«Tech Prep» – Berufsbildung an Community Colleges
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«Tech Prep» – Berufsbildung an Community Colleges
SPECTRUM Berufsbildung USA «Tech Prep» – Berufsbildung an Community Colleges Auch im amerikanischen Bildungswesen lassen sich Erfolg versprechende Ansätze der Kombination von Schule und betrieblichen Praktika finden. Die zweijährigen «Community Colleges» sind zu innovativen Berufsbildungszentren geworden. Im Reformansatz «Tech Prep» (Technical Preparation) werden attraktive Curricula entwickelt und High School und College miteinander verbunden. Von der amerikanischen Wirtschaft werden Arbeitskräfte mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus nachgefragt. Nicht alle Arbeitskräfte müssen über einen Bachelor-Abschluss (oder höher) verfügen, für viele Arbeitsplätze genügen einige Jahre College. Offenbar gibt es immer mehr Arbeitsplätze in diesem mittleren Bereich, während der Bedarf im unteren Bereich abnimmt (High School oder weniger). Die Qualifikation für diesen mittleren Bereich erfolgt in der «Postsecondary Occupational Education», welche am ehesten mit unserer Berufsbildung verglichen werden kann. Der wichtigste Typus auf dieser Stufe sind die «Community Colleges» (CC), von denen es ca. 1700 Institutionen mit öffentlicher und privater Trägerschaft gibt. Community Colleges «Second Chances in Changing Times» – so umschreibt Norton Grubb die besondere Bedeutung dieser Ausbildungsinstitution 1. CC seien besonders geeignet, in Zeiten grosser gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Veränderungen eine wesentliche Rolle zu spielen. «Second Chances» sind wichtig für Erwachsene, die sich aufgrund wirtschaftlicher Bedingungen, Ortswechsel oder veränderter Interessen beruflich neu orientieren möchten. Weitere Zielgruppen von CC sind: Absolvierende von High Schools, Experimentierende ohne klare Studienziele, Gruppen mit speziellen Bedürfnissen. CC versuchen auf diese heterogenen Zielgruppen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen einzugehen. Die Besonderheiten PANORAMA 3/2002 und Vorteile von CC gegenüber anderen Bildungsinstitutionen sind: – CC bieten eine grosse Vielfalt von Kursen und Programmen an, welche von kurzen Einzelkursen bis hin zu zweijährigen Programmen mit einem Associate-Abschluss reichen. Zudem sind diese Kurse durch ein Kredit-System praktisch immer mit weiteren Programmen verbunden (auch mit Anschlüssen an vierjährige Colleges). – Viele CC haben berufliche Ausbildungsprogramme entwickelt, die dem lokalen Arbeitsmarkt entsprechen. In den zuständigen Gremien sitzen Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft. – CC nehmen Rücksicht auf ihre erwachsene Klientel: Durch Kurszeiten am Abend und durch unterstützende Dienste (Stellenberatung, Kinderhütedienst). – Schliesslich ist daran zu erinnern, dass CC – im Unterschied zu vielen privaten (aber auch staatlichen) Colleges und Universitäten – sehr preiswert sind. Wie wirksam sind CC? Für Studierende aus Mittelschichten mit elterlicher Unter- stützung oder für erwerbstätige Studierende mit klaren Zielen sind CC wirksame und erfolgreiche Institutionen. Allerdings gibt es auch kritische Punkte (vgl. Grubb 2000): Fünf Jahre nach Studienbeginn weisen nur knapp 50 Prozent der Studierenden einen Abschluss auf. Zudem transferieren nur wenige Studierende an vierjährige Colleges. Wenn nur einzelne Kurse belegt worden sind, zeigt sich auch keine Verbesserung beim Einkommen. Besonders tief sind die Abschlussraten für einkommensschwache Gruppen, Minoritäten und kürzlich Migrierte – Gruppen, für welche CC fast der einzige Zugang zu höherer Bildung wären. Mit verschiedenen Bildungsreformen wird versucht, Gegensteuer zu geben. Ein erfolgreicher Ansatz besteht in der Vernetzung von High Schools und (Community) Colleges in «Tech Prep»-Progammen. «Tech Prep» Mit «Tech Prep» (Technical Preparation) sollen Studierende auf berufliche Laufbahnen vorbereitet werden, die höhere techniFoto: K. Häfeli Kurt Häfeli «Künstlicher» Patient für Pflege-Ausbildung am Sinclair Community College, Dayton (Ohio). 46 SPECTRUM sche und akademische Qualifikationen verlangen. Die College-Vorbereitung in High Schools wird stufenübergreifend kombiniert mit der Ausbildung für technische Berufe in (Community) Colleges. Weitere Merkmale von Tech Prep sind: – Zielsetzung: Associate Degree eines CC oder ein anderes zweijähriges Zertifikat – Vereinbarung eines Konsortiums mit Schulen der Sekundarstufe II (High School) und der Tertiärstufe (College) – Eine Kombination von zwei bis vier Jahren High School mit zwei Jahren College (2+2, 3+2 oder 4+2 Design), welche ein gemeinsames Anforderungsprofil in Mathematik, Naturwissenschaften und Informationstechnologie enthält – Ein spezifisch entwickeltes Tech-PrepCurriculum – Gemeinsame Weiterbildung von Lehrpersonen beider Schulstufen zur Umsetzung des Curriculums – Vorbereitungsschritte wie Rekrutierung und Beratung Studierender, diagnostische Abklärung – Zusammenarbeit mit der Wirtschaft (z.B. Bereitstellung der Praktika) Bis heute sind mit staatlicher Unterstützung mehr als 1000 Tech Prep Konsortien mit über einer Million Studierenden entstanden. Ein besonders erfolgreiches Beispiel soll im Folgenden vorgestellt werden. Miami Valley Tech Prep Consortium & Sinclair Community College 2 Dieses Konsortium im Süden Ohios umfasst auf der Sekundarstufe 64 High Schools und als Hauptpartner im Tertiärbereich das Sinclair Community College (mit Anschlussmöglichkeiten an die University of Dayton). Im Rahmen der Curricula bereiten sich die Lernenden in den umliegenden High Schools auf folgende Berufsfelder vor: Allied Health Technologies, Automotive Technology, Business Technologies, Electronic & Computer Engineering Technology, Engineering Technologies, Environmental Health & Safety Technology, Industrial Engineering Technology, Information Technology, Interactive Media Technology. Das Sinclair Community College ist ein öffentliches College und geniesst einen ausgezeichneten Ruf. Rund 20 000 Studierende bevölkern den Campus, viele davon PANORAMA 3/2002 sind berufstätig, im Teilzeitstudium und schon etwas älter. Dank grosszügiger staatlicher Unterstützung und Sponsoring der Wirtschaft sind die Studiengebühren für amerikanische Verhältnisse sehr tief (ca. 900 $ pro Semester). Die Gebäude sind mit modernster Technologie ausgestattet. Neue Angebote und entsprechende Curricula werden von einer Gruppe entwickelt, in denen beide Schulstufen und die lokale Wirtschaft vertreten sind. Am Anfang steht eine Bedarfsabklärung bei der Wirtschaft; dann wird ein Curriculum auf der Basis eines «Technical Competency Profile» (TCB) entwickelt, das wiederum bei der lokalen Wirtschaft validiert wird. TCB stützt sich auf den weit verbreiteten Ansatz der «Competency Based Education and Training», in welchem kontextuelles Lernen im Zentrum steht. Es soll also nicht träges Faktenwissen, sondern handlungsorientierte Kompetenzen vermittelt werden. Dazu tragen auch Arbeitserfahrungen der Studierenden (und der Dozierenden bei der Curriculumsentwicklung) bei. Diese sind allerdings von eher bescheidenem Ausmass. Bei der Krankenpflege umfassen sie aber doch 2–3 Arbeitstage pro Woche. Dieser Beruf ist im Übrigen auch staatlich geregelt, während andere Abschlüsse bloss lokalen Charakter haben. Dr. Kurt Häfeli, Psychologe FSP, war zum Zeitpunkt der Entstehung des Artikels Leiter «Forschung, Entwicklung, Dienstleistungen» am Schweizerischen Institut für Berufspädagogik. Er machte letztes Jahr eine Studienreise durch die USA und berichtet in PANORAMA über einige seiner Erkenntnisse. Bereits erschienen sind die Beiträge «Neue Konzepte in der Laufbahnberatung» in PANORAMA 2/2001, «Berufsbildung USA: Mythen und Fakten» in PANORAMA 4/2001 und «Career academies»: high schools et entreprise unissent leurs efforts» in PANORAMA 6/2001. Ein ausführlicher Bericht erschien Anfang 2002: K.Häfeli: Berufsbildung USA. SIBP-Schriftenreihe (Bestellungen unter www.sibp.ch, F+E, Publikationen) Adresse: Postfach 637, Kirchlindachstrasse 79, 5052 Zollikofen, [email protected] 1 Grubb, W.N. (2000): Second Chances in Changing Times: The Role of Community Colleges in Advancing Low-Skilled Workers. Berkeley, CA: University of California; Grubb, W. N. & Associates (1999): Honored but Invisible. An Inside Look at Teaching in Community Colleges. New York & London: Routledge. 2 Dieser Abschnitt basiert u.a. auf einem Gespräch mit Sue Garretson, Verantwortliche für Tech Prep am Sinclair Community College; vgl. auch im Internet: www.mvtechprep.org und www.sinclair.edu 47 La formation professionnelle dans les Community Colleges américains La «Postsecondary Occupational Education» est ce qui se rapproche le plus aux Etats-Unis de notre formation professionnelle. Le type d’école le plus important à ce niveau est les «Community Colleges». Il en existe environ 1700 qui sont fréquentés par plusieurs millions d’apprenant-e-s. Il s’agit d’un public très mélangé: adultes qui doivent se réorienter en raison des conditions économiques, d’un déménagement ou d’un changement d’intérêts, diplômée-es de High Schools, personnes en recherche n’ayant pas d’objectifs clairs de formation, groupes avec des besoins spécifiques (drop-outs de High School, immigrante-s, handicapé-e-s, etc.). Les CC essaient d’offrir à ces groupes cibles hétérogènes une grande variété de cours et de programmes, ainsi que des offres d’appui. De nombreux CC ont développé des programmes de formation professionnelle correspondant au marché du travail local. Le succès de cette offre est mitigé. Les groupes défavorisés ont en particulier de faibles taux de certification et ne font que rarement le saut vers une formation supérieure. C’est entre autres pour améliorer cette situation que les programmes «Tech Prep» ont été créés. Ils cherchent à préparer les étudiant-e-s à une carrière professionnelle qui exige de plus grandes qualifications techniques et académiques. La préparation du College aux High Schools se combine à plusieurs niveaux avec la formation à des professions techniques dans les (Community) Colleges. Les écoles de degré secondaire II (High Schools) et de niveau tertiaire (College) qui y participent mettent sur pied un consortium scolaire par la signature d’une convention écrite et développent en étroite coopération avec l’économie des curricula Tech Prep spécifiques. AM/RA