Trächtigkeitsuntersuchung mittels Ultraschall Antworten

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Trächtigkeitsuntersuchung mittels Ultraschall Antworten
Trächtigkeitsuntersuchung mittels Ultraschall
Antworten auf häufig gestellte Fragen
Prof. Dr. W. Heuwieser und Dr. Karin Müller
Freie Universität Berlin, Tierklinik für Fortpflanzung
AG Bestandsbetreuung und Qualitätsmanagement
Aus welchem Grund sollte die Trächtigkeitsuntersuchung (TU) bei
Kühen mittels Ultraschall durchgeführt werden?
Das Ziel einer frühen TU liegt darin, nicht-tragende Kühe so früh wie möglich als solche zu
erkennen. Diese Kühe sollten möglichst schnell nach der ersten (erfolglosen) Besamung
wieder belegt werden. Bei der TU mittels Ultraschall können nicht-tragende Tiere zu einem
früheren Zeitpunkt als bei der TU mittels manueller Palpation vom Rektum her mit hoher
Genauigkeit erkannt werden. Der hieraus resultierende Vorteil soll Ihnen anhand des
folgenden Beispiels verdeutlicht werden: Stellen Sie sich vor, daß Sie 10 Tiere besamen und
einen Besamungserfolg von 50 % haben. Dann werden 5 Kühe tragend und 5 Kühe sind
nicht-tragend. Im Durchschnitt werden von den 5 nicht-tragenden Tieren 2 bei der
Umbullerkontrolle als brünstig erkannt und 3 nicht. Diese 3 Tiere fallen Ihnen erst bei der TU
auf. Mit der manuellen Palpation vom Rektum her dürfte dies in den meisten Fällen ab dem
42. Tag nach der künstlichen Besamung (KB) sein. Bis zur Wiederbelegung vergehen also im
Mittel 63 Tage (insgesamt 3 x 63 Tage = 189 Güsttage). Mit Ultraschall können Sie den
Zeitpunkt der TU für einen großen Teil der Kühe (hier gehen wir von 2 Tieren aus) vor den
42. Tag nach der KB legen. Bis zur Wiederbelegung vergehen also bei 2 Kühen 42 Tage
(2 x 42 = 84 Güsttage) und bei einem Tier 63 Tage (insgesamt 84 + 63 = 147 Güsttage). In
diesem Beispiel hätten Sie durch die Ultraschalluntersuchung für die Herde 42 Güsttage
eingespart. Dies gilt natürlich nur dann wenn Sie -im Falle einer Nichtträchtigkeitkonsequent PGF2α einsetzen um eine neue Brunst zu induzieren.
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Wird die TU mittels Ultraschall in Zukunft mehr Bedeutung erlangen
oder wird es Spezialisten in Einzelfällen vorbehalten sein?
Die TU mittels Ultraschall wird in zunehmendem Maße in der Rinderpraxis eingesetzt
werden. Zum einen, weil eine Trächtigkeit beziehungsweise Nichtträchtigkeit beim Rind mit
dieser Methode früh und sicher diagnostiziert werden kann. Die aufgeschlossenen
Milcherzeuger wissen, daß jeder Tag, an dem eine Kuh nicht-tragend ist, Geld kostet. Die TU
mittels Ultraschall trägt dazu bei, entgangene Gewinne zu realisieren. Die Nachfrage nach
dieser Untersuchungsmethode wird entsprechend größer werden.
Zum anderen aufgrund der bereits für dieses Einsatzgebiet eingeleiteten technischen
Weiterentwicklung der Ultraschallgeräte selbst. Für die Rinderpraxis sind inzwischen
tragbare, akkubetriebene Geräte erhältlich, die auch in Freilaufställen problemlos eingesetzt
werden können.
Welche Vorteile hat die TU mittels Ultraschall gegenüber der TU
mittels manueller Palpation vom Rektum her?
Der Vorteil der TU mittels Ultraschall liegt eindeutig darin, daß eine sichere Diagnose nicht
nur der Trächtigkeit sondern vor allem der Nichtträchtigkeit zu einem früheren Zeitpunkt
erfolgen kann, als bei der herkömmlichen Methode der manuellen Palpation vom Rektum her.
Die frühe TU mittels Ultraschall ist nur dann sinnvoll, wenn im Falle der Nichtträchtigkeit
eine konsequente Intervention (z.B. Einleitung einer neuen Brunst und / oder Besamung)
erfolgt. Je früher eine Nichtträchtigkeit sicher diagnostiziert werden kann, desto eher kann das
Tier nach entsprechender Behandlung (z. B. Applikation von Prostaglandin F2α bei
vorhandenem Gelbkörper) erneut besamt werden. Die Verzögerungszeit wird verkürzt. Der
Milcherzeuger vermeidet unnötige Kosten.
Wie genau sind die Untersuchungsergebnisse? Gibt es Unterschiede
zwischen Kühen und Färsen?
Wir haben im Rahmen einer Dissertation insgesamt 579 Kühe und 720 Färsen zwischen dem
20. und 34. Tag nach der KB mittels Ultraschall auf Trächtigkeit untersucht. Die erhobenen
Diagnosen wurden ab dem 35. Tag nach der Besamung mit den Ergebnissen der manuellen
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Palpation vom Rektum her verglichen und auf diese Weise die Genauigkeit der TU mittels
Ultraschall bestimmt. Bei Kühen konnte eine Genauigkeit von 98 % ab dem 29. Tag nach der
KB erreicht werden, bei Färsen bereits ab dem 25. Tag.
Ab wann ist der Embryo mit Herzschlag darstellbar?
Bei unseren Untersuchungen konnte der Embryo mit Herzschlag bereits ab dem 28. Tag nach
der KB dargestellt werden. Dieses Ergebnis bestätigt die Angaben aus der einschlägigen
Fachliteratur (u.a. Kähn 1997). Es ist immer wieder sehr eindrucksvoll, den Herzschlag eines
Embryos schon so früh auf dem Ultraschallbild sehen zu können. Dennoch besteht die
eigentliche Zielsetzung der TU mittels Ultraschall darin, die nicht-tragenden Kühe zu
identifizieren.
Welchen Einfluß hat der Zeitabstand zwischen den Besuchen zur
routinemäßigen TU? Welches Besuchsintervall ist empfehlenswert?
Wichtigstes Ziel sollte es sein, nicht-tragende Tiere vor dem 42. Tag nach der KB zu
erkennen, damit sie ohne Zeitverzug erneut besamt werden können. Je größer Sie den
Zeitabstand für die routinemäßigen Besuche auf dem Betrieb wählen, desto mehr Tiere
werden Ihnen zur TU vorgestellt, die den 42. Tag nach der letzten KB bereits überschritten
haben. Unter Berücksichtigung der geforderten hohen Genauigkeit der TU empfiehlt sich
daher ein wöchentliches Besuchsintervall bei Kühen vom 29. bis 35. Tag und bei Färsen von
25. bis 31. Tag nach der KB.
Wie lange dauert die TU mittels Ultraschall?
Bei unseren Untersuchungen variierte die Untersuchungszeit zwischen 30 Sekunden und
4 Minuten pro Tier. Die Untersuchungszeit bei tragenden Tieren war deutlich kürzer als bei
nicht-tragenden. Darüber hinaus war die Dauer der Untersuchung von der individuellen
Erfahrung des Untersuchers und vom Zeitpunkt der TU nach der Besamung abhängig. Je
erfahrener der Untersucher beziehungsweise je weiter die Gravidität fortgeschritten war, desto
schneller konnte eine korrekte Diagnose gestellt werden. Diese Unterschiede sind daher auch
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bei der manuellen Palpation vom Rektum her oder anderen Untersuchungstechniken zu
erwarten.
Ist die TU mittels Ultraschall für den milcherzeugenden Betrieb
und den Tierarzt rentabel?
Die Frage, ob und inwieweit die TU mittels Ultraschall in der Rinderpraxis sowohl für den
milcherzeugenden Betrieb als auch für den Tierarzt rentabel ist, kann nicht allgemeingültig
mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ist
von zahlreichen Faktoren abhängig, wie z. B. Anschaffungspreis und prozentuale Nutzung
des Gerätes für die TU und andere tierärztliche Tätigkeiten, Besamungserfolg, Anzahl der
TU’s pro Zeiteinheit und dem Preis, der pro TU liquidiert werden kann. Der Preis pro TU
mittels Ultraschall ist sowohl aus der Sicht des Tierarztes als auch aus Sicht des
landwirtschaftlichen Betriebes ein wesentlicher Faktor für die jeweilige
Wirtschaftlichkeitsberechnung. Die Kosten-Nutzen-Analyse kann insofern nur individuell für
jeden Tierarzt beziehungsweise einzelnen Betrieb aufgestellt werden.
Zu dieser Fragestellung führen wir derzeit eine Studie durch. Wir wollen klären, um wieviel
Tage die Verzögerungszeit durch die frühe TU mittels Ultraschall verkürzt werden kann. Erst
dann kann eine individuelle Kosten-Nutzen-Analyse erstellt werden.
Wichtig ist, daß Tierarzt und Landwirt einen Preis finden, bei dem sich für beide Seiten ein
wirtschaftlicher Nutzen ergibt. Wenn der geforderte Preis einer Leistung für den Landwirt zu
hoch ist, wird keine Nachfrage nach der neuen Methode entstehen. Infolgedessen kann der
Tierarzt die neue Untersuchungsmethode in der Praxis nicht anwenden und damit keinen
Gewinn erzielen. Aufgrund erster Erfahrungen gehen wird davon aus, daß die TU mittels
Ultraschall für den Milcherzeuger und den Tierarzt rentabel ist. Sobald unsere Studie
abgeschlossen ist, werden wir darüber informieren.
Welche Geräte können für die TU mittels Ultraschall eingesetzt
werden und wieviel kosten solche Geräte?
Wir haben für unsere Studie ein mobiles akkubetriebenes Ultraschallgerät (Scanner 100 VET)
mit einem Endorektalschallkopf (5,0/7,5 MHz umschaltbar) der Firma Pie Data Elektronik,
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Dorsten, (www.pde.de) eingesetzt. Dieses Gerät ist mit einem Diskettenlaufwerk und
Videoanschlußmöglichkeit ausgestattet, welches eine optimale Dokumentation der Befunde
garantiert. Das Gerät kostet etwa 17.000 DM (netto). Auf dem Markt gibt es noch weitere für
die Rinderpraxis geeignete akkubetriebene Ultraschallgeräte. Genaue Informationen über
technische Details und Preisangaben können über die entsprechenden Hersteller in Erfahrung
gebracht werden. Eine Liste der Hersteller finden Sie bei http://www.Vetion.de unter
„Links“.
Wo kann man mehr über die Trächtigkeitsuntersuchung mittels
Ultraschall erfahren und wie kann man sich in die
Untersuchungstechnik einarbeiten?
1. Für die Einarbeitung in die Trächtigkeitsuntersuchung mittels Ultraschall stehen Ihnen
neben der einschlägigen Fachliteratur folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
„Trächtigkeitsuntersuchung mittels Ultraschall beim Rind – Ein Leitfaden zum genauen
und wirtschaftlichen Vorgehen in der tierärztlichen Praxis“, W. Heuwieser und K. Müller.
Dieses Handbuch gibt Ihnen Tips zur Einarbeitung und Informationen über die
Genauigkeit und Wirtschaftlichkeit.
2. „Frühträchtigkeitsdiagnostik beim Rind mittels Ultraschall“, C. Pfrang und W. Heuwieser.
Ein interaktives Lernprogramm auf CD-ROM. Mit dieser CD-ROM können Sie sich
zuhause am Computer anhand zahlreicher bewegter Bilder und Animationen mit Ton in
die Ultraschalldiagnostik einarbeiten. So können Sie die Einarbeitungszeit im Stall
verkürzen (http://www.Vetion.de).
3. Seminare zur frühen Trächtigkeitsunteruchung und Ovardiagnostik mit theoretischen
Grundlagen und praktischen Übungen am Tier in Kleingruppen finden Sie bei
http://www.Vetion.de unter Termine.
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Welche weiteren Einsatzmöglichkeiten sehen Sie für die
Ultraschalldiagnostik?
Die TU mittels Ultraschall ist sicher das wirtschaftlich interessanteste Einsatzgebiet. Darüber
hinaus ist auch die Diagnostik an den Eierstöcken (Zysten- und Sterilitätsdiagnostik,
Bestimmung des optimalen Besamungszeitpunktes) ein wichtiges Einsatzgebiet. Auch die
Endometritisdiagnostik, Euteruntersuchungen, Geschlechtsbestimmung oder die Messung der
Rückenfettdicke sind für den milcherzeugenden Betrieb von Bedeutung. Hierfür müssen
jedoch noch weitere Studien durchgeführt werden, um deren Rentabilität genauer zu
bestimmen. Eine ganz aktuelle Indikation stellt die Erfassung von Bronchopneumonien bei
Kälbern dar. Hierzu läuft zur Zeit eine große Feldstudie in unserer Arbeitsgruppe
(http://bestandsbetreuung.de).
Welche forensischen Aspekte sind wichtig ?
Wird im Rahmen eines Fruchtbarkeitsprogrammes eine systematische
Ultraschalluntersuchung vereinbart, nehmen der Landwirt und Sie als Tierarzt ein
kalkulierbares Restrisiko bewußt und wissentlich in Kauf, um die aus einer systematischen
Ultraschalluntersuchung auf Herdenbasis resultierenden ökonomischen Vorteile zu
realisieren. Deshalb kann dem Tierarzt im Falle einer Abortauslösung nach Verabreichung
von PGF2α bei einer falsch-negativen Diagnose keine mangelhafte Sorgfalt vorgeworfen
werden. Weiteres dazu finden Sie bei http://www.Vetion.de unter „Fachinformationen“. Zum
Beispiel: Trächtigkeitsuntersuchung beim Rind, Teil 2: Medizinische Konsequenzen und
forensische Beurteilung systematischer Trächtigkeitsuntersuchungen mittels Ultraschall auf
Herdenbasis, W. Heuwieser, K. Müller und D. Ahlers
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