auch den Landesmedienanstalten (LMA) in Bayern, Berlin/Brandenburg und Rheinland-Pfalz zugesandt wurde, hat die Beschlussabteilung am 5. Januar 2006 mit dem Direktor der LMA (Rheinland-Pfalz), Herrn Helmes, sowie 21 mit Herrn Dr. Platho (BLM), dem Direktor der mabb (Berlin/Brandenburg), Herrn Dr. Hege, sowie dem Geschäftsführer der BLM (Bayern), Herrn Gebrande, telefoniert. Mit Schreiben vom 10. Januar 2006 hat Herr Dr. Hege schriftlich Stellung genommen. Mit Schreiben vom 6. Januar 2006 ist den Verfahrensbeteiligten und den betroffenen Landeskartellbehörden Bayern und Berlin unter Darlegung der Gründe mitgeteilt worden, dass die Beschlussabteilung auch nach dem Angebot der Abhilfemaßnahmen beabsichtigt, das Zusammenschlussvorhaben zu untersagen. Den Verfahrensbeteiligten und den Landeskartellbehörden ist diesbezüglich eine Frist zur Stellungnahme bis zum 12. Januar 2006, 12:00 Uhr, eingeräumt worden. Am 10. Januar 2006 hat die KEK das Entstehen vorherrschender Meinungsmacht durch den geplanten Zusammenschluss festgestellt, die sie nicht als unbedenklich im Sinne des RStV bestätigt hat. Ebenfalls am 10. Januar 2006 haben die Anmelderinnen in einem Schreiben die Möglichkeit erörtert, den Sender ProSieben zu veräußern. In einem Gespräch am 11. Januar 2006 hat die Beschlussabteilung den Zusammenschlussbeteiligten mitgeteilt, sie erwäge eine Freigabe nur unter der aufschiebenden Bedingung, dass die ProSieben Television GmbH (einschließlich des Senders ProSieben) vor Erwerb der P7S1 an einen unabhängigen Erwerber veräußert und der Sender ProSieben vor Vollzug des Zusammenschlussvorhabens aus der Vermarktung durch die SevenOne Media GmbH ausgegliedert ist. Daraufhin haben die Zusammenschlussbeteiligten den Vorschlag ins Verfahren eingeführt. Mit Schreiben vom 12. Januar 2006 hat Bertelsmann Stellung zum Schreiben der Beschlussabteilung vom 11. Januar 2006 genommen. Mit Schreiben vom 16. Januar 2006 hat Rechtsanwalt (...) für AS die Rücknahme des Veräußerungsvorschlags vom 11. Januar 2006sowie das Einverständnis der Zusammenschlussbeteiligten mit einer Fristverlängerung bis zum 27. Januar 2006 erklärt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verfahrensakten nebst Anlagen Bezug genommen. 22 V. FORMELLE UNTERSAGUNGSVORAUSSETZUNGEN Das Zusammenschlussvorhaben unterliegt den Vorschriften der Fusionskontrolle gemäß §§ 35 ff. GWB. Das Vorhaben erfüllt die Zusammenschlusstatbestände des Anteilserwerbs gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 a) GWB und des Kontrollerwerbs gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB. Das Bundeskartellamt ist gemäß § 35 Abs. 3 GWB zuständig. Die an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen haben – auch ohne Berücksichtigung von § 38 Abs. 3 GWB – insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Mio. € erzielt (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 GWB) und mindestens ein beteiligtes Unternehmen hat mehr als 25 Mio. € im Inland erzielt (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 GWB). Die De-Minimis-Klausel (§ 35 Abs. 2 Nr. 1 GWB) ist nicht erfüllt. Von dem Zusammenschluss sind nicht ausschließlich Bagatellmärkte betroffen (§ 35 Abs. 2 Nr. 2 GWB). Die Aufgreifschwellen der Verordnung (EG) 139/2004 (FKVO) werden hingegen nicht erreicht. Die beteiligten Unternehmen erzielten im Geschäftsjahr 2004 keinen weltweiten Gesamtumsatz von mehr als 5 Mrd. € (Art. 1 Abs. 2 a) Verordnung (EG) Nr. 139/2004). Darüber hinaus erzielten sowohl AS als auch P7S1 jeweils mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in Deutschland (Art. 1 Abs. 3 2. Halbsatz Verordnung (EG) Nr. 139/2004). VI. MATERIELLE UNTERSAGUNGSVORAUSSETZUNGEN Da die Zusammenschlusskontrolle die Verhinderung der Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen bezweckt, erfordert sie eine marktbezogene Betrachtung, d.h. die Feststellung und Abgrenzung der betroffenen sachlich-gegenständlich, räumlichen und ggf. zeitlichen relevanten Märkte. Nach ständiger Rechtsprechung sind sämtliche Güter, die sich nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahe stehen, dass der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet und miteinander austauschbar ansieht, in einen Markt einzubeziehen.21 Neben der Austauschbarkeit aus Sicht der 21 Vgl. z.B. WuW/E BGH 2433, 2436 f. - Gruner+Jahr/Zeit II; WuW/E BGH 2150, 2153 - Edelstahlbestecke. 23 Marktgegenseite sind nach ständiger Praxis außerdem die Möglichkeiten der Anbieter zu berücksichtigen, ihr Angebot auf andere Waren oder Leistungen umzustellen. Durch den Zusammenschluss zwischen AS ’Deutschlands größtem Zeitungsverlag’, der ’auch international zu den führenden Medienunternehmen’ zählt, und P7S1, dem ’führenden deutschen TV-Unternehmen’,22 kommt es zwar nicht zu Marktanteilsadditionen. Der Zusammenschluss führt aber aufgrund marktübergreifender Effekte zu einer Verstärkung einer kollektiven Marktbeherrschung auf dem Fernsehwerbemarkt (1.) sowie zur Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von AS auf dem bundesweiten Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen (2.) und auf dem bundesweiten Anzeigenmarkt für Tageszeitungen (3.) Für die übrigen Märkte, auf denen AS als Anbieter tätig ist, liegen die Untersagungsvoraussetzungen nach § 36 Abs. 1 GWB nicht vor (4.) 1. Fernsehveranstaltung Fernsehsender veranstalten Fernsehprogramme und strahlen diese aus. Dabei ist zu unterscheiden zwischen für den Zuschauer frei empfangbaren Fernsehprogrammen (Free-TV) und Fernsehprogrammen, für die der Zuschauer im Wege eines Abonnements oder pro Sendung bezahlt (Pay-TV). Private Veranstalter im frei empfangbaren Fernsehen, wie die Sender der P7S1-Gruppe, finanzieren sich weit überwiegend durch während des Programms in Blöcken ausgestrahlte Fernsehwerbung. Ein Fernsehzuschauermarkt besteht nur bei Pay-TV. Im frei empfangbaren Fernsehen fehlt es wegen des fehlenden Entgelts an einer für den Leistungsaustausch im Marktprozess wesentlichen Voraussetzung. Gleichwohl hat die Anzahl der Zuschauer einen wesentlichen Einfluss auf den Fernsehwerbemarkt. Den Zuschaueranteilen der Fernsehsender – sowohl im Free-TV als auch im Pay-TV – kommt für die Stellung auf dem Fernsehwerbemarkt eine wichtige Bedeutung zu. Die Zuschaueranteile haben einen gewissen Einfluss auf die Anteile am Fernsehwerbemarkt. Dieser Zusammenhang besteht nicht in diesem Maße für die öffentlich rechtlichen Anbieter (ARD und ZDF), da diesen wegen ihrer Finanzierung durch Gebühren zeitliche Beschränkungen bei der 22 Vgl. jeweils Internet-Auftritt, www.axelspringer.de und www.prosiebensat1.com. 24 Ausstrahlung von Werbung auferlegt sind. 1.1. Zuschaueranteile Die Zuschaueranteile der Sender bzw. Sendergruppen stellen sich wie folgt dar: Sender ProSieben SAT.1 Kabel 1 N24 9Live P7S1 gesamt RTL Super RTL n-tv VOX Bertelsmann gesamt RTL II Bertelsmann+RTL II ARD (einschl. Dritte) ZDF öff.-recht. Gesamt Premiere DSF MTV MTV 2POP VIVA VIVAplus GESAMT (einschl. weitere Sender) Zuschaueranteil 2004 7% 10% 4% unter 1% unter 1% 22% 14% 3% unter 1% 4% 21% 5% 27% 28% 14% 42% 2% 1% unter 1% unter 1% unter 1% unter 1% 100% Tabelle 1 (Quelle. 8. Jahresbericht der KEK, Anteile gerundet) 25 1.2. Fernsehwerbemarkt Der Zusammenschluss führt zur Verstärkung der kollektiven marktbeherrschenden Stellung der P7S1, die diese gemeinsam mit Bertelsmann auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt hat. 1.2.1 Marktabgrenzung Sachlich betroffen ist der Fernsehwerbemarkt. Der Markt umfasst die Bereitstellung von Werbezeiten der Veranstalter von Fernsehprogrammen an Dritte.23 Anbieter auf diesem Markt sind die Veranstalter werbefinanzierter Free-TV Fernsehprogramme und – soweit sie Werbezeiten anbieten – Pay-TV-Sender bzw. deren Vermarktungsgesellschaften. Der Free-TV-Markt setzt sich zusammen aus dem werbefinanzierten privaten Fernsehen einerseits und dem aus Gebühren und Werbeeinnahmen finanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen andererseits. Pay-TV-Sender finanzieren sich größtenteils aus den Entgelten, die ihre Abonnenten zu entrichten haben, bieten darüber hinaus allerdings auch in geringem Umfang Werbezeiten an und sind insoweit in den Fernsehwerbemarkt einzubeziehen. Der Markt bildet gegenüber den Märkten der Hörfunkwerbung sowie den Print- und Online-Anzeigenmärkten einen eigenen sachlich relevanten Markt. Nachfrager auf diesem Markt ist die werbetreibende Industrie, die sich ganz überwiegend von MediaAgenturen betreuen lässt, die für sie die Werbebuchungen bei den Fernsehsendern bzw. deren Vermarktungsgesellschaften vornehmen. Räumlich wird der Fernsehwerbemarkt entsprechend den Werbebelegungsmöglichkeiten abgegrenzt. Zu unterscheiden sind dabei der bundesweite Fernsehwerbemarkt und regionale Fernsehwerbemärkte. Im Hinblick auf unterschiedliche nationale Rechtsvorschriften, bestehende Sprachbarrieren und kulturelle Besonderheiten geht die Beschlussabteilung grundsätzlich von einem nationalen Markt aus. Von dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt abzugrenzen sind lokale Fernsehsender („Ballungsraumfernsehen“), da diese sich auf Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte beschränken und 23 Vgl. BKartA in WuW DE-V 53 - Premiere. 26 nicht bundesweit empfangbar sind. Sie erzielen den ganz überwiegenden Teil ihrer Werbeeinnahmen mit in den Ballungsräumen ansässigen Werbekunden. 1.2.2 Marktstruktur In den von dem Zusammenschlussvorhaben betroffenen bundesweiten Fernsehwerbemarkt sind sämtliche bundesweit empfangbaren Fernsehsender einzubeziehen, soweit sie sich über Fernsehwerbung finanzieren. Dazu zählen neben den Sendern von P7S1 (ProSieben, Sat.1, Kabel 1, N24) insbesondere die von der RTL-Tochter IP Media vermarkteten Sender der RTL-Familie (RTL, VOX, Super RTL, n-tv) sowie die öffentlich-rechtlichen Sender (ARD, ZDF). Daneben gibt es eine Vielzahl von werbefinanzierten Sendern,24 die jedoch insgesamt weniger als 5% der Werbeeinnahmen auf sich vereinigen. RTL II, deren größte Gesellschafter Unternehmen der Bertelsmann Gruppe sind, wurde bis 2004 von IP Media vermarktet. Seit 2004 vermarktet RTL II die Werbezeiten über die eigene Tochter El Cartel. Die Einnahmen aus Fernsehwerbung stellen sich nach den Ermittlungen der Beschlussabteilung wie folgt dar: Sender ProSieben SAT.1 Kabel 1 N24 9Live P7S1 gesamt RTL Super RTL n-tv VOX Bertelsmann gesamt RTL II Bertelsmann+RTL II Premiere DSF MTV MTV 2POP 24 2004 (Umsätze in Mio. €) 500-1.000 500-1.000 unter 500 unter 50 unter 10 über 1.500 über 1.000,00 unter 100 unter 50 unter 500 unter 1.500 unter 500 über 1.500 10-15 unter 100 unter 50 10-15 Marktanteil ca. 20% ca. 20% 5-10% unter 1% unter 1% ca. 44% ca. 30% unter 5% unter 5% unter 10% unter 40% unter 10% ca. 44% unter 1% unter 5% unter 5% unter 1% Vgl. Achter Jahresbericht der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich, S. 68 ff.. 27 VIVA VIVAplus ARD ZDF GESAMT unter 50 unter 10 100-300 100-300 3.659 unter 1% unter 1% ca. 5% ca. 4% 100% Tabelle 2 Das Gesamtvolumen der Netto-Fernsehwerbeumsätze beträgt nach ZAW, Werbung in Deutschland 2004 3,86 Mrd. €.25 Dies bestätigt das Ermittlungsergebnis der Beschlussabteilung, wonach die o.g. Sender auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt im Jahr 2004 etwa 3,66 Mrd. € umgesetzt haben. Ebenso stimmen die ermittelten Marktanteile mit den auf S. 34 der Anmeldung genannten überein. Über einen Zeitraum vom Jahr 2000 bis 2004 haben sich die Werbeeinnahmen der Sender wie folgt entwickelt: Sender Netto Umsätze Werbefernsehen 2000 2001 2002 in Mio. € Anteil in Mio. € Anteil in Mio. € Anteil 2004 in Mio. € Anteil ARD ZDF öff.- rechtl. 199,77 178,78 378,55 4% 4% 8% 166,73 147,77 314,50 4% 3% 7% 136,71 116,10 252,81 4% 3% 6% 141,04 111,23 252,27 4% 3% 7% 182,17 111,58 293,75 5% 3% 8% Pro Sieben SAT.1 Kabel 1 N24 882,49 982,19 227,01 19% 21% 5% 875,00 858,00 219,00 20% 19% 5% 786,00 795,00 198,00 20% 20% 5% 700,80 777,30 193,70 18,60 18% 20% 5% 1% 725,00 778,00 193,00 24,00 19% 20% 5% 1% SevenOneMedia/ P7S1 2091,69 44% 1952,00 44% 1779,00 45% 1690,40 44% 1720,00 45% RTL RTL II Super RTL VOX n-tv 1345,70 293,90 92,70 190,00 93,94 29% 6% 2% 4% 2% 1274,50 255,10 91,10 198,30 56,33 29% 6% 2% 4% 1% 1180,50 214,30 86,60 216,70 39,50 30% 5% 2% 6% 1% 1152,40 223,20 91,70 230,40 26,50 30% 6% 2% 6% 1% 1118,00 29% 98,50 224,80 32,80 3% 6% 1% IP/RTL-Gruppe 2016,24 43% 1875,33 42% 1737,60 44% 1724,20 45% 1474,10 38% 4% 209,53 163,00 5% 4% El Cartel/RTLII Sonst. 25 2003 in Mio. € Anteil 229,66 5% 327,20 Vgl. Anlage 15 der Anmeldung. 7% 187,00 5% 144,40 28 GESAMT 4716,14 4469,03 3956,41 3811,27 3860,38 Veränderung 2000 zu 2004 absolut relativ -855,76 Mio. € -18,10 % Quelle für die Zahlen: ZAW Werbung in Deutschland 2004, S. 278 Media Perspektiven 6/05, S. 263 Tabelle 3 Die Entwicklung der Netto-TKP (17 bis 23 Uhr) von P7S1 und der RTL-Gruppe von 2000 bis 2005 stellt sich wie folgt dar: 28,00 26,00 24,00 TKP 30 sec. in € Sat.1 Pro7 22,00 Kabel 1 20,00 SOM D 18,00 RTL VOX Super RTL 16,00 IP D RTL II 14,00 12,00 10,00 Jahr 2000-2005 Tabelle 4 Die Netto-TKP der beiden Sendergruppen haben sich – mit Ausnahme von RTL II – weitgehend gleichmäßig entwickelt. Die durchschnittlichen TKP bezogen auf die beiden Vermarkter SevenOneMedia (22,12 bis 24,41) und IP Deutschland ohne RTL II 29 (21,27 bis 22,85) liegen nah beieinander. Bei der Preisentwicklung ist zudem zu berücksichtigen, dass seit dem Jahr 2003 die digitale Fernsehnutzung, den einzelnen Sendern zugerechnet wird (vorher „Rest“). Hierdurch kam es zu einem durchschnittlichen Reichweiten-Zuwachs von ca. 6% (sprich: bei gleichem Preis, hätte der TKP sich um 6% vergünstigen müssen. Dies ist nicht geschehen.). 1.2.3 Wettbewerbliche Beurteilung 1.2.3.1 Wettbewerbliche Situation vor dem Zusammenschluss Bereits vor dem Zusammenschluss verfügen P7S1 und die zu Bertelsmann gehörende RTL-Sendergruppe auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt über eine gemeinsame marktbeherrschende Stellung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB. Für die Beurteilung kollektiver Marktbeherrschung ergibt sich aus § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB eine mehrstufige Prüfung. So ist zunächst zu prüfen, ob der relevante Markt Wettbewerbsbedingungen aufweist, welche eine Gesamtheit von Unternehmen von Wettbewerbshandlungen absehen lässt und wettbewerbsbeschränkendes Parallelverhalten begünstigt (Binnenwettbewerb). Des Weiteren ist zu analysieren, ob neben der betreffenden Unternehmensgesamtheit weitere Unternehmen auf dem Markt tätig sind und ob zwischen diesen Außenseitern und der Gesamtheit kein wesentlicher Wettbewerb mehr besteht bzw. die Gesamtheit eine überragende Marktstellung gegenüber den Außenseitern besitzt (Außenwettbewerb). Eng verknüpft mit der Prüfung der Wettbewerbsbedingungen ist schließlich das tatsächliche Wettbewerbsgeschehen. Sofern aufgrund des Parametereinsatzes die maßgeblichen Funktionen des Wettbewerbs nicht (mehr) erfüllt werden, spricht dies für fehlenden wesentlichen Wettbewerb innerhalb der Unternehmensgesamtheit und für deren unkontrollierbaren Verhaltensspielraum gegenüber Außenseitern. Zwei oder mehr Unternehmen gelten gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB als marktbeherrschend, soweit zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht. Nach § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GWB wird vermutet, dass eine Gesamtheit von drei oder weniger Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn sie zusammen einen Marktanteil von 50 vom Hundert erreicht, es sei denn, die Unternehmen weisen nach, dass die Wettbewerbsbedingungen zwi- 30 schen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen oder sie keine überragende Marktstellung innehaben. Marktanteilswerte, die der Oligopolvermutung gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 GWB entsprechen, kennzeichnen enge Oligopole, bei denen ein wettbewerbsbeschränkendes Parallelverhalten der Unternehmen wahrscheinlich ist. Ebenso deuten weitgehend stabile Marktanteile oder Marktanteilsabstände auf ein wettbewerbsloses Oligopol hin. Der bundesweite Fernsehwerbemarkt ist bereits heute ein hoch konzentrierter Markt, und das Wettbewerbspotenzial ist durch weitere Faktoren eingeschränkt. P7S1 verfügt mit den Sendern ProSieben, Sat.1, Kabel 1 und N24 – gemessen an den Nettowerbeumsätzen einschließlich Sponsoring – über einen Marktanteil von über 40%. Der Fernsehwerbevermarkter von Bertelsmann, IP Media, mit den Sendern RTL, Super RLT, VOX und n-tv kommt – seit RTL II nicht mehr von IP Media vermarktet wird – auf einen Anteil von knapp unter 40%.26 Die nachfolgenden Wettbewerber – einschließlich der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF – kommen demgegenüber auf Marktanteile von jeweils unter 5%. Vorliegend weist der relevante Markt Marktbedingungen auf, welche eine Gesamtheit von Unternehmen von Wettbewerbshandlungen absehen lässt und wettbewerbsbeschränkendes Parallelverhalten begünstigt (fehlender Binnenwettbewerb). Neben den betreffenden Unternehmenseinheiten sind auf dem relevanten Markt keine Wettbewerber tätig, mit denen wesentlicher Wettbewerb besteht (fehlender Außenwettbewerb). 1.2.3.1.1 Fehlender Binnenwettbewerb Zwischen P7S1 und Bertelsmann findet kein Binnenwettbewerb statt. Zusammen verfügen P7S1 und Bertelsmann über einen Marktanteil von ca. 80% und überschreiten damit die Vermutungsgrenze deutlich. Beide haben bereits seit Jahren etwa gleich hohe Marktanteile. Auch die tatsächlichen Strukturen des hiervon betroffenen bundesweiten Fernsehwerbemarkts lassen Binnenwettbewerb zwischen P7S1 und Bertelsmann nicht erwarten. Sie bestätigen vielmehr, dass auf dem Fernsehwerbemarkt ein marktbeherrschendes Duopol im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 GWB besteht. 26 Vgl. Tabelle 2. 31 Das Fehlen wesentlichen Wettbewerbs im Innenverhältnis ist umso wahrscheinlicher, je weniger Unternehmen dem Oligopol angehören und je höher deren Marktanteil und je geringer die Zahl der Außenseiter ist. Gleichförmiges Verhalten ist auch eher zu erwarten, wenn das Oligopol hinsichtlich unternehmensbezogener Strukturmerkmale ausgeglichener bzw. symmetrischer ist. Eine langfristige Angleichung der Marktanteile deutet, anders als kurzfristige Schwankungen des Marktanteils, auf eine Annäherung der Interessen und fehlenden Wettbewerb hin.27 Dies ist vorliegend der Fall: Das Oligopol besteht lediglich aus zwei Unternehmen, die mit jeweils etwa 40% einen konstant hohen Marktanteil auf sich vereinigen und im Außenverhältnis einer geringen Anzahl von Wettbewerbern, mit Marktanteilen von weniger als 1% bis maximal 6% Marktanteil, gegenüber stehen. Die Marktstellung der Duopolmitglieder ist seit Jahren durch stabile, annähernd gleich hohe Marktanteile gekennzeichnet. Annähernd gleich hohe Marktanteile und Umsätze lassen auf ein starkes Interesse an wettbewerbsbeschränkendem Parallelverhalten schließen. Denn aggressives Wettbewerbsverhalten wirkt sich unter der Bedingung des Gleichgewichts der Kräfte unmittelbar und erheblich auf die Marktstellung des Rivalen im Duopol aus und setzt die Gewinne der Duopolmitglieder aufs Spiel, ohne dass sich der Absatz dadurch wesentlich erhöht. Stillschweigendes Parallelverhalten dagegen vermeidet diese Nachteile und erlaubt bei symmetrischen Oligopolen eine Gewinnmaximierung für alle Beteiligten. Trotz rückläufiger Entwicklung des Marktes sind die Marktanteile der Duopolmitglieder in den vergangenen vier Jahren unverändert geblieben. Die Ausgaben der werbenden Wirtschaft für Fernsehwerbung sind insgesamt um ca. 18% gesunken, während gleichzeitig die Marktanteilsverteilung zwischen den Duopolmitgliedern nahezu unverändert blieb. Bei wesentlichem Wettbewerb hätte eine solche Situation zu wettbewerblichen Reaktionen geführt, die sich in Schwankungen der Marktanteile niedergeschlagen hätten. Konstante Marktanteile über mehrere Jahre hinweg sprechen bei einer derartigen Marktentwicklung gegen wesentlichen Wettbewerb im Binnenverhältnis. Sinkende Werbepreise bzw. die Gewährung höherer Rabatte sprechen vor dem Hintergrund des gesunkenen Marktvolumens nicht gegen diese Einschätzung. Das Zurverfügungstellen von Fernsehwerbezeit erfordert keine Investitionen seitens der Fernseh27 Ruppelt in Langen/Bunte, Kommentar zum Deutschen und Europäischen Kartellrecht, 9. Auflage 2000, § 19 Rn. 61. 32 sender. Die Investition erfolgt bereits durch die Konzeption bzw. Produktion oder den Einkauf des Programms. Die Sender sind daher bestrebt, die medienrechtlich zulässige Werbezeit auszufüllen. Um dies bei sinkendem Marktvolumen zu erreichen, müssen die Duopolmitglieder – wie im Übrigen auch ein Monopolist dies machen müsste - die Preise senken bzw. die Rabatte erhöhen, um das Gleichgewicht im Duopol zu erhalten. Dies ist eine Anpassung an das sinkende Marktvolumen im gesamtwirtschaftlichen Umfeld, und nicht eine Reaktion auf gegenseitige Wettbewerbsvorstöße oder ein Zeichen von Binnenwettbewerb. Der bundesweite Fernsehwerbemarkt ist darüber hinaus durch eine hohe Transparenz bei den Werbepreisen und den Kosten gekennzeichnet. Die Preislisten für Fernsehwerbezeiten enthalten detaillierte Preistabellen für 30Sekunden-Spots, aufgegliedert in Uhrzeit und Monate sowie Mengenrabattstaffeln.28 Die Media-Agenturen verfügen als Nachfrager nach Fernsehwerbezeiten über Aufstellungen der für Werbekunden relevanten TKP der einzelnen Sender.29 Verschiedene Verbände (z.B. ZAW Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft e.V.) veröffentlichen regelmäßig und zeitnah die Netto-Werbeeinnahmen von Werbeträgern, darunter auch diejenigen der Fernsehsender. Bei der Vermarktung von Fernsehwerbezeit handelt es sich um ein ausgereiftes Produkt, bei dem es den Kunden insbesondere auf den TKP ankommt. P7S1 und Bertelsmann haben vergleichbare Vertriebs- und Kostenstrukturen. Beide vermarkten ihre Fernsehwerbezeiten über Tochtergesellschaften. Die Kosten für die Vermarktung bestehen im Wesentlichen in den Personalkosten der Vermarktungstöchter von P7S1( SevenOne Media) und RTL (IP Deutschland). Es kann davon ausgegangen werden, dass beide Vermarktungstöchter über vergleichbare Kostenstrukturen verfügen. Durch die bestehende Transparenz bei Preisen und Kosten wird das wettbewerbsbeschränkende Parallelverhalten begünstigt. Denn auf transparenten Märkten ist das Verhalten der Wettbewerber gut vorhersehbar. Diese Transparenz erleichtert die stillschweigende Koordination der Angebotspolitiken der Duopolmitglieder. Deshalb trifft die Einschätzung der Anmelderinnen nicht zu, die behauptete Vergrößerung der Brutto-Netto-Schere belege den bestehenden Wettbewerb zwischen den Un28 Vgl. z.B. Preisliste RTL. Vgl. die von OMG mit E-Mail v. 29. November 2005 vorgelegten Aufstellungen. 29 33 ternehmen. Der Rückgang der Werbeeinnahmen beruht auf der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und kann auch von dem Oligopol nicht reaktionslos hingenommen werden. Die Marktanteilsverteilung zwischen P7S1 und Bertelsmann ist unabhängig von tendenziell sinkenden Werbeeinnahmen völlig stabil, was für eine strukturelle Absicherung der Marktanteile spricht. Die Entwicklung der Netto-Fernsehwerbeerlöse seit dem Jahr 2000 bei den P7S1-Sendern ProSieben und Sat.1 sowie beim umsatzstärksten Bertelsmann-Sender RTL verlief weitgehend parallel.30 Da die Zuschaueranteile der Sendergruppen in 2004 mit 22% (P7S1) bzw. 21% (RTLGruppe ohne RTL II) gleich verteilt waren,31 lässt dies darauf schließen, dass die Netto-TKP, auf die es den Werbekunden ausschlaggebend ankommt, ebenfalls annähernd gleich hoch waren. Dem steht nicht entgegen, dass die Sender die absoluten Preise im Umfeld einzelner Sendungen – abhängig von der Zuschaueranteilsentwicklung – erhöhen oder absenken, da dies lediglich eine Anpassung des TKP bedeutet. Nach einer Auswertung der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung32 sind seit dem Jahr 2000 die TKP für 30-Sekunden-Spots im Fernsehen insgesamt von 10,35 Cent auf 9,52 Cent gesunken. Dies entspricht einem Rückgang um etwa 8%. Die Netto-TKP der beiden Sendergruppen haben sich in den letzten Jahren weitgehend gleichmäßig entwickelt.33 Auch die von Bertelsmann34 vorgelegte Gegenüberstellung des Netto-Faktors, der das Verhältnis der Brutto-Preise zu den Netto-Preisen wiedergibt, zeigt, dass sich die TKP etwa bei den umsatzstärksten Sendern RTL und Sat.1 seit 1995 bis 2004 weitgehend gleichförmig entwickelt haben. Dem steht nicht entgegen, dass die Sendergruppen mit einzelnen Nachfragern über die Werbepreise verhandeln, um nicht Anteile an andere Anbieter zu verlieren. Für eine parallele Verhaltensweise von P7S1 und Bertelsmann spricht weiter, dass die TKP der Sender RTL, Sat.1 und ProSieben im Jahr 2004 in der Zeit von 17:00 bis 20:00 Uhr, also in der Zeit, in der auch die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF Werbung senden dürfen, bei etwa 19 € lagen. Die Zuschaueranteile (Erwachsene 14 bis 49 Jahre) in dieser Zeit liegen bei RTL bei 12,4%, bei Sat.1 bei 10% und bei ProSieben bei 8,7%. In der Zeit von 20:00 bis 23:00 Uhr lagen die entsprechenden TKP 30 Vgl. Tabelle 3. Vgl. Tabelle 1. 32 Vgl. www.agf.de. 33 Vgl. Tabelle 4 und Anlage 4 zum Schreiben von Bertelsmann v. 8. Dezember 2005. 34 Anlage 1 zum Schreiben von Bertelsmann v. 8. Dezember 2005. 31 34 zwischen 25,7 und 27 € während sich gleichzeitig die Zuschaueranteile nicht wesentlich erhöht bzw. sogar abgesenkt haben.35 Dies lässt darauf schließen, dass der Wettbewerbdruck, den ARD und ZDF aufgrund ihrer Zuschaueranteile in der Zeit bis 20:00 Uhr auf Bertelsmann und P7S1 ausüben, nach 20:00 Uhr entfällt und dass dann kein Wettbewerbsdruck, ausgehend von anderen Sendern, mehr besteht. Das Bestreben, den erreichten Marktanteil stabil zu halten, wird auch dadurch belegt, dass Rabatte dann nicht gesenkt werden, wenn die Budgetkürzungen von Werbekunden nicht zu einer Änderung der Anteile führen.36 Die Oligopolmitglieder sind bestrebt das Gleichgewicht zwischen ihnen beizubehalten. Bereits heute fordern P7S1 und Bertelsmann annähernd gleich hohe Werbepreise und gewährten annähernd gleiche Rabatte. So führt etwa Bertelsmann37 aus, ein Werbekunde, der mit dem Großteil seines Budgets bislang bei ihren Sendern war, sei mit einem großen Teil des Budgets zu P7S1 abgewandert. Allerdings habe Bertelsmann nicht versucht, den Kunden – etwa durch eine höhere Rabattgewährung – zu halten oder zurückzugewinnen, da dies den Gewinn schmälern würde. Dieses Beispiel belegt das Bewusstsein der Duopolmitglieder, dass jeder Vorstoß des einen eine Reaktion des anderen hervorruft und dass dies zu Lasten der jeweiligen Gewinnmarge geht. Ein solches Verhalten allein erklärt – anders als die Schilderung gegenteiliger Einzelfälle38 – unter den gegebenen Marktbedingungen die dargelegte Marktanteils- und TKPEntwicklung im Duopol. Ein weiteres Indiz für ein bereits bestehendes wettbewerbsloses Duopol ist das einheitlichen Vorgehen des RTL-Vermarkters IP Deutschland und des P7S1-Vermarkters SevenOne Media bei der Preisgestaltung. So kündigten beide Vermarkter für 2006 an, die Preise für die „Daytime“ und die Sender der „Zweiten Liga“ zu erhöhen während die Preise in der „Primetime“ stabil bleiben sollen.39 Etwas anderes belegen auch nicht die von den Anmelderinnen vorgelegten Veröffentlichungen über Preisankündigungen der Fernsehwerbezeitenvermarkter.40 Bei der Änderung der absoluten Preise im Umfeld einzelner Sendungen handelt es sich um eine Anpassung der TKP an die jeweilige 35 Vgl. Schreiben der 8a. 36 Vgl. Schreiben von 37 Angabe im Gespräch 38 Vgl. Schreiben der weils v. 8. Dezember 39 Werben & verkaufen 40 Vgl. Anlage 63 zum ARD v. 30. November 2005, S. 12 f. und Anlage ARD Bertelsmann v. 8. Dezember 2005, S. 16 ff.. mit Vertretern vor Bertelsmann. Anmelderinnen und Schreiben von Bertelsmann je2005. Nr. 31/2005, S. 7; FTD v. 9.8.2005. Schreiben der Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005. 35 Zuschauerentwicklung. Die Meldung von w&v online vom 13.10.2005 belegt etwa, dass die beiden Vermarkter SevenOneMedia und IP Deutschland für Januar 2006 mit niedrigen TKP werben. Des Weiteren sind die Duopolmitglieder bereits heute – bezogen auf den Fernsehwerbemarkt und benachbarte Märkte – in einer Reihe von Bereichen parallel aufgestellt. So verfügen beide mit N24 (P7S1) und n-tv (Bertelsmann) über einen Nachrichtensender, der die anderen Sender der Gruppe mit Nachrichten beliefert. Beide haben mit SevenOneMedia (P7S1) und IP Deutschland (Bertelsmann) eigene Werbezeitenvermarkter und eigene Produktionsgesellschaften für Eigenproduktionen für ihre Sender. Weiter sind P7S1 und Bertelsmann gemeinsam an der Verwertungsgesellschaft vg media beteiligt, die sie gemeinsam beherrschen. Die Duopolmitglieder sind keiner wesentlichen Nachfragemacht ausgesetzt. Zwar befinden sich auf der Marktgegenseite insbesondere fünf Mediaagenturen die eine Vielzahl von Werbekunden vertreten. Allerdings sind daneben diejenigen Werbekunden zu berücksichtigen, die die Werbung für ihre Produkte nicht von Mediaagenturen einkaufen lassen, sondern selbst Vertragspartner der Vermarkter sind (sogenannte Key Accounts). Hinzu kommt, dass selbst marktmächtige Nachfrager auf die Duopolmitglieder, die über 80% Marktanteil auf sich vereinen, als Anbieter von Fernsehwerbezeit angewiesen sind. So führt auch die Europäische Kommission in ihrer Freigabeentscheidung vom 24. Januar 200541 aus, der Konzentrationsgrad auf Seiten der Fernsehwerbeanbieter sei noch höher als auf Seiten der Mediaagenturen nach dem Zusammenschluss von WPP und Grey. Die Europäische Kommission hält es zudem für unwahrscheinlich, dass die beiden großen Fernsehsender RTL und Sat.1 die Praxis der Gewährung agenturspezifischer Rabatte nicht begrenzen können, wenn sie dies wollen, und auf diese Weise die Marktmacht der Mediaagenturen beschränken.42 Im Ergebnis hängen nicht nur die werbungsvermarktenden Medien bis zu einem gewissen Grade von WPP/Grey ab, sondern die Mediaagenturen hängen in ähnlicher Weise von den größten Medienunternehmen ab.43 41 42 43 COMP/M.3579-Wpp/Grey, Rn. 84 ff.. COMP/M.3579-Wpp/Grey, Rn. 87 . COMP/M.3579-Wpp/Grey, Rn. 89. 36 Der Fernsehwerbemarkt hat darüber hinaus hohe Marktzutrittsschranken. Die bereits bestehende hohe Konzentration bewirkt eine Abschottung. Hinzu kommt die Knappheit der Sendelizenzen, insbesondere im Bereich der analogen Verbreitung. Vor diesem Hintergrund ist die hohe Reaktionsverbundenheit im Hinblick auf die seit einigen Jahren bestehende Blockade der beiden Senderfamilien gegen die Einführung der Digitalisierung zu erwähnen, die Platz für neue Sender schaffen würde.44 Beide Sendergruppen sehen in der Digitalisierung – und damit der Möglichkeit, dass sich neue Sender im Markt etablieren und bestimmte Marktanteile auf dem Fernsehwerbemarkt erreichen – das größte und unabwägbarste Risiko für ihre Aktivitäten auf den Fernsehwerbemärkten und nicht etwa im Wettbewerb mit der jeweils anderen Sendergruppe. 1.2.3.1.2 Fehlender Außenwettbewerb Das Oligopol ist keinem Außenwettbewerb ausgesetzt. Für den Außenwettbewerb sind im Hinblick auf die Wettbewerbsbedingungen insbesondere Marktanteils- und Ressourcenvorsprünge, aber auch Verflechtungen bzw. wirtschaftliche Abhängigkeiten zwischen den Oligopolisten und den Außenseitern von Bedeutung.45 Im Außenverhältnis sind P7S1 und Bertelsmann auf dem Fernsehwerbemarkt keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt. Die beiden Sendergruppen vereinen ca. 80% des Fernsehwerbemarktes auf sich. RTL II hat als nächstfolgender Wettbewerber einen Anteil von gut 5%. Dieser Anteil ist insoweit für die wettbewerbliche Beurteilung zu relativieren, als dieser Sender medienrechtlich zur RTL-Gruppe gehört und mit Bertelsmann als größtem Gesellschafter verflochten ist. Unabhängig davon schließt aber bereits die Höhe des Marktanteils aus, dass von RTL II wesentlicher Wettbewerb auf das Duopol ausgehen kann. Die übrigen Wettbewerber, einschließlich ARD und ZDF, folgen mit Anteilen von jeweils unter 5%. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben zudem aufgrund rundfunkrechtlicher Restrikti- 44 FTD v. 9.8.2005. Bundeskartellamt WuW/E DE-V 53, 61 - Premiere; Bundeskartellamt, Beschluss v. 03.07.2000 - RWE/VEW, BA, S. 55 f., S 61 ff. 45 37 onen nicht die Möglichkeit, ihre Aktivitäten auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt und damit ihre Marktanteile auszuweiten. Aus diesem Grund spiegelt auch ihr Anteil bei den Zuschauern46 nicht ihren Anteil am Fernsehwerbemarkt wider. Eine Erhöhung des Zuschaueranteils der öffentlich-rechtlichen Sender vermag nicht zu einer entsprechenden Erhöhung deren Marktanteile auf dem Fernsehwerbemarkt führen. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind allenfalls zwischen 17 und 20 Uhr, in der sie Werbung ausstrahlen dürfen, in der Lage, in Wettbewerb mit dem Duopol zu treten. Dieses Fenster reicht nicht aus, um die Marktstellung des Duopols anzugreifen. Auch unter Einbeziehung der Erlöse der öffentlich-rechtlichen Sender aus Sponsoring, die nicht der Werbezeitenbeschränkung unterliegen, ist angesichts des langfristig niedrigen Marktanteils nicht mit einer Erhöhung zu rechnen. Im Übrigen geht auch die Europäische Kommission47 davon aus, dass der Verhaltensspielraum der privaten Sender auf dem Fernsehwerbemarkt durch die öffentlichrechtlichen Sender nur begrenzt kontrolliert wird. Weitere Sender sind mit Marktanteilen von unter 1% als Wettbewerber nahezu bedeutungslos. Neu in den Markt eintretende Fernsehsender haben als Außenwettbewerber gegenüber dem Duopol bislang keine wesentliche Bedeutung erlangt. Auch der Markteintritt eines neuen Senders – Das Vierte – des US-amerikanischen Medienunternehmens NBC Universal Global Networks steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Wie die Anmeldung selbst ausführt, handelt es sich dabei um einen „Abspielkanal für HollywoodProduktionen“. Das Programm des Senders Das Vierte besteht aus einer Reihe von Shopping-Sendungen, älteren US-amerikanischen Serien und Spielfilmen. Es gibt praktisch keine Eigenproduktionen. Das Programm von Das Vierte ist vormittags nur über Satellit empfangbar.48 Außerdem ist das Programm nicht sehr kostenintensiv. Bei Das Vierte handelt es sich um einen Verwertungskanal für die Produkte von NBC, der sehr kostengünstig betrieben wird. So verfügt der Sender über keine teuren Redaktionen.49 Der Markteinstieg ist damit weitaus weniger kostenintensiv und damit risikoreich als für einen Sender mit vielen Eigenproduktionen. Hinzu kommt, dass die Bedeutung von Das Vierte auf dem Fernsehwerbemarkt im Prognosezeitraum gering bleiben dürf46 Vgl. Tabelle 2. COMP M.993 Bertelsmann/Kirch/Premiere, Entscheidung v. 27. Mai 1998, Rn. 97. 48 Vgl. www.das-vierte.de 49 Vgl. Anlage 27 der Anmeldung. 47 38 te. Angesichts des Programms zielt der Sendet vielmehr vorrangig darauf ab, über seine Shopping-Sendungen Einnahmen zu erzielen. Eine Gesamtwürdigung der strukturellen Wettbewerbsbedingungen sowie des tatsächlichen Wettbewerbsverhaltens auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt belegt, dass kein wesentlicher Wettbewerb unter den Duopolmitgliedern (Binnenwettbewerb) und gegenüber den Duopolmitgliedern (Außenwettbewerb) besteht. 1.2.3.2 Wettbewerbliche Situation nach dem Zusammenschluss Das bestehende Oligopol wird durch den geplanten Zusammenschluss weiter verstärkt. Dies ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung der Situation nach dem Zusammenschluss. Die Verstärkungswirkung ergibt sich aus der Verengung des bestehenden Oligopols durch eine weitere Angleichung der markt- und unternehmensbezogenen Strukturmerkmale.50 Je mehr sich die markt- und unternehmensbezogenen Strukturmerkmale der einem Oligopol zuzurechnenden Unternehmen gleichen, desto eher kann es zu wettbewerbsbeschränkendem Parallelverhalten kommen.51 Ein symmetrisches Oligopol mit geringen Marktanteilsabständen der Unternehmen untereinander, vergleichbaren Ressourcen und einem ähnlich guten Zugang zu Beschaffungs- oder Absatzmärkten neigt zur Wettbewerbslosigkeit, weil wettbewerbliche Vorstöße für alle Unternehmen gleich spürbar, wegen der Transparenz leicht erkennbar und aufgrund ähnlicher Vergeltungspotenziale wenig erfolgversprechend sind.52 Der geplante Zusammenschluss mit AS führt zu einer Reihe von weiteren Interessenkongruenzen zwischen P7S1 und Bertelsmann. Die Konzerne werden hinsichtlich ihrer Geschäftsfelder symmetrischer. Neben den Fernsehsendern verfügen beide Konzerne insbesondere über eine Vielzahl von Zeitungen und Zeitschriften und sind dort in einigen Special-Interest Bereichen, etwa bei Motor-, Eltern-, Wirtschafts- und Finanzzeitschriften, weitgehend parallel aufgestellt. Mit der WELT bzw. der Financial Times Deutschland verfügt sowohl AS als auch Bertelsmann über eine überregionale Tages- 50 WuW/E OLG 3051, 3081 – Morris-Rothmans. Grundlegend KG WuW/E OLG 3080 - Morris-Rothmans; vgl. auch www.bundeskartellamt.de, Auslegungsgrundsätze, S. 49 f.. 52 Europäische Kommission, Entscheidung v. 18.10.1995, COMP M. 580, ABl. EG 1997, Nr. L 11/1, 17. "ABB/Daimler Benz“ 51 39 zeitung. Diese Verstärkung der Symmetrie setzt nicht voraus, dass beide Duopolmitglieder in den parallelen Bereichen jeweils gleichstark aufgestellt sind. Weiter halten beide Konzerne Hörfunkbeteiligungen und sind darüber hinaus auch beide an der RMS beteiligt, die für Hörfunksender insbesondere nationale Hörfunkwerbung vermarktet. AS oder Bertelsmann sind an 10 der 16 Hörfunksender, die Gesellschafter der RMS sind, beteiligt. Diese strukturelle Angleichung erhöht die Anzahl der Felder, auf denen die Duopolmitglieder über Vergeltungspotenzial gegenüber dem jeweils anderen verfügen. Das Vergeltungspotenzial beschränkt sich nach dem Zusammenschluss nicht mehr allein auf den bundesweiten Fernsehwerbemarkt sondern erstreckt sich auch auf diejenigen Märkte, auf denen beide Unternehmensgruppen im Übrigen tätig sind. Dies erhöht zudem die Abschreckung potenzieller Wettbewerber auf dem Fernsehwerbemarkt, die bereits jetzt auf einem der Märkte tätig sind, dem auch die Duopolmitglieder angehören. Denn potenzielle Wettbewerber müssen nach dem Zusammenschluss auch auf diesem Markt mit Vergeltung im Falle von Wettbewerbsvorstößen auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt rechnen. Der Zusammenschluss führt darüber hinaus zu einer weiteren Angleichung der unternehmensbezogenen Strukturmerkmale beider Konglomerate. Durch die Angleichung der Unternehmensstrukturen erhalten die Anmelderinnen Möglichkeiten für crossmediale Werbekampagnen. Die Möglichkeit, solche Kampagnen „aus einer Hand“ durchzuführen, hat gegenwärtig nur Bertelsmann. Über ihre Vermarktungstochter IP Interactive wirbt Bertelsmann für crossmediale Werbung. Auf ihrer Homepage53 wirbt IP interactive damit, dass eine aktuelle Studie die Werbewirkung von crossmedial angelegten Kampagnen bestätigt. Nach dem Zusammenschluss hätten beide Duopolmitglieder als einzige Medienunternehmen die Möglichkeit, derartige Kampagnen „aus einer Hand“ anzubieten. Durch den Zusammenschluss entfällt zudem auch die bislang bestehende Randsubstitution auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt durch die Bild-Zeitung. Die BildZeitung stellt gegenwärtig für Werbetreibende die alleinige Ausweichmöglichkeit - außerhalb des relevanten Marktes - hinsichtlich der Fernsehwerbung bei Bertelsmann und P7S1 dar. Es besteht in gewissen Umfang eine Randsubstitution. Schließt sich AS mit P7S1 zusammen, entfällt diese Randsubstitution. P7S1 und Bertelsmann müssten 53 Vgl. www.ip-newmedia.de 40 dann bei der Preisgestaltung für Fernsehwerbung keine Rücksicht mehr auf die Preisgestaltung für Anzeigen in der Bild-Zeitung nehmen, was zu einer Stärkung des Duopols führt. Der Wegfall der Randsubstitution kann nicht auf P7S1 begrenzt werden. Dies sind Wirkungen, die den Wettbewerb auf dem Fernsehwerbemarkt insgesamt betreffen und damit dem Duopol insgesamt zugute kommen. Deshalb ist auch nicht zu erwarten, dass die Bild-Zeitung zu einer Asymmetrie innerhalb des Duopols führt, die das Parallelverhalten beeinträchtigt und damit zu Binnenwettbewerb führen könnte. Der Wegfall der Randsubstitution liegt im Interesse beider Duopolmitglieder. Wegen weiterer Ausführungen wird auf Punkt 3.3.2 verwiesen. Für ein wettbewerbsbeschränkendes Parallelverhalten der Oligopolisten auf dem relevanten Markt können auch Verflechtungen durch Gemeinschaftsunternehmen auf Drittmärkten sprechen.54 Durch den geplanten Zusammenschluss kommt es zu einer Reihe von Verflechtungen zwischen AS/P7S1 und Bertelsmann, die ihre gemeinsame Interessenlage vertiefen, so dass die Wahrscheinlichkeit wettbewerbsbeschränkenden Parallelverhaltens weiter erhöht wird. Diese Verflechtungen betreffen gemeinsame Minderheitsbeteiligungen von Bertelsmann und AS an mehreren privaten Hörfunksendern (Radio Hamburg und Antenne Bayern) und Pressevertriebsunternehmen (Leipzig, Dresden, Mitteldeutschland, Magdeburg, Mecklenburg West, Halle und Pfalz). Auch bei Minderheitsbeteiligungen partizipieren AS und Bertelsmann an den Gewinnen und haben insoweit ein gemeinsames unternehmerisches Interesse. Weiter sind AS und Bertelsmann an dem Tiefdruckunternehmen Prinovis beteiligt, das sie gemeinsam kontrollieren. Der Umsatz dieses Gemeinschaftsunternehmens ist aufgrund der gemeinsamen Kontrolle sowohl AS als auch Bertelsmann wettbewerbsrechtlich jeweils in voller Höhe zuzurechnen. Bezogen auf Bertelsmann entspricht der Umsatz im Geschäftsjahr 2004 einem Anteil von über 5% am Gesamtumsatz, bezogen auf die Umsätze von AS und P7S1 entspricht der Umsatz von Prinovis einem Anteil zwischen 20 und 30%. Allerdings ist den Unternehmen zugute zu halten, dass sich das wirtschaftliche Interesse auf den ihnen zustehenden Anteil beschränkt. Bezogen auf AS entspricht dies jedoch noch immer über 5% am Gesamtumsatz. Das Gemeinschaftsunternehmen hat – auch im Hinblick auf den Marktanteil auf dem europaweiten Tiefdruckmarkt von etwa 25% – eine so herausragende Stellung, dass wesentlicher 54 WuW/E BKartA, 2669, 2675 f. – Lindner Licht GmbH; BKartA WuW DE-V 9, 15 – Ostfleisch. 41 Wettbewerb zwischen Bertelsmann und AS/P7S1 zu Lasten ihrer gemeinsamen Investitionen nicht zu erwarten ist. Angesichts der Bedeutung von Prinovis ist es zudem wirtschaftlich sinnvoll, auch auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt von gegenseitigem wesentlichen Wettbewerb abzusehen und stattdessen weiterhin gemeinsam den Wettbewerb (potenzieller) Dritter abzuwehren. Es ist jedenfalls nicht zu erwarten, dass die Duopolmitglieder gegeneinander in wesentlichen Wettbewerb zu Lasten ihrer gemeinsamen Investitionen in den vorgenannten Unternehmen treten werden. Eine weitere Angleichung der Duopolmitglieder erfolgt bezüglich der Finanzressourcen. Zwar sind die Finanzressourcen von Bertelsmann – gemessen an den Umsatzerlösen – international erheblich höher als die von AS und P7S1 zusammen. Jedoch erfolgt durch den geplanten Zusammenschluss eine Annäherung der Ressourcenstärke von AS/P7S1 an die von Bertelsmann. Vergleicht man allein die Inlandumsätze von AS/P7S1 und Bertelsmann, so liegen diese mit ca. 4 Mrd. € bzw. 5 Mrd. €55 in der selben Größenordnung. Hinzu kommt, dass die bereits vor dem Zusammenschluss bestehenden Marktzutrittsschranken weiter erhöht würden, da der Fernsehwerbemarkt von zwei Unternehmen dominiert würde, die in der oben geschilderten Vielzahl von Medien – und damit auf benachbarten Märkten wie den bundesweiten Anzeigenmärkten – tätig sind. Eine Gesamtwürdigung der dargelegten Auswirkungen des Zusammenschlusses auf das bestehende Duopol ergibt, dass dieses weiter gefestigt und damit verstärkt wird. 2. Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen Der Zusammenschluss führt zur Verstärkung der überragenden Marktstellung von AS auf dem bundesweiten Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen. 2.1 Marktabgrenzung Straßenverkaufszeitungen bilden einen von Abonnement-Tageszeitungen abzugrenzenden eigenen sachlichen Markt. Sowohl von regionalen als auch von überregionalen 55 Vgl. Geschäftsbericht von Bertelsmann, S. 11. 42 Abonnement-Tageszeitungen unterscheiden sie sich in Breite und Tiefe der Berichterstattung, Art der Darstellung sowie Nachrichten- und Berichtsschwerpunkten.56 Räumlich betroffen sind die Märkte, die durch die wesentlichen Verbreitungsgebiete (Kernverbreitungsgebiete) der Straßenverkaufszeitungen der AS gebildet werden. 2.2 Marktstruktur Obwohl die Bild-Zeitung in 23 Regionen Deutschlands als Regionalausgabe erscheint, ist der Markt dennoch bundesweit abzugrenzen. Denn die Bild-Zeitung erscheint mit einem überwiegend überregionalen Teil im gesamten Deutschland. Neben dem bundesweiten Markt für Straßenverkaufszeitungen, auf dem die bundesweite Ausgabe der Bild-Zeitung vertrieben wird, bestehen regionale Märkte, auf denen die Regionalausgaben der Bild-Zeitung sowie der B.Z. erscheinen.57 Auf dem Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen ergibt sich folgendes Bild: Zeitung verk. Aufl. (ivw 2/05) Bild 3.761.497 BZ 209.403 AS Gesamt 3.970.900 Abendzeitung 162.712 tz München 156.381 Berliner Kurier 129.478 Express Köln/Bonn 187.045 Express Düsseldorf 55.195 Hamburger MoPo 110.630 MoPo für Sachsen 101.572 Gesamt 4.873.913 Anteil 77% 4% 81% 3% 3% 3% 4% 1% 2% 2% 100% Tabelle 5 2.3 Wettbewerbliche Beurteilung 2.3.1 Wettbewerbliche Situation vor dem Zusammenschluss Auf dem bundesweit abgegrenzten Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen ist die Bild-Zeitung bei jeder Betrachtung marktbeherrschend. Geht man davon aus, dass die 56 Vgl. st. Rspr., z. B. WuW/E BGH 1854, 1857 - Zeitungsmarkt München und WuW/E BGH 2425, 2428 - Niederrheinische Anzeigenblätter. 57 Vgl. WuW/E BGH 1854, 1856 ff. - Zeitungsmarkt München. 43 Bild-Zeitung die einzige national verbreitete Straßenverkaufszeitung ist, beträgt der Marktanteil 100%. Bezieht man sämtliche – nur regional verbreitete – Straßenverkaufszeitungen in den Markt mit ein, so erreicht die Bild-Zeitung einen Marktanteil von ca. 80%.58 Dem steht im Hinblick auf die bundesweite Verbreitung der Bild-Zeitung nicht entgegen, dass sie bei einer regionalen Betrachtung in den Regionen Köln (über 30%), München (über 30%) und Dresden (unter 50%) nicht den höchsten Marktanteil innehat. AS geht selbst davon aus, auf dem Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen marktbeherrschend zu sein. So gibt sie den Marktanteil bei Straßenverkaufszeitungen mit 82% an.59 Die überragende Marktstellung von der Bild-Zeitung, ’Europas größte Tageszeitung’, 60 - dem Flaggschiff des Konzerns - die seit über 50 Jahren besteht, ist aufgrund ihrer Marktgeltung und Marktdurchdringung sowie der Ressourcen von AS, dauerhaft und unangreifbar. Eine weitere Absicherung erfährt die Marktstellung durch die ’multimediale Erweiterung’ der Bild-Zeitung, lt. dem ’Informations- und Entertainmentportal Bild.TOnline’, das im Jahre 2004 ’seine Position als führendes General-Interest-Portal weiter ausgebaut hat’.61 2.3.2 Wettbewerbliche Situation nach dem Zusammenschluss Zwar kommt es auf dem bundesweiten Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen durch den geplanten Zusammenschluss nicht zu einer Marktanteilsaddition. Allerdings sind marktübergreifende Effekte in die Beurteilung der Situation mit einzubeziehen, die zu einer Stärkung der bereits bestehenden marktbeherrschenden Stellung der BildZeitung auf dem Lesermarkt führen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind im Rahmen einer Gesamtschau zu bewerten. Danach müssen alle Aspekte, die zu einer Verstärkung der bereits bestehenden hochgradigen marktbeherrschenden Stellung auf dem Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen führen können, berücksichtigt werden. 2.3.2.1 Grundsätzliche Beurteilung konglomerater Zusammenschlüsse 58 59 60 61 Vgl. Vgl. Vgl. www. Tabelle 5. Anlage 47 der Anmeldung, S. 10. www.axelspringer.de. axelspringer.de 44 Vorliegend kommt es zwar in den jeweiligen Kerngeschäftsfeldern der Zusammenschlussbeteiligten, nämlich dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt, auf dem P7S1 tätig ist, und auf den relevanten Leser- und Anzeigenmärkten, auf denen AS tätig ist, zu keinen Marktanteilsadditionen. Dies führt jedoch nicht dazu, dass konglomerate Zusammenschlüsse grundsätzlich nicht untersagt werden können. Sowohl auf europäischer als auch auf deutscher Ebene gibt es Fälle, in denen die Problematik konglomerater Zusammenschlüsse eine Rolle spielte. So hat der BGH die Untersagung des Erwerbs des Donau-Kurier durch den Süddeutschen Verlag bestätigt.62 In der Entscheidung führt der BGH aus, die Wettbewerbsposition eines Unternehmens kann durch den Zusammenschluss mit einem finanzstarken anderen Unternehmen, insbesondere, wenn dies in demselben wirtschaftlichen Bereich tätig ist, in der Weise verstärkt werden, dass potenzielle Wettbewerber entmutigt werden.63 Eine marktbeherrschende Stellung würde nicht nur dann verstärkt, wenn durch den Zusammenschluss neue Marktanteile hinzugewonnen werden, sondern auch dann, wenn die Fähigkeit zur Abwehr des nachstoßenden Wettbewerbs durch Minderung des von Wettbewerbern zu erwartenden Wettbewerbsdrucks verstärkt oder auch nur erhalten oder gesichert wird.64 Die EG-Kommission hat in ihrer Entscheidung vom 27. Mai 199865 ausgeführt, dass obwohl es sich bei Pay-TV und Free-TV um zwei unterschiedliche Märkte handele, gleichwohl zwischen diesen Märkten eine Wechselbeziehung bestehe. Je vielfältiger und attraktiver das Programmangebot der freien Sender ist, desto geringer ist der Anreiz der Zuschauer, zusätzlich Pay-TV zu abonnieren. Auch die von den Anmelderinnen zitierte Entscheidung des EuGH vom 15. Februar 200566 schließt nicht die Untersagung eines Zusammenschlusses aufgrund konglomerater Auswirkungen aus. Vielmehr führt der EuGH gerade aus, dass ein konglomerater Zusammenschluss aufgrund der möglichen Hebelwirkung zukünftiger Verhaltensweisen der Zusammenschlussbeteiligten die Untersagungsvoraussetzungen erfüllen kann. Auch das Gutachten von Fuchs „Beurteilungskriterien und Beweisanforderungen für marktübergreifende Wirkungen konglomerater Zusammenschlüsse unter besonderer 62 63 64 65 66 WuW/E BGH 2276 – Süddeutscher Verlag/Donau-Kurier. WuW/E BGH 2276, 2283 – Süddeutscher Verlag/Donau-Kurier. Vgl. WuW/E BGH 1854, 1856, 1860 – Zeitungsmarkt München. COMP M.993 – Bertelsmann/Kirch/Premiere, Rn. 87 ff.. Rs. C 12/03 – Komission/Tetra Laval, Rn. 44 ff.. 45 Berücksichtigung des Medienbereichs“ 67 kommt insoweit zu keinem anderen Ergebnis. Das Gutachten stützt sich auf die Anmeldung und unterstellt die Richtigkeit der dort gemachten Angaben, Einschätzungen und vorgenommenen Marktabgrenzungen, ohne diese zu hinterfragen. Nach ausführlicher Erörterung der deutschen und europäischen Praxis bei der Beurteilung konglomerater Zusammenschlüsse kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass die deutsche Anwendungspraxis die – nicht unmittelbar übertragbaren – europäischen Entwicklungen berücksichtigen solle.68 Aufgrund der engen Marktabgrenzung im Pressebereich wiesen die betroffenen relevanten Märkten im Verhältnis zueinander eine große Nähe auf, weshalb Zusammenschlüsse vielfach eher als „quasi-horizontal“ denn als konglomerat zu qualifizieren seien.69 Nicht nachvollziehbar ist die durch nichts belegte Schlussfolgerung des Gutachters, dass die redaktionelle Selbständigkeit von Tageszeitungen innerhalb eines Konzerns als unternehmerische Verhaltensweise, die jederzeit geändert werden kann,70 nicht zu berücksichtigen ist, bei der Beurteilung, ob aufgrund eines (echt) konglomeraten Zusammenschlusses crossmediale Strategien zu erwarten sind, aber entscheidungserheblich sei.71 Abzustellen ist in jedem Fall darauf, ob es aus Sicht des Gesamtkonzerns wirtschaftlich sinnvoll ist, eine bestimmte Unternehmensstruktur zu ändern oder beizubehalten. Wenn dies – wie im vorliegenden Fall – zu bejahen ist, kommt es nicht darauf an, ob es sich um einen (quasi-) horizontalen oder (echten) konglomeraten Zusammenschluss handelt. Weiter kommt der Gutachter bezüglich der Verstärkungswirkungen durch den Zusammenschluss zu dem Ergebnis, dass es trotz der erheblichen Steigerung der Gesamtumsätze des AS/P7S1-Konzerns zu keinem (wirklichen) Finanzkraftzuwachs komme. Dies begründet er damit, dass AS für den Erwerb hohe Kredite aufnehmen musste, was aus seiner Sicht eher für eine Schwächung des finanziellen Spielraums von AS spreche.72 Dem ist entgegen zu halten, dass dem Kaufpreis und seiner Finanzierung ein Zuwachs an unternehmerischen Ressourcen und Potenzial gegenübersteht. Im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle ist dann zu prüfen, ob der Zuwachs dieses Potenzials zur 67 Anlage 58 zum Schreiben der Anlage 58 zum Schreiben der bis 47. 69 Anlage 58 zum Schreiben der 49, 54. 70 Vgl. BKartA WuW/E DE-V 871, 71 Anlage 58 zum Schreiben der f.. 72 Anlage 58 zum Schreiben der 65. 68 Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005. Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, S. 8 Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, S. 882 – Tagesspiegel/Berliner Zeitung II. Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, S. 53 Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, S. 46 Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen führt.73 Das Gutachten unterstellt in diesem Zusammenhang die baldige Herausgabe einer sogenannten Gratiszeitung, die ausschließlich über Anzeigen finanziert wird. Eine solche Gratiszeitung würde insbesondere die Bild-Zeitung unter Druck setzen und die aus der Übernahme von P7S1 resultierende Finanzschwäche von AS ausnutzen.74 Dem ist entgegen zu halten, dass eine Vielzahl deutscher Verlagshäuser – allen voran AS – an „Abwehrmaßnahmen“ gegen eine Gratiszeitung arbeiten. AS will bis zu 300 Mio. € aufwenden, um die Bild-Zeitung gegen kostenlose Konkurrenzangebote zu schützen.75 So hat AS mit dem von der Bild-Chefredaktion entwickelten Gratisblatt Gratissimo bereits einen einwöchigen Testlauf gestartet. Gratissimo soll eine reine Abwehrmaßnahme gegen eventuell in Deutschland erscheinende Gratisblätter sein.76 2.3.2.2 Durch den Zusammenschluss ermöglichte Cross-Promotion Die Möglichkeit zu Cross-Promotion ist für ein Medienkonglomerat grundsätzlich eine wirtschaftlich und wettbeweblich vorteilhafte Ressource, die bei wirtschaftlich vernünftigem Verhalten auch genutzt wird. Die gegenteilige Argumentation der Anmelderinnen baut im Wesentlichen auf den behaupteten Nutzergruppenunterschieden auf, die dazu führten, dass den Möglichkeiten crossmedialer Verknüpfungen der Medien objektive Grenzen gesetzt seien.77 Diese behaupteten Nutzergruppenunterschiede vermögen indes nicht zu überzeugen. Die Anmelderinnen verweisen darauf, dass ein großer Teil der Leser der Bild-Zeitung über 50 Jahre alt sei und somit außerhalb der Kernzielgruppe der P7S1-Sender liege. Zudem sei die Bild-Zeitung männlich positioniert, während die P7S1-Sender eher geschlechterneutral aufgestellt seien. Schließlich seien die Zuschauer der P7S1-Sender deutlich höher gebildet als die Bild-Zeitungs-Leser. Zum Beleg der behaupteten Nutzergruppenunterschiede verweisen die Anmelderinnen auf die Nutzergruppenanalyse in Anlage 19 der Anmeldung. Dort sind die Leser der Bild-Zeitung und die Zuschauer 73 Vgl. auch Media Perspektiven 11/05, S. 546, 552. Anlage 58 zum Schreiben der Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, S. 65 ff.. 75 Vgl. Handelsblatt v. 27. September 2005. 76 Vgl. Kontakter v. 21. November 2005. 77 Vgl. Anmeldung, S. 45 ff. und Anlage 19; Schreiben der Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, S. 10 ff. und Anlagen 59 und 60. 74 47 der P7S1-Sender in 18 Nutzergruppen unterteilt. Auf Grundlage eines auf die Bevölkerungsstruktur in Deutschland bezogenen Index wird die Nutzerübereinstimmung der beiden Medien verglichen. Bereits die Gruppenbildung erscheint allerdings fraglich. Es erfolgt zudem keine Gewichtung der einzelnen Gruppen mit ihrem jeweiligen Anteil an der Gesamtbevölkerung. So stellt beispielsweise der Anteil der Frauen im Alter von 50 bis 64 Jahren mit einer gehobenen beruflichen Tätigkeit (keine Übereinstimmung zwischen der Bild-Zeitung und dem Sender ProSieben) mit einem Gewicht von 4,578 eine deutlich kleinere Bevölkerungsgruppe dar, als etwa Männer im Alter von 30 bis 49 Jahren mit einer einfachen beruflichen Tätigkeit (Übereinstimmung zwischen der BildZeitung und dem Sender ProSieben) mit einem Gewicht von 7,679. Dies wird bei der Auswertung nicht berücksichtigt. Die Auswertung erfolgt zudem schematisch, es besteht nur eine grobe Aufteilung in Übereinstimmung/keine Übereinstimmung. Weicht der Index bei einem Medium auch nur um einem Punkt nach unten ab, führt dies zur Bewertung ’keine Übereinstimmung’. Auch die Auswertung der weiteren Nutzergegenüberstellungen80 ergibt, dass relevante Nutzerüberschneidungen bestehen. Unterstellt, es kann eine Überschneidung ab einem Indexwert von 105 festgestellt werden, so ergeben sich teilweise bei Frauen im Alter von 30 bis 49 Jahren und insbesondere bei Männern im Alter von 30 bis 49 und 50 bis 64 Jahren Überscheidungen bei den Lesern der Bild-Zeitung und den Zuschauern von Sat.1. Ebenfalls zu wesentlichen Überschneidungen kommt es bei den Lesern der Bild-Zeitung und den Zuschauern von ProSieben teilweise bei Frauen im Alter von 30 bis 49 Jahren und insbesondere bei Männern im Alter von 14 bis 29 und 30 bis 49 Jahren. Die Auswertung der Anmelderinnen81 ergib, dass je nach zugrunde liegendem Kriterium (berufliche Stellung, Schulbildung, Haushaltseinkommen, Alter und Geschlecht) zwischen 12% bis 23% der Bevölkerung ab 14 Jahren die Bild-Zeitung lesen und Sat.1 sehen. Für ProSieben ergibt sich eine Spanne von 12% bis 28%. Die große Spanne der Anteile, abhängig von dem zugrunde gelegtem Kriterium, zeigt, dass man je nach Betrachtungsweise zu einer größeren oder geringeren Überschneidung kommen kann. So kommt etwa die ARD durch eine deutlich gröbere Betrachtung (Erwachsene ab 14 Jahren) zu einer Überschneidung zwischen der Bild-Zeitung und 78 Vgl. Vgl. 80 Vgl. 61. 81 Vgl. 79 Schreiben der Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, Anlage 60. Schreiben der Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, Anlage 60. Schreiben der Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, Anlagen 59 bis Schreiben der Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, Anlage 61. 48 Sat.1 von ca. 90% und zwischen der Bild-Zeitung und ProSieben von ca. 80%.82 Die Anmelderinnen kritisieren, die von der ARD angestellte Nutzergruppenanalyse basiere auf einer so weiten Definition, dass ihr kein Aussagewert zukomme.83 Dieser Kritik kann nicht gefolgt werden. Denn die Analyse der ARD belegt eine Interessenidentität der Nutzer der Bild-Zeitung und der Sender Sat.1 und ProSieben. Zudem zeigen die unterschiedlichen Ergebnisse bei einer feingliedrigeren Betrachtung die Steuerbarkeit des Ergebnisses je nach eingestelltem Parameter. Hinzu kommt, dass die Angaben der Anmelderinnen nicht im Einklang mit den Angaben der Bild-Zeitung in anderem Zusammenhang stehen. So wirbt AS im Rahmen einer ’Käuferanalyse’ mit folgenden Aussagen für Werbung in der Bild-Zeitung: Konsumfreude, Qualitätsbewusstsein und Präferenz für Markenartikel kennzeichnen die Leserschaft von BILD.84 Weiter wirbt AS bei Werbekunden für die Bild-Zeitung damit, dass die Bild-Zeitung mit witzigen, pointierten Werbespots die komplementäre Wirkung des Fernsehens zur Erhöhung der Aktualität und der Reichweite sowie zur Verstärkung der Werbebotschaft nutze. Zum Image führt AS aus: Deutschlands größte Boulevardzeitung zeigt Flagge in Stern, Focus und verlagseigenen Titeln. Zur Werbung im Kino führt AS aus: durchweg humorvolle Geschichten im Stil von Kinofilmen erzählt, hatten die Lacher – vor allem jüngerer Besucher – auf ihrer Seite: Werbung, die jungen Menschen einen Zugang zu BILD verschafft.85 Insoweit ist davon auszugehen, dass AS für jüngere und gebildetere Leser für die Bild-Zeitung wirbt. Diese Einschätzung wird auch durch den Vortrag von Holtzbrinck bestätigt. Der Verlag hat zunächst in Cottbus und in der Lausitz, später auch im Saarland das auf eine Kernzielgruppe der 14- bis 39-jährigen Leser zugeschnittene kaufzeitungsähnliche Format „20 cent“ eingeführt. In beiden Gebieten habe AS auf die Markteinführung mit aggressiven Maßnahmen wie kostenloser Verteilung der Bild-Zeitung, die Einführung eines Bild-Zeitungs-Abonnements in der Lausitz und einer Saarland-Ausgabe der Bild-Zeitung, dem Angebot von Kampfpreisen bei Anzeigen und dem vermehrten Einsatz der sogenannten stummen Verkäufer reagiert. Diese kostspieligen Maßnahmen wären nicht erforderlich gewesen, wenn jüngere Leser nicht auch zur Zielgruppe der Bild-Zeitung gehören würden. 82 83 84 85 Vgl. Vgl. Vgl. vgl. Schreiber der ARD v. 30. November 2005, S. 6 und Anlage ARD 2. Schreiben der Anmelderinnen v. 15. Dezember 2005, .S. 3 f.. www.axelspringer.de. www.axelspringer.de. 49 Die BILD-Bestseller Bibliothek mit 25 Werken bekannter Autoren hat zumindest auch das Ziel, sich neue Leser für die Bild-Zeitung in Teilen der Bevölkerung zu erschließen, die bislang nicht zu den Stammlesern gehören. Insofern belegt das Auftreten der Bild-Zeitung schon heute, dass die dargestellte Nutzergruppe unzutreffend ist. Sollten die Leser der Bild-Zeitung tatsächlich zu einem großen Teil über 50 Jahre alt sein, so müsste die Bild-Zeitung zudem bestrebt sein, sich jüngere und kaufkräftigere Leserschichten zu erschließen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Anzeigenmarkt, da die Basis-Zielgruppe der Werbekunden 14- bis 49-jährige Leser sind. Vor allem aus Sicht der Werbetreibenden ist die von den Anmelderinnen vorgenommene Nutzergruppenbildung zudem nicht sinnvoll und kann nicht als “üblich“ bezeichnet werden. Nach dem Vortrag des OMG bestehen deutlich vielfältigere Merkmale als allein Alter und Bildung. Es gebe für das Fernsehen die Basiszielgruppe im Alter von 14 bis 49 Jahren, die für nahezu alle Mediengattungen als Leistungsindikator und -benchmark zur Messung der Durchdringung benutzt wird. Diese Zielgruppe sei insbesondere im Hinblick darauf relevant, dass der Einzelhandel das Erreichen einer bestimmten Durchdringung bei dieser Zielgruppe fordert, damit ein bestimmtes Produkt „gelistet“, also beim Einzelhandel geführt wird. Bei auf ein bestimmtes Produkt maßgeschneiderte Fernsehkampagnen würde eine differenzierte Zielgruppe ausgewählt, bei der zusätzlich Geschlecht, Schulbildung und weitere soziodemografischen und psychografische Merkmale berücksichtigt würden. Die vorgelegten Gutachten von Kepplinger86 und Donsbach87 sprechen nicht gegen die sich bietenden Möglichkeiten bezüglich Cross-Promotion zugunsten der Bild-Zeitung. Das von den Anmelderinnen vorgelegt Gutachten von Prof. Kepplinger prüft die Thematisierung von Fernsehsendungen auf den Titelseiten der Bild-Zeitung und der Bild am Sonntag und deren Einfluss auf die Verkaufsauflage dieser Zeitungen. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass nur wenige Titelseiten (unter 10% für die Bild-Zeitung und Bild am Sonntag) einen Bezug zu Fernsehsendungen aufweisen. Die erwähnten Fernsehsendungen betrafen in etwa ¾ der Fälle den „Quotenkönig“. Eine bevorzugte Berichterstattung zugunsten von Sendungen auf P7S1-Sendern wurde in der Studie 86 87 Vgl. Anlage 22 der Anmeldung. Vgl. Anlage 29 der Anmeldung. 50 nicht festgestellt. Lediglich bei der Bild-Zeitung ließ sich eine minimale Steigerung der verkauften Auflage feststellen, wenn Fernsehsendungen thematisiert wurden. Das Gutachten betrifft weniger als 8% der Ausgaben der Bild-Zeitung und der Bild am Sonntag. Selbst wenn man für diesen geringen Anteil mit dem Gutachten davon ausginge, dass es in der Vergangenheit nur zu einer geringfügigen Auflagensteigerung kam, so beinhaltet dies keine Prognose für die Zukunft. Denn nach dem geplanten Zusammenschluss kann es zu einer vermehrten Bezugnahmen auf die Bild-Zeitung in den Sendern von P7S1 kommen, was zu einer weiteren Auflagensteigerung im Falle der Fernsehberichterstattung führen kann. Nach dem Zusammenschluss besteht ein wirtschaftliches Interesse der Anmelderinnen daran, die Verkaufszahlen der BildZeitung/Bild am Sonntag durch mögliche verkaufsfördernde Maßnahmen zu erhöhen. Anders als der Gutachter unterstellt,88 besteht heute – trotz einer bereits bestehenden Beteiligung von AS an P7S1 in Höhe von 12% - kein entsprechend hohes wirtschaftliches Interesse von P7S1 an einer Förderung der Bild-Zeitung/Bild am Sonntag. Im Hinblick darauf, dass es zumindest wesentliche Überschneidungen bei den Nutzergruppen gibt und es zudem wirtschaftlich sinnvoll und geboten ist, für die Bild-Zeitung weitere, insbesondere jüngere- Leser zu erschließen, ist aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten davon auszugehen, dass es nach dem Zusammenschluss zu solchen Hinweisen kommt. Das Gutachtens gibt für die Frage, ob eine Promotion von den P7S1-Sendern zugunsten der Bild-Zeitung erfolgversprechend wäre, nichts her. Das Gutachten von Donsbach behandelt die Frage: „Haben Veröffentlichungen in den auflagenstarken Blättern „BILD“ und „BILD am Sonntag“ über Fernsehsendungen des gleichen Tages einen Einfluss auf die Reichweiten bzw. Marktanteile („Quoten“) der betreffenden Fernsehsendungen?“. Die Auswertung der aufbereiteten Daten erfolgt schwerpunktmäßig anhand einer linearen multiplen Regression, sowie einer Varianzanalyse von „Matched Groups“. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Hinweise bzw. Berichterstattung über Fernsehsendungen des gleichen Tages in der Bild-Zeitung bzw. der Bild am Sonntag keinen statistisch signifikanten und wettbewerbsrechtlich bedeutsamen Einfluss auf den Publikumserfolg dieser Sendungen hätten. 88 Vgl. Anlage 22 der Anmeldung, S. 6. 51 Die Fragestellung des Gutachtens gibt für die hier relevante Frage, ob eine Berichterstattung im Fernsehen – mit einem entsprechenden Verweis, oder auch ohne einen solchen – die in die Bild-Zeitung als Schlagzeile aufgenommen wird, deren verkaufte Auflage erhöht, nichts her. Die Schlussfolgerungen des Gutachtens sind darüber hinaus nicht richtig. Die erfassten Daten haben einerseits für die relevante Fragestellung nur begrenzte Aussagekraft. Andererseits weist das Gutachten bei Anwendung der multiplen Regression gravierende methodische Mängel auf, deren Ergebnisse somit nur sehr eingeschränkt verwertbar sind. Das Ergebnis der Varianzanalyse deutet – entgegen der Interpretation der Zusammenschlussbeteiligten und des Gutachters und unter der Einschränkung der begrenzten Aussagekraft der erfassten Daten – eher auf einen wesentlichen Einfluss der Berichterstattung in der Bild-Zeitung/Bild am Sonntag auf die Zuschauerzahlen hin. Der Beurteilung der Beschlussabteilung steht auch nicht entgegen, dass es seit der Gründung von Sat.1 im Jahr 1986 immer wieder wechselseitige Beteiligungen zwischen Fernsehsendern und AS gegeben hat. Bei der Einführung des Privatfernsehens in Deutschland mussten sich die Sender ihre Marktanteile erst erarbeiten. Zudem besteht selbst bei einer gemeinsamen Kontrolle stets das Korrektiv durch den bzw. die weiteren Gesellschafter. Einem solchen Korrektiv unterläge AS beim vollständigen Erwerb von P7S1 nicht mehr. Bei der Bewertung crossmedialer Effekte werden nachfolgend drei Bereiche unterschieden: crossmediale Werbekampagnen (dazu unter 3.3.2), crossmediale Werbung zugunsten von Konzernprodukten und publizistische Cross-Promotion. 2.3.2.2.1 Crossmediale Werbung zugunsten von Konzernprodukten Eine Cross-Promotion zugunsten der Bild-Zeitung durch die P7S1-Sender und umgekehrt ist in Form von (gegenseitiger) Werbung denkbar. Dabei besteht die Möglichkeit der Einräumung von Werbezeit zu günstigeren als marktüblichen Preisen oder die wechselseitige Gewährung von Werbemöglichkeiten. Dies ist auch vor dem Hintergrund naheliegend, dass AS im Jahr 2004 rund ... € und ihm 1. Halbjahr 2005 bereits rund ... € Ausgaben für Fernsehwerbung hatte. Davon entfielen in 2004 rund ... € und 52 im 1. Halbjahr 2005 rund ... € auf Fernsehwerbung für die Bild-Zeitung.89 Die Gesamtausgaben von AS für Fernsehwerbung im Jahr 2004, verteilten sich dabei etwa gleichmäßig auf P7S1 und die RTL-Senderfamilie.90 Für die letzten beiden Jahre geben die Anmelderinnen an, dass ein höherer Anteil der Brutto-Fernsehwerbeausgaben auf die RTL-Gruppe als auf die Sender von P7S1 entfallen seien.91 Weitere Instrumente der Cross-Promotion können auch sonstige Werbeformen wie z.B. Sponsoring sein. Es ist üblich, dass Konzerngesellschaften Konzernrabatte in nicht unerheblichem Umfang für das Schalten von Werbung in einem ebenfalls konzernzugehörigen Medium gewähren. Durch eine gezielte Cross-Promotions-Strategie ist eine höhere Präsenz der konzerneigenen Produkte in der Öffentlichkeit erreichbar. Durch die in den zusammengeschlossenen Medien kostengünstig verfügbare Werbekapazität zur Förderung der konzerneigenen Produkte und Marken erfolgt eine werbliche Förderung – ggf. zu Lasten der Wettbewerber dieser Produkte – die grundsätzlich geeignet ist, die Marktgegenseite zu beeinflussen und auf diese Weise den wirtschaftlichen Erfolg des Konzerns auf einem oder mehreren der betroffenen Märkte zu fördern. Diese Vorteile werden durch die Möglichkeit zu Kombinationsstrategien, des Markentransfers sowie Effekte der wechselseitigen Image-Verstärkung oder die Möglichkeit zur Ansprache sonst unerreichbarer Kundengruppen verstärkt und können insgesamt wertvolle Hilfsmittel zur Absatzförderung der Konzernprodukte sein. Dem stehen allerdings mögliche Nachteile, wie insbesondere die Einschränkung vermarktbarer Werbekapazitäten gegenüber.92 Die Zusammenschlussbeteiligten tragen diesbezüglich vor, dass die Werbezeit der P7S1-Sender gemäß § 45 RStV auf 12 Minuten pro Stunde begrenzt sei. Dieser Rahmen würde von allen P7S1-Sendern nahezu vollständig ausgeschöpft, weshalb es sich nicht lohne, diese Werbezeit zu Vorzugskonditionen an konzernverbundene Unternehmen zu vergeben. Diesem Einwand kann nicht ohne Weiteres gefolgt werden. Eine „nahezu vollständige“ Ausschöpfung ist gerade keine vollständige Ausschöpfung, sondern bedeutet, es gibt Raum für konzerninterne Werbung. Nicht gebuchte Fernsehwerbezeit kann kurzfristig durch Werbung für die Bild-Zeitung belegt werden, ohne dass es für den Sender zu Einbußen bei den Werbeeinnahmen kommt. 89 Vgl. Nielsen Media Research = Anlage 1 zum Schreiben von Holtzbrinck v. 27. Oktober 2005. 90 Vgl. Nielsen Media Research = Anlage 2 zum Schreiben von Holtzbrinck v. 27. Oktober 2005. 91 Vgl. Schreiben der Anmelderinnen v. 8. Dezember 2005, S. 61. 92 Vgl. Ulrich Schaarschmidt, Crosspromotion durch Medienkonglomerate, 1. Auflage 2005, S. 219 f.. 53 Gleichzeitig kann das zusammengeschlossene Unternehmen einen Teil der Werbekosten für die P7S1-Sender einsparen, was finanziell dem Gesamtkonzern AS/P7S1 zugute kommt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die EU Kommission in der EUFernsehrichtlinie eine weitgehende Freigabe von Produktplatzierung im Fernsehen plant.93 Der am 13. Dezember 2005 vorgelegte Kommissionsvorschlag94 sieht flexiblere Vorschriften für Werbung vor: Für die Fernsehwerbung empfiehlt die Kommission Bürokratieabbau, flexiblere Vorschriften für neue Formen der Werbung und eine verstärkte Selbst- und Mitregulierung. Anstelle der überaus detaillierten Vorschriften darüber, wie oft und unter welchen Voraussetzungen ein Programm durch Werbung unterbrochen werden darf, soll die neu gefasste Richtlinie die Regeln vereinfachen. Künftig könnten die Fernsehveranstalter dann selbst entscheiden, wann sie Werbung in ihr laufendes Programm einfügen wollen, anstatt wie jetzt zwischen den Werbeunterbrechungen mindestens 20 Minuten zu warten. Die Gesamtdauer der Werbung darf dadurch allerdings nicht zunehmen, da die Kommission vorschlägt, die bestehende Begrenzung von 12 Minuten pro Stunde beizubehalten. Die neue Richtlinie würde auch neue Formen der Werbung wie geteilte Bildschirme, virtuelle und interaktive Werbung zulassen. Erstmalig soll eine explizite Begriffsbestimmung und ein klarer rechtlicher Rahmen für die Produktplatzierung geschaffen werden. Außer in den Nachrichten, in Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen und in Kinderprogrammen würde die deutlich gekennzeichnete Produktplatzierung dadurch europaweit sowohl in linearen wie auch nicht-linearen audiovisuellen Diensten erlaubt werden. Um Schleichwerbung zu verhindern, müssten die Verbraucher zu Beginn einer Sendung auf die Produktplatzierung hingewiesen werden. Dank dieser neuen Regeln wird nicht nur Rechtssicherheit geschaffen, es werden auch zusätzliche Finanzierungsquellen für europäische Produktionen erschlossen, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit der audiovisuellen Inhalte und Medien in Europa gestärkt wird. Sollte die EU-Fernsehrichtlinie wie von der EU-Kommission vorgelegt verabschiedet werden, dann ergeben sich für die Sender von P7S1 weitergehende vielfältigere Möglichkeiten, die Bild-Zeitung in den P7S1-Sendern zu bewerben. 2.3.2.2.2 Publizistische Cross-Promotion 93 94 Vgl. FTD v. 11. November 2005. Vgl. Pressemeldung der EU-Kommission (europa.eu.int). 54 Besondere Beachtung verdient die „publizistische“ Cross-Promotion, bei der im Rahmen von Sendungen auf den P7S1-Sendern für die Bild-Zeitung geworben wird. Redaktionellen Teilen eines Medienprodukts wird üblicherweise ein höheres Vertrauen des Publikums entgegengebracht als den Werbeblöcken, wodurch eine besondere Wirkung dieser Art der Cross-Promotion möglich ist.95 Dafür sprechen auch die Ausführungen des AS-Vorstandsvorsitzenden Dr. Mathias Döpfner anlässlich der Pressekonferenz zur Übernahmen der Mehrheit an der P7S1 am 5. August 2005: „Dies ist die vielleicht wichtigste Begründung der Transaktion: Gemeinsam können ProSiebenSat.1 und die Zeitungen und Zeitschriften von Axel Springer gegenüber diesen Zukunftsherausforderungen bestehen, weil wir zumindest im deutschen Markt über crossmediale Content-Gattungen verfügen und weil wir über Kunden verfügen, die an Informationen und Unterhaltung auf allen Vertriebswegen interessiert sind“.96 Diese Ausführungen erfolgten im Zusammenhang mit den „wahren Wettbewerbern der Zukunft, den Googles, ebays und Yahoos dieser Welt“ und zielten darauf ab, dass sich das zusammengeschlossene Unternehmen aufgrund crossmedialer Content-Gattungen besser im digitalen Zukunftsgeschäft positionieren kann. Allerdings steht dieser Intention nicht entgegen, dass die crossmedialen Vorteile, die sich aus dem Zusammenschluss ergeben, nicht auch in den bestehenden Bereichen zum wirtschaftlichen Vorteil des Unternehmens genutzt werden. Naheliegend erscheint zunächst die Einführung einer Boulevard-Sendung „Bild TV“ auf einem der P7S1-Sender. Die Anmelderinnen führen aus, ein solches Format hätten sie bereits unabhängig vom Zusammenschlussvorhaben verwirklichen können. Zudem sei eine Format-Kooperation zwischen der Bild-Zeitung und Sat.1 für die Sendung „Blitz am Sonntag“ gescheitert. Den Anmelderinnen ist insoweit zuzustimmen, dass bereits ein „Bild TV“ unabhängig vom Zusammenschlussvorhaben hätte eingeführt werden können. Die Einführung im Fernsehen ist jedoch mit einem Risiko für die Marke „Bild“ verbunden. Es ist nachvollziehbar, dass dieses Risiko AS bislang davon abgehalten hat, die Marke „Bild“ für ein Fernsehformat zur Verfügung zu stellen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass AS bereits eine nicht mit Veto- oder Kontrollrechten verbundene Minderheitsbeteiligung an P7S1 hält. 95 96 Schaarschmidt,a.a.O., S. 220. Vgl. Anlage 5 zum Schreiben von Holtzbrinck v. 27. Oktober 2005. 55 Diese Einschätzung kann sich aber grundlegend ändern, wenn dies einen Sender betrifft, an dem eine alleinbeherrschende Beteiligung besteht. Nach einem Zusammenschluss ist eine Sendung wie „Bild TV“ kaufmännisch vernünftig, weil sie in ihren Risiken für die Marke „Bild“ begrenzt ist. AS müsste das Konzept nicht aus der Hand geben. AS könnte insbesondere Inhalt, Gestaltung und Umfeld eines Bild-TV-Formates im Fernsehen bestimmen und allein kontrollieren. Das Risiko für die Marke „Bild“ würde so erheblich verringert. Das dem gegenüberstehende Risiko für den Sender, das ebenfalls von dem zusammengeschlossenen Unternehmen zu tragen wäre, ist demgegenüber gering. Die Gesamtausrichtung des Senders müsste dafür nicht geändert werden. Das Risiko ist nicht höher als bei jeder Einführung einer neuen Sendung. Die Möglichkeit einer täglichen Sendung in Kooperation mit der marktbeherrschenden Straßenverkaufszeitung böte ein anderes Potenzial als dies bei den bestehenden Sendungen wie „Stern TV“ oder „Spiegel TV“ der Fall ist. Die Bild-Zeitung ist ein Entertainment-Portal im Printbereich, dessen Umsetzung sich in einem Entertainment-Portal im Fernsehen anbietet. Dass dies dem Selbstverständnis der Bild-Zeitung entspricht, zeigt die Werbeaussage: „Bild hat täglich die höchste Einschaltquote aller deutschen Medien.“97 Bild-TV ist – entgegen den Einlassungen von AS in diesem Verfahren - unter diesen Voraussetzungen durchaus wirtschaftlich sinnvoll. Im Übrigen ist auch der Fachpresse zu entnehmen, dass bei AS Überlegungen stattfinden, „wie man Printmarken intelligent ins TV übersetzen könnte“.98 In diesem Zusammenhang kann auch auf den Internetauftritt Bild.T-Online, einem Joint Venture von AS mit T-Online verwiesen werden. Dieses, auf Nutzer bezogene, führende General-Interest-Portal ist die multimediale Erweiterung der Bild-Zeitung. Die Produkte Website, Newsletter und die Print-Beilage in der Bild-Zeitung bilden zusammen eine einzigartige Crossmedia-Plattform, die Millionen von Nutzern und Lesern einen umfassenden Service bietet.99 Die Print- und Onlineredaktion arbeiten eng zusammen. Die Einführung dieses Internetportals, unter Regie von AS, hat der Marke „Bild“ nicht geschadet. Vielmehr wird die Stellung auf dem Lesermarkt durch eine erfolgreiche Verbindung mit dem Internet gefestigt. Ebenso könnte eine auf die Bild-Zeitung abgestimmte Sendung „Bild TV“ die marktbeherrschende Stellung der Bild-Zeitung auf dem Lesermarkt verstärken. 97 98 99 Vgl. www.axelspringer.de. Vgl. werben&verkaufen Nr. 42/2005, S. 68 ff.. Vgl. www.bild.t-online.de. 56 Als Indiz für das Funktionieren einer solchen Strategie kann auf die Antworten des Spiegel Verlags auf das Auskunftsersuchen der Beschlussabteilung Bezug genommen werden. In dem Antwortschreiben bestätigt der Spiegel Verlag, dass neben dem allgemeinen kaufmännischen Interesse der Gewinnerzielung die Hauptmotivation für die Einführung des Fernsehformats Spiegel-TV war, die Marke „Spiegel“ durch lizenzierte Fernsehsendungen medienübergreifend zu stärken. Eine parallele Berichterstattung im Spiegel und den Fernsehformaten (Spiegel TV bei RTL [Magazin], Sat.1 [Reportage], VOX [Special, Themenabend, Extra]) erfolge zwar nicht systematisch. Inhaltliche Überschneidungen gebe es aber am ehesten bei der Sendung Spiegel TV Magazin auf RTL, das wöchentlich durchschnittlich ein Thema des Printmagazins aufgreife. Eine Programmerstellung im Auftrag des Spiegel Verlages erfolgt daneben für den Fernsehsender XXP, an dem die Spiegel TV GmbH und DCTP jeweils 50% halten. Die Sendung mit dem Namen Spiegel Thema bereitet jeweils das Titelthema der jeweiligen Printausgabe auf. In der Printausgabe wird innerhalb einer Rubrik (1/3 Seite) auf die Inhalte der verschiedenen Spiegel TV-Sendungen hingewiesen. Das Programm von XXP wird jeweils auf einer ganzen Seite dargestellt. Medienübergreifend werden für die Printausgabe des Spiegel und XXP weitgehend individuelle Belegungseinheiten angeboten. Diese Ausführungen belegen, dass sich der Spiegel Verlag von den Spiegel TV Sendungen positive Auswirkungen auf die Printausgabe erhofft. Vor dem Hintergrund, dass es Spiegel TV-Formate bereits seit dem Jahr 1988 gibt, ist davon auszugehen, dass sich die Präsenz der Marke im Fernsehen positiv auf die Printausgabe und damit auch auf den Gewinn des Unternehmens auswirkt. Dies gilt auch dann, wenn man von nicht vollständig kongruenten Nutzergruppen ausgeht. Die vertiefte Kooperation zwischen der Printausgabe des Spiegel und dem Sender XXP belegt zudem, dass es für einen Verlag wirtschaftlich sinnvoll ist, insbesondere dann auf die Printausgabe abgestimmte TV Formate zu senden, wenn er eine (mit-)beherrschende Beteiligung an dem entsprechenden Sender hält und somit Einfluss auf Inhalt, Gestaltung und Umfeld der Fernsehsendung hat. Doch selbst wenn man nicht davon ausgeht, dass das zusammengeschlossene Unternehmen ein entsprechendes Boulevard-Format einführt, bestehen Möglichkeiten zur Stärkung der marktbeherrschenden Stellung der Bild-Zeitung. Beispielsweise könnte bei der Berichterstattung in Nachrichten auf P7S1-Sendern Bezug auf die am folgen- 57 den Tag erscheinende Bild-Zeitung genommen werden. Dies würde bereits heute nicht als Werbezeit im Sinne des RStV gewertet. Dabei könnte der „Werbewert“ höher sein, als bei Bewerbung der Bild-Zeitung im Werbeblock. So ist davon auszugehen, dass von Zeitungen und Zeitschriften verbreitete Exklusivmeldungen, die in Fernsehnachrichten als Vorabinformation verbreitet werden, einen nicht zu unterschätzenden Imagegewinn verbuchen können.100 In diesem Zusammenhang ist auf die Sendung „WM Fieber“ des AS-Regionalfernsehsender Hamburg 1 (von AS mitkontrolliert) hinzuweisen, die am 13. Oktober 2005 um 20:15 Uhr startete. Diese Sendung wird von der regionalen Abonnement Tageszeitung der AS, dem Hamburger Abendblatt, die auf dem regionalen Lesermarkt in Hamburg über eine Alleinstellung verfügt, präsentiert. Die Sport-Experten des Hamburger Abendblatt sind in der Sendung als Moderatoren und Gesprächspartner eingebunden. Außerdem begleitet das Hamburger Abendblatt den „WM-Countdown“ redaktionell im Sportteil.101 Dies ist ein Beispiel für eine wechselseitige crossmediale Promotion mit dem Ziel, sowohl die Einschaltquote von Hamburg 1 – und darüber die erzielbaren Fernsehwerbeeinnahmen – zu steigern sowie die Auflage des Hamburger Abendblatt – und mittelbar die erzielbaren Anzeigenumsätze – zu erhöhen. Da AS den Sender Hamburg 1 mitkontrolliert, ist gewährleistet, dass gegen ihren Willen nichts geschieht. Was auf den lokalen Märkten in Hamburg funktioniert, lässt sich auf das gesamte Bundesgebiet übertragen. Die Anmelderinnen argumentieren, bei einer P7S1-bezogenen Berichterstattung in den AS-Printmedien würde ein großes potenzielles Leserinteresse – nämlich die 80% Zuschaueranteil der anderen Sender – vernachlässigt, was weder publizistisch noch wirtschaftlich sinnvoll wäre. Im Umkehrschluss – nämlich Promotion in den P7S1-Sender zugunsten der Bild-Zeitung gilt dieses Argument jedoch nicht. Denn die Bild-Zeitung vereinigt, je nach Marktabgrenzung, 80% bis 100% der Leser von Straßenverkaufszeitungen auf sich und hat eine tägliche Reichweite von etwa 12 Mio. Lesern. Eine Verbesserung des Zugangs zu Absatzmärkten kann durch die im Wege der Cross-Promotion ermöglichte Ansprache solcher Kundenkreise eintreten, die mit dem eigenen Medium schwieriger oder gar nicht zu erreichen gewesen wären. So geht das Bundeskartellamt davon aus, dass mehrere Zeitungen eines Konzerns, die auf benachbarten Märkten tätig sind, durch gegenseitige Hinweise auf ihre Inhalte, ihre 100 101 Vgl. Journalist 11/95, S. 22 f.. Pressemitteilung der AS vom 12.10.2005 (www.axelspringer.de). 58 Marktposition stärken bzw. absichern können.102 Dies lässt sich auch auf vorliegenden Fall übertragen. So kann eine Cross-Promotion-Ansprache der Zielgruppe der Sender von P7S1 zugunsten der Bild-Zeitung dieser neue Leserschichten erschließen – dies gilt insbesondere für den Sender ProSieben – und dadurch ihre bereits bestehende marktbeherrschende Stellung auf dem Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen absichern. Insbesondere der Erschließung neuer – jüngerer – Leser kommt für die BildZeitung in Zukunft eine besondere Bedeutung zu. Dabei ist zu berücksichtigen, dass journalistische Cross-Promotion aufgrund des gegenüber der rein werblichen CrossPromotion bestehenden Vertrauens der Fernsehzuschauer diese Absicherung noch verbessern kann. Eine solche absatzfördernde Möglichkeit steht nicht mit Fernsehsendern verbundenen Zeitungsverlegern – die insbesondere nicht über eine bundesweite Straßenverkaufszeitung wie die Bild-Zeitung verfügen – nicht offen. Der geplante Zusammenschluss führt weiter aufgrund der verbesserten Absatzmöglichkeiten der Bild-Zeitung auf dem Lesermarkt zu einer Erhöhung der Marktzutrittsschranken. Holtzbrinck trägt vor, der Verlag habe immer wieder allein und im Zusammenwirkten mit anderen Zeitungsgruppen die Einführung einer nationalen Kaufzeitung intensiv geprüft und Wirtschaftlichkeitsrechnungen durchgeführt. Diese Pläne seien immer wieder aufgrund der Marktmacht und insbesondere des hohen Marketingbudgets der Bild-Zeitung verworfen worden. Insgesamt erwachsen AS durch den Zusammenschluss Strategie- und Verhaltensmöglichkeiten, die in der Gesamtschau eine Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der Bild-Zeitung auf dem Lesermarkt ergeben. 3. Bundesweiter Anzeigenmarkt für Zeitungen Der Zusammenschluss führt zu Verstärkung der überragenden Marktstellung von AS auf dem bundesweiten Anzeigenmarkt für Zeitungen. 3.1 Marktabgrenzung 102 Vgl. WuW/E BKartA 2497, 2501 - Springer/Lezinsky. 59 In den Anzeigenmarkt für Zeitungen sind Abonnement-Tageszeitungen, Straßenverkaufszeitungen und Anzeigenblätter einzubeziehen.103 Ob auch Sonntagszeitungen einzubeziehen sind, kann vorliegend offen bleiben, da es im Ergebnis darauf nicht ankommt. Räumlich ist zu unterscheiden zwischen dem bundesweiten Anzeigenmarkt für Zeitungen und regionalen/lokalen Anzeigenmärkten. Nicht in den bundesweiten Anzeigenmarkt einzubeziehen sind grundsätzlich regionale/lokale Abonnement-Tageszeitungen, regionale/lokale Straßenverkaufzeitungen und regionale/lokale Anzeigenblätter. Der räumliche Markt erstreckt sich bei diesen auf das Verbreitungsgebiet der Zeitung. Zu berücksichtigen sind allerdings die Gesamtbelegungs-Angebote der Nielsen-Ballungsraum-Zeitung Service GmbH, München (nachfolgend: NBRZ). Die NBRZ vermarktet verschiedene Belegungskombinationen bei verschiedenen regionalen/lokalen Abonnement-Tageszeitungen. Die Angebote NBRZGesamt und NBRZ-Gesamt plus decken die Ballungsgebiete Deutschlands ab und damit einen entscheidenden Teil des Bundesgebietes. Darüber hinaus sind die Belegungen von regionalen/lokalen Abonnement-Tageszeitungen nicht einzubeziehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Werbekunden – ohne ein bundesweites Kombinationsangebot zu nutzen – ihrerseits mehrere Zeitungen belegen. Nach dem Vortrag des OMG bieten regionale/lokale Abonnement-Tageszeitungen für bundesweite Werbung keine konkurrenzfähigen TKP im Vergleich zu bundesweiter Fernsehwerbung und der Belegung der Gesamtausgabe der Bild-Zeitung an. In den bundesweiten Anzeigenmarkt ebenfalls nicht einzubeziehen sind Publikumszeitschriften. Diese unterscheiden sich in der Erscheinungsweise (z.B. 14-täglich, monatlich) und damit in der Aktualität. Dadurch sind sie insbesondere für Werbekunden, denen es um die Aktualität der Werbung für ihre Produkte geht, nicht mit Tageszeitungen austauschbar. So werben beispielsweise Discounterketten ausschließlich in Tageszeitungen (einschließlich Sonntagszeitungen). Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass es Werbekunden gibt, die sowohl in Tageszeitungen (einschließlich Sonntagszeitungen) als auch in Publikumszeitschriften werben. Denn in diesen Fällen handelt es sich um komplementäre Werbung, um möglichst viele potenzielle Kunden zu erreichen. Dies gilt beispielsweise für die von den Anmelderinnen benannten Kampagne „For- 103 Vgl. WuW/E BGH 2425, 2428 – Niederrheinische Anzeigenblätter. 60 schung ist die beste Medizin“, für die parallel mit Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften geworben wird. Selbst wenn sich die Werbekunden in Zeitungen und Zeitschriften teilweise decken bzw. Werbekunden für ein Produkt sowohl in Zeitungen als auch in Zeitschriften werben, spricht dies nicht für die Annahme eines einheitlichen Marktes. Vielmehr ist von einer komplementären Belegung von Zeitungen und Zeitschriften auszugehen. Bestünde eine funktionale Austauschbarkeit, dann wäre eine parallele Werbung in Zeitungen und Zeitschriften nicht erforderlich Die fehlende Austauschbarkeit ergibt sich auch daraus, dass Zeitschriften, insbesondere Special-Interest Titel, dem Werbekunden eine andere Werbestrategie eröffnen, die Zeitungen nicht bieten. Zeitungen gewähren dem Werbekunden vorrangig eine hohe Kontaktzahl. In redaktioneller Hinsicht bieten sie den Lesern, überwiegend tagesaktuelle Beiträge aus verschiedenen Ressorts. Demgegenüber können Special-Interest Zeitschriften den Werbekunden die Ansprache bestimmter Zielgruppen anbieten. So führt beispielsweise in Motorzeitschriften eine Werbeanzeige für ein Auto, die im optischen Zusammenwirken mit einem passenden redaktionellen Beitrag gedruckt wird, beim Leser zu einer anderen Rezeption als eine entsprechende Anzeige in einer Tageszeitung, selbst wenn es sich um dieselbe Anzeige handelt. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass Zeitschriften anders gelesen werden als Zeitungen. Eine Zeitung – auch eine Sonntagszeitung – verliert am folgenden Tag ihre Aktualität, der Leser beschäftigt sich nur am Erscheinungstag mit der Zeitung. Anders ist dies bei Zeitschriften, die länger in der Sphäre des Lesers verbleiben und ggf. mehrmals durchgeblättert werden. Zeitschriften werden von den Lesern für längere Zeit aufbewahrt und ggf. sogar archiviert. Schließlich erhält der Werbekunde in einer Zeitschrift ein außerordentlich hochwertiges Druckbild, das im Rollenoffset- oder Tiefdruckverfahren hergestellt wird. Mit einer Farbanzeige auf herkömmlichem Zeitungspapier ist dies nicht vergleichbar. Dem steht nicht entgegen, dass mittlerweile etwa die Bild-Zeitung auf allen Seiten Farbanzeigen anbietet. Die Entwicklung hin zu einem besseren Druckbild ist nicht nur bei Zeitungen sondern auch bei Zeitschriften erfolgt. Diese Einschätzung deckt sich auch mit dem Hinweis von G+J, im Anzeigenmarkt stehe das Unternehmen mit seinen Zeitschriften im Wettbewerb insbesondere mit den Zeitschriften der Unternehmen Burda und Bauer.104 104 Äußerung des G+J-Vertreters im Gespräch mit Bertelsmann. 61 3.2 Marktstruktur Der bundesweite Anzeigenmarkt für Zeitungen umfasst die AS-Publikationen BildZeitung, (Bild am Sonntag,) Die WELT (und WELT am Sonntag) sowie die Zeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung, (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung,) Frankfurter Rundschau, Süddeutsche Zeitung, Handelsblatt, Financial Times Deutschland, die tageszeitung und Neues Deutschland sowie die Angebote NBRZ-Gesamt und NBRZGesamt Plus. Auf diesem Markt, mit einem Gesamtvolumen von etwa 800 Mio. €, stellen sich die Marktverhältnisse wie folgt dar: Zeitung Bild-Zeitung Bild am Sonntag Die WELT Welt am Sonntag Anteil AS an NBRZ AS Gesamt FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ Sonntagszeitung Frankfurter Rundschau Süddeutsche Zeitung Handelsblatt Financial Times Deutschland die tageszeitung Neues Deutschland NBRZ ohne AS GESAMT Anteil Anteil ohne SoZ ca. 30% über 35% 10-15% unter 5% ca. 5% unter 5% unter 1% unter 1% ca. 50% über 40% 15-20% 20-25% unter 5% unter 5% 5-10% 10-15% 10-15% 5-10% 5-10% unter 1% unter 5% unter 1% unter 1% unter 1% unter 1% unter 5% 5-10% 100% 100% 62 Tabelle 6 3.3 Wettbewerbliche Beurteilung 3.3.1 Wettbewerbliche Situation vor dem Zusammenschluss AS verfügt mit seinen Publikationen auf dem bundesweiten Anzeigenmarkt für Zeitungen – auch ohne Sonntagszeitungen – mit über 40% Marktanteil über eine marktbeherrschende Stellung. Bei einer Betrachtung über einen Drei-Jahres-Zeitraum haben sich die Anzeigenerlöse der Bild-Zeitung – bei insgesamt rückläufigen Anzeigenerlösen im Gesamtmarkt – erheblich gesteigert. Im Jahr 2002 verfügte die Bild-Zeitung über einen Marktanteil von unter 30% gegenüber heute von über 35%. Im selben Zeitraum gingen die Anzeigenerlöse des größten Wettbewerbers in diesem Bereich – der Frankfurter Allgemeine Zeitung – stark zurück. Der Anteil sank von 25-30% auf 20-25%. Auch bei der WELT sind die Anzeigenerlöse rückläufig. In der Summe konnte AS jedoch, verglichen mit 2002 und 2003, die Erlöse von unter 30% auf über 40% in 2004 steigern. 3.3.2 Wettbewerbliche Situation nach dem Zusammenschluss Zwar kommt es auch auf diesem Markt nicht zu einer Marktanteilsaddition. Allerdings kommt es zu Wechselwirkungen aufgrund der marktbeherrschenden Stellung von AS/P7S1 auf dem Fernsehwerbemarkt und der Stärkung der Stellung der Bild-Zeitung auf dem Lesermarkt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass AS bei der Bild-Zeitung und ferner auch der Bild am Sonntag – gegen den allgemeinen Trend105 – die Anzeigenerlöse seit dem Jahr 2002 erheblich steigern konnte.106 Das zusammengeschlossene Unternehmen kann durch crossmediale Werbekampagnen seine marktbeherrschende Stellung auf dem Anzeigenmarkt sowie – wechselseitig bedingt – auf dem Fernsehwerbemarkt verstärken. 105 106 Vgl. Anlage 40 der Anmeldung, S. 6 ff.. Vgl. Anlage 50 der Anmeldung. 63 Unter crossmedialen Werbekampagnen ist Werbung für Produkte von nichtkonzernzugehörigen Werbetreibenden zu verstehen, die abgestimmt über mehrere Medien vermittelt wird. Die Anmelderinnen gehen nicht davon aus, dass das zusammengeschlossene Unternehmen derartige Effekte nutzen kann, um seine Stellung auf dem Anzeigen- und Fernsehwerbemarkt zu stärken. In dem von den Anmelderinnen vorgelegten Gutachten von Booz Allen Hamilton107 wird ausgeführt, mangels Überschneidungen der Nutzergruppen von AS und P7S1 würde es nicht möglich sein, für bestimmte Werbezielgruppen eine besonders hervorgehobene Position einzunehmen. Es bestünden keine Überschneidungen im Portfolio der Werbetreibenden von AS und P7S1. Weder im Anzeigenangebot von AS noch im Fernsehwerbeangebot von P7S1 befänden sich Angebote für Werbetreibende, die nicht durch Wettbewerber substituiert werden könnten. Der Einsatz von Rabattbündeln und anderen Preisbündeln sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu erwarten, weil sich daraus für den Print-Bereich wirtschaftliche Nachteile, vor allem durch die Übertragung der höheren Rabattstrukturen aus dem Fernsehwerbemarkt ergeben würden. Cross-Media-Angebote hätten nach heutigem Ermessen kein Potenzial für eine Verschiebung von Marktmacht zugunsten des zusammengeschlossenen Unternehmens. Hinsichtlich der behaupteten Unterschiede bei den einzelnen Nutzergruppen wird auf die Ausführungen unter 2.3.2.2 verwiesen. Bezüglich der fehlenden Überschneidungen im Portfolio widerspricht sich die Studie selbst. So sind auf S. 23 und 24 jeweils die TOP 10 der werbetreibenden Branchen im Fernsehen und in Zeitungen genannt. Fünf Branchen, nämlich Automarkt, Telekommunikation, Bier, Fernsehwerbung und Finanzdienstleistungen sind sowohl beim Fernsehen als auch bei Zeitungen in den TOP 10 enthalten. Auch der Vergleich der TOP 10 Werbekunden von P7S1 und AS 108 zeigt durchaus Überschneidungen auf. So gibt es insbesondere nennenswerte Überschneidungen bei der Werbung für Telekommunikation, Fast Food, Kosmetik und Haushalt, Kraftfahrzeuge, sowie Medien-Einzelhandel. Daneben gibt es Bereiche, die zwar im Fernsehen, nicht aber in Zeitungen beworben werden und umgekehrt. Dem steht jedoch nicht entgegen, dass für Branchen oder Produkte, bei denen eine Überschneidung besteht, crossmediale Werbekampagnen 107 108 Anlage 40 der Anmeldung. Anlage 40 der Anmeldung, S. 37, S. 77 der Anmeldung. 64 angeboten werden können. Voraussetzung für eine Verbesserung der Marktstellung ist nicht, dass es in allen Bereichen Überschneidungen gibt. Jedenfalls sind in Branchen in denen es Überschneidungen gibt, crossmediale Werbekampagnen durch das zusammengeschlossene Unternehmen zur Verbesserung der Stellung auf den Fernsehwerbemarkt sowie auf dem Anzeigenmarkt möglich. Nach Aussage des OMG stellt die Bild-Zeitung mit einer täglichen Reichweite von ca. 12 Mio. Bürgern ab 14 Jahren, die einzige Werbemöglichkeit in einem Printtitel dar, die im Hinblick auf Reichweite und TKP mit der Fernsehwerbung vergleichbar ist. Mit Werbung in der Bild-Zeitung und den P7S1-Sendern ProSieben, Sat.1 und Kabel 1 ließen sich nach Angaben des OMG jeden Tag über 20 Mio. Bürger über 14 Jahren erreichen. OMG führt weiter aus, dass bei großen Einführungskampagnen, Preispromotionen sowie Neueröffnungen ein Mix aus Werbung im Fernsehen und in Tageszeitungen unumgänglich sei. Diese Aussage wird bestätigt durch den Geschäftsführer der ASTochter AS Interactive GmbH in einem Interview mit NetSkill.109 Eine einmalige kurzfristige Publikumsaufmerksamkeit könne nur erreicht werden, wenn Werbung in der Bild-Zeitung mit zugekauft würde. Diesbezüglich verweist OMG auf die Aussagen des Geschäftsführers der P7S1-Tochter SevenOne Media bei einer Präsentation auf dem Crossmedia-Forum 2005 des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger, zur erhöhten Werbeerinnerung und dem enormen Zuwachs vernetzter Kommunikationseffekte.110 In dieselbe Richtung zielt die Werbung von AS mit Studien zu „Der Multiplying-Effekt“, die die kommunikationsfördernde Wirkung von Print/TV-Mixkontakten anhand konkreter Beispiele nachweisen. Der zentrale Befund der zweiten Studie lautet „Reine TV- oder Print-Kampagnen sind weniger effizient als Mix-Kampagnen. Dies gilt generell für verschiedene Wirkungsebenen.111 Im Printbereich gibt es für Werbung, die auf ein Massenpublikum abzielt, zur BildZeitung keine Alternative. Kein anderer Printtitel mit täglicher Erscheinungsweise hat eine vergleichbare Reichweite und kann Werbung zu einem vergleichbaren TKP anbieten. Die unterstellte Marktmacht der Agenturen vermag daran nichts zu ändern. Da sie für bestimmte Werbung auf die Bild-Zeitung sowie auf die P7S1-Sender angewiesen sind, können sie mit ihrer Marktstellung wenig ausrichten. Der geplante Zusammenschluss beseitigt daher den Wettbewerbsdruck, den die Bild-Zeitung auf die Werbe109 110 111 Vgl. Anlage 10 zum Schreiben von Holtzbrinck v. 27. Oktober 2005. Vgl. Anlage zum Schreiben der OMG v. 1.Novemer 2005. Vgl. Studien „Der Multiplying-Effekt“ auf www.axelspringer.de. 65 preise der Fernsehsender ausüben kann, was zu einer Verstärkung des Oligopols zwischen Bertelsmann und P7S1 führen würde. Wenn die P7S1 keinem Wettbewerbsdruck vom benachbarten Anzeigenmarkt mehr ausgesetzt wäre, wären die Sender bei der Preisgestaltung für Fernsehwerbung nicht mehr zur Preisdisziplin gezwungen. Dies würde dieselbe Wirkung für die Bertelsmann-Sender entfalten. Dies gilt insbesondere, wenn man die oben dargestellte Werbestrategie von AS für Werbung in der BildZeitung berücksichtigt. Auf die „Gefahr“ dass bei Kombinationsangeboten die Rabattgefügte der Fernsehsender auf den Printbereich übertragen werden, ist danach nicht nachvollziehbar. Es könnte genauso umgekehrt sein, dass Werbekunden, die zur Bewerbung ihres Produkts auf eine Kombination angewiesen sind, im Ergebnis weniger Rabatte bekommen, da sie keine Ausweichmöglichkeit haben. In dieses Bild fügt sich der Titel der Präsentation des Geschäftsführers von SevenOne Media auf dem Crossmedia Forum 2005, „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“.112 Ebenfalls für die gezielte Nutzung mehrerer Medien hat sich bereits im Jahr 2004 Claus Seebeck, der Geschäftsführer der AS-Tochter AS Interactive GmbH geäußert. Er führt aus, dass immer dann, wenn in kurzer Zeit Reichweite, Bekanntheit und Imageaufbau (Markenaufbau) erzielt werden sollen, kein Weg an den klassischen Kanälen Print/TV vorbeiführe. Für die Zukunft sehe er zwar keine sprunghafte, aber doch eine kontinuierliche Entwicklung hin zu mehr kanalübergreifenden Kommunikations-Lösungen.113 In diesem Zusammenhang kann auch auf die Äußerungen des SpiegelGeschäftsführers Karl Dietrich Seikel in einem Interview Bezug genommen werden.114 In dem Interview führt Karl Dietrich Seikel aus, Werbekunden würden zunehmend Kombinationen aus der Printausgabe des Spiegel, dem Internetportal Spiegel-net, Spiegel TV und dem Fernsehsender XXP nachfragen. Crossmediale Werbepakete spielten eine zunehmende Rolle. Die Spiegel-Gruppe werde in 2005 mit diesen Angeboten bereits einen Umsatz von mehr als 5 Mio. € generieren, was gegenüber dem Vorjahr ein Plus von fast 60% darstelle. Selbst wenn zukünftig nur mit einem Anteil von Cross-Media-Angeboten im Werbemarkt von 5% – 10% zu rechnen sein sollte115, können die realisierbaren Kampagnen zu einer Stärkung der marktbeherrschenden Stellung des zusammengeschlossenen 112 113 114 115 Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Anlage zum Schreiben des OMG v. 1. November 2005, Titelseite. Anlage 10 zum Schreiben von Holtzbrinck v. 27. Oktober, 2005. Die Zeit v. 24.November 2005. Anlage 40 der Anmeldung, S. 42. 66 Unternehmens auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt und dem bundesweiten Anzeigenmarkt für Zeitungen führen. 4. Weitere Märkte Auf den Märkten für Online-Werbung sowie die Produktion von Fernsehsendungen kommt es zwar zu Marktanteilsadditionen. Die Marktanteile von AS und P7S1 auf diesen Märkten sind jedoch marginal. Auf dem Markt für Online-Werbung kommt AS auf einen Marktanteil von unter 5%, während P7S1 einen Marktanteil von unter 1% erreicht. Auf dem Markt für die Produktion von Fernsehsendungen kommt die AS-Tochter Schwartzkopff RV auf einen Marktanteil von weit unter 10%, während P7S1 Produktion kaum Außenumsätze erzielt. Zusammen liegt der Marktanteil jedenfalls unter 10%. Auf weiteren Medienmärkten, auf denen AS tätig ist, u.a., - regionale Abonnement-Tageszeitungen - Lesermärkte für Sonntagszeitungen - diverse Zeitschriftenmärkte führt der Zusammenschluss nach den Ermittlungen des Bundeskartellamtes nicht zur Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen. Soweit AS auf einer Reihe dieser Märkte – etwa dem Lesermarkt für regionale AbonnementTageszeitungen in Hamburg – über eine marktbeherrschende Stellung verfügt, wird diese durch den Zusammenschluss jedenfalls nicht verstärkt. VII. ABHILFEMAßNAHMEN 1. Lizenzauflagen Mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 haben die Anmelderinnen der Beschlussabteilung mitgeteilt, dass von den Landesmedienanstalten angeregt worden sei, Auflagen in die Rundfunklizenzen der Sender von P7S1 aufzunehmen. Weiter haben sie – unter Hinweis auf die Verpflichtungen nach § 50c Abs. 2 GWB – angeregt, dass sich die Beschlussabteilung mit der jeweiligen Landesmedienanstalt (für Sat.1:Rheinland-Pfalz, für 67 ProSieben: Berlin/Brandenburg, für Kabel 1 und N24: Bayern) in Verbindung setzt, um sich von der rundfunkrechtlichen Durchsetzung und Überwachung der angeregten Lizenzauflagen zu überzeugen. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Verpflichtungen: 1. Verpflichtung, keine Programminhalte unter Verwendung der Marke BildZeitung zu gestalten („kein Bild TV“); 2. Verpflichtung, in den Programmen nicht in einer Weise auf die Berichterstattung der Bild-Zeitung Bezug zu nehmen, die über das Maß anerkannter journalistischer Grundsätze (§10 RStV) hinaus geht; 3. Verpflichtung, keine Werbung oder Sponsoring für die Bild-Zeitung zu schalten, deren Umfang die Werbebuchungen für die Bild-Zeitung im Durchschnitt der Werbebuchungen der Jahre 2000 bis 2005 übersteigt (Dynamisierung bei Anstieg der gesamten für Printmedien geschalteten Werbebuchungen im TV und/oder Anstieg des Budgets der Bild-Zeitung für Werbebuchungen im TV im Vergleich zum Durchschnitt der Werbebuchungen im TV der Bild-Zeitung der Jahre 2000 bis 2005); 4. Verpflichtung, der Bild-Zeitung bei den nach Nr. 3 zulässigen Werbebuchungen keine günstigeren Konditionen einzuräumen als in der Vergangenheit oder als unabhängigen Dritten; 5. Verpflichtung, die TV-Werbezeit der P7S1-Programme getrennt von Anzeigenangebot von AS zu vermarkten. Die Kontrolle der Einhaltung dieser Verpflichtungen soll den lizenzgebenden Landesmedienanstalten im Rahmen ihrer Lizenzaufsicht obliegen. Die Aufsicht über die Verpflichtungen nach Nr. 3 bis 5 soll durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer, der vom Vorstand von AS/P7S1 benannt wird, unterstützt werden, indem dieser der jeweiligen Landesmedienanstalt seine Ermittlungsergebnisse in Berichtform zu Verfügung stellt. Bei den vorgeschlagenen Lizenzauflagen handelt es sich – anders als die Anmelderinnen meinen – nicht um eine im Rahmen der Prognoseentscheidung zu berücksichtigende Sachverhaltsänderung. Die Lizenzauflagen sind darüber hinaus nicht geeignet, die materiellen Bedenken der Beschlussabteilung auszuräumen. 68 1.1 Sachverhaltsänderung Bei den vorgeschlagenen Lizenzauflagen handelt es sich nicht um im Rahmen der fusionskontrollrechtlichen Prüfung zu berücksichtigende Sachverhaltsänderungen. Es handelt sich zum Einen nicht um eine strukturelle Veränderung des Zusammenschlussvorhabens, die eine entscheidungserhebliche Änderung des zu beurteilenden Sachverhalts darstellen würde. Der fusionsrechtlich zu beurteilende quantitative Umfang des Zielobjektes P7S1 ändert sich durch die Lizenzauflage nicht. Zum Anderen ändern die Lizenzauflagen auch qualitativ nichts am Umfang des Zusammenschlussvorhabens, was gegebenenfalls bei der wettbewerblichen Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen wäre. Nach Aussagen der befragten Landesmedienanstalten ist es – nach deren Einschätzung – zwar möglich, die Auflagen in einer Lizenz aufzunehmen. Es wurde aber eingeräumt, dass es auf der Grundlage der jeweiligen Landesmediengesetze und des derzeitigen Rundfunkstaatsvertrages nur unzureichende bzw. keine rechtlich abgesicherten Sanktionsmöglichkeiten gegen Verstöße gebe. Dies wurde insbesondere im Hinblick auf die Auflagen Nr. 3 bis 5, die die wirtschaftlichen Verhältnisse, und nicht die medienrechtlich maßgebliche Meinungsmacht betreffen, eingeräumt. Wenn man außerdem berücksichtigt, dass ein Lizenzentzug als ultima ratio nur in schwerwiegenden Fällen eines Verstoßes in Frage kommt, haben die Lizenzauflagen nicht die für eine fusionskontrollrechtliche Prognose erforderliche strukturelle Qualität. Im Ergebnis kommt es jedoch auf die Frage, ob es sich bei den Lizenzauflagen um eine fusionskontrollrechtlich relevante Sachverhaltsänderung handelt, nicht an, da die Auflagen nicht nur als Nebenbestimmungen unzulässig, sondern auch materiell zur Beseitigung der wettbewerblichen Bedenken nicht geeignet sind. 1.2 Formelle Zulässigkeit als Nebenbestimmungen Gemäß § 40 Abs. 3 Satz 1 GWB kann die Freigabe eines Zusammenschlusses mit Bedingungen oder Auflagen verbunden werden. Nach Satz 2 dürfen diese sich allerdings nicht darauf richten, die beteiligten Unternehmen einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterstellen. Als Nebenbestimmungen kommen folglich nur strukturelle Maßnahmen, d.h. Maßnahmen, die an den Wettbewerbsbedingungen, nicht am Wettbe- 69 werbsverhalten anknüpfen, in Frage.116 Maßnahmen, die auf die Beseitigung unternehmerischer Einflussmöglichkeiten gerichtet sind, bergen die Gefahr, zu einer Verhaltenskontrolle zu führen.117 Ratio des Verbots von Verhaltensauflagen im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle als Strukturkontrolle ist, dass die Kompensation der wettbewerbsschädlichen Auswirkungen, spiegelbildlich, nur durch strukturbezogenen Maßnahme erfolgen kann. Bei den vorgeschlagenen Verpflichtungen handelt es sich – anders als die Anmelderinnen meinen – nicht um Verpflichtungen mit marktstruktureller Wirkung, sondern um Verhaltenszusagen ohne strukturellen Bezug, die einer laufenden Verhaltenskontrolle bedürfen. Damit stellen sie grundsätzlich keine geeigneten Abhilfemaßnahmen dar. Eine Überwachung durch die Landesmedienanstalten ändert an dieser Sachlage nichts. Sie würde lediglich an die Stelle der – nach § 40 Abs. 3 Satz 2 GWB nicht zulässigen – Verhaltenskontrolle durch das Bundeskartellamt treten. Darüber hinaus sind die Lizenzauflagen materiell nicht geeignet, die wettbewerblichen Bedenken der Beschlussabteilung zu beseitigen. 1.3 Materielle Geeignetheit der Lizenzauflagen Die Anmelderinnen gehen davon aus, dass diese Verpflichtungen in die Lizenzen aufgenommen und damit von den Landesmedienanstalten überwacht werden können. Die Landesmedienanstalten haben im Rahmen ihrer Aufsicht grundsätzlich die Aufgabe, die Einhaltung der Lizenzverpflichtungen zu überwachen. Ihnen fehlen jedoch, insbesondere für die vorgeschlagenen Lizenzauflagen, wirksame Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die in Rede stehenden Lizenzverpflichtungen, insbesondere die Nr. 3 bis 5, nicht rundfunkrechtlichen, sondern kartellrechtlichen Bedenken Rechnung tragen sollen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die vorgeschlagenen Auflagen nach Auskunft der Landesmedienanstalten in 116 Ruppelt in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Auflage 2000, § 40 Rn. 29. 117 OLG Düsseldorf, Beschluss v. 16.12.2002, Kart 25/02 (V).; Ruppelt a.a.O.. 70 Rheinland-Pfalz und Berlin/Brandenburg nicht – wie von den Anmelderinnen behauptet – von ihnen intendiert und formuliert wurden, sondern von AS. Ihr Zweck ist im vorliegenden Fall insbesondere auf die kartellrechtliche Freigabe gerichtet und die Landesmedienanstalten sind nicht zur Wahrung ihrer gesetzlichen Aufgaben, an einer Einhaltung interessiert. Sie verfügen bei ihrer Überwachungsaufgabe, wie bereits oben dargelegt, aus kartellrechtlicher Sicht, nur über unzureichende rechtliche Möglichkeiten der Durchsetzung. Im Übrigen räumen die medienrechtlichen Gesetze den Landesmedienanstalten Spielräume ein, die zu weit sind, um den kartellrechtlichen Bedenken hinreichend Rechnung zu tragen. Das LMG Rheinland-Pfalz sieht in § 27 Abs. 5 Nr. 2 vor, dass eine Lizenz zu entziehen ist, wenn in der Zulassung bezeichnete Voraussetzungen nach Ablauf einer von der Landesmedienanstalt gesetzten Frist nicht eingehalten würden. Lizenzauflagen stellen keine Voraussetzungen in diesem Sinne dar. Die Möglichkeit, Lizenzauflagen als derartige Voraussetzungen zu deklarieren, besteht nur für solche mit medienrechtlichem Bezug. Dieser ist jedenfalls für die vorgeschlagenen Auflagen Nr. 3. bis 5. nicht gegeben. Zudem ist selbst in diesem Fall eine Fristsetzung vor dem Entzug der Lizenz vorgesehen. Nach Abs. 6 dieser Vorschrift kann (Ermessen) eine Lizenz u.a. dann entzogen werden, wenn der Lizenznehmer drei mal schwerwiegend gegen seine Verpflichtungen nach dem LMG Rheinland-Pfalz verstoßen hat. Zunächst ist ein dreimaliger Verstoß Voraussetzung bis es überhaupt zu einem Lizenzentzug kommen kann. Was schwerwiegend im Sinne dieser Vorschrift ist, ist darüber hinaus Wertungssache und eröffnet damit einen Beurteilungsspielraum. Ein stringentes Vorgehen nach kartellrechtlichen Erfordernissen ist damit nicht gewährleistet. Geht man vom BayMG aus, so ist dort in Art. 16 Abs. 1 geregelt, dass die Landesmedienanstalt Anordnungen treffen kann. Sie hat also einen Ermessenspielraum. Eine strikte Einhaltung der Auflagen ist nicht gewährleistet. In diesem Zusammenhang sind auch die Äußerungen des Präsidenten der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Herrn Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, zu berücksichtigen, der bereits im Vorfeld der Anmeldung davon ausging, dass „nach den Regeln des Medienrechts“ für ihn feststehe, dass eine maßgebliche Beteiligung von AS an P7S1 „möglich wäre“.118 Konsequen- 118 So schon im Vorfeld des Zusammenschlusses im Februar 2005 im Kontakter v. 28. Februar 2005 und in einem Interview im August 2005 im Kontakter v. 22. August 2005. 71 terweise dürften daher aus seiner Sicht Auflagen aus medienrechtlichen Gründen nicht erforderlich sein. Auch die Vorschriften des Landesrundfunkgesetz von Berlin-Brandenburg, § 32 Abs. 2 Nr. 5 MStV-BB, auf die die Anmelderinnen verweisen, führen zu keiner anderen Einschätzung. So ist dort geregelt, dass die Lizenz widerrufen wird (kein Ermessen), „wenn der Veranstalter nach wiederholter Beanstandung erneut Inhalte verbreitet, die gegen geltendes Recht verstoßen, insbesondere einen strafbaren Inhalt haben, oder der Veranstalter sonst in schwerwiegender Weise gegen rechtliche Verpflichtungen verstößt (...).“. Nach der gegenwärtigen Rechtslage stellt eine Lizenzauflage eine rechtliche Verpflichtung dar und kein geltendes Recht. Es muss sich also um einen Verstoß in schwerwiegender Weise handeln. Weiter müssen zunächst mehrere Beanstandungen durch die Landesmedienanstalt ausgesprochen werden, was diese in der Hand hat. Bei einem „Verstoß in schwerwiegender Weise“ handelt es sich um einen sehr weiten unbestimmten Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum, der wiederum von der Landesmedienanstalt ausgelegt werden muss. Auch dies belegt, dass es ein „langer Weg“ ist, bis es tatsächlich zu einem Lizenzentzug kommt. In der Regel geht es bei der Beurteilung der Einhaltung von Lizenzauflagen um Wertungsfragen. Ein Lizenzentzug setzt gravierende Verstöße und regelmäßig zunächst ein mehrstufiges Beanstandungssystem voraus. Tatsächlich ist es in der Vergangenheit lediglich in einem Fall in Baden-Württemberg zu einem Lizenzentzug gekommen. Herr Dr. Hege von der mabb hält einen Lizenzentzug bei einem Sender wie Sat.1 für unrealistisch. In Frage kämen hier eher finanzielle Sanktionen beim Verstoß gegen die vorgeschlagenen Lizenzauflagen, für die es – abgesehen von der Verhängung eines Zwangsgeldes in Höhe von maximal 100.000,- € – noch keine Rechtsgrundlage gibt. Nach der gegenwärtigen Rechtslage ist eine kartellrechtlichen Maßstäben gerecht werdende Aufsicht über die Einhaltung der Lizenzauflagen nicht gewährleistet. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus § 50c Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift sieht vor, dass die Kartellbehörden im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung mit den Landesmedienanstalten zusammenarbeiten. Sie impliziert nicht, dass Aufsichtsmaßnahmen, die dem Schutz des Wettbewerbs nach dem GWB dienen, von Landesbehörden 72 durchgeführt werden. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Aufsichtsmaßnahmen handelt, zu denen die Bundesbehörde selbst nicht befugt ist. Auch die von den Anmelderinnen angeregte Auflage über Informations- und Vorlagepflichten der Zusammenschlussparteien können eine weitergehende Überwachung der Einhaltung der Auflagen nicht gewährleisten. Denn auch dann wären die Landesmedienanstalten gegenüber dem Bundeskartellamt zu nichts verpflichtet. Zudem würde eine solche Auflage zu einer unzulässigen Verhaltenskontrolle durch das Bundeskartellamt führen, die – anders als die auflösende Bedingung in dem von den Anmelderinnen angeführten Verfahren der 9. Beschlussabteilung119 – gerade nicht auf eine strukturbezogene Maßnahme gerichtet ist. Die vorgeschlagenen Auflagen sind im Übrigen auch materiell nicht geeignet, die wettbewerblichen Bedenken zu beseitigen: Die in Auflage Nr. 1 enthaltene Verpflichtung, die Marke Bild nicht unmittelbar zu verwenden, ist nicht hinreichend, die Bild-Zeitung nicht durch redaktionelle CrossPromotion auf dem Lesermarkt zu stützen. Es wird für die hier maßgebliche Beurteilung nicht allein auf Bild-TV als zentrales Element abgestellt. Die in Auflage Nr. 2 enthaltene Verpflichtung, journalistische Grundsätze im Sinne von § 10 RStV (der sehr unbestimmt gefasst ist und sich nur auf Berichterstattung, Informationssendungen, Nachrichten und Kommentare sowie die Wiedergabe von Meinungsumfragen bezieht) einzuhalten, gilt als gesetzliche Vorschrift unabhängig von einer Lizenzauflage bereits heute und vermag somit nichts zu bewirken. Die Verpflichtung in Auflage Nr. 3 könnte zwar eine dämpfende Wirkung im Hinblick auf werbliche Cross-Promotion zugunsten der Bild-Zeitung haben. Dies reicht aber nicht aus, da diese Wirkung als so gering zu bewerten ist, dass es in der Gesamtschau zu keiner Ausräumung der bestehenden Bedenken kommt. Hinzu kommt, dass die Überwachung der Einhaltung durch einen Wirtschaftsprüfer unterstützt werden soll. Wirtschaftsprüfer sind grundsätzlich den Interessen von Gesellschaftern/Aktionären verpflichtet und nicht den Aufsichtsbehörden. Es besteht folglich ein Konflikt, da die Interessen der Gesellschafter/Aktionäre nicht gleichzusetzen sind, mit den Interessen der Aufsichtsbehörde bzw. des Wettbewerbsschutzes. 119 Vgl. B9-91/03 Deutsche Bahn / Üstra. 73 Die Verpflichtung in Auflage Nr. 4 hat keine Auswirkung auf die Beurteilung des Zusammenschlusses. Selbst wenn die Bild-Zeitung Fernsehwerbung bei den Sendern von P7S1 nur zu „marktüblichen Konditionen“ buchen kann, verbleiben die Ausgaben/Einnahmen innerhalb des Konzerns und sind somit neutral. Für das Konzernergebnis spielt es insoweit keine Rolle, ob die Bild-Zeitung niedrigere Werbeausgaben hat oder P7S1 entsprechen höhere Werbeeinnahmen erzielt. Bezüglich des Wirtschaftsprüfers gelten die unter 3. gemachten Ausführungen. Der Verpflichtung in Auflage Nr. 5 könnte eine dämpfende Wirkung auf die Verstärkung der Stellung von AS auf dem bundesweiten Anzeigenmarkt für Zeitungen zukommen. Allerdings vermag sie nichts im Hinblick auf den Wegfall des Substitutionswettbewerbs zwischen Fernsehwerbung und Werbung in der Bild-Zeitung zu bewirken. Auch hier gelten bezüglich des Wirtschaftsprüfers die unter 3. gemachten Ausführungen. Die Anmelderinnen begründen ihre Ansicht, es komme durch die Auflagen zu keinen verbesserten Werbekonditionen für die Bild-Zeitung damit, dass die Bild-Zeitung ihre Fernsehwerbung nur zu den gleichen Konditionen wie andere Verleger von Straßenverkaufszeitungen erwerben könne. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass es neben der Bild-Zeitung keine bundesweit verbreitete Straßenverkaufszeitung gibt und somit auch keine „gleichen Konditionen“ als Maßstab für die Bild-Zeitung bestehen. 2. Veräußerungsvorschläge vom 22. Dezember 2005 AS bietet darüber hinaus an, zur Abwendung einer fusionskontrollrechtlichen Untersagung, ihre Beteiligungen an dem Tiefdruckunternehmen Prinovis Ltd. & Co. KG sowie ihre Beteiligungen an denjenigen Hörfunksendern und Pressevertriebsunternehmen zu veräußern, an denen gleichzeitig Bertelsmann beteiligt ist. Weiter ist AS bereit, zusätzliche Geschäftsbereiche und Beteiligungen an Programmzeitschriften, weiteren Zeitschriften und Zeitschriftenverlagen, Hörfunk- und Ballungsraumfernsehsendern, Anzeigenblätter und Onlineunternehmen zu veräußern. Es handelt sich dabei um strukturelle Maßnahmen, die grundsätzlich in Betracht kommen. Sie führen dazu, dass es zu keinen zusätzlichen Verflechtungen zwischen den Duopolmitgliedern kommt. Die Beschlussabteilung stellt bei der Frage der Verstärkung des bestehenden Duopols neben anderen Aspekten auch auf die durch den Zusammenschluss hinzukommenden Verflechtungen ab. Diese Verstärkungswirkung würde 74 nach einer Veräußerung nicht mehr eintreten. Allerdings reicht dies im Hinblick auf die weiteren bestehenden Bedenken nicht aus. Durch den geplanten Zusammenschluss kommt es zu einer strukturellen Angleichung des Duopols, auch unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen strukturellen Maßnahmen (Auflösung entstehender Verflechtungen, Veräußerung von Zeitschriften und weiterer Radio- und Lokalfernsehsender). Im Ergebnis kommt es auch durch die abgeschwächte Symmetrie im Vergleich zum Ist-Zustand jedenfalls zu einer – wenn auch im Vergleich zum Vorhaben ohne Auflagen geringeren – Verstärkung des Duopols. VIII. ABWÄGUNG Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen durch den Zusammenschluss auf anderen Märkten, die die Nachteile der Verstärkung der beherrschenden Stellung auf den unter VI 1. bis 3. genannten Märkten überwiegen, sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich. IX. GEBÜHREN (...) RECHTSMITTELBELEHRUNG Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich binnen einer mit Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat beim Bundeskartellamt, Kaiser-Friedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es genügt jedoch, wenn sie innerhalb dieser Frist bei dem Beschwerdegericht, dem Oberlandesgericht Düsseldorf, eingeht. Wird Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach § 42 Abs. 1 GWB gestellt, so beginnt die Frist für die Beschwerde mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Die Beschwerde ist zu begründen. Die Frist für die Beschwerdebegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Verfügung und kann auf Antrag vom Vorsitzenden des Beschwerdegerichts verlängert werden. Die Be- 75 schwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Paetow Teschner Kundan