Ferienkurs Experimentalphysik 1
Transcription
Ferienkurs Experimentalphysik 1
Ferienkurs Experimentalphysik 1 Vorlesung 2 Systeme von Massepunkten, Stöÿe und Starre Körper Ann-Kathrin Straub, Christoph Raab, Markus Perner 22.03.2010 Inhaltsverzeichnis 1 2 Mechanik von mehreren Punktmassen 1 1.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Impulserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.3 Drehimpulserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Stöÿe 2.1 3 2 Elastische Stöÿe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1.1 Zentraler, elastischer Stoÿ 3 2.1.2 Nichtzentraler, elastischer Stoÿ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2 Inelastische Stöÿe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.3 Stöÿe im Schwerpunktsystem 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Starre Körper 7 3.1 Eigenschaften starrer Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.2 Trägheitsmomente 9 3.3 Satz von Steiner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.4 Dynamik starrer Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3.5 Rollbewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Mechanik von mehreren Punktmassen 1.1 Allgemeines m Wie bekannt, hat ein Massepunkt der Masse und Geschwindigkeit ~v einen Impuls p~ = m~v Ein Mehrteilchensystem besteht nun aus den Massen schwindigkeiten ~vi und damit den Impulsen M= p~i . X mi an den Orten ~ri mit den Ge- Die Gesamtmasse des Systems ist mi (1) i Der Schwerpunkt des Systems ist X ~ = 1 R r~i mi M i 1 (2) Der Schwerpunktsimpuls des Systems ist P~ = X ~˙ p~i = M R (3) i 1.2 Impulserhaltung Wirkt keine Kraft auf diese Punktmasse, so ist dieser Impuls erhalten. Ein System von Massepunkten m1 ,m2 ,... hat nun den Gesamtimpuls P~ = X mi~vi i Dieser ist erhalten, sofern keine äuÿeren Kräfte auf das System wirken. Kräfte, welche die Punktmassen untereinander ausüben, ändern den Gesamtimpuls nicht. Kurze Ar- m1 eine Kraft F~12 auf eine Masse m2 ~21 = −F~12 auf m2 . Die Änderung des Kraft F gumentation für zwei Massen: Übt eine Masse aus, wirkt nach Newton 3 die umgekehrte Gesamtimpulses ist also ˙ P~ = p~˙1 + p~˙2 = F~12 − F~12 = 0 1.3 Drehimpulserhaltung Bezüglich einem Ursprung hat eine Masse einen Drehimpuls ~ = ~r × p~ L Für die Änderung des Drehimpulses ist ein Drehmoment (4) verantwortlich: ~˙ = ~r˙ × p~ + ~r × p~˙ = ~r × F~ L (5) Analog zu oben gilt: Wirkt kein äuÿeres Drehmoment auf ein System von Punktmassen, so bleibt ihr Drehimpuls erhalten. Zentralkräfte, also Kräfte zwischen Körpern, die in Richtung ihres Verbindungsvektors zeigen (z.B. Schwerkraft, Coulomb-Kraft), erhalten den Drehimpuls von beiden Körpern für Drehung um den jeweils anderen. 2 Stöÿe Elastische Stöÿe sind Vorgänge, bei denen nur momentartig Kräfte zwischen Punktmassen wirken. Dadurch kann Impuls und Energie zwischen diesen übertragen werden. Hier 2 betrachten wir freie Teilchen, das heiÿt sie üben sich nicht berühren, noch weder aufeinander Kräfte aus, wenn sie wirken äuÿere Kräfte auf sie. 2.1 Elastische Stöÿe Bei einem elastischen Stoÿ gilt auÿer der Impuls- auch die Energieerhaltung, also die Erhaltung der Summe der kinetischen Energien. Die kinetische Energie eines Teilchens der Masse m und Geschwindigkeit v ist m 2 m p2 p2 v = = 2 2 m2 2m X mi Eges = vi2 2 i Ekin = (6) (7) 2.1.1 Zentraler, elastischer Stoÿ Bei einem zentralen Stoÿ ndet die gesamte Bewegung in einer Dimension statt. Sowohl vor als auch nach dem Stoÿ genügen also Skalare, um Geschwindigkeiten und Impulse zu beschreiben. Impulse vor dem Stoÿ: p1 , p2 Impulse nach dem Stoÿ: p01 ,p02 Impulserhaltung: P = P0 p1 + p2 = p01 + p02 p1 − p01 = p02 − p2 Energieerhaltung: Eges m1 2 m2 2 v + v 2 1 2 2 p21 p2 + 2 2m1 2m2 0 p21 − p21 m1 0 (p1 + p 1)(p1 − p02 ) m1 0 = Eges m1 2 0 m2 2 0 = v + v 2 1 2 2 0 0 p21 p22 = + 2m1 2m2 0 p22 − p22 = m2 0 (p2 − p2 )(p2 + p02 ) = m2 Mit der Gleichung, die wir aus der Impulserhaltung bekommen haben, kann man auf 3 jeder Seite einen Term wegkürzen und erhält m2 (p1 + p0 1) = m1 (p2 + p02 ) Setzen wir hierin wieder die Impulserhaltung ein, zum Beispiel umgeformt nach p02 = p1 + p2 − p01 erhalten wir nach etwas Umformen eine Gleichung für den Impuls des ersten Teilchens nach dem Stoÿ p01 = m1 v10 (m1 − m2 )p1 + 2m1 p2 (m1 − m2 )v1 + 2m2 v2 = m1 m1 + m2 m1 + m2 (8) (9) Für das zweite Teilchen vertauscht man einfach die Indizes: p02 = m2 v20 (m2 − m1 )p2 + 2m2 p1 (m2 − m1 )v2 + 2m1 v1 = m2 m1 + m2 m1 + m2 (10) (11) Interessante Spezial- und Grenzfälle: • Bei einem Stoÿ zwischen zwei Teilchen gleicher Geschwindigkeit ändert keines seinen Impuls. • Mit einiger Rechnung kann man auch zeigen, dass ein Stoÿ Galilei-invariant ist: Ob ich im bewegten System den Stoÿ beobachte oder die Teilchen im entgegengesetzt bewegten System stoÿen, macht keinen Unterschied. Dies steht im Einklang mit dem obigen Punkt, da sich dort ein Inertialsystem nden lässt, in dem beide Teilchen ruhen. • Für Teilchen gleicher Masse m1 = m2 = m gilt p01 = p2 und p02 = p1 , die Impulse vertauschen sich also gerade. Dies kann man sehr schön bei einer Stoÿpendelkette beobachten. • Ruht eines der Teilchen anfangs, v2 = 0 und hat dieses zusätzlich eine Masse 0 0 ergibt sich v2 → 0 und v1 ← −v1 ; das schwere Teilchen ist also unbeweglich, und das mit ihm kollidierende wird durch einen elastischen Stoÿ einfach m2 → ∞, nur reektiert. Eine gute Annäherung bietet zum Beispiel das Tischtennisspiel, bei dem ein luftgefüllter Plastikball mit einem Tisch stöÿt, der auf der Erde steht. 4 Die übertragene Energie aus der Dierenz zwischen wahlweise den kinetischen Energien von Teilchen 1 oder von Teilchen 2; nachdem wir Energieerhaltung vorrausgesetzt haben, müssten sich die beiden Energieunterschiede genau aufheben. 2.1.2 Nichtzentraler, elastischer Stoÿ Nun müssen die Impulse vor- und nach dem Stoÿ nicht mehr unbedingt in die gleiche Richtung zeigen, und die Impulse nach dem Stoÿ dürfen voneinander linear unabhängig sein. Da jedoch durch die Impulserhaltung die Impulse vor dem Stoÿ linear abhängig von denen nach dem Stoÿ sind, kann die gesamte Bewegung noch in einer Ebene beschrieben werden. Der Einfachheit halber betrachten wir hier den Stoÿ in einem System, in welchem die Masse m2 anfangs ruht. Die Impulserhaltung ist nun eine Gleichung für Vektoren: p~1 = p~01 + p~02 (12) Die Energieerhaltung ergibt: E = E0 p21 p01 2 p02 2 = + 2m1 2m1 2m2 p01 2 p0 2 (p~01 + p~02 )2 = + 2 2m1 2m1 2m2 2 2 p02 p01 2 p02 2 p01 p~01 · p~02 +2 + = + 2m1 4m1 m2 2m1 2m1 2m2 Für gleiche Massen, gilt also m1 = m2 = m, lässt sich dies umformen zu p~01 · p~02 = 0 (13) Die Impulse und damit auch die Geschwindigkeiten sind in diesem Fall nach dem Stoÿ also senkrecht zueinander. 2.2 Inelastische Stöÿe Bei einem inelastischen Stoÿ gilt weiterhin Impuls-, jedoch nicht mehr Energieerhaltung. Allgemein lässt sich hier nichts mehr lösen, da für die zwei unbekannten Impulse nach dem Stoÿ nur mehr eine Gleichung zur Verfügung steht. Ein nützlicher Spezialfall ist jedoch der Massen m1 vollkommen inelastische Stoÿ . Hierbei bewegen sich die ursprünglichen und m2 nach dem Stoÿ als eine Masse m1 + m2 mit einem Impuls fort, als ob sie zusammengeklebt wären. Demonstrieren lässt sich ein derartoger Vorgang zum 5 Beispiel mit etwas Plasteline und zwei Schlitten oder einem schläfrigen LKW-Fahrer ~0 erhält man direkt aus der und ungünstigem Wildwechsel. Die Endgeschwindigkeit v Impulserhaltung: p~1 + p~2 = (m1 + m2 )v~0 ~ p~2 p1 + v~0 = m1 + m2 (14) (15) Bei diesem Stoÿ geht Energie verloren, zum Beispiel in Verformungsarbeit. Das war kling naheliegend, macht aber nicht alle inelastischen Stöÿe aus; dies kann man zeigen, indem man die Plasteline in der Demonstration durch empndlichen Sprengsto ersetzt, was einen sogenannten reaktiven Stoÿ erzeugt. 2.3 Stöÿe im Schwerpunktsystem Das Inertialsystem, in dem man einen Stoÿ beobachtet, ist frei wählbar und verändert die Physik des Stoÿes nicht. Sind wir vorher von einem nicht näher bestimmten Laborsystem ausgegangen, können wir nun ein System wählen, in dem der Schwerpunkt der Ursprung ist; es bewegt sich also mit dem System mit. Die Summe aller Impulse ist auch in diesem System gleich dem Schwerpunktsimpuls ~˙ . P~ = M R Da dieser jedoch nach Denition unbewegt ist, gilt im Schwerpunktsystem P~ = X p~i S ≡ 0 i Umformuliert ergibt das p~1S = −p~2S (16) Vom allgemeinen Fall des konstanten Schwerpunktsimpulses haben wir uns also eine Betrachtungsweise gewählt, bei der dieser gerade verschwindet. Im Laborsystem ist der Ort eines Teilchens gegeben durch ~ + (~ ~ =R ~ + r~iS r~i = R ri − R) Die Geschwindigkeiten im Laborsystem und Schwerpunktssystem sind v~1 = v~1S + v~S m1 v~1 + m2 v~2 + v~1S v~1 = m1 + m2 m2 (v~1 − v~2 ) m2 v~12 − v~2 v~1S = =: m1 + m2 m1 + m2 6 (17) Die selbe Rechnung kann man natürlich auch für die Geschwindigkeit des zweiten Teilchens anstellen; die Indizes werden sich hierbei umkehren. Die Impulse der Teilchen im Schwerpunktssystem sind danach Dabei haben wir die m1 m2 v~12 =: µv~12 m1 + m2 m2 m1 = m2 v~2S = v~21 =: −µv~12 m1 + m2 p~1S = m1 v~1S = (18) p~2S (19) reduzierte Masse µ= m1 m2 m1 + m2 (20) deniert. Die kinetische Energie des Systems im Laborsystem ist gegeben durch m1 2 m2 2 v + v 2 1 2 2 M 2 m1 2 m2 2 = vS + v1S + v 2 2 2 2S M 2 µ 2 = v + v 2 S 2 12 E = (21) (22) (23) Ein elastischer Stoÿ im Schwerpunktsystem läuft nun wie folgt ab: 1. Zwei Teilchen mit entgegengesetzten, also betraglich gleichen, Impulsen laufen aufeinander zu; 2. sie stoÿen... 3. ...und laufen mit entgegengesetzten, also auch wieder betraglich gleichen, Impulsen wieder auseinander. Wie auch im Laborsystem ist für nichtzentrale Stöÿe ein Winkel zwischen dem ursprünglichen und den letztendlichen Impuls des einen Teilchens eine freie Variable. Bei zentralen Stöÿen, also Stöÿen in einer Dimension kehrt sich einfach das Vorzeichen von beiden Impulsen um. 3 Starre Körper 3.1 Eigenschaften starrer Körper Ein starrer Körper ist nun der Spezialfall eines Mehrteilchensystems, in dem die Teilchen alle ihre Abstände zueinander beibewaren. Da man in Problemen mit starren Körpern 7 häug Gegenstände wie Kreisel und Rollen betrachtetist es praktisch, wenn man sich einen starren Körper als Grenzfall von vielen Punktmassen m mit einer Raumdichte n für m->0 und n->inf vorstellt. Die Angabe von Massen mi und Orten r ~i wird dann ersetzt durch die Angabe einer Dichteverteilung ρ(~r) = dm . dV Andersherum kann man das Bild einer Dichteverteilung auch verwenden, um ein System innerhalb eines Volumens V aus diskreten Punktmassen zu beschreiben; die zugehörige Dichte ist dann ρ(~r) = X ρi (~r) = X i Dabei bezeichnet mi δ(~r − r~i ) (24) i δ(~r − r~i die sogenannte ten Delta-Distribution , die durch die Eigenschaf- ˆ dV ˆ δ(~r − r~i ) = 1 R3 dV δ(~r − r~i )f (~r) = f (~ ri ) R3 deniert ist. Mit dieser kann man alle für allgemeine kontinuierliche Masseverteilungen denierten Probleme auch mit Punktmassen rechnen. Eine Masseverteilung besitzt • eine Masse: ˆ dV M= ρ(~r) (25) V • einen Schwerpunkt : ~ = 1 R M ˆ dV ρ(~r)~r (26) V • und einen Trägheitstensor I, bzw. drei Hauptträgheitsmomente I1 ,I2 ,I3 . Dieser wird später diskutiert werden, wenn sein Zweck deutlich geworden ist. Jede Bewegung eines starren Körpers lässt sich zerlegen in eine punktes und eine Drehung um den Schwerpunkt xierten Ortsvektor Bewegung des Schwer- , dass heiÿt für jeden im Körper r~i gilt: ~˙ + ω × (~ ~ r~˙i = R ri − R) 8 (27) ω ~ ein Vektor, der in die Richtung der Drehachse zeigt und den Betrag der Winkelgeschwindigkeit ω besitzt. Dabei muss die Orentierung nach der Rechte-Hand-Regel Dabei ist beachtet werden: Zeigt der Daumen der rechten Hand in die Richtung des Vektors, erfolgt die Drehung im Sinn in dem sich die Finger der rechten Hand krümmen. Ein starrer Körper kann also verschoben und gedreht werden, aber nicht gedehnt, gestaucht, gebogen, verdreht oder gespalten. Durch die Wahl von ~ R und ω ~ hat er also 3+3=6 Freiheitsgrade der Bewegung. Der Drehimpuls eines Körpers ist ˆ ˆ ~ = L Für einen starren dV ~r × p~ = dV ρ(~r) × ~r˙ V V kann man diesen nun aufteilen in den Bahndrehimpuls des Schwer- punktes und den der Drehimpuls bezüglich des Schwerpunktes, also den Drehimpuls der Bewegung des Körpers mit dem Schwerpunkt im Ursprung: ~ × v~s + L ~ L~ges = M R (28) 3.2 Trägheitsmomente Der Schwerpunktsdrehimpuls hängt mit der Winkelgeschwindigkeit linear zusammen: ~ =I ·ω L ~ Ein linearer Zusammenhang zwischen Vektoren bedeutet, dass I eine Matrix (ein Ten- sor zweiter Stufe) ist, der sogenannte Trägheitstensor. Für allgemeine Drehachsen zeigt der Drehimpuls nicht in die Richtung dieser. Dies heiÿt jedoch nicht, dass erst 3*3=9 Werte die Trägheit bestimmen! Für jeden Körper lassen sich nämlich drei sogenannte Hauptträgheitsachsen angeben, so dass eine Drehung in dieser Richtung tatsächlich einen parallen Drehimpuls hervorruft. Anders ausgedrückt ist der Trägheitstensor in der Basis dieser Achsen diagonal. Meistens werden diese sehr leicht zu nden sein; eine zylindersymmetrische Massenverteilung hat zum Beispiel bereits die z-Achse als Hauptträgheitsachse. Deniert ist der Trägheitstensor in Schwerpunktskoordinaten wie folgt: ˆ Iij = dV ρ(~r)(δij r2 − xi xj ) V Weil man den Körper aber zum Beispiel in seiner Drehachse xieren kann oder die Hauptachsen gefunden hat, ist die folgende Formel hilfreicher (und anschaulicher), mit der man das Trägheitsmoment der Drehung um eine bestimmte Achse erhält: 9 ˆ I= dV ρ(~r)r2 (29) V Dabei ist r der Abstand zur Achse. Man sieht, dass sich es sich als Spezialfall der Integralform ergibt, wenn zum Beispiel der Drehimpuls ω ~ ~ und der Winkelgeschwindigkeitsvektor L in z-Richtung zeigen: ~ · e~z L := L = e~z · (I · ω ~) Ixx = ( 0 0 1 ) · Iyx Izx Ixy Ix z Iyy Iyz Izy Izz 0 · 0 ω = Izz ω ˆ = ω dV ρ(~r)(x2 + y 2 ) V Die kinetische Energie eines rotierenden Körpers mit fester Achse ist I Ekin = ω 2 2 (30) Für allgemeine Rotationsachsen ist dies Ekin 1 = ( ωx 2 ωy ωz )· Ixx Ixy Ix z Iyx Iyy Iyz Izx Izy Izz Hat man drei Hauptträgheitsachsen a,b,c gefunden und ωx · ωωy z ω in die neue Basis umgewandelt, ergibt sich Iaa 0 0 ωa 1 ( ωa ωb ωc ) · 0 Ibb 0 · ωωcb 0 0 Icc 2 1 1 1 = Iaa ωa2 + Ibb ωb2 + Icc ωc2 2 2 2 Ekin = 3.3 Satz von Steiner Geht die Achse nicht durch den Schwerpunkt, sondern hat von ihr die Entfernung d, so I 0 aus dem Trägheitsmoment I für eine parallele Achse erhält man das Trägheitsmoment durch den Schwerpunkt und der Gesamtmasse 10 M nach dem Satz von Steiner durch I 0 = I + M d2 (31) Kennt man das Trägheitsmoment eines Körpers für die Rotation um eine Achse in bestimmtem Abstand zum Schwerpunkt, kann man durch doppeltes Anwenden des Satzes von Steiner die Trägheitsmomente für jede dazu parallele Achse bestimmen! 3.4 Dynamik starrer Körper Damit sich ein Körper aber überhaupt bewegt, müssen allgemein Kräfte wirken. Sind davon mehrere vorhanden, konnte man sie für eine Punktmasse einfach addieren. Bei einem starren, ausgedehnten Körper macht sich jedoch bemerkbar, dass der Angrispunkt wichtig ist. Deshalb gelten folgende Regeln zur Kombination von zwei Kräften: • Der Angrispunkt einer Kraft darf in Richtung der Kraft verschoben werden. Die Menge der so äquivalenten Angrispunkte heiÿt Wirklinie. Man verschiebt die Angrispunkte der zwei Kräfte also zum Schnittpunkt ihrer Wirklinien. Ist dieser nicht vorhanden, (in 2D müssen sie dazu parallel sein, in 3D ist das viel leichter möglich), kann man die Kräfte nicht kombinieren, sondern nur später ihre Wirkungen auf den Körper. • In einem gemeinsamen Angrispunkt addieren sich die Kräfte dann wie bekannt. • Eine weitere Verschiebung der Wirklinie kann zum Schluss noch hilfreich sein; vielleicht hat die Konstruktion vorher ja den Angrispunkt auÿerhalb des Körpervolumens gebracht. Wie wirkt eine • F~ im Angrispunkt ~r relativ zum Schwerpunkt auf den Körper? Zuerst kann sie allein als Kraft auf den Schwerpunkt verstanden werden und ruft nach Newton 2 eine Beschleunigung • Zweitens erzeugt sie auch ein ~¨ = F~ MR Drehmoment hervor. ~ = ~r × F~ D Verschiebt man den Angrispunkt und damit den Verbindungsvektor (32) ~r in seiner eigenen Linie, ändert sich das Kreuzprodukt nicht! • Das Drehmoment erzeugt wiederrum eine Änderung des Drehimpulses ~˙ = D ~ =I ·ω L ~˙ (33) hervorruft. Diese Gleichung kann als Gegenstück zu Newton 2 für die Drehbewegung aufgefasst werden, wobei der Impuls durch den Drehimpuls, die Kraft durch ein Drehmoment, die Geschwindigkeit durch eine Winkelgeschwindigkeit und die Masse durch den Trägheitstensor/das Trägheitsmoment ersetzt wurde. 11 3.5 Rollbewegungen Ein häuges Problem ist die Beschreibung eines starren, zylindersymmetrischen Körpers, der unter Einuss einer äuÿeren Kraft auf einer Unterlage rollt. Dabei liegt er in der konstanten Entfernung r (seinem Radius) auf der Oberäche auf, sein Schwer- punkt bewegt sich mit der Geschwindigkeit der Winkelgeschwindigkeit ω V parallel zur Oberäche. Er dreht sich mit um seine Symmetrieachse, die parallel zur Oberäche und senkrecht zur Rollrichtung liegt. Rollen, ohne zu rutschen, wird beschrieben durch die Rollbedingung V = ωr (34) Kurze Rechtfertigung dieser: Vollführt der Körper in der Zeit T eine ganze Umdrehung, bewegt sich der Schwerpunkt um den Umfang des Rollkreises weiter: T V = 2πR = = T ωR. T R 2π T Der rollende Körper ist ein Spezialfall eines Rotators mit bewegtem Schwerpunkt und xierter Drehachse; allerdings ist hierbei nur die Kraft auf den Schwerpunkt des Körpers von Interesse, das Drehmoment ergibt sich automatisch aus der Rollbedingung. Physikalisch ist es die Reibung zwischen Körper und Oberäche, die mit dem ezienten µ Reibungsko- und der Normalkraft senkrecht zur Fläche auf den Auagepunkt (zum Beispiel durch das Gewicht des Körpers) eine Schwellkraft FR = µFN bestimmt; solange die Kraft, mit der der Auagepunkt normalerweise über die Oberäche gezogen werden würde diese nicht überschreitet, rollt der Körper. Vorsicht: Dies ist zu unterscheiden von der Rollreibung , welche für die Abbremsung eines rollenden Körpers verantwortlich ist. Ist keine Reibung mit der Oberäche nicht zwingend gegeben und Rutschen nicht allgemein verboten, müssen Drehbewegung und Schwerpunktsbewegung getrennt betrachtet werden! Die kinetische Energie eines rollenden Körpers kann mit der Rollbedingung und der besprochenen Aufteilung nur von der Schwerpunktsgeschwindigkeit angegeben werden: E = ESP + Erot = M 2 I 2 v + ω = 2 2 12 I r2 + M 2 I + M r2 2 v = ω 2 2 (35)