Alis Abschied
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Alis Abschied
Alis Abschied Ali fühlt sich wohl in der Klasse. Die Entscheidung ist gefallen. Seit einer Woche weiß Ali, dass er umziehen wird. In ein Kinderheim, wie er sagt. Er kommt noch bis zu den Weihnachtsferien in die Klasse. Am letzten Tag will er Abschied feiern. Er möchte die Klasse ganz groß einladen. Einmal erzählt er den Kindern, sein Vater wird für alle den Besuch bei McDonalds bezahlen. Dann wieder kündigt er an, sein Vater komme in die Schule um mit der Klasse zu kochen. Am Tag vor seinem Abschied berichtet Ali, dass sein Vater für die Abschiedsfeier eine türkische Süßigkeit in die Schule bringen wird. Der Tag vor den Ferien steht ganz im Zeichen des Abschiednehmens. Vier Schulstunden hat die Klasse Zeit. Die Lehrerin hat für Ali ein Kochbuch mit türkischen Gerichten besorgt. Die Mädchen und Jungen schreiben und malen zur Erinnerung auf die Innenseite des Buchdeckels kleine Bildchen und hinterlassen ihre Namen. Ali darf bestimmen wie der Vormittag ablaufen soll. Zuerst sitzen die Kinder in der gebauten Klassenbude. Die Lehrerin bringt ihnen heißen Tee. Dann möchte Ali in die kleine Turnhalle. Zuerst wird Fußball gespielt. Dann holen die Kinder die große Matte. Ali will catchen. Sein Lieblingsspiel heißt Wrestling. Jeder weiß beim Wrestling-Spiel ist der Kampf nicht echt. Vorher wird abgesprochen wer gewinnen soll. Damit die Sache auch für die Zuschauer spannend wird, muss jeder der Kämpfer schauen, was sein Gegenüber tut. Es soll echt aussehen. Vor der Pause decken die Kinder noch den Tisch. Diesmal besonders schön. Mit vielen Teelichtern in der Mitte. Nach der Pause bleibt nicht viel Zeit. Nach der vierten Stunde beginnen die Weihnachtsferien. Alis Vater kommt nicht. Es gibt einen gedeckten Tisch, aber keine türkische Süßigkeit. Ali ist kreidebleich. Er wird ganz starr. Jeder spürt sein Dilemma. Niemand will diesen Schmerz dahinter. Alle laufen innerlich weg. Hassan wird sehr laut, Max albern, Philipp beschimpft Franco. Sandra mischt sich in den Streit ein. Michael sagt: Alis Vater soll sich schämen. Chaos. Die Gruppe ist zerfallen. Es wird immer lauter. Die Lehrerin unterbricht. Alle müssen auf ihrem Platz im Hufeisen sitzen. Sie mischt sich ein, beruhigt die aufgebrachten Kinder und bringt sie dazu inne zu halten. Jedes Wort ist bedacht. So kommt es ins Bewusstsein. Ali ist enttäuscht. Er fühlt sich allein. Er wollte sich verabschieden, sein Vater sollte ihn dabei unterstützen. Nun aber hat er Ali allein gelassen. Alle kennen das Gefühl. Die Kinder sprechen es aus. Es tut weh. Keiner will es haben. Ali braucht jetzt Halt. Die Kinder wollen helfen. Sie werden ruhig. Sie halten Ali in seinem Schmerz aus. Die Lehrerin entlastet den Vater. Es ist sicher etwas sehr Wichtiges dazwischengekommen. Die Kinder wollen eine Lösung. Die Lehrerin öffnet das Pult. Im oberen Fach steht die Klassenkasse. Ein Kind versteht, kommt unaufgefordert, zählt das Geld. Die anderen schauen zu. Niemand stört. Es sind etwas über 10 Euro. Ali darf bestimmen was gekauft werden soll. Eis. Zwei Jungen übernehmen den Auftrag gemeinsam mit Ali das Eis zu holen. Ali soll alle zum Abschied einladen können. Die Mädchen und Jungen bleiben an ihren Plätzen sitzen fragen nach Papier. Sie malen. Sandra stellt den Kassetten Rekorder ein. Leise Flötenmusik erklingt. Sonst mag sie gerade diese CD nicht hören. Alle warten auf die Jungen, die mit Eis zurückkommen werden. Die Drei sind schnell wieder da, ganz außer Atem. Sie bringen Schokoladeneis, Stracciatellaeis und Sahne mit. Das Geld ist gut eingesetzt worden. Die drei Jungen haben sich beraten und abgesprochen. Es ist nicht mehr viel Zeit an diesem letzten Schultag des Jahres. Feierlich wird es trotzdem. Viele Lichter flackern auf dem Tisch. Ali lädt die Klasse ein. Es gibt keine türkische Süßigkeit, es gibt Eis mit Sahne mitten im Winter. Die Schule ist aus. Zwei Kinder werden vom Fahrdienst nach Hause gebracht. Sie bedauern es sehr nicht bleiben zu dürfen. Die anderen turnen mit Ali. Er sorgt dafür, dass zunächst alle die Schuhe ausziehen, damit sich niemand verletzen kann. Er ruft jeden einzeln auf und er bildet mit ihnen verschiedene Körperpyramiden. Ich brauche dich, sagt er. Alle machen mit. Nach vielen Umarmungen und vielen Wünschen verlässt Ali seine alte Schule.