Leseprobe zum Reye Syndrom
Transcription
Leseprobe zum Reye Syndrom
Reye Syndrom Kapitel 3.3.3 ا221 3.3.3 Reye Syndrom 1963 beschrieben Ralph Douglas Kenneth Reye, ein Pathologe aus Sydney, und seine Mitarbeiter Graeme Morgan und Jim Baral erstmals ein bis dahin unbekanntes Syndrom einer nicht-entzündlichen Hepatoencephalopathie bei Kleinkindern [1]. Anamnestisch hatten diese Kinder zunächst einen unspezifischen fieberhaften Infekt, meist der oberen Luftwege, mit einer grippeähnlichen Symptomatik, der nach einem Intervall von einigen Tagen in die eigentliche Erkrankung überging. Die 21 Kinder, über die er berichtete, hatten eine Hyperpnoe, schweres, unstillbares Erbrechen sowie Bewusstseinsstörungen mit Stupor und schließlich Koma, das in einigen Fällen mit Krämpfen einherging. Im Labor fanden sich eine Hypoglykämie und erhöhte Leberenzyme. 17 dieser Kinder starben innerhalb der ersten 3 Tage nach Aufnahme unter den klinischen Zeichen einer schweren Encephalopathie. Die überlebenden Kinder erholten sich vollständig. Die Sektion ergab eine fettige Degeneration der Leber und anderer innerer Organe sowie ein nicht-entzündliches Hirnödem mit morphologischen Veränderungen, vor allem im Cortex. Reye bezeichnete diese Erkrankung, die später nach ihm benannt wurde, als eine ……klinisch-pathologische Entität unbekannter Ätiologie..... fügte aber auch hinzu, nicht davon überzeugt zu sein, dass.... die Ätiologie in jedem Fall die gleiche war...... Ein weiterer Bericht über ein ähnliches Krankheitsbild erschien wenige Monate später in den USA. Hier wurde ein Zusammenhang mit einer Grippeepidemie des Subtyps Influenza B gesehen [2]. Allerdings gab es auch schon früher sporadische Mitteilungen über ähnliche Erkrankungen [3]. Damit existierten diese Hepatoencephalopathien schon länger und ein Zusammenhang mit einer vorausgehenden (Virus)Infektion als Ursache der Erkrankung erschien wahrscheinlich. Es wurde auch vermutet, dass das plötzliche Auftreten - und Verschwinden des grippeassoziierten Reye Syndroms am ehesten mit der Spontanmutation eines Virus zu erklären ist [4]. So ist seit langem bekannt, dass genetische Rekombinationen, insbesondere bei hoher Replikationseffizienz, die Virulenz von Viren nachhaltig verändern und möglicherweise deutlich erhöhen können, wie es z.B. bei der „Spanischen Grippe“ mit Millionen von Toten am Ende des 1. Weltkrieges der Fall war [5, 6]. Die Gründe für die Transformation einer mehr oder weniger trivialen und häufigen Virusinfektion der oberen Luftwege in eine lebensbedrohende Folgeerkrankung und die Tatsache, dass dies nur bei einem sehr kleinen Anteil der Patienten auftritt, sind bis heute unbekannt. Die häufigere Erkrankung von (Klein)kindern ist möglicherweise durch ihre noch unzureichende Resistenzentwicklung gegenüber Viren zu erklären. Schon Reye hatte vermutet, dass das Syndrom wahrscheinlich durch unterschiedliche Mechanismen verursacht wird, mit dem letztendlich klinisch gemeinsamen Krankheitsbild einer nicht-entzündlichen Encephalopathie. Dies spricht für eine zentrale Rolle von krankheitsmodifizierenden Einflüssen. Viele solcher Faktoren sind mit einem Reye Syndrom in Zusammenhang gebracht worden: Umweltfaktoren verschiedenster Art, Toxine und auch Arzneimittel, vorzugsweise solche, die für die symptomatische Behandlung von fieberhaften Infekten bei Kindern angewandt werden. Dazu gehört auch ASA, ein Arzneimittel, das nicht nur hepatisch metabolisiert wird, sondern auch (reversible) toxische Effekte auf die Leber hat, insbesondere Störungen des Fettsäurestoffwechsels und der Mitochondrienfunktion (2.2.3). Da diese Veränderungen ausschließlich bei hohen Konzentrationen auftreten, liegt eine Verbindung zwischen Reye Syndrom und akuter ASA Intoxikation nahe (3.3.1). Andererseits gibt es keinerlei Hinweise für eine vermehrte Anwendung von ASA in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts, als einige tausend Fälle von Reye Syndrom in einen Zusammenhang mit einer ASA Einnahme gebracht wurden [7] und die Bemühungen zum Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen ASA und Reye Syndrom ebenfalls epidemiologische Größenordnungen erreichten. Bis heute ist zwar eine statistische Korrelation zwischen beiden (mit zahlreichen Einschränkungen, s.u.) in einigen Studien vermutet worden, eine Kausalität für ASA als 222 | Kapitel 3.3.3 Reye Syndrom Auslösemechanismus des klassischen Reye Syndroms wurde jedoch nie gefunden - allerdings auch nie ausgeschlossen. Interessanterweise wurde für ASA sogar eine antivirale Wirkung gegenüber Grippeviren in Zellkulturexperimenten gezeigt [8] und auch im Tierversuch in vivo [9] nachgewiesen. Wahrscheinliche Ursache dafür ist eine Hemmung der Virusreplikation im Wirtsorganismus (2.2.2). Das klassische, d.h. nach einer Virusinfektion auftretende, Reye Syndrom ist heute extrem selten und eine klinische Reye Symptomatik, vorzugsweise Folge angeborener Stoffwechselstörungen der Leber, eine Erkrankung völlig anderer Ätiologie. Trotzdem wird eine ASA Anwendung bei (Klein)kindern von den Gesundheitsbehörden immer noch sehr kritisch gesehen und jede ASA Packung weltweit enthält einen entsprechenden Warnhinweis. Die Meinungen darüber, ob diese Warnungen gerechtfertigt sind, waren und sind sehr unterschiedlich [4, 7, 10-13]. 3.3.3.1 Klinische, laborchemische und morphologische Befunde Klinik. Das klinische Bild wird beherrscht von einer schweren, akuten, nicht entzündlichen Hepatoencephalopathie. Typischerweise geht eine Virusinfektion voraus, am häufigsten Influenza B, A oder Varizellen. Meist sind die oberen Luftwege betroffen (mehr als 70%), seltener der Magen-Darm-Trakt. Die Symptome der Virusinfektion bestehen für 3-5 Tage und werden gefolgt von einer Erholungsphase von weiteren 1-3 Tagen. Bei sehr wenigen Patienten kommt es anschließend zu einer plötzlich einsetzenden Encephalopathie mit Hirnödem und unstillbarem Erbrechen sowie multiplen neurologischen Defiziten. Die Bewusstseinstrübung kann sich in 30% der Fälle bis zum Delirium und Krämpfen steigern. Darauf folgt Erholung oder Progression zum Koma mit einer Letalität von 30-40% als Folge von Funktionsausfällen im Hirnstamm. Die Erholung ist bei überlebenden Patienten gewöhnlich vollständig, neurologische Defizite verbleiben selten. Das klinische Bild von Erwachsenen ist dem der Kinder sehr ähnlich [7, 14]. Laborbefunde. Die Laborbefunde sprechen typischerweise für einen massiven Gewebeuntergang mit enormen Verlusten von Protein und Stickstoff. Im Serum sind die Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase und Harnstoffspiegel um ein Vielfaches erhöht. Pathognomonisch sind besonders der Anstieg der freien Fettsäuren im Plasma sowie das Auftreten langkettiger Dicarboxylsäuren. Hinzu kommt eine Hypoglykämie mit Plasmaglukosespiegeln von <40 mg/dl. Entzündungszeichen im Liquor fehlen. Ursache dieser Veränderungen ist eine schwere Störung der hepatischen Mitochondrienfunktion. Ein Defekt in der mitochondrialen β-Oxidation [15] führt zur Depletion der intramitochondrialen ATP-Speicher [14] und einer nachfolgenden Störung aller energieabhängigen Leberfunktionen (2.2.3). Hierzu gehören auch Glukoneogenese und Harnstoffsynthese [16]. Entsprechend korrelieren Hyperammonämie und Hypoglykämie mit dem Schweregrad der Erkrankung. Eine solche Entkopplung der oxidativen Phosphorylierung und ATP-Depletion findet sich in allen Zellen und Geweben des Organismus. Die metabolischen Konsequenzen sind am dramatischsten für Nervenzellen, da diese einen besonders hohen Energiebedarf haben. Die Symptomatik wird verstärkt durch eine unzureichende Nahrungsaufnahme besonders von Glukose - im Zusammenhang mit Appetitlosigkeit, regelmäßige Begleiterscheinungen von febrilen Virusinfektionen, vor allem bei Kindern. Morphologische Befunde. Die Morphologie wurde schon im Detail von Reye und Mitarbeitern [1] beschrieben. Es kommt zur Depletion von Glykogen und einer ausgeprägten mikrovesikulären Steatose (extrazelluläre Fettablagerung) in der Leber und anderen Organen. Elektronenmikroskopisch finden sich vergrößerte und pleiomorphe Mitochondrien und eine Proliferation des glatten endoplasmatischen Retikulums und der Peroxisomen aber keine hepatozellulären Nekrosen. Bei angeborenen (hepatischen) Stoffwechselstörungen mit Reye-ähnlicher Symptomatik ist die Mitochondrienfunktion zwar auch gestört aber die Mitochondrien selbst in Form und Größe Reye Syndrom Kapitel 3.3.3 ا223 sind normal [17]. Analoges gilt für die Leberveränderungen bei der Salicylatintoxikation [18]. 3.3.3.2 Ätiologie und Pathogenese Ätiologie. „Reye Syndrom“ ist ein deskriptiver Begriff für eine Gruppe ätiologisch heterogener Erkrankungen, die durch infektiöse, metabolische, toxische oder arzneimittelinduzierte Vorgänge ausgelöst werden [10]. Die Diagnose eines „klassischen“ Reye Syndroms ist daher stets kritisch zu stellen [19] und im Regelfall eine Ausschlussdiagnose [20]. Offensichtlich ist, dass ein primär genetischer Hintergrund, d.h. angeborene Stoffwechselstörungen, als Ursa- che eines Reye Syndroms [21] in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts schon mangels entsprechender Untersuchungstechnik nicht diagnostiziert werden konnte. Ob das „sich ändernde klinische Erscheinungsbild des Reye Syndroms“ [22] einschließlich des heute extrem seltenen Auftretens den regulatorischen Maßnahmen der (US)-Gesundheitsbehörden zu verdanken ist [23], einer kritischeren Diagnosestellung oder eher den Fortschritt der medizinischen Wissenschaft aufgrund verbesserter Möglichkeiten zur Aufdeckung (genetisch fixierter) Stoffwechselstörungen widerspiegelt [24], ist eine offene Frage. Ein hypothetisches Schema zur möglichen Ätiologie des Reye Syndroms zeigt Abb. 3.3.3 1. Abb. 3.3.3-1 Ätiologie und Pathogenese des Reye Syndroms. Eine pathologische Immunreaktion, wahrscheinlich verursacht durch eine Virusinfektion, führt über die Freisetzung von inflammatorischen Zytokinen und anderen toxischen Substanzen, zu einer Mitochondrienschädigung. In der Leber resultieren Stoffwechselstörungen (gestörte β-Oxydation langkettiger Fettsäuren mit Bildung von Dicarboxylsäuren sowie nachfolgende Störungen im Kohlehydrat- und Harnstoffstoffwechsel). Diese metabolischen Veränderungen können durch Xenobiotika (Toxine, Pestizide, Pharmaka) verstärkt werden oder bestehen bereits als angeborene Stoffwechselstörungen (IEM) aufgrund genetischer Defekte. Hypoglykämie, Hyperammonämie und Dicarboxylsäuren führen im ZNS zu einer Encephalopathie mit zerebralem Ödem. Letztlich kommt es zu einer partiellen oder vollständigen Erholung oder einem letalen Ausgang durch Ausfall von Hirnstammfunktionen. 224 | Kapitel 3.3.3 Reye Syndrom Pathogenese - angeborene Stoffwechselstörungen. Angeborene Funktionsstörungen der Mitochondrien, Enzymdefekte der β-Oxidation von Fettsäuren oder des Harnstoffzyklus sind heute leicht zu identifizieren und können klinisch mit einer Reye Symptomatik einhergehen. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang angeborene Störungen des mitochondrialen Fettsäurestoffwechsels [25-27]. Diese können Reye-ähnliche Symptome, insbesondere nach vorangegangenen Infektionen, verursachen [28] und sind lebensbedrohend, wenn die Ernährung für längere Zeit unzureichend ist, und die verfügbaren Glykogenspeicher im Organismus erschöpft sind [29]. Die Mehrzahl dieser angeborenen Stoffwechselstörungen sind spezifische Enzymdefekte der Lebermitochondrien, wodurch die Energiebereitstellung für Zellfunktionen über die oxidative Phosphorylierung beeinträchtigt ist. Angeborene mitochondriale Funktionsstörungen werden gewöhnlich vor dem 3. Lebensjahr klinisch symptomatisch. Es wird vermutet, dass etwa 10-20% der Kinder, bei denen initial ein Reye Syndrom diagnostiziert wurde, in Wirklichkeit eine bis dahin nicht bekannte angeborene hepatische Stoffwechselstörung hatten, hauptsächlich im Fettstoffwechsel oder Harnstoffzyklus [30, 31]. In einer epidemiologischen Studie aus Japan waren es sogar 55% einer Gruppe von 38 Kindern im Alter von <2 Jahren, die eine angeborene Fettstoffwechselstörung der Leber aufwiesen und wegen einer akuten Encephalopathie bzw. Reye Syndrom stationär aufgenommen wurden [27]. Pathogenese - Infektionen und Immunreaktionen. Eine vorausgegangene Virusinfektion mit typischer Symptomatik in zeitlichem Zusammenhang (≤3 Wochen) mit dem Auftreten der Encephalopathie gehört definitionsgemäß zum Reye Syndrom entsprechend den Standards, die in den US-amerikanischen epidemiologischen Studien angewandt wurden [32]. Die Aktivierung von systemischen „Host-defense“-Reaktionen durch inflammatorische Zytokine und andere Mediatoren in Folge einer Virusinfektion führt zu einer veränderten Genexpression mehrerer Cytochrom P450 Isoenzyme in der Leber und anderen Organen des Organismus [33]. Mindestens 19 verschiedene Viren wurden mit dem Reye Syndrom in Verbindung gebracht [6]. Einige von ihnen beeinträchtigen die Funktion der Kupffer‘schen Sternzellen und führen möglicherweise zur Freisetzung von proinflammatorischen und potentiell hepatotoxischen Zytokinen, wie TNFα [20]. Die resultierenden Stoffwechselstörungen sind denen des Reye Syndroms ähnlich. Die Bildung und Freisetzung dieser inflammatorischen Zytokine, einschließlich IL-1, wird durch virale und bakterielle Infektionen induziert (2.3.2) und spiegelt sich in erhöhten Endotoxinspiegeln wider. Letztere wurden auch im Serum von Patienten mit Reye Syndrom gefunden [34]. Damit können virale Infekte sehr wohl eine klinische Reye Symptomatik auslösen. Pathogenese - Xenobiotika und Salicylate. Virusinfektionen oder Zytokine können zusätzlich zu direkten Effekten auch indirekt Körperzellen für eine nachfolgende Schädigung durch andere potentielle Faktoren sensibilisieren. Für zahlreiche exogene Noxen wurde ein Zusammenhang mit einer Reye Symptomatik beschrieben. Hierzu gehören Umweltgifte wie Aflatoxin, DDT, Organophosphate, Toximul, Polyoxyethylen, Insektizide, Lösungsmittel und zahlreiche Arzneimittel darunter Salicylate, Phenothiazine, Metoclopramid, Zidovudin, Valproinsäure u.a. [10]. Alle diese Wirkstoffe können Mitochondrienschädigungen verursachen mit nachfolgenden Störungen des mitochondrialen Stoffwechsels. Diese Vorgänge sind nicht auf die Leber - den Hauptort des Energiestoffwechsels – begrenzt, sondern finden sich auch in anderen Organen, z.B. Gehirn, Niere und Skelettmuskulatur. Auch Salicylate können in hohen und vor allem toxischen Konzentrationen Stoffwechselstörungen in den Mitochondrien verursachen, besonders dann, wenn sie über einen längeren Zeitraum bei Patienten mit einem gestörten Immunsystem gegeben werden, z.B. bei Rheumatoidarthritis [35]. Allerdings werden solche Salicylatdosen heute schon lange nicht mehr und auch nicht in dieser Indikation verwendet. Eine gestörte mitochondriale Fettsäureoxidation durch Salicylate wurde in Tierversuchen gezeigt [36] Reye Syndrom Kapitel 3.3.3 ا225 und ist eines der Hauptmerkmale einer Salicylatvergiftung in der Leber (3.2.3). Es gibt nur sehr wenige Untersuchungen über einen möglichen Zusammenhang zwischen Salicylateinnahme in antipyretischer Dosierung und Reye Syndrom bei Kindern. In einer Studie an 218 Kindern wurde der Zusammenhang zwischen klinischem Schweregrad eines Reye Syndroms (teilweise bestätigt durch Leberbiopsie) und Serumsalicylatspiegel untersucht. Die mittleren Serumsalicylatspiegel betrugen 150 μg/ml (Bereich 0-460 μg/ml) bei den 27 Kindern, die starben oder mit neurologischen Defiziten überlebten, aber nur 100 μg/ml (Bereich 0-480 μg/ml) (P = 0.01) bei den 103 Patienten, bei denen es zur vollständigen Erholung ohne neurologische Defizite kam. Die Serumsalicylatspiegel in einer Gruppe von 27 gleichaltrigen Kontrollen ohne Reye Symptomatik betrugen weniger als 20 μg/ml. Die Schlussfolgerung war, dass die erhöhten Salicylatkonzentrationen, die bei Patienten mit Reye Symptomatik zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme gemessen wurden, für eine deutlich höhere („excessive“) ASA Dosierung sprechen. Grund könnte eine stärkere Symptomatik der vorangegangenen Virusinfektion sein - die ggf. mit einer erhöhten Salicylatdosis behandelt wurde - und/oder eine verminderte Salicylatclearance infolge der gestörten Leberfunktion. Die Autoren sahen sich nicht in der Lage, aufgrund dieser Befunde eine kausale Rolle von Salicylaten für die Ätiologie des Reye Syndroms abzuleiten oder auch nur eine Voraussage über dessen klinischen Verlauf zu machen [37]. Leider finden sich in dieser Arbeit keine Informationen über die exakte Dosierung und das Zeitintervall zwischen der letzten ASA Gabe und dem Zeitpunkt der Probenentnahme. Die interindividuellen Unterschiede waren erheblich und der tatsächliche Salicylatspiegel in vivo zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Erkrankung unbekannt. Auch das Verfahren zur Salicylatmessung wurde kritisiert. Obgleich nicht im Detail ausgeführt, wurde wahrscheinlich eine automatisierte Version der Trinder-Methode [38] verwendet. Dieses Verfahren ist in Gegenwart vieler Substanzen unspezifisch für Salicylate. Nicht weniger als 63 (!) organische Säuren und Amine, von denen zumindest einige beim Reye Syndrom erhöht sind, interferieren nachweislich mit dem Assay und können zu falsch positiven Ergebnissen führen [39]. Ein Vergleich des Trinder-Assays mit sensitiveren und selektiveren HPLC-Methoden ergab, dass die Salicylatspiegel im Liquor und Serum von Kindern mit Reye Syndrom nicht nur viel niedriger waren – ca. 1% des Trinder-Assays –, sondern auch nicht mit dem Schweregrad der Erkrankung korrelierten [40]. Eine andere Studie fand einen gestörten oxidativen Stoffwechsel von Salicylaten (HPLC-Technik) bei Reye Patienten aber keine erhöhten Serumspiegel von Salicylaten [41]. Obwohl eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen Salicylatspiegel im Plasma und Schweregrad der Erkrankung gelegentlich behauptet wurde [42], bestätigen die meisten verfügbaren Untersuchungen [41, 43, 44] einen solchen Zusammenhang nicht (1.2.2). 3.3.3.3 Klinische Studien Reye-ähnliche Erkrankungen existierten vor 1950 mit Ausnahme einiger Spontanberichte nicht (oder wurden nicht veröffentlicht) und verschwanden weitgehend in den späten 1980er Jahren [4, 45]. Die Gründe dafür sind Gegenstand heftiger Kontroversen und in diesem Zusammenhang besonders hinsichtlich der Rolle von ASA. Historisch gesehen wurde eine Verbindung zwischen Salicylaten und Reye Syndrom aus der Ähnlichkeit der Symptome einer Salicylatvergiftung mit den klinischen Manifestationen eines Reye Syndroms abgeleitet [46]. Es ist heute sicher, dass die typischen Symptome einer Salicylatvergiftung insbesondere diejenigen im Zentralnervensystem, auf anderen pathophysiologischen Mechanismen beruhen. Obwohl einige Patienten im frühen epidemiologischen Bericht von Linnemann et al [47] einen exzessiven Gebrauch von ASA vor Krankheitsausbruch angaben, war schon zum damaligen Zeitpunkt klar, dass ASA Einnahme allein nicht alle Manifestationen des Reye Syndroms erklären kann [10, 48]. Heute, mit deutlich verbesserten diagnostischen Möglichkeiten einschließlich molekularbiologischer Techniken, können viele Reye Syndrome durch angeborene Stoffwechselstörungen der Leber erklärt werden, während das „tatsächliche“ ASA-assoziierte Reye Syndrom 226 | Kapitel 3.3.3 Reye Syndrom scheinbar verschwunden ist [4]. Trotzdem waren es diese frühen Studien, vorwiegend in den USA und Großbritannien, die ASA als antipyretisches Analgetikum in der Pädiatrie, mit Ausnahme des Kawasaki Syndroms (4.2.3), praktisch eliminiert haben und daher hinsichtlich ihrer Aussagekraft eine besonders kritische Würdigung erfordern. Phenothiazine und andere Antiemetika können aufgrund ihres zentralen Wirkmechanismus zu einer Reye-artigen Symptomatik führen [10] (s.u.). Interessanterweise hatten 10% der eingeschlossenen, aber 25% der ausgeschlossenen Fälle einen grippalen Infekt und nur 97 der insgesamt 227 Fälle von Reye Syndrom, die dem Ohio Department of Health berichtet wurden, wurden überhaupt in diese Studie eingeschlossen [49]. Studien in den USA. Die ersten klinischen Daten über einen möglichen Zusammenhang zwischen ASA Einnahme und Reye Syndrom stammen aus epidemiologischen Beobachtungsstudien in den USA. Die vier initialen Fallkontrollstudien, bezeichnet nach ihren jeweiligen Lokalisierung als Arizona, Ohio, Michigan 1 und 2 [32, 4951] wurden in der Laien- und medizinischen Fachpresse umfangreich diskutiert und zum Anlass genommen, einen (kausalen) Zusammenhang zwischen Reye Syndrom und Salicylaten zu postulieren [4, 46]. Jede dieser Studien fand einen statistisch-signifikanten Zusammenhang („possible link“) zwischen ASA Einnahme und Reye Syndrom. Alle Studien waren aber auch Gegenstand massiver Kritik. Diese betraf die Art der Veröffentlichung (nur die Arizona-Studie wurde ursprünglich mit einer detaillierten Beschreibung der Methoden veröffentlicht), die erhaltenen Ergebnisse und auch die Art ihrer Interpretation [4, 46, 52, 53]. Alle Studien waren retrospektive Fall-Kontrollstudien mit kleinen Patientenzahlen und drei unterschiedlichen Definitionen der Fälle. Damit war nicht sicher, ob die Reye Patienten tatsächlich am „echten“ Reye Syndrom, einschließlich vorangegangener Virusinfektion, litten oder die Reye Symptomatik eine andere Ursache hatte. In allen Studien war die Anzahl der Patienten in der Kontrollgruppe, die ASA einnahmen aber keine Reye Symptomatik aufwiesen, signifikant geringer. Eine bioptische Absicherung der Diagnose erfolgte nur in wenigen Fällen. Es gab kaum Angaben über die Salicylatspiegel und keine Daten zur Dauer der ASA Behandlung und Dosierung. Informationen über die ASA Einnahme wurden gewöhnlich durch Befragung der Eltern erhalten. Dabei betrug das Intervall zwischen dem Zeitpunkt der Befragung und der vermutlichen ASA Einnahme einige Tage bis zu drei Monaten (!). In der Ohio-Studie unterschied sich sogar das Zeitintervall zwischen Fällen und Kontrollen. Diese und andere Faktoren können eine erhebliche Verzerrung (bias) der Daten bewirkt haben. Hierzu gehören Definition und Auswahl von Fällen und Kontrollen, die Datenbearbeitung und eine „confounding bias“, nachdem die Eltern in der Zwischenzeit durch die Laienpresse über einen möglichen Zusammenhang zwischen ASA Einnahme und Reye Syndrom informiert und bezüglich einer ASA Behandlung ihrer Kinder verunsichert worden waren [4, 46, 52, 53]. Die erste Studie kam aus Arizona. Insgesamt 7 Kinder, die wegen eines Reye Syndroms stationär behandelt werden mussten, wurden mit 16 Kontrollen verglichen. Alle Kinder mit Reye Syndrom hatten eine Influenza A und alle hatten ASA eingenommen, dagegen nur 50% der Kontrollen. Im Gegensatz zu den Reye Patienten, wurde bei den Kontrollen kein Versuch gemacht, einen viralen Hintergrund der Erkrankung zu überprüfen. Daher ist unbekannt, ob die Kontrollen die gleiche prodromale Erkrankung hatten wie die Patienten [50]. Zwei weitere Studien kamen aus Michigan (1 und 2) mit ähnlichen diagnostischen Schwächen zwischen Reye Patienten und Kontrollen und ebenfalls geringen Patientenzahlen. Die Diagnose wurde aufgrund von Befragungen der Eltern gestellt. Diese erfolgten im Mittel 6-8 Wochen nach der Diagnosestellung beim Kind mit vermutetem Reye Syndrom. In beiden Studien hatten 30 von 46 Fällen aber nur 13 von 29 Kontrollen ASA eingenommen. Letztere entwickelten kein Reye Syndrom trotz einer ähnlichen vorangegangenen Virusinfektion der oberen Atemwege [51]. Die Ohio-Studie (1978-1980) war die zu diesem Zeitpunkt umfangreichste aber auch besonders kontrovers diskutierte Untersuchung [4]. 94 der 97 Fälle mit einem Reye Syndrom (97%) hatten ASA eingenommen und 110 der 156 Kontrollen (71%). Der Fragebogen wurde im Nachhinein abgeändert, nachdem sich zeigte, dass nicht nur ASA, sondern auch andere Substanzen, vor allem Phenothiazine, signifikant häufiger von Reye Patienten als von Kontrollen eingenommen wurden – 22% der Fälle im Vergleich zu 4% der Kontrollen. Reye Syndrom Kapitel 3.3.3 ا227 Die Problematik einer verzerrten Datenerfassung („Information bias“) als inherente Schwierigkeit retrospektiver epidemiologischer Fallkontrollstudien bei seltenen Erkrankungen wie dem Reye Syndrom, wurde überzeugend in einer Studie von Heubi und Mitarbeitern aufgezeigt. Die Ärzte eines Kinderkrankenhauses in Cincinatti untersuchten 85 Kinder während eines Zeitraumes, zu dem das Reye Syndrom in der Stadt häufig auftrat. Einschlusskriterien waren eine akute Virusinfektion der oberen Atemwege oder Windpocken, Erbrechen sowie eine mindestens 3fach erhöhte Serum-Aspartat-Aminotransferase. Die Kinder waren, abgesehen vom beeinträchtigten Allgemeinbefinden und der Apathie, neurologisch unauffällig und wiesen keinerlei klinische Symptome eines Reye Syndroms auf. Leberbiopsien zeigten die typischen Mitochondrienschädigungen eines Reye Syndroms mit einem Schweregrad, der nicht geringer war als bei Kindern mit Reye Syndrom in tiefem Koma. Nach Behandlung mit Glukose- und Elektrolytinfusionen kam es nur bei 5, zum Zeitpunkt der Untersuchung bereits fortgeschrittenen Fällen, zu einer stärkeren Bewusstseinstrübung. Mit Ausnahme eines Kindes, bei dem schwere neurologische Defizite zurückblieben, kam es bei allen anderen zu einer vollständigen Heilung. Todesfälle traten nicht auf. Wenn diese Kinder nicht von speziell an dieser Thematik interessierten Ärzten gezielt untersucht worden wären, ist es sehr unwahrscheinlich, dass man an die Diagnose eines Reye Syndroms überhaupt gedacht hätte und wenn, wäre sie klinisch sicherlich nicht bestätigt worden. Solche Fälle fehlen in den meisten epidemiologischen Studien und können daher zu einer erheblichen Verzerrung bei der Datenerhebung und -bewertung führen [7, 54]. Auf der Grundlage verfügbarer epidemiologischer Untersuchungen stellte eine Nationale Consensus Conference 1981 in den USA fest, dass die vorhandenen Daten einen engen statistischen Zusammenhang zwischen Reye Syndrom und ASA gezeigt hätten. Allerdings wurden andere mögliche Erklärungen für die Entstehung der Erkrankung nicht ausgeschlossen. Es wurde darauf hingewiesen dass Eltern und Ärzte sich darüber im Klaren sein sollten, dass alle Arzneimittel potentiell gefährliche unerwünschte Wirkungen haben können. Vorsicht beim Gebrauch von Salicylaten bei Kindern mit Grippe oder Varizellen wurde angeraten aber letztlich auch festgestellt, dass Salicylate allein nicht für die Entstehung des Reye Syndroms verantwortlich gemacht werden können [55]. Als Konsequenz führte der US Public Health Service (PHS) zwei prospektive Studien durch, die eine mögliche kausale Beziehung zwischen Reye Syndrom und Salicylaten aufklären sollten: eine Pilotuntersuchung als Machbarkeitsstudie, auch zur Fallzahlabschätzung [56], und nach deren Beendigung eine Hauptstudie [32]. Diese Hauptstudie wurde zwischen Januar 1985 und Mai 1986 (nach dem Ende der Pilotstudie) als epidemiologische Fallkontrollstudie durch den US Public Health Service initiiert. Initial nahmen 50 und schließlich 70 pädiatrische Zentren in den USA teil. Einschlusskriterien waren u.a.: Diagnose eines (einheitlich definierten) Reye Syndroms durch einen Arzt, eine vorangegangene respiratorische oder gastrointestinale Erkrankung oder Windpocken sowie ein fortgeschrittenes Stadium (Schweregrad 2 oder höher) der Encephalopathie. 53 Patienten wurden initial durch die Ärzte eingeschlossen. 7 davon wurden später einer anderen Diagnose zugeordnet. Weitere 13 Fälle, die durch einen Studienarzt eingeschlossen wurden, wurden später durch das ärztliche Begutachtungsgremium wieder ausgeschlossen, weil eine andere Diagnose wahrscheinlicher war. Von den verbliebenen 33 Patienten wurden 6, obwohl durch das Expertengremium bestätigt, nicht eingeschlossen, da die Einschlusskriterien nicht erfüllt waren (keine vorangegangene Erkrankung entsprechend der Definition). Damit blieben schließlich 27 Fälle eines Reye Syndroms und 140 Kontrollen für die Analyse verfügbar. Von diesen 27 Patienten verstarben 3 (11%). Diese Fallzahl war erheblich geringer, als die „erwünschten“ („desired“) 100-200 Fälle. Allerdings wurde eine deutliche Assoziation zwischen Salicylateinnahme und Reye Syndrom („strong association between salicylates and Reye’s syndrome“) in einer Zwischenanalyse („midpoint analysis“) gefunden. Aufgrund dieses Zwischenbefundes und der zunehmenden Seltenheit der Erkrankung wurde die Studie zu diesem Zeitpunkt vorzeitig abgebrochen. Von den 15 (!) Chemikalien, die zumindest 20% der Patienten gegeben worden waren, hatten 26 der 27 Reye Fälle (96%) und 53 der 140 Kontrollen (38%) Salicylate eingenommen, überwiegend ASA. Dagegen hatten 30% der Fälle und 86% der Kontrollen Paracetamol eingenommen. Es bestand eine hochsignifikante Differenz in der Gesamtmenge und mittleren Dosierung von Salicylaten zwischen Fällen und Kontrollen: Beide waren etwa 3fach höher bei den Reye Patienten. Die gesamt verabreichte Dosis bei den Reye Patienten betrug 74 mg/kg und war damit geringgradig höher als 5 g beim Erwachsenen (70 kg). Die Schlussfolgerung war, dass mehr als 90% der Patienten mit Reye Syndrom Salicylate eingenommen hatten und dass dies einen Zusammenhang zwi- 228 | Kapitel 3.3.3 Reye Syndrom schen beiden wahrscheinlich macht. Auch wurde ein Zusammenhang zwischen dem Risiko für ein Reye Syndrom und der Menge der eingenommenen Salicylate vermutet. Im Ergebnis wurde daher empfohlen, die Verwendung von ASA zur symptomatischen Behandlung von Windpocken oder grippalen Effekten bei Kindern einzuschränken („to limit“) [32]. und bei 12 Patienten Sammelurin für eine Salicylatbestimmung zu einem frühen Zeitpunkt der Erkrankung gewonnen. Dabei blieb unklar, ob diese 12 Patienten mit denen identisch waren, bei denen die Leberbiopsien durchgeführt wurden [7]. Auch diese Studie enthielt wesentliche Mängel. Zunächst war durch die Medien ein zunehmendes öffentliches Interesse an einem möglichen Zusammenhang zwischen ASA Einnahme und Reye Syndrom geweckt worden. Daher ist nicht auszuschließen, dass die Eltern oder andere Interviewpartner eine ASA Einnahme angaben (obwohl dies nicht stimmte), nachdem sie die Diagnose ihres Kindes kannten. Eine Bestimmung der Salicylatspiegel erfolgte nicht. Auch waren die diagnostischen Kriterien relativ unspezifisch und eine Leberbiopsie zur Sicherung der Diagnose wurde nur bei 27% der Patienten durchgeführt [57]. Dem US-Amerikanischen „Center of Disease Control“ wurden zwischen 1980 und 1997 insgesamt 1207 Fälle von Reye Syndrom mitgeteilt. Das Maximum korrelierte mit dem jahreszeitlichen Auftreten von Virusinfektionen der oberen Luftwege, insbesondere Influenzaviren. Der Spitzenwert wurde 1980 mit 555 Fällen erreicht. Danach nahm die Anzahl stetig ab (Abb. 3.3.3-2). 1994 betrug die Hospitalisationsrate für Reye Syndrom in den USA noch 0.06/100.000 Personen im Alter von <18 Jahren und selbst diese geringe Anzahl wurde noch als zu hoch für ein wirkliches Reye Syndrom angesehen. Seit 1994 wurden zwei oder weniger Fälle pro Jahr für die USA berichtet [17]. Die letzten veröffentlichten Mitteilungen sprechen von weniger als 0.03-1/100.000 Fällen von Reye Syndrom bei Personen im Alter von <18 Jahren [19]. Zur weiteren Sicherung der postulierten Assoziation von Reye Syndrom und ASA und zur Minimierung möglicher Datenverzerrungen wurde eine weitere, noch umfangreichere, epidemiologische Studie durchgeführt, die ein ähnliches Ergebnis erbrachte [58]. 88% der 24 Reye Patienten dieser Studie, aber nur 17 der 48 Kontrollen, hatten ASA vor Beginn der Reye Symptomatik eingenommen. Nur bei 8 von 24 Fällen wurde eine Leberbiopsie durchgeführt Studien in Großbritannien. Die Epidemiologie des Reye Syndroms in Großbritannien unterschied sich von der in den USA. In den frühen 80er Jahren, der „Hoch“zeit des Reye Syndroms, war das mittlere Alter der betroffenen Abb. 3.3.3-2 Reye Syndrom in den USA von 1973-1999 Abnahme und weitgehendes Verschwinden des Reye Syndroms nach Veröffentlichung der ersten epidemiologischen Studien und dem Anbringen von Warnhinweisen auf ASA Präparaten als mögliche Ursache. PHS: (US) Public Health Study [32] (mod. nach [4]) Reye Syndrom Kapitel 3.3.3 ا229 Kinder in Großbritannien deutlich geringer (14 Monate) – im Vergleich zu 9 Jahren in den USA - und es gab keine jahreszeitlichen Häufungen im Winter, d.h. keinen klaren Zusammenhang mit den saisonalen Grippewellen [59]. Allerdings wurde auch hier eine Verbindung zwischen der Erkrankung und ASA Einnahme gesehen. Den Britischen Gesundheitsbehörden wurden zwischen 1981 und 1985 insgesamt 264 Fälle gemeldet. Ein vergleichbarer Anteil von Patienten mit Reye Syndrom und Kontrollen - 72% im Vergleich zu 68% - hatte Antipyretika eingenommen, davon 59% der Fälle aber nur 26% der Kontrollen ASA. Daraus wurde auf einen Zusammenhang zwischen Reye Syndrom und ASA geschlossen [59]. Inzidenz und mögliche Ursachen des Reye Syndroms in Großbritannien zwischen 1982 und 1990 wurden im Detail analysiert. Hardie und Mitarbeiter unterteilten ihre Analyse in zwei Teile: 4.5 Jahre vor und 4.5 Jahre nach dem Erscheinen der ersten Warnhinweise über einen möglichen Zusammenhang zwischen ASA Einnahme und Reye Syndrom durch die Britischen Gesundheitsbehörden (Juni 1986). Während dieses Zeitraumes wurden 445 Fälle berichtet. 91, d.h. 20% davon, waren Fehldiagnosen. 16% der Diagnose eines Reye Syndroms in der ersten Periode wurden revidiert, aber doppelt so viele, 34%, in der zweiten. Eine Erklärung dafür war eine falsche Zuordnung der Patienten aufgrund einer Reye-ähnlichen Symptomatik, die in Wirklichkeit aber auf einer angeborenen Stoffwechselstörung (der Leber) beruhte. Entsprechend der breiten Streuung der Schweregrade und klinischen Symptomatik, wurden die Fälle insgesamt als eine heterogene Patientengruppe angesehen [10, 21, 22]. Damit sind Fehldiagnosen nicht selten und mit zunehmender Verbesserung der Diagnostik und wissenschaftlicher Erkenntnisse über angeborene Stoffwechselstörungen immer weniger wahrscheinlich. Expertengremien zweier weiterer Studien aus den USA und Kanada kamen zu dem Schluss, dass 1/3 [60] bis 3/4 [61] der berichteten Reye Fälle wahrscheinlich oder definitiv kein wirkliches Reye Syndrom waren. Auch hatten nur 33% der Patienten mit schweren Krankheitssymptomen in der Studie von Hardie et al [22, 58, 59] ASA eingenommen – im Gegensatz zu den über 90% in den amerikani- schen Fallkontrollstudien und 59% in der Britischen Risk Factor-Study [58, 59]. Studien in Kontinentaleuropa. Das Reye Syndrom war und ist in Kontinentaleuropa extrem selten. Nach einer Zusammenstellung von Gladtke & Schauseil-Zipf [62] betrug die Inzidenz für die Jahre 1983–1985 in 99 erfassten Kinder-Krankenhäusern in (West)Deutschland 0.04-0.05 Fälle/100.000 Kinder und Jugendliche im Alter von <18 Jahren. Etwa die Hälfte der Erkrankungen verlief tödlich. Eine 10 Jahre später durchgeführte Studie über schwere Varizellenkomplikationen in 485 deutschen KinderKrankenhäusern ergab für die Beobachtungsperiode eines Jahres (1997) nicht einen einzigen Fall eines Reye Syndroms [63]. In Dänemark wurden alle Kinder-Krankenhäuser des Landes aufgefordert, für das Jahr 1979 - ein Jahr mit einer Influenza B-Epidemie (182.500 Fälle allein zwischen Januar und April) - alle Fälle von Reye Syndromen mitzuteilen. Es gab keine einzige Meldung, sondern lediglich einen Autopsiebericht eines Mädchens mit einem Reye-ähnlichen Syndrom und Masern, aber ohne jegliche Angaben zur Behandlung. Aus diesem einen Fall wurde eine Inzidenz von 0.09/100.000 Kinder <14 Jahren für Dänemark hochgerechnet (!) [64]. In Frankreich betrug die Inzidenz der wegen eines Reye Syndroms 1995-1996 stationär behandelten Kinder im Alter von <15 Jahren 0.08/100.000. Von den 46 vermuteten Reye Fällen wurden später 14, d.h. weniger als ein Drittel, tatsächlich als Reye Syndrom klassifiziert. 5 Kinder hatten eine angeborene Stoffwechselstörung und 27 waren vermutlich Fehldiagnosen. Insgesamt 8 Kinder waren mit ASA, allein oder in Kombination mit anderen Präparaten, behandelt worden [65]. Für die Schweiz wurden 7 tödliche Fälle eines Reye Syndroms zwischen 1971 und 1984 berichtet. Eine ASA Einnahme wurde für 1 dieser Fälle nachgewiesen [66]. Damit hatte in Kontinentaleuropa [62, 66-68] und vielen außereuropäischen Ländern [69-73] nur eine Minderheit der Kinder, bei denen ein Reye Syndrom diagnostiziert wurde, ASA eingenommen. Im Mittel betrug 230 | Kapitel 3.3.3 Reye Syndrom die Einnahmeinzidenz weniger als 30% (Bereich 0 71%) in 11 unterschiedlichen Ländern – im Gegensatz zu den 94% in der Hauptstudie von Hurwitz aus den USA (Tab. 3.3.3-1). Eine weitere entzündliche Erkrankung im Kindesalter ist das Kawasaki Syndrom (4.2.3), insbesondere in Japan, wo bis zu 200.000 Kinder zur Vermeidung von krankheitsassoziierten Gefäßaneurysmen mit ASA behandelt wurden. Die empfohlene Anfangsdosierung beträgt zwischen 30–100 mg/kg. Bisher wurde ein Fall eines Reye Syndroms im Zusammenhang mit ASA Einnahme berichtet. Dies entspricht einer Inzidenz von weniger als 0.005% [75]. In Großbritannien, wo die empfohlene Anfangsdosis 30–50 mg/Tag beträgt, wird in einer Übersicht zu praktischen Therapieempfehlungen bei dieser Erkrankung das Reye Syndrom nicht einmal erwähnt [76]. Obwohl einige epidemiologische Daten, vorzugsweise aus den USA und Großbritannien, einen statistischen Zusammenhang zwischen Salicylateinnahme und Reye Syndrom vermu- ten lassen, war dies in vielen anderen Ländern der Welt nicht der Fall. Insbesondere wurde nie eine kausale Beziehung zwischen diesen beiden Faktoren gefunden und wird wahrscheinlich auch nie gefunden werden, nachdem die Erkrankung extrem selten geworden ist [23, 58, 59]. In den USA gab es eine statistische Beziehung zwischen dem reduzierten Verkauf von „Baby-Aspirin“ (81 mg ASA/Tablette) und Abnahme des Reye Syndroms über 5 Jahre (1980-1985) [77]. Ähnliche Tendenzen wurden auch in anderen Ländern beobachtet. Überraschenderweise verschwand die Krankheit auch in Australien, wo sie ursprünglich entdeckt wurde (obwohl dort überhaupt kein Zusammenhang zur Salicylateinnahme bestand) sowie in Ländern wie Frankreich und Belgien, wo die ASA Einnahme für Kinder zwischen 1970 und 1990 unverändert fortgeführt wurde [4]. Natürlich können unter den vielen Millionen Kindern, die weltweit täglich mit Viren unterschiedlichster Art infiziert werden, einige wenige Fälle einer Reye Symptomatik auftreten, ohne dass eine klare ätiologische Zuordnung möglich ist [3]. Tab. 3.3.3-1 Reye Syndrom und weltweite Einnahme von ASA Mono- oder Kombinationspräparaten (mod. nach [74]) Reye Syndrom Kapitel 3.3.3 ا231 3.3.3.4 Aktueller Stand Seit 1980 warnen die US-Gesundheitsbehörden Ärzte und Eltern, Salicylate keinesfalls bei Kindern anzuwenden, die an Windpocken oder grippeähnlichen Erkrankungen leiden. Dieser Warnhinweis ist seit 1986 für alle ASA-enthaltenden Medikamente vorgeschrieben. Andere Länder sind diesen Empfehlungen mehr oder weniger vollständig gefolgt. Wie dieser Warnhinweis angesichts des aktuellen Nutzen-RisikoVerhältnisses, der komplexen Ätiologie der Erkrankung und der zwischenzeitlich verfügbaren (pharmako)therapeutischen Alternativen heute zu bewerten ist, wird kontrovers diskutiert. Nutzen-Risiko-Kalkulation. Unabhängig von den unklaren Relationen zwischen Salicylateinnahme und Reye Syndrom bei Patientensubgruppen, die aus unterschiedlichen Gründen pathologisch reagieren, stellt sich die Frage, ob die potentielle Risikoreduktion durch Verzicht auf ASA – und Ersatz durch andere Pharmaka – größtenteils Paracetamol – den potentiellen Nutzen von ASA aufwiegt [78]. Beide Substanzen sind potentiell hepatotoxisch. Allerdings ist eine Leberschädigung durch ASA prinzipiell reversibel, während eine Leberschädigung durch toxische Metabolite von Paracetamol heute die häufigste Ursache einer akuten Leberinsuffizienz ist [79] (3.2.3). Entzündungen der oberen Luftwege und des Kehlkopfes. ASA wirkt im Gegensatz zu Paracetamol zusätzlich entzündungshemmend. Diese Eigenschaft ist vorteilhaft zur Verhinderung von bakteriellen Superinfektionen und fieberhaften entzündlichen Erkrankungen der oberen Luftwege. Paracetamol besitzt in antipyretischer Dosierung nicht nur keine entzündungshemmenden Eigenschaften, sondern kann auch bei Kindern schon in geringer Überdosierung über wenige Tage hepatotoxisch wirken und ist daher nicht ungefährlich [80], eine Auffassung, die auch in einem begleitenden Editorial zu dieser Veröffentlichung geteilt wird [81]. Bei infektiösen Erkrankungen der oberen Luftwege, wie Laryngitis/Pharyngitis oder auch Otitis/Sinusitis, beides häufig bei Kindern im Alter von 4-10 Jahren, bedeutet daher ein Ersatz von ASA durch Paracetamol die Entscheidung für ein weniger wirksames Medikament [82]. Alternativ kann eine Überbetonung der möglichen Risiken von ASA zu einer zunehmenden Anwendung anderer NSAIDs führen, die ebenfalls unerwünschte Wirkungen haben und nicht besser verträglich sind [83]. Allergien und Asthma. Ein weiteres Risiko bei Ersatz von ASA durch das nicht-entzündungshemmende Paracetamol ist die Beschleunigung einer allergischen Sensibilisierung in Richtung eines Asthma bronchiale. Mögliche Mechanis- Abb. 3.3.3-3 Prävalenz von Asthma bei Kindern und Jugendlichen (<20 Jahre) im Zusammenhang mit dem Gesamtumsatz (”Drugstores”) von pädiatrischen ASA Tabletten und Paracetamol (Tabletten und Tropfen) in den USA von 1980-1986 (mod. nach [84]) 232 | Kapitel 3.3.3 Reye Syndrom men sind eine Störung im Zytokingleichgewicht bei genetisch entsprechend prädisponierten Kindern [84]. Die Prävalenz von Asthma bronchiale bei Kindern nahm in den USA von 1970 bis 1980 um 23% zu, aber um ungefähr das Doppelte, d.h. um 40%, zwischen 1980 und 1986. Zusätzlich zu anderen Umweltfaktoren wurde die praktisch vollständige Unterbindung der ASA Anwendung bei Kindern mit fieberhaften Atemwegsinfekten und Ersatz durch Paracetamol als möglicher Faktor diskutiert [84]. Eine enge lineare Beziehung zwischen dem zunehmenden Gebrauch von Paracetamol und der Prävalenz von Asthma bei Kindern und Jugendlichen im gleichen Zeitraum wurde nachgewiesen (Abb. 3.3.3-3). Darüber hinaus kann häufiger Paracetamolgebrauch selbst Asthmaattacken hervorrufen [85]. Eine vor kurzem abgeschlossene große epidemiologische Studie (ISAAC) an über 200.000 Kindern und 320.000 Jugendlichen weltweit hat dies bestätigt und konnte sogar eine Dosisabhängigkeit zwischen der Paracetamoleinnahme und dem Risiko von Asthma bronchiale und Allergien zeigen [86, 87]. In diesem Zusammenhang kann eine generelle Elimination von ASA für Kinder und der Ersatz durch Paracetamol ein potentiell bedeutsamer Faktor für die Zunahme von Asthma bronchiale sein. Reye Syndrom Kapitel 3.3.3 ا233 Zusammenfassung Das Reye Syndrom ist eine extrem seltene, aber schwere und oft letal verlaufende, nichtentzündliche Hepatoencephalopathie. Klinisch kommt es zu einem schweren, unstillbaren Erbrechen, einer Hepatopathie mit Zeichen diverser hepatischer Dysfunktionen, vor allem einer Mitochondrieninsuffizienz mit einem gestörten Energiestoffwechsel. Dessen Folgen sind besonders dramatisch im ZNS und führen zu neurologischen Defiziten unterschiedlichen Schweregrades. Die Erkrankung verläuft in 30-40% der Fälle tödlich aufgrund von Ausfällen von Hirnstammfunktionen. Der Erkrankung voraus geht typischerweise eine Virusinfektion mit einem nachfolgenden symptomfreien Intervall von 3-5 Tagen vor dem (extrem seltenen) Übergang in eine Leberschädigung und ihren Folgen. Die Ätiologie des „kryptogenen“ Reye Syndroms ist unbekannt aber wahrscheinlich multifaktoriell. Hypothetisch kann das Syndrom durch eine ungewöhnliche Reaktion des Organismus auf eine Virusinfektion erklärt werden. Diese Reaktion wird bestimmt durch genetische Faktoren des Wirtes, aber modifiziert durch eine Vielzahl exogener Noxen [7], zu denen neben Umweltgiften, Xenobiotika und Toxinen unterschiedlichster Art auch mindestens 10 Arzneimittel, darunter ASA, gehören. Der „rise and fall“ der Reye Syndrom Pandemie ist immer noch unzureichend verstanden und letztlich unerklärt. Mit sehr wenigen Ausnahmen, falls überhaupt, gab es keine neuen Reye Erkrankungen während der letzten 10 Jahre, die nicht durch angeborene Stoffwechselstörungen erklärt werden können oder schlicht Fehldiagnosen waren. Damit spiegelt der „fall“ des Reye Syndroms auch den wis- senschaftlichen Fortschritt wider, vor allem eine verbesserte Diagnostik und Kenntnis molekularbiologischer Zusammenhänge als krankheitsbestimmende Faktoren. Alternativ kann die Immunreaktion auf und die Virulenz von Viren sich verändert haben, z.B. durch Änderung ihres genetischen Codes. Die Spanische Grippe nach dem 1. Weltkrieg und die Schweinegrippe unserer Tage sind dafür Beispiele. Ob das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei Kindern mit fieberhaften Infekten bei Ersatz von ASA durch Paracetamol tatsächlich verbessert wird, kann bezweifelt werden. Eine fehlende antiinflammatorische Komponente im Wirkungsspektrum von Paracetamol zur Behandlung von Laryngitis/Pharyngitis und Otitis/Sinusitis machen diese Substanz weniger geeignet zur Behandlung solcher Erkrankungen. Zusätzlich besteht ein erhöhtes Risiko für Asthma und allergische Erkrankungen. Außerdem hat Paracetamol ein erhebliches hepatotoxisches Potential bei Kindern, sogar bei leichten Überdosierungen. Es ist nicht bewiesen, dass die restriktive Anwendung von ASA bei Kindern das „wirkliche“ Reye Syndrom eliminiert hat ebenso wie nie ein kausaler, sondern lediglich ein statistischer Zusammenhang zwischen beiden Phänomenen hergestellt wurde. Dabei hat nach den weltweit verfügbaren Daten nur eine Minderheit der Patienten, im Mittel etwa 30%, überhaupt ASA eingenommen. Es gibt kein Arzneimittel ohne unerwünschte Wirkungen. Daher ist eine ausgewogene Nutzen-RisikoEntscheidung bei der Anwendung jedes Medikamentes erforderlich. Dies gilt auch für ASA und die kritische Bewertung verfügbarer Alternativen. 234 | Kapitel 3.3.3 Reye Syndrom Literatur 1. Reye RD, Morgan G, Baral J. Encephalopathy and Fatty Degeneration of the Viscera. A Disease Entity in Childhood. Lancet 2: 749-752, 1963. 16. Johnson GM, Scurletis TD, Carroll NB. A Study of Sixteen Fatal Cases of Encephalitis- Like Disease in North Carolina Children. N C Med J 24: 464-473, 1963. Corkey BE, Hale DE, Glennon MC et al. Relationship between unusual hepatic acyl coenzyme A profiles and the pathogenesis of Reye syndrome. J Clin Invest 82: 782-788, 1988. 2. 17. 3. Brain WR, Hunter D, Turnbull HM. Acute meningoencephalomyelitis of childhood: report of 6 cases. . The Lancet 1: 221-227, 221, 1929. Belay ED, Bresee JS, Holman RC et al. Reye's syndrome in the United States from 1981 through 1997. N Engl J Med 340: 1377-1382, 1999. 18. 4. Orlowski JP, Hanhan UA, Fiallos MR. Is aspirin a cause of Reye's syndrome? A case against. Drug Saf 25: 225231, 2002. Partin JS, Daugherty CC, McAdams AJ et al. A comparison of liver ultrastructure in salicylate intoxication and Reye's syndrome. Hepatology 4: 687-690, 1984. 19. Weiner DL. Pediatrics, Reye syndrome. eMedicine Specialities/Emergency Medicine/ Pediatric 2001. 5. Gibbs MJ, Armstrong JS, Gibbs AJ. Recombination in the hemagglutinin gene of the 1918 "Spanish flu". Science 293: 1842-1845, 2001. 20. Glasgow JF, Middleton B. Reye syndrome--insights on causation and prognosis. Arch Dis Child 85: 351-353, 2001. 6. Reid AH, Fanning TG, Hultin JV et al. Origin and evolution of the 1918 "Spanish" influenza virus hemagglutinin gene. Proc Natl Acad Sci U S A 96: 1651-1656, 1999. 21. Green A, Hall SM. Investigation of metabolic disorders resembling Reye's syndrome. Arch Dis Child 67: 13131317, 1992. 7. Mowat AP. Aspirin and other Salicylates. Vane JR, Botting RM, Chapman & Hall Medical, London-New YorkTokyo-Melbourne-Madras, 531-547, 1992. 22. Hardie RM, Newton LH, Bruce JC et al. The changing clinical pattern of Reye's syndrome 1982-1990. Arch Dis Child 74: 400-405, 1996. 8. Huang RT, Dietsch E. Anti-influenza viral activity of aspirin in cell culture. N Engl J Med 319: 797, 1988. 23. Hurwitz ES. Reye's syndrome. Epidemiol Rev 11: 249253, 1989. 9. Mazur I, Wurzer WJ, Ehrhardt C et al. Acetylsalicylic acid (ASA) blocks influenza virus propagation via its NF-kappaB-inhibiting activity. Cell Microbiol 9: 16831694, 2007. 24. Schulze A, Lindner M, Kohlmuller D et al. Expanded newborn screening for inborn errors of metabolism by electrospray ionization-tandem mass spectrometry: results, outcome, and implications. Pediatrics 111: 13991406, 2003. 10. Casteels-Van Daele M, Van Geet C, Wouters C et al. Reye syndrome revisited: a descriptive term covering a group of heterogeneous disorders. Eur J Pediatr 159: 641-648, 2000. 25. Ogawa E, Kanazawa M, Yamamoto S et al. Expression analysis of two mutations in carnitine palmitoyltransferase IA deficiency. J Hum Genet 47: 342-347, 2002. 11. Heubi JE, Partin JC, Partin JS et al. Reye's syndrome: current concepts. Hepatology 7: 155-164, 1987. 26. 12. Visentin M, Salmona M, Tacconi MT. Reye's and Reyelike syndromes, drug-related diseases? (causative agents, etiology, pathogenesis, and therapeutic approaches). Drug Metab Rev 27: 517-539, 1995. Rahbeeni Z, Vaz FM, Al-Hussein K et al. Identification of two novel mutations in OCTN2 from two Saudi patients with systemic carnitine deficiency. J Inherit Metab Dis 25: 363-369, 2002. 27. 13. Schrör K. Aspirin and Reye syndrome: a review of the evidence. Paediatr Drugs 9: 195-204, 2007. Tamaoki Y, Kimura M, Hasegawa Y et al. A survey of Japanese patients with mitochondrial fatty acid betaoxidation and related disorders as detected from 1985 to 2000. Brain Dev 24: 675-680, 2002. 28. 14. Van Coster RN, De Vivo DC, Blake D et al. Adult Reye's syndrome: a review with new evidence for a generalized defect in intramitochondrial enzyme processing. Neurology 41: 1815-1821, 1991. Scaglia F, Scheuerle AE, Towbin JA et al. Neonatal presentation of ventricular tachycardia and a Reye-like syndrome episode associated with disturbed mitochondrial energy metabolism. BMC Pediatr 2: 12, 2002. 29. Marsden D, Nyhan WL, Barshop BA. Creatine kinase and uric acid: early warning for metabolic imbalance resulting from disorders of fatty acid oxidation. Eur J Pediatr 160: 599-602, 2001. 15. Deschamps D, Fisch C, Fromenty B et al. Inhibition by salicylic acid of the activation and thus oxidation of long chain fatty acids. Possible role in the development of Reye's syndrome. J Pharmacol Exp Ther 259: 894-904, 1991. Reye Syndrom Kapitel 3.3.3 ا235 30. Hall SM, Lynn R. Reye syndrome. British Paediatric Surveillance Unit, 12th Annual Report M. Guy ANaRL, RCPCH, London, 1998. 31. Orlowski JP. Whatever happened to Reye's syndrome? Did it ever really exist? Crit Care Med 27: 1582-1587, 1999. 32. Hurwitz ES, Barrett MJ, Bregman D et al. Public Health Service study of Reye's syndrome and medications. Report of the main study. JAMA 257: 1905-1911, 1987. 33. Prandota J. Important role of prodromal viral infections responsible for inhibition of xenobiotic metabolizing enzymes in the pathomechanism of idiopathic Reye's syndrome, Stevens-Johnson syndrome, autoimmune hepatitis, and hepatotoxicity of the therapeutic doses of acetaminophen used in genetically predisposed persons. Am J Ther 9: 149-156, 2002. 45. Sullivan-Bolyai JZ, Corey L. Epidemiology of Reye syndrome. Epidemiol Rev 3: 1-26, 1981. 46. Daniels SR, Greenberg RS, Ibrahim MA. Scientific uncertainties in the studies of salicylate use and Reye's syndrome. JAMA 249: 1311-1316, 1983. 47. Linnemann CC, Jr., Shea L, Partin JC et al. Reye's syndrome: epidemiologic and viral studies, 1963-1974. Am J Epidemiol 101: 517-526, 1975. 48. Smith TC. Reye's syndrome and the use of aspirin. Scott Med J 41: 4-9, 1996. 49. Halpin TJ, Holtzhauer FJ, Campbell RJ et al. Reye's syndrome and medication use. JAMA 248: 687-691, 1982. 50. Starko KM, Ray CG, Dominguez LB et al. Reye's syndrome and salicylate use. Pediatrics 66: 859-864, 1980. 34. Cooperstock MS, Tucker RP, Baublis JV. Possible pathogenic role of endotoxin in Reye's syndrome. Lancet 1: 1272-1274, 1975. 51. Waldman RJ, Hall WN, McGee H et al. Aspirin as a risk factor in Reye's syndrome. JAMA 247: 3089-3094, 1982. 35. Zimmerman HJ. Effects of aspirin and acetaminophen on the liver. Arch Intern Med 141: 333-342, 1981. 52. Brown AK, Fikrig S, Finberg L. Aspirin and Reye syndrome. J Pediatr 102: 157-158, 1983. 36. Yoshida Y, Fujii M, Brown FR, 3rd et al. Effect of salicylic acid on mitochondrial-peroxisomal fatty acid catabolism. Pediatr Res 23: 338-341, 1988. 53. Hall SM. Reye's syndrome and aspirin: a review. J R Soc Med 79: 596-598, 1986. 37. Partin JS, Partin JC, Schubert WK et al. Serum salicylate concentrations in Reye's disease. A study of 130 biopsyproven cases. Lancet 1: 191-194, 1982. 54. Heubi JE, Daugherty CC, Partin JS et al. Grade I Reye's syndrome--outcome and predictors of progression to deeper coma grades. N Engl J Med 311: 15391542, 1984. 38. Trinder P. Rapid determination of salicylate in biological fluids. Biochem J 57: 301-303, 1954. 55. CONSENSUS. Diagnosis and treatment of Reye's syndrome. JAMA 246: 2441-2444, 1981. 39. Kang ES, Todd TA, Capaci MT et al. Measurement of true salicylate concentrations in serum from patients with Reye's syndrome. Clin Chem 29: 1012-1014, 1983. 56. Hurwitz ES, Barrett MJ, Bregman D et al. Public Health Service study on Reye's syndrome and medications. Report of the pilot phase. N Engl J Med 313: 849-857, 1985. 40. Andresen BD, Alexander MS, Ng KJ et al. Aspirin and Reye's disease: a reinterpretation. Lancet 1: 903, 1982. 57. Kang AS, Crocker JFS, Johnson GM. Reye's syndrome and salicylates. N Engl J Med 314: 920-921, 1986. 41. Meert KL, Kauffman RE, Deshmukh DR et al. Impaired oxidative metabolism of salicylate in Reye's syndrome. Dev Pharmacol Ther 15: 57-60, 1990. 58. Forsyth BW, Horwitz RI, Acampora D et al. New epidemiologic evidence confirming that bias does not explain the aspirin/Reye's syndrome association. JAMA 261: 2517-2524, 1989. 42. Pinsky PF, Hurwitz ES, Schonberger LB et al. Reye's syndrome and aspirin. Evidence for a dose-response effect. JAMA 260: 657-661, 1988. 59. Hall SM, Plaster PA, Glasgow JF et al. Preadmission antipyretics in Reye's syndrome. Arch Dis Child 63: 857-866, 1988. 43. Chu AB, Nerurkar LS, Witzel N et al. Reye's syndrome. Salicylate metabolism, viral antibody levels, and other factors in surviving patients and unaffected family members. Am J Dis Child 140: 1009-1012, 1986. 60. Forsyth BW, Shapiro ED, Horwitz RI et al. Misdiagnosis of Reye's-like illness. Am J Dis Child 145: 964-966, 1991. 44. Clark JH, Nagamori K, Fitzgerald JF. Confirmation of serum salicylate levels in Reye's syndrome: a comparison between the Natelson colorimetric method and high performance liquid chromatography. Clin Chim Acta 145: 243-247, 1985. 61. Gauthier M, Guay J, Lacroix J et al. Reye's syndrome. A reappraisal of diagnosis in 49 presumptive cases. Am J Dis Child 143: 1181-1185, 1989. 62. Gladtke E, Schauseil-Zipf U. [Reye syndrome]. Monatsschr Kinderheilkd 135: 699-704, 1987. 236 | Kapitel 3.3.3 Reye Syndrom 63. Ziebold C, von Kries R, Lang R et al. Severe complications of varicella in previously healthy children in Germany: a 1-year survey. Pediatrics 108: E79, 2001. 76. Brogan PA, Bose A, Burgner D et al. Kawasaki disease: an evidence based approach to diagnosis, treatment, and proposals for future research. Arch Dis Child 86: 286-290, 2002. 64. Daugbjerg P, Ranek L. Reye's syndrome in Denmark. A retrospective study. Acta Paediatr Scand 75: 313315, 1986. 77. Autret-Leca E, Jonville-Bera AP, Llau ME et al. Incidence of Reye's syndrome in France: a hospital-based survey. J Clin Epidemiol 54: 857-862, 2001. Arrowsmith JB, Kennedy DL, Kuritsky JN et al. National patterns of aspirin use and Reye syndrome reporting, United States, 1980 to 1985. Pediatrics 79: 858863, 1987. 65. 78. 66. Sengupta C, Steffen R, Schar M. [Reye's syndrome in Switzerland]. Schweiz Rundsch Med Prax 76: 11141116, 1987. Langford NJ. Aspirin and Reye's syndrome: is the response appropriate? J Clin Pharm Ther 27: 157-160, 2002. 79. 67. Palomeque A, Domenech P, Martinez-Gutierrez A et al. [Reye's syndrome in Spain, 1980-1984 (A cooperative study: Pediatric Intensive Care Section of the Asociacion Espanola de Pediatria)]. An Esp Pediatr 24: 285-289, 1986. Lee WM. Drug-induced hepatotoxicity. N Engl J Med 349: 474-485, 2003. 80. Rivera-Penera T, Gugig R, Davis J et al. Outcome of acetaminophen overdose in pediatric patients and factors contributing to hepatotoxicity. J Pediatr 130: 300304, 1997. 68. Mowat AP. Commentary [to the paper of Hall et al, same issue]. Arch Dis Child 63: 857, 1988. 81. Heubi JE, Bien JP. Acetaminophen use in children: more is not better. J Pediatr 130: 175-177, 1997. 69. Christo GG, Venkatesh A. Reye syndrome: the Indian experience. Indian J Pediatr 54: 903-908, 1987. 82. 70. Hofman KJ, Rosen EU. Reye's syndrome in Johannesburg. Epidemiology and clinical presentation. S Afr Med J 61: 281-282, 1982. Maison P, Guillemot D, Vauzelle-Kervroedan F et al. Trends in aspirin, paracetamol and non-steroidal antiinflammatory drug use in children between 1981 and 1992 in France. Eur J Clin Pharmacol 54: 659-664, 1998. 71. Yamashita F, Ono E, Kimura A et al. Reye's Syndrome in Asia. Reye's Syndrome IV. Pollack JD, The National Reye's Syndrome Foundation, Bryon, OH, 47-60, 1985. 83. Lindsley CB. Uses of nonsteroidal anti-inflammatory drugs in pediatrics. Am J Dis Child 147: 229-236, 1993. 72. Yu ECL, Tang PS, Chow CBea. Reye's syndrome in Hong Kong. Journal of the Medical Association (Hong Kong) 40: 115-118, 115, 1988. 84. Varner AE, Busse WW, Lemanske RF, Jr. Hypothesis: decreased use of pediatric aspirin has contributed to the increasing prevalence of childhood asthma. Ann Allergy Asthma Immunol 81: 347-351, 1998. 73. Yu EC. Reye's syndrome in Hong Kong. Aust Paediatr J 24: 61, 1988. 85. 74. Casteels-Van Daele M, Wouters C, Van Geet C et al. Reye's syndrome revisited. Outdated concept of Reye's syndrome was used. BMJ 324: 546, 2002. Shaheen SO, Sterne JA, Songhurst CE et al. Frequent paracetamol use and asthma in adults. Thorax 55: 266-270, 2000. 86. Beasley R, Clayton T, Crane J et al. Association between paracetamol use in infancy and childhood, and risk of asthma, rhinoconjunctivitis, and eczema in children aged 6-7 years: analysis from Phase Three of the ISAAC programme. Lancet 372: 1039-1048, 2008. 87. Beasley RW, Clayton TO, Crane J et al. Acetaminophen Use and Risk of Asthma, Rhinoconjunctivitis and Eczema in Adolescents: ISAAC Phase Three. Am J Respir Crit Care Med. 2010 Aug 13. [Epub ahead of print] 75. van Bever HP, Quek SC, Lim T. Aspirin, Reye syndrome, Kawasaki disease, and allergies; a reconsideration of the links. Arch Dis Child 89: 1178, 2004.