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REPORT
FIT FÜR DEN WINTER
VIELSEITIGKEIT
IST TRUMPF
TEXT: CHRISTIAN BODE FOTOS: BELA RABA
Wer als Skifahrer beim Stichwort Saisonvorbereitung zuerst an Kniebeugen, Kraftkammer und Kilometerfressen denkt, kann von den Spitzenathleten des Deutschen
Skiverbandes viel lernen. Denn das Sommerprogramm von Fritz Dopfer und Co.
zeigt: Vielseitiges Training verbessert nicht nur Ausdauer, Kraft und Koordination
für die ersten Schwünge des kommenden Winters – es bringt vor allem Abwechslung und Spaß in den Sommer!
Egal ob im Kampf um Medaillen,
Weltcup-Punkte und -Platzierungen jede Hundertstelsekunde zählt
oder beim winterlichen Vergnügen auf
der Piste einfach der Genuss im Vordergrund steht – Skifahrer sollten schon im
Sommer für die notwendige Fitness sorgen. Dass eine optimale Vorbereitung auf
den Winter auch viel Spaß und Abwechslung in den Sommer bringen
kann, zeigt das vielseitige Trainingsprogramm von Fritz Dopfer: Ob mit dem
Mountainbike auf die nächste Alm, in
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DSV aktiv
Laufschuhen durch den Wald, zur Slackline-Session auf die nächste Wiese oder
zum Stand Up Paddling an den Bergsee
– der Weg zur Wettkampfform führt den
Slalom-Vize-Weltmeister im Sommer an
die schönsten Plätze seiner Heimat. „Die
Umgebung von Leutasch bietet ideale
Möglichkeiten, das Training mit dem
Naturerlebnis zu verbinden“, schwärmt
der Technikspezialist. Zu Beginn der
Saisonvorbereitung steht dabei die Entwicklung der Grundlagenausdauer im
Vordergrund, wie Albert Doppelhofer,
leitender Disziplin-Trainer in den Technik-Disziplinen und Dopfers Heimtrainer, erklärt: „Eine gute Grundlagenausdauer erhöht die Belastungsverträglichkeit, verbessert die Erholungsfähigkeit
und bildet so die Basis für alle weiteren
Trainingsinhalte.“ Um diese Basis zu
schaffen, investieren Spitzenathleten
wie Fritz Dopfer von Ende April bis Mitte
Juni bis zu 12 Stunden wöchentlich in
das Ausdauertraining, den Großteil davon auf dem Rad. „Da die Sportler aufgrund ihrer Muskelmasse meist etwas
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Beim Training mit der MFT Core Disc reagieren die gelenkstabilisierenden, tieferliegenden
Muskelschichten durch die instabile Lagerung sehr viel intensiver als beim Krafttraining an Maschinen.
„Das Training mit Slacklines, Schlingentrainern und anderen instabilen Unterlagen kräftigt sehr effektiv die Rumpfmuskulatur und sorgt so für eine Stabilisierung der Körpermitte. Gleichzeitig werden das Gleichgewicht und andere
koordinative Fähigkeiten verbessert, die beim Skifahren
von Vorteil sind.“
Tina Krahmer Physiotherapeutin der DSV-Nationalmannschaft Ski Alpin Damen, Schön Klinik Nürnberg Fürth
schwerer sind, ist für sie das Radfahren
im Vergleich zum Laufen einfach die gelenkschonendere Variante“, erläutert
Doppelhofer. Ein Argument, das – je
nach Statur – auch Freizeitsportler berücksichtigen sollten. Um den eigenen
Leistungsstand richtig einschätzen zu
können und sich beim Ausdauertraining
mit der richtigen Intensität zu belasten,
empfiehlt Doppelhofer auch Freizeitskifahrern, wie die Profis eine Leistungsdiagnostik zu absolvieren: „Dabei werden im Rahmen einer Spiroergometrie
die Pulsbereiche bestimmt, über die
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beim Radfahren und Laufen die Intensität des Trainings optimal gesteuert werden kann.“ So können Freizeitsportler
auch herausfinden, wo ihre Stärken und
Schwächen liegen und entsprechende
Trainingsschwerpunkte setzen. „Wer
schon über eine gute Grundlagenausdauer verfügt, sollte die Trainingszeit
eher in die Entwicklung der Kraftausdauer investieren.“ Ob der Schwerpunkt
mehr im Bereich der Ausdauer oder der
Kraftausdauer liegt, kann auf dem Rad
ganz einfach bestimmt werden – über
die Wahl des Geländes und mit der
Gangschaltung: Je niedriger die Trittfrequenz, umso kraftorientierter ist das
Training. Eine Methode, auf die auch
Fritz Dopfer setzt: „Zu Beginn des Grundlagentrainings fahre ich meist mit dem
Rennrad im flachen bis leicht hügeligen
Gelände, später geht’s mit dem Mountainbike auch gerne über anspruchsvollere Trails in die Berge.“
Neben Grundlagen- und Kraftausdauer spielen beim Skifahren vor allem
Kraft und koordinative Fähigkeiten eine
Rolle. Da alle beim Skisport wirkenden
Kräfte letztendlich am Rumpf ansetzen,
kommt einer stabilen Körpermitte mit
gut entwickelter Rumpfmuskulatur eine
besondere Bedeutung zu. Dass das Training der Rumpfmuskulatur alles andere
als eintönig sein kann, beweisen die
vielseitigen Trainingsformen, mit denen
Fritz Dopfer, Viktoria Rebensburg und
Co. ihre Körpermitte stabilisieren: Mit
Slacklinen, Schlingentraining, Stand Up
Paddling und Stabilisationsübungen auf
anderen instabilen Unterlagen bringen
die Profis reichlich Abwechslung in den
Trainingsalltag. Abgesehen vom Spaßfaktor, ermöglichen diese alternativen
Trainingsformen eine sehr effektive Vorbereitung der Muskulatur. „Die gelenkstabilisierenden, tieferliegenden Muskelschichten reagieren durch die instabile Lagerung sehr viel intensiver als
beim Krafttraining an Maschinen, bei
dem vorwiegend die oberflächliche
„Der Trend im Krafttraining geht eindeutig in Richtung des
funktionellen Trainings. Dreidimensionale Bewegungen, bei
denen ganze Muskelketten aktiviert werden, sind für Skifahrer einfach effektiver. Insbesondere in Kombination mit
instabilen Unterlagen, werden hier besonders die gelenkstabilisierenden, tiefen Muskelschichten trainiert.“
Martin Schrobenhauser Physiotherapeut der DSV-Nationalmannschaft Ski Cross, Schön Klinik München Harlaching
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„Zu Beginn des Grundlagentrainings fahre ich
meist mit dem Rennrad
im flachen bis leicht hügeligen Gelände, später
geht’s mit dem Mountainbike auch gerne über
anspruchsvollere Trails
in die Berge.“
nelle Grundeigenschaft nicht vernachlässigt werden: die Beweglichkeit! „Für
eine korrekte Technik ist beim Skifahren
eine ausreichende Beweglichkeit vor
allem im Bereich des Fußgelenks, der
Hüfte und des Oberkörpers gefragt“, erklärt Tina Krahmer. „Wenn die Innenund Außenrotation im Hüftgelenk oder
die Rotation und Seitneigung des Oberkörpers eingeschränkt ist, kommt es
während des Schwungs zu Kompensationsbewegungen in anderen Bereichen
der Bewegungskette, die sich negativ auf
die Gesamtbewegung auswirken.“ Daher
gehören auch Übungen zum Erhalt und
zur Verbesserung der Beweglichkeit zum
„Die Umgebung von Leutasch
bietet ideale Möglichkeiten, das
Training mit dem Naturerlebnis
zu verbinden.“
„Ein gezieltes Training der rumpfstabilisierenden Muskulatur
ist nicht nur für Alpinskifahrer sinnvoll. Auch Langläufer profitieren enorm von einer stabilen Körpermitte. So gehören
Slacklinen, Schlingentraining und Koordinationsübungen auf
anderen instabilen Unterlagen zum Standardrepertoire aller
langlaufenden DSV-Athleten.“
Johann Kühnel Physiotherapeut der DSV-Nationalmannschaft Nordische Kombination, Schön Klinik Starnberger See
Muskulatur trainiert wird“, erklärt Martin Schrobenhauser, der sich als Physiotherapeut um die Fitness und Gesundheit der DSV-Ski-Crosser kümmert. So
setzen die Spitzensportler nicht nur im
Ski Cross immer mehr auf funktionelles
Training, bei dem durch die dreidimensionalen Bewegungen ganze Muskelketten aktiviert werden. „So wird die intermuskuläre Koordination, also das Zusammenspiel mehrerer Muskeln und
Muskelgruppen untereinander, verbessert“, erklärt Schrobenhauser.
Neben der Kräftigung der Rumpfmuskulatur fördert das Training mit Slacklines, Schlingentrainern, Gymnastikbällen, luftgefüllten Ballkissen oder Kippelbrettern auch die im Skisport so wichtigen koordinativen Fähigkeiten. Gerade
diese Verbindung aus Stabilisations- und
Koordinationstraining macht die „Wa-
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DSV aktiv
„Auch die Beweglichkeit spielt im Skisport eine Rolle. Viele
Freizeitsportler könnten ihre Technik verbessern, wenn sie vorallem im Bereich der Brustwirbelsäule und der Hüfte beweglicher wären. Um eine korrekte Ausführung zu gewährleisten,
lässt man sich entsprechende Mobilisierungs-Übungen am
besten von einem Physiotherapeuten zeigen. “
Korbinian Öfele Physiotherapeut der DSV-Nationalmannschaft Skisprung Herren, Schön Klinik München Harlaching
ckelkandidaten“ zu idealen Trainingsmitteln auch für Nicht-Profis. „Gerade im
Bereich der Stabilität und Koordination
weisen Freizeitskifahrer oft Defizite auf“,
weiß Tina Krahmer, Physiotherapeutin
der Alpinen Damen-Nationalmannschaft. „Ähnlich wie beim Skifahren
muss beim Balancieren auf instabilen
Unterlagen über die Fußsohle und die
Stellung der Gelenke permanent die Lage
der Unterstützungsfläche erspürt und darum gekämpft werden, den Körperschwerpunkt über die Unterstützungsfläche zu bringen“, erläutert Krahmer. „Dadurch werden sehr effektiv das Gleichgewicht und andere skispezifische koordinative Fähigkeiten trainiert.“
Um die in der Saisonvorbereitung antrainierte Ausdauer, Kraftausdauer und
Kraft beim Skifahren effektiv einsetzen
zu können, darf eine weitere konditio-
Trainingsalltag der Skiprofis. Neben
dem obligatorischen Dehnprogramm,
sorgen – mit Unterstützung der Schön
Kliniken, dem offiziellen Klinikpartner
des Deutschen Skiverbandes – auch die
Physiotherapeuten der DSV-Nationalmannschaften mit regelmäßigen Behandlungen für eine optimale Beweglichkeit der DSV-Athleten. Da Freizeitskifahrer meist nicht regelmäßig physiotherapeutisch betreut werden, rät Korbinian Öfele, Physiotherapeut der DSVSkispringer,
sich
entsprechende
Übungen von einem Fachmann zeigen
zu lassen: „Viele Freizeitskifahrer verfügen im Bereich der Brustwirbelsäule und
der Hüfte nur über eine eingeschränkte
Beweglichkeit“, begründet Öfele die Notwendigkeit. „Um hier eine Mobilisierung
zu erreichen, ist es sinnvoll, in ein, zwei
Sitzungen bei einem Physiotherapeuten
die korrekte Ausführung der Übungen zu
erlernen und dann regelmäßig in das
Training zu integrieren.“
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