Der Konsument digitaler Videos

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Der Konsument digitaler Videos
September 2007 / Der Konsument digitaler Videos Die Transformation des europäischen Markts für Videocontent
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Der Konsument
digitaler Videos
Die Transformation des europäischen Markts für Videocontent
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Der Konsument digitaler Videos
Table of Contents
INHALTSVERZEICHNIS
I. EINLEITUNG / seite 3
II. ZUSAMMENFASSUNG / seite 7
III. DER EUROPÄISCHE MARKT FÜR VIDEOCONTENT 2006 / seite 13
a.
b.
Überblick über die Videocontent-Branche
Nutzungsverhalten bei Videocontent
IV. MARKTSZENARIEN UND WAHRSCHEINLICHE ERGEBNISSE / seite 19
a.
b.
c.
d.
e.
Zweck der Szenarien
Größte Unsicherheiten
Vier Szenarien für Europa 2012
Wahrscheinliche Ergebnisse (Europa insgesamt)
Unterschiede zwischen nationalen Märkten
V. EINFLUSSFAKTOREN FÜR VERÄNDERUNGEN / seite 37
a.
b.
c.
d.
e.
Verbraucher
Technologie
Marktakteure
Werbekunden
Regulierung und Politik
VI. KONSEQUENZEN FÜR DIE ZUKUNFT / seite 87
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I. EINLEITUNG
Hintergrund und Ziele des Berichts
Auf dem europäischen Markt für Videocontent werden sich Prognosen zufolge in naher Zukunft grundlegende Veränderungen vollziehen. Einflussfaktoren für diese Veränderungen sind:
•
umfassende Verfügbarkeit neuer Formate und interaktiver Anwendungen für digitale Inhalte und steigende Verbreitung digitaler Plattformen für die Distribution von Inhalten,
•
multifunktionale Geräte wie videofähige mobile Handsets, mit denen Nutzer einzigartige und originelle Inhalte selbst produzieren können,
•
Einstieg neuer Marktakteure auf Infrastruktur- und Internet-Ebene („Over-the-Top“),
die für ein vorher nie da gewesenes Maß an Innovation und Wettbewerb sorgen.
Diese Entwicklungen werfen eine entscheidende Frage auf: Wer oder was steht im Zentrum
künftiger Entwicklungen auf dem europäischen Markt für Videocontent? Dieser Bericht behandelt diese Frage. Hierzu wird zunächst die bisherige Entwicklung des europäischen
Konsumenten von Videocontent beleuchtet. Der Bericht untersucht die aktuellen Trends bei
der Nutzung von Inhalten, die für eine Prognose der Nachfrage und des Nutzungsverhaltens in
den nächsten fünf Jahren relevant sind. Zudem wird untersucht, in welchem Maße diese Trends
beim Konsumentenverhalten Geschäftsmodelle für die Erstellung, Aggregation und Distribution von Videocontent in Europa beeinflussen. Der Bericht beschreibt auch einige mögliche
Ergebnisse und Szenarien, die sich aus der Interaktion der oben beschriebenen Einflussfaktoren
ergeben.
Und schließlich beschreibt dieser Bericht auch, wie sich diese Ergebnisse zu bestimmten Zielen
der europäischen Politik verhalten. Von Politikern bereits vorgestellte, relevante Ziele sind:
•
Schaffung eines Binnenmarktes zur Ankurbelung der Produktion und des Vertriebs von
europäischen linearen und audiovisuellen On-Demand-Inhalten durch eine Harmonisierung von Inhalten und Werberegeln,
•
Konzeption neuer politischer Strategien für audiovisuelle Inhalte, damit Eigentümer und
Ersteller ihre Inhalte für die digitale Distribution, insbesondere die Online-Distribution aber
auch die Distribution über digitale und mobile Fernsehplattformen zur Verfügung stellen,
•
Aufbau von Vertrauen in den europäischen Markt für digitale Inhalte durch:
–
Schutz der Rechte am geistigen Eigentum und Bekämpfung der Piraterie
–
Verbesserung des Verbraucherschutzes und Ermutigung zur legitimen Nutzung
von Inhalten
Politiker können bei der Beschleunigung des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Marktes für Videocontent eine entscheidende Rolle spielen. Gleichzeitig macht jedes
wirksame Regulierungssystem das sorgfältige Abwägen aller Einflussfaktoren notwendig. Dieser
Bericht versucht, neue Einblicke in eine wahrscheinliche künftige Entwicklung des Marktes zu
geben, mit deren Hilfe das richtige Gleichgewicht gefunden werden kann.
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Wichtige Botschaften
•
Europa befindet sich in einer Übergangsphase hin zu einem Massenmarkt für neue
digitale Videoplattformen und die On-Demand-Nutzung von Inhalten.
•
Im Hinblick auf die Schnelligkeit und Art der Veränderungen in den nächsten fünf
Jahren lassen sich verschiedene alternative Szenarien vorstellen. Nichtsdestoweniger
gilt bei allen wahrscheinlichen Szenarien:
•
–
Die Weiterentwicklung der Technologie, aber auch Innovation und Wettbewerb werden Konsumenten eine nie da gewesene Macht und Wahlmöglichkeiten verleihen, nach denen sie entscheiden können, was sie wann und
wie sehen.
–
Die On-Demand-Nutzung von Inhalten wird ein entscheidender Wachstumsfaktor sein; der traditionelle „entspannt zurückgelehnte“ (lean back) Konsum von Fernsehinhalten wird jedoch weiterhin die vorrangige Nutzungsmethode sein. Die Mehrheit der Nutzer wird die traditionelle „entspannt
zurückgelehnte“, d.h. reaktive, der „nach vorn gebeugten“ (lean forward),
d.h. aktiven, Haltung vorziehen.
–
Dennoch werden traditionelle Marktakteure gezwungen sein, ihr Angebot
noch attraktiver zu gestalten. Der Wettbewerb wird mit dem Markteinstieg
neuer Akteure, darunter Telekommunikationsfirmen, die IPTV-Leistungen
anbieten, und „Over-the-top“-Internetanbietern von Videocontent dramatisch steigen.
Angesichts dieser Faktoren ist aus unserer Sicht das wahrscheinlichste 5-Jahres-Szenario
eine „Weiterentwicklung“:
–
Schnelle, aber maßvolle Veränderungen: On-Demand-Inhalte machen bis
2012 bis zu 20% der gesamten Nutzungszeiten aus und werden bis 2017
ständig weiter ansteigen.
–
TV-basierte On-Demand-Plattformen (beispielsweise Internet Protocol Television oder IPTV) werden häufiger für On-Demand genutzt als öffentliche
Internetplattformen.
–
Das Umsatzwachstum in der Branche liegt weiterhin auf historischem
Niveau (4% bis 6% p.a.).
4
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•
•
Viele Faktoren sprechen für diese kurzfristige Schlussfolgerung, vier von ihnen sind
jedoch entscheidend.
1.
Die reaktive (Lean Back) ist im Gegensatz zur aktiven (Lean Forward) Nutzung für Verbraucher immer noch ein wichtiges Bedürfnis.
2.
Die Entwicklung der Infrastruktur wird in den nächsten 5 Jahren wahrscheinlich kein öffentliches internetbasiertes „Lean Back“ Fernsehen der
gleichen Qualität hervorbringen wie IPTV bzw. Video-on-Demand über das
Fernsehen (TV VOD).
3.
Das Sehverhalten der Jugend ändert sich zu Gunsten neuer VOD-Modelle.
Deren allgemeiner Einfluss ist aufgrund der demografischen Situation in
den nächsten 5 Jahren jedoch beschränkt.
4.
Content-Ersteller werden wahrscheinlich experimentieren. Es ist aber unwahrscheinlich, dass sie die Entwicklung von internetbasierten On-DemandPlattformen auf Kosten TV-basierter Plattformen aktiv fördern werden.
Alternative Szenarien sind möglich und wurden in diesem Bericht beleuchtet
–
„Nächste Generation“ (was wir als nächsten natürlichen Schritt der „Weiterentwicklung“) extrem ausgerichtet auf On-Demand und neue Plattformen.
–
„Trittbrettfahrer“, indem etablierte Geschäftsmodelle zusammenbrechen,
diese aber nicht angemessen durch lebensfähige neue Modelle ersetzt
werden, was in einer Verringerung der Renditen und Investitionen entlang
der Wertschöpfungskette führt.
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2007
II. ZUSAMMENFASSUNG
Der europäische Markt für Videocontent befindet sich in einem rasanten Übergang zum Zeitalter digitaler Videocontent. Es ist ein mitreißendes Drama, das sich auf Fernsehapparaten, iPods,
Mobiltelefonen, Computern und anderen Geräten abspielt, mit denen Videocontent heruntergeladen werden können.
Der Star bei alldem ist der Verbraucher, der mit dem Aufkommen neuer Technologien, neuer
Wettbewerber und einer Explosion an digitalem Videocontent eine nie da gewesene Macht und
unzählige Wahlmöglichkeiten bekommt. Europäische Nutzer werden vermehrt in der Lage sein,
zu sehen, was sie wollen, wann sie wollen und wo sie wollen. Diese grundlegenden Umwälzungen bedrohen die traditionelle Ordnung in Bezug darauf, wer Videocontent erstellt, verwaltet
und verbreitet. Sie werden auch die Aufteilung des über 120 Mrd. Euro umfassenden Umsatzvolumens für europäischen Videocontent, aber auch seine langfristigen Wachstumsaussichten
ändern.
Das von vielen Beobachtern und Akteuren der Branche gezeichnete Bild ist eines des schnellen,
radikalen und vor allem unvermeidlichen Wandels. Unsere Untersuchungen zeigen allerdings
viel mehr Unsicherheit, mit vielen verschiedenen Szenarien, die in den nächsten fünf Jahren
möglich sind. Wir erwarten, dass das wahrscheinlichste kurzfristige Ergebnis das eines des
maßvollen Wandels sein wird (siehe unser Szenario „Weiterentwicklung“), bei dem die Zuschauer neue Technologien stetig, aber nur allmählich annehmen.
Dieses Szenario ist wie eine Zwischenstation entlang des gleichen langfristigen Trends wie
das radikalere Szenario „Nächste Generation“. Der wichtigste Unterschied ist die zeitliche
Gestaltung. Das Szenario „Weiterentwicklung“ geht davon aus, dass der Markt länger als 5
Jahre braucht, um zum Szenario „Nächste Generation“ zu gelangen. Diese Entwicklung (einschließlich der kurzfristigen schrittweisen Weiterentwicklung) kann für beide Seiten, die Verbraucher und die Branche, Gewinn bringend sein. Verbraucher bekommen mehr Wahlmöglichkeiten und nehmen verbesserte Leistungen so schnell an, wie sie es möchten. Damit fördern sie
ein kontinuierliches Wachstum im Markt für Videocontent. Traditionelle Akteure werden auch
weiterhin „im Geschäft“ bleiben. Ein dramatisch steigender Wettbewerb wird sie jedoch dazu
zwingen, innovativer zu werden und ihre Leistungsfähigkeit deutlich zu erhöhen. Für den Erfolg
neuer Wettbewerber ist vor allem ihre Fähigkeit entscheidend, Programm- und Nutzungsoptionen zu liefern, die bei Verbrauchern anders ankommen als nur eine weitere „Ich jetzt auch“Lösung.
Der Europäische Markt für Videocontent 2006
Die Nachfrage nach traditionellem Videocontent besteht weiterhin. Trotz der Popularität anderer
neuer Formen der Unterhaltung (wie Videospiele) sehen Europäer jedes Jahr mehr Fernsehsendungen, Filme und anderen Videocontent. Pro Person waren das in den Jahren zwischen 2001
und 2005 im Durchschnitt 3,4 Stunden, d.h. ein kontinuierlicher Anstieg um 1%. Unser Nutzungsverhalten entwickelt sich relativ langsam weiter, obwohl dank der neuen Technologie die
entsprechenden Möglichkeiten zur Verfügung stünden. Wir sind in der Mehrheit Verbraucher,
die eine reaktive Nutzung, d.h. ein „entspanntes Zurücklehnen“, bevorzugen. 95% der Familienfernsehsendungen werden zu den vorgegebenen Sendezeiten angeschaut.
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Diese große und florierende Gruppe der Fernsehzuschauer hat ein starkes Marktwachstum
gewährleistet. 2005 zahlten Verbraucher 61 Mrd. Euro für Abonnements, Lizenzgebühren und
andere Zahlungen an die Branche. Die Werbebranche trug weitere 28 Mrd. Euro bei. 34 Mrd.
Euro dieser Summe wurden von anderen Akteuren der Wertschöpfungskette an Produktionsgesellschaften und Inhaber von Rechten weitergegeben. Der Gesamtumsatz der Branche lag
somit bei 123 Mrd. Euro. Seit 2001 ist diese Summe zudem um durchschnittlich 6% pro Jahr
gewachsen.
Einflussfaktoren für Veränderungen
Verbraucher
Verbraucher experimentieren gern mit neuen Inhalten und neuen Medien. Sie schätzen die
„traditionelle“ Videounterhaltung aber ebenso. Das sind beispielsweise Filme, Sport und
andere Fernsehsendungen, die zu ihren Sendezeiten geschaut werden. Selbst jüngere Zuschauer schauen immer noch begeistert „traditionelles“ Fernsehen, auch wenn sie neugierig
neue Optionen, beispielsweise Websites für Video Sharing wie YouTube ausprobieren. Ihre
Gewohnheiten ändern sich. Es kann demografisch gesehen aber unter Umständen 10 bis 15
Jahre dauern, bis dies einen wesentlichen Effekt auf den Massenmarkt hat.
Technologie
In den nächsten fünf Jahren werden die dramatischsten Veränderungen in der verfügbaren
Technik liegen. Technologische Fortschritte – insbesondere die Einführung von Breitband-Internet – wird die Bereitstellung von qualitativ hochwertigem digitalem Videocontent für Haushalte beschleunigen. Digitales terrestrisches Fernsehen wird an Boden gewinnen. Telekommunikationsunternehmen, die Internet Protocol Television (IPTV) einführen, werden mit
etablierten Fernsehanstalten und Pay- TV-Anbietern Kopf an Kopf konkurrieren. Gleiches gilt
für Content-Aggregatoren im Internet wie Google und Yahoo, die mehr Videocontent zusätzlich zu den bestehenden Internetverbindungen der Kunden anbieten werden. Der künftige
Nutzer von digitalem Videocontent wird also größeren Zugriff auf Medien und eine Vielzahl
von Wahlmöglichkeiten haben.
Szenarien für die künftige Marktentwicklung
Um für Marktakteure und Politiker ein Bild der Zukunft zu zeichnen, haben wir
vier Szenarien entwickelt: Es handelt sich dabei um Momentaufnahmen eines
möglichen Marktes für Videocontent bis 2012.
Stabilität: Dies ist das Szenario mit dem am wenigsten „umwälzenden“ Effekt, daher aber
auch das am wenigsten „innovative“ und vielleicht für den Verbraucher (und die Branche) am
wenigsten positive. Das Kundenverhalten bleibt allgemein stabil. On-Demand-Lösungen, neue
Medien, elektronische Formate und die Technik wachsen nur begrenzt. Traditionelle Geschäftsmodelle bestehen weiterhin. Das geringe, einstellige Wachstum wird vor allem von der
seitens der Regierungen geforderten Aufrüstung von analogem terrestrischem Fernsehen auf
digitales terrestrisches Fernsehen gefördert.
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Nächste Generation: Bei diesem Szenario wird die technische Infrastruktur schnell aufgerüstet.
Zudem ändern Kunden schnell ihre Nutzungspräferenzen. Inhalte werden nahtlos über digitale
Medienplattformen – z.B. traditionelles Fernsehen, Pay-TV, IPTV, das öffentliche Internet und
drahtlose Geräte – on-demand bereitgestellt. On-Demand erreicht ungefähr die 50%-Marke der
gesamten Nutzungszeit, die Anzahl der öffentlichen On-Demand-Plattformen im Internet entspricht denen TV-basierter Plattformen. Die Branche wächst immer schneller. Sie findet Lösungen, mit denen Piraterie auf einem Minimum gehalten werden kann, gleichzeitig jedoch Inhalte
in großem Umfang verbreitet werden können. Es wird kontinuierlich in qualitativ hochwertige
Inhalte investiert. Neue Geschäftsmodelle gewinnen beträchtliche Marktanteile, insbesondere
im On-Demand-Bereich. Traditionelle Akteure haben jedoch auch einen Anteil an diesem Wachstum, was Anreize für weitere Investitionen in neue technische Möglichkeiten bietet. Insgesamt liegen bei diesem Szenario eine Reihe sich gegenseitig verstärkende positive Entwicklungen
für Verbraucher und Branchenbeteiligte als Annahme zu Grunde.
Trittbrettfahrer: Im Gegensatz zum vorherigen Szenario verlieren bei diesem Szenario beide
Seiten, Verbraucher und Branchenakteure. Wie beim Szenario „Nächste Generation“ wird die
technische Infrastruktur zunächst schnell aufgerüstet. On-Demand-Lösungen werden von
vielen Verbrauchern angenommen. Viele neue internetbasierte Geschäftsmodelle florieren.
Beim Szenario „Trittbrettfahrer“ finden die Akteure der Wertschöpfungskette jedoch keine
langfristig überlebensfähigen Geschäftsmodelle, die sie nach der Umgehung traditioneller
Modelle den verschiedenen Stufen der Erstellung von Inhalten, Aggregation und Infrastruktur
entgegensetzen könnten. Es wird indes auch keine langfristig lebensfähige Lösung zur Eindämmung oder Begrenzung von Piraterie gefunden; der Konsum von unerlaubt kopierten Inhalten
explodiert. Dies untergräbt langfristige Investitionen in die Produktion qualitativ hochwertiger
Inhalte. Nach einer Zeit des Rückgangs der Investitionen kommen neue Geschäftsmodelle und
Kapitalquellen auf. Die Infrastruktur und die Inhalte werden jedoch möglicherweise für eine
längere Zeit in Mitleidenschaft gezogen, bevor sich die Situation wieder bessert.
Weiterentwicklung: Unserer Ansicht nach ist dies das wahrscheinlichste Szenario. Der Markt
für Videocontent entwickelt sich weiter hin zur „Nächsten Generation“. Das Nutzungsverhalten
der Konsumenten unterliegt schrittweisen Veränderungen. Sie gehen vom analogen zum digitalen Fernsehen über und nehmen nach und nach digitale On-Demand-Angebote der Fernsehanstalten an. Die Wachstumsraten verbleiben auf historischem Niveau ( 4%-6% p.a.), angefacht
von einer breiter angelegten Distribution von Inhalten und neuen Nutzungsmöglichkeiten für
Videocontent. Die Gewinne verschieben sich von den traditionellen Akteuren hin zu den Wettbewerbern im Bereich neue Medien. Traditionelle Geschäftsmodelle sind aber immer noch
rentabel. Videopiraterie ist ein Problem. Aber anders als in der Musikbranche ist sie nicht eine
so grundlegende Bedrohung und verhindert nicht, dass Eigentümer von Inhalten Programminhalte online verfügbar machen. Es wird auch weiterhin in die Qualität von Inhalten, Distributionsinfrastruktur und Innovation investiert.
Es gibt sechs Gründe, warum wir das Szenario „Weiterentwicklung“ als am
wahrscheinlichsten eingestuft haben:
1.
Fernsehen ist nicht das Gleiche wie im Internet surfen –ein reaktives im Gegensatz
zu einem aktiven Erlebnis – es gibt zudem wenig Beweise dafür, dass die Nutzung
des Internets die Fernsehgewohnheiten von heute in Frage stellt.
2.
In den nächsten 5 Jahren werden alternative Technologien für den Konsum von
Videocontent im Hinblick auf die Realisierbarkeit für Kunden echte Fortschritte
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machen. Es wird jedoch einige Zeit dauern, bis diese aufgeholt und den Status des
reaktiven traditionellen Fernseherlebnisses eingenommen haben. Insbesondere
Video-on-Demand-Lösungen im Fernsehen (oder IPTV) werden für einen Großteil
oder den gesamten Zeitraum verglichen mit internetbasiertem VOD ein höherwertiges Fernseherlebnis bieten.
3.
Das Verhalten der Jugend ändert sich. Die Nutzungsgewohnheiten tendieren in Richtung neuer VOD-Modelle. Dieser Einfluss wird jedoch auf den Zeitraum bis zum Jahr
2012 beschränkt sein, da die demografischen Veränderungen Zeit brauchen, bis sie
sich in dieser Altersgruppe manifestieren. Zudem zeigt die Erfahrung, dass nur ein
Teil des jugendlichen Verhaltens auch in späteren Lebensphasen erhalten bleibt.
4.
Kurzfristig ist es unwahrscheinlich, dass Content-Ersteller die Entwicklung von
internetbasierten On-Demand-Plattformen auf Kosten TV-basierter Plattformen aktiv
fördern. Sie werden jedoch wahrscheinlich mit allen Kanälen experimentieren, um
ihre Inhalte an den Kunden zu bringen.
5.
Wir glauben zudem auch, dass die Akteure der Branche entlang der Wertschöpfungskette (Content-Ersteller, Aggregatoren und Distributoren) ihre Geschäftsmodelle
erfolgreich überdenken werden. Die Regulierungsbehörden werden Vorschriften
erlassen, mit denen „extreme“ Ergebnisse vermieden werden sollen.
6.
Es wird davon ausgegangen, dass der rechtliche Rahmen dieses Szenarios Markttrends folgt und nicht versucht wird, aggressiv auf ein gewünschtes Ergebnis hinzusteuern.
Über 10 Jahre (bis 2017) würde die natürliche Entwicklung des Szenarios „Weiterentwicklung“
zum Szenario „Nächste Generation“ führen. Die wichtigsten Einschränkungen des Szenarios
„Nächste Generation“, die früher zum Tragen kommen, sind die Bereitstellung der Infrastruktur und deren Umfang, um es für Produzenten attraktiver zu machen, Inhalte auf alternativen
Plattformen verfügbar zu machen.
Konsequenzen - Marktakteure
Verglichen mit dem Szenario „Nächste Generation“ impliziert das Szenario „Weiterentwicklung“ weniger Wahlmöglichkeiten für den Verbraucher und ein kurzfristig langsameres Marktwachstum. Wir sehen es dennoch als positive „Zwischenstation“.
Schrittweise Veränderungen bedeuten jedoch nicht, dass aktuelle Akteure der Branche sich
zurücklehnen und passiv bleiben können. Ganz im Gegenteil: Sie müssen sich jetzt selbst
positionieren, um künftig wettbewerbsfähig zu bleiben. Zudem legt die steigende Macht des
Verbrauchers die Messlatte höher. Damit dieser mächtigere Verbraucher nicht zum Störfaktor wird, werden Qualität und Aggregation der Inhalte und ein überragendes Kundenerlebnis
wichtiger als jemals zuvor.
Die Erfolgsstrategie des einzelnen Unternehmens in diesem sich weiterentwickelnden Markt
wird je nach geografischer Lage, Branchensegment und Position im Markt variieren. Traditionelle Akteure werden ihre eigene Messlatte höher legen müssen, um wettbewerbsfähig
zu bleiben. Sie müssen sich insbesondere an eine Welt mit unbeschränkter Vielfalt an Medieninhalten und verschiedenen Plattformen für die Bereitstellung dieser Inhalte anpassen.
Umgekehrt müssen aufstrebende Wettbewerber genau überlegen, was sie zum Massenmarkt
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beitragen können und wie sie sich damit genau von den etablierten Mitwettbewerbern abgrenzen.
Konsequenzen – Regulierungsbehörden und Politiker
Politiker, die eine Steigerung des Wohlstands und der Wahlmöglichkeiten der
Verbraucher anstreben, gleichzeitig aber auch ein nachhaltiges Wachstum auf
dem europäischen Markt für Videocontent fördern wollen, müssen viele Punkte
abwägen. Beispiel:
1.
Abwägung zwischen der Abschaffung von Beschränkungen bei der gemeinsamen
Nutzung und Nutzung von Inhalten zur Förderung der „Demokratisierung“ vs. Risiko
für Inhaber von Urheberrechten (und Content-Ersteller) aufgrund von Missbrauch
durch illegale gemeinsame Nutzung und Kopieren.
2.
Abwägung zwischen der Förderung alternativer Plattformen und Netzwerke für die
Verbreitung von Inhalten vs. Aufrechterhaltung von Anreizen für die Akteure, die aktuell einen Großteil der Investitionen in die Technik bereitstellen.
3.
Abwägung zwischen dem Einsatz von Regulierung/Deregulierung zur Förderung
einer maximalen Anzahl an inhaltlichen Wahlmöglichkeit für den Verbraucher (z.B.
Entkoppeln der Distribution von der Aggregation von Inhalten) vs. Ermöglichung,
dass Verbraucher und Akteure der Branche den Wert integrierter Angebote erfassen.
4.
Abwägung zwischen Förderung öffentlicher Finanzierungsprogramme durch öffentliche Geldmittel vs. Sicherstellung, dass mit öffentlichen Geldern unterstützte Akteure
im Bereich Content-Erstellung und Aggregation von Inhalten nicht zu dominant
werden.
5.
Im weitesten Sinn müssen die Regulierungsbehörden zwischen dem Eingriff in Fragen
abwägen, die sich auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle beziehen, und der
Möglichkeit der Marktkräfte, diese selbst zu lösen. Einige wichtige Fragen in diesem
Bereich lauten:
•
Wie entwickelt man Video-on-Demand (VOD) Produkte in kritischer Größe
und fördert ihren Zugang zur Vermarktung?
•
Wie stellt man sicher, dass Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Lizensierung von Inhalten vergrößert werden können, indem die Komplexität der
Abwicklungssysteme für Urheberrechte verringert wird?
•
Ob und wie muss die Regulierung angepasst werden, damit sich in der
Wertschöpfungskette für Inhalte Veränderungen beim Wettbewerbsgleichgewicht wiederspiegeln?
•
Wie kann das Vertrauen in Systeme für Digitales Rechtemanagement (Digital
Rights Management; DRM) gestärkt werden, damit Verbraucher die Flexibilität
haben, die Inhalte, die sie auf verschiedene Art und Weise bekommen, zu nutzen und Eigentümer dieser Inhalte die Sicherheit haben, die sie zum Schutz
ihrer Investitionen brauchen?
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III. DER EUROPÄISCHE MARKT FÜR
VIDEOCONTENT 2006
a / Überblick über die Videocontent-Branche
Definition
Bei einer Analyse der Zukunft des Marktes für Videocontent in Europa ist es wichtig, die
Arten der Akteure zu definieren, die Veränderungen bewirken. Diese können in drei Gruppen
unterteilt werden: Content-Ersteller, Content-Aggregatoren und Distributoren.
Figure 1: Video content value chain definition and examples
Aggregation
Content creation
Distribution
Narrow
Definition
• Develop and
produce content
Broad
• Aggregation of
content targeted to
a specific audience
• Aggregations of
content targeted to
a broad audience
• Programming/
selection of content
• Programming/
selection of content
• Deliver entertainment
to consumers via
infrastructure, point
of sale and retail
operations
• Often bundled with
aggregation
Das Aufkommen neuer Kanäle und Technologieplattformen für die Distribution von digitalem
Videocontent kann das Machtgleichgewicht und die Gewinnverteilung zwischen den Akteuren
der Wertschöpfungskette ändern. Diese neuen Kanäle und Plattformen werden die Art, wie Videocontent verbreitet wird, ändern und es für Zuschauer einfacher machen, auszuwählen, was
sie wollen, wann sie es wollen und wo sie es wollen. Aufkommende neue Technologien sind
beispielsweise digitales terrestrisches Fernsehen (DTT), die neueste digitale Technologie, die die
Übertragung von hochauflösenden, konventionellen oder anderen Fernsehformaten ermöglicht,
Internet Protocol TV (IPTV), das auf den Fernsehern der Zuschauer von Telekommunikationsfirmen über ihre Digital Subscriber Lines (DSL) bereitgestellt wird, und „Over-the-Top“ Aggregation von Inhalten im Internet, z.B. bei Google, Yahoo und Internetshops wie Amazon.com.
Marktgröße und Rentabilität
2005 zahlten Konsumenten 61 Mrd. Euro direkt oder indirekt an die Branche. Das beinhaltet
Abonnements für Pay-TV, Lizenzgebühren und direkte Regierungsgelder, die an nationale
Fernsehanstalten fließen. Die Werbung brachte weiter 28 Mrd. Euro, womit sich die Summe
der Gelder, die aus externen Quellen in die Branche flossen, auf insgesamt 89 Mrd. Euro
erhöhte. Etwa 34 Mrd. Euro davon wurden von anderen Akteuren (Distributoren und Aggregatoren) an Produktionsfirmen und Eigentümer von Rechten weitergegeben. Der Gesamtumsatz
der Branche belief sich daher auf 123 Mrd. Euro, dies entspricht ca. 1,2% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU 15 Der Markt ist zudem in den vergangenen fünf Jahren um ca. 6% pro
Jahr gewachsen.
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Eine detaillierte finanzielle Aufstellung des Marktes zeigt ein lebendiges Bild der Akteure
und der Macht, die sie in ihren Händen halten. Content-Aggregatoren generieren dabei mit
39% den größten Teil des Gesamtumsatzes, gefolgt von den Distributoren mit 33% und den
Content-Erstellern mit 28%.
Figure 2: European video content market is ~€123 billion (revenue)
European video market revenues, 2005
Digital video
rental/sell through
100%
€34B
Sports rights
Internet
video
€48B
Mobile TV & video
Broadband ISP*
IPTV
€41B
Total =
€123B
Home Video rental
Multichannel
Box office
80
Film rights
Home video retail
Public TV
60
Satellite DTH
40
TV rights
FTA broadcasting
20
Cable operators
0
Segment share:
Creation
Aggregation
Distribution
28%
39%
33%
* Assumes 1% broadband online time spent on video, source–Nielsen/Netratings
Source: PricewaterhouseCoopers, Screen Digest, Informa, company filings, analyst reports, MEDIA Salles, Gartner
Um dem Leser ein Gefühl für die Rentabilität der Branche zu geben, haben wir den gesamten EBITDA (Ertrag vor Zinsen, Steuern und Abschreibung) berechnet, den die verschiedenen Akteure erwirtschaften. Der EBITDA ist ein guter Ausgangspunkt, obwohl er die sehr
unterschiedliche Kapitalintensität nicht berücksichtigt (d.h. die einer Distributionsfirma
gegenüber einem Content-Aggregator beispielsweise).
Der gesamte EBITDA für die Branche in Europa belief sich 2005 auf ca. 17 Mrd. Euro. Dies
entspricht einer durchschnittlichen branchenweiten EBITDA-Marge von 13%. Von diesem
Gesamtbetrag erwirtschafteten Distributionsfirmen 41% (16% EBITDA-Marge), Content-Aggregatoren ca. 30% (10% EBITDA-Marge, einschließlich öffentlich-rechtlicher Rundfunkund Fernsehanstalten, 17% ohne sie) und Content-Ersteller 29% (14% EBITDA-Marge). Die
EBITDA-Margen sind in den drei Elementen der Wertschöpfungskette im Grunde ähnlich.
Content-Erstellung: 24% des gesamten EBITDA wird von den großen US-Unternehmen, die in
Europa tätig sind, erwirtschaftet, 76% entfällt auf europäische Produzenten von Inhalten. Von
den europäischen Akteuren entfällt die Mehrheit, d.h. 46% auf die Produktionsarme öffentlich-
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rechtlicher oder werbefreier Rundfunk- und Fernsehanstalten1, gefolgt von Sportorganisationen (18%), Content-Erstellern von Nischenprodukten (12%) und den Produktionsarmen der
Pay-TV-Anbieter (1%).
Aggregation von Inhalten: Ca. 78% des EBITDA erwirtschaften traditionelle kommerzielle unverschlüsselte Fernsehanstalten, wobei die überwiegende Mehrheit auf
Multikanalangebote entfällt. Öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, die mehr als 40% des
Umsatzes dieser Gruppe erwirtschaften, sind nicht rentabel. Neue Wettbewerber, die Videocontent im Internet verwalten, haben einen Anteil von weniger als 1%. Von Privatanwendern erstellter Videocontent machen in dieser Gruppe nur einen geringen Teil aus.
Der weltweite Umsatz von YouTube belief sich 2006 auf nur 12,7 Millionen USD.
Distribution von Inhalten: Der EBITDA unterteilt sich vorrangig in die Videoproduktionen der verschiedenen Pay-TV-Anbieter (48% Kabel, 26% Satellit), Kino (13%) und
DVD-Verleih/Verkauf (13%). IPTV hat an der Gesamtsumme nur einen Anteil von 1%.
Figure 3: The European video content profit pool is €17 billion
European video content market profit pool, 2005
Home video rental (7%)
IPTV (14%)
100%
€5B
€5B
Sports rights
(16%)
Multichannel (13%)
80
€7B
Total =
€17B
Home video retail (7%)
Box office (16%)
Film rights (12%)
Satellite DTH (16%)
60
FTA broadcasting
(19%)
40
TV rights (14%)
Cable operators (27%)
20
0
Creation
Aggregation
Distribution
Segment margin:
14%
10%
16%
Segment share:
29%
30%
41%
Note: Aggregation segment margin excluding public broadcasting is 18%
Source: PricewaterhouseCoopers, Screen Digest, Informa, company filings, analyst reports, MEDIA Salles, Gartner
1 Analyse der europäischen Gesamtgewinne durch Bain & Company.
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Der Konsument digitaler Videos
b / Nutzungsverhalten bei Videocontent
Es gibt verschiedene Möglichkeiten zu definieren, wonach Videocontent
konsumiert wird:
1.
Art des Inhalts
2.
Wie werden Inhalte verpackt und vertrieben (Fernsehausstrahlung vs. DVD-Handel)
3.
Wo werden sie angesehen
4.
Wie werden sie angesehen (auf welchem Gerät)
5.
Wann werden sie angesehen
Figure 4: “Use cases” describe shift towards on-demand consumption of video content
Combined use cases for
video viewing
Dimensions of consumption behaviour
Type of
content
Movies
Drama
News
Reality/
Factual
talk shows
Sport
Music
UGC
DVD
Boxoffice
How
distributed
Where
consumed
When
consumed
How
consumed
Retail selection
Generalist
TV channel
Cinema
selection
OTA analogue
Catchup TV
PPV/VOD
platform
Niche thematic
channel
OTA digital
DVD/store
Cinema
PVR platform
Satellite
Cable
Web
aggregated
Fixed Internet
IPTV
Mobile
Mobile video
UGC
Internet movie VOD
TV movie VOD
Ondemand
How
aggregated
Major thematic
channel
Internet VOD
Cinema
Home
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At work
TV VOD
Time shifted
Linear
Linear plus
live pause
Recurring
linear
Ondemand—
prerecorded
Ondemand—
impulse
Linear TV (PC)
Linear TV
Projected
TV
PC
Mobile device
user time
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September 2007
Mehr als 95% des Videocontent wird heute in Europa über die traditionelle „lineare“ Fernsehwelt konsumiert. Zuschauer sehen sich die Sendungen zu ihren festgelegten Sendezeiten
an. Europäische Verbraucher sehen im Durchschnitt mehr als 1.200 Stunden pro Jahr fern.
Das sind durchschnittlich ca. 3,4 Stunden pro Person und Tag, was einen gleichmäßigen
Anstieg von 1 % im Jahr von 2001 bis 2005 ausmacht. Fernsehzuschauer erhalten eine Vielfalt von Programmen einschließlich Nachrichten, Dramen, Unterhaltung, Sport, Reality-TV,
Kindersendungen und Filme, von denen ca. 60% von europäischen Produzenten produziert
werden.
Die zweitbeliebteste Beschäftigung direkt nach dem Fernsehen ist Filme ansehen; Konsumenten sehen Filme in Kinos an, kaufen DVDs oder leihen sich diese in Geschäften aus und
nutzen Pay-per-View-Angebote.
Andere aufkommende Möglichkeiten für den Konsum von Videocontent - von Nutzern
erstellte Videos oder mobile Videos - gehören zu den am schnellsten wachsenden Nutzungsoptionen; die Anzahl der Nutzer ist jedoch immer noch gering.
Die Nutzungstrends werden in Abschnitt V unter „Einflussfaktoren für Veränderungen“ detailliert beschrieben.
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Der Konsument
September
digitaler Videos
2007
IV. MARKTSZENARIEN UND
WAHRSCHEINLICHE ERGEBNISSE
a / Zweck der Szenarien
Die Zukunft des europäischen Marktes für Videocontent in den nächsten Jahren ist unsicher.
Verschiedene Akteure und Beobachter kommen zu unterschiedlichen Annahmen in Bezug
auf künftige Veränderungen — wie schnell die Technologie sich weiterentwickeln wird und
wie schnell Verbraucher die neuen Nutzungsoptionen annehmen werden. Daher besteht auch
wenig Übereinstimmung darüber, wie Verbraucher, Werbefachleute und Politiker auf digitale
Videoinnovationen reagieren werden. Die Schlussfolgerungen sind vielfältig.
Wir haben einige Branchenszenarien erarbeitet, die Akteuren und Politikern beim „Navigieren“
auf diesem unsicheren Terrain helfen sollen. Der zeitliche Rahmen unserer Szenarien sieht
wie folgt aus: die Entwicklung des europäischen Markts für Videocontent bis 2012. Wir haben
Szenarien ausgeschlossen, die wir als unmöglich oder angesichts der verfügbaren Fakten als
unwahrscheinlich ansehen. Aktuelle Trends im Verbraucherverhalten, digitale Videotechnik,
Wettbewerb und andere wichtige Einflussfaktoren machen einige Szenarien wahrscheinlicher
als andere.
Diese Szenarien analysieren die unterschiedlichen möglichen Ergebnisse in punkto (a)
Verbraucherverhalten (welche Inhalte werden, wie, wo und wann konsumiert) und (b) Einfluss auf Geschäftsmodelle (allgemeines Branchenwachstum und Gewinnverteilung unter den
Akteuren). Jedes Szenario basiert auf speziellen Annahmen darüber, wie die Einflussfaktoren
Verbraucher, Werbung, Wettbewerb, Technologie und Regulierung zusammenspielen werden.
Wir erwarten, dass alle europäischen Märkte den gleichen Einflussfaktoren unterliegen werden.
Lokale Faktoren werden die Entwicklung in den einzelnen Regionen und Ländern formen.
Figure 5: A range of scenarios was developed based on a thorough assessment of industry drivers
Drivers/Enablers
Outcomes
Consumers
Change in
consumption
behaviours
Advertisers
• Scenarios are defined by outcomes–
key changes/uncertainties around:
Content consumption
Business models
Market participants
Business
model
impact
Technology
• A scenario is a “snapshot” of a market
in 2012
• These are supported by an internally
consistent set of driver assumptions
Focus on most likely permutation
and on key changes/uncertainties
Regulation
Scenarios framework
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Der Konsument digitaler Videos
b / Große Unsicherheiten
Einflussfaktoren für Veränderungen
Nach einer Prüfung aller möglichen Einflussfaktoren sehen wir zwei große Unsicherheiten,
die die Zukunft des Marktes für Videocontent gefährden könnten - die Verfügbarkeit digitaler
Videotechnologie und das Wettbewerbsverhalten bestimmter Marktakteure.
Die Verfügbarkeit digitaler Videotechnik unterliegt der mit den folgenden wichtigen Faktoren
verbundenen Unsicherheit:
1.
Geschwindigkeit bei der zunehmenden Bereitstellung von Breitbandkapazität in den
Haushalten,
2.
Umfang der Bereitstellung von IPTV-Leistungen,
3.
Durchdringung/Verfügbarkeit von „Home-Hubs“, d.h. digitaler Geräte, mit denen
Zuschauer digitalen Videocontent leicht zwischen den Geräten verschieben können,
insbesondere von einem PC auf ein Fernsehgerät,
4.
Aufkommen kompatibler Systeme für das Digitale Rechtemanagement, so genannte
DRM-Systeme, mit denen sowohl die Portierbarkeit der Inhalte für den Verbraucher als
auch das Vertrauen der Inhaber der Urheberrechte gesichert werden.
Unsicher ist das wahrscheinliche Wettbewerbsverhalten der folgenden Marktakteure:
•
Neue Marktteilnehmer: Die Intensität des Wettbewerbs wird mit dem Markteinstieg
von Telekommunikationsfirmen, die IPTV-Leistungen anbieten, und „Over-the-top“Content-Aggregatoren steigen. Die Frage ist, wie „zerstörend“ ihr Effekt sein wird,
beispielsweise im Hinblick auf den Erwerb exklusiver Rechte an Inhalten.
•
Content-Ersteller und -Eigentümer: Es ist unklar, wie schnell sie sich der neuen digitalen Möglichkeiten für Videocontent bedienen werden. Entscheidungen zum Zeitpunkt
der Veröffentlichung von Filmen über Video-on-Demand im Fernsehen und im Internet
(im Gegensatz zur Veröffentlichung auf DVDs) werden beispielsweise einen großen
Einfluss auf die Annahme neuer Leistungen durch den Verbraucher haben. Meanwhile,
consumer preferences and advertiser behaviour are less likely to be drivers of change
in the next five years:
Die Präferenzen der Verbraucher und das Verhalten der Werbebranche werden in den nächsten
5 Jahren wahrscheinlich keine Einflussfaktoren sein:
•
Verbraucher: Für den Zweck unserer Szenarien gehen bei einem bestimmten Maß an
technischen Möglichkeiten nicht von einem großen demografischen Wechsel oder
großen Verhaltensänderungen aus. Das Verhalten der Verbraucher variiert zu einem
großen Teil aufgrund des Ausmaßes der Möglichkeiten, die jedem Szenario als Annahme zu Grunde gelegt werden. Wir analysieren jedoch den Einfluss des sich verändernden Nutzungsverhaltens junger Zuschauer.
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•
Werbefachleute: Es gibt Anzeichen dafür, dass die Werbung Gelder aus Printmedien abzieht und für Internetwerbung ausgibt. Derzeit spricht wenig dafür, dass das
Internet dem Medium Fernsehen Werbeeinnahmen wegnehmen könnte. Wenn die
Zuschauer sich mehr Videos im Internet anschauen, wird sich dies jedoch ändern. Für
den Zweck unserer Szenarien gehen wir davon aus, dass Werbefachleute den Nutzungstrends folgen und nicht versuchen werden, sie zu beeinflussen.
Wir haben Änderungen in Politik und Regulierung nicht von vornherein ausdrücklich in
die Szenarien eingearbeitet – obwohl sie die Ergebnisse beträchtlich verändern können.
Ergebnisse des Konsumverhaltens
Jedes Szenario spiegelt unterschiedliche Möglichkeiten wider, wie die Einflussfaktoren
eingreifen und das Ergebnis beeinflussen können. Im Hinblick auf das Konsumverhalten
wird das Ergebnis davon definiert werden, wie die Verbraucher auf die zunehmenden
Wahlmöglichkeiten reagieren:
•
Welcher Anteil am gesamten konsumierten Videocontent entfällt auf On–Demand–
Lösungen – in unseren Szenarien reicht dies von 10% bis zu mehr als 50%.
•
Wie viele On-Demand-Inhalte werden über traditionelle Fernsehplattformen, wie
beispielsweise VOD im Vergleich zu aus dem Internet heruntergeladenen Videos
konsumiert?
•
Anteil der konsumierten Inhalte, die unerlaubt kopiert und/oder illegal beschafft
wurden.
Eine sehr wichtige Betrachtung bei allen diesen Faktoren ist das Verhalten junger Zuschauer
unter 35 Jahren und ihr Einfluss auf den Massenmarkt. Hierbei ist vor allem entscheidend,
welcher Anteil der heute jugendlichen Zuschauer sich im Erwachsenenalter für On-DemandLösungen entscheidet.
Ergebnisse des Branchengeschäftsmodells
Im Hinblick auf Branchengeschäftsmodelle werden sich die Ergebnisse von dem künftigen Branchengewinn, einer Beschleunigung oder Verlangsamung des Wachstums und der
Aufteilung der Gewinne unter den Marktakteuren ableiten. Dies sind einige Faktoren, die den
künftigen Branchengewinn beeinflussen werden:
•
nwieweit wird die Rentabilität der Content-Ersteller von den folgenden Punkten
beeinflusst:
–
Gestiegener Umsatz aus neuen Distributionskanälen für Videocontent und
neuen Nutzungsoptionen für diese Inhalte;
–
Fallende Umsätze, weil Verbraucher sich von kommerziellen Programmen
abwenden und sich kostenfreiem, von Nutzern erstelltem Videocontent und/
oder illegal von Verbrauchern beschafften Inhalten zuwenden.
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Der Konsument digitaler Videos
•
Wie viel Gewinn aus der Aggregation von Inhalten wechselt von den traditionellen Fernsehanstalten zu neuen Akteuren, wie beispielsweise Anbietern von Multikanalangeboten und neuen Content-Aggregatoren aus dem Internet.
•
Inwieweit werden die Gewinne der Distributoren von einem steigenden Wettbewerb
durch IPTV (über Preiswettbewerb) beeinträchtigt.
•
Welchen Einfluss haben folgende Faktoren auf etablierte Pay-TV Anbieter insgesamt:
–
neue Umsätze aus digitalen Diensten, wie VOD,
–
möglicher Umsatzrückgang, da Verbraucher mehr Programminhalte direkt
von Content-Erstellern und über Websites erhalten.
c / Vier Szenarien für Europa 2012
Wir glauben, dass sich in den nächsten fünf Jahren vier Szenarien manifestieren könnten.
Figure 6: Scenarios matrix
“Winwin” development path
• Consumer increasingly enabled to consume what, when, where they want
• Industry benefits from increase in viewing/new consumption occasions
• New and traditional models coexist
Acceleration
Next
generation
Historical
growth
Video content
industry profit
growth
Potential
“loselose” path
• Enablement leads to
explosion in new,
Internetbased models
Evolving
• Traditional models
unable to benefit from
new consumption
Stable
Stability
Free ride
• Investment in content
(commissioning) and
infrastructure slows
Declining
Analogue
world
Digital but limited
behaviour change
Ondemand
a largely minority
behaviour
Consumers
embrace
unlimited choice
Value realised by consumer
Stabilität: Dies ist das Szenario mit dem am wenigsten „zerstörenden“ Effekt, daher aber
auch das für den Verbraucher (und die Branche) am wenigsten positive. Das Kundenverhalten bleibt allgemein stabil, On-Demand-Lösungen, neue Medien und elektronische
Formate wachsen nur begrenzt. Die technische Bereitstellung ist schleppend. Traditionelle
Geschäftsmodelle bestehen weiterhin. Das geringe, einstellige Wachstum wird vor allem von
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September 2007
der seitens der Regierungen geforderten Aufrüstung von analogem terrestrischem Fernsehen auf digitales terrestrisches Fernsehen gefördert.
Nächste Generation: Dieses Szenario wäre der größte Gewinn, sowohl für den Verbraucher
als auch die Branche. Die technische Infrastruktur wird schnell aufgerüstet. Kunden ändern
schnell ihre Nutzungspräferenzen. Inhalte werden nahtlos über digitale Medienplattformen
– z.B. traditionelles Fernsehen, Pay-TV, IPTV, das öffentliche Internet und drahtlose Geräte
– on-demand bereitgestellt. Die Branche wächst immer schneller. Sie findet Lösungen, mit
denen Piraterie auf einem Minimum gehalten werden kann, gleichzeitig jedoch Inhalte in
großem Umfang verbreitet werden können. Es wird kontinuierlich in qualitativ hochwertige
Inhalte investiert. Neue Geschäftsmodelle gewinnen beträchtliche Marktanteile, insbesondere im On-Demand-Bereich. Traditionelle Akteure haben jedoch auch einen Anteil an diesem
Wachstum, was Anreize für weitere Investitionen in neue technische Möglichkeiten bietet.
Trittbrettfahrer: Dieses Szenario scheint mit einem Verlust für beide Seiten, d.h. für Verbraucher und Branchenteilnehmer, verbunden zu sein. Wie beim Szenario „Nächste Generation“ wird die technische Infrastruktur zunächst schnell aufgerüstet. On-Demand-Lösungen
werden von vielen Verbrauchern angenommen. Viele neue internetbasierte Geschäftsmodelle
florieren. In dem Szenario „Trittbrettfahrer“ finden die Marktakteure jedoch nur langsam
überlebensfähige Geschäftsmodelle, die sie den verschiedenen Stufen der Erstellung, Aggregation von Inhalten und Infrastruktur entgegensetzen könnten. Etablierte Distributoren werden
beispielsweise übergangen, finden oder können keine alternativen Möglichkeiten finden, um
ihre Vermögenswerte an den Kunden zu bringen (z.B. durch die Etablierung kommerzieller
Modelle mit „Over-the-top“-Akteuren für den Zugang zu mehr Bandbreite oder Servicequalität). Die für den Massenmarkt mit digitalen Inhalten notwendigen Infrastrukturinvestitionen
gehen langsam zurück. Es wird indes auch keine langfristig lebensfähige Lösung zur Eindämmung oder Begrenzung von Piraterie gefunden; der Konsum von unerlaubt kopierten Inhalten explodiert. Dies untergräbt langfristige Investitionen in qualitativ hochwertige Produktionen. Nach einer Zeit des Rückgangs der Investitionen kommen neue Geschäftsmodelle und
Kapitalquellen auf. Die Infrastruktur und die Inhalte werden jedoch möglicherweise für eine
längere Zeit in Mitleidenschaft gezogen, bevor sich die Situation wieder bessert.
: Weiterentwicklung Unserer Ansicht nach ist dies das wahrscheinlichste Szenario. Der
Markt für Videocontent entwickelt sich weiter hin zur „Nächsten Generation“. Das Nutzungsverhalten der Konsumenten unterliegt schrittweisen Veränderungen. Sie gehen
vom analogen zum digitalen Fernsehen über und nehmen nach und nach digitale OnDemand-Angebote der Fernsehanstalten an. Die Wachstumsraten verbleiben auf historischem Niveau ( 4%-6% p.a.), angefacht von einer breiter angelegten Distribution von
Inhalten und neuen Nutzungsmöglichkeiten für Videocontent. Die Gewinne verschieben
sich von den traditionellen Akteuren hin zu den Wettbewerbern im Bereich neue Medien. Traditionelle Geschäftsmodelle sind aber immer noch rentabel. Videopiraterie ist
ein Problem. Aber anders als in der Musikbranche ist sie nicht eine so grundlegende
Bedrohung und verhindert nicht, dass Eigentümer von Inhalten Programminhalte online
verfügbar machen. Es wird auch weiterhin in die Qualität von Inhalten, Distributionsinfrastruktur und Innovation investiert.
Auf den folgenden Seiten betrachten wir die einzelnen Szenarien noch detaillierter.
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Der Konsument digitaler Videos
Stabilität
Figure 7: Video consumption behaviour of average household
Stability
Evolving
Next generation
Free ride
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100%
100%
100%
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35+
Content consumption
Linear TV
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Consumption preferences
Timeshifted
TV ondemand (PC)
Mobile video
Movie VOD (TV)
TV ondemand (TV)
Movie VOD (PC)
Note: Excludes box office and DVD; ondemand includes TV ondemand via PC, movie VOD via PC, mobile TV and UGC
Verbraucherverhalten
Beim Szenario „Stabilität“ verändert sich das Verbraucherverhalten nicht sehr – Erwachsene
sehen 95% ihres Videocontent zu Hause auf den traditionellen Fernsehkanälen. Selbst jüngere Zuschauer, d.h. Zuschauer bis 35 Jahre, konsumieren 90% der gesamten Inhalte über
das traditionelle Fernsehen. Sie sehen ungefähr genauso viel Fernsehen und Filme wie
heute – mit begrenzter Tendenz im Konsum von On-Demand-Fernsehinhalten und -Filmen
über das Internet. Erwachsene nutzen das Internet fast gar nicht für das Fernsehen und
Ansehen von Filmen.
Bei allen Szenarien könnte sich das Ergebnis „Stabilität“ aus unterschiedlichen Kombinationen von einzelnen Einflussfaktoren (oder fehlenden Veränderungen für dieses Szenario)
ergeben. Unserer Ansicht nach wäre der größte einschränkende Faktor, der zu „Stabilität“
führen könnte, eine langsame oder beschränkte Bereitstellung der Infrastruktur – beispielsweise im Fall von DSL, digitalem Zwei-Wege-Kabelfernsehen und Personal Video Recorder
(PVR). Dies könnte passieren, wenn der Eigentümer der Infrastruktur das Gefühl hat, er
bekäme keine Rendite für seine Investitionen. Eine weniger wahrscheinliche, aber immer
noch mögliche Kombination von Umständen wäre eine weitreichende Bereitstellung, aber
nur beschränkte Annahme durch den Verbraucher.
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September 2007
Geschäftsmodelle
Bei diesem Szenario haben die Akteure der Branche unterschiedlich viel Glück. Auf der
einen Seite bleibt der Gewinnpool mehr oder weniger unverändert. Etablierte Akteure profitieren von einem stabilen Markt. Auf der anderen Seite wächst die Branche abgesehen von
dem regierungsseitig geforderten Wechsel von analogem zu digitalem terrestrischen Fernsehen nur wenig. Traditionelle Produzenten von Inhalten, angeführt von den großen US-amerikanischen Filmstudios, kontrollieren weiterhin die Produktion von Videos und die Rechte an
den Inhalten. Traditionelle Wachstumsmaschinen, wie der Verkauf von DVDs, wachsen nicht
und es etablieren sich auch keine neuen Vertriebsformate. Etablierte Content-Aggregatoren
für Videocontent behalten auch ihre Marktposition, profitieren aber von den „entspannt
zurückgelehnten“ Zuschauern, die die On-Demand-Option nicht annehmen. Diese traditionellen Fernsehanstalten halten an ihrem Marktanteil fest, die Menge an verfügbarem Videocontent ändert sich jedoch nicht.
Angesichts der geringen Anzahl an Online-Zuschauern können Content-Aggregatoren aus
dem Internet mit internetbasierten Videoprogrammen kein Geld verdienen. Der Internetmarkt und der Fernsehmarkt bleiben daher getrennt. Internetangebote konzentrieren sich auf
kurze Videoclips und von Nutzern erstellte Videos. Daneben bleiben etablierte Video-Distributeure für die meisten Kunden die einzige Quelle für Fernseh- und Filminhalte. Sie schaffen
es nicht, sich Wachstumschancen wie On-Demand und aufkommender digitaler Dienste zu
bedienen, indem sie eine verbesserte Qualität erbringen und neuen Akteuren wie Google
und Amazon anbieten, ihre Infrastruktur zu nutzen.
Weiterentwicklung
Figure 8: Video consumption behaviour of average household
Stability
Evolving
Next generation
Free ride
100%
100%
100%
100%
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80
80
80
60
60
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40
40
40
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0
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Content consumption
Linear TV
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Consumption preferences
Timeshifted
TV ondemand (PC)
Mobile video
Movie VOD (TV)
Note: Excludes box office and DVD; ondemand includes TV ondemand via PC, movie VOD via PC, mobile TV and UGC
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TV ondemand (TV)
Movie VOD (PC)
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Der Konsument digitaler Videos
Verbraucherverhalten
Beim Szenario „Weiterentwicklung“ bewegt sich der Verbraucher nach und nach in Richtung
On-Demand. Dies ergibt sich aufgrund der schnellen, aber nicht explosionsartigen Bereitstellung digitaler Technologien. Digitales Fernsehen ist in ca. 75% der Haushalte verfügbar,
Breitbandtechnik in 50% bis 70% (je nach Land in Europa), VOD wird in 100% der Haushalte,
die digitales Kabelfernsehen und IPTV haben, angeboten (ca. 35% der Zuschauer), und 20%
bis 30% haben Home-Hubs, was den allgemeinen Einfluss auf die Branche verringert. Jüngere
Zuschauer konsumieren unter Umständen bis zu 20% ihrer Fernsehsendungen über On-Demand. Im Massenmarkt könnten bis zu 10% der Kunden zu On-Demand wechseln. Time-Shift,
also die Möglichkeit, sich Sendungen jederzeit ansehen zu können, nimmt zu – mit der Nutzung von PVRs werden Sendungen nach ihrem eigentlichen Sendetermin angesehen. Jüngere
Zuschauer nutzen PVRs, um etwa 10% ihrer Fernsehsendungen später anzusehen, während
diese zeitliche Verlagerung nur bei 10% der Erwachsenen zu beobachten ist.
Geschäftsmodelle
Das Gewinnwachstum verbleibt bei historischem Niveau (4% bis 6% p.a.), angefacht von
einer breiter angelegten Verbreitung bestehender Inhalte und neuen Nutzungsmöglichkeiten für Videocontent. Traditionelle Geschäftsmodelle sind immer noch rentabel, die
Gewinnverteilung wird jedoch beeinträchtigt:
•
Content-Ersteller schreiben stabile Gewinne und erzielen auch einige Zuwächse, da
Verbraucher mehr Multikanal-Fernsehen schauen. Diese Zuwächse werden möglich
durch den direkten Verkauf an die Konsumenten über das Internet und einen
größeren Verhandlungsspielraum zwischen den Aggregatoren und den Distributoren.
•
Content-Aggregatoren verbuchen allgemein stabile Gewinne, es beginnen sich jedoch
Veränderungen abzuzeichnen. Traditionelle Fernsehanstalten, aber auch Premiumkanäle des Kabelfernsehens machen mehr Umsatz durch die Nutzung des öffentlichen
Internet für den direkten Vertrieb von Programminhalten an den Verbraucher, dies
wird jedoch durch den gestiegenen Wettbewerb um Zuschauer und Inhalte ausgeglichen, was die Gewinne wiederum sinken lässt. Das Endergebnis. Sie verlieren nach
und nach Zuschauer an neuere Anbieter von Multikanal-Fernsehen, die mit Abonnements arbeiten, und Content-Aggregatoren im öffentlichen Internet wie z.B. Google.
•
Distributoren von Fernsehinhalten beginnen auch, den Einfluss der Marktveränderungen zu spüren. In vielen europäischen Märkten gewinnt IPTV an Boden, kann sich
einen beschränkten, aber beträchtlichen Anteil aller Fernsehzuschauer sichern und
steigert dadurch den Wettbewerb unter den Distributoren von Pay-TV. Distributoren
von Pay-TV profitieren, da mehr Kunden On-Demand-Lösungen wählen, wodurch sie
mehr und mehr Gewinne aus neuen Diensten wie beispielsweise VOD einfahren.
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Next generation
Figure 9: Video consumption behaviour of average household
Stability
Evolving
Next generation
Free ride
100%
100%
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100%
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80
80
80
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60
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20
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0
0
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35+
Content consumption
Linear TV
Ondemand
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Consumption preferences
Timeshifted
TV ondemand (PC)
Mobile video
Movie VOD (TV)
TV ondemand (TV)
Movie VOD (PC)
Note: Excludes box office and DVD; ondemand includes TV ondemand via PC, movie VOD via PC, mobile TV and UGC
Verbraucherverhalten
Bei diesem Szenario ändert sich das Zuschauerverhalten im Massenmarkt dramatisch. Verbraucher sehen sich eine Vielzahl an digitalem Videocontent über fernsehbasierte Video-on-Demand-Plattformen (TV VOD) an. Sie loggen sich dazu über mobile Geräte und in geringerem
Maße über Videospielkonsolen in das öffentliche Internet ein. Sie bevorzugen auch elektronische, On-Demand verfügbare Videoformate für das Fernsehen, Kurzformen und Filme.
Junge Zuschauer machen die größte Veränderung durch und sehen weniger als 50% der Inhalte im traditionellen Fernsehen. Ihr Zuschauerverhalten zeichnet ein lebendiges Bild einer
neuen Art von Fernsehzuschauer:
•
~30% entfällt auf On-Demand-Inhalte aus dem Fernsehen,
•
~10% ist zeitverzögert (mit einem PVR),
•
~5%-10% entfällt auf das Ansehen von Video-on-Demand über das Internet,
•
~5% entfällt auf mobile Geräte (im Gegensatz zum Fernsehapparat oder dem PC).
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Der Konsument digitaler Videos
Die Zuschauer im Massenmarkt sehen auch mehr Fernsehen über On-Demand. Der Anteil des
traditionellen Fernsehens sinkt um ein Drittel. Ältere Zuschauer verlagern das Ansehen ihrer
Fernsehsendungen zu 15 % bis 20%, wohingegen weitere 15% bis 20% auf On-Demand-Dienste
im Fernsehen entfällt.
Der wahrscheinlichste Faktor für eine solch dramatische Veränderung ist eine sehr schnelle
Bereitstellung der technischen Infrastruktur, zusammen mit einer schrittweisen Änderung bei
der Wettbewerbslage, wenn Telekommunikationsfirmen und „Over-the-top“-Akteure den Markt
in großen Zahlen stürmen. Dies müsste auf einem großen Maß an Vertrauen aufgrund einer
starken, frühen Annahme von Leistungen durch den Konsumenten oder Regulierung zur Förderung von Infrastrukturinvestionen basieren.
Geschäftsmodelle
Wenn steigende Wachstumszahlen der Maßstab sind, ist das Szenario „Nächste Generation“
das günstigste für die Branche. Insgesamt würden die Zuschauer dann mehr Fernsehen,
Filme und neue Formate für Videocontent ansehen - mit einem entsprechenden Umsatzanstieg für die Branche (von Verbrauchern und der Werbung). Mit mehr Zuschauern, die
eine Vielfalt an neuen Medien zum Ansehen von Videocontent nutzen, schreiben auch die
Content-Ersteller steigende Gewinne.
Traditionelle Geschäftsmodelle geraten in Mitleidenschaft. Die Explosion an Programmwahlmöglichkeiten führt zu einer fragmentierten Zuschauerschaft, die es für etablierte Fernsehanstalten schwieriger macht, ihre Marktanteile zu halten. Content-Aggregatoren
im Internet gehören hier zu den Gewinnern. Sie können traditionelle Fernsehanbieter, wie
Anbieter von Kabel- und Satellitenfernsehen, umgehen und direkt mit dem Verbraucher
Geschäfte machen.
Unter den Distributoren kämpft IPTV mit etablierten Pay-TV-Anbietern um Abonnenten.
In einigen Zuschauersegmenten verlieren beide zu Gunsten von Content-Aggregatoren im
Internet an Boden. Traditionelle Modelle können jedoch einen Teil des Branchenwachstums
abschöpfen. Pay-TV Anbieter können bei den On-Demand-Diensten wachsen und einige
Verluste an Abonnenten mit neuen Gebühren für die öffentlichen Internetakteure auffangen,
die ihre Netzwerkinfrastruktur nutzen.
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September 2007
Trittbrettfahrer
Figure 10: Video consumption behaviour of average household
Stability
Evolving
Next generation
Free ride
100%
100%
100%
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Content consumption
Linear TV
Ondemand
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Consumption preferences
Timeshifted
TV ondemand (PC)
Mobile video
Movie VOD (TV)
TV ondemand (TV)
Movie VOD (PC)
Note: Excludes box office and DVD; ondemand includes TV ondemand via PC, movie VOD via PC, mobile TV and UGC
Verbraucherverhalten
Das Szenario „Trittbrettfahrer“ geht ähnlich wie das Szenario „Nächste Generation“ von einem
grundlegenden Wechsel zu On-Demand-Angeboten und internetbasierten Inhalten aus.
Der entscheidende Unterschied im Verbraucherverhalten gegenüber dem Szenario „Nächste
Generation“ besteht in dem Maß, in dem die illegale gemeinsame Nutzung von Dateien – d.h.
Piraterie – wächst, da langfristig lebensfähige Lösungen für das Digitale Rechtemanagement
(Digital Rights Management; DRM) nicht gefunden werden und dieses Verhalten im Massenmarkt auf immer mehr Akzeptanz trifft. Das führt zu einem stärkeren Wachstum beim Konsum
von internetbasierten Inhalten, da jüngere Zuschauer sich eher für die „kostenlosen“ Inhalte
interessieren, die illegal beschafft wurden, als auf TV-basierten Plattformen für Inhalte zu
bezahlen.
Andere Einflussfaktoren, die eine größere Nutzung von On-Demand-Lösungen im öffentlichen
Internet (im Gegensatz zu TV-basierten Plattformen) forcieren könnten, sind:
•
stärkere Präferenz der Kunden für Videocontent über das öffentliche Internet als in
anderen Szenarien angenommen (und derzeit beobachtet).
•
aktives Favorisieren des Vertriebs über das öffentliche Internet durch Anbieter von
Inhalten und/oder aktive und vorausschauende Übertragung von Werbeausgaben an
Anbieter im Internet.
•
Dies könnte mit großen Investitionen durch „Over-the-Top“-Akteure, beispielsweise im
Bereich Videosuchtechnologie oder globale exklusive Inhalte verbunden sein.
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LGI FINAL inside pages GERMAN.in29 29
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Der Konsument digitaler Videos
•
Regulierung und Politik könnten auch eine Rolle spielen - eine rein neutrale Regulierung könnte beispielsweise nicht nur „Trittbrettfahrer“ schaffen, sondern zu der Entwicklung beitragen.
•
Ein weiterer Einflussfaktor ist gleichermaßen die Tatsache, dass Akteure Vorab-Investitionen in die Entwicklung von Vertriebsnetzwerken tätigen, bevor neue Geschäftsmodelle getestet werden.
Geschäftsmodelle
Neue Geschäftsmodelle gewinnen einen größeren Marktanteil, während traditionelle Modelle
nur marginal rentabel sind. Content-Ersteller verbrennen sich die Finger, da sie das Risiko
eingegangen sind, mehr Inhalte online verfügbar zu machen, und nun mit ansehen müssen,
wie die Piraterie dramatisch zunimmt. Anders als beim Szenario „Nächste Generation“ wird
ein Teil des traditionellen Pay-TV-Geschäfts tatsächlich „entkoppelt“. Die Fähigkeit, Pakete von
Fernsehkanälen gegen eine Gebühr anzubieten, wird von Wettbewerbern im öffentlichen Internet in Frage gestellt. Diese haben es erfolgreich geschafft, traditionelle Anbieter von Pay-TV zu
umgehen, und direkte Kundenbeziehungen aufgebaut (Disintermediation). Die neuen internetbasierten Wettbewerber kämpfen aufgrund dieser Piraterie gleichermaßen um ihren Umsatz.
Um der massiven Zunahme an Internetverkehr aufgrund von über das Internet angesehenem
Videocontent Herr zu werden, ist bei Aufrechterhaltung von Qualität und Leistungsfähigkeit
das einzige wirkliche Zugpferd der Netzwerkbetreiber ein Anheben der Kapazität. Netzwerkbetreiber selbst sind nicht in der Lage, aus dem Videoverkehr an sich adäquate Gewinne zu
erzielen. Sie haben Anreize für weitere Investitionen verringert. Bei diesem Szenario gehen wir
im Ergebnis davon aus, dass die Infrastruktureigentümer keine Rendite erzielen werden können. Dies könnte das Ergebnis eines aggressiven Wettbewerbsverhaltens durch eine Gruppe an
Akteuren sein. Alternativ könnte es durch Regulierung beeinflusst werden: wenn die Regulierungsbehörden beispielsweise verhindern könnten, dass die Infrastruktureigentümer Anbietern
von Videocontent im öffentlichen Internet eine Gebühr für die Nutzung ihres Netzwerks abverlangen und sie zwingen würden, Unbundled Local Loop (ULL) zu Kapitalkosten zu verkaufen.
Figure 11: Unbundled local loop share of country broadband connections varies across Europe
40%
Unbundled local loop lines as a portion of broadband connections, 2006
31%
30
24%
20%
20
16%
Average for
Western
Europe
15%
10
5%
0
France
Norway
Netherlands
Italy
Germany
UK
Source: Merrill Lynch 2006
30
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d / Wahrscheinliche Ergebnisse (Europa insgesamt)
Unserer Meinung nach und aufgrund aufkommender und antizipierter Markttrends ist das
Szenario „Weiterentwicklung“ bis 2012 am wahrscheinlichsten. Diese Trends und Veränderungen sind jedoch nicht umkehrbar. Langfristig sind sowohl das Szenario „Nächste Generation“ als auch „Internet-Trittbrettfahrer“ möglich. Dies ist jeweils vom Verhalten der Marktteilnehmer und der Weiterentwicklung der Politik in diesem Bereich abhängig.
Viele Faktoren sprechen für diese kurzfristige Schlussfolgerung, vier von ihnen sind jedoch
entscheidend. Dies bezieht sich insbesondere auf Veränderungen beim Konsumverhalten und
den Ergebnissen der entsprechenden Geschäftsmodelle, die mit der Zunahme (oder sonstigem Trend) internetbasierter „Over-the-Top“-Videoangebote zusammenhängen. Dies ist der
wichtigste Unterschied zwischen den oben beschriebenen Szenarien.
1. Fernsehen ist nicht das Gleiche wie im Internet surfen — eine „entspannt
zurückgelehnte“ reaktive gegenüber einer „nach vorn gelehnten“ aktiven Haltung — es
gibt zudem wenig Beweise dafür, dass die Nutzung des Internet die heutigen Fernsehgewohnheiten in Frage stellt.
In den vergangenen fünf Jahren ist das Internet in Europa sehr schnell gewachsen. Der
tägliche Fernsehkonsum steigt in den meisten Märkten jedoch weiterhin zwischen 1% bis
2% pro Jahr. Verbraucher nutzen das Internet primär zum Browsen/Suchen, E-Mailen, Instant Messaging und Chatten, aber nicht zum Fernsehen.
Viele Verbraucher haben mit Videocontent im Internet experimentiert. 36% in Belgien, 46%
in den Niederlanden und 66% im Vereinigten Königreich sagen beispielsweise, dass sie
ein Mal pro Monat Videos im Internet anschauen. Nur sehr wenige nutzen dieses Medium
jedoch regelmäßig, d.h. täglich (nur 5% oder weniger in den meisten Märkten). Daten aus
den USA besagen, dass diejenigen, die regelmäßig Videocontent im Internet ansehen, zu
einem Großteil andere Inhalte ansehen als solche, die sie im Fernsehen ansehen würden.
Abgesehen von Nachrichtenclips sehen sie am häufigsten Film-Previews, von Nutzern erstellte Inhalte und Musikvideos.
2. In den nächsten fünf Jahren werden verschiedene Möglichkeiten für den Konsum von
Videocontent im Hinblick auf die Realisierbarkeit für Kunden jedoch echte Fortschritte
machen. Es wird jedoch einige Zeit dauern, bis diese aufgeholt und den Status des reaktiven traditionellen Fernseherlebnisses eingenommen haben. Insbesondere TV-basiertes
VOD wird im Vergleich zu internetbasiertem VOD über einen Großteil oder den gesamten
Zeitraum hinweg ein höherwertiges Fernseherlebnis bieten.
Ein entscheidender Faktor bei der Schnelligkeit der Veränderungen — insbesondere für das
Ansehen von On-Demand-Fernsehprogrammen über das öffentliche Internet — ist die relative
Videoqualität. Die Videoqualität im Internet wird sich dramatisch verbessern. Sie wird aber
wohl mit TV-basierten VOD-Plattformane nicht auf gleicher Höhe konkurrieren können.
•
Verfügbarkeit: TV VOD wird großflächiger verfügbar sein als internetbasierte Videolösungen: In den Niederlanden werden 80% der Haushalte TV VOD, aber nur ca.
20% „Home Hubs“ haben.
31
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Der Konsument digitaler Videos
•
Qualität: Zumindest kurzfristig gesehen wird TV VOD effektiver arbeiten und besser
an qualitativ hochwertige hochauflösende Bilder angepasst sein. Das für den Massenmarkt bestimmte Videostreaming im Internet steht vor einigen erheblichen technischen Problemen. Diese können gelöst werden, erfordern jedoch Investitionen,
damit Infrastrukturengpässe aufgelöst werden können — und dabei ist noch nicht
klar, wer investieren wird.
•
Bequemlichkeit: TV VOD wird bequemer sein — man muss sich dann keine Sendungen mehr auf dem PC ansehen oder neue technische Geräte installieren, um
Inhalte vom PC auf den Fernseher zu übertragen.
•
Umfang an Inhalten/kommerziellen Modellen: Traditionelle Fernsehakteure sollten
in der Lage sein, mit neuen Akteuren im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Inhalten und innovative Vermarktungsmodelle gleichzuziehen. Die möglichen Ausnahmen sind Personalisierung/gezielte Werbung und Suchfunktionen (in einer Welt
von unbegrenztem Speicherplatz werden traditionelle Programmhefte nicht mehr
ausreichen).
3. Das Sehverhalten der Jugend ändert sich zu Gunsten neuer Modelle. Deren allgemeiner
Einfluss ist bis 2012 Jahren jedoch beschränkt.
Die jugendlichen Zuschauer von heute haben ganz andere Nutzungspräferenzen als frühere
Generationen. Bei ihnen ist es beispielsweise doppelt so wahrscheinlich wie bei Zuschauern des
Massenmarktes, dass sie Internet VOD oder YouTube schon einmal genutzt haben.
Teenager sehen aber auch immer mehr fern. In den USA sahen 2006 die 12 bis 17jährigen 3%
mehr fern als 2005. Zudem werden sie trotz einiger Präferenzen, beispielsweise für On-Demand,
die sie mit ins Erwachsenenalter nehmen, andere Präferenzen mit ihrem Lebensstil ändern. Statt
Videocontent illegal und in schlechterer Qualität im Internet anzusehen, greifen sie mit steigendem Alter wahrscheinlich lieber zur Fernbedienung und fangen an, für die höhere Qualität und
legal eingespeisten Videocontent zu zahlen.
Zuschauer über 35 werden 2012 in den meisten europäischen Märkten jedoch immer noch
einen Anteil von mehr als ca. 60% haben, weitere ca. 20% der Bevölkerung werden dann in
Haushalten leben, in denen die ältere Generation viele Entscheidungen zu den für Videocontent
verfügbaren Diensten trifft.
4. Content-Ersteller werden kurzfristig wahrscheinlich mit allen Kanälen experimentieren,
um ihre Inhalte an den Kunden zu bringen. Sie werden jedoch wahrscheinlich nicht die
Entwicklung von internetbasierten On-Demand-Plattformen auf Kosten der TV-basierten
Plattformen aktiv fördern.
Jede Gruppe von Content-Erstellern und -Eigentümern (beispielsweise große US-amerikanische Studios im Gegensatz zu europäischen Sportrechte-Organisationen) hat unterschiedliche Bestrebungen im Hinblick auf die Verbreitung von Inhalten über das Internet.
Diese Themen werden im nächsten Abschnitt noch näher beleuchtet.
32
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September 2007
Content-Ersteller experimentieren in der Regel aktiv mit dem Internet als Vertriebskanal, wir
gehen davon aus, dass sich dieser Trend intensiviert. Die geschäftliche Logik für die Forcierung dieses Kanals auf Kosten von TV VOD ist jedoch eingeschränkt. Es gibt vier Hauptgründe, warum eine Verbreitung von Videocontent über das Internet nicht aggressiv forciert
werden sollte:
•
Außerhalb des „geschlossenen Systeme“, die von Pay-TV Anbietern verkauft werden,
herrscht eine echte Angst vor Piraterie. Die Distribution über das öffentliche Internet ohne adäquaten Schutz der Urheberrechte stellt ein riskanteres Angebot dar.
•
Traditionelle Fernsehplattformen stehen für einen großen, etablierten Umsatzstrom
für Content-Ersteller, wohingegen dies bei der Verbreitung über das öffentliche
Internet immer noch nicht bewiesen ist. Aktiv zu versuchen, das Fernsehen durch
das Ansehen dieser Inhalte im Internet zu ersetzen, würde erfordern, sichere durch
unsichere Umsatzströme auszutauschen.
•
Wie oben beschrieben, gehen wir davon aus, dass TV VOD kurz- und mittelfristig
ein höherwertiges Fernseherlebnis bieten wird.
•
Viele Content-Ersteller gehen davon aus, dass die Verbreitung über das öffentliche
Internet kostenintensiver und kurzfristig komplexer ist. Sie gehen von zusätzlichen
Kosten für die Vermarktung und die Klärung von Rechten, aber auch Kosten für die
Durchsetzung gestaffelter Veröffentlichungstermine, Urheberrechte und Exklusivvereinbarungen über Inhalte aus.
e / Unterschiede zwischen nationalen Märkten
Das allgemeine Bild für Europa zeigt in Richtung des Szenarios „Weiterentwicklung“ als
wahrscheinlichstem Szenario für 2012. Es wird zwischen den einzelnen Märkten keine
wesentlichen Unterschiede bei den Ergebnissen geben. Diese Unterschiede werden davon
diktiert, wie die Einflussfaktoren (Verbraucher, Werbung, Marktteilnehmer, Technologie und
Regulierung) sich entwickeln und innerhalb dieser Zeit in den einzelnen Märkten variieren.
Um die Unterschiede zwischen den Märkten zu berücksichtigen, aber gleichzeitig das
allgemeine Bild für Europa zu zeichnen, haben wir eine detaillierte Bewertung in fünf
Ländern durchgeführt. Diese detaillierte Bewertung wurde mit einer intensiven Beurteilung
von weiteren 24 Ländern kombiniert. Wir haben dann die Ähnlichkeiten und Unterschiede
zwischen allen 29 Ländern verglichen.
Unserer Analyse zufolge sind 2012 auf den europäischen Märkten folgende
vorrangigen Unterschiede zu erwarten:
Verbraucher: Im Hinblick auf Videocontent erwarten wir große Unterschiede beim gesamten (relativen) Konsum an Videocontent (insbesondere bei Filmen) und in gewissem Maße
Unterschiede bei der Größe des Sprachpools (was einen gewissen Einfluss auf die Verfügbarkeit lokaler Inhalte und sprachspezifischer Inhalte hat). Für einen bestimmtes Grad an
Möglichkeiten erwarten wir keine wesentlichen Unterschiede bei den Konsumpräferenzen
(Grad an On-Demand-Verhalten).
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Der Konsument digitaler Videos
Werbefachleute: Hierbei geht es um Größe, Wachstum und Dynamik des Marktes zur Unterstützung des Videocontent. Diese Unterstützung kann entweder auf traditionellem Weg
(Fernsehen) oder über neue Plattformen (Internet und Multikanalangebote innerhalb des
Fernsehens) erfolgen. Große Unterschiede bieten wahrscheinlich auch die relative Größe
und das Wachstum der Werbeanzeigen in jedem Markt, der Fernseh- und Internetanteil in
diesem Markt und innerhalb des Fernsehmarkts das relative Wachstum von Multikanalangeboten im Vergleich zu unverschlüsseltem Fernsehen.
Marktakteure: Wichtige Unterschiede zwischen Märkten beinhalten die Durchdringung von
IPTV als alternativer Form der Pay-TV-Distribution und die relative Größe und der Einfluss
großer, vertikal integrierter nationaler Akteure, wie beispielsweise öffentlich-rechtliche Sendeanstalten.
Technologie: Wichtige Unterschiede bei der Bereitstellung von Technologie in Europa
liegen in der Durchdringung der Breitbandtechnik und der durchschnittlichen Bandbreite,
der Durchdringung der Multikanalfernsehplattformen (z.B. digitales Zweiwege-Fernsehen),
PVR-Durchdringung und Durchdringung mit mobilem Breitbrand (3G).
Figure 12: Broadband to reach 60%+ of households in most Western European countries by 2012,
with significant variations
Broadband penetration in Western European households
2006
100%
94%
89%
78%
80
76%
69%
64%
60
2012
55%
46%
40
50%
46%
45%
68%
67%
30%
20
0
UK
France
Germany
Netherlands
Austria
• Increasing
ULL activity
• Alternative
network
deployment
• High ISDN
penetration
• Highly
competitive
• Historical
focus on
resale rather
than ULL
• Frequent
triple play
• Strong
competitive
pressure
between
cable and
telecom
• Rapid uptake
of triple play
• Low prices
Switzerland
• New
unbundling
law in 2007
Belgium
• VDSL
upgrade by
Belgacom
• Beginning of
triple play
offers
Source: Merrill Lynch 2006, 2012 based on extrapolation of 2008−2010 data
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September 2007
Auf Grundlage einer Bewertung der Entwicklung der oben beschriebenen Einflussfaktoren
lässt sich der europäische Markt in sechs Cluster unterteilen:
•
„UK/Irland“
•
“Süden” — einschließlich Frankreich, Spanien, Portugal und Italien
•
„Verbunden” — einschließlich Niederlande, Schweiz und Belgien
•
„Norden“ — einschließlich Schweden, Dänemark und Finnland
•
„Germanisch“ — einschließlich Deutschland und Österreich
•
„Mittel- und Osteuropa (OEE)“ — einschließlich Ungarn, Bulgarien, Polen, Rumänien und der Tschechischen Republik
Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einflussfaktoren 2012 und der Definitionen
der Szenarien, die in diesem Dokument beschrieben wurden, unterscheiden sich die wahrscheinlichsten Szenarien (oder die Anzahl der Szenarien) für jedes Cluster entsprechend:
Angesichts der Unterschiede in den europäischen Märkten ergibt sich für Europa insgesamt
eine Bandbreite, von „Stabilität“ bis „Nächste Generation“, die meisten Länder ranken sich
jedoch um das Szenario „Weiterentwicklung“.
35
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Der Konsument digitaler Videos
V. EINFLUSSFAKTOREN FÜR VERÄNDERUNGEN
Es gibt keinen einzelnen Faktor, der die Transformation des europäischen Marktes für Videocontent antreibt. Stattdessen gibt es fünf hauptsächliche Einflussfaktoren, darunter das
Verbraucherverhalten, technologische Innovation, das Verhalten der Marktteilnehmer und
die Entscheidungen der Werbefachleute, aber auch die Regulierung durch die Regierung
und politische Entscheidungen.
Unsere Analyse der Einflussfaktoren beginnt mit dem Verbraucher. Es gibt heute zwei relativ unterschiedliche Gruppen von Bedürfnissen, die für die Diskussion wichtig sind:
•
„Entspannt zurückgelehnt“, d.h. reaktiv — im Grunde das Fernseh- oder Wohnzimmererlebnis von heute. Der Verbraucher ist ein entspannter Zuschauer, oft in
Begleitung (von Familie oder Freunden), die Interaktion mit dem Inhalt findet dabei
vorrangig über die Auswahl des Fernsehkanals statt.
•
„Nach vorn gebeugt“, d.h. aktiv —primär der PC oder Spielkonsolen. Der Verbraucher ist ein aktiver Beteiligter, der browst, sucht oder spielt. Er oder sie ist physisch
gesehen häufig allein (selbst beim Netzwerken oder Kommunizieren mit Anderen).
Die unten beschriebenen Anzeichen zeigen, dass die Mehrheit des konsumierten Videocontent
heute und wahrscheinlich auch in Zukunft eher „entspannt zurückgelehnt“ konsumiert wird.
Der „nach vorn gebeugte” Videokonsum (am PC) steigt jedoch. Was dabei noch wichtiger
ist: Es gibt eine starke, latente Nachfrage nach mehr Wahlmöglichkeiten in der „entspannt
zurückgelehnten“ Haltung. Viele Verbraucher wollen sich auf dem Fernsehapparat ihres
Wohnzimmers ansehen, was sie wollen, wann sie wollen – und wenn sie die Chance dazu
bekommen, tun sie dies auch.
Figure 13: Video consumption is currently dominated by linear TV, consumed at home
UK time spent consuming video, 2005–2006
100%
Leisure
Other genres
PVR
Cinema
Cinema
News
DVD
Cable
Drama
80
Entertainment
60
Other
thematic
Cinema
Projected
Ondemand
DVD
Analogue
Sports
Home
Factual
TV
Linear
DTT
40
Childrens
Top 5
channels
20
DTH
Films
0
Type of
content
How
aggregated
Note: “Type of content” excludes home video usage
Source: Informa, Screen Digest, Ofcom (2005–2006)
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How
distributed
Where
consumed
How
consumed
When
consumed
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Der Konsument digitaler Videos
Ein kritischer Faktor hierbei wird die Technologie sein. Fortschritte bei Schnelligkeit und
Verfügbarkeit von Breitband-Internetverbindungen werden bei der Bereitstellung dieser
Dienste zum „entspannten Zurücklehnen“ neuen Wettbewerb schaffen. Telekommunikationsunternehmen beginnen bereits, das Erlebnis Kabel- oder Satelliten-Pay-TV mit IPTV
nachzuahmen. „Over-the-Top”-Akteure des öffentlichen Internets bedienen bereits eine
„nach vorn gelehnte“ Zuschauerschaft, die bereit ist, Inhalte auf dem PC anzusehen. Bald
werden sie auch in der Lage sein, das „entspannt zurückgelehnte“ Fernseherlebnis zu reproduzieren. Dazu müssen jedoch technische Probleme in der Internetinfrastruktur gelöst
werden. Zudem muss der Verbraucher „Home Hubs“ annehmen, um Videos von einem PC
auf einen Fernsehapparat zu übertragen.
Der Erfolg oder Misserfolg dieser neuen Marktteilnehmer hängt davon ab, inwiefern sie
neue Verbraucherbedürfnisse bedienen können. Es wird eine Herausforderung werden, das
„entspannt zurückgelehnte” Fernseherlebnis von heute zu reproduzieren und mitzuhalten,
wenn Pay-TV-Anbieter (Satellit, Kabel, digitales terrestrisches Fernsehen) High-Definition
-Dienste bereitstellen. Ein besseres Angebot wird über gut entwickelte On-Demand-Dienste
mehr Wahlmöglichkeiten bieten müssen. Neue Marktakteure versuchen, dies durch eine
bessere Benutzeroberfläche und mehr Personalisierung zu ergänzen. Traditionelle Aggregatoren und Distributoren für Fernsehinhalte müssen ihre Messlatte höher legen, damit ihre
Angebote nicht überholt werden. Content-Ersteller profitieren zwar von einem größeren
Wettbewerb unter den Anbietern, arbeiten aber daran, die Probleme zu lösen und ihre
Inhalte zu Geld zu machen: Umgang mit Piraterie und Abwägen von sicheren gegenüber
unsicheren Umsatzströmen.
Von Werbefachleuten getroffene Entscheidungen über die Zuweisung von Ausgaben für
verschiedene Medien könnten auch ein Einflussfaktor für Veränderungen sein. Werden sie
Ausgaben erneut und proaktiv an die Medien zuteilen, die ein größeres Potenzial für die
Zielgruppenausrichtung und Personalisierung haben, deren Wirksamkeit aber nicht nachgewiesen ist? Oder werden sie den Zuschauern reaktiv folgen?
Entscheidungen zu Regulierung und Politik können schlussendlich selbst als Einflussfaktor wirken.
a / Verbraucher
Allgemeiner Medienkonsum steigt
Insgesamt steigt der Medienkonsum. Dies spiegelt die allgemein gute wirtschaftliche Lage
in der EU wider. Von den gesamten Konsumausgaben steigt der Anteil, der in Europa für
Medien ausgegeben wird, kontinuierlich von 2,5 % im Jahr 2001 auf ca. 2,9 % im Jahr 20062.
2 Die Ausgaben für Medienkonsum beinhalten Kinokarten, Home-Video, Gebühren für öffentlich-rechtliches Fernsehen und Radiolizenzen, aufgenommene Musik, Ausgaben für Fernsehabonnements, Ausgaben für den Internetzugang, Videospiele, Zeitschriften, Zeitungen, Verbraucherbücher und Sport
gemäß PricewaterhouseCoopers, Konsumausgaben aus Euromonitor.
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September 2007
Branchenbeobachter führen dies auf einen gestiegenen finanziellen Wohlstand, die Verfügbarkeit von mehr Medienangeboten und „weichere“ Faktoren zurück, beispielsweise die
Einstellung der Verbraucher zum Geld ausgeben.
Dieser Trend wird sich erwartungsgemäß fortsetzen. Wir gehen davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt in Europa in den nächsten Jahren um mehr als 4% pro Jahr steigt. Die
wirtschaftlichen Grundlagen in Europa scheinen zudem solide zu sein. Auch die demografische Situation ist in Europa stabil. In den nächsten fünf Jahren werden keine großen
Schwankungen erwartet.
Fernsehkonsum steigt
Der heute am häufigsten konsumierte Videocontent stammt aus dem Fernsehen. Europäer
sehen pro Tag im Durchschnitt 3,4 Stunden fern. Das macht mehr als 20 Stunden pro
Woche. Innerhalb Europas unterscheiden sich die Fernsehgewohnheiten jedoch extrem:
Fernsehzuschauer in Großbritannien und Frankreich verbringen durchschnittlich 24
Stunden pro Woche vor dem Fernseher, in Österreich und der Schweiz sind dies nur 19
Stunden pro Woche. Europäer sehen allerdings immer noch viel weniger fern als die Menschen in den USA, die im Durchschnitt 30 Stunden pro Woche fernsehen.
Der Fernsehkonsum hat sich in Europa zwar stetig erhöht, es gibt in dieser Hinsicht
allerdings auch Ausnahmen: In Großbritannien und Frankreich blieb der Fernsehkonsum
über einen Zeitraum von 2000 bis 2006 gleich oder sank sogar leicht.
Figure 14: Overall TV viewing is holding up
Daily TV viewing
CAGR
(0006)
5
(Hours)
4.6
US
2%
UK
DE
FR
NL
0%
2%
1%
2%
4.1
4
3.7
3.6
3.5
3.4
3.2
3
3.3
3.2
3.0
2
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Note: Individuals aged 4+ (UK), 3+ (Ger), 6+ (NL), 4+ (France); UK data is average of Nov.−Nov. monthly viewing; US is Sept.−Sept.;
NL tracking methodology and institution changed in 2002
Source: Médimétrie (France); BARB (UK); Nielsen Media Research (US); Kijkonderzoek (NL); AGF/GfK (DE)
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Der Konsument digitaler Videos
Welche Sendungen sehen Europäer? Mehr als 60%3 stammen aus Europa, die Zahlen schwanken jedoch von Land zu Land. Mehr als 85% aller dänischen Sendungen sind beispielsweise
europäische Produktionen, in der tschechischen Republik sind dies 50%.
Figure 15: European TV broadcasting led by European productions
100%
86
80
63
European
60
49
Other
40
20
0
Denmark
EU
Czech Republic
Note: Domestic & other includes coproductions; Germany, UK: % of gross revenue; Switzerland, NL: % of admissions
Source: MEDIA Salles
Von festen Sendezeiten zu On-Demand-Fernsehen
Ein Großteil des Fernsehkonsums in Europa findet heute „entspannt zurückgelehnt“ statt;
Zuschauer sehen Sendungen zu den von den Fernsehanstalten festgelegten Sendezeiten.
Sie lehnen sich zurück und genießen, was ihnen „vorgesetzt“ wird. Ihre Hauptaktivität
besteht dabei in der Auswahl der Kanäle — oder der Nutzung von Knöpfen zur Abstimmung oder telefonische Abstimmungen bei interaktiven Shows. Mit der Zeit entwickeln
Zuschauer jedoch neue Präferenzen. In Zukunft werden Verbraucher immer aktiver und
selektiver handeln. Dies ist ein Ergebnis der technischen Entwicklung, die es ihnen ermöglicht, zu bestimmen, wann und wo sie fernsehen.
Time-Shifting, also die Möglichkeit zu entscheiden, wann man die Lieblingssendung sehen
möchte, anstatt den vorgegebenen Sendezeiten zu folgen, ist ein Beispiel für On-DemandNutzung. Dies wird durch zwei digitale Innovationen möglich gemacht - den Personal
Video Recorder (PVR) und Video-on-Demand (VOD) Angebote.
PVRs sind in Europa immer noch eine relative Neuheit. Sie wurden zunächst im Jahr 2001
relativ großflächig von BSkyB in Großbritannien unter dem Namen Sky+ eingeführt. In
der Regel stellt ein Pay-TV-Anbieter PVRs als Teil einer digitalen Premium-Set-Top-Box zur
Verfügung, obwohl Verbraucher PVRs auch im Elektronikfachhandel einzeln oder im Paket
mit einer Set-Top-Box für das digitale terrestrische Fernsehen (DTT) erwerben können.
3 Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 22. August 2006
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Es gibt heute mehr als 3 Millionen PVRs in Europa. Die Mehrheit, nämlich 2 Millionen, in
Großbritannien, was Großbritannien mit einer ca. 10%-igen Marktpenetration4 zur Nummer
1 in Europa macht. Im Rest Europas nutzen derzeit weniger als 1% der Haushalte PVRs.
PVRs gibt es in den USA bereits seit einigen Jahren. Die Marktpenetration ist viel höher.
26,2% aller US-amerikanischen Haushalte nutzen heute digitale Videorekorder (DVRs)
- wie sie in den USA genannt werden. Die Technologie wurde 1999 eingeführt und mit
dem ersten Gerät von Philips/TiVo populär. Dieses war damals im Grunde ein digitaler
Ersatz für einen VHS-Rekorder. Mit der Zeit haben die großen Pay-TV-Anbieter auch DVRs
gestellt.
Die schnelle Annahme von DVRs durch die US-amerikanischen Kunden zeigt, wie sich
Nutzungsgewohnheiten ändern, wenn die Technik verfügbar ist, wenn Pay-TV-Anbieter
bereit sind, den Dienst zur Verfügung zu stellen, und wenn Subventionen oder andere Preisvereinbarungen diese neue Option für Kunden attraktiver macht. Wenn man vor diesem
Hintergrund PVRs damit vergleicht, so folgen diese in ihrer Annahme durch den Kunden
einer relativ vorhersehbaren Kurve:
Figure 16: In the US, PVR has followed VCR penetration and is expected to reach ~44% of
households in 2010
PVR penetration in US households
Estimated PVR penetration
in US households 2010
100%
50%
50%
42%
44%
Boxoffice
VCR
80
40
Average
40%
DVD
Color TV
60
30
20
40
20
10
PVR
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9 10 11 12 13 14 15
Years after
introduction
0
Source: Consumer Electronics Association; Electronic Industries Alliance; JPMorgan; Forrester Research; IDC; Bain Analysis
IDC
Citigroup
Forrester
Datamonitor
4 Datamonitor
41
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Der Konsument digitaler Videos
Die Frage ist nur, wie viele ihrer Sendungen Verbraucher künftig auf PVRs sehen würden.
In Haushalten mit PVR ist ein Wechsel im großen Umfang zu erwarten. In Großbritannien
nutzen Zuschauer derzeit bei 12% bis 20%5 ihres Nutzungsvolumens Time-Shift. Die Zahlen
sind in den USA noch viel höher. Dort nutzen die ersten Verbraucher digitale Videorekorder,
um 30% bis 40% der angeschauten Sendungen später zu konsumieren.
Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Häufigkeit der Nutzung eines PVR auch davon beeinflusst wird, was angesehen wird. Dramen und Dokumentarfilme werden von europäischen
Zuschauern am häufigsten auf PVR aufgenommen. Damit sie auch keine Episode einer dramatischen Serie verpassen, setzen sie ihre PVRs ein, damit sie diese zu einer späteren Zeit
oder an einem anderen Tag ansehen können. Im Fernsehen übertragene Sportveranstaltungen sind die Sendungen, die am seltensten später angeschaut werden. Zuschauer genießen
Sport lieber live, anstatt einige Stunden oder Tage später, wenn das Ergebnis sowieso
bekannt ist. Nachrichten und das Wetter: Dies sind Inhalte, die schnell veraltet sind und auf
Nachrichten- oder Wetterkanälen jederzeit verfügbar sind. Daher werden sie am wenigsten
auf PVR aufgezeichnet.
Die andere Methode für das Ansehen von Sendungen, wenn Zuschauer dies wollen, ist
Video-on-Demand (VOD). Zuschauer wählen die Inhalte, die sie ansehen möchten, aus
einem Menü aus, das auf ihren Fernsehbildschirmen angezeigt wird, und sehen es sich
sofort an. Weniger als 8% aller europäischen Haushalte haben heute Zugriff auf echtes VOD
(im Gegensatz zu einer Version von VOD — „near Video on Demand“ oder nVOD genannt
— wo Inhalte in regelmäßigen Abständen erneut gezeigt werden, oft auf Pay-per-View-Basis). Traditionelle Fernsehzuschauer bräuchten für VOD entweder digitales Kabelfernsehen
oder die IPTV-Technologie und einen Anbieter, der einen VOD-Dienst im Programm hat.
Angesichts der Schnelligkeit der Bereitstellung von digitalem Kabelfernsehen und der relativ
neuen Einführung von IPTV, steckt Video-on-Demand für den traditionellen europäischen
Fernsehzuschauer noch in seinen Kinderschuhen.
Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit, wie Zuschauer VOD empfangen können - auf
ihrem Computer über das öffentliche Internet. Verbraucher benötigen hierzu einen Breitbandanschluss und Zugriff auf einen VOD-Dienst im Internet. Mit Internet VOD können
Zuschauer Fernsehprogramme herunterladen. Wenn sie über ein Netzwerk verfügen, kann
das Programm dann an den Familienfernseher weitergeleitet werden. Die Nutzung von VOD
durch den Verbraucher und die Konsequenzen für das traditionelle Fernsehen werden nachstehend noch genauer erläutert.
Wenn man die Nutzungsgewohnheiten in Großbritannien und den USA betrachtet, haben
die meisten Haushalte, in denen TV VOD verfügbar ist, diesen Dienst auch bereits ausprobiert. 60% bis 70% haben dies bereits in den ersten sechs Monaten getan. Nach einer
Anfangszeit variiert das Zuschauerverhalten je nachdem, ob der VOD-Dienst „kostenfrei“
ist oder ein Abonnement oder eine Gebühr für jeden angesehenen Inhalt gezahlt werden
muss. Gebührenpflichtiges VOD bietet in der Regel neu veröffentlichte Filme und besondere
Ereignisse wie große Sportveranstaltungen. Kostenloses VOD heißt normalerweise, sich auf
5 „PVRs Revisited”, The Briefing, Starcom, Oktober 2006
42
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September 2007
den „neuesten Stand“ bringen zu können, d.h. Zugriff auf die Lieblingssendungen, die man
zu ihren regulären Sendezeiten verpasst hat.
Die Erfahrung in den USA zeigt, dass die Mehrheit (d.h. mehr als 60%) der VOD-Nutzung
„kostenfrei“ ist und man sich meist dabei nur „auf den neuesten Stand bringt“. Zuschauer
nutzen VOD als eine andere Form der zeitlichen Verlagerung von Sendungen, ähnlich der
Art, wie sie Personal Video Recorder einsetzen, aber ohne dabei vorausdenken und die
aufzunehmenden Sendungen programmieren zu müssen. Die Häufigkeit, mit der ein Haushalt ein „kostenloses“ VOD-Programm ansieht, variiert enorm - von ein Mal pro Monat bis
zu 12 Mal in einigen Märkten. Bei kostenpflichtigen VOD-Diensten sinkt die Häufigkeit der
Nutzung in der Regel auf ein Mal pro Monat.
Verbraucher erhalten auch die Gelegenheit, ihre Lieblingsprogramme dort anzusehen, wo
sie wollen. Die Branche nennt dies „Ortsverlagerung” (oder Place-Shifting) - beispielsweise
Fernsehprogramme auf einem Mobiltelefon oder über das Internet ansehen zu können, wenn
man nicht zu Hause ist. Derzeit ist der Markt für Videos, die auf ein Mobiltelefon oder ein anderes Handheld-Gerät gesendet werden (entweder per Simulcast (d.h. gleichzeitiges Senden
und Anschauen) oder Herunterladen) sehr begrenzt - mit weniger als 5% der Handy-Abonnenten, die in Europa regelmäßig mobile Videooptionen nutzen.
Ortsverlagerung beinhaltet auch den Wechsel des Ortes, an dem man zu Hause Videos ansieht. Ein über das Internet heruntergeladenes Programm könnte beispielsweise vom PC an
den Fernseher gesendet werden. Es wurden in letzter Zeit verschiedene Technologien auf
dem Markt eingeführt, durch die Kunden über Heimnetzwerke, wie z.B. den SlingCatcher
von Mediabox und Apple TV (siehe unten), den Ort verlegen können, wo sie sich eine Sendung ansehen. Zudem bietet die neueste Generation von Spielkonsolen die Möglichkeit, ohne
PC-Verbindung direkt vom Fernsehapparat aus auf Internetinhalte zugreifen zu können. Es
ist allerdings noch zu früh, um die Verbrauchernachfrage nach dieser Art von Ortsverlagerung vorhersagen zu können. (Im Abschnitt zu „Home-Hubs“ weiter unten finden Sie weitere
Informationen zur Bereitstellung dieser neuen Technologie.)
Filmkonsum gleichbleibend
Das Ansehen von Filmen befindet sich im Umbruch. Es gibt heute verschiedene Möglichkeiten dazu. Die altmodische Art des Kinobesuchs ist immer noch beliebt. Die Umsätze an
den Kinokassen gehen jedoch nach und nach zurück (von 2004 bis 2006 im Durchschnitt
um 3%6).
Am liebsten sehen sich Verbraucher Filme zu Hause an, die sie aus einer Sammlung
gekaufter DVDs auswählen oder beim örtlichen Videoverleih ausleihen. Nach einem sehr
rasanten Wachstum zwischen 2001 und 2004 hat sich dies nun abgeschwächt.
6 Screen Digest, Oktober 2006
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Der Konsument digitaler Videos
Der Umsatz aus On-Demand-Angeboten auf Fernsehplattformen (Pay-per-View oder PPV)
und aus Filmen, die per Video-Streaming übertragen oder aus dem Internet heruntergeladen werden, nimmt schnell zu. Auf diese neuen Formate entfallen jedoch dennoch nur etwa
5% der gesamten Ausgaben für Filme. Über den gleichen Zeitraum ist auch der Umsatz aus
Filmen bei Pay-TV und unverschlüsselten Fernsehstationen nach einer Zeit des moderaten
Rückgangs stark gefallen.
Figure 17: Household unit media consumption varies by country
Units consumed per household in 2005
20
19.5
15.7
15
14.2
12.5
10.6
10
9.0
7.2
5
0
UK
FR
DE
Note: DVD excludes VHS; DVD rental data for Austria not available; UKUnited Kingdom,
FRFrance, DEGermany, NLNetherlands, ATAustria, BEBelgium, CHSwitzerland
Source: PricewaterhouseCoopers; Screen Digest
NL
AT
Box office visits
BE
DVD buys
CH
DVD rentals
Einfluss auf traditionelles Fernsehen und Filme durch Internetkonsum muss
sich noch zeigen.
Angesichts der Vorbereitungen der Videocontent-Branche auf künftige Veränderungen stellt
sich folgende Frage: Wie wird das Internet das Fernseh- und das Film-Konsumverhalten
beeinflussen? Die Internetnutzung in Europa wächst mit 10% bis 20% pro Jahr relativ schnell.
Das wird durch die in den Haushalten verfügbaren Breitbandverbindungen möglich. Menschen verbringen mehr Zeit im Internet. Viele Branchenbeobachter geben zu bedenken, dass
dies den Konsum des traditionellen Fernsehens und von Filmen verringern wird - dies gelte
insbesondere für interneterfahrene, junge Anwender. Was können etablierte Medienakteure
von der Zukunft erwarten, wenn dies passiert? Wird die Jugend ihr Zuschauerverhalten mit
ins Erwachsenenalter nehmen? Oder werden sie sich mit steigendem Alter und größerem
Wohlstand einen Großbildfernseher kaufen und wieder herkömmliches Fernsehen nutzen?
Es gibt unzählige qualitative Umfragen, die auf einen Rückgang beim Konsum von Fernsehinhalten bei einigen Internetnutzern hinweisen. In den USA gaben 40% der Internetnutzer in
einer Umfrage von Piper Jaffray an, weniger fernzusehen. Eine BBC/ICM Umfrage in Großbritannien brachte ähnliche Ergebnisse; 40% der regelmäßigen Nutzer von Online-Videocontent gaben an, weniger fernzusehen.
44
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September 2007
Es existieren jedoch auch harte quantitative Beweise dafür, dass das Internet die Nutzungszeit des Fernsehens verringert. In den Niederlanden zum Beispiel, wo Breitbandtechnik
weit verbreitet ist, sehen Menschen pro Jahr ca. 2% mehr fern. Selbst junge Leute, deren
Nutzung des Internets gleichzeitig mehr als 50% explodiert ist, sehen mehr fern. Wie bereits
beschrieben, ist in den meisten europäischen Märkten ein Anstieg des Fernsehkonsums zu
beobachten. In Großbritannien ist er schlimmstenfalls gleichbleibend.
Die wachsende Bedeutung des Internets hat einen viel größeren Einfluss auf andere Medien,
beispielsweise Printmedien. Eine Erklärung hierfür ist, dass Zuschauer sich immer mehr an
den Umgang mit verschiedenen Medien gewöhnen. Dies trifft insbesondere auf junge Verbraucher zu. Ein weiterer Faktor ist, wie das Internet genutzt wird. Untersuchungen dazu,
wie Menschen das Internet nutzen, ergaben, dass US-amerikanische Verbraucher die Hälfte
der Zeit ins Netz gehen, um zu browsen und nach Nachrichten und Informationen zu suchen.
Sie suchen auch nach gesellschaftlichen Erfahrungen - E-Mailen, Instant Messaging, Chat und
soziale Netzwerke für den Rest der Zeit - Aktivitäten, die das Fernsehen nicht direkt ersetzen
kann.7 Die Zahlen bestätigen die wachsende Bedeutung von Websites wie MySpace und Facebook. Diese Seiten sind zwar extrem beliebt, die damit verbundene Erfahrung unterscheidet
sich jedoch von dem entspannten Sitzen vor dem Fernseher oder einem Abend im Kino.
Figure 18: In the US, communication and communities represent the bulk of Internet usage
Communication and communities
represent 45% of internet usage
Largest social networks approaching
number of page views at major portals
100%
Monthly page views
Voice
CAGR
(05−06)
Discussion/chat
40M
80
IM
23%
Yahoo
Communication
and communities
MySpace
249%
30
60
Email
20
40
Browsing/
search/
other
20
10
MSN
−1%
Google
67%
Facebook
0
0
% of time spent on each activity
Aug 05
Aug 06
230%
Social
networks
Major portals
Source: Morgan Stanley from comScore Media Metrix data, based on average minutes per visitor by category (2005).
Note: Browsing/Other includes general web surfing activity not listed in other categories.
Mit der wachsenden Bedeutung des Internets als Unterhaltungsmedium verbleibt dennoch
folgende Frage: Wird es ein Ersatz (direkt oder indirekt) für das Fernsehen oder Ansehen
von Filmen werden und wie und wann wird das passieren?
7 Internet Trends”, Morgan Stanley, Oktober 2005 (inkl. Daten aus comScore Media Metrix, August 2005)
45
LGI FINAL inside pages GERMAN.in45 45
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Der Konsument digitaler Videos
Das Aufkommen von Video-on-Demand im Internet
Video-on-Demand über das Internet wird schnell zu einem Dienst für die Massen, da mehr
Haushalte Breitbandzugänge haben und eine größere Bandbreite die Schnelligkeit und Qualität des Video Streaming und des Herunterladens aus dem Internet verbessert. Fast 60% der
westeuropäischen Nutzer sehen mindestens ein Mal pro Monat Videos im Internet an. Diese
hohen Durchdringungsraten sind mit denen in den USA vergleichbar, wo jeden Monat mehr
als 60% der Internetnutzer Videos online ansehen. In den meisten Ländern geben jedoch weniger als 10% der Nutzer an, dass sie das Internet täglich zum Ansehen von Videos nutzen.
Figure 19: ~60% of the European online population watch video images online at least monthly
Percent of online population watching video images, 2006
100%
Monthly
Weekly
80
71
70
Daily
58
60
56
Average
all countries
55
51
49
48
43
40
20
0
HU
PL
ES
UK
FR
NL
DE
CH
SE
Note: All countries additionally includes Belgium, Italy, Romania, Slovakia, Denmark
Source: InSites survey of 41,000 Internet users across 14 countries in November 2006
Wenn sie dies tun, was sehen sie sich an? In erster Linie kurze Formate, wie Nachrichten,
Musikvideoclips, Filmtrailer und von Nutzern erstellte Inhalte. Es gibt wenige harte Daten
für Europa. Die Branchenbeteiligten, mit denen wir gesprochen haben, sagen jedoch,
dass Nutzer pro Tag weniger als fünf Minuten mit dem Ansehen von Online-Videos
verbringen. Nutzerdaten in den USA scheinen dies zu bestätigen. Einer Umfrage von
Piper Jaffray zufolge entfallen etwa 70% der im Internet angesehenen Videos auf kürzere
Formate, d.h. Nachrichten, von Nutzern erstellte Inhalte, Musik und Film-Previews. Eine
kürzlich durchgeführte Umfrage von Advertising.com fand heraus, dass die wirksamste
Online-Werbung 15 Sekunden dauert - das ist halb so lang wie ein typischer Fernsehwerbespot.
Längere Videoformate im Internet sind noch nicht so populär. 2006, als führende US-amerikanische Fernsehanstalten (ABC, Fox, CBC, NBC) beschlossen, einen Großteil der Fernsehinhalte online zu stellen - darunter auch solche Erfolgsserien wie Desperate Housewives und
CSI - konnten sie jedoch einen großen Nachfragezuwachs verzeichnen. Es wird erwartet, dass
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LGI FINAL inside pages GERMAN.in46 46
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September 2007
europäische Fernsehanstalten Gleiches tun und einige ihrer Inhalte online verfügbar machen, z.B. exklusive Previews und Fernsehdienste „zum Aufholen“ anbieten werden. Channel
4 in Großbritannien und TF1 in Frankreich haben mit dem Streaming und den Videos zum
Herunterladen bereits begonnen.
Es ist zwar noch zu früh, um Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, ob die Zuschauer bei
Online-Programmen länger einschalten werden, Marktakteure, die von uns befragt wurden,
sagten, dass längere Sendungen nur sporadisch, aber nicht regelmäßig, angesehen würden.
In den USA berichtete beispielsweise NBC, dass 78% der Zuschauer, die den Rewind OnDemand Service (Zurückspulen auf Abruf) nutzen, dies nur tun, um sich eine Episode einer
Sendung anzusehen, die sie verpasst haben.
Eine Chance könnte sich eventuell für Nischenprogramme ergeben, bei denen ein ContentVerwalter, wie beispielsweise FishFever.com, Nischenzuschauer in verschiedenen Märkten
erreichen kann. Ein leitender Angestellter für geschäftliche Entwicklung bei einem OnlineDienst sah erhebliche Chancen für Sport und ethnische Programme. Er sagte hierzu wörtlich:
„Wenn Nutzer eine Sendung aus ihrem Heimatland sehen können, wird es Zuschauer geben.
Das Internet kann die Möglichkeit schaffen, kleine, leidenschaftliche Gruppen weltweit zu erreichen.“ Es sollte aber beachtet werden, dass diese Möglichkeit auch anderen Distributionsformen (wie Satellitenfernsehen) in einem entsprechenden nationalen Markt offen steht.
Junge Erwachsene verhalten sich anders, sie werden nur einen Teil dieses
Verhaltens mit steigendem Alter beibehalten.
Die Konsumgewohnheiten von Online-Medien unterscheiden sich zwischen älteren und
jüngeren Nutzern beträchtlich. Jüngere Nutzer können besser mit der Technik umgehen,
sie konsumieren andere Programme, und sie nutzen die Medien selbst anders. Bei ihnen
ist es doppelt so wahrscheinlich wie bei älteren Zuschauern, dass sie Video-Sharing-Websites wie YouTube schon einmal genutzt haben. Unklar ist noch, ob diese Präferenzen
mit steigendem Alter dieser Jugendlichen bestehen bleiben. Wird ihr Einfluss zu breiter
angelegten Veränderungen beim Zuschauerverhalten des Massenmarktes führen?
Derzeit haben junge Internetnutzer drei wichtige Eigenschaften:
Die Nutzer zwischen 15 und 34 sind mehr mit der Technik vertraut. Sie sind mit der Technik aufgewachsen. Sie sind mehr bereit, sich an Innovationen anzupassen, insbesondere weil
Anwendungen und Geräte immer benutzerfreundlicher werden. Man kann davon ausgehen,
dass dieser Trend mit steigendem Alter zunimmt.
Die Nutzer zwischen 15 und 34 konsumieren mehr On-Demand-Angebote und interaktive
Medien als ältere Erwachsene Sie spielen mehr Videospiele, nutzen das Internet mehr,
sehen weniger fern und verlassen sich weniger auf Printmedien. Bei ihnen ist es doppelt
so wahrscheinlich wie bei älteren Zuschauern, dass sie Videocontent auf ihren Computern
ansehen. Einige Verbraucherumfragen fand heraus, dass jüngere Menschen glauben, dass sie
deshalb weniger fernsehen.
47
LGI FINAL inside pages GERMAN.in47 47
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Der Konsument digitaler Videos
Könnten sich diese Gewohnheiten im Verlauf der Zeit ändern? Sie werden älter und haben
mehr zu tun. Die junge Generation von heute hat daher vielleicht dann weniger Zeit für das
E-Mailen über das Internet, Instant Messaging und Videospiele. Der Computer wird auch nicht
immer als Fernseher herhalten müssen. Wie es ein Manager eines großen US-amerikanischen
Fernsehsenders einmal formulierte: „Jüngere Zuschauer verbringen viel Zeit damit, im Internet
Videos anzusehen. Sie wissen, dass das nicht die beste Qualität ist, aber es ist für sie praktisch,
weil sie in ihrer eigenen Welt, zum Beispiel in ihrem eigenen Zimmer, fernsehen können. Mit
ihrem Einstieg in die Arbeitswelt und ihrem eigenen Fernsehapparat werden sie wieder zum
Fernsehen auf einem Fernsehapparat zurückkommen.“
Figure 20: Younger viewers are twice as likely to watch video content on their computer
“Have you ever watched or downloaded TV programmes or clips via your PC?”
% of UK adults with broadband at home
100%
80
60
40
20
0
18−24
25−44
45−64
29%
24%
% of total UK population:
9%
Source: Ofcom October 2006
Sie konsumieren Medien auch anders. Junge Erwachsene machen mehr Dinge gleichzeitig
als Erwachsene —das macht es schwieriger, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen und zu
behalten. Sie kommunizieren und verkehren mehr online mit anderen Personen. Werden
sie diese Gewohnheiten beibehalten? Es ist wahrscheinlich, dass sie die Verbindung zu den
Gemeinschaften aufrechterhalten, die Prioritäten ändern sich aber möglicherweise. Anstatt
Dating-Websites zu nutzen, loggen sie sich irgendwann aus dem Internet aus und verbringen mehr Zeit mit Verwandten und Freunden.
Es scheint also, dass junge Erwachsene die Mediennutzungsgewohnheiten revolutionieren.
Wir glauben, dass diese jüngere Generation letztendlich gemischte Gewohnheiten haben
wird. Mit steigendem Alter werden sie weniger Zeit an ihrem PC und mehr Zeit damit verbringen, Videoprogramme in ihren Wohnzimmern zu genießen - sehr wahrscheinlich auf
einem qualitativ hochwertigen Großbildfernseher.
Von allen Trends, die wir heute beobachten, überlebt am Ende vielleicht nur einer — Videoon-Demand. Mit der neuen, nun auf dem Markt verfügbaren digitalen Technik beobachten
48
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September 2007
wir, dass mehr Menschen On-Demand nutzen - und zwar schneller. Dies wird jedoch nicht
notwendigerweise auf PCs oder im öffentlichen Internet passieren. Es wird verschiedene,
zueinander in Wettbewerb stehende On-Demand-Angebote geben.
Piraterie: Ein großes Problem für die Videocontent-Branche
Im Zeitalter von Hochgeschwindigkeits-Internetverbindungen ist die Videopiraterie ein ernstes Problem, das sich immer weiter ausbreitet. Piraterie und andere unbefugte Handlungen
nehmen viele Formen an, die von Konsumenten, die urheberrechtlich geschütztes Material
ansehen, das illegal auf einer von Benutzern erstellen Content-Seite platziert wurde, bis zum
illegalen Brennen einer DVD-Kopie oder dem Kauf einer Raub-DVD reichen. Durch den
Ausbau der Internetbandbreite, die die Videoqualität und die Geschwindigkeit verbessert,
und durch Technologien, die es problemlos erlauben, Inhalte auszutauschen, ist die Piraterie
mittlerweile allgemein verbreitet. Die Benutzer verfügen häufig über PCs, die mit CD- und
DVD-Brennern ausgestattet sind, und es ist leicht, über Online-Netzwerke illegal Audio- und
Video-Dateien zu handeln.
Zahlreiche Studien, die von Verbänden in Auftrag gegeben wurden, welche Inhaber von
Rechten an Medieninhalten vertreten, belegen den Umfang der Piraterie. Die Motion Picture
Association of America schätzt, dass 2005 ihren Mitgliedern nahezu 2 Mrd. Euro an Umsätzen
durch Piraterie verloren gingen. Downloads und Bootlegging machen jeweils 40% aus, wobei
20% der Umsätze durch illegales Kopieren durch Privatleute verloren gehen8. Laut der British
Video Association haben 6% aller britischen Erwachsenen bereits einmal einen Film oder eine
Fernsehserie illegal heruntergeladen, und sie laden im Durchschnitt 15 Titel pro Jahr herunter.9 In Deutschland fand das Marktforschungsunternehmen GfK Gruppe heraus, dass in der
ersten Jahreshälfte 2005 ca. 3% der Deutschen nahezu 12 Mio. Filme heruntergeladen haben.
Und ca. 8% der Bevölkerung brannten mehr als 55 Mio. Filme auf DVDs, eine Zahl, die die
Zahl der insgesamt verkauften DVDs in Deutschland für das Jahr 2005 übersteigt und die ca.
5 Mio. unter der Zahl der verkauften Kinokarten liegt10.
Der Austausch von Dateien ist in Europa flächendeckend und spiegelt die Popularität von
Peer-to-Peer-Netzwerken wider. Die Hälfte der Benutzer von BitTorrent, des populären Entertainment-Download-Netzwerks, sind nachgewiesenermaßen Europäer . Da sich die Videopiraterie durch Konsumenten im Internet ausweitet, sollten sich die Zuständigen auf dem Markt
für Videocontent die Lehren ihrer Amtskollegen aus der Musikbranche vergegenwärtigen, die
sich jahrelang mit der Piraterie abgefunden hatten. Anstatt zu zögern, sollten die Hersteller
von Videocontent, Aggregatoren und Distributoren schnellstens handeln und Lösungen entwickeln, um das illegale Kopieren von Film-DVDs und TV-Serien und anderem online erhältlichen Videocontent einzugrenzen. Eine ausführliche Besprechung des Digitalen Rechtemanagements findet sich im Abschnitt „Technologie“.
8 „The Cost of Movie Piracy”, MPA und L.E.K., 2006
9 „Digital copyright theft and the British film industry“ (Raub von digitalen Urheberrechten und die britische Filmindustrie) – BSAC Filmkonferenz Vortrag – 9. März 2006
10 FFA Brennerstudie 2005, GfK Gruppe, Januar, 2006; Daten zur Piraterie basieren auf der ersten Hälfte 2005
11 Parallel and Distributed Systems Group, Delft Universität für Technologie, 2007
49
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Der Konsument digitaler Videos
Das mediale Sehverhalten der Konsumenten befindet sich im Umbruch und dies wirft die
Frage auf: Wie wird die nähere Zukunft aussehen? Es ist zu früh, um endgültige Rückschlüsse zu ziehen, aber es zeichnen sich einige Trends ab.
Erstens werden über das Internet verfügbare Fernsehserien, Filme, Nachrichten und anderer
Videocontent beginnen, das traditionelle TV- und Filmpublikum auszudünnen. Bis jetzt hält
sich dieses Publikum aber. In den nächsten fünf Jahren wird das Fernsehverhalten nicht
weiter mit derselben Geschwindigkeit steigen, wir erwarten aber auch keine große Abnahme.
Zweitens wird, obwohl sich das Sehverhalten immer noch weiter verändert, eine Präferenz
deutlich – On-Demand-Fernsehen erfreut sich wachsender Popularität. Wie schnell wird
sich On-Demand-Fernsehen entwickeln? Wie wir bereits an anderer Stelle ausgeführt haben,
hängt die Antwort davon ab, wie schnell technologische Erfindungen und Dienste neue
Präferenzen der Konsumenten ermöglichen.
b / Technologie
Aus technologischer Perspektive tritt Europa in rasantem Tempo in das digitale Fernsehzeitalter ein. Bis 2012 werden alle traditionellen Fernsehübertragungen in Westeuropa digital sein
und die Regierungen werden ab 2007 ihre analogen Systeme abschalten. Gleichzeitig erlebt
das Kabelfernsehen eine eigene Aktualisierung und es zeichnen sich Anbieter neuer Videodistributionsdienste ab.
Die digitale Umstellung gestaltet sich auf den Märkten unterschiedlich. Dies hängt
hauptsächlich von den unterschiedlich schnellen Markteinführungen unterschiedlicher digitaler Videotechnologien ab.
Die Analysten erwarten, dass 80% aller westeuropäischen Haushalte und 30% aller osteuropäischen Haushalte bis 2012 einen Zugang zu einer Form des digitalen Fernsehens haben
werden. Dabei wird die Niederlande mit 93% an der Spitze liegen. Hingegen wird für die
Schweiz, Österreich und Belgien nur eine Durchdringung von 65% erwartet. In Osteuropa
wird die digitale Verfügbarkeit nicht gleichmäßig sein, wobei 50% der polnischen Haushalte
auf digital umschalten werden, aber nur 25% der rumänischen Haushalte. Im digitalen Rennen wird Osteuropa den westeuropäischen Staaten um vier bis sechs Jahre hinterherhinken.
In der Zwischenzeit verbessert sich die über das Internet erhältliche Qualität, obwohl sie im
Vergleich zum Fernsehen immer noch schlechter ist. Die Frage bleibt, wie schnell alternative
internetgestützte Videodienste den Anschluss finden. Werden sie eine Gefahr für das Massenpublikum traditioneller Anbieter sein? Eine wichtige Voraussetzung wird die Konvergenz
sein: in diesem Fall die lange erwartete Vereinigung von TV und PC. Damit internetgestützte
Dienste mit den traditionellen „entspannt zurückgelehnten“-Angeboten (lean back) des Fernsehens in Wettstreit treten können, müssen die Konsumenten in der Lage sein, Videos nahtlos
von ihren PCs auf ihre Fernsehgeräte zu übertragen. Momentan ist dies mit einer Reihe von
Hindernissen verbunden. Das wichtigste Hindernis: Das Internet ist selbst nicht in der Lage,
ein großes Massenpublikum zu bedienen und die Videoqualität ist schlechter als beim Fernsehen.
50
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September 2007
Eine riesige Zahl an Geräten und neuen Angeboten versucht, diese Probleme zu lösen, aber
eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht. Damit die Konvergenz funktioniert, muss die Videocontent-Branche zusammenarbeiten, um die vielen Einzelteile zusammenzufügen. Und die
Konsumenten müssen von den Vorteilen erfahren. Pay-TV-Anbieter sehen sich bereits mit der
Herausforderung konfrontiert, den Kunden die Vorzüge moderner digitaler Dienste, beispielsweise High Definition-TV, zu erklären. Es wird vielleicht noch schwieriger sein, ihnen die
Vorzüge eines völlig neuen Zugangs zu Videocontent zu vermitteln.
Konkurrenz im Bereich digitaler Videos
Da immer mehr europäische Haushalte über Breitbandverbindungen verfügen, entstehen
neue Videodistributionsdienste, die mit den existierenden Fernseh-, Kabel- und Satellitenanbietern um das Publikum konkurrieren. Die verbesserte Qualität digitaler Videos und die
schnelleren Download-Geschwindigkeiten machen das Internet zu einer existenzfähigen
Alternative.
Es gibt zwei Arten internetgestützter Konkurrenten:
•
Telekommunikationsunternehmen, die IPTV-Angebote über proprietäre Systeme
anbieten
•
Aggregatoren im öffentlichen Internet, die einen Online-Zugang für Videos anbieten
In ganz Europa bringen etablierte Telekommunikationsunternehmen wie z. B. BT oder
France Telecom IPTV-Angebote auf den Markt, die nicht über Kabel oder Satellit, sondern
über DSL-Verbindungen übertragen werden. Das IPTV-Konzept ist einfach: Wer die Breitbandverbindung zum Internet bereitstellt, stellt auch den Videodienst mit Standard- und
Premium-TV bereit.
Öffentliche internetgestützte Content-Aggregatoren, wie z. B. Joost und MediaZone,
vertreiben ihre Angebote über fremde, bereits bestehende Internetverbindungen („Overthe-top“). Während MediaZone entweder eine Abonnement- oder On-Demand-Gebühr
verlangt, bietet Joost seinen Zuschauern das Programm kostenlos an und trägt sich durch
Werbung oder direkte Zahlungen. Die Nutzer können Videocontent herunterladen oder
Streaming-Video-Programme ansehen.
Eine wichtige Voraussetzung für IPTV und „Over-the-top“ — die Markteinführung von Breitband
Ein genauer Blick auf Internet-TV-Angebote deckt einen Grund auf, warum sie bisher keine
ernsthafte Konkurrenz für das traditionelle Fernsehen sind. Lediglich digitale Videos über
eine Internetverbindung anzubieten, reicht nicht aus. Es gibt bei den Breitbandverbindungen erhebliche Qualitätsunterschiede in den Haushalten und damit auch bei der Qualität
und der Geschwindigkeit der Video-Downloads und des „Live“-Streaming-TV. Diese Unterschiede wirken sich auf die Konkurrenzfähigkeit von IPTV und öffentlichen Internetangeboten für das Massenpublikum aus.
51
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Der Konsument digitaler Videos
So erfordert z. B. High Definition-TV eine Bandbreite von mindestens 16 Mbps, damit
die Zuschauer einen Stream speichern und einen anderen ansehen können. Frankreich
ist führend bei der DSL-Bandbreite, wobei die Internet Service Provider (IPS) bis zu 20
Mbps anbieten. Die durchschnittliche Übertragungsbandbreite über DSL ist jedoch im
überwiegenden Teil von Europa auf 1-8 Mbps begrenzt . In den kommenden fünf Jahren
werden sich diese Zahlen erwartungsgemäß verdoppeln und den Start von IPTV-Angeboten in den meisten Ländern zulassen, aber sie werden immer noch nicht für einen
Massenmarkt für HD-TV über IPTV ausreichen. Gegenwärtig braucht ein Konsument mit
einer 2 Mbps-DSL-Verbindung ca. eine Stunde, um einen kompletten Film herunterzuladen; dies würde mit einer 10 Mbps-DSL-Verbindung nur noch 15 Minuten dauern und mit
einem Peer-to-Peer-Service wie BitTorrent sogar nur 5 Minuten.
Figure 21: Average broadband bandwidths vary across European markets
Average bandwidth offered as of September 2006
20
20
(Mbps)
15
10
10
9
9
5
5
5
5
4
3
3
2
1
a
str
i
nm
De
Au
ar
k
n
Sp
ai
la
nd
Sw
itz
er
m
an
y
G
er
m
lg
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Be
rla
he
N
et
UK
nd
s
ly
Ita
ga
l
Po
rtu
ed
en
Sw
Fr
an
ce
0
Note: Calculated as simple average of max broadband bandwidth available per ISP; highest bandwidth also varies: e.g., in Netherlands cable now offers 20mbps
Source: JPMorgan
Studien über den britischen Markt zeigen, wie stark und wie schnell die Nachfrage nach
einer größere Bandbreite wächst. Die Anforderungen an die Spitzenbandbreite könnten
im Jahr 2012 zwischen 13,5 Mbps und 22,9 Mbps liegen, je nach Größe des Haushalts12. In
einer im Juli 2006 vorgestellten Präsentation über ihre Breitbandpläne erklärte BSkyB, sie
gingen davon aus, dass sich „die Nachfrage [bei der Bandbreite] alle fünf Jahre verdoppeln“
werde13.
12 Predicting UK future bandwidth requirements”, Broadband Stakeholder Group, Mai 2006
13 Vortrag „Sky Broadband for Sky customers“, BSkyB, 18. Juli 2006
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September 2007
Die Verbraucher werden sich einer besseren Videoqualität und Download-Geschwindigkeiten erfreuen können, wenn die Internet Service Provider (ISPs) in Verbesserungen investieren, die von einem schnelleren DSL (VDSL) bis zur Anbindung der Haushalte durch
„Fiber to the homes“ (FTTH=Glasfasernetz) reichen. Der Wettbewerb verschärft sich. Als
Iliad, eine der führenden Breitband-ISPs in Frankreich einen FTTH-Ausbau begann, folgten andere große Konkurrenten (u.a. Orange, Neuf, Cegetel) rasch diesem Beispiel.
Angesichts dieser grundsätzlichen Beschränkungen stellt sich die Frage, warum neue Internetangebote als eine solch starke Kraft angesehen werden. Man erwartet, dass sie nicht
nur eine Alternative zum bestehenden „entspannt zurückgelehnten“-Fernsehen darstellen, sondern dass sie die Verfügbarkeit neuer Möglichkeiten für die Verbraucher, wie z.
B. andere Zeiten und Orte zu nutzen, beschleunigen. Für IPTV-Anbieter wird VOD ein
wichtiger Verkaufsbereich sein, während öffentliche Internetanbieter lediglich Programme
On-Demand anbieten werden. Dies wird die etablierten Pay-TV-Anbieter zwingen, eigene
On-Demand-Angebote einzurichten.
IPTV erreicht die Haushalte
In ganz Europa starten etablierte Telekommunikationsunternehmen und neue Konkurrenten
IPTV-Dienste, die in der Regel ein umfangreiches Paket an Fernsehkanälen beinhalten und
häufig Premium-Kanäle und VOD einschließen. Den Verbrauchern wird IPTV häufig im
Dreierpack angeboten — TV, Internet und Telefon für einen Preis. Es überrascht nicht, dass
die Bereiche mit dem schnellsten Breitbandausbau auch die meisten IPTV-Kunden aufweisen.
Figure 22: The number of IPTV providers has grown rapidly across Europe
2001
UK
2002
Kingston
Comm.
• KIT (regional)
• Launched 1999
2003
2004
2007
2006
Video
Networks
BT
• HomeChoice
• Launched 2000
• BT Vision
• Dec 2006
FT
Iliad
FR
2005
• Freebox TV
• Nov 2003
HanseNet
DE
Neuf
• MaLigne TV
• Dec 2003
• Alice
• Mid 2003
• Neuf TV
• Nov 2004
DT
DT
• TOnline Vision
• Mar 2004
• THome
• Nov 2006
Versatel
NL
• Versatel
• Aug 2005
KPN
• Mine
• Jan 2007
Telekom
Austria
AT
• aonDigital TV
• Dec. 2005
Swisscom
CH
• Bluewin TV
• Nov 2006
Incumbent
Altnets
53
LGI FINAL inside pages GERMAN.in53 53
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Der Konsument digitaler Videos
Dennoch befindet sich der IPTV-Markt noch in den Kinderschuhen: Nur knapp 3,8% aller westeuropäischen Haushalte haben IPTV. Der Großteil der geschätzten 6,3 Mio. IPTV-Abonnenten
entfällt auf Frankreich, Spanien und Italien. Nur auf diesen Märkten gibt es überhaupt eine
nennenswerte Verbreitung - bis Ende 2007 waren dies 9,7%, 5,3% bzw. 5,2% aller Haushalte. Im
Vergleich mit Westeuropa sind die Zahlen für Osteuropa wesentlich niedriger.14
Das zukünftige Wachstum von IPTV hängt nicht nur von einem, sondern von mehreren Faktoren ab: der Entwicklung der IPTV-Technologie, dem lokalen Wettbewerb und der Verbrauchernachfrage nach modernen Funktionen, die von IPTV bereitgestellt werden, sowie dem Preis
für die IPTV-Angebote. Selbst die überzeugtesten Vertreter von IPTV müssen anerkennen, dass
es sich nicht um eine ausgereifte Technologie handelt. Sie ist insbesondere sehr anfällig für
IP-Übertragungsunterbrechungen (Verzögerungen und Jitter) und Fehler, wobei der Bildschirm
der Kunden manchmal einfriert. Man erwartet jedoch, dass die Telekommunikationsunternehmen, welche IPTV anbieten, sich auf Aufrüstungen konzentrieren werden, die IPTV zu einem
wettbewerbsfähigen Konkurrenten selbst der anspruchsvollsten TV-Kunden machen werden.
Die Analysten erwarten, dass IPTV sich bis 2012 zu einem wettbewerbsfähigen TV-Angebot
entwickeln und ca. 7% aller europäischen Haushalte bedienen wird . Auch hier werden die
westeuropäischen Kunden, die über einen besseren Breitbandanschluss verfügen, führend sein,
wohingegen IPTV nur etwa 1% der osteuropäischen Zuschauer zur Verfügung stehen wird. 15
„Over-the-top“-Angebote konkurrieren um die Zuschauer von Videocontent
Während die IPTV-Anbieter am Abbau der Hindernisse arbeiten, um neue Kunden anzuziehen, sehen sich jene Anbieter, die über das öffentliche Internet arbeiten, mit eigenen Grenzen beim Abwerben von Zuschauern vom traditionellen Fernsehen konfrontiert.
Es gibt drei natürliche Grenzen für „Over-the-Top“-Anbieter, die dasselbe Programm anbieten wie
bestehende TV-Anbieter: die Qualität der Verbrauchererfahrung, Probleme mit der (sich immer weiterentwickelnden) Technologie und die Kosten.
Verbrauchererfahrung
Der wichtigste Grund, dass das Massenpublikum sich nicht dem öffentlichen Internet zuwendet, liegt in der allgemeinen Verbrauchererfahrung. Obwohl manche Verbraucher bereit sind, ihren PC zu nutzen, ist der Großteil mit der bisherigen „entspannt
zurückgelehnten“-Erfahrung zufrieden – der Gemütlichkeit und Qualität des beim Ansehen
von Videocontent auf ihren Fernsehgeräten.
14 Prognose: IPTV-Abonnenten und Service-Erträge, Westeuropa, 2004 – 2010, Gartner Dataquest, August 2006
15 Analyse durch Bain & Company auf der Grundlage der Prognose von Informa, PWC 2006
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September 2007
Home hubs
Nur wenige Menschen verfügen über die erforderlichen PC-TV-Netzwerkgeräte, um Internetinhalte auf ihre Fernsehgeräte zu übertragen. Wenn diese Geräte populärer werden,
kann der über das öffentliche Internet übermittelte Videocontent zu einem ernsten
Konkurrenten werden. „Der wahre Killer wird die Leichtigkeit sein, mit der Videos im
ganzen Haus übertragen werden können“, erklärt der Direktor für digitale Medien der
BBC. „Heute können immer mehr PCs ans Fernsehgerät angeschlossen werden. 2008 wird
die Wireless-Technologie die Haushalte erreichen und das ist der Moment, in dem das
Ansehen von Videos über das Internet flächendeckend sein wird. ”
Die Industrie verfolgt mit Argusaugen, wie die Verbraucher auf die Ankunft des Home
Hub reagieren, einer Lösung, die als Schlüssel für die Konvergenz von PC und TV erachtet
wird. Es gibt bereits eine Vielzahl an Knotenpunkten, die das Fernsehgerät mit dem PC
im digitalen Haushalt verbinden, die von einer neuen Generation von Spielkonsolen und
PC-Medienzentren bis zu digitalen Medienadaptern reichen – speziellen Geräten, die mit
WiFi- oder Ethernet-Anschlüssen ausgestattet sind, die dem Nutzer ermöglichen, Multimedia-Inhalte von seinem PC auf seinen Fernsehapparat zu streamen oder zu speichern.
Allerdings hatte der Markt nur einen verhaltenen Start. So schätzt Park Associates, dass
bis Ende 2007 in den USA lediglich in 7% der Haushalte digitale Medienadapter (sowohl
für Musik als auch Video) zu finden sein werden.
Führende Hersteller von Verbraucherelektronik und neue Anbieter bieten jetzt Home
Hubs zu niedrigeren Preisen an, die zwischen 200 und 400 USD liegen, so z. B. Bravia
Internet Video Link von Sony, Digital Entertainer HD von Netgear, Slingcatcher von Sling
Media und iTV von Apple.
Es gibt jedoch einen Haken. In einigen Fällen können die Nutzer nur von bestimmten
Geschäftspartnern Inhalte herunterladen oder ansehen. So bietet z. B. das BRAVIA IVL
von Sony nur Inhalte von AOL, Yahoo! und Sony Pictures an. Durch Zugangsbeschränkung versuchen die Anbieter, Piraterie zu verhindern und die Qualität des Angebots
sicherzustellen. Aus diesem Grund geht man davon aus, dass der prozentuale Anteil europäischer Haushalte, die „Home Hubs” oder Multimedianetzwerke für das Streaming von
Internetvideos auf ihre Fernsehapparate benutzen, weiterhin niedrig bleibt und bis 2012
lediglich geschätzte 9% der Haushalte ausmachen wird16, wobei es allerdings signifikante
Unterschiede zwischen den einzelnen europäischen Ländern geben wird.
16 Bain& Company-Analyse auf Grundlage der IDC-Vorhersage über die Multimedia-Netzwerkverbreitung in Westeuropa
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Der Konsument digitaler Videos
Figure 23: ~9% of households are expected to have multimedia networks
(e.g., home hubs) by 2012
Percent of Western European households
with multimedia networks
CAGR
(06−12)
33%
10%
8.9
9.3
8.3
8
7.2
6
5.5
3.6
4
1.7
2
0.9
0
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
Source: IDC December 2006; Merrill Lynch September 2006; Bain Analysis
Portierbarkeit von Inhalten und Digitales Rechtemanagement
Die Verbraucher möchten Videos nicht nur vom PC auf ihren Fernsehapparat weiterleiten,
sondern auch von ihren Handys, iPods, Digitalkameras, um mit Freunden Dateien und von
ihnen erstellte Videos zu tauschen. Dies erfordert einheitliche Standards für die Verschlüsselung und den Schutz von Inhalten. Die meisten Branchenanalysten glauben, dass Verschlüsselungsstandards wie MPEG, Real und DiVX sich weiterentwickeln und die Kompatibilität
steigern werden.
Der von der Industrie zum Schutz des Inhalts verwendete Begriff heißt Digital Rights Management (DRM = Digitales Rechtemanagement). Ohne diesen Schutz weigern sich Anbieter und
Vertreiber digitaler Inhalte, beliebte Fernsehserien, Kinofilme und andere Programme flächendeckend zur Verfügung zu stellen. Die Komplexität bei der Verwaltung der Schutzmaßnahmen
(digitalen Rechte) für Videocontent kann erheblich sein, da sie häufig technische, betriebswirtschaftliche und rechtliche Fragen einschließt. Was geschieht z. B., wenn Verbraucher, die
Videocontent auf ihre Festplatte heruntergeladen haben, ein Upgrade ihrer Computer durchführen wollen? Haben Sie das Recht, beliebig viele Kopien zu brennen, oder sollten sie, um das
andere Extrem zu wählen, für jede Kopie zahlen?
Aufgrund dieser Komplexität scheinen die DRM-Standards heute zunehmend mit bestimmten
Geschäftsmodellen verbunden zu werden, die auf nichtkompatiblen proprietären Standards
basieren, beispielsweise Windows Media, Apple FairPlay und RealNetworks Helix. Dies bedeutet häufig, dass es den Verbrauchern nur begrenzt möglich ist, Inhalte auf das Gerät zurückzuspielen, über das sie erworben wurden. Viele der in diesem Industriezweig Tätigen sind der
Überzeugung, dass die proprietäre Ausrichtung des DRM sich für einige Zeit fortsetzen und zu
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September 2007
„Inseln“ mit digitalem Videocontent führen wird, die sich nicht so leicht von einem Gerät auf
ein anderes übertragen lassen.
Solange es keine Änderung dieser Strategie bei den Inhabern dieser Inhalte gibt und solange
die Hardware-Hersteller keine Geräte entwickeln, die mehrere DRM-Standards verwenden,
werden die Verbraucher nur begrenzte Optionen im Hinblick auf das Ansehen von Videos
haben.
Für den Audiomarkt gibt es einige Anzeichen einer solchen Änderung. Das Musikunternehmen
EMI hat sich kürzlich bereit erklärt, DRM-freie Musikaufnahmen, Alben und Musikvideos anzubieten, und wird dieses Angebot im April 2007 über iTunes von Apple starten. Das Unternehmen gab an, dass die DRM-freien Einzelaufnahmen zu einem etwas höheren Preis eine bessere
Qualität aufweisen als die bestehenden DRM-verschlüsselten Aufnahmen.17 Aber auch wenn
die Musikindustrie mehr DRM-freie Inhalte anbietet, ist es nicht klar, ob dies auch für die Videoindustrie in naher Zukunft der Fall sein wird. Tatsächlich ist bereits der Großteil der heute
verkauften Musik auf CDs DRM-frei , somit haben die Verbraucher bereits die Gelegenheit, die
Lieder auf andere Formate zu speichern (im Jargon der Branche „CD-Ripping“ genannt). Es
waren vorwiegend die digitalen Aufnahmen, die einen DRM-Schutz aufwiesen. Der gängige
Videocontent auf DVDs wird in der Regel nicht DRM-frei verkauft, so dass eine Änderung dieser Praxis für die Videoindustrie eine weitaus größere Bedeutung hätte.
Leichterer Zugriff auf digitale Inhalte
Jeder, der sich schon einmal durch Hunderte von Fernsehkanälen gekämpft hat, um nach einer
bestimmten Fernsehserie oder einem Film zu suchen, versteht die Bedeutung einer bedienerfreundlichen Benutzeroberfläche. Da die Verbraucher mehr Optionen haben, was sie zu
welchem Zeitpunkt ansehen können, wird die Benutzeroberfläche sowohl für das traditionelle
digitale Fernsehen als auch das im entstehen befindliche Online-TV sehr wichtig. Der zuständige Direktor für Content-Aggregatoren eines europäischen Kabelanbieters machte folgenden
Vorhersage: „Es ist sehr schwierig, die richtige Balance zwischen einer Überfrachtung der
Benutzeroberfläche und einem zu dürftigen Angebot zu finden. [Der Anbieter], der die richtige
GUI [graphical user interface] anbietet, wird den Infrastrukturkrieg gewinnen.“
Jeder der „Over-the-Top“-Anbieter, PVR-Hersteller und IPTV-Anbieter arbeitet an einer optimalen Benutzeroberfläche. Im IPTV-Bereich behaupten die Betreiber, ihre Produkte lieferten
ein „neues Fernseherlebnis“. Sie wenden bei der Suche nach einer branchenbestimmenden
Benutzeroberfläche eine von zwei Strategien an: Erstellung einer eigenen Benutzeroberfläche
unter Verwendung von Open-Source-Komponenten (z. B. Iliad´sFree in Frankreich) oder
flächendeckende Lösungen, die von führenden Softwarelieferanten und Unterhaltungselektronikunternehmen entwickelt werden (so wie dies viele Serviceprovider mit Microsoft getan
haben).
Es geht natürlich um mehr, als den Zuschauern das schnelle Auffinden von Programminhalten
zu erleichtern. Eine gut gestaltete grafische Oberfläche wird einzelne Marken herausstechen
lassen. „Studien haben gezeigt, dass eine visuelle markengeschützte Oberfläche tatsächlich die
Nutzung steigert. Dies funktionierte bereits hervorragend z. B. mit Home Choice in Großbritannien“, erklärt der Direktor für Geschäftsentwicklung eines deutschen Mehrkanalbetreibers. Eine
internetbasierte Parallele aus der Musikwelt wäre die Benutzerschnittstelle für iTunes von Apple.
17 EMI Group-Pressemitteilung, April 2007
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Der Konsument digitaler Videos
Irgendwann in der Zukunft werden die Benutzeroberflächen für Fernsehen und Internet
vereint und dies wird von den traditionellen Pay-TV-Anbietern verlangen, Internetformate und
–anwendungen in ihre Benutzeroberflächen zu integrieren. Die verschiedenen Akteure werden
sich zusammenschließen müssen, um integrierte Benutzeroberflächen zu schaffen und um die
gesamte digitale TV-Branche vorwärts zu bringen, genauso wie sie sich zusammenschließen
müssen, um Branchenstandards zu entwickeln, die die Frage der Portierbarkeit von Inhalten
lösen.
Technologie
Dienste, welche das öffentliche Internet nutzen, um Streaming-Videos anzubieten, sehen sich
mit vielen derselben technologischen Probleme konfrontiert, die auch beim IPTV auftauchen.
Das öffentliche Internet erlebt jedoch aufgrund eines Kapazitätenmangels in der Infrastruktur
auch Datenstaus.
Die Internetarchitektur wurde nicht entworfen, um von einem Massenpublikum als StandardFernsehapparat benutzt zu werden, sondern um Datendienste anzubieten. Wenn zu viele
Zuschauer Streaming-Videos gleichzeitig ansehen, könnte dies die Angebotsqualität erheblich
beeinträchtigen, da der Datenverkehr die Kapazität übersteigt. Aus diesem Grund gibt es
Einschränkungen beim Live-Streaming von Sportveranstaltungen, weil sie zu große Zuschauermengen anziehen. Außerdem ist es schwierig, Filme und andere lange Inhalte zu streamen,
daher greifen die Zuschauer auf Downloads zurück. Gegenwärtig wird das Streamingverfahren
vorwiegend für kurze Formate eingesetzt, wie z. B. Nachrichtenausschnitte oder kurze von
Benutzern erstellte Videos.
Um Unterbrechungen während des Streaming zu umgehen, dienen Content Delivery Networks
(CDNs), wie z. B. Limelight Networks oder Akamai, als Mittler. Aber selbst die von Akamai
und anderen CDNs im Streamingverfahren übermittelten Videos haben nicht die Qualität von
Fernsehübertragungen. Sie können nicht kontrollieren, was mit dem Streaming-Video passiert,
sobald es das öffentliche Internet erreicht. Darüber hinaus haben auch sie nur eine begrenzte
Kapazität. In einem Interview im Januar 2007 erklärte der Vizepräsident für digitale Medien
von Akamai, dass eine Million Online-Zuschauer, von denen jeder ein Videostream von 400 KB
pro Sekunde abruft, ca. 33% mehr Bandbreite beanspruchen würde, als Akamais weltweites
Netzwerk momentan an einem Spitzentag bediene.18 CDNs können daher nur kleine Zuschauermengen bewältigen. Bis heute erreichte das größte TV-Ereignis, das jemals über das Internet
live im Streamingverfahren gezeigt wurde, lediglich 250.000-500.000 Menschen, im Vergleich
zu 1-10 Millionen Zuschauern traditioneller Spitzen-Fernsehübertragungen in Westeuropa. So
sahen z B. im Jahr 2006 max. 268.000 Zuschauer das Streamingvideo der NCAA Championships von CBS , weniger als 2% der traditionell 17,5 Mio. Fernsehzuschauer des Endspiels der
Basketballmeisterschaft.19
„Uns fehlen gegenwärtig die Instrumente, um qualitativ hochwertige Dienste und Leistungen
für Videos über öffentliche IP-Netzwerke anzubieten“, erklärt der ehemalige CEO eines Internetausrüsters. „Dieses Problem wird auch morgen noch bestehen, da ISP keine Veranlassung
haben, IP-Streams zur Priorität zu erklären, da sie mit ihren eigenen Diensten konkurrieren.“
Es werden zwei Bandbreitenkonservierungtechnologien eingesetzt, um Engpässe des Internets
18 „Broadband Video Girds for Growth”, Multichannel News, 8. Januar 2007
19 The Programming Insider newsletter, MediaWeek, April 2006
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September 2007
zu umgehen (sie können diese aber letztendlich nicht beheben):
Internet-Protokoll (IP) Multicasting. Diese Technologie der Mehrpunktverbindung reduziert
die Übertragungslasten, indem ein einzelner Informations-Stream an Tausende von Benutzer
weitergleitet wird. Die flächendeckende Anwendung dieser Technologie ist jedoch kompliziert
und wird daher gegenwärtig nur in begrenztem Umfang genutzt. Wir gehen nicht davon aus,
dass diese Technologie in den nächsten fünf Jahren auf breiter Ebene eingesetzt wird.
Peer-to-Peer (P2P)-Technologie. Der Ruf der P2P hat aufgrund ihrer Verbindung mit dem
illegalen Datenaustausch gelitten. Sie wird jedoch immer mehr zur Vertriebstechnologie Nr. 1
für den legitimen Download und das Streaming von Videocontent. In Großbritannien benutzen
Channel 4 und die BBC P2P für ihre On-Demand-Angebote für Internetvideos. P2P ist wesentlich kosteneffizienter und flexibler als die traditionellen Client-Server-Distributionsmodelle.
Anstatt sich auf zentrale Server oder Router zu verlassen, bedienen sie sich der Leistung, der
Speicherkapazität und der Bandbreite der Benutzer. Da die Zahl der Menschen, die Internetseiten mit P2P-Videocontent benutzen, wächst, nimmt damit auch ihre kombinierte Distributionskapazität zu. Trotzdem sind P2P nicht die ideale Lösung bei der Übertragung von Videos
an ein Massenpublikum. Auch sie verfügen nur über eine begrenzte Distributionskapazität, besonders für Benutzer, die versuchen Videodateien ins Internet zu laden. Und das Herunterladen
kann zu Unterbrechungen auf den Computern der Benutzer führen. Darüber hinaus wirkt sich
eine umfangreiche P2P-Nutzung auf den Internetzugang aller Internetbenutzer aus. P2Ps machen bereits über 60% des gesamten ISP-Verkehrs20 aus – dies bedeutet, dass ein signifikanter
Anstieg ihrer Nutzung sich nachteilig auf die Eigentümer der Infrastrukturen auswirken kann,
die aber nicht direkt von den Diensten profitieren. Daher schränken immer mehr BreitbandServicepakete die Benutzeraktivität ein.
Kosten
Die Kosten für die Bereitstellung von Streaming-Videos im Internet sind hoch und je größer
das Publikum, desto höher die Kosten. Der Grund dafür ist: Streaming-Video ist ein 1:1-Geschäft, das eine bestimmte Serverkapazität für jeden Zuschauer belegt, solange das Video im
Streamingverfahren übertragen wird. Branchenexperten erwarten, dass diese Kosten sinken
werden, wenn die Provider mehr Erfahrungen sammeln und die Technologie verbessern.
Sie sagen voraus, dass die Streaming-Kosten in den kommenden fünf Jahren um 40% sinken
werden. Dies würde z. B. bedeuten, dass in Großbritannien bis 2012 der übliche Preis von jetzt
1 – 1,50 Euro (Bandbreitenpreis pro Zuschauer für einen 2-stündigen Film) auf 0,03 Euro fallen
würde21. Zu diesem Preis wären die Kosten für einen monatlichen TV-Dienst für einen Durchschnittshaushalt durchaus wettbewerbsfähig mit denen für bestehende Pay-TV-Abonnements.
Mobiles TV
Die Industrie baut rapide an der Infrastruktur, um ein neues Zeitalter videofähiger Handys und
anderer Multimediainnovationen zu unterstützen. Analysten prognostizieren, dass bis 2012 über
75% aller westeuropäischen Handykunden modernere 3G Wireless-Netzwerke nutzen werden,
und ein Drittel davon wird über einen ultraschnellen Hochgeschwindigkeitsdatenzugang mit
einer Geschwindigkeit von 1,5 Mbps verfügen.
20 CacheLogic 2006
21 Analyse durch Bain & Company auf der Basis von Informationen des British Screen Advisory Council, IDC und Interviews
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Der Konsument digitaler Videos
Grundsätzlich sollte sich mobiles TV als großer Gewinner erweisen, da es sowohl von
Handynetzen als auch von sinkenden Tarifen profitieren wird. Die allgemeine Überzeugung
in der Branche ist, dass 3G-Handynetze für Nischeninhalte und Video-On-Demand genutzt
werden, während Handy-TV (DVBH) für eine kostengünstige Bereitstellung für die Massenmärkte notwendig ist.
Aber wollen die Kunden wirklich auf kleinen Handheld-Geräten fernsehen? In einigen
Fällen ist der „Nutzungsfall“ unklar. Tragbare Handheld-Fernsehapparate, die von den
Elektronikfirmen hergestellt werden, haben bisher nur einen begrenzten Erfolg verzeichnen können. Die Frage ist, ob zusätzliche TV-Kapazitäten der allgegenwärtigen Handys die
Menschen dazu bringen werden, beim täglichen Pendeln und anderen Situationen, in denen
sie unterwegs sind, fernzusehen.
Ein kürzlich veröffentlichter Telephia Mobile Video-Bericht zeigte, dass es im ersten Quartal
2007 in Europa 8,4 Mio. Abonnenten für mobilen Videocontent gab. Dies entspricht einem
Jahreszuwachs von 155%. Laut Orange nutzen 10% ihrer 3G-Netzkunden in Frankreich ca.
einmal im Monat Handy-Video und Handy-TV22, wohingegen das Handy-TV von Virgin nur
einen sehr begrenzten Erfolg von lediglich 10.000 Benutzern verzeichnen kann23. Seit der
Einführung anlässlich der Weltmeisterschaft 2006 hat die italienische 3 Italia, ein Pionier
der mobilen digitalen Videoübertragung in Europa, 400.000 Abonnenten für seinen mobilen
Videoübertragungsdienst gewinnen können, was lediglich einer Verbreitung von 5,5% seiner
Kundschaft entspricht.24 Analysten sagen jedoch trotz dieses langsamen Starts voraus, dass
Handy-Video und Handy-TV bis 2012 mehr als 30% der Handybenutzer umfassen wird25.
c / Marktakteure
Zur Bewertung der zukünftigen Aussichten für den europäischen Videocontent-Markt ist es
unerlässlich zu verstehen, wie die Marktakteure heute ihr Geld verdienen und mit welchen
strategischen Herausforderungen sie sich konfrontiert sehen.
Content-Ersteller – vorsichtiges Experimentieren
Der heute in Europa konsumierte Videocontent wird vorwiegend durch eine der drei folgenden Geschäftskategorien hergestellt: europäischen Fernseh- und Filmproduzenten; nichteuropäischen Fernseh- und Filmproduzenten, insbesondere große amerikanische Studios
und Sportrechte-Organisationen.
22 „Content an jedem Ort”, France Telecom –– Investorentag, Dezember 2007
23 „Mobile TV Fails to Sell Despite Ad Campaign”, Guardian, 17. Januar 2007
24 Ankündigung des Unternehmens, Analystenbericht März 2007
25 Analyse durch Bain & Company für 2012 auf der Basis der Prognosen von Gartner Ovum für 2010
60
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September 2007
Figure 24: Who are content creators in Europe?
US majors &
independents
Europeanbased
content producers
European sport
organizations
• Sport events
• Movies
• Movies
• Drama/TV series
• Drama/TV series
Value chain
position:
• Creation
• Creation
• Creation
• Aggregation
(multichannel)
• Aggregation
(broadcasters)
• Distribution (exhibition)
Structure:
• Six “majors” represent 70%
of US box office
• Includes TV broadcaster
inhouse production arms
• Sell rights directly
or via agents
• Four “minimajors”
representing a further 17%
• Fragmented independent
sector
• Warner/Time Warner
• Studio Canal (movies)
• UEFA
• 20th Century Fox/News
• Pathé Films (movies)
• FIFA
• Sony/Columbia
• Lagardere ( TV in Fr)
• Football teams
• Universal/NBC
• Shed (TV in UK)
• Formula 1
• Paramount/Viacom
• Endemol (TV in Europe overall)
Content type:
Key players:
• Disney
Note: Minimajors include DreamWorks, New Line Cinema, Lionsgate and Dimension/Miramax; US box office market share from Jan1 to Dec 4, 2005
Europäische Produzenten
Innerhalb der europäischen Produzentenkategorie gibt es eine Reihe unterschiedlicher Geschäftsmodelle. Die Kategorie schließt unternehmensinterne Produktionszweige der größten
inländischen Sender, öffentlich-rechtliche sowie private, wie z. B. die BBC und ITV in GB
oder TF1 in Frankreich, und kleinere auf das Inland ausgerichtete unabhängige Produktionshäuser, wie z. B. Shed Productions in GB oder lokale Studios wie Studio Canal in Frankreich ein. Des Weiteren umfasst diese Kategorie auch größere, unabhängige Produktionshäuser mit signifikantem paneuropäischen oder internationalen Vertrieb, wie z. B. Endemol
und FremantleMedia (ein Geschäftsbereich von RTL, der zum Medienkonzern Bertelsmann
gehört).
Die firmeninternen europäischen Produzenten und kleineren unabhängigen Produzenten
verdienen traditionell ihr Geld mit dem Verkauf von Fernsehrechten an öffentliche Fernsehanstalten. Aufträge seitens der europäischen Fernsehanstalten machen den Großteil ihrer
Einkünfte aus, so sind es z. B. in GB ca. 80% der Einkünfte.
Da sich die Kunden immer häufiger für Multikanalfernsehen entscheiden, starten die traditionellen öffentlichen und privaten Fernsehanstalten selbst digitale Kanäle zur Verfügung.
Die BBC in GB verfügt heute über acht digitale Kanäle, und in den Niederlanden haben die
wichtigsten 3 Fernsehanstalten bereits Pläne für 25 digitale Kanäle. Um diese neuen digitalen Kanäle füllen zu können, verlegen die Fernsehanstalten ihre Investitionen auf neue Arten
von Inhalten, die sich speziell an das Publikum für Multikanäle wenden (z. B. BBC Four
und UKTV in GB). Es besteht ein dringender Bedarf. Im Zeitraum von 2000-2004 sank die
Zuschauerzahl der größten Fernsehanstalten um ca. 8%, wobei es über den Markt verteilt
große Unterschiede gab.
61
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Der Konsument digitaler Videos
Die Produktionszweige der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten, wie BBC oder ARTE in
Frankreich/Deutschland, waren führend bei der Digitalisierung ihrer Inhalte und stellten diese
für das Internet, Handys und andere Distributionssysteme zur Verfügung. Öffentlich finanzierte Produzenten können die Vorteile des Internets nutzen, ohne das Risiko einzugehen, Werbekunden zu verlieren. Darüber hinaus haben sie einen starken Anreiz dafür, Inhalte online
zur Verfügung zu stellen, da ein Kernauftrag der öffentlichen Fernsehanstalten lautet, so viele
Zuschauer wie möglich mit ihrem Programm zu erreichen.
Private Produktionshäuser, sowohl firmeninterne als auch unabhängige, drängt es hingegen
nicht ins Internet. Die Gründe für diese Tatsache schließen restriktive Verträge über ContentRechte zwischen Produktionsfirmen und öffentlichen Fernsehanstalten ein. Darüber hinaus:
•
mangelt es den Produzenten an den Fähigkeiten und der Kapazität, Plattformen für
Content-Aggregation und Distribution für vielfache Inhalte zu handhaben.
•
haben die Produzenten bisher noch kein leistungsfähiges Geschäftsmodell für den
Verkauf von Content-Rechten in der neuen Welt des Internet-TV etabliert.
•
sind sich die Produzenten darüber uneins, ob Online-Content die Kosten der Digitalisierung alter Programme lohnt.
•
wenden die Produzenten ihre Aufmerksamkeit internationalen Möglichkeiten zu, u.a.
dem Vertrieb bestehender Bestände in Übersee und der Entwicklung von Programmen, die speziell auf ein internationales Fernsehpublikum abgestimmt sind.
Internationale Fernsehproduzenten, wie Endemol oder FreemantleMedia, waren bei der
Erschließung neuer Wachstumsmärkte wesentlich aggressiver. Sie haben erfolgreich neue Formate umgesetzt, wie z. B. Reality Shows wie „Idol“, und haben Inhalte, sowohl aktuelle Hits
als auch ältere Serien, auf Multiple Content-Plattformen platziert.
US-Filmstudios
Die großen US-Filmstudios sind weltweit führend bei der Herstellung von Inhalten, wobei
ihre solide finanzierten Studios Fernseh- und Filminhalte für den US-amerikanischen Markt
produzieren, diese aber auch erfolgreich an die Zuschauer in Europa und auf der ganzen Welt
exportieren.
62
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September 2007
Figure 25: Western Europe box office dominated by US productions
Box office share by origin 2005
100%
Other
EU
80
Domestic
60
US
40
20
0
UK
France
Germany
Netherlands
Belgium
Switzerland
Note: Domestic & other includes coproductions; Germany, UK: % of gross revenue; Switzerland, NL: % of admissions
Source: MEDIA Salles
Home-Videos haben die Gewinne erheblich nach oben getrieben, wobei der Verkauf und der
Verleih von Videos in Europa im Jahr 2006 ca. 60% der 12,3 Mrd. Euro an Filmeinkünften der
Studios ausmachten. Die Gewinnmarge beträgt 80% des Einzelhandelspreises. Aber durch
die sinkenden Verkaufszahlen für DVDs ist dieser lukrative Home-Video-Markt bedroht.
Zwischen 2001 und 2004 stieg der Home-Video-Markt noch um mehr als 20% jährlich, aber
die Verkäufe stagnierten zwischen 2004 und 2006. In einigen europäischen Ländern nahmen
die Verkäufe im Jahr 2006 im zweistelligen Bereich ab.
Figure 26: Home video has historically driven film studio growth and margin, but is now flattening
Film content creator revenue in Western Europe
€15B
11.8
12.3
11.0
10.5
10
11.8
9.4
CAGR
(01–04)
CAGR
(04–06)
8%
1%
n/a
26%
2%
74%
26%
0%
–5%
3%
–6%
7%
3%
–3%
21%
0%
5
0
2001
Home video sellthrough
2002
2003
Box office
PayTV
2004
FTA TV
2005
Home video rental
Note: Attribution of 60% of home video retail revenues, 45% of video rental and 40% of box office revenues to content creators revenues
Source: Screen Digest, PricewaterhouseCoopers
LGI FINAL inside pages GERMAN.in63 63
2006
PPV
Online video
63
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Der Konsument digitaler Videos
Die Studios suchen nach neuen Wegen, die Verluste zu ersetzen, beispielsweise Video-on-Demand-Vertrieb und Aufnahme älterer Filme in ihre Bestände.
Trotz des dringenden Handlungsbedarfs sind die Studios sehr zögerlich im Hinblick auf
digitale Medien. Zum einen ist die Verbrauchernachfrage für Online-, mobile und andere
neue Medienangebote unbewiesen. Die Studios sind sich außerdem bewusst, dass ein
Erfolg auf den digitalen Märkten bestehenden Geschäftsverbindungen schaden könnte. So
könnte z. B. ein Studio eine Neuveröffentlichung den Internetkunden direkt zum Herunterladen zur Verfügung stellen. Dies aber gestattet den Verbrauchern, DVD-Einzelhändler
und Video-on-Demand-Angebote von Pay-TV-Anbietern zu umgehen. Auch das Bereitstellen älterer Filme wirkt sich auf die Pay-TV-Anbieter aus, da diese Veröffentlichungen ein
wichtiger Bestandteil ihrer Premiumfilmangebote sind.
Man schätzt, dass die Pay-TV-Anbieter jedes Jahr Milliarden an Euro an Programmkosten
und Gebühren an die großen Studios zahlen. Aber die Vorteile dieser Geschäftsbeziehungen gehen noch weiter. Die Studios legen großen Wert auf die Angebote, die vom Anbieter
bereitgestellt werden, da diese den Studios erlauben, sich auf die Produktion interessanter
Inhalte zu konzentrieren, während sich die Pay-TV-Betreiber um die Kunden kümmern.
Wenn die Studios sich ihre digitalen Möglichkeiten anschauen, müssen sie auch noch
ein anderes Risiko beachten: das einer unkontrollierten und illegalen Distribution ihrer
Inhalte. Die Studios verlieren nicht nur ihre Einkünfte, weil die Zuschauer kostenlos
schauen, sondern sie sehen sich auch mit dem Risiko konfrontiert, die Kontrolle über den
Zeitpunkt der Freigabe zu verlieren. Um maximale Einkünfte zu generieren, staffeln die
Studios die Termine, an denen Filme als DVDs oder als Video-on-Demand freigegeben
werden.
Mit der digitalen Distribution, einschließlich dem elektronischen Verkauf an Online-Kunden, haben es die Studios immer schwerer, die Freigabetermine zu kontrollieren. Sobald
der Inhalt in elektronischer Form verfügbar ist, können die Benutzer Kopien durch illegales File Sharing vertreiben. 2005 hat die weltweite Filmindustrie, einschließlich ausländische und inländische Produzenten, Distributoren, Kinos, Videotheken und Pay-TVAnbieter, schätzungsweise 13 Mrd. Britische Pfund durch Piraterie verloren. In GB waren
im Jahr 2005 schätzungsweise 6% der Erwachsenen an Internetpiraterie beteiligt, was der
Branche ca. 94 Mio. Britische Pfund kostete.
Die Studios greifen auf unterschiedliche Ansätze von „nicht-exklusiven“ und „exklusiven“
Freigabefenstern zurück. Die nicht-exklusive Freigabe ist diejenige, die unmittelbar nach
dem Kinostart erfolgt — DVD-Verleih/-Verkauf und Pay-Per-View/Transaction VOD (tVOD).
Sie gelten als nicht exklusiv, da der Titel für einen bestimmten Markt zahlreichen Einzelhändlern und Läden verfügbar gemacht wird. Die exklusive Freigabe folgt später und die
Filme werden zunächst nur Pay-TV-Anbietern und anschließend den FTA-Fernsehanstalten
zur Verfügung gestellt.
64
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September 2007
Figure 27: Key developments—film—likely future windowing system
Timeline (months after theatrical)
USToday
Future?
Digital
4.5
1.5 (+6)
6 (+12)
15 (+27)
4
0 (+4)
6 (+10)
15 (+25)
EST
IP TVoD
SVoD
(IP & DVB)
FVoD
(IP & DVB)
DVD
PPV/TVoD
Pay TV
Free TV
Theatrical
Historical
Nonexclusive
(Many retailers)
Exclusive
(Many retailers)
Es zeichnen sich drei Trends für die nicht-exklusive Freigabe ab. Zunächst sind diese Zeitvorgaben komprimiert, wobei die Zeitspanne nach dem Kinostart immer kürzer wird. In Großbritannien, zum Beispiel, lagen diese Zeitspannen ca. 12 Monate näher am Kinostart 2006 als
noch 2001.
Zweitens beginnt sich das DVD-Zeitfenster angesichts der Entwicklungen bei der digitalen
Distribution am tVOD auszurichten, und ein Zeitrahmen für den elektronischen Abverkauf
erscheint neben dem DVD-Zeitplan. In Großbritannien hat sich der zeitliche Abstand zwischen
VOD und der Freigabe der DVD-Filme inzwischen auf 60 Tage verkürzt. In den USA zeichnet
sich derselbe Trend zur „Sofort“- Freigabe der DVD und Video-on-Demand ab. Auch Wal-Mart
in den USA, wo 40% des DVD-Verkaufs getätigt werden, schloss einen Vertrag mit den Studios
ab, damit die Freigabe der elektronischen Version gleichzeitig mit der DVD-Freigabe geschieht.
Für die Konsumenten bedeutet dies zusätzliche Bequemlichkeit und Auswahl. Im Wesentlichen hat der Verbraucher beim Ausleihen oder Kaufen eines Films die freie Wahl, ob er ihn als
DVD/Video oder in einem elektronischen Format erwirbt. Der Preis und die Verfügbarkeit des
Film ist unabhängig von seinem Format.
Diese Veränderungen werden von einer härteren Rabattkurve für DVDs begleitet, wo die
Reduzierung des Preises für einen bestimmten Titel wesentlich schneller stattfindet als in den
vergangenen Jahren. Die Studios hoffen, mittels dieser Änderungen die Erträge für ihre Kinowerbung zu maximieren und die Anreize für digitale Piraterie einzudämmen.
Die Studios haben neben dem exklusiven Zeitfenster für Pay-TV und FTA auch VOD-Abonnements bzw. freie VOD-Rechte eingerichtet. Größtenteils scheinen die Studios die Struktur
der exklusiven Freigabe beibehalten zu wollen. Sehr wahrscheinlich hängt das mit den oben
beschriebenen Faktoren zusammen, das heißt dem großen Wert, den die Studios auf die
geschäftlichen Beziehungen mit ihren traditionellen Partnern unter Pay-TV-Anbietern und
FTA-Fernsehanstalten legen.
65
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Der Konsument digitaler Videos
Sportrechte-Organisationen
Sportorganisationen (beispielsweise Premier League, UEFA, Champions League, Formel 1,
Rugby Football Union) verdienen ihr Geld durch eine Mischung von Content-Rechten (u.a.
Videorechten), Eintrittsgeldern, Sponsorengeldern und Werbeartikeln.
Diese Rechte decken eine breite Spanne ab – Live-Übertragungen, Near-Live-Berichterstattung, Clips, Highlights und längere Ausschnitte – und schließen Geschäftsvereinbarungen mit
einer Reihe von Sendern und Vertriebsagenturen ein, einschließlich traditionelle Fernsehsender, Pay-TV, Internet, On-Demand, DVDs, Handy und Radio. Wie alle anderen Content-Produzenten, sehen sich die Eigentümer von Sportrechten mit einem Paradox konfrontiert: Sie
wollen neue Marktchancen nutzen, aber diese Chancen könnten bestehende Umsatzquellen
schädigen.
Die Faktoren sind u.a.:
•
Eine steigende Nachfrage nach beliebten Sportprogrammen, die den Preis für die
Übertragungsrechte nach oben treibt;
•
Die Rechteinhaber, die neue Umsätze schaffen wollen, indem sie die Inhalte auf
neuen Medien, wie Internet und Handy, bereitstellen;
•
Der Einsatz von Multikanal-TV und Internet, um ein größeres Publikum für Angebote in Nischensportarten zu erreichen.
Da es immer mehr Multimedia-Distributoren auf dem Markt gibt, erleben die wichtigsten Sportveranstaltungen einen Bieterwettbewerb, was den Sportorganisationen erlaubt, bestimmten
Übertragungsanbietern Exklusivrechte einzuräumen. Das Ergebnis: Die Eigentümer der Rechte
machen höhere Gewinne, während die Gewinne der Distributoren abnehmen.
Gleichzeitig entdecken die Eigentümer der Rechte das Internet und mobile Geräte als neue
Umsatzquellen. Zwei kürzlich abgeschlossene Verträge verdeutlichen diesen Trend: Orange
besitzt die Exklusivrechte für Mobilgeräte für Nachrichten und Highlights der Rugby-Weltmeisterschaft 2007 in Europa und Willow.tv hat für mehrere Staaten die Streaming-Rechte für den
ICC World Cup im Kricket gewonnen. Da zahlreiche Distributionswege zur Verfügung stehen,
sind die Eigentümer der Rechte auch in der Lage, Nischenprogramme über die Multikanäle des
digitalen TVs anzubieten: Die Zuschauer können sich Senioren-Golfturniere, den IRB World
Cup oder Watersports World von Extreme Sports anschauen.
Obwohl die Sportrechte-Organisationen Höchstpreise für die beliebtesten Veranstaltungen
fordern können, müssen sie sich fragen, ob die Vergabe von Exklusivrechten an etablierte Sender es wert ist, dafür die Gelegenheit zu verlieren, diese Rechte auch an andere zu
verkaufen, u.a. neue Internet- und mobile Übertragungsstationen, die potenziell über eine noch
größere Reichweite verfügen
66
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September 2007
Content-Aggregatoren
Content-Aggregatoren gibt es in vielerlei Arten und Größen. Mit der wachsenden Anzahl
und den verschiedenen Arten steigt auch der Wettbewerb. Ebenso wie Content-Ersteller
stehen auch die TV Content-Aggregatoren unter Druck durch die neuen digitalen Akteure.
Traditionelle Aggregatoren von Videocontent schließen etablierte Fernsehanstalten, sowohl
öffentlich-rechtliche als auch private, und Anbieter von Multikanal-Programmen ein. Die
neue Konkurrenz sind Internet-Content-Aggregatoren wie z. B. Google und Yahoo!, die ebenfalls Videocontent anbieten.
Traditionelle Umsatzquellen — Werbung und öffentliche Finanzierung — wachsen mit der
steigenden Nachfrage nach Videomedien. Das gleiche gilt für die Gebühren, die von den
Pay-TV-Betreibern für Kabel- und Satellitenübertragungen auf der Grundlage der Abonnenten gezahlt werden, die diesen Kanal schauen.
Figure 28: Public service broadcasters are reliant on licence fees, while commercial aggregators
are diversifying beyond advertising
Public service broadcasters
are reliant on license fees
100%
€1.5B
Commercial aggregators are
diversifying beyond advertising
100%
€3B
Many OTT* new entrants use
an advertisingfunded model
100%
80
80
80
60
60
60
40
40
40
20
20
20
0
0
ZDF
Licensing
0
ITV
Advertising
Production
€9B
Google
Other
Mobile/interactive
*Over the top
Note: ZDF – German public service broadcaster, 2005; ITV Plc 2006 estimate; Google 2006
Source: Company websites; Credit Suisse December 2006
67
LGI FINAL inside pages GERMAN.in67 67
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Der Konsument digitaler Videos
Obwohl die Einnahmen der Content-Aggregatoren steigen, hat die steigende Konkurrenz
manchen Aggregatoren genutzt, während sie für andere den Umsatz und das Publikum
reduziert hat. Das Anwachsen von Multikanal-TV und die Verbreitung der Kanäle auf den
meisten europäischen Märkten haben das Publikum fragmentiert. Traditionelle Free-TVSender haben Zuschauer an die Multikanal-Anbieter verloren, und der Zuschauerverlust
hat sie Werbeeinnahmen gekostet, die Haupteinnahmequelle der Privatsender sind. Ihre
Antwort ist der Start eigener digitaler Kanäle.
Selbst für Multikanal-Aggregatoren, wie Themenkanäle, die zu einem großen Teil von
Abonnentengebühren abhängig sind, führen die kontinuierliche Fragmentierung der Zuschauer und das Entstehen neuer Medienangebote zu einem neuen Druck auf die Preise,
die Kabel- und Satellitenbetreiber bereit sind pro Abonnement zu zahlen. Wir erwarten,
dass auf einigen europäischen Märkten diese Übertragungsgebühren pro Abonnement
noch stärker fallen werden, sobald der Multikanal-Markt seinen Sättigungsgrad erreicht
hat. Der Druck wirkt sich nicht überall gleich stark aus. Die populären Themenkanäle mit
bekannten Marken, wie z. B. MTV, gelten als „Must see“-TV. Pay-TV-Anbieter, wie Kabelund Satellitenanbieter, befinden sich in einer schwächeren Verhandlungsposition als diese
populären Markenkanäle.
Nahezu alle traditionellen Content-Aggregatoren beginnen nun, eigene nline-Programme
zu entwickeln, um ihre Zuschauerzahlen zu erhalten oder sogar auszubauen. Sie drängen
jetzt auch rasant auf den mobilen Markt und bieten Handybenutzern die Chance, beliebte
Fernsehserien gegen Gebühr herunterzuladen.
Figure 29: Example of commercial aggregator strategies
Channel 4
Offer:
• Majority of Channel 4
programming is free to
view via online simulcast
• Rights restrictions prevents
broadcast of some content;
e.g., Desperate Housewives
Strategy:
ITV
• ITV1 and ITV play are
available via mobile in
partnership with 3 in the
UK
• Most films not included due
to rights restrictions
• Extensive range of PPV
available, including 28 day
catchup
• £5 per month subscription,
or £1.50 per day
• Leverage simulcasting to
drive traffic, leading to PPV
benefits
• Assessing potential new
revenue streams for FTA
content
MTV
• New online channel
branded MTV Overdrive
• Free genredriven music
video channels
• Advertising funded
• Skipresistant
advertisements
• Available in the US, UK,
Germany, The Netherlands
• Extend reach in target
audience to drive
advertising revenues
• Exploit VOD via partners e.g.,
ntl:Telewest, BT
Source: Company websites
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September 2007
Die größte Gefahr für die bestehende Art und Weise der Geschäftsabwicklung droht von
Seiten der großen Internet-Content-Aggregatoren. Momentan verdienen sie, wenn überhaupt,
nur sehr wenig am Videocontent, den sie zusammenstellen. Allerdings entwickelt sich insbesondere Google durch eine ausgewogene Zusammensetzung modernster Suchtechnologien
zu einem gewaltigen Konkurrenten. Anfang 2008 werden die Werbeeinnahmen von Google in
Großbritannien höher sein als von ITV1, dem größten Privatsender in Großbritannien.
Suchtechnologien versetzen diese großen Internet-Aggregatoren in die Lage, riesige Informationsquellen für den Benutzer zu nutzen und zu organisieren. Leistungsstarke Suchmaschinen
stimmen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Benutzerinformationen die Ergebnisse ab.
Die Gewinner sind nicht nur die Verbraucher. Die reichhaltigen Benutzerdaten bieten Werbefachleuten unschätzbare Einblicke in das Verbraucherverhalten und können für Werbestrategien und Werbeausgaben genutzt werden.
Content-Distributoren
Videocontent-Distributoren sehen sich einer starken Konkurrenz ausgesetzt. Auf den meisten
europäischen Märkten verfügen immer mehr Haushalte über ein Fernsehgerät, aber auch die
digitalen Anbieter wetteifern um ihre Kunden.
Pay-TV-Distributoren, wie Kabel- und Satellitenfernsehen, sehen sich mit einem neuen digitalen Anbieter mit einem ähnlichen Geschäftsmodell konfrontiert – IPTV. IPTV erreicht nur
geschätzte 3,8% aller westeuropäischen Haushalte26. Aber auch wenn ihr Markanteil sehr klein
ist, sorgen die IPTV-Anbieter doch jetzt schon für Turbulenzen auf dem TV-Distributionsmarkt.
Telekommunikationsunternehmen investieren enorm in den Erwerb von Rechten — manchmal Exklusivrechten — an beliebten Programmen. Sie benutzen IPTV, um ihre Kunden zu
halten, und bieten neben telefongestützten Diensten auch einen Breitband-Internetzugang an.
Obwohl es noch zu früh ist, um Aussagen darüber zu treffen, ob diese Strategie erfolgreich
sein wird, zwingt es doch die etablierten Pay-TV-Anbieter dazu, mehr Geld für Premiumrechte
auszugeben, was ihre Rentabilität schmälert. Wie wehren sich die Pay-TV-Anbieter? Sie bieten
selbst ähnliche Dienstleistungen an, u.a.:
•
Sie erweitern ihr Angebot auf Breitband und steigen ins Triple- und Quadruple-PlayGeschäft ein, so z. B. der Kauf von Easynet durch BskyB in Großbritannien.
•
Verbesserung des traditionellen Pay-TV durch modernere Videoangebote, u.a. HDTV
und VOD, und Ausbau der Kanalauswahl durch digitales Kabel- oder Satellitenfernsehen.
„Over-the-top“-Internetakteure, die Videocontent anbieten, stellen langfristig eine große
Gefahr dar. Momentan verdient das Pay-TV sein Geld damit, den Kunden ein Basispaket an
Kanälen anzubieten, wobei sie für Premiumkanäle wie MTV oder SkyMovies mehr bezahlen
müssen. Wenn man hochwertiges Fernsehen über das Internet anbieten kann, dann wechseln
die Pay-TV-Abonnenten vielleicht, zumindest für einen Teil ihres Angebotpaketes. Werden die
Internet-TV-Anbieter ebenfalls mehr für Premium-Content verlangen? Wenn nicht, dann wird
sich das zweistufige Modell der Pay-TV-Anbieter in Wohlgefallen auflösen.
26 Prognose: IPTV-Abonnenten und Service-Erträge, Westeuropa, 2004 – 2010, Gartner Dataquest, August 2006
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Der Konsument digitaler Videos
Der Filmvertrieb ist ein weiterer Geschäftsbereich, der sich im Umbruch befindet. Da
Videoverkäufe rückläufig sind, müssen die Einzelhändler sich Wege überlegen, wie sie
mit den digitalen Anbietern konkurrieren können, beispielsweise VOD im Hinblick auf
TV oder das Internet. Große Einzelhändler wie Tesco in Großbritannien suchen nach
Wegen, das Produkt zu stärken, z. B. durch HD-DVDs mit verbesserter Videoqualität. Sie
steigen außerdem in das elektronische Vertriebsgeschäft ein. In den USA hat Wal-Mart,
die weltweit größte Einzelhandelskette mit 40% aller US-amerikanischen DVD-Verkäufe,
einen elektronischen Filmservice eingeführt.
Entstehen eines Kräftegleichgewichts
Welche Macht besitzen die einzelnen Akteure in einem solchen im Umbruch befindlichen
Markt? In der heutigen neu entstehenden digitalen Welt trägt das alte Klischee – Content
ist König. Der Grund dafür ist: Die Content-Ersteller haben den größten Einfluss darauf,
welche Inhalte die Verbraucher kaufen. Ihre Macht spiegelt sich in ihrer Rentabilität wider:
Dies trifft insbesondere auf die am höchsten eingestuften TV-Programme zu, die populärsten Sportveranstaltungen und beliebte DVD-Filmausleihen: alles „Must see“-Inhalte
mit den meisten Zuschauern und dem Großteil des Umsatzes. In Haushalten mit Kabelfernsehen ist es nicht ungewöhnlich, dass die beliebtesten 3-4 Kanäle 80% aller Zuschauer
auf sich vereinen. Selbst bei einem einzelnen Kanal kann die Zuschauerzahl zwischen den
beliebtesten Serien und anderen Programmangeboten einen Faktor von mehr als 100:1
betragen.
Durch Ofcom und OFT in Großbritannien durchgeführte Studien legen nahe, dass zwischen 23-55% der Zuschauer Pay-TV-Pakete ausdrücklich wegen des Angebots von Sportveranstaltungen kaufen, wie z. B. Fußballspiele der Premier League. Im Ergebnis hat der
Wettstreit um die Rechte den Preis für Pay-TV-Abonnements hochgetrieben.
Da die Kunden überdurchschnittlich für hochwertige Inhalte bezahlen und die Rechte
zur Übertragung dieser Inhalte an den Höchstbietenden gehen, haben diejenigen, welche
diese Inhalte besitzen und entwickeln, auch die Macht. Dieser Einfluss wird noch durch
die verstärkte Konkurrenz bei Aggregation und Distribution gesteigert.
Um ihre Vermögenswerte zu schützen, kontrollieren die Content-Ersteller den Vertrieb
ihrer Inhalte auf unterschiedliche Weise, u.a. durch Urheberrechte, Vertriebskanäle, exklusive Vertriebsabkommen, digitale Rechte und Mindestverpflichtungen.
Die digitale Distribution bedroht jede einzelne dieser traditionellen Methoden. Zum einen
öffnet die digitale Distribution die Tür für die Piraterie von Videocontent. Zweitens wird
die rechtliche Durchsetzung von Urheberrechten, Vertriebskanälen und Exklusivität sehr
27 Ofcom und OFT berichten, dass mehr als 60% der Premier League-Fans, die Kunden von SkySports sind, angaben, dass der Premier League-Fußball
der Grund für das Abonnement war. Ofcom und OFT gaben weiter an, dass die Fans ca. ein Viertel der britischen Bevölkerung darstellten. “Premier
League Football,” Ofcom und Human Capital, 2005
70
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September 2007
schwierig, sobald der Inhalt einmal im Internet oder auf mobilen digitalen Geräten zur
Verfügung steht. Rein praktisch betrachtet kann die Bereitstellung von Inhalten nur für
bestimmte Einzelpersonen oder Länder weitaus komplizierter sein. Außerdem ist die
Unterscheidung unterschiedlicher Freigabezeitfenster für die Verbraucher verwirrend, die
eine DVD-Ausleihe und eine digitale VOD-Ausleihe als gleichwertig betrachten. Drittens
wird es kurzfristig den digitalen Distributionssystemen vielleicht an einem ausreichend
großen Publikum mangeln, das den Content-Erstellern zumindest eine minimale Bezahlung sichert.
Content-Ersteller betrachten die Ankunft der digitalen Welt sowohl als Chance als auch als
Gefahr. Sie müssen herausfinden, wie sie ihre Inhalte über neue digitale Dienste anbieten
können, ohne traditionellen Umsatzquellen zu schaden. Die Content-Ersteller:
•
führen neue Preise ein oder erhöhen bestehende Preise, um den Verlust anderer
Einnahmequellen auszugleichen – sie stellen den Kunden direkt 1,13 Britische
Pfund pro TV-Episode von Lost für den elektronischen Verleih in Rechnung, was
den potenziellen Verlust durch verlorene Werbeeinnahmen und Übertragungskosten
ausgleicht.
•
nutzen Inhalte über neue Distributionskanäle – Desperate Housewives auf einem
kleinen iPod ist nicht dasselbe wie auf einem Fernsehbildschirm.
•
stellen weniger populäre und ältere Inhalte für digitale Medienangebote zur Verfügung – über 80% der Filme in den europäischen VOD-Bibliotheken wurden vor
2002 freigegeben.
•
setzen neue Geschäftsmodelle ein, wie z. B. den Direktvertrieb an die Kunden und
Umsatzbeteiligung – Aufteilen der VOD-Umsätze 50:50, wie z. B. die Abmachung
von PACT, der britischen Production Trade Association, mit der BBC und C4 in
Großbritannien.
Während die Content-Ersteller vielleicht den größten Einfluss darauf haben, was die Verbraucher direkt kaufen, haben die Aggregatoren, insbesondere die Privatsender, einen
großen Einfluss auf andere wichtige Marktfaktoren, wie z. B. die Werbeeinnahmen.
Fernsehanstalten, die auch Inhalte produzieren, haben einen enormen Einfluss darauf,
welche inländischen Programme geschaffen und vertrieben werden. Auf den meisten europäischen Märkten finanzieren sie mehr als 80% der inländischen Videocontent-Produktion. Zweitens sind die Privatsender wichtige Vermittler zwischen den Verbrauchern und
den Werbekunden. Sie befinden sich in der einzigartigen Position, den Werbewert zu
erhöhen. Ihr Massenpublikum übersteigt die Reichweite traditioneller Fernsehsender und
Multikanal-Pay-TV-Anbieter und sie haben unschätzbare Einblicke in die Bedürfnisse der
Werbekunden und das Sehverhalten der Zuschauer. Drittens erhalten öffentlich finanzierte
Fernsehanstalten eine Finanzierung, die nicht kommerziellen Gesichtspunkten unterworfen
ist, obwohl auch sie sich öffentlichem und politischem Druck ausgesetzt sehen.
71
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Der Konsument digitaler Videos
Content-Aggregatoren haben sich traditionell auf zahlreiche Methoden verlassen, ihre relative Macht auf dem Markt zu erhalten, u.a.:
•
Nutzung der Reichweite beim nationalen Publikum, sowohl bei FTA-Breitband als
auch Multikanal (letzterer aufgrund der „Must see“-Regelung);
•
Aufbau starker Marken, auf der Grundlage der führenden Position in den einzelnen
nationalen TV-Märkten;
•
Investitionen in wertvolle Geschäftsbeziehungen mit Werbekunden, die über Jahre
aufgebaut wurden;
•
gleichmäßige Verteilung der Finanzierung und Rechte für den überwiegenden Teil
der inländischen TV-Content-Produktion.
Aber wie bei den Content-Erstellern unterminiert die digitale Distribution die Marktkontrollen, auf die sich die traditionellen Fernsehanstalten bisher verlassen haben. Die potenziell
schädlichste Veränderung ist der Verlust an Zuschauern an Multikanal- und digitale Plattformen. Während sie ihre Führungsposition in den meisten Bereichen behaupten können, sehen sich Privatsender einem immer stärker besetzten Markt ausgesetzt. Da sich das
Publikum immer weiter fragmentiert, verändern sich auch die Geschäftsbeziehungen mit
wichtigen Werbekunden, denn weniger Zuschauer bedeuten, dass die Sender die Preise für
Werbung senken müssen und dass die Werbekunden ihre Werbe-Etats auf alte und neue
Medien verteilen müssen. Darüber hinaus decken traditionelle Videocontent-Rechte die
Online- und anderen neuen Mediendistributionskanäle nicht eindeutig ab. Schließlich wirft
langfristig die Ankunft anderer Formate, wie z. B. von Benutzern erstellte Inhalte und Aggregationsmodelle, wie z. B. YouTube, die Frage auf, ob traditionelle Geschäftsmodelle für
die Aggregation noch relevant sind.
Große Privatsender sowie jene, die auf einer Kombination aus Werbung und staatlichen
Fördergeldern aufbauen, verfolgen drei Strategien:
•
Bindung ihres Publikums durch Schaffung digitaler Kanäle;
•
Entwicklung direkter Distributionskanäle für neue Medien;
•
Abschließen von Verträgen über digitale und Online-Rechte für ihre Inhalte, unter Einsatz der bestehenden Geschäftsbeziehungen der Fernsehanstalten mit den
Produktionsstätten der Fernsehsender und inländischen unabhängigen Produzenten.
Öffentlich-rechtliche Sendeanstalten arbeiten daran, die staatlichen Auflagen zu erfüllen. Dies bedeutet, ihre Verpflichtung zu erfüllen, hochwertige Inhalte für das Inland so
vielen Bürgern wie möglich zur Verfügung zu stellen. Um ein breiteres Publikum zu erreichen, investieren sie in großem Maßstab in die digitale Distribution. Dieses ehrgeizige
Projekt schließt die Einrichtung digitaler Themenkanäle, die Digitalisierung bestehender
umfangreicher Bibliotheken, die Entwicklung von On-Demand, Internet- und mobile Distributionsplattformen und die Entwicklung innovativer moderner Video-Suchmerkmale
ein, damit die Zuschauer ihre Inhalte finden können.
72
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September 2007
Trotz der Marktumbrüche wird es den Content-Erstellern und Aggregatoren wahrscheinlich
gelingen, ihre Machtposition zu halten, insbesondere angesichts der steigenden Konkurrenz
unter den Distributoren. Zweitens sind die traditionellen Content-Ersteller und Aggregatoren, obwohl sie heute den größten Einfluss und die größte Macht haben, aufgrund ihrer einflussreiche Position konservativer , wenn es darum geht, Inhalte ins Internet zu stellen und
andere digitale Distributionsmöglichkeiten zu verfolgen. Ein wichtige Frage ist nach wie vor,
wie schnell digitale VOD-Anbieter aufschließen werden, und wer die Distributionskanäle
entwickeln und kontrollieren wird. Kommerzielles VOD befinden sich noch in den Kinderschuhen. Aber irgendwann wird die Industrie soweit sein. Entweder werden traditionelle
Fernsehanstalten den Markt an sich reißen, indem sie den Verbrauchern die Auswahl bieten,
die sie wollen, und die erforderliche Technologie entwickeln, oder andere Konkurrenten,
insbesondere neue Internetakteure werden die Gelegenheit beim Schopfe packen.
d / Werbekunden
In der Vergangenheit hat sich die Werbung zusammen mit der Wirtschaft entwickelt und
wurde durch das steigende Bruttoinlandsprodukt und die Unternehmensgewinne angetrieben. Aber dieses Muster verändert sich nun, da die Auswahlmöglichkeiten der Werbekunden komplizierter werden. Sie müssen entscheiden, wie viel ihres begrenzten Werbebudgets
sie wo einsetzen. Selbst nachdem sie sich für die richtige Verteilung auf das Fernsehen
insgesamt entschieden haben, sehen sie sich noch einer Vielzahl anderer potenzieller „Werbeträger“ gegenüber: digitale Themenkanäle, Internetsuche, von Benutzern erstellte ContentSites, Handy-TV, usw.
Man geht davon aus, dass die traditionelle Medienwerbung ihr kontinuierliches Wachstum
seit 2000 fortsetzen und bis 2012 jährlich um 3-6% zunehmen wird. Diese „Display-Werbung“
schließt alle grafischen Werbeanzeigen ein, inkl. Fernsehwerbung, Bilder und Markenlogos.
In Osteuropa wächst die Werbebranche am schnellsten — jährlich um geschätzte 9%.
Die Fernsehwerbung folgt einer allgemeinen Regel: Je höher das Bruttoinlandsprodukt und
die Unternehmensgewinne, desto mehr Werbekunden. Kurzfristig erwarten die führenden
Werbekunden keine großen Veränderungen. Der langfristige Zuwachs des Werbemarkts sieht
schon ganz anders aus. Die Werbekunden erwägen, die flächendeckenden Medienaufwendungen durch Marketingkampagnen in Geschäften und Fernsehwerbung in Geschäften zu ersetzen. Großbritannien hat seit 2004 bis zu Schätzungen für das Jahr 2006 aufgrund höherer
Energiekosten, schlechter Unternehmensgewinne und einer schnelleren Verschiebung bei
den Ausgaben auf Nicht-Medienbereiche eine Abnahme bei den Werbeaufwendungen erlebt28. Großbritannien ist der einzige europäische Markt, bei dem man von einer Abnahme
der Fernsehwerbeausgaben ausgeht; wenn die Kosten steigen, sind die Ausgaben für Werbung immer die ersten, die gekürzt werden.
28 „UK Advertising: Cutting through the confusion”, UBS, Oktober 2006
73
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Der Konsument digitaler Videos
Im restlichen Europa schwankt der Anteil der Fernsehwerbung an den Gesamtwerbe-Etats
zwischen 20-76%, was einem durchschnittlichen Wert von 41% entspricht. Der Zuwachs bei der
Multikanalwerbung trägt mit zum rasanten Wachstum der allgemeinen Fernsehwerbung bei,
wobei der Werbeanteil bei den Multikanälen in ganz Europa 5-15% schneller zunimmt als beim
traditionellen Fernsehen.
Drei Gefahren für die Fernsehwerbung
Trotz des kontinuierlichen Zuwachses ist die Zukunft des Marktes für die Fernsehwerbung aus
drei wichtigen Gründen unsicher. Wenn jüngere Zuschauer weniger fernsehen, dann verlagern die Werbekunden vielleicht ihre Werbung ins Internet. Fernseh- und Radiosender haben
diesen Trend antizipiert und begonnen, größere Teile ihrer Inhalte ins Internet zu verlagern
und auf neue Online-Angebote auszuweiten. So hat z. B. Skyrock, ein führender Sender auf
diesem 15-24 Jahre alten Markt, die größte Blogging-Gemeinde in Europa aufgebaut.
Die zweite Gefahr für die Fernsehwerbung besteht in einer neuen Zuschaueroption: die
Möglichkeit, Werbung zu überspringen, wenn man sich privat auf Video aufgenommene
Sendungen anschaut. Wir glauben, dass diese Gefahr real ist, aber häufig von den Brachenbeobachtern überschätzt wird. Weniger als 15% der europäischen Zuschauer mit Videorekordern verschieben zeitlich ihre Sendungen , was bedeutet, dass die Zeitverschiebung keine
echte Bedrohung der Fernsehwerbung ist. Wir schätzen, dass bis 2010 nur ca. 1,4% der gesamten europäischen Fernsehwerbung aufgrund von Videoaufnahmen übersprungen werden wird.
Außerdem gibt es Möglichkeiten, das Überspringen der Werbung auszuschalten, so z. B. durch
Product Placement, die Kunst, Produkte in den Fernsehsendungen unterzubringen.
Die dritte und wichtigste Gefahr ist die Flut an Internetwerbung, die in Europa seit 2000
jährlich um mehr als 30% zunimmt. Internetanzeigen beschneiden den traditionellen Markt
für Display-Werbung, insbesondere in den Printmedien. Aber es gibt eine noch signifikantere
Auswirkung: Die Internetwerbung trägt sich durch die Internetzuschauer, da die Mehrheit der
Anzeigen auf Internetsuchseiten platziert werden. Bis Ende 2006 machte die Internetwerbung
4-14% der gesamten traditionellen Medienwerbung in Westeuropa aus. In Westeuropa – und
weltweit – ist Großbritannien führend bei den Ausgaben für Internetwerbung, die sich auf 14%
belaufen, wobei die Prognosen für 2012 einen Marktanteil für Display-Werbung von 20-30%
vorhersagen.
Wie wirkt sich also die Internetwerbung auf die Fernsehanstalten aus? Es gibt keine eindeutigen Beweise, dass Internetwerbung die Werbebudgets der Fernsehanstalten beschneidet.
Bisher wurde die Internetwerbung für das Direktmarketing verwendet und ergänzte die
Fernsehwerbekampagnen. Der große Verlierer sind die Printmedien, bei denen die Zeitungen
wichtige Umsätze bei den Kleinanzeigen verloren haben.
Fernsehen gilt immer noch als das überlegene Medium für die Schaffung eines Markenbewusstseins für Produkte und Dienstleistungen, da es ein größeres Publikum erreicht.
Tatsächlich gibt es die Auffassung, dass Fernsehmarkenkampagnen einen Crossover-Effekt
haben und Online-Verbraucher dazu bringen, auf bestimmte Werbeanzeigen auf Suchseiten zu
klicken. Diese Wahrnehmung ist vielleicht nicht mehr zutreffend. In Großbritannien beginnen
einige große Werbekunden, das Internet und nicht das Fernsehen als primäres Medium für
Markenaufbaukampagnen zu nutzen. Wenn sich dieser Trend fortsetzt und in ganz Europa ausbreitet, besteht für die etablierten Fernsehanstalten die Gefahr, Werbeeinnahmen zu verlieren.
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September 2007
Google, Yahoo und andere Online-Content-Aggregatoren, die auf den Markt kommen, sind die
Hauptnutznießer, da immer mehr Werbekunden ihre Ausgaben für Internetsuchseiten erhöhen.
In Großbritannien stieg der Umsatz von Google UK 2006 um 30% und man erwartet, dass
diese Zahl bis 2008 die Werbeeinnahmen des größten britischen Privatsenders, ITV1, übertreffen wird.
Neue Videowerbeformate entstehen und nehmen, verstärkt durch interaktive Merkmale,
sowohl im Fernsehen als auch im Internet, rasch zu. Interaktive digitale Fernsehwerbung
(IDTV) bezieht sich dabei auf „Red Button“-Werbung. Wenn Kunden auf den roten Knopf der
Fernbedienung drücken, finden sie sich auf der Internetseite der Marke wieder. In Großbritannien verbringen die Zuschauer, die die Red Buttons drücken, ca. zwei Minuten auf den
Markenseiten. Die Werbeeinnahmen von IDTV wachsen jährlich um ca. 30%. Es ist aber immer
noch nur ein kleines Stück der gesamten Fernsehwerbetorte. Bis Ende 2007 prognostiziert man
insgesamt Werbeeinnahmen für das interaktive Fernsehen von unter 30 Millionen Britischen
Pfund, was weniger als 1% des gesamten Fernsehwerbemarkts in Großbritannien entspricht.
Eine führende Werbeagentur formulierte es kürzlich so: „Die Meinung ist geteilt, ob es sich hier
um eine technologische Sackgasse handelt, die bereits ihr begrenztes Potenzial ausgeschöpft
hat, oder eine Möglichkeit, dessen Wert wir gerade erst auszuschöpfen beginnen.” 29
Ein weiterer Trend ist der zunehmende Einsatz von Videos in der Internetwerbung, die es in
zweierlei Arten gibt, die zu gleichen Teilen eingesetzt werden: opulente Medienanzeigen und
Anzeigen, die vor oder nach einem Video eingespielt werden und die man als Pre-roll-/Postroll-Werbung bezeichnet.30 Man erwartet, dass diese bis 2011 bis zu 14% der Internetwerbung
in den USA ausmachen wird. YouTube und andere bekannte Internetseiten für von Benutzern
erstellte Inhalte vermeiden in der Regel immer noch das Streaming von Videoanzeigen, aber
amerikanische Netzwerkseiten setzen regelmäßig Video-Anzeigen bei ihren VOD-Angeboten
ein und machen Werbung für verpasste Episoden von Fernsehserien. Da die meisten Internetbenutzer nicht bereit sind, Videoprogramme zu bezahlen31, könnte sich die Online-Videowerbung als wichtige Umsatzquelle für Provider erweisen, die ein weiteres Wachstum des Internetwerbemarkts hervorrufen wird.32
Letzten Endes wird die Realität so sein, dass die Werbekunden versuchen werden, ihre Marken
und Produkte in den Medien zu vermarkten, die ihnen die besten Renditen einbringen. Das
beginnt damit, die größte Reichweite zu haben. Für einige Werbekunden, wie z. B. große
Unternehmen von Verbrauchsgütern, bedeutet dies, so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Das Fernsehen ist nach wie vor das Medium, das diese Forderung am besten erfüllt.
Unternehmen, die versuchen, eine kleine Zielgruppe anzusprechen, werden jedoch feststellen,
dass andere Medien wesentlich effektiver für sie sind, besonders das Internet.
Das Internet ersetzt momentan nicht das Fernsehen, aber es bietet das Potenzial für eine
gezieltere Werbung. Online-Content-Aggregatoren können detaillierte Daten zum Verbrauchersuch- und Verbrauchernutzungsverhalten liefern, die wiederum den Werbekunden ermöglichen, spezielle Märkte gezielter anzusprechen. Die Werbekunden werden auch bereit sein,
dafür zu zahlen, insbesondere dann, wenn die Content-Aggregatoren detaillierte Informationen
darüber liefern, welche Verbraucher wann und wie diese Anzeigen angesehen haben.
29 TYNY UK, GroupM, November 2006
30 Pre-roll- und Post-roll-Werbung ist mit dem Anschauen eines anderen Online-Videos verknüpft und erscheint, bevor oder nachdem einige Filmsequenzen gezeigt wurden.
31 Online Video Advertising: Leveraging the YouTube Effect, JupiterResearch, 3. Oktober 2006
32 Online Video in Europe: Strategies for Necessary Integration, JupiterResearch, 30. Mai 2006
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Der Konsument digitaler Videos
Darüber hinaus erwartet man, auch wenn das Internet an sich kaum das Fernsehen als Medium ersetzen wird, dass die Veränderungen, die sich momentan in der Internetwerbung vollziehen, sich auf die zukünftige Fernsehwerbung auswirken werden. Die Innovation in der Online-Werbung, z. B. die verbesserte Bewertung und gezieltere und individualisierte Werbung
bei der Google-Suche, werden wahrscheinlich die Denkweise der Werbekunden, Content-Aggregatoren und Content-Distributoren über Videowerbung positiv verändern. Neue Akteure
wie Joost, wenn auch noch in der Entwicklung, haben bereits begonnen, diese Techniken in
ein internetgestütztes TV-Angebot zu integrieren. Ob nun neue Modelle wie Joost erfolgreich
sind oder nicht, so müssen doch die traditionellen Sender und Pay-TV-Anbieter nach Wegen
suchen, wie sie die Wirkung ihrer Beurteilungssysteme erhöhen und wie sie Werbung gezielter auf die Verbraucher abstimmen können.
e / Regulierung und Politik
Vogelperspektive auf den Einfluss der öffentlichen Politik auf die Marktentwicklung
Traditionell lauteten die europäischen politischen Zielsetzungen in Bezug auf Videocontent:
•
die europäische Industrie durch eine Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit auszuweiten;
•
die europäische Kultur und das europäische Erbe im Videocontent zu erhalten.
Diese Vielfalt der Kultur und der Sprachen in Europa hat sich aber auch als Herausforderung für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Videocontent-Branche erwiesen. Viele
Beobachter argumentieren, dass sich, aus rein wirtschaftlicher Perspektive betrachtet, die
unterschiedlichen Sprachen und kulturellen Bereiche zu natürlichen Grenzen beim Erreichen
eines notwendigen Umfangs entwickelt haben (bei der Produktion, der Distribution und der
Reichweite), um global gesehen wettbewerbsfähig zu sein.
Durch regulierendes Eingreifen hat die EU effektiv die Auswirkung dieser natürlichen Grenzen reduziert,
indem sie zusätzliche rechtliche Beschränkungen verhindert hat:
•
•
Die 1989 verabschiedete Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ hat einen EU-Binnenmarkt für Fernsehinhalte geschaffen. Dies geschah durch das Verabschieden von
Mindeststandards für die Inhalte und für das Einfügen von Fernsehwerbung, die
erforderlich ist, um Inhalte und Kanäle zu finanzieren. Auf der Grundlage des Ursprungsland-Grundsatzes sollten Programme, die in Übereinstimmung mit den Regeln
des ursprünglichen Mitgliedstaates erstellt wurden, frei innerhalb Europas verbreitet
werden können.
Die „i2010“-Initiative der Europäischen Kommission rief nach einer Modernisierung
der politischen EU-Instrumente, um die Entwicklung der digitalen Wirtschaft voranzutreiben und, inter alia, die Produktion von europäischen Inhalten voranzutreiben.
76
LGI FINAL inside pages GERMAN.in76 76
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September 2007
Die letzte Fassung der Fernsehrichtlinie erweiterte aus diesem Grund ihren Umfang,
um alle „audiovisuellen Medien“ einzuschließen. Diese Definition schließt linearen
und On-Demand- (TV-ähnlich33) Inhalte ein und auch alle Content-Distributionsplattformen. Die Ausweitung des Umfangs ist ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der
i2000-Ziele. Die Begründung ist, dass die Produktion europäischer Inhalte durch die
Schaffung eines größeren Umfangs und einer größeren Reichweite des europäischen
Inhalts durch neue digitale Inhaltsformate wahrscheinlicher wird.
Die 2007 veröffentlichte Mitteilung „Content Online“ der Europäischen Kommission zielt
darauf ab, eine Grundlage für einen umfassenden politischen Rahmen zu bieten. Die Ziele
sind, Eigentümer von Inhalten dazu zu bewegen, ihre Inhalte für die digitale Distribution zur
Verfügung zu stellen und neue Geschäftsmodelle anzuregen.
Bedeutung (und Herausforderungen) des „digital on-demand“
Eine der größten Herausforderungen besteht in der Förderung von „digital on demand“-Geschäftsmodellen in Europa. Die europäischen Videoverbraucher zeigen einen schrittweisen,
aber irreversiblen Trend zur Nutzung von Inhalten in einer nicht-linearen On-Demand-Form.
„Bis Ende 2006 wurden in 24 europäischen Staaten mehr als 150 Video-on-Demand (VOD)-Dienste betrieben, die über zahlreiche unterschiedliche Netzwerke angeboten wurden.“ 34 Frankreich, die Niederlande und Großbritannien ragen in Bezug auf die Zahl der Anbieter hervor.
Figure 30: Example of commercial aggregator strategies
Number of VOD services by country and network type, 2006
25
23
19
20
Terrestrial digital TV
14
15
Satellite
14
13
Cable
11
10
IPTV
8
Internet
8
7
7
6
6
5
5
4
3
3
2
2
2
1
1
Total number
of services 20
12
10
8
7
6
5
5
ga
l
Es
to
ni
a
C
yp
ru
s
Sl
ov
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Po
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un
H
4
Sw
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i
Au
n
Sp
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Ire
la
7
Fi
De
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8
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13
rla
an
c
19
he
Fr
nd
s
0
4
3
3
2
2
2
1
1
Note: Some services may be available across multiple networks, but are only counted once in the total; some services may be available across multiple countries; excludes free services,
video clips and adult services
Source: NPA Conseil; European Audiovisual Observatory
33 “„TV-ähnlich“ meint den Ausschluss, inter alia, von von Benutzern erstellten Inhalten und Handlungen, die vorwiegend nicht wirtschaftlich ausgerichtet sind und die nicht mit Fernsehsendern konkurrieren.
34 Direction du development des medias/European Audiovisual Observatory/NPA Conseil, „La Video a La Demande”, Mai 2007
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77
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Der Konsument digitaler Videos
Der Zugang zu Content-Rechten für Video-on-Demand und die kritische Masse bei der
Markteinführung der VOD-Plattformen werden wichtige Vermögenswerte beim Kampf um
die digitalen Content-Distributionsnetzwerke sein. Die durch Technologien geschaffenen
Möglichkeiten werden eine ausschlaggebende Rolle im Kampf um die europäischen VODKunden spielen.
Die europäischen Content-Ersteller sind generell positiv gestimmt, dass VOD zusätzliche
Einnahmequellen erschließen wird, z. B. durch die Nutzung „langwirkender“ Inhalte.
Diese werden häufig als VOD-Zugang über das Internet bereitgestellt. Wie jedoch bereits
an anderer Stelle in diesem Bericht beschrieben, wird VOD über TV-Plattformen in den
kommenden fünf Jahren wahrscheinlich die wichtigere Distributionsplattform sein.
Trotz des Umsatzpotenzials der neuen Formen der digitalen Distribution zögern die
Eigentümer von Inhalten immer noch, ihre Inhalte in signifikantem Umfang für VOD zur
Verfügung zu stellen (insbesondere als Internet-VOD), vor allem aus Sorge vor Piraterie. Sie gehen auch vorsichtig vor, um nicht bestehende, bewährte Umsatzquellen wie
DVD-Verkauf und „elektronischen Abverkauf“ zu schmälern. Nichtsdestotrotz müssen die
Eigentümer von Inhalten über kurz oder lang Entscheidungen über eine Reihe von Aspekten treffen, die für die Entwicklung des Marktes essenziell sind:
•
Definition neuer digitaler Content-Rechte (insbesondere VOD-Rechte als separate
Rechte von anderen Distributionsrechten);
•
Vergabe von Lizenzen, Ausgewogenheit der verschiedenen Grade der Exklusivität;
und
•
wie und wann die Freigabefenster anzupassen sind.
Wie bereits im Abschnitt „Marktakteure“ beschrieben, benutzen die großen ContentErsteller die Freigabefenster dazu, den Vertrieb der Filme und Fernsehprogramme bei
verschiedenen Zielgruppen zu staffeln. Der Abstand zwischen der Freigabe von DVDs
und VOD wird immer kürzer, da die Produzenten versuchen, den Umsatzverlust durch
Piraterie zu begrenzen. Trotzdem variieren die VOD-Freigabefenster in der EU erheblich.
„Sofort”-Freigaben (VOD erfolgt gleichzeitig mit der DVD-Freigabe) sind immer noch
die Ausnahme, wobei bis Ende 2006 nur einige skandinavische Länder über eine Reihe
diesbezüglich ausgehandelter Verträge verfügten . Einige Beobachter argumentieren, dass
die Entwicklung des europäischen VOD-Marktes beschleunigt werden könnte, wenn man
homogenere VOD-Freigabefenster hätte. Sicherlich würden mehr „Sofort“-Freigaben die
Annahme von VOD-Angeboten beschleunigen, aber die Eigentümer von Inhalten müssen den potenziellen Umsatzverlust beim DVD-Verkauf und –Verleih gegen das Risiko der
Piraterie abwägen.
35 Direction du development des medias/European Audiovisual Observatory/NPA Conseil, “La Video a La Demande”, Mai 2007
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September 2007
Figure 31: Release windows are becoming more condensed, particularly in the UK and France
Release windows—months from theatrical release, 2005
UK
Netherlands
Germany
France
Belgium
Austria
0
6
12
18
Theatre
VOD
Home video/PPV/VOD
PayTV
Home video
PPV
PPV/VOD
Free TV
24
30
36
Note: German payTV window can start at 12 months in some instances; UK VOD window can start just 2 months after home video
Source: Screen Digest May 2005; NPA Conseil May 2006
Schließlich gibt es das überzeugende Argument, dass eine klare Definition der Urherberrechte für neue digitale Content-Produkte der Schlüssel für eine beschleunigte Einführung
innovativer Content-Angebote ist. Sie wird Unsicherheiten und rechtsfreie Räume der
Content-Aggregatoren und Distributoren in Bezug auf die Produkte beseitigen, wo bisher
die Frage nach dem Urheberrecht nur schwer zu bestimmen war. Dies trifft besonders auf
solche Produkte zu, die sich im Grenzbereich zwischen linearen und On-Demand-Anbietern bewegten (wie z. B. internetgestütztes Shift-TV).
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Der Konsument digitaler Videos
Themen für Politik und Regulierung
Es gibt eine Reihe von Themen und Fragen, welche Politiker und Regulierungsbehörden
berücksichtigen müssen:
1.
Wie kann man VOD-Produkte wirtschaftlich machen und den Zugang zu Distribution und freier Zirkulation unterstützen?
2.
Kann man grenzüberschreitende Lizenzierung von Inhalten erweitern, indem die
Komplexität der Abwicklungssysteme für Urheberrechte verringert wird?
3.
Ob und wie kann sich die sich verschiebende Wettbewerbsausgewogenheit in der
Content-Wertschöpfungskette in den Marktstrukturregulierungen widerspiegeln?
4.
Wie kann man das Vertrauen erhöhen und die Vertriebsbedingungen sichern?
1. Wie kann man VOD-Produkte wirtschaftlich machen und den Zugang zu Distribution und
freier Zirkulation unterstützen?
Im Rahmen der 2007 veröffentlichten Richtlinie „Audiovisuelle Mediendienste ohne Grenzen“ wurde ein Bereich für die Content-Regulierung geschaffen, um die Produktion und
die Aggregation europäischer Inhalte und Kanäle für den Vertrieb über Plattformen wie
Satelliten-, Kabel-, (digitales) traditionelles, IPTV und mobiles TV zu fördern. Standardisierte Content-Regeln sind auf On-Demand-Content anwendbar und grenzüberscheitende
On-Demand-Produkte können vom Ursprungsland-Grundsatz profitieren. Im Rahmen
dieser Richtlinie können die Medien-Anbieter von der Ausnahmeregelung in Bezug auf
die Exklusivrechte von Fernsehanstalten profitieren, die Eigentümer der Content-Rechte
von „großem öffentlichem Interesse“ sind, und können „Ausschnitte“ dieser Inhalte
in ihre linearen Programme integrieren und diese Programme später als On-DemandAngebot zur Verfügung stellen. Um die geistigen Eigentumsrechte der ursprünglichen
Eigentümer zu schützen, beschränkt sich diese Möglichkeit auf das On-Demand-Angebot
der identischen Sendeinhalte desselben Medien-Anbieters, daher kann sie nicht dazu
benutzt werden, neue On-Demand-Geschäftsmodelle auf der Basis der kurzen Ausschnitte
zu schaffen.
Gemäß derselben Richtlinie können Produzenten europäischer Inhalte einen regulierten
Zugangssupport für ihre Inhalte zu VOD-Katalogen und elektronischen Programmverzeichnissen (EPG) erhalten und von der regulierten Verteilung der VOD-Umsätze
der Aggregatoren für die Produktion von europäischen Inhalten oder den Erwerb von
Rechten profitieren. Dies basiert auf der Annahme, dass On-Demand-Anbieter das Potenzial aufweisen, teilweise lineare Dienste zu ersetzen, und auf der Annahme, dass neu
entstehende VOD-Plattformen signifikant zur Förderung europäischer Arbeiten beitragen
können. Wenn dies jedoch zu wesentlich höheren Kosten für die Content-Aggregatoren
führt, kann sich dies negativ auf ihre Investitionen in die VOD-Plattformen auswirken.
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2. Kann man grenzüberschreitende Lizenzierung von Inhalten erweitern, indem die Komplexität der Abwicklungssysteme für Urheberrechte verringert wird?
Mit der Ausweitung des europaweiten Content-Angebots ist die Frage nach dem grenzüberschreitenden Erwerb von Inhalten und der Freigabe von Urheberrechten wichtig geworden.
Die bestehenden Urheberrechtsregelungen spiegeln die Nachfrage nach und das Angebot
an einer immer weiter steigenden Zahl von internationalen Kanälen und Content-Formen
(analog, digital, Free-TV, Pay-TV, On-Demand) nicht adäquat wider. Das aktuelle Abwicklungssystem für Urheberrechte, mit einer Unzahl nationaler Urheberrechtsverwertungsgesellschaften, könnte sich als schwierige Hürde beim effizienten Erwerb von Content-Rechten für grenzüberschreitende Netzwerke erweisen. Folglich kann es sich nachteilig auf die
Entwicklung der europaweiten Content-Angebote auswirken.36 Dies betrifft auch die neu
entstehenden grenzüberschreitenden VOD-Anbieter. Die Beispiele betreffen vorwiegend
VOD-Anbieter in den europäischen Staaten mit sich überschneidenden Sprachgebieten, wie
z. B. Regionen, in denen Deutsch oder Englisch gesprochen wird.
Figure 32: Examples of cross-border VOD services
Austria
• In2Movies (Germany)
Belgium
Denmark
• DirectMovie (Netherlands)
Finland
• Live Networks (Sweden)
• Live Networks (Sweden)
• Premiere Direkt (Germany)
• SF Anytime (Sweden)
• SF Anytime (Sweden)
• Premiere Videothek
online (Germany)
• CDON.com (Sweden)
• film2home (Sweden)
Ireland
• Sky (UK)
Netherlands
• 7 Days (Belgium)
Norway
• Live Networks (Sweden)
• 4oD (UK)
• SF Anytime (Sweden)
• fivedownload (UK)
• CDON.com (Sweden)
• LOVEFiLM (UK)
• film2home (Sweden)
Sweden
• In2Movies (Germany)
• World Cinema Online (UK)
Source: NPA Conseil
36 „Economic Impact of Copyright for Cable Operators in Europe”, Solon Management Consulting: 2006
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Der Konsument digitaler Videos
Effizientere und plattformneutrale Urheberrechtsverwaltungssysteme würden den europäischen Eigentümern von Inhalten den grenzüberschreitenden Vertrieb erleichtern und
zu einer größeren Reichweite führen und in Folge langsam steigende Umsatzströme durch
neue Lizenzmöglichkeiten eröffnen (siehe Abb. 32).
Eine Lösung wäre die Schaffung eines Mantelvertrags über europäische Rechte, anstelle
von marktabhängigen Einzelabkommen. Satellitenbetreiber profitieren von dem Ursprungsland-Grundsatz laut SatCab-Richtlinie. Diese gestattet den „One-stop-shop“- Erwerb (alles
an einer Stelle) aller relevanten Urheberrechte, ohne dass zusätzliche nationale Lizenzen
innerhalb der Empfängerländer gesichert werden müssen. Dies spiegelt die Art und Weise
wider, wie bisher traditionelle Satellitenbetreiber die Inhalte von einem zentralen Zentrum
aus in ganz Europa übertragen haben. Eine Möglichkeit wäre, dies auf alle Vertriebsplattformen auszuweiten, ungeachtet der Frage, ob diese ihre Inhalte zentral oder mittels
Übertragungsstationen in den einzelnen Ländern innerhalb ihres Gebiets vertreiben. Wenn
man dies mit einem Paket kombiniert, in dem alle Rechte37 und eine allgemeine Lizenz38
enthalten sind, könnte dies wesentlich die Transparenz und Effizienz bei der Freischaltung
von Rechten verbessern.
3. Ob und wie kann sich die sich verschiebende Wettbewerbsausgewogenheit in der Content-Wertschöpfungskette in den Marktstrukturregulierungen widerspiegeln?
Mit der neuen Fassung der Richtlinie über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste und durch Anwendung des Wettbewerbsgesetzes spielen die Regulierungsbehörden eine wichtige Rolle bei der Förderung eines
angemessenen Wettbewerbs zwischen den (Distributions-) Infrastrukturen und bei der Verhinderung restriktiver Marktstrukturen, die einen Markteintritt verhindern. Die europäische
Content-Branche wird wahrscheinlich von weiteren Distributionsplattformen auf dem Markt
profitieren. Der Wettbewerb der Infrastrukturen sollte Investitionen in die Befähigung der
Verbraucher auf der Grundlage der nächsten Generation an Netzwerken mit höheren Bandbreiten und der Markteinführung innovativer digitaler Plattformen, die VOD-fähig sind,
beflügeln.
Erweiterter Marktzugang und Wettbewerb
Traditionelle Branchenvertreter für Videocontent betreten unbekanntes Terrain und beteiligen
sich an Aktivitäten der gesamtem Wertschöpfungskette, indem sie vertikal integrieren, strategische Partnerschaften abschließen oder im Alleingang mit neuen internetgestützten Vertriebstechnologien, wie z. B. legale P2P, experimentieren. Die Distributoren betätigen sich bei der
Aggregation und der Produktion, während Aggregatoren auch im Vertrieb tätig werden und
Produzenten direkte Geschäftsbeziehungen mit den Endverbrauchern eingehen.
37 Alle Rechte einschließende Pakete werden nur von denjenigen Sendern gekauft, die zuvor Lizenzen für alle Rechte von relevanten Content-Erstellern
erworben haben.
38 Verträge über die Nutzung von Urheberrechten würden idealerweise mit einer einzigen Verwertungsgesellschaft ausgehandelt. Momentan gibt es einen
Wettstreit unter den nationalen Verwertungsgesellschaften.
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Figure 33: Increasing scope for market entry and new roles for existing players
Content creation
Aggregation
Narrow
Studios and integrated
producers going
direct; developing
and aggregating
content on emerging
platforms
Distribution
Broad
Broadcasters
going direct
PayTV
operators
entering VOD
(plus thematic
aggregation)
Traditional
competitors
Thematic
channels
going direct
to consumer
Emerging
competitors
UGC, short
form content
Potential for other
narrow aggregators to
add video content
Internet aggregators
entering video,
bypassing traditional
distribution
Telcos, ISPs with
IPTV, mobile
video
In der Zwischenzeit gibt es zahlreiche Neulinge in der Industrie. Telekommunikationsunternehmen stoßen auf den Videocontent-Distributionsmarkt mit ihren IPTV-Angeboten,
während neue „Over-the-top“ (OTT)-Akteure (Internetunternehmen ohne Infrastrukturbasis)
ebenfalls Teil der Content-Wertschöpfungskette werden. OTT-Akteure nutzen das öffentliche
Internet als Vertriebskanal und bieten einen Aggregationsdienst entweder für kommerzielle
oder benutzergenerierte Inhalte an. Sie haben die größten Chancen, Marktanteile in den
Ländern zu erwerben, in denen die Verbreitung von DTV erheblich der Verbreitung von
Hochgeschwindigkeitsbandbreiten hinterher hinkt.
Figure 34: Western European markets exhibit different levels of DTV penetration and platform mix
Platform penetration of TV households 2006
100%
80
Analog
cable/
terrestrial
DTH
60
DTT
40
IPTV
Digital
DTH
20
0
Digital
cable
Austria
Germany
UK
Switzerland
Spain
France
Netherlands
Belgium
20%
31%
78%
13%
31%
40%
41%
8%
DTV
penetration
Source: Informa (2006)
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Der Konsument digitaler Videos
Mehr Macht den Eigentümern von Inhalten
Die Distributionskapazität ist aufgrund der Entwicklung neuer IPTV-Plattformen, analog-digitaler Verlagerung auf traditionelle Plattformen wie Kabel und durch die staatlich
gelenkte Einstellung landgestützter analoger Systeme in ganz Europa gestiegen. Die digitale Distributionskapazität übersteigt die heute angebotene Anzahl an Kanälen, dies ist ein
bemerkenswerter Wandel, wenn man an das knappe Angebot des Analogzeitalters denkt. In
Folge sehen sich die Eigentümer von Inhalten gegenüber den Vertriebsplattformen, die alle
um ihre Inhalte wetteifern, in einer immer stärkeren Verhandlungsposition. Dies spiegelt
sich z. B. in dem dramatischen Preisanstieg für Exklusivrechte für Premiumsportarten wider.
Insbesondere im Kabelbereich gibt es eine signifikanten Absenkung der Gebühren, die von
den Sendern für die Kabeldistribution ihrer Fernsehkanäle gezahlt werden. Darüber hinaus
können sich öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten und lokale öffentliche Sender immer noch
auf die „Must carry“-Regelung für die Kabeleinspeisung verlassen.
Das Entstehen von IPTV oder selbst die Vorhersage desselben hat bereits eine Auswirkung
auf die Beziehungen zwischen Distributoren und Content-Anbietern, da es den Wettbewerb
bei den Fernsehübertragungen verstärkt. So schloss z. B. in den Niederlanden der unabhängige Produzent Endemol einen Exklusiv-Content-Vertrag über den Zugang zur VOD-Plattform
von KPN ab. Außerdem vereinbarte die VG Media, welche die deutschen Privatsender der
RTL-Gruppe und ProSieben/SatEins vertritt, einen unerwartet hohen Preis mit KPN , wofür
KPN im Austausch den Status „Vorzugsnation“ erhielt, der verhindert, dass andere Vertragspartner bessere Konditionen erhalten. Der gestiegene Wettbewerb um die Inhalte hat, was
nicht überrascht, die Preise für alle Plattformen nach oben getrieben.
Dieses Beispiel zeigt, dass besonders jetzt, wo Fernsehanstalten und Content-Ersteller
abonnementgestützte Geschäftsmodelle zu nutzen beginnen, sich ein Trend abzeichnet,
digitale Distributionsplattformen als Ersatz zu betrachten. In der Zwischenzeit sind viele
Telekommunikationsunternehmen, die auf den Videomarkt drängen, bereit, finanziell mitzuhalten, um sich attraktive Inhalte für ihre IPTV-Angebote zu sichern, selbst wenn sich ihre
Plattformen noch im Anfangsstadium befinden.
4. Wie kann man das Vertrauen erhöhen und die Vertriebsbedingungen sichern?
Die europäische Content-Branche und der europäische Videoverbraucher befinden sich in
einer Umbruchphase hin zu einem digitalen Content-Massenmarkt. Die wichtigste Hürde für
ein Massenmarktangebot digitaler Inhalte ist die Angst vor Piraterie.
Die Förderung sicherer Distributionskanäle (in Form von DRM-Systemem für das öffentliche
Internet oder Zusatzsysteme) beinhaltet eine Reihe von inhärenten Risiken in der momentanen Marktentwicklung. Diese DRM-Systeme bieten den höchsten Schutz gegen unbefugte
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Nutzung bei geschlossenen, nicht untereinander kompatiblen Systemen. Gleichzeitig tendieren diese DRM-Systeme dazu, die Portierbarkeit von Inhalten einzuschränken, was bedeutet, dass die Verbraucher nicht in der Lage sind, heruntergeladene Inhalte auf allen ihren
hausinternen und tragbaren Geräten abzuspielen.
Um diese Situation zu ändern, greifen manche Eigentümer von Inhalten auf zwischengeschaltete Lösungen zurück, indem sie ausgefeilte DRM-Systeme entwickeln, die eine
einzelne Kopie einer geschützten Arbeit für jedes Gerät zu Hause zulassen (PC-Download,
tragbare Geräte, DVD). Andere experimentieren mit der Abschaffung des DRM (z. B. EMI
in der Musikindustrie). Schließlich wird auch die branchenübergreifende Zusammenarbeit
zwischen Hardware-Produzenten, Eigentümern von Inhalten und Distributoren zur Entwicklung einer vollständigen Kompatibilität aller Systeme fortgesetzt. Gleichzeitig intensiviert
sich jedoch der Wettbewerb unter den geschlossenen Plattformen.
Die Förderung der Transparenz, um DRM-Nutzern zu ermöglichen, selbst die mit jeder Plattform verbundenen Vorteile zu erkennen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ein solcher
Ansatz könnte dazu beitragen, eine Ausgewogenheit zwischen dem Schutz der Rechteinhaber über DRM-Systeme und der Auswahl der Verbraucher in der aktuellen Phase der Marktentwicklung herzustellen.
Die andere kritische Dimension der Pirateriefrage bezieht sich offensichtlich auf das Verhalten und die Motive der Verbraucher selbst. Eigentümer von Content-Rechten rufen
allgemein die zuständigen Stellen auf, Aufklärungskampagnen mitzufinanzieren. Wie dieser
Bericht zeigt, tendieren insbesondere Jugendliche dazu, ihr Konsumverhalten in gewissem
Umfang zu ändern, wenn sie das Alter für den Massenmarkt erreichen. Als Erwachsene neigen diese Verbraucher eher dazu, für hochwertige Videos zu bezahlen, die legal erworben
werden, als illegal erworbene Inhalte von schlechter Qualität anzuschauen.
Dementsprechend können die Marktakteure eine aktivere Rolle spielen. Die europäischen
Filmproduzenten argumentieren, dass eine erfolgreiche Markteinführung von VOD-Angeboten dazu beitragen wird, das Ausmaß der digitalen Piraterie im Filmgeschäft einzudämmen.
Eine Verkürzung des Freigabefensters für VOD-Angebote könnte ein Weg sein, die Motivation der Verbraucher, Inhalte über illegale P2P-Internetseiten aufzurufen, zu unterbinden, da
die Inhalte früher über legale Kanäle verfügbar wären.39
39 European Charter for the Development and the Take-Up of Film Online, Mai 2006
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Der Konsument
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VI. KONSEQUENZEN FÜR DIE ZUKUNFT
Die Erfolgsstrategie des einzelnen Unternehmens in diesem sich weiterentwickelnden Markt
wird je nach geografischer Lage, Branchensegment und Position im Markt variieren. Generell
müssen sich die traditionellen Akteure jedoch anstrengen, um wettbewerbsfähig zu bleiben
und um sich insbesondere an eine Welt mit einer unbegrenzten Vielfalt an Medieninhalten
und zahllosen Content-Plattformen anzupassen. Umgekehrt müssen sich neue Konkurrenten
sorgfältig Gedanken darüber machen, was sie zu diesem Massenmarkt beisteuern wollen und
wie sie sich von etablierten Konkurrenten unterscheiden.
Auf einem sich verändernden Markt für Inhalte müssen sich die drei großen Akteure — Content-Ersteller, Aggregatoren und Distributoren — überlegen, wie sie das Geschäft betreiben
wollen und wen sie als Partner wählen. Darüber hinaus muss jeder von ihnen einige allen gemeinsame Probleme in dieser Branche lösen, wie z. B. die Entwicklung allgemein anerkannter
Softwarestandards zum Urheberschutz. Die Branchenakteure müssen, um wichtige Probleme
wie Piraterie zu lösen, die das zukünftige Wachstum bedrohen, zusammenarbeiten und Lösungen finden, die sowohl den Verbrauchern als auch der Branche nutzen.
Content-Ersteller
Für die Content-Ersteller besteht die Herausforderung darin, sich auf eine verbesserte Content-Qualität und auf die Bedienung ihres Zielpublikums zu konzentrieren. Sie müssen neue
Verkaufsmodelle prüfen, z. B. Direktverkauf an die Verbraucher über das Internet, und die
Fähigkeit entwickeln, ihre Inhalte auf allen Medienplattformen anzubieten und gleichzeitig
etablierte, risikoarme Umsatzquellen aufrechtzuerhalten. Während die Prioritäten klar sind,
müssen die Content-Ersteller auch vorsichtig sein. Es gibt die Möglichkeit für die gestaffelte
Freigabe von Inhalten für die unterschiedlichen Medienplattformen, wie z. B. die Bereitstellung von bereits ausgestrahlten Fernsehserien im Internet und für mobile Geräte, aber die
Content-Ersteller werden nach Beweisen verlangen, dass auch tatsächlich ein wesentliches
Zuschauerinteresse an diesen neuen Formaten besteht.
•
Traditionell müssen die US-amerikanischen Filmstudios eine komplexe Gleichung
ausbalancieren. Sie müssen sinkende DVD-Verkäufe abfangen, aber wenn die Studios beginnen, neue Kanäle und Formate einzusetzen und sich direkt an Kunden
wenden, gehen sie einige Risiken ein. Zum einen können sie ihren Geschäftsbeziehungen mit den Pay-TV-Anbietern und den großen Einzelhandelsketten schaden,
die DVDs verkaufen oder verleihen. Ein weiteres Risiko ist die weitere digitale
Videopiraterie, wenn Videos elektronisch verkauft werden. Die Eigentümer von
Inhalten müssen vorsichtig sein, um sicherzustellen, dass bewährte Distributionskanäle nicht im Bemühen, neue Kanäle zu nutzen, unterminiert werden. Langfristig
liegt diese Vorsicht im Interesse der Verbraucher, da es die Content-Ersteller dazu
motiviert, kontinuierlich in hochwertige Inhalte zu investieren.
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Der Konsument digitaler Videos
•
Die europäischen Content-Ersteller befinden sich in einer etwas anderen Lage,
obwohl die Herausforderungen ähnlich sind. Die Frage gestaffelter Freigaben für
unterschiedliche Plattformen ist genauso wichtig. Die Content-Ersteller mit einer
langen Erfahrung bei der Produktion von Inhalten für etablierte Free-TV-Sender,
einschließlich hausinterne und unabhängige Produzenten, verlegen ihre Produktionsinvestitionen bereits auf abonnentenbasierte digitale Kanäle. Sie haben bisher
gezögert, Inhalte auf neuen Medienplattformen zu platzieren, beispielsweise Internetseiten, teilweise aufgrund der relativen Komplexität, diese Umstellung durchzuführen, teilweise weil sie befürchten, sie würden einige ihrer traditionellen
Kunden verlieren. Andere unabhängige Produzenten haben versucht, ihre Geschäfte
durch billige, international ansprechende Formate, wie Reality TV auszubauen und
sie gehören zu den aktivsten Produzenten, die eifrig bemüht sind, ihre Inhalte auf
verschiedenen Medienplattformen anzubieten.
•
Sportorganisationen, wie z. B. die europäischen Fußballverbände, mit einem großen
Anteil an Premium-Content, profitieren vom intensivierten Wettbewerb unter den
Distributoren. Die Folge ist ein sprunghafter Preisanstieg für Sportübertragungsrechte, besonders bei Meisterschaftsspielen mit großen Zuschauermengen. Langfristig
haben aber auch die Eigentümer von Sportinhalten einen Gewinnanreiz, indem
sie direkt Sportprogramme anbieten und die Inhalte über Internet-TV und andere
Plattformen den Zuschauern zur Verfügung stellen. Wenn die Möglichkeiten dieser
Plattformen sich nicht realisieren lassen, kann der Eigentümer von Sportinhalten immer noch den Zugang zu Programmen einschränken, um die Preise hoch zu halten.
Content-Aggregatoren
Content-Aggregatoren müssen lernen, mit dem VOD-Markt zu konkurrieren, auf dem befähigte Verbraucher immer stärker ihre Lieblingsserien zu den Zeiten anschauen können, an
denen sie diese sehen wollen, und nicht wenn die Fernsehanstalten diese angesetzt haben.
Ein Schlüssel zum Erfolg ist, den Zuschauern das Auffinden ihrer Programme unter Hunderten von Möglichkeiten zu erleichtern. Gleichzeitig müssen sie auch weiterhin ein qualitativ
hochwertiges Programm anbieten, um die Kundenbindung zu stärken.
•
Der Einsatz ist insbesondere für Aggregatoren für Massenmarkt—Inhalte hoch, wie
z. B. Fernsehsender (und neue internetgestützte Konkurrenten wie Google und YouTube). Eine leichte Navigation und gute Such-Tools sind ausschlaggebend. Sie müssen außerdem lernen, Kundendaten zu generieren und zu analysieren, um sowohl
den Verbrauchern als auch den Werbekunden auf sie abgestimmte Inhalte anbieten
zu können. Gut abgestimmte Inhalte sind ein Hauptschlachtfeld, auf dem sich viele
Akteure um die neuen On-Demand-Möglichkeiten streiten werden.
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•
In der Zwischenzeit brauchen Aggregatoren von Nischen-Inhalten, wie z. B. Einzelthemen-TV-Kanäle wie MTV, und Nischen-Internetseiten, die Videos anbieten, neue
Strategien zur Bindung ihrer Zielgruppen auf verschiedenen Plattformen, z. B.
Einsatz von mobilen Geräten mit Internetzugang, um mobilen Kunden den Zugriff
auf ihre Inhalte zu erleichtern. Nutzer, die versuchen, sich durch einen erheblichen
Angebotsdschungel zu kämpfen, werden in Nischenkanäle und auf Internetseiten
abwandern , die einen Ruf für gute Qualität haben. Um sich von der Masse abzuheben, brauchen sie einen Zugang zu beliebten Inhalten (einschließlich von Benutzern erstelltes Material) und sie müssen über verschiedene Plattformkapazitäten
verfügen.
Distributoren
Die Content-Distributoren müssen sich als fähige Betreiber und als innovativ erweisen. Sie
müssen weiterhin bestehende Angebote effizient weiterführen und gleichzeitig neue Angebote, insbesondere VOD, einrichten. Andererseits wird es etablierten Distributoren schwergefallen, mit den neuen Distributionsalternativen mitzuhalten. Der Schlüssel ist die Schaffung innovativer Angebote und Produkte mit überzeugendem Inhalt und einer Technologie,
welche dem Verbraucher zu einem attraktiven Preis eine bessere Erfahrung bietet. Genau
wie die Content-Aggregatoren müssen die Distributoren lernen, dass ein wettbewerbsfähiges VOD-Angebot ein leistungsstarkes Instrument für die Kundenbindung ist. Tatsächlich
werden sie dem Markt einen Schritt voraus sein, wenn sie diese Karte richtig ausspielen.
Traditionelle Distributoren verfügen über lange Geschäftsbeziehungen mit den ContentErstellern und bestehende Kundenstämme, und sie sind technologisch in der Lage, den
Kunden ähnliche oder bessere Angebote zu bieten. Allerdings sind die internetgestützten
Content-Aggregatoren, die auf den Distributionsmarkt drängen, besser ausgerüstet, um
die lukrativsten neuen Möglichkeiten zu nutzen, Angebote, die für die Zufriedenheit der
Kunden und der Werbekunden, die gezielte Werbung wünschen, maßgeschneidert werden.
Durch Ausschöpfung ihrer Datenbanken für Einblicke in die Geschmäcker und Verhaltensweisen ihrer Kunden können internetgestützte Content-Aggregatoren wie Google Angebote
auf den Markt bringen, welche die Kunden weiter befähigen und die ihnen Spaß machen.
Gleichzeitig müssen neue Distributionsakteure, wie z. B. Telekommunikationsunternehmen,
die IPTV anbieten, und große internetgestützte Content-Aggregatoren im Hinblick auf die
Bezahlung exklusiver Content-Rechte sorgfältig das Geschäft abwägen. Der Preis für Exklusivität zahlt sich nur für diejenigen mit dem größten Publikum aus.
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Regulierungsbehörden und Politiker
Die europäischen Regulierungsbehörden und Politiker sind damit beauftragt, einen neu
entstehenden Medienmarkt voller Möglichkeiten und Unsicherheiten zu überwachen. Sie
müssen sich durch einen Irrgarten von Fragen und widerstreitenden Interessen kämpfen,
um die beste Möglichkeit zum Schutz der Verbraucher und aller Akteure zu finden und gleichzeitig das Wachstum der Branche zu fördern. Diese komplexe Aufgabe erfordert Abstand
und ein Abwägen weitreichender Auswirkungen neuer politischer Maßnahmen und Regulierungen auf den Videocontent-Markt.
Die Initiativen der EU zu Film und Inhalten im Internet lenken die Aufmerksamkeit der
Politiker und Regulierungsbehörden auf das Ziel, günstige Bedingungen für die Inhalte zu
schaffen, damit diese digital online vertrieben werden können. Die neue Richtlinie über
audiovisuelle Medienangebote wird überflüssige Barrieren im Hinblick auf die freie Verbreitung linearer und On-Demand-Inhalte durch eine Standardisierung der Content-Richtlinien
eliminieren.
Dies setzt jedoch voraus, dass die Eigentümer von Inhalten sich dafür entscheiden, ihre
Inhalte überhaupt zur Verfügung zu stellen. Nichttransparente, nationale Abwicklungssysteme für Urheberrechte und das Problem der Internetpiraterie scheinen die größten Hürden
zu sein, welche die Eigentümer von Inhalten davon abhalten, das digitale Geschäftsmodell
flächendeckend anzunehmen.
Der andere Schlüsselfaktor ist, dass sich die Nachfrage des Massenmarktes nach digitalen
Inhalten nur langsam entwickelt, trotz des aktuellen Hype. Eigentümer von Inhalten sind
daher vorsichtig, um bewährten Umsatzquellen, wie Pay-TV oder DVD-Verkauf, nicht
zu schaden. Die Verbraucher zeigen ein recht konservatives Verhalten, wenn es um das
Bezahlen von digitalen Content-Angeboten geht, insbesondere im Internet. Nichtsdestotrotz
zeichnet sich ein eindeutiger Trend zu einem wachsenden Konsum von On-Demand-Content ab. Dieser beschränkt sich jedoch nicht auf das Internet, wie eingehend in diesem
Bericht beschrieben. TV-basierte VOD-Plattformen (Satellit, Kabel, IPTV, DTT, FTTH) werden
wahrscheinlich genauso wichtig, wenn nicht wichtiger sein, als das Internet.
Politiker, die das Wohlergehen der Verbraucher und die Auswahlmöglichkeiten steigern
wollen, und gleichzeitig ein nachhaltiges Wachstum der europäischen Videocontent-Branche
wünschen, müssen Verschiedenes abwägen. Beispiel:
1.
Abwägung zwischen der Abschaffung von Beschränkungen bei der gemeinsamen
Nutzung und Nutzung von Inhalten zur Förderung der „Demokratisierung“ vs.
Risiko für Inhaber von Urheberrechten (und Content-Ersteller) aufgrund von Missbrauch durch illegale gemeinsame Nutzung und Kopieren.
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2.
Abwägung zwischen der Förderung alternativer Plattformen und Netzwerke für die
Verbreitung von Inhalten vs. Aufrechterhaltung von Anreizen für die Akteure, die
aktuell einen Großteil der Investitionen in die Technik bereitstellen.
3.
Abwägung zwischen dem Einsatz von Regulierung/Deregulierung zur Förderung
einer maximalen Anzahl an inhaltlichen Wahlmöglichkeit für den Verbraucher (z.B.
Entkoppeln der Distribution von der Aggregation von Inhalten) vs. Zulassung, dass
Verbraucher und Akteure der Branche den Wert integrierter Angebote erfassen.
4.
Abwägung zwischen der Förderung hochwertiger lokaler Programme, potenziell
für kleine Zuschauergruppen vs. der Sicherstellung, dass die Provider dieser Programme keine subventionierten „Monopolisten“ sind.
5.
Im weitesten Sinn müssen die Regulierungsbehörden zwischen dem Eingriff in Fragen abwägen, die sich auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle beziehen, und
der Möglichkeit der Marktkräfte, diese selbst zu lösen. Einige wichtige Fragen in
diesem Bereich lauten:
•
Wie kann man VOD-Produkte wirtschaftlich machen und ihren Zugang zur
Distribution sicherstellen?
•
Kann man grenzüberschreitende Lizenzierung von Inhalten erweitern, in
dem die Komplexität der Abwicklungssysteme für Urheberrechte verringert
wird?
•
Ob und wie muss die Regulierung angepasst werden, damit sich in der
Wertschöpfungskette für Inhalte Veränderungen beim Wettbewerbsgleichge
wicht wiederspiegeln?
•
Wie kann das Vertrauen in Systeme für Digitales Rechtemanagement (Digi
tal Rights Management; DRM) gestärkt werden, damit Verbraucher die Flexi
bilität haben, die Inhalte, die sie auf verschiedene Art und Weise bekom
men, zu nutzen und Eigentümer dieser Inhalte die Sicherheit haben, die sie
zum Schutz ihrer Investitionen brauchen?
Bain & Company wurde beauftragt, eine Zielanalyse der wichtigsten Trends auf dem europäischen digitalen Medienmarkt durchzuführen. Die Ergebnisse dieser Studie könnte den
wichtigsten Akteuren in dieser entstehenden Branche Einblicke gewähren, die ihnen bei der
Planung von Entwicklungen in den kommenden fünf Jahren helfen könnten, und die ihnen
helfen, die Rolle der Regulierungsbehörden abzuschätzen und ihre Investitionen dementsprechend zu strukturieren.
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September 2007 / Der Konsument digitaler Videos Die Transformation des europäischen Markts für Videocontent
Der Konsument
digitaler Videos
Die Transformation des europäischen Markts für Videocontent
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